Cover

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Über den Autor
Hinter dem Namen Erin Hunter verbirgt sich ein ganzes Team von Autorinnen. Gemeinsam konzipieren und schreiben sie die erfolgreichen Tierfantasy-Reihen WARRIOR CATS, SEEKERS, SURVIVOR DOGS und BRAVELANDS.
Impressum
Dieses Buch ist erhältlich als:
ISBN 978-3-407-74869-0 Print (Taschenbuch)
ISBN 978-3-407-81168-4 Print (Hardcover)
ISBN 978-3-407-74474-6 E-Book (EPUB)
© 2018 Gulliver
in der Verlagsgruppe Beltz · Weinheim Basel
Werderstraße 10, 69469 Weinheim
Alle Rechte vorbehalten
Alle deutschsprachigen Rechte vorbehalten
© 2010 Working Partners Limited
Die Originalausgabe erschien 2010 unter dem Titel
Warriors, Omen of the Stars, Night Whispers,
bei HarperCollins Children’s Books, New York
Übersetzung: Friederike Levin
Lektorat: Susanne Härtel
Umschlaggestaltung/Artwork: © Johannes Wiebel,
punchdesign, München
Landkarte: © Gary Chalk
Wort-Bild-Marke Warrior Cats: © Hauptmann & Kompanie, München
Gesamtherstellung: Beltz Grafische Betriebe, Bad Langensalza
Printed in Germany
1 2 3 4 5 22 21 20 19 18
Weitere Informationen zu unseren Autor_innen und Titeln finden Sie unter: www.beltz.de
Besonderen Dank an Kate Cary
Staffel I
In die Wildnis (Bd. 1)
Feuer und Eis (Bd. 2)
Geheimnis des Waldes (Bd. 3)
Vor dem Sturm (Bd. 4)
Gefährliche Spuren (Bd. 5)
Stunde der Finsternis (Bd. 6)
Staffel II – Die neue Prophezeiung
Mitternacht (Bd. 1)
Mondschein (Bd. 2)
Morgenröte (Bd. 3)
Sternenglanz (Bd. 4)
Dämmerung (Bd. 5)
Sonnenuntergang (Bd. 6)
Staffel III – Die Macht der drei
Der geheime Blick (Bd. 1)
Fluss der Finsternis (Bd. 2)
Verbannt (Bd. 3)
Zeit der Dunkelheit (Bd. 4)
Lange Schatten (Bd. 5)
Sonnenaufgang (Bd. 6)
Staffel IV – Zeichen der Sterne
Der vierte Schüler (Bd. 1)
Fernes Echo (Bd. 2)
Stimmen der Nacht (Bd. 3)
Spur des Mondes (Bd. 4)
Der verschollene Krieger (Bd. 5)
Die letzte Hoffnung (Bd. 6)
Staffel V – Der Ursprung der Clans
Der Sonnenpfad (Bd. 1)
Donnerschlag (Bd. 2)
Der erste Kampf
(Bd. 3)
Der Leuchtende Stern (Bd. 4)
Der geteilte Wald (Bd. 5)
Der Sternenpfad (Bd. 6)
Staffel VI – Vision von Schatten
Die Mission des Schülers (Bd. 1)
Donner und Schatten (Bd. 2)
Zerrissene Wolken (Bd. 3)
Special Adventure
Feuersterns Mission
Das Schicksal des WolkenClans

Blausterns Prophezeiung
Streifensterns Bestimmung
Gelbzahns Geheimnis
Riesensterns Rache
Brombeersterns Aufstieg
Short Adventure
Wolkensterns Reise
Distelblatts Geschichte
Nebelsterns Omen
Die Welt der Clans
Das Gesetz der Krieger
Die letzten Geheimnisse
Alle Abenteuer auch als E-Books bei Beltz & Gelberg
www.warriorcats.de

DIE HIERARCHIE DER KATZEN

DONNERCLAN  
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Anführer
FEUERSTERN – attraktiver Kater mit rotem Fell
Zweiter
Anführer
BROMBEERKRALLE – dunkelbraun getigerter Kater mit bernsteinfarbenen Augen
Heiler
HÄHERFEDER – grau getigerter, blinder Kater mit blauen Augen
Krieger
(Kater und Kätzinnen ohne Junge)
GRAUSTREIF – langhaariger, grauer Kater
BORKENPELZ – dunkelbraun getigerter Kater
SANDSTURM – kleine, gelbbraune Kätzin mit grünen Augen
FARNPELZ – goldbraun getigerter Kater
AMPFERSCHWEIF – schildpattfarbene Kätzin mit bernsteinfarbenen Augen
WOLKENSCHWEIF – langhaariger, weißer Kater mit leuchtend blauen Augen
LICHTHERZ – weiße Kätzin mit goldbraunen Flecken und vernarbtem Gesicht
MILLIE – silbern getigerte Kätzin
DORNENKRALLE – goldbraun getigerter Kater
EICHHORNSCHWEIF – dunkelrote Kätzin mit grünen Augen
BLATTSEE – hellbraun gestreifte Kätzin mit bernsteinfarbenen Augen und weißen Pfoten; ehemalige Heilerin
SPINNENBEIN – langgliedriger, schwarzer Kater mit bernsteinfarbenen Augen
BIRKENFALL – hellbraun gestreifter Kater
WEISSFLUG – weiße Kätzin mit grünen Augen
BEERENNASE – sandfarbener Kater
HASELSCHWEIF – kleine, grau-weiße Kätzin
MAUSBART – grau-weißer Kater
RUSSHERZ – grau getigerte Kätzin; Mentorin von EFEUPFOTE
LÖWENGLUT – goldgelb getigerter Kater mit bernsteinfarbenen Augen; Mentor von TAUBENPFOTE
FUCHSSPRUNG – fuchsbraun getigerter Kater
EISWOLKE – weiße Kätzin
UNKENFUSS – schwarz-weißer Kater
ROSENBLATT – dunkelcremefarbene Kätzin
WURZELLICHT – dunkelbraune Kätzin
