Ich möchte meinem Agenten Richard Curtis für alles danken, was er tut, damit ich tun kann, was ich liebe, und meiner Lektorin Diana Gill danke ich dafür, dass sie dafür sorgt, dass das, was ich liebe, gut wird.
»Braun oder Grün für die Vorhänge, Rache?«
Jenks’ Stimme drängte sich in meinen Dämmerzustand, und ich öffnete ein Auge einen Spalt weit. Jenks schwebte nur Zentimeter vor meiner Nase. Die Sonne war heiß, und ich wollte mich nicht bewegen, auch wenn seine Flügel einen kühlen Windzug erzeugten. »Du bist zu nah. Ich kann nichts sehen«, sagte ich, als ich mich in meinem Liegestuhl bewegte. Er schwebte nach hinten, und seine libellenartigen Flügel summten schnell genug, um roten Pixiestaub auf meinem nackten Bauch zu verteilen. Juni, Sonnenbaden und Cincinnati passten normalerweise nicht zusammen, aber heute war die letzte Chance, ein wenig Bräune zu tanken, bevor ich mich auf den Weg nach Westen zur Hochzeit meines Bruders machte.
Über Jenks’ Arm hingen zwei Stoffbündel, wahrscheinlich aus Spinnenseide, die von einer seiner Töchter gewebt und gefärbt worden war. Seine schulterlangen blonden Locken – seit dem Tod seiner Frau waren sie nicht geschnitten worden – waren mit einem Stück Kordel zurückgebunden, um sie aus seinem kantigen, erschöpften Gesicht zu halten. Ich fand es seltsam, dass sich ein Pixie, der allein eine ganze Bande von Meuchelmördern in die Flucht schlagen konnte, Gedanken um die Farbe seiner Vorhänge machte.
»Also«, mauerte ich, weil ich mir keinen Deut sicherer war als er. »Das Grün passt zum Boden, aber ich würde das Braun nehmen. Du brauchst warme Farben da unten.«
»Braun?«, fragte er mit einem zweifelnden Blick auf den Stoff. »Ich dachte, die grünen Fliesen gefallen dir.«
»Tun sie«, erklärte ich. Ich fand die Idee, eine Glasflasche in Bodenfliesen zu verwandeln, genial. »Aber wenn du alles in derselben Farbe hältst, sieht es irgendwann aus wie eine Zeitreise in die Siebziger.«
Das Summen von Jenks’ Flügeln wurde tiefer, und seine Schultern sackten nach unten. »Ich kann das einfach nicht«, flüsterte er und wurde melancholisch, als er an Matalina denken musste. »Sag mir einfach, welchen.«
Innerlich zuckte ich zusammen. Ich wollte ihn umarmen, aber er war nur zehn Zentimeter groß. Klein, ja, aber der Pixie hatte mir öfter das Leben gerettet, als ich zählen konnte. Manchmal allerdings hatte ich das Gefühl, als lebten wir in verschiedenen Welten. »Braun«, sagte ich.
»Danke.« Jenks flog zu der kniehohen Mauer, die meinen Hinterhof vom Friedhof trennte, und zog dabei eine Spur aus mattem Goldstaub hinter sich her. Der von einer Mauer umschlossene Friedhof gehörte auch mir, oder eigentlich Jenks, nachdem auf der Besitzurkunde sein Name stand. Aber ich war diejenige, die den Rasen mähte.
Kummer stieg in mir auf, und die Sonne schien ein wenig kühler zu werden, als ich beobachtete, wie Jenks’ Staubspur unter den blühenden Hasenglöckchen und dem Moos in seiner neuen Junggesellenwohnung verschwand. Er hatte in den letzten Monaten lernen müssen, ohne Matalina zu leben, und es war ihm schwergefallen. Dass ich hatte klein werden können, um ihm durch den ersten schweren Tag zu helfen, hatte viel dazu beigetragen, mich davon zu überzeugen, dass Dämonenmagie nicht generell schlecht war – außer, man setzte sie für dunkle Zwecke ein.
Ein Windhauch streifte kühl meine Augen, und ich lächelte, während ich gleichzeitig die Träne wegwischte. Ich konnte das frisch geschnittene Gras riechen, und vor dem Hintergrundgeräusch von Cincinnati jenseits des Flusses erhob sich das Brummen eines Rasenmähers. Neben meinem Sonnenöl und einem Glas mit inzwischen warmem Eistee lag ein Stapel von Einrichtungsmagazinen. Die Ruhe vor dem Sturm. Morgen würde meine persönliche Hölle ausbrechen, und sie würde die gesamte Woche anhalten, denn so lange dauerte die jährliche Hexenkonferenz. Was danach geschah, war reine Spekulation.
