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Das Buch

In »Quiet Leadership« gibt einer der erfolgreichsten und meistrespektierten Trainer des internationalen Fußballs Einblick in seine Führungsphilosophie: Worauf kommt es Carlo Ancelotti an, wenn er ein Team übernimmt und an die Spitze führt? Wie baut er Talente auf? Wie geht er mit den Topstars um, und wie mit den mächtigen Klubeigentümern? Wie geht er mit Rückschlägen um? Und wie schafft er es, die Leidenschaft für den Fußball trotz Erfolgsdruck und Professionalisierung immer weiter brennen zu lassen?

Die Autoren

Carlo Ancelotti, 1959 in Reggiolo/Italien geboren, begann seine Karriere als Mittelfeldspieler beim AS Rom und beim AC Mailand. Er trainierte und managte u.a. AC Mailand, FC Chelsea, Paris Saint-Germain und zuletzt das Team von Real Madrid, das er mit dem Sieg in der Klub-WM zum besten der Welt gemacht hat. Er hat den wichtigsten Preis im europäischen Fußball, die Champions League, fünfmal gewonnen – zweimal als Spieler und dreimal als Trainer. Zur Saison 2016/2017 unterschrieb Ancelotti als Cheftrainer beim FC Bayern München.

Chris Brady ist Professor für Managementstudien und Direktor des Centre for Sports Business der Salford University (England).

Mike Forde gehört zu Englands führenden Sportmanagern, er ist seit 15 Jahren in verschiedenen Funktionen in der englischen Premier League tätig, unter anderem war er von 2007 bis 2013 Sportdirektor des FC Chelsea.

Weitere Informationen zu unserem Programm unter www.knaus-verlag.de

Carlo Ancelotti

Mit Chris Brady und Mike Forde

Quiet Leadership

Wie man Menschen und Spiele gewinnt

Aus dem Englischen von
Thomas Bertram

KNAUS

001.tif

Giuseppe und Carlo Ancelotti,
Olympiastadion, Turin 1985

Carlo Ancelotti

In liebevoller Erinnerung an mein erstes
großes Vorbild, meinen Vater Giuseppe.

Chris Brady

Für meine Frau Anita und meine Lieblingstochter
Eleanor, weil ich sie beide liebe.

Mike Forde

Für meinen Vater, der mich das Verantwortungsgefühl
lehrte, das man braucht, um andere zu führen;
für meine Mutter, die mir zeigte, wie man ein Umfeld schafft,
in dem Menschen sich wohlfühlen, das sie inspiriert
und ihnen ermöglicht, sie selbst zu sein; und
für meine Frau Daniela, die mich tagtäglich bedingungslos
darin unterstützt, mein volles Potenzial auszuschöpfen.

Inhalt

Vorwort

Über das Buch

Teil 1: Erfolgskurven

1. Über Erfahrung

Cristiano Ronaldo über Ancelotti

Teil 2: Das Kerngeschäft

2. Über Kultur

Zlatan Ibrahimović über Ancelotti

3. Über Hierarchie

Adriano Galliani über Ancelotti

4. Über Stars und Talente

David Beckham über Ancelotti

5. Über Zusammenarbeit

John Terry über Ancelotti

6. Über Verantwortung

Paul Clement über Ancelotti

7. Über das Produkt

Sir Alex Ferguson über Ancelotti

8. Über Daten und Analysen

Roberto Martínez Montoliú über Ancelotti

Teil 3: Führen lernen

9. Über Entwicklung

Paolo Maldini über Ancelotti

10. Über Werte

Alessandro Nesta über Ancelotti

11. München

Toni Kroos über Ancelotti

Schlussbetrachtung

Nachwort von Chris Brady & Mike Forde

Quiet Leadership – Die Erfolge

Dank

Vorwort

Habe ich als kleiner Junge, der auf einem Bauernhof im Norden Italiens aufwuchs, jemals davon geträumt, eine führende Position in einem globalen Multi-Millionen-Business zu haben? Natürlich nicht. Alles, was ich wollte, war Fußball spielen.