BLUMENFALL – schildpattfarben-weiße Kätzin
HUMMELSTREIF – sehr hellgrauer Kater mit schwarzen Streifen
Schüler
(über sechs Monde alt, in der Ausbildung zum Krieger)
TAUBENPFOTE – hellgraue Kätzin mit blauen Augen
EFEUPFOTE – silberweiße Tigerkätzin mit dunkelblauen Augen
Königinnen
(Kätzinnen, die Junge erwarten oder aufziehen)
RAUCHFELL – hellgraue Kätzin mit dunkleren Flecken und grünen Augen
MINKA – Kätzin mit langem, cremefarbenem Fell vom Pferdeort
MOHNFROST – schildpattfarbene Kätzin; Mutter von Kirschjunges und Maulwurfjunges
Älteste
(ehemalige Krieger und Königinnen, jetzt im Ruhestand)
MAUSEFELL – kleine, schwarzbraune Kätzin
CHARLY – kräftiger Tigerkater mit grauer Schnauze; ehemaliger Einzelläufer
SCHATTENCLAN  
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Anführer
SCHWARZSTERN – großer, weißer Kater mit riesigen, pechschwarzen Pfoten
Zweite
Anführerin
ROSTFELL – dunkle, goldbraune Kätzin
Heiler
KLEINWOLKE – sehr kleiner, getigerter Kater; Mentor von FLAMMENSCHWEIF
Krieger
EICHENFELL – kleiner, brauner Kater; Mentor von ILTISPFOTE
ESCHENKRALLE – goldbrauner Kater
RAUCHFUSS – schwarzer Kater
PILZKRALLE – dunkelbrauner Kater
APFELFELL – braun gescheckte Kätzin
KRÄHENFROST – schwarz-weißer Kater
RATTENNARBE – brauner Kater mit langer Narbe am Rücken; Mentor von KIEFERNPFOTE
SCHNEEVOGEL – reinweiße Kätzin
BERNSTEINPELZ – schildpattfarbene Kätzin mit grünen Augen; Mentorin von STARENPFOTE
OLIVENNASE – schildpattfarbene Kätzin
EULENKRALLE – hellbraun getigerter Kater
KRATZFUSS – graue Kätzin mit schwarzen Pfoten
FLECKENPELZ – dunkelgrauer Kater
ROTWEIDE – braun und rostrot gescheckter Kater
TIGERHERZ – dunkelbraun getigerter Kater
LICHTFELL – cremefarbene Kätzin
Königinnen
KNOTENPELZ – getigerte Kätzin mit langem Fell, das nach allen Seiten absteht; Mutter von Nebeljunges, Spatzenjunges und Taujunges
EFEUSCHWEIF – Kätzin mit schildpattfarbenem und weißem Fell
Älteste
ZEDERNHERZ – dunkelgrauer Kater
MOHNBLÜTE – langbeinige, hellbraun gescheckte Kätzin
SCHLANGENSCHWEIF – dunkelbrauner Kater mit gestreiftem Schwanz
WEISSWASSER – weiße Kätzin mit langem Fell; auf einem Auge blind
WINDCLAN  
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Anführer
KURZSTERN – braun gescheckter Kater
Zweite
Anführerin
ASCHENFUSS – graue Kätzin
Heiler
FALKENFLUG – grau gescheckter Kater
Krieger
KRÄHENFEDER – rauchgrauer, fast schwarzer Kater mit blauen Augen
HELLSCHWEIF – kleine, weiße Kätzin
NACHTWOLKE – schwarze Kätzin
HASENSPRUNG – braun-weißer Kater
AMEISENPELZ – brauner Kater mit einem schwarzen Ohr
HEIDESCHWEIF – hellbraune Tigerkätzin mit hellblauen Augen; Mentorin von WICKENPFOTE
WINDPELZ – schwarzer Kater mit bernsteinfarbenen Augen; Mentor von BROCKENPFOTE
SCHWALBENSCHWEIF – dunkelgraue Kätzin
SONNENSTRAHL – schildpattfarbene Kätzin mit weißer Blesse
Älteste
SPINNENFUSS – dunkelgrau getigerter Kater
FETZOHR – getigerter Kater
FLUSSCLAN  
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Anführerin
NEBELSTERN – graue Kätzin mit blauen Augen
Zweite
Anführerin
SCHILFBART – rauchschwarzer Kater; Mentor
von HÖHLENPFOTE
Heilerin
MOTTENFLÜGEL – schöne, golden gestreifte Kätzin mit bernsteinfarbenen Augen; Mentorin von MAULBEERGLANZ
Krieger
GRAUNEBEL – hellgrau getigerte Kätzin
EISFLÜGEL – weiße Kätzin mit blauen Augen
FISCHFLOSSE – dunkelgraue Kätzin
KIESELFUSS – grau gescheckter Kater
MALVENNASE – hellbraun getigerter Kater
BLÜTENFELL – grau-weiße Kätzin
WIESENFELL – hellbrauner Kater
Königin
MOOSPELZ – schildpattfarbene Kätzin mit blauen Augen
Älteste
TUPFENNASE – grau getupfte Kätzin
SPRINGSCHWEIF – goldbraun-weißer Kater
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PROLOG
Wolkenfetzen zogen unter den Sternen dahin. Äste peitschten den nachtschwarzen Himmel und ließen Blätter auf die überschattete Waldwiese rieseln. Wind höhlte die flache Senke aus, drum herum knackte und raschelte es im Gebüsch, als würden dort Wölfe durch den Wald streifen.
Mitten auf der Wiese schützte sich eine alte Kätzin mit hochgezogenen Schultern vor dem heulenden Wind. Sternenglanz funkelte in ihrem mattgrauen Pelz. Zwei Katzengestalten tappten den Hang zu ihr hinunter und sie legte die Ohren an.