Nervös verschob ich die Träger meines Bikinis, damit sich in meinem Brautjungfernkleid keine weißen Streifen zeigten. Das Kleid war bereits verpackt und hing in seiner Kleidertasche in meinem Schrank. Das jährliche Hexentreffen war gestern am anderen Ende des Kontinents eröffnet worden. Ich stand als Letztes auf der Agenda – so wie man sich im Zirkus die beste Nummer bis zum Schluss aufhebt.
Der Hexenzirkel für ethische und moralische Standards hatte mich bereits gebannt, versucht, mich ohne Prozess in Alcatraz einzubuchten, und mir Meuchelmörder auf den Hals gehetzt, als ich entkommen war. Ein Patt hatten sie erst anerkannt, als ich gedroht hatte, mit der Tatsache an die Öffentlichkeit zu gehen, dass die Hexen von den Dämonen abstammten und ich der Beweis dafür war. Die Aufhebung der Bannung sollte dauerhaft werden, nachdem sie das fehlende Mitglied des Rates ersetzt hatten und damit die Begnadigung für meine Verwendung schwarzer Magie aussprechen konnten. Zumindest lautete so die Theorie.
So wichtig es auch war, das hinter mich zu bringen, ich hatte ab-so-lut keine Lust darauf. Ich meine, man hatte mich beschuldigt, eine schwarze Hexe zu sein – schwarze Magie zu wirken und mit Dämonen zu verkehren, was ich beides auch tatsächlich getan hatte. Tue. Was auch immer. Das würde sich auch nicht ändern, aber wenn ich diese Begnadigung nicht bekam, würde ich mich für den Rest meines Lebens im Jenseits verstecken müssen. Und weder hatte ich eine große Schwäche für Dämonen, noch wollte ich die Hochzeit meines Bruders verpassen. Das würde er mir nie vergeben.
Ich schaute auf und blinzelte Richtung Eiche, als ein vertrautes, fast schon im Ultraschallbereich liegendes Pixiepfeifen sich über das Brummen des Rasenmähers erhob. Ich war nicht überrascht, als Jenks sofort hinter der kniehohen Mauer hervorschoss, um Jumoke abzufangen, einen seiner Söhne, der heute Wachdienst vor der Kirche hatte.
»Was ist los, Jenks?«, rief ich, während ich meine Sonnenbrille packte. Die Pixies flogen auf mich zu, immer noch in ein Gespräch vertieft.
»Schwarzes Auto am Randstein«, sagte Jenks, die Hand am Griff seines Gartenschwertes. »Es ist Trent.«
Adrenalin schoss in meine Adern, und ich hätte mir fast den Bügel meiner Sonnenbrille ins Auge gestochen, als ich sie aufsetzte. »Er ist zu früh!«, rief ich und setzte mich auf. Trent und ich hatten einen Termin, um sein Vertrautenmal zu entfernen, aber erst um fünf. Der Fluch war noch nicht fertig, und die Küche sah aus wie nach einer Explosion. Vielleicht wollte er die Vorbereitungen beobachten, weil er Angst vor den Inhaltsstoffen hatte.
Jumokes Flügelgeräusch wurde lauter, als es an der Haustür klingelte. Wir alle drehten uns zur Kirche um, als könnten wir Trent durch das Gebäude hindurch auf dem Treppenabsatz vorne stehen sehen. Die Klingel war eine dieser großen Farmglocken mit einem Zugseil, und die gesamte Nachbarschaft konnte sie hören. »Vielleicht geht er wieder, wenn wir uns tot stellen«, sagte ich, und Jenks raste nach oben, achtzehn Meter in gerade einer Sekunde. Genauso schnell war er schon wieder da.
»Er kommt hintenrum«, sagte er. Sein goldener Pixiestaub wirkte durch meine Sonnenbrille schwarz.
Verdammt zurück bis zum Wandel. »Der Trottel soll gepixt sein«, sagte ich, dann wedelte ich abwehrend mit der Hand, weil Jumoke mich offensichtlich ernst genommen hatte. Der kleine Pixie sah aus als wäre er nicht älter als sechs, und er nahm alles wörtlich.
