Der Inhalt dieses E-Books ist urheberrechtlich geschützt und enthält technische Sicherungsmaßnahmen gegen unbefugte Nutzung. Die Entfernung dieser Sicherung sowie die Nutzung durch unbefugte Verarbeitung, Vervielfältigung, Verbreitung oder öffentliche Zugänglichmachung, insbesondere in elektronischer Form, ist untersagt und kann straf- und zivilrechtliche Sanktionen nach sich ziehen.
Sollte diese Publikation Links auf Webseiten Dritter enthalten, so übernehmen wir für deren Inhalte keine Haftung, da wir uns diese nicht zu eigen machen, sondern lediglich auf deren Stand zum Zeitpunkt der Erstveröffentlichung verweisen.
cbj ist der Kinder- und Jugendbuchverlag
in der Penguin Random House Verlagsgruppe
© 2011 cbj, München
in der Penguin Random House Verlagsgruppe GmbH,
Neumarkter Str. 28, 81673 München.
Alle Rechte vorbehalten
Umschlagbild und Innenillustrationen: Franziska Harvey
Umschlaggestaltung: schwecke.mueller Werbeagentur GmbH, München
cl ∙ Herstellung: René Fink/Sabine Kittel
Satz: Uhl+Massopust, Aalen
Reproduktion: ReproLine mediateam, München
ISBN 978-3-641-05531-8
V002
www.cbj-verlag.de
Das erste Kapitel
räumt gründlich mit dem Gerücht auf, dass Nele eine
echte Schlafmütze ist Freunde immer da sind, wenn man sie
braucht Berner Sennenhunde besonders eitel wären
Eltern
alles voll im Griff haben Geschwister immer ein Herz
und eine Seele sind aber zum Schluss kommt
doch heraus, das ist alles
Typisch Nele!
Eigentlich war es ein ganz normaler Tag.
Aber als Nele morgens die Augen aufschlug, hatte sie dieses ulkige Gefühl.
Nicht Bauchweh oder Kopfschmerzen. Auch kein plötzlicher Schnupfen.
Sie war nicht einmal genervt, dass der Weckerhahn, der ihrem albernen Bruderherz David gehörte, ihr frühmorgens die Ohren vollkrähte. Vielmehr kribbelte es Nele überall wie kurz vor Weihnachten, oder zuletzt an ihrem achten Geburtstag.
»Hoppla! Was ist denn mit mir los?«, rief Nele und guckte verwundert auf ihren Hundewelpenkalender, der genau auf ihrer Augenhöhe an der Wand hing.
Freitag, der 12. Juni!
Wahrhaftig kein Grund, sich großartig zu freuen.
Nele verabscheute Freitage.
Ein ewig langer Schultag mit zwei winzigen Pausen erwartete sie. Krönender Abschluss war eine Doppelstunde Mathe bei Frau Schramm mit um die Wette Rechnen, bis allen Schülern so richtig die Köpfe rauchten.
Seit ihre beste Freundin Klara weggezogen war, schleppte sich Nele durch die langweiligen Schulstunden. Mit Klara war alles viel lustiger gewesen. Die hatte es sogar geschafft, die strenge Frau Schramm zum Lachen zu bringen. Leider konnten sich Nele und Klara in Zukunft nur noch in den Ferien besuchen.
Total gemein.
Erst um zwei Uhr würde es Mittagessen zusammen mit Papa in der Schulkantine geben. Papa hatte den allerwichtigsten Job an ihrer Schule, fand Nele. Denn er war dort Hausmeister. Ihr Papa war bei allen Lehrern und Schülern gleich beliebt, selbst Herr Direktor Murrzahn war nett zu ihm. Der war sonst genauso, wie er hieß: mürrisch. Nele machte lieber einen großen Bogen um ihn.
Als Hausmeister verwaltete Herr Winter den Schlüsselbund mit allen wichtigen Schlüsseln. Wenn er Lust hatte, durfte er sich sogar mitten in der Nacht ins Lehrerzimmer setzen. Nur der Koch ließ sich von ihm nicht in die Töpfe gucken. Bestimmt gab es heute zum tausendsten Mal Fischstäbchen mit wässrigem Spinat und total matschigem Kartoffelbrei aus der Packung. Hilfe!
Nele machte sich nichts aus Fischstäbchen. Und Kartoffelbrei schmeckte ihr sowieso nur, wenn Mama ihn selber machte. Mit frischer Milch und Butter.
Aber Barbara Winter jobbte freitags immer im Fotolabor, obwohl sie eigentlich Fotografin war. Dann hatte sie keine Zeit zum Kochen. Viel lieber als im Labor zu stehen, wollte sie eine tolle Fotostory für eine Zeitschrift machen. Aber so etwas war ganz schön schwer.
Wie man es auch drehte: Der Freitag war wirklich kein besonders toller Tag.
Und trotzdem. Als Nele so in die warme Decke gekuschelt lag und sich streckte, wusste sie: Sie fühlte sich heute einfach – supergut.
»Ich weiß, dass was ganz Tolles passiert«, sagte sie zur dicken Bertha und drückte diese fest an ihre Brust. »Ich spüre es genau.«
Nele kam es vor, als ob die dicke Bertha zustimmend nickte – auch wenn sie nur ein Berner Sennenhund war und Neles liebstes Kuscheltier. Die dicke Bertha war älter als Nele selber und hatte früher einmal ihrer Großtante Adelheid gehört. Das Fell war schon ziemlich dünn und David hatte Bertha aus Wut einmal das linke Ohr abgerissen. Weil Mama nicht gut nähen konnte, hing das Ohr seitdem etwas verrutscht auf ihrem Kopf. Aber das fand Nele nicht besonders schlimm.