»Gelbzahn.« Eine Kätzin mit weißem Fell sprach als Erste. »Wir haben dich gesucht.«
»Löwenherz hat es mir gesagt.« Gelbzahn hob das Kinn. Der Regen tropfte auf ihre Schnauze, als die ehemalige Heiler-Katze blinzelnd zu ihrer früheren Mentorin aufsah. »Was gibt es, Salbeibart?«
»Wir haben miteinander gesprochen«, antwortete Salbeibart schroff.
»Beim SternenClan sind alle der gleichen Meinung«, ergänzte ihre schildpattfarbene Begleiterin. »Jede Katze meint, du hättest es verhindern müssen.«
»Dass der DonnerClan gegen den SchattenClan kämpft?« Gelbzahn peitschte mit dem Schwanz. »Glaubst du, dass ich so mächtig bin, Farnschatten?«
Salbeibart reckte das Kinn. »Du hättest dem DonnerClan eine Botschaft schicken können.«
»Wenn du dich eingeschaltet hättest, wäre Rostfell vielleicht noch am Leben.« Farnschatten trat näher. Ihre Stimme klang scharf wie die Spitze einer Kralle. »Wie du weißt, war ich ihre Mentorin.«
»Das habe ich nicht vergessen«, knurrte Gelbzahn.
Farnschatten kniff die Augen zusammen. »Jetzt werde ich sie holen müssen.«
Gelbzahn ließ die Schultern sinken. »Sie war alt«, murmelte sie. »Vielleicht ist sie froh, dass sie zu uns kommen darf.«
Salbeibart fauchte verächtlich. »Kein Krieger möchte jemals sterben. Vor allem nicht in einem Kampf, der so sinnlos war.«
Farnschatten verzog das Maul. »Du hast gewusst, was die Katzen aus dem Wald der Finsternis im Schilde führten. Feuerstern hätte nicht mit Schwarzstern um diesen wertlosen Grasstreifen streiten dürfen. Wolltest du, dass Katzen zu Tode kommen?«
Durch den wirbelnden Wind, der an Ohren und Schwänzen zerrte, miaute Blaustern vom Rand der Senke.
»Genug!«
Die DonnerClan-Anführerin schritt zu den anderen hinab, um sie zu begrüßen. Nacheinander nickte sie Salbeibart und Farnschatten zu. »Der Kampf hatte einen unglücklichen Ausgang, aber das war eine Lektion, die wir nötig hatten.«
Salbeibart sah sie an. »Und was für eine Lektion?«
Blaustern stemmte ihre Pfoten fest ins wogende Gras. »Wir wissen jetzt, womit wir es zu tun haben. Die Katzen aus dem Wald der Finsternis können die Geschicke der Clans lenken. Ohne sie hätte dieser Kampf nicht stattgefunden.«
Gelbzahn erschauderte. »Ich hätte gleich wissen müssen, dass den Clans Kummer und Leid bevorsteht, als ich Braunstern dort begegnet bin.«
Salbeibarts Kopf fuhr zu ihrer ehemaligen Schülerin herum. »Und wer ist daran schuld, dass er sich dort aufhält? Oder dass er überhaupt das Licht der Welt erblicken durfte?« Ihre Augen funkelten. »Du hast das Gesetz der Krieger gebrochen, indem du ihn geboren hast. Was sollte da schon aus ihm werden?«
Gelbzahn zuckte zusammen.
»Gegenseitige Vorwürfe bringen uns nicht weiter.« Blaustern trat an Gelbzahns Seite und legte der alten Kätzin den Schwanz auf den verfilzten Pelz. »Zu Lebzeiten haben wir alle Fehler begangen.«
Farnschattens Schnurrhaare zuckten verärgert. »Aber nicht jede Katze hat dabei das Gesetz der Krieger verletzt!«
Blaustern hielt ihrem Blick stand. »Aus unseren Fehlern lernen wir am besten«, miaute sie ungerührt. »Und das ist mit diesem Kampf nicht anders. Wir müssen unsere alten Zwistigkeiten begraben. Die Clans müssen ihre Kräfte bündeln.«
»Braunstern hat mich bereits mehr gestraft, als ich je verdient habe«, murmelte Gelbzahn. »Und jetzt will er mich immer noch strafen, indem er die Clans zerstört, die früher mein Zuhause waren.«
»Es geht hier nicht um dich!«, fuhr Salbeibart sie an. »Was sich im Wald der Finsternis zusammenbraut, betrifft uns alle. Wir müssen handeln, bevor dem SchattenClan noch mehr Unheil zustößt!«
Blaustern knurrte tief in der Kehle. »Nicht nur der SchattenClan hat einen Verlust zu beklagen! Feuerstern hat auch ein Leben verloren!«
Ein Blitz zuckte. Die Katzen duckten sich und blickten blinzelnd nach oben, ihre Pelze sträubten sich. Donner grollte in der Ferne und weitere Katzen schlüpften auf die Lichtung.
»Löwenherz!«, rief Blaustern mit Erleichterung in der Stimme, als sie ihren alten Freund mit Schmutzfell und Eichenherz hinter sich den Hang hinablaufen sah.
»Was geht hier vor?« Löwenherz trat an Blausterns Seite.
»Wir wissen, dass der Wald der Finsternis den Kampf zwischen dem SchattenClan und dem DonnerClan angezettelt hat«, erklärte ihm Blaustern.
»Der DonnerClan hat angefangen!«, knurrte Farnschatten.
»Die Katzen aus dem finsteren Wald haben angefangen!«, widersprach Blaustern. Sie sah Gelbzahn an. »Braunstern war das nicht allein, sondern auch Tigerstern und Habichtfrost.«
Eichenherz kniff die Augen zusammen. »Wissen wir, welche Katzen sie trainieren?« Sein glatter FlussClan-Pelz war übersät mit funkelnden Regenperlen.