Jenks flog rückwärts, als ich mich nach hinten umdrehte und die Lehne des Liegestuhls nach oben riss, um aufrechter zu sitzen. Vielleicht sollte es ein letzter Versuch werden, mich dazu zu bringen, diesen dämlichen Wisch zu unterschreiben, der mir zwar Sicherheit vor dem Hexenzirkel zusicherte, mich aber gleichzeitig quasi zu Trents Sklavin machte. Morgen wäre ich schon an der Westküste, um meinen Namen reinzuwaschen und ihm damit durch die Finger zu rutschen. Entweder das, oder er versuchte, Ivy aus dem Weg zu gehen – eine eindeutige Möglichkeit. Er wusste, dass sie heute Abend hier sein würde, und seine Spione hatten ihm wahrscheinlich verraten, dass sie im Moment nicht da war.
Jenks klapperte mit den Flügeln, und ich schaute ihn an. »Wie soll ich reagieren, Rache?«, fragte er. »Er ist schon fast am Tor. Meine Kinder mobben ihn.«
Ich biss die Zähne zusammen, dann zwang ich mich dazu, mich zu entspannen. Ich hatte mir für heute Abend schon eine schöne Seidenbluse zurechtgelegt. Eine professionelle, stilvolle Bluse. Und hier saß ich nun im Bikini und mit einer chaotischen Küche. »Lass ihn kommen«, sagte ich schließlich. »Wenn es um diesen Wisch geht, kann er mir die Zehen lutschen und sterben.«
Jenks nickte und schoss nach einem Flügelzirpen, das seinen Sohn anwies, bei ihm zu bleiben, zu dem Pfad, der um die Kirche herumführte. Ich lehnte mich zurück und bettete meinen Kopf so, dass ich das Gartentor sehen konnte, ohne es offensichtlich zu beobachten. Trents Stimme – seine wunderschöne resonante, beruhigende Politikerstimme – erreichte mich, noch bevor er am Tor war, und ich berührte kurz den Zopf, zu dem Jenks’ Kinder meine roten Locken geflochten hatten. Ich hasste es, dass mir seine Stimme gefiel, aber es war ein vertrauter Hass, der schon vor langer Zeit seine Spitze verloren hatte.
Der hölzerne Riegel am Tor hob sich, und mein Herz machte einen Sprung. Ich nahm die Sonnenbrille wieder ab und tat mit halbgeschlossenen Augen so, als würde ich schlafen.
In einer Wolke von Pixiekindern kam Trent in meinen Garten, seine Bewegungen gleichzeitig langsam und wütend. Offensichtlich gefiel ihm seine laute, geflügelte Eskorte nicht. Ich hielt mein Gesicht ausdruckslos, während ich seinen schlanken Körper musterte. In den Monaten, seit ich ihn zum letzten Mal gesehen hatte, war Trent brauner geworden. Sein feines, fast durchsichtiges blondes Haar leuchtete in der Sonne. Statt seines üblichen Tausend-Dollar-Anzugs trug er ein leichtes, kurzärmliges graues Hemd, eine schwarze Stoffhose und glänzende schwarze Lederschuhe. Das ließ ihn harmlos aussehen, aber Trent war alles andere als harmlos. Und was tat er alleine hier? Quen ließ ihn nie allein ausgehen.
Trent ging über die farngesäumten Schieferplatten, während die Pixies auf ihn einredeten. Hinter dem scheinbar unschuldigen Auftreten eines Geschäftsmannes versteckte sich der Kopf eines kriminellen Biodrogen- und Brimstonehändlers. Warum helfe ich ihm wieder?
Ich helfe mir selbst, dachte ich und fühlte mich plötzlich fast nackt. Wenn ich die Vertrautenverbindung zwischen uns nicht auflöste, bevor ich zum Hexentreffen aufbrach, würde Trent seine Mordversuche wieder aufnehmen. Und sosehr ich den Mann auch verabscheute, ich mochte ihn um einiges mehr, wenn er nicht versuchte, mich unter die Erde zu bringen.
Ich fühlte mich wie ein Heuchler, als ich die Augen ganz schloss und lauschte, wie Trent einem von Jenks’ Kindern etwas Beruhigendes zumurmelte, während seine Schuhe über die zerbrochenen Hoffliesen kratzten. Mein Herz schlug schneller. Wäre es irgendjemand anderes gewesen als Trent, hätte man fast glauben können, ich würde den Mann mögen. Aber eigentlich bemühte ich mich nur, nicht auszusehen wie eine verrückte Hexe, die mit einem Gargoyle im Glockenturm, Pixies im Garten und einer Katze auf dem Zaun in einer Kirche lebte – selbst wenn ich genau das war. Auf keinen Fall würde er meine Küche betreten. Nicht, während massenweise Kerzen herumstanden, halbverarbeitete Kräuter herumlagen und überall magnetische Kreide klebte.
