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Jürgen Moltmann

Über Geduld, Barmherzigkeit und Solidarität

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek

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1. Auflage

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in der Verlagsgruppe Random House GmbH,

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Umschlagmotiv: Heinrich Stegemann, »Samariter«, 1919. Öl auf Leinwand, 134 x 83 cm. © der Vorlage: akg-images.Umsetzung eBook: Greiner & Reichel, Köln

ISBN 978-3-641-23512-3
V001

www.gtvh.de

INHALT


Einstimmung auf die Geduld

Vorwort

ÜBER DIE GEDULD

I Lebenserfahrungen mit der Hoffnung und mit der Geduld

1. Sind Hoffnung und Geduld Gegensätze?

2. Ergänzen sich Hoffnung und Geduld?

3. Geduld mit anderen – Geduld mit sich selbst

II. Gott der Hoffnung – Gott der Geduld

1. Der Gott der Hoffnung

2. Der Gott der Geduld

3. Wie hilft der »Gott der Geduld«?

4. Ist das Menschengeschlecht eine missglückte Schöpfung Gottes?

III. Die Geduld Christi

IV. Der geduldige Mensch

1. Hiobs Geduld mit Gott

2. Die Geduld Christi mit Gott

3. Erfahrungen des Lebens in der Geduld Gottes

4. Geduld mit Schwachen

5. Geduld mit Feinden

6. Vergeben statt vergelten

V. Warten können

1. Ab-warten – Er-warten – Wachen

2. Das gute Leben in den Kindern erwarten

3. Den guten Tod erwarten

VI. Ist Geduld tolerant? Ist Toleranz geduldig?

1. Toleranzedikte

2. Ist Toleranz eine Tugend?

3. Interreligiöser Relativismus

4. Ist Geduld eine Tugend? Eine »Duldung« ist es nicht

BARMHERZIGKEIT UND SOLIDARITÄT

I. Von der Barmherzigkeit zur Solidarität

1. Die große Barmherzigkeit Gottes

2. Jenseits der »Goldenen Regel«

3. Der barmherzige Samariter

4. Der Heilige Martin von Tours

5. Barmherzigkeit im Islam und Buddhismus

6. Warum fällt uns Mitleid leichter als Mitfreude?

II. Von der Solidarität zur Barmherzigkeit

1. Gibt es Strukturen der Barmherzigkeit? Gütergemeinschaft und Armenpfleger

2. Barmherzigkeit ohne Erniedrigung?

3. Was ist und wie funktioniert eine menschliche Solidargemeinschaft?

4. Werden damit Barmherzigkeit und Erbarmen überflüssig?

ANMERKUNGEN

EINSTIMMUNG AUF DIE GEDULD


Über Geduld zu sprechen ist unzeitgemäß. Wir leben in ungeduldigen Zeiten. Unser Lebensstil ist schnelllebig geworden. Wir wollen immer auf dem Laufenden sein. Reich sind die vielen Möglichkeiten, aber kurz ist das Leben. Wir sind in unseren besten Jahren überbeschäftigt und haben keine Zeit für geduldiges Warten. Wir können vieles »machen« und nur weniges »wachsen lassen«. Manche junge Menschen leben gar nicht selbst, sondern werden gelebt: in den Ohren haben sie Stöpsel für Musik, vor den Augen haben sie ihren i-Pad und lassen sich unterhalten. Die Reklame berieselt sie. Die digitale Welt kontrolliert sie. Sie sind wie Kranke an Apparate angeschlossen. Statt geduldig zu schauen, fotografieren sie; statt sich auf sich selbst zu besinnen, machen sie Selfies. Manche moderne Menschen sind auf der Flucht vor sich selbst und ihrer inneren Leere, darum haben sie die Geduld mit sich selbst gar nicht kennen gelernt oder verloren.

Und doch leben wir alle von der Geduld. Neun Monate hatte unsere Mutter Geduld mit uns, bevor wir das Licht dieser ungeduldigen Welt erblickten. Wir verdanken unser Leben den Personen, die uns »aufwachsen« ließen. Wir leben beständig davon, dass andere Menschen Geduld mit uns haben, uns Zeit lassen und uns Lebensräume öffnen.

Die Erde hat Geduld mit einer Menschheit, die wie eine Krankheit auf ihr wütet. Wir beuten ihre Bodenschätze aus, holzen ihre Wälder ab, vergiften ihre Luft, und dennoch hat die Erde Geduld mit uns Menschen. Im Klimawandel der heutigen Zeit scheint die Geduld der Erde erschöpft zu Ende zu gehen.

Gott hat unendliche Geduld mit seiner Schöpfung »Mensch«, weil Gott sie liebt, obwohl ihn schon gereute, die Menschen geschaffen zu haben. Also hat Gott auch Hoffnung auf eine gottentsprechende Menschheit. Gottes Geduld schafft Lebenszeit.

Was ist Geduld und wie erlernt man sie?

VORWORT


Ich habe Geduld erfahren und gelernt während der hoffnungslosen Krankheit meiner Frau. Der Traktat über die Geduld ist während dieser Jahre entstanden.

Mit Geduld, Barmherzigkeit und Solidarität gehen andere auf uns ein und geben uns Zeit und Raum und Kräfte zum Leben.

Mit Geduld, Barmherzigkeit und Solidarität gehen wir auf andere ein und geben ihnen Zeit und Raum und Kräfte zum Leben. Geduld ist die Energie des Zusammenlebens.

Wenn wir keine Geduld mehr miteinander haben, zerbricht das Miteinander unserer Gemeinschaft.

Ich habe den Vortrag über Barmherzigkeit und Solidarität zum Jubiläum der Katholischen Universität von Mailand im Jahr 2014 gehalten.

Ich widme dieses Buch meiner Frau Elisabeth, die mir mit ihrer Liebe Zeit und Raum und das Glück des Lebens mit ihr gegeben hat: »Und ewige Freude wird über ihrem Haupte sein« (Jes 35,10).

Ich danke Herrn Diedrich Steen und dem Gütersloher Verlagshaus, dass sie diese ungewöhnliche Form eines Buches möglich gemacht haben.

Tübingen, Weihnachten 2017

Jürgen Moltmann

ÜBER DIE GEDULD1