Gelbzahn zeigte ihre brüchigen, fleckigen Zähne. »Braunstern wird jede Seele an sich reißen, die in seine Nähe kommt.«
»Und wenn sie einen Anführer für sich gewinnen?«, knurrte Farnschatten.
Schmutzfell, der ehemalige WindClan-Heiler, schüttelte den Kopf. »Wir dürfen keiner Katze mehr trauen.«
»Und keinem Clan«, murmelte Salbeibart unheilvoll.
Schmutzfell richtete sich auf, spitzte die Ohren und prüfte die Luft. »Wer ist da? Moorkralle? Mit dir haben wir hier nicht gerechnet.«
Die Katzen drehten sich zu einem WindClan-Krieger um, der die Böschung hinabeilte. »Ich habe mich sofort auf den Weg gemacht, als ich hörte, was passiert ist. Gibt es einen Plan? Was machen wir mit den Katzen aus dem Wald der Finsternis?«
Das Gras riss unter Blausterns Pfoten, als sie die Krallen ausfahren ließ. »Wir müssen die Clans davon überzeugen, dass sie diese Bedrohung nur mit vereinten Kräften bekämpfen können.«
Salbeibart legte die Ohren an. »Woher sollen sie wissen, wer sie bedroht?«
»Warum kommen die Krieger aus dem Wald der Finsternis nicht einfach zu uns und fallen über uns her, wenn sie unbedingt Krieg wollen?«, fauchte Farnschatten.
Löwenherz starrte auf die bewegte Wiese hinaus. »Weil das zu einfach wäre. Sie wissen, dass sie uns viel schlimmer treffen, wenn sie unsere Clans angreifen, die wir zurücklassen mussten.«
»Gibt es keinen anderen Weg, mit ihnen fertigzuwerden?« Eichenherz richtete seine fragenden Augen auf Blaustern.
Sie stand einen Moment reglos da und schien seine Gedanken lesen zu wollen. Dann blinzelte sie. »Tigerstern hat nie eine andere Sprache als Gewalt verstanden.«
Eichenherz senkte den Blick.
»Jede Katze im Wald der Finsternis spricht nur diese eine Sprache«, fügte Blaustern hinzu. »Wenn wir versuchen, mit ihnen zu reden, werden sie uns das als Schwäche auslegen.«
Salbeibart schnaubte. »Eins sollte klar sein: Der SchattenClan hat sich wegen Braunstern nichts vorzuwerfen.« Sie warf Gelbzahn einen Seitenblick zu.
»Wie es aussieht, war es der SchattenClan, der diesmal am meisten gelitten hat«, fügte Farnschatten hinzu.
Der Donner krachte.
Salbeibart tippte Farnschatten an. »Du solltest Rostfell abholen.«
Während sie das sagte, riss der Himmel auf, Regen prasselte auf die Lichtung, und die Katzen stoben auseinander, um eilig Schutz unter den Bäumen zu suchen.
»Farnschatten!«, rief Gelbzahn hinter der schildpattfarbenen Kriegerin her.
Farnschatten blieb stehen und blickte hinter sich. »Was ist?«
Der Regen nahm Gelbzahn die Sicht. »Gute Reise.« Ihre Stimme brach. »Und sag Rostfell, dass es mir leid tut.«
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1. KAPITEL
Ein Jaulen gellte durch das Kampfgeschrei, nicht schrill und wütend, sondern voller Schmerz.
Taubenpfote duckte sich, um Unkenfuß den Weg freizugeben, und wirbelte herum.
Feuerstern!
Der DonnerClan-Anführer wurde aus dem Kampfgetümmel der Lichtung weggeschleppt. Hinter ihm leuchtete eine rote Spur im Gras. Birkenfall packte Feuerstern mit den Zähnen fest am Nackenfell, zerrte ihn auf Spinnenbeins Schultern und half dann, seinen Anführer in den Wald zu tragen.
Taubenpfotes Herz hämmerte vor Entsetzen. Die Katzen um sie herum hielten schaudernd inne, zogen ihre Krallen ein und schauten sich verwirrt um. Feuersterns Zweiter Anführer Brombeerkralle lief zu Schwarzstern hinüber, seine breiten Schultern waren nass von Blut. Der SchattenClan-Anführer blickte nicht auf. Er beugte sich über einen goldbraunen Pelz.
Brombeerkralle neigte den Kopf. »Der Kampf ist gewonnen«, knurrte er. »Die Lichtung gehört uns. Gebt ihr auf oder sollen wir weiter darum kämpfen?«
Schwarzstern warf ihm über die Schulter einen hasserfüllten Blick zu. »Nehmt sie«, fauchte er. »Sie war das Blut niemals wert, das heute hier vergossen wurde.«
Als sich Brombeerkralle zurückzog, erkannte Taubenpfote den goldbraunen Pelz.
Rostfell! Ist sie tot?
Die Zweite SchattenClan-Anführerin lag reglos da, von ihren Lippen tropfte Blut. Zögernd und misstrauisch zogen ihre Clan-Gefährten an den DonnerClan-Kriegern vorbei und verschwanden zwischen den Kiefern. Fleckenpelz, Tigerherz und Eschenkralle blieben neben ihrem Anführer stehen. Während Fleckenpelz Schwarzstern auf die Pfoten half und ihn behutsam in den Wald führte, packte Tigerherz Rostfell am Pelz und zog sie langsam und vorsichtig auf Eschenkralles Schultern. Schweigend folgten sie ihren geschlagenen Clan-Gefährten in den nebelverhüllten Wald.
Jeder Kraft beraubt, blickte Taubenpfote ihnen nach, bis Tigerherz’ Schwanzspitze in den Schatten verschwunden war. Dann suchte sie nach Efeupfote. Ihre Schwester stützte Blumenfall, die Richtung Wald humpelte.
»Komm weiter, Blumenfall«, flüsterte Efeupfote ihrer Clan-Gefährtin zu. »Häherfeder wird das richten.« Ihrem Miauen war nicht anzumerken, dass sie sich gerade erst gestritten hatten.