»Du wirst niemals erraten, wen ich beim Durchwühlen unseres Mülls erwischt habe, Rache«, sagte Jenks höhnisch. Ich streckte mich und zitterte, als ein kühler Schatten auf mich fiel.
»Ich dachte, wir wären die Waschbären losgeworden«, sagte ich, öffnete die Augen und entdeckte Trent über mir. Er war mit der Sonne im Rücken nur eine schwarze Silhouette. Der Geruch von Zimt und Wein stieg mir in die Nase, und ich blinzelte nach oben. Trent ist nervös? Seltsam … Wenn Trent unbehaglich zumute war, konnte ich vielleicht die Oberhand behalten, selbst wenn ich halbnackt war. Das wäre mal eine nette Abwechslung. Er war ziemlich gut darin, mich in die Defensive zu drängen.
»Oh! Hi, Trent«, sagte ich, als er weiterhin schwieg. Die Halbschatten der Pixieflügel warfen Muster auf uns beide, und ihre Fluggeräusche waren fast so laut wie ihre Stimmen. »Was zum Wandel tust du schon hier? Gehst wohl Ivy aus dem Weg, hm?«
Er trat zur Seite, und die Sonne blendete mich – genau, wie er es beabsichtigt hatte. »Schönen Nachmittag, Rachel«, sagte Trent trocken. »Du siehst gut aus.«
»Danke.« Ich griff nach meiner Sonnenbrille und setzte sie auf, während er vor den Stuhl trat, auf dem mein Bademantel lag, und so recht effektiv verhinderte, dass ich danach griff. »Es ist unglaublich, wie gut es tun kann, mal zwei Monate nicht auf irgendeiner Abschussliste zu stehen.« Ich zögerte, weil mir auffiel, dass seine Frisur schicker war als gewöhnlich. »Du siehst für einen mordlüsternen Drogenbaron auch nicht so schlecht aus.«
Bei dieser Bemerkung wurde Trents Lächeln ehrlich. Ich glaube, er genoss unser stichelndes Geplänkel – alle anderen hatten zu viel Ehrfurcht vor seinem Kontostand, um ihm Paroli zu bieten. »Ich entschuldige mich dafür, dass ich dich so überfalle, aber ich möchte etwas mit dir besprechen.« Er warf einen schnellen Blick zu Jenks. »Allein, wenn möglich?«
Dann ging er Ivy also tatsächlich aus dem Weg, überlegte ich und fand das ziemlich witzig. Jenks schnaubte und stemmte die Hände in die Hüften. Seine Finger berührten gerade so den Knauf seines Gartenschwertes, was ihm eine gefährliche, hintergründige Aura verlieh, wie Puck auf dem Kriegspfad. Und wirkte, als wäre er bereit, jederzeit zu töten. Amüsiert strahlte ich Trent an und zog ein Knie an, um mich nicht so vollkommen entblößt zu fühlen.
»Eigentlich bin ich momentan sehr beschäftigt«, erklärte ich süßlich, wobei ich mich in den Liegestuhl zurücklehnte und die Augen schloss. »Ich muss Melatonin bilden, während die Sonne scheint.« Ich öffnete die Augen wieder und schenkte ihm ein offensichtlich aufgesetztes Lächeln, während ich gleichzeitig ein wenig besorgt die Stirn runzelte. Er ist allein hier.
Ein leises Kichern in den Bäumen ließ Trent den Blick heben, und er trat schnell einen Schritt zur Seite, um einer Eichel aus dem letzten Jahr auszuweichen. Sie prallte mit einem Klacken von der zerbrochenen Bodenfliese ab und rollte, begleitet von enttäuschtem Gejammer, unter meinen Liegestuhl.
»Entschuldige mich«, sagte Jenks säuerlich und schoss in die Bäume davon. Es folgte eine lautstarke Rebellion, die schnell unterdrückt wurde, dann sanken die Pixies nacheinander herab, um eine weitere Eichel, einen Stock und sogar eine Murmel auf den Tisch neben meinem Eistee fallen zu lassen, bevor sie sich entschuldigten und bedrückt Richtung Friedhof davonflogen. Jenks beobachtete jede Bewegung mit Adleraugen.