»Irgendwas passiert«, wiederholte Nele und gab der dicken Bertha schnell noch einen Kuss. Dann kletterte sie ohne das übliche Meckern die Stockbettleiter hinunter und sauste schnurstracks in die Küche.
»Morgen Mami, Morgen Papi, ich bin schon auf!«, rief sie ihren überraschten Eltern überflüssigerweise zu.
Sie eroberte die Eckbank direkt vor der dampfenden Kanne Kakao. Das war der absolut beste Platz. Normalerweise saß bereits David dort, wenn Nele in die Küche schlurfte, weil er morgens viel wacher war. Nele musste man sonst erst dreimal rufen, bis sie endlich aus ihrem gemütlichen Federbett gekrochen kam.
Gerade trottete David herein. Er fläzte sich mürrisch auf einen Küchenstuhl.
»Guten Morgen, David!«, begrüßte ihn Nele munter und goss unaufgefordert Kakao in seine Batman-Tasse. Erst danach füllte sie ihren eigenen Trinkbecher.
»Hast du was ausgefressen?«, fragte Mama verblüfft und legte Nele eine mit Butter bestrichene Scheibe Toast aufs Frühstücksbrett.
David musterte seine jüngere Schwester stirnrunzelnd. Man sah ihm an, wie angestrengt er nachdachte. »Du warst heimlich an meinem Computer«, rief er alarmiert. »Gib’s zu, ist was kaputt?«
Nele tippte sich an ihre Stirn. »Nö. Ich bin doch nicht lebensmüde«, antwortete sie fröhlich und schmierte sich fingerdick Honig auf ihren Toast.
»Fällt heute etwa Mathe aus?«, mischte sich Papa ein und starrte sie neugierig an. Irrtümlich rührte er sich einen Löffel Orangenmarmelade in seinen Kaffee.
»Das wäre total super. Aber leider nicht.« Nele verschlang hungrig ihren Toast und schlürfte den heißen Kakao.
»Also, was ist dann mit dir los?«, riefen Mama und Papa im Chor.
Nele strahlte ihre Eltern an. »Irgendwas passiert heute«, verkündete sie wichtig. »Etwas ganz Tolles. Ich spüre es in meinem linken Ohrläppchen.«
David lachte belustigt auf. »Typisch Nele. Spinnt mal wieder rum.«
Nele streckte ihrem Bruder die Zunge raus. »Dreimal darfst du raten, wer hier schon wieder spinnt.«
Mama schüttelte ungehalten den Kopf. »Müsst ihr euch immer gleich streiten?«
Sie nahm sich eine zweite Tasse Kaffee. »Ich fände es auch toll, wenn heute was passiert. Vielleicht kauft endlich ein Verlag meine Fotos«, sagte sie versonnen. »Die Arbeit im Labor ist todlangweilig.«
David machte ein finsteres Gesicht. »Nele sagt das doch nur, um sich mal wieder wichtig zu machen. Ich halte mich knallhart an Fakten.«
Nele kicherte. »Kommen die aus deinem Computer? Melanie aus meiner Klasse hat erzählt, dass du heimlich mir ihrer Schwester Julia chattest!«
David wurde plötzlich knallrot. »Warum hat der liebe Gott bloß nervige Schwestern erfunden?«, stöhnte er.
»Jetzt ist aber Schluss«, griff Herr Winter ein und stand vom Frühstückstisch auf. Er nahm einen raschen Schluck Kaffee im Stehen und verzog das Gesicht.
»Ich glaube, im Kaffee ist eine bittere Bohne, Barbara«, sagte er und leerte den Rest ins Spülbecken. »Packt eure Pausenbrote ein, wir müssen los. David, dein Bus kommt in zehn Minuten.«
David war bereits zwölf und ging seit fast zwei Jahren in die Gesamtschule.
Und darauf bildete er sich überflüssigerweise jede Menge ein, fand Nele.
Seit er mit seinen Freunden einen geheimen Computerclub gegründet hatte, hängte er jedes Mal ein riesiges Schild no sisters an ihre gemeinsame Zimmertür, wenn seine coolen Kumpels zu Besuch kamen.
Wie doof war das denn?
Deshalb wünschte sich Nele sehnsüchtig ein eigenes Zimmer. Aber eine größere Wohnung konnten sich Papa und Mama nicht leisten. In diesem Sommer war nicht einmal ein klitzekleiner Urlaub drin.
Gerade als Nele und David sich hinter Herrn Winters Rücken gegenseitig zur Tür schubsten, während dieser hektisch seinen Autoschlüssel suchte, klingelte das Telefon.
»Tante Adelheid!«, rief Mama erfreut in den Hörer und warf Nele, David und Herrn Winter einen flüchtigen Abschiedskuss zu. »So eine Überraschung. Bist du wieder zurück aus Brasilien?« Sie verschwand mit dem Telefon ins Wohnzimmer.
So kriegte Nele leider nicht mehr mit, was Mama alles mit Großtante Adelheid bequatschte, obwohl sie genau das brennend interessierte.
Soeben fand Herr Winter seinen verschwundenen Autoschlüssel in der leeren Blumenvase. »Also Barbara!«, rief er empört Richtung Wohnzimmer.
Aber Neles Mama war bereits tief in ihr Gespräch mit Großtante Adelheid versunken. Energisch scheuchte Herr Winter seine beiden Streithälse hinaus ins Treppenhaus und zog die Tür mit Nachdruck hinter sich zu.