Eichhornschweif untersuchte Blattsees Wunden, die sich mit großen Augen auf dem Schlachtfeld umsah. »Löwenglut ist unverletzt«, versicherte Eichhornschweif ihrer Schwester.
Lichtherz lag keuchend im Gras, ihr gesundes Auge hatte sie so weit aufgerissen, dass das Weiße um die blaue Iris herum sichtbar wurde.
Wolkenschweif stieß sie mit der Schnauze an. »Du musst aufstehen und dich bewegen, dann fühlst du dich gleich besser«, drängte er sie.
Leise stöhnend stemmte sich Lichtherz auf die Pfoten.
Hummelstreif, dem ein Ohr zerfetzt worden war, musterte die zertrampelte Wiese. »Denen haben wir es gezeigt, würde ich sagen«, verkündete er.
Haselschweif warf Hummelstreif einen vorwurfsvollen Blick zu, presste sich noch fester an Mausbart und leckte ihm das Blut aus dem zerzausten Fell. »Was haben wir ihnen gezeigt?«, knurrte Lichtherz unwirsch. »Dass man in einem sinnlosen Gemetzel so viel Blut vergießen kann?«
Löwenglut schien als Einziger unverletzt. An seiner Flanke klebte zwar Blut, aber Taubenpfote wusste, dass es nicht sein eigenes war. Ihr Blick verfinsterte sich, Zweifel flatterten wie Spatzen durch ihren Kopf. Löwenglut war Teil der Prophezeiung, genau wie sie. Seine Gabe war Unverwundbarkeit, keine Katze und auch kein anderes Lebewesen konnten ihn im Kampf verletzen.
Warum hat Löwenglut Feuerstern nicht retten können? Was nützt seine ganze Macht, wenn er nicht einmal seinem Anführer helfen konnte?
Sie sah, wie Brombeerkralle über das blutbefleckte Gras zu Löwenglut lief und ihm den Schwanz um die Schulter legte. »Rostfell war zu alt für diesen Kampf«, miaute er leise. »Du kannst nichts dafür, dass sie gestorben ist.«
Löwenglut ließ den Kopf hängen.
Ach, SternenClan! Taubenpfotes Bauch zog sich zusammen. Also hat Löwenglut Rostfell getötet? Ihr Mentor sah erschüttert aus, seine Augen waren stumpf. Sie eilte zu ihm und presste sich an seine Flanke. Sie kam sich so hilflos vor. Sie besaß die Gabe, zu hören und zu sehen, was in weiter Ferne geschah, ihre Sinne reichten sehr viel weiter als die jeder anderen Katze. Sie hätte wissen müssen, was der SchattenClan im Schilde führte. Stattdessen war es ihre Schwester Efeupfote gewesen, die Feuerstern gesagt hatte, dass Schwarzstern einen Überfall auf das DonnerClan-Territorium plante, um mehr Land zum Jagen zu erbeuten. Hatte der SternenClan Efeupfote einen Traum geschickt, weil sich Taubenpfote geweigert hatte, ihre besondere Gabe zum Ausspionieren eines fremden Clans zu benutzen? Wenn Taubenpfote Löwengluts Wunsch nachgegeben und gelauscht und aufgepasst hätte, wären ihr die Pläne des SchattenClans nicht verborgen geblieben. Sie hätte Feuerstern warnen können, bevor es zu spät war, und ihnen keine Wahl mehr geblieben war, als zu kämpfen.
Hätte ich das alles verhindern können?
Sie spürte Löwengluts warmen Atem, als er ihr seine Schnauze auf den Kopf legte. »Komm jetzt«, flüsterte er müde. »Gehen wir nach Hause.«
Dicht an Löwenglut geschmiegt, trottete sie auf schweren Pfoten zwischen den wispernden Bäumen hindurch.
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2. KAPITEL
Häherfeder tastete mit einer Pfote in der hintersten Ecke seines Kräuterlagers herum. Unter einem Stein verstaut fand er nur noch einen Rest Ringelblumen. Die Pflanzen waren alt und rochen muffig, sodass er daran zweifelte, ob sie eine Infektion von Ampferschweifs Wunde verhindern würden. Er kratzte sie trotzdem heraus und mischte sie mit etwas getrockneter Eiche.
»Das könnte jetzt brennen«, warnte er Ampferschweif.
Die schildpattfarbene Kätzin hatte geduldig neben Wurzellichts Nest gesessen. »Das macht nichts.« Der Klang ihrer Stimme verriet Häherfeder, dass sie die schlummernde junge Kriegerin beobachtete. »Ihr Atem rasselt ein bisschen.«
Wurzellicht war bereits vor Sonnenuntergang eingeschlafen, obwohl ständig mehr verletzte Krieger und Schüler in den Bau hinein- und wieder hinausströmten. Ampferschweif, die darauf bestanden hatte, zu warten, bis alle anderen versorgt worden waren, obwohl der Schnitt an ihrer Schulter tief war und immer noch blutete, war nun die Letzte.
Häherfeder legte die Paste auf und tastete nach Spinnweben, um die Wunde damit zu bedecken. »Sie hat eine Bronchitis«, erklärte er, während er klebrige weiße Streifen über die Wunde legte. »Ich bin unschlüssig, ob ich ihr zu mehr Bewegung raten soll, damit sich das Sekret löst, oder ob es besser ist, wenn sie sich ausruht, um die Krankheit von selbst ausheilen zu lassen.«
Ampferschweif berührte seine Schulter mit der Schnauze. »Hast du Blattsee gefragt?«
Häherfeder deutete mit einem verärgerten Schwanzschnippen auf das blutgetränkte Moos und die Kräuterreste, mit denen der Boden übersät war. »Sieht es so aus, als hätte ich dafür Zeit gehabt?«
»War nur eine Frage«, antwortete Ampferschweif besänftigend.