Wenn ich heute zurückblicke, erkenne ich, dass wir damals arm, aber glücklich waren. Viele Erkenntnisse, die ich in diesem Buch mit Ihnen teile, verdanke ich zuallererst meiner Familie und meiner Herkunft. Respekt und Loyalität, der Wert von Geld und harter Arbeit, die Bedeutung der Familie – all dies wurde mir früh in die Wiege gelegt, und es entwickelte sich und kam zur Blüte, als mir das besondere Privileg zuteilwurde, eine Laufbahn zunächst als Profifußballer und dann als Trainer einzuschlagen.

Quiet Leadership erzählt die Geschichte(n) meiner bisherigen Zeit im Fußball. Zugleich enthält das Buch meine Gedanken und Reflexionen darüber, was es braucht, um in meinem Beruf eine führende Rolle zu spielen. Im weiteren Sinne lassen sich die Lektionen dieses Buchs aber durchaus auf andere Berufe übertragen – denn die Anforderungen an Führungskräfte ähneln sich in vielerlei Hinsicht über alle Branchengrenzen hinweg. Im Profisport kommt es oft auf dasselbe an wie im Geschäftsleben, und ich bin ein großer Freund davon, Wissen aus anderen Gebieten zu übernehmen, so wie ich meine eigene Sachkompetenz in Paris, London und Madrid eingebracht habe und sie jetzt nach München mitbringe. Natürlich haben sich meine Erfahrungen und Fähigkeiten dabei ständig erweitert. Denn eines sollten wir niemals tun: aufhören zu lernen.

Für manche mag »Quiet Leadership« – eine ruhige und zurückhaltende Führung – wie Nachgiebigkeit oder gar Schwäche aussehen, aber genau das bedeutet sie für mich nicht. Und ganz bestimmt versteht das niemand falsch, der je mit mir oder für mich Fußball gespielt hat. Im Gegenteil, die Art von Zurückhaltung, die ich meine, ist eine Stärke. Wer ruhig und überlegt handelt, Vertrauen aufbaut und besonnen Entscheidungen trifft, seinen Einfluss und seine Überzeugungskraft einsetzt und eine Aufgabe professionell angeht, der verströmt Macht und Autorität. Schauen Sie sich Vito Corleone in Der Pate an: Sehen Sie einen schwachen, in sich gekehrten Mann, oder sehen Sie einen ruhigen, mächtigen Mann, der die Dinge unter Kontrolle hat?

Ich glaube, dass eine Führungskraft nicht herumbrüllen oder mit eiserner Faust regieren muss, um ihre Autorität zu behaupten. Es ist wirkungsvoller, Macht und Einfluss indirekt auszuüben. Es sollte sonnenklar sein, wer das Sagen hat – aber diese Einsicht muss das Ergebnis von Respekt und Vertrauen sein und nicht von Angst. Ich habe mir meinen Respekt zum einen durch eine erfolgreiche Karriere als Spieler und Trainer erworben – indem ich meinen Klubs Titel verschafft habe. Aber wichtiger ist das andere: Ich respektiere die Menschen, mit denen ich zusammenarbeite. Die Leute trauen mir zu, dass ich das Richtige tue, so wie ich darauf vertraue, dass sie ihre Rolle in der Organisation richtig wahrnehmen.

Mein Führungsstil ist Teil meiner Persönlichkeit – er entspricht meinem Naturell, und das ist entscheidend. Führungsstärke lässt sich erlernen, aber man kann sie nicht nachahmen. Natürlich kann man anderen großen Führungspersönlichkeiten bei der Arbeit über die Schulter schauen, aber wenn man von Natur aus eher zurückhaltend, still und mitfühlend ist, dann wäre es unklug, ein anderer sein zu wollen.

Ich bin mit der »ruhigen Methode« seit meiner Kindheit durch meinen Vater vertraut und wende sie an, seit ich als Spieler Kapitän des AS Rom wurde, ich behielt sie bei, als ich zum AC Mailand wechselte und die Spieler von mir erwarteten, dass ich in der Kabine eine Führungsrolle übernahm. Und ebenso später, als ich diesen Klub und Teams wie Chelsea, Paris Saint-Germain und Real Madrid trainierte. Und wenn ich mich ab Sommer 2016 der Herausforderung bei Bayern München stelle, werde ich es nicht anders halten. Denn jeder, der mich engagiert, weiß, dass er mit mir auch diesen Führungsstil akzeptiert.