»Ich habe noch vier Stunden Zeit, um diese Haut vor der Hochzeit meines Bruders von ihrer Leichenblässe zu befreien«, erklärte ich unbehaglich und bemühte mich, das kleine Drama zu ignorieren, »und die werde ich nicht in meiner Küche damit verbringen, deinen Zauber zu winden. Komm um fünf zurück. Oder du kannst einfach hier rumsitzen und darauf warten, dass die Sonne untergeht. Mir ist es egal. Sitzt Quen im Auto? Er kann gerne reinkommen. Ich habe noch Eistee im Kühlschrank. Oder ein Bier. Ihr Kerle trinkt doch Bier, oder?«
»Ich habe heute keinen Babysitter«, sagte Trent, als wäre das ein großer Sieg. Ich räusperte mich. Ich wusste, wie er sich fühlte. Mein Babysitter war entweder ein zehn Zentimeter großer Mann oder ein nerviger Ex-Geist, je nachdem, in welcher Klemme ich im Moment steckte und in welcher Realität ich mich gerade bewegte.
Jenks’ jüngste Tochter, Jrixibell, flog heran, während sie gleichzeitig den Saum ihres braunen Seidenkleides knetete. Anscheinend war es ihre Eichel gewesen. Unter Jenks’ strengem Blick murmelte das beschämte Mädchen ein »Entschuldigung« und flog dann zu ihren drei Schwestern, mit denen sie sofort im Gebüsch verschwand, um weitere Missetaten zu planen.
Trent lächelte, drehte sich um und erschreckte mich zu Tode, als er eingebildeten Staub vom zweiten Stuhl wischte, bevor er sich so vorsichtig setzte, als hätte er noch niemals einer Plastikbespannung trauen müssen. Ich starrte ihn an und nahm die Sonnenbrille wieder ab.
Er bleibt? Sicher, ich hatte es angeboten, aber ich hatte doch nicht erwartet, dass er annahm. Plötzlich fühlte ich mich doppelt so nackt, konnte aber nichts tun, weil Trent sich vorlehnte und das oberste Einrichtungsmagazin nahm. »Renoviert ihr?«, fragte er beiläufig.
»Ähm, Jenks richtet sich ein«, sagte ich mit klopfendem Herzen. Dreck auf Toast, ich konnte hier doch nicht einfach rumliegen und so tun, als wäre er nicht da. Ich hatte gedacht, er würde beleidigt reagieren, etwas Dämliches darüber zum Besten geben, dass seine Zeit wichtiger war als meine, und einfach wieder gehen. »Du, ähm, willst warten? Hast du nichts anderes, Wichtigeres zu tun?«
»Doch, habe ich eigentlich schon«, sagte er, während er langsam umblätterte und seine Augen über die nächste Seite voller Fliesen und Kunst gleiten ließ. »Aber ich will mit dir reden. Allein.« Er hob seinen Blick von der Zeitschrift und starrte Jenks an.
»Jetzt warte mal einen fairyverfurzten Moment …« Jenks schoss in einer Wolke aus empörtem Silber nach oben.
Ich runzelte die Stirn. Trent war zu früh gekommen, stank nach Zimt und Wein und wollte allein mit mir reden. Das war so absolut übel. »Es ist okay, Jenks«, sagte ich leise, aber er hörte mich nicht.
»Der Tag, an dem ich dich mit Rachel allein lasse, ist der Tag, an dem ich mir ein Kleid anziehe und Polka tanze!« , erklärte er gerade. Ich setzte mich auf und stellte meine Füße zu beiden Seiten des Liegestuhls auf den Boden.
»Jenks, es ist in Ordnung.«
»Wir sind ein Team!«, schrie Jenks, eine Hand am Knauf seines Gartenschwertes. »Du redest mit uns allen oder mit keinem!«
Vom Rande des Gartens und Friedhofs beobachtete uns ungefähr ein Dutzend Paar Augen, und über uns raschelten die Blätter. Ich schaute kurz zu Trent. Er presste für einen Moment die Lippen aufeinander, dann entspannte sich sein Gesicht und er verbarg seinen Ärger.
»Jenks«, sagte ich. »Es ist okay. Ich werde dir erzählen, was er sagt.« Trent kniff die Augen zusammen, und ich schob das Kinn vor. »Versprochen.«
Sofort beruhigte sich Jenks, landete aber trotzdem beleidigt und mit klappernden Flügeln neben meinem Glas. Auf Trents Stirn bildete sich eine kleine, besorgte Falte, aber ich hatte die Wahrheit gesagt. Ich würde Jenks so gut wie alles erzählen, und das sollte Trent auch wissen.