»Außerdem«, brummelte Häherfeder, »ist Blattsee mit den Verletzten beschäftigt.«
»Das kann ich mir vorstellen.« Ampferschweif stand auf. »Danke für die Kräuter.«
Häherfeder bedauerte, dass er so schroff gewesen war, und berührte mit der Schwanzspitze ihre Flanke. »Willst du Mohnsamen, damit du besser schlafen kannst?«
»Nein, danke.« Ampferschweif tappte davon. »Farnpelz’ Schnarchen lullt mich besser ein als jede Medizin.«
Häherfeder hatte den goldbraunen Krieger bereits behandelt, die geprellte Schulter wieder eingerenkt und ihn mit der strikten Anweisung, sich bis Sonnenaufgang nicht zu bewegen, in sein Nest geschickt. Dem Rest des Clans waren ernsthafte Verletzungen erspart geblieben. Nur Feuerstern hatte erhöhte Wachsamkeit verlangt. Die tiefe Wunde an seinem Hals war mit Spinnweben bedeckt und fest verbunden worden. Er würde sich erholen, aber eines seiner Leben war versickert und ließ sich nicht ersetzen. Häherfeder sah den künftigen SternenClan-Krieger mit dem flammenfarbenen Pelz vor seinem geistigen Auge, der sich nun ein bisschen weniger durchsichtig und um eine Schattierung leuchtender von den grünen Jagdgründen der Ahnenkrieger abhob.
Als Ampferschweif aus dem Bau humpelte, regte sich Wurzellicht. »Wie sieht’s denn hier aus?«, krächzte sie über den Rand ihres Nests.
»Hast du gut geschlafen?« Häherfeder untersuchte sie und stellte erleichtert fest, dass sich ihre Ohren kühler anfühlten.
»Bin noch nicht ganz wach. Wie geht es Feuerstern?« Wurzellicht blinzelte.
»Schläft in seinem Bau«, antwortete Häherfeder. »Sandsturm passt auf ihn auf. In ein paar Tagen hat er sich wieder erholt.«
»Rostfell hätte ihn nicht angreifen sollen.« Wurzellicht hatte gehört, was sich die anderen Krieger erzählten. »Dann wäre Feuerstern nichts passiert und Löwenglut hätte Rostfell nicht getötet.«
Häherfeder straffte sich. »Rostfell war einfach zu alt zum Kämpfen!«
Der Brombeervorhang öffnete sich und Häherfeder erkannte Löwengluts vertrauten Geruch. Der Krieger kam mit schweren Schritten in den Bau getappt. »Ich hätte daran denken müssen, bevor ich sie angegriffen habe.«
»Was hättest du sonst tun sollen? Sie wollte Feuerstern töten.« Häherfeder schüttelte sein Fell und lief seinem Bruder durch den Bau entgegen. »Geht es Taubenpfote besser?«
»Alles in Ordnung«, versicherte ihm Löwenglut. »Sie ist immer noch still, aber sonst geht es ihr gut.«
Taubenpfote war zitternd und sprachlos vor Schreck aus dem Kampf zurückgekehrt. Häherfeder hatte ihr Thymian angeboten, aber sie hatte abgelehnt und erklärt, sie sei bloß müde. Im Gegensatz zu ihren Clan-Gefährten, die sich eifrig über jeden Kampfzug austauschten, hatte sich Taubenpfote schweigend von Häherfeder untersuchen lassen. Vor Sorge um Taubenpfote krampfte sich sein Bauch zusammen. Sie kam ihm manchmal so jung vor. Wenigstens schien mit Efeupfote alles in Ordnung zu sein. Bei näherer Betrachtung wirkte sie sogar ziemlich zufrieden mit sich selbst. Sie hatte nach ihrem ersten Zusammenstoß mit den wildesten SchattenClan-Kriegern nicht mehr als ein paar Kratzer am Schwanz vorzuzeigen.
Aber ihren Traum hatte sie nicht mehr erwähnt. Bei Feuerstern war sie mit einem Traum herausgeplatzt, dass der SchattenClan im DonnerClan-Territorium einfallen und Blut in die Waldbäche fließen lassen würde. Häherfeder hatte sich in ihre Träume eingeschlichen und festgestellt, dass dieser Traum aus ihrem Gedächtnis verschwunden war. Wie konnte sie einen so lebhaften Albtraum vergessen, der einen Kampf zwischen dem DonnerClan und dem SchattenClan verursacht hatte?
Häherfeder richtete seine blinden Augen auf Löwenglut. »War er das wert?«
»Was? Der Kampf?« Löwenglut erstarrte. »Unbedingt!«
»Dabei ist ein wertloser Grasstreifen mit zwei Leben bezahlt worden!«
»Wir haben dem SchattenClan eine Lektion erteilt, die er nicht vergessen wird.«
»Und um welchen Preis?« Häherfeder seufzte.
»Wir dürfen jetzt nicht nachgeben.« Löwenglut senkte die Stimme, als er merkte, dass Wurzellicht aufmerksam geworden war. »Wer weiß, wo sie als Nächstes zuschlagen werden.«
Häherfeder ließ die Schultern sinken, weil Wurzellicht wieder zu husten begann.
Löwenglut schob ihn mit der Nase auf seine Patientin zu. »Wir können es uns nicht erlauben, irgendwelche Zeichen unbeachtet zu lassen«, flüsterte er. »Geh und sieh nach Wurzellicht. Wir reden später.«
Sein Bruder eilte aus dem Bau, und Häherfeder machte sich daran, Wurzellicht mit der Pfote die Flanke zu massieren. Sie hörte auf zu husten, legte das Kinn auf den Nestrand, und bald sagte ihm ihr ruhiger Atem, dass sie eingeschlafen war.
»Geht es ihr besser?«, miaute Blattsee leise vom Eingang des Baus. Sie tappte zu Wurzellichts Nest.