Was Sie in diesem Buch nicht finden werden, ist ein Kapitel über Beziehungen. Und zwar deshalb, weil Beziehungen die Grundlage von allem bilden, was ich als Führungskraft tue, sodass sie auf jeder einzelnen Seite vorkommen – Beziehungen zu jenen, die über mir stehen, zu meinem Assistenzteam und, was am wichtigsten ist, zu meinen Spielern.

Ohne die Spieler kann es kein Spiel geben, so wie es ohne Mitarbeiter und ohne Produkt kein Geschäftsleben gäbe. Die Tausende in den Stadien, die Millionen zu Hause vor den Bildschirmen – sie zahlen nicht, um mich an der Seitenlinie zu sehen oder Pep Guardiola oder Sir Alex Ferguson. Sie wollen die Spieler sehen und die Magie erleben, die sie heraufbeschwören können.

Mit diesen Sportlern zu arbeiten, sie in ihrer Entwicklung zu fördern, Vertrauen und Loyalität aufzubauen, unsere Erfolge gemeinsam zu feiern und Enttäuschungen gemeinsam zu überwinden: All das macht für mich den Kern meiner Tätigkeit aus. Und genau deshalb stehe ich jeden Morgen mit einem Lächeln auf und gehe zur Arbeit.

Als Kinder spielen wir Fußball zunächst einmal, weil wir uns in das Spiel verlieben. Als ich anfing, professionell zu spielen, konnte ich mein Glück kaum fassen, dass ich dafür bezahlt wurde, etwas zu tun, das ich liebte. Natürlich können die Belastungen und Schwierigkeiten auf dem Spielfeld und abseits davon dazu führen, dass die Leidenschaft irgendwann abkühlt oder sich ganz zu verflüchtigen droht. Dann ist es meine Aufgabe, den Spielern dabei zu helfen, dass sie sich die Begeisterung für das Spiel bewahren oder sie wiederfinden. Wenn mir das gelingt, bin ich zufrieden.

Dieses Buch zu schreiben und meine beiden Co-Autoren und Freunde Chris Brady und Mike Forde an Geschichten und vielen großartigen – aber auch an einigen schwierigen – Erinnerungen teilhaben zu lassen, war eine überaus bereichernde Erfahrung für mich. Ich hoffe, dass Sie als meine Leserinnen und Leser in diesem Buch Dinge finden werden, von denen Sie für Ihr eigenes Leben und Ihre Karriere profitieren können – und vielleicht etwas, das auch Sie zufrieden macht.

Carlo Ancelotti, im Februar 2016

Über das Buch

[Chris Brady] Dieses Buch auf die Beine zu stellen hat mehrere Jahre gedauert – in erster Linie, weil Carlo Ancelotti, Mike Forde und ich es als echte Gemeinschaftsarbeit wollten. Wobei wir uns zunächst einmal darüber verständigten, was dieses Buch nicht sein sollte: Wir wollten keine normale Autobiografie; wir wollten Leser weit über die Gruppe der Fußballinteressierten hinaus erreichen; es sollte kein praxisfremdes Businessbuch sein; und ganz sicher kein Enthüllungsbuch mit Klatsch und Tratsch.

Wir haben vielmehr ein Buch für Menschen geschrieben, die – egal ob im Geschäftsleben oder im Sport – eine Leitungsfunktion oder Führungsrolle wahrnehmen, davon fasziniert sind oder eine solche Funktion anstreben. Ein Buch, das ehrlich, originell und überzeugend ist und eine neugierige Leserschaft zu Diskussion und Widerspruch reizt. Es ist keine Sammlung von Geschichten und Anekdoten (obwohl die konkreten Erfahrungen von Carlo Ancelotti natürlich eine wichtige Rolle spielen). Im Mittelpunkt stehen vielmehr die Überlegungen eines Praktikers, der Erfahrung damit hat, Teams in einem der dynamischsten und umkämpftesten Märkte, die es gibt, zum Erfolg zu führen.