»Warum sammelst du nicht deine Kinder ein und ihr schaut nach den Blaubeerbüschen ganz am Ende des Friedhofs?«, sagte ich, und über uns raschelte es wieder. »Alle Kinder.«
»Na ja, okay«, erklärte Jenks mürrisch. Er hob ab, zeigte mit zwei Fingern erst auf sich selbst und dann auf Trent – die unmissverständliche Geste für »Ich hab dich im Blick« – und flog dann davon, während er seinen Kindern zurief, zu verschwinden und uns Raum zu geben. Trent beobachtete, wie sie sich aus ihren verborgenen Nischen und Verstecken ergossen, und seine Anspannung wurde dadurch deutlicher, dass er seine Finger immer wieder verschränkte und voneinander löste.
Ein Windstoß glitt über den Friedhof und trug den Geruch von warmem Stein und frisch geschnittenem Gras mit. Ich zitterte. »Also, was ist los?«, fragte ich, während ich mich wieder mit geschlossenen Augen in meinen Liegestuhl fallen ließ und die Ungerührte spielte. »Wirst du mir jetzt erzählen, was du nicht vor meinem Partner und deiner Bürohilfe sagen kannst, oder willst du da einfach nur rumsitzen und mir auf den Bikini starren?«
Das löste nicht das erwartete kurze Lachen aus. Ich hörte, wie er tief durchatmete. Das leise Rascheln, als er das Heft zurücklegte, ließ mich wieder zittern. »Dein kommendes Treffen mit dem Hexenzirkel?«, sagte er leise. »Ich glaube nicht, dass dir wirklich klar ist, was passieren wird.«
Ich riss die Augen auf und drehte mich zu ihm um. Er hatte sich im Stuhl vorgelehnt, um die Ellbogen auf die Knie zu stützen und die Hände zu verschränken. Mit besorgter Miene saß er da und hob erst die Augen, als er meinen Blick spürte.
Er machte sich Sorgen um den Hexenzirkel? »Das jährliche Hexentreffen?«, sagte ich. »Das ist kein Problem. Ich kriege das hin.« Die Plastikbespannung des Liegestuhls schnitt mir in den Rücken, und ich bewegte mich unruhig.
»Du bittest um Verzeihung für die Anwendung schwarzer Magie«, sagte er, und mein Magen verkrampfte sich, als er mich daran erinnerte. »Das ist ein bisschen ernster, als am Strand besoffenen Hexen auszuweichen.«
Ich verschob wieder den Träger meines Bikinis, um mein Unbehagen zu überspielen. Trent sah auf dem billigen Plastikstuhl fantastisch aus, selbst wenn er besorgt war. »Erzähl mir was, was ich noch nicht weiß«, grummelte ich.
»Rachel …«
Nervosität breitete sich in mir aus, und ich zog eine Grimasse. »Der Hexenzirkel hat seine Meuchelmörder zurückgepfiffen«, sagte ich, aber ich konnte ihn nicht ansehen. Sicher, sie hatten die Versuche, mich umbringen zu wollen, gestoppt, aber es konnte in einer dämonischen Minute wieder losgehen. Lass mich doch einfach noch ein bisschen länger in meiner Traumwelt leben, Trent.
»Du machst dich morgen auf den Weg an die Küste?«, fragte er, und ich nickte, während ich mir die Nase rieb. Das wusste er bereits. Ich hatte es ihm letzte Woche erzählt.