»Nicht mehr ganz so heiß.« Häherfeder hörte, wie sie sich Spinnweben von den Pfoten streifte, und ihr Geruch sagte ihm, dass sie Wolkenstreifs Wunden neu verbunden hatte. »Was macht Farnpelz’ Schulter?« Er fürchtete, dass er ihm beim Einrenken mehr geschadet als geholfen haben könnte. »Bist du schon dazu gekommen, sie dir anzusehen?«
»J…ja.« Sie zögerte. »Was hältst du davon?«
Häherfeder wurde das Herz schwer. In der Vergangenheit wäre ihre Frage eine Art Prüfung gewesen, doch jetzt hörte sich Blattsee so an, als wäre sie sich tatsächlich nicht sicher. Warum stotterte sie wie eine nervöse Schülerin? Anscheinend hatte sie Angst, auch nur eine Pfote falsch zu setzen. Seine Gedanken wanderten in jene Zeit zurück, als sie ihn in genau diesem Bau herumkommandiert hatte. Er hatte sich gewehrt und sie hatte zurückgeblafft. Wenn er gegen ihr übervorsichtiges Getue rebellierte, hatte die Luft geknistert und gesirrt.
Die Erinnerung tat weh. In jenen Tagen hatte er Blattsee wirklich gekannt, hatte jeden ihrer Einwände vorhersagen können. Seit er wusste, dass sie seine Mutter war, kam es ihm vor, als würde er sie gar nicht kennen. Er ignorierte Blattsees Frage und schickte sie weg. »Würdest du bitte nach Feuerstern sehen?« Er hob eine Pfote und begann, sie zu putzen.
Blattsee neigte den Kopf, bis ihre Schnurrhaare seine Zehen berührten. »Selbstverständlich.«
Benimm dich nicht wie eine Maus! Häherfeder zog verärgert einen Thymianzweig zwischen seinen Krallen heraus. Die Brombeerranken raschelten und Blattsee schlich auf leisen Pfoten über die Lichtung davon.
Häherfeder hielt im Putzen inne und lauschte auf seine Clan-Gefährten, die sich für die Nacht bereit machten. In der Kinderstube säuberte Mohnfrost Maulwurfjunges und Kirschjunges. Charlys krächzende Stimme dröhnte aus dem Bau der Ältesten. Farnpelz schnarchte, genau wie Ampferschweif es beschrieben hatte. Blumenfall besserte im Kriegerbau unter der umgestürzten Buche ihr Nest aus, das sie vielleicht wieder so herrichten wollte, wie es gewesen war, bevor der Baum in den Felsenkessel gekracht war.
Schaudernd erinnerte sich Häherfeder an jenen Tag. Nach heftigen Regenfällen hatten sich die Wurzeln gelockert, bis der gewaltige Baum von der Klippe gerutscht und ins Lager gepoltert war, den Bau der Ältesten unter sich begrub und den Dornenstrauch zerstörte, in dem die Krieger geschlafen hatten. Langschweif war dabei umgekommen und Wurzellicht verkrüppelt worden. Ihre Wirbelsäule war gebrochen und fortan konnte sie ihre Hinterläufe nicht mehr spüren. Allein Taubenpfotes gutem Gehör hatten sie zu verdanken, dass nicht noch mehr Katzen zu Schaden gekommen waren.
Einen halben Mond lang hatte der Clan daran gearbeitet, das Lager wieder aufzubauen und so viele Zweige, Blätter und Äste wie möglich wegzuschaffen. Die Katzen hatten den Ältestenbau repariert, indem sie alte Geißblattranken um ein Gerüst aus gesplittertem Holz wanden. Die Buche lag immer noch mitten im Lager, der Stamm wie eine Wirbelsäule, deren Äste wie ein Rippenbogen über die Lichtung ragten, und die Wurzeln klammerten sich wie Krallen an den Brombeerranken der Kinderstube fest. Allabendlich war das Lager erfüllt vom Blätterrascheln und dem Knacken der Zweige, die von Kriegern herumgezerrt und zurechtgerückt wurden, wenn sie ihre Nester in dem neuen Bau unter dem stärksten Ast des umgestürzten Baumes einrichteten.
Häherfeder fiel es nach wie vor schwer, sich im Lager zu orientieren. Immer wieder stolperte er versehentlich über Äste und aufgehäufte Zweige, die zur Seite geräumt, aber noch nicht weggeschleppt worden waren.
Langschweif, der blinde Älteste, hätte sich noch weniger zurechtfinden können. Vielleicht ging es ihm beim SternenClan besser, besser als Wurzellicht, die jetzt eine Bronchitis hatte, weil sie nicht herumrennen und jagen konnte wie ihre Clan-Gefährten. Sie konnte sich nur auf der Lichtung hin und her schleppen und dabei die Hinterläufe wie tote Frischbeute hinter sich herzerren.
Häherfeder schüttelte sich. Jammern nützte auch nichts. Er wusch seine Pfoten in der Pfütze, schauderte wegen des kalten Wassers und tappte dann zu den aufgehäuften Farnwedeln neben Wurzellichts Nest.
Als sich Häherfeder in den weichen Stielen zusammenrollte und die Augen schloss, ging ihm Efeupfotes Traum durch den Kopf. Warum hatte der SternenClan diesen Kampf provoziert? Er konnte den nagenden Verdacht nicht abschütteln, dass der SternenClan niemals einen Traum mit Efeupfote teilen würde. Warum hatten die Kriegerahnen sie erwählt und nicht einen der Drei?
Morgen muss ich mit Löwenglut darüber sprechen. Müde bis in die Schwanzspitze, ließ er sich in den Schlaf sinken.
Fauliger Gestank ließ ihn erschaudern. Er schlug die Augen auf und fand sich im Wald der Finsternis wieder. Schatten drängten sich wie dunkle Pelze um ihn. Unruhig blickte er über die Schulter. Was sollte er hier? Wollte Tigerstern ihn anwerben?
Nein, Tigerstern war kein Narr.
Er prüfte die Luft. Ein vertrauter Geruch strich über seine Zunge. Häherfeder erstarrte und spähte in die Dunkelheit.