Wir wollen Carlo Ancelottis grundlegende Prinzipien und seine »Leadership Journey«, seine Entwicklung zur Führungspersönlichkeit, sichtbar machen. Außerdem betrachten wir seine Kernaufgaben, seine Schlüsselqualifikationen und seine prägenden Erfahrungen: Wie lernte er zu führen und was hat es mit der »Marke Ancelotti« auf sich? Wie sieht er sich selbst und wie wird er von anderen wahrgenommen? Wir wollten ganz genau wissen, wie er sich kontinuierlich weiterentwickelte, mit Rückschlägen fertig wurde und wiederholt Erfolge auf der größtmöglichen Bühne feierte.

Natürlich gehört die wichtigste Stimme in diesem Buch Carlo. Er tritt auf den folgenden Seiten als Ich-Erzähler auf. Seine Schilderung ist das Ergebnis von mehr als fünfzig Stunden ausführlicher Interviews, die wir überall auf der Welt mit ihm geführt haben und deren Hauptaugenmerk der Frage galt, was seine Erfahrungen zur Lösung aktueller und zeitloser unternehmerischer und geschäftlicher Herausforderungen beitragen können. Seine »Lektionen« sind implizit in seinen Überlegungen und Schilderungen enthalten, aber um das Nachschlagen zu erleichtern, findet sich am Ende jedes Kapitels eine knappe Zusammenfassung mit den wichtigsten Aspekten der »ruhigen Philosophie«.

Weil wir wollten, dass dieses Werk zugleich ein Buch von Ancelotti und über Ancelotti ist, haben wir zusätzlich Interviews mit jenen geführt, die seine Führungsqualitäten am besten kennen. Sie wissen ja: Wenn Sie wirklich wissen wollen, wer Sie sind, müssen Sie wissen, was die Leute über Sie sagen, wenn Sie den Raum verlassen. Wir haben Carlos Vorgesetzte, Mitarbeiter, Konkurrenten und vor allem jene, die für ihn gespielt haben, dazu eingeladen, »hinter seinem Rücken« über ihn zu reden. Zu den interviewten Spielern gehören Cristiano Ronaldo, David Beckham, Zlatan Ibrahimović und John Terry, die alle auch für die anderen Trainergiganten im Fußball gespielt haben, also Leute wie Pep Guardiola, José Mourinho und Sir Alex Ferguson, der als Vertreter der großen Rivalen ebenfalls zu Wort kommen wird. Von den Vorgesetzten haben wir Adriano Galliani befragt, den Geschäftsführer des AC Mailand. Letzterer war in der einen oder anderen Funktion etwa dreizehn Jahre lang Ancelottis Chef, während dieser Spieler oder Trainer war.

Es zeugt von der Stärke der Bindungen, die Ancelotti schafft, und von der Wertschätzung für ihn, dass all diese Angehörigen der absoluten Fußball-Elite großzügig ihre Zeit opferten, um über ihn zu sprechen. Tatsächlich waren sie geradezu erpicht darauf und gerieten derart ins Schwärmen, dass die Interviews den vorgesehenen Zeitrahmen fast immer überschritten. (Ich schätze, Zlatan würde heute noch reden, wenn ich ihm nicht nach neunzig Minuten vorsichtig nahegelegt hätte, zum Schluss zu kommen.)*

* Mehrere der Befragten erzählen von den (seltenen, aber eindrucksvollen) Wutanfällen von Carlo Ancelotti. Das scheint nicht ganz zum Leitmotiv dieses Buchs, der »ruhigen Philosophie«, zu passen. Und in der Tat liegt der Grund nicht darin, dass allen beim Thema Ancelotti als Erstes seine »Ausraster« einfielen, sondern dass sie von den Co-Autoren des Buchs ausdrücklich danach gefragt wurden. (Anm. d. Verlags)

Teil 1: Erfolgskurven

[Chris Brady] Abgesehen von Ausnahmeerscheinungen wie Sir Alex Ferguson bei Manchester United oder Arsène Wenger bei Arsenal London folgen die Karrieren der Trainer von Profiteams (wie generell die Laufbahnen von Führungskräften) stets einem ähnlichen Muster.