»Was ist mit Jenks und Ivy?«
Mein Blick glitt zu Jenks, der auf der kniehohen Mauer zwischen Garten und Friedhof stand. Wie versprochen hielt er seine Kinder unter Kontrolle. Aber er war sauer, das sah ich an der breitbeinigen Haltung und den in die Hüfte gestemmten Händen. Seine Flügel schlugen so schnell, dass sie unsichtbar waren, aber trotzdem stand er unerschütterlich auf dem sonnenwarmen Stein. Ich zog eine Schulter hoch, ließ sie fallen und bemühte mich, unbesorgt zu wirken. »Ivy bleibt hier, um in der Firma die Stellung zu halten. Jenks kommt mit mir. Wenn er menschliche Größe hat, kann er mit den Luftdruckveränderungen umgehen.« Hoffe ich. Ich drehte mich zu Trent um, weil ich plötzlich misstrauisch war. »Warum?«
Er seufzte. »Du wirst es nie schaffen. Selbst mit Jenks nicht.«
Mein Herz setzte für einen Moment aus, und ich zwang mich, unbeweglich zu bleiben. Der leichte Wind wurde kühl, und auf meinen Armen bildete sich Gänsehaut. »Ach, wirklich?«
»Wirklich«, sagte er und ich wurde rot, als er meine Gänsehaut bemerkte. »Was hältst du für wahrscheinlicher? Dass der Hexenzirkel dich mit der Geschichte an die Öffentlichkeit lässt, wie sie dich wegen eines komplizierten Plans, mein Sicherheitssystem zu testen, gebannt haben, oder dass sie dich einfach auf dem Weg zu dem Treffen verschwinden lassen?«
Es war ziemlich schwierig, weiterhin den Kopf in den Sand zu stecken, wenn jemand so kräftig an meinen Schwanzfedern zerrte. »Ich bin nicht dämlich«, sagte ich und griff nach meinem Sonnenöl. »Du glaubst, darüber hätte ich noch nicht nachgedacht? Aber was habe ich denn für eine Wahl? Sie haben gesagt, sie würden mich begnadigen, wenn ich den Mund halte.«
»Sie haben nie gesagt, dass deine Begnadigung dich noch lebend erreichen würde.«
Stimmt. »Das ist so unfair.« Verärgert öffnete ich die Flasche und drückte mir Öl auf die Handfläche.
»Du kannst es dir nicht mehr leisten, dumm zu sein«, sagte Trent. Ich runzelte die Stirn und stellte mit einem Knall die Flasche wieder auf den Tisch. »Dieselben Qualitäten, die dich zu einer guten Angestellten machen würden – Loyalität, Ehrlichkeit, Leidenschaft, Eifer, Vertrauen –, werden dich umbringen, wenn du nicht verstehst, dass nur wenige Leute nach deinen Regeln spielen.«
Das letzte Wort in der Reihe auszusprechen – Vertrauen – war ihm schwergefallen. Ich runzelte die Stirn und rubbelte mir unter dem Vorwand, mich mit Sonnenöl einzuschmieren, die Gänsehaut weg. »Ich bin nicht naiv«, grummelte ich und betrachtete die roten Stellen, die die Bespannung des Liegestuhls auf meiner Haut hinterlassen hatte. Ja, ich arbeitete mit Dämonen zusammen, lernte bei ihnen und war eine von zwei Hexen auf der Welt, die ihre Magie entzünden konnten, aber ich hatte mich gut geführt. Ich hatte niemals jemandem wehgetan, der mich nicht zuerst angegriffen hatte, und ich hatte immer mehr Zurückhaltung an den Tag gelegt als diejenigen, die versuchten, mich umzubringen. Selbst bei den Fairys.
»Der Hexenzirkel wird niemals zulassen, dass du einen Flieger besteigst, und der einzige Weg, wie du es an die Küste schaffen kannst, ist, wenn wir zusammen fahren«, sagte Trent schnell. »Der Hexenzirkel wird nichts unternehmen, wenn ich bei dir bin.«
Zusammen? Ich blinzelte und starrte ihn an. Deswegen war er in einer Wolke aus Zimt und Wein in meinem Garten aufgetaucht. Er wollte, dass wir zusammen an die Küste flogen, und hatte Angst, dass ich ablehnen würde. »Bietest du mir etwa einen Flug in deinem Privatjet an?«, fragte ich ungläubig. Ich war kurz davor, sowohl ihn als auch den Hexenzirkel loszuwerden, kurz davor, wieder eine eigenständige Person zu werden. Wenn ich in seinen Flieger stieg, wusste niemand, wo wir landen würden.
»Du musst mir vertrauen«, sagte er, als könnte er meine Gedanken lesen, während seine Körpersprache mir gleichzeitig zuschrie, dass ich es lassen sollte.
Ich lehnte mich zurück. Mir war kalt, und ich fühlte mich unwohl. »Ja, genau. Du hilfst mir nur aufgrund der Güte deines kleinen Elfenherzens. Wohl kaum.«
»Würdest du mir glauben, dass ich es lieber mit Zucker als mit Essig probiere?«
Er klang amüsiert und ich blinzelte zu ihm auf. »Ja«, platzte ich heraus. »Das könnte ich glauben, aber ich steige nicht in deinen Flieger. Du bist ein mit Drogen handelnder, Steuern hinterziehender, irritierender … Mörder, und in den letzten zwei Jahren gab es nicht einen Monat, in dem ich mir keine Sorgen gemacht habe, ob du versuchen wirst, mich umzulegen.«
»Irritierend?« Trent lehnte sich gegen meinen Bademantel zurück. Anscheinend war er gerne irritierend, die Finger verschränkt und ein Knöchel auf dem anderen Knie. In dieser Haltung hätte ich unsicher gewirkt, aber er wirkte völlig ruhig. Der Geruch des Kokosöls passte gut zu dem Zimt. Er senkte den Blick, und ich wartete schweigend.