Zuerst kommt das »Werben«: wenn der Klub dich ausguckt und versucht, dich zu gewinnen. Es folgt die Schonzeit, in der alle – die Spieler, die Mitarbeiter, die Fans – dir Zeit geben, dich zu etablieren. Diese Phase währt allerdings wie alles Unbeschwerte im Leben, leider, nicht allzu lange. Als Nächstes kommen – hoffentlich – Stabilität und Erfolg. Für einen Spitzenklub bedeutet das: Titel. Weiter unten in der Liga wird Erfolg anders gemessen. Die Stabilität wird irgendwann zur Routine, und dann beginnen die Probleme: die Risse in der Beziehung. Und schließlich kommt der Bruch – die unvermeidliche Trennung.

Mit dem sogenannten »Leadership Arc«, also dem Phänomen von Aufstieg und Fall der Führungskräfte, das wir in diesem Buch kurz und bündig als »Erfolgskurve« bezeichnen, beschäftigen sich unzählige Management-Bücher. Ob es Ken Blanchards Arbeiten sind (die um 2005 entstanden), ob es um George D. Parsons und Richard T. Pascales »Summit Syndrome«* geht, oder auch um die Seminare, die an der Wharton School stattfinden – all diese Konzepte basieren auf der Erkenntnis, dass die Karrieren selbst der bedeutendsten Führungskräfte einem stets ähnlichen Muster folgen.

Die durchschnittliche Beschäftigungsdauer eines britischen Börsenmanagers liegt momentan bei 5,18 Jahren; bei Trainern in der englischen Premier League sind es nur 2,36 Jahre (rechnet man den »Dino« Arsène Wenger heraus, sinkt der Durchschnitt auf 1,7 Jahre). In Italiens Serie A beträgt der Durchschnitt 1,31 Jahre; in Spaniens La Liga sind es 1,34 Jahre. In anderen Sportarten sieht es kaum besser aus mit der der Langlebigkeit. In den USA liegt die durchschnittliche Beschäftigungsdauer eines Trainers in der NFL (National Football League) bei 3,4 Spielzeiten; ein neuer Trainer in der NBA (National Basketball Association) kann mit 2,4 Spielzeiten rechnen.

Das Ende kommt oft plötzlich und brutal. Die englischen Profiligen erlebten in der Saison 2014/15 insgesamt 47 Trainerentlassungen. In 17 Fällen handelte es sich um Trainerneulinge, die keine besonders guten Aussichten auf eine zweite Chance haben. Darüber hinaus verloren mehr als 150 Assistenztrainer ihren Job** als unmittelbare Folge der durch die Trainerentlassung verursachten Instabilität – die Vereine (oder der neue Trainer) wollen oft den gesamten Trainerstab austauschen. Eine kleine Elite ausgenommen, hat das Gerede vom »Trainerkarussell« wenig mit der Realität im Fußball zu tun; in der Mehrzahl der Fälle hat die Familie des Entlassenen von einem Tag auf den anderen ihre Haupteinkommensquelle auf Dauer verloren. Der moderne Profisport ist kein Geschäft für Zartbesaitete.

Einmal mehr liegen die Parallelen zur Geschäftswelt auf der Hand. Ein Sporttrainer unterliegt Woche für Woche einer Überprüfung, wie sie der Vorstand einer AG nur einmal pro Quartal überstehen muss. Ein Vereinsvorstand aus der englischen Premier League bemerkte einmal treffend: »Jede Woche tauchen 40000 Aktionäre auf und sagen mir ihre Meinung darüber, wie ich den Laden schmeiße.« Im Sport wird alles in die Zeitspanne einer einzigen Saison gezwängt, während der Lebenszyklus in der Geschäftswelt wahrscheinlich etwa zehn Quartale oder 30 Monate beträgt; erst danach können Ergebnisse abschließend bewertet werden.

Sowohl im Geschäftsleben als auch im Sport scheint die Verweildauer von Führungskräften in erfolgreichen Organisationen einen unaufhaltsamen Kurvenverlauf zu nehmen, ungeachtet solcher Sonderfälle wie Sir Alex Ferguson, Bill Belichick bei den New England Patriots oder Gregg Popovich bei den San Antonio Spurs.

Während jedes Engagements bei einem Verein gibt es Schlüsselmomente, in denen man als Führungskraft Ereignisse beeinflussen und ihren Verlauf bestimmen kann.

* George D. Parsons and Richard T. Pascale, ›Crisis at the Summit‹, Harvard Business Review, March 2007.

** Alle Angaben stammen von der League Managers Association (LMA), der englischen Trainervereinigung.