»Letztendlich ist es so, dass ich es vorziehe, dass du am Leben und frei vom Hexenzirkel bist als tot«, sagte Trent leise und sah kurz auf, als ein zerrissenes Blatt von einem Ast trudelte. »Wenn du ohne mich an die Küste aufbrichst, wirst du es nicht schaffen. Und ich habe immer noch die Hoffnung, dass Sie eines Tages mit mir zusammenarbeiten werden, Ms. Morgan.«
Jetzt waren wir wieder auf vertrautem Boden. Zusammenarbeiten war um einiges besser, als für mich arbeiten, aber wie oft musste ich denn noch Nein sagen? »Nein – du lügst«, antwortete ich und wedelte mit meiner Sonnenbrille durch die Luft, als er zum Protest ansetzte, die Augen unter seinen feinen blonden Haaren unschuldig. »Du bist hier nervös reingestiefelt, um mich zu bitten, mit dir an die Küste zu fahren, nicht andersherum. Du willst mein Vertrauen? Versuch mal, es mit der Wahrheit zu erkaufen. Bis dahin haben wir nichts mehr zu besprechen. Wiedersehen, Trent. Wir sehen uns um fünf. Knall das Friedhofstor nicht zu, wenn du gehst.«
Ich rammte mir die Sonnenbrille wieder ins Gesicht und lehnte mich beleidigt zurück. Für einen Moment glaubte ich schon, er würde seine lahme Behauptung von Nächstenliebe aufrechterhalten, aber dann flüsterte er: »Ich muss an die Westküste. Ich brauche eine Begleitung, und Quen wird Ceri nicht von der Seite weichen. Sie hat nur noch drei Wochen bis zur Geburt.«
Ceri? Ich biss die Zähne zusammen, öffnete die Augen und starrte in die bernsteinfarbene Welt. Dann nahm ich die Brille wieder ab und beäugte Trent, um herauszufinden, ob er log. In seinem Blick lag ein Hauch von Mitgefühl, aber überwiegend war er sauer, wahrscheinlich, weil Ceri seinen Sicherheitsoffizier mehr mochte als ihn.
»Quen erlaubt mir nicht, Cincinnati zu verlassen, außer du kommst mit«, sagte Trent, und das regte ihn offensichtlich auf. »Er sagt, du bist ungeschliffen, aber enthusiastisch.«
Ich lachte. Ich konnte einfach nichts dagegen machen. »Okay«, sagte ich und senkte die Füße wieder auf die Terrasse. »Ich glaube, jetzt habe ich es verstanden. Du sagst, du willst dich mit mir verbünden – mit mir armem Mädchen –, aber eigentlich tust du es nur, weil Quen dich allein nicht gehen lässt. Wie kommt’s? Hast du vor, gegen mich auszusagen, wenn ich deinen dämlichen Wisch nicht unterschreibe? Ich wusste doch, dass es Gründe gibt, warum ich Quen mag.«
»Würdest du bitte diesen Vertrag einfach vergessen?«, sagte er und wirkte langsam wütend. »Es war ein Fehler, dich zu bedrängen, und es tut mir leid. Ich muss aus privaten Gründen an die Westküste. Du bist einfach ein Mittel, um dort hinzukommen. Eine Eskorte.«
Es tat ihm leid?, dachte ich. Dieses Eingeständnis schockierte mich. Auf der Mauer hob Jenks in einer orangefarbenen Wolke ab. Offensichtlich hatte er es auch gehört.
»Bitte«, sagte Trent und rutschte auf seinem Stuhl nach vorne. »Rachel, ich brauche deine Hilfe.«
Am Tor erklang ein leises, vertrautes Klicken und dann ein Luftstoß. Hinter Trent flog auf Brusthöhe eine kleine blaue Kugel vorbei, genau dort, wo er gerade noch gewesen wäre, hätte er sich nicht vorgelehnt. Sie traf den Baum und zerbrach mit einem vertrauten Platschen, während gleichzeitig ein durchdringendes Pfeifen durch den Garten gellte.
Trent starrte mit weit aufgerissenen Augen erst mich und dann die nasse Stelle an.
Scheiße, wir werden angegriffen.