»Hallo!« Ein fröhliches Miauen erklang vor ihm auf der Lichtung.
Efeupfote?
Eine barsche Stimme antwortete. »Tut mir leid, ich wollte dir heute keine Angst machen.«
Mit wem redet sie?
»Du hast mir keine Angst gemacht.« Efeupfote hörte sich nicht verängstigt an und schien sich auch nicht zu wundern, wie sie in den Wald der Finsternis gekommen war. »Ich wusste, dass du mich nicht verletzen würdest. Du bist doch ein Clan-Gefährte, nicht wahr?«
Clan-Gefährte?
Tief geduckt tauchte Häherfeder in den Nebel und kroch vorwärts. Efeupfote stand eine Fuchslänge entfernt da, mit gespitzten Ohren, den Schwanz senkrecht in die Höhe gestreckt. Neben ihr entdeckte Häherfeder die breiten Schultern eines dunkelbraunen Tigerkaters.
Tigerherz!
Der SchattenClan-Krieger beugte sich vertraulich über die DonnerClan-Schülerin. »Ich habe dich neulich nachts mit Habichtfrost gesehen, als ich mit Braunstern trainiert habe. Ich hätte nie gedacht, dass du eine von uns bist.«
Eine von uns? Häherfeder kroch näher.
Tigerherz umkreiste Efeupfote. »Du bist richtig gut.« Efeupfote reckte die Brust vor, während Tigerherz fortfuhr: »Obwohl es eine Schande war, dass unsere Clans kämpfen mussten. Wie konnte das passieren?«
Erzähl ihm von deinem Traum!
Pfotenschritte schlichen durch die Schatten, und Häherfeder lief kalte Angst über den Rücken, als die beiden jungen Katzen von einem polternden Miauen unterbrochen wurden.
»Komm endlich, Efeupfote! Trödel nicht herum!«
Häherfeder stockte der Atem, denn er kannte den Sprecher. Habichtfrost. Tigersterns Sohn, auf ewig wütend, weil er von seinem Halbbruder Brombeerkralle getötet worden war, als er versuchte, Feuerstern seine restlichen Leben und dem DonnerClan seinen Anführer zu nehmen und den Clan für seine und Tigersterns grausame Ziele verwundbar zu machen.
»Du hast heute gut gekämpft«, knurrte der ehemalige FlussClan-Krieger. »Aber den Zug bei deinem Angriff auf Fleckenpelz hast du nicht richtig gemacht. Wende nie auf zwei Pfoten, wenn es auch auf einer geht!« Er winkte Efeupfote mit dem Schwanz und sie folgte ihm widerspruchslos, verschwand hinter ihm im Nebel. Habichtfrost knurrte aus den Schatten: »Warte hier, Tigerherz. Braunstern holt dich gleich.«
Häherfeder riss entsetzt die Augen auf, wie festgefroren klebten seine Pfoten an der eisigen Erde.
In den wirbelnden Nebelschwaden um ihn herum war in der Finsternis Miauen und Knurren zu hören, junge Stimmen piepsten Fragen und hofften auf Beifall, während ältere Antworten fauchten und noch mehr antrieben. Es hörte sich an wie die Trainingsstunden am See – nur waren sie hier nicht beim See, sondern am sternenlosen Ort. Häherfeder erspähte glatte, ölige Pelze, die in den Schatten kämpften, und roch FlussClan. Hinter einer Gruppe grauer Farne erhoben sich schlanke Gestalten und teilten Schläge aus.
Der WindClan auch?
»Fahr deine Krallen aus!«
»Kämpfe wie ein Krieger, nicht wie ein Junges!«
Die fauligen Gerüche klebten Häherfeder auf der Zunge.
Dann erhob sich Windpelz’ Miauen in den Schatten. »Heute wäre ich nur zu gern dabei gewesen.« Der WindClan-Krieger klang wütend vor Enttäuschung. »Ich hätte jedenfalls an eurer Seite gekämpft.«
Mit wem redet er?
Häherfeder prüfte die Luft. Unter dem fauligen Gestank des Waldes der Finsternis erkannte er zu seinem Schrecken SchattenClan-Geruch. Windpelz verbündete sich mit einer SchattenClan-Katze!
Eine weitere Gestalt bewegte sich zwischen den Bäumen. Häherfeder sah einen langen, dunklen Rücken, der sich wie eine Schlange durch den Nebel wand. Gelbzahn hatte diese Katze bei ihrem gemeinsamen Besuch in diesem Wald mit seinem Namen angesprochen – einem Namen, der wie Gift von ihrer Zunge gespritzt war.
Braunstern.
»Keine Sorge, Windpelz«, knurrte der Krieger mit dem dunklen Pelz. »Es wird noch viele Möglichkeiten zum Kämpfen geben. Wir werden das Gesetz der Krieger zerstören. Wenn es erst einmal außer Kraft ist, werden wir alle unsere Ziele verwirklichen können.«
Windpelz knurrte vor Aufregung, als Braunstern fortfuhr. »Wenn wir diese mäuseherzigen Regeln und Vorschriften los sind, können wir die Clans stärker machen denn je.«
Häherfeder zitterte vor dem Grauen, das sich in seinem Bauch breitmachte. Er war umgeben von Clan-Katzen, Katzen, die bei Tage am See lebten. Er konnte ihre warmen Herzen spüren und wie sie schneller schlugen, beschleunigt von den Lügen der Toten. Jetzt ließ sich nicht mehr leugnen, was hier geschah: Katzen aller Clans wurden von den Kriegern des Waldes der Finsternis trainiert, um sich gegen ihre Clan-Gefährten zu erheben. Sie wurden trainiert, sollten das Gesetz brechen, für das die Clans so lange gekämpft hatten, um es zu bewahren.
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3. KAPITEL
»Mäusedung!«, grummelte Löwenglut vor sich hin, als die Beine des schnarchenden Birkenfalls zum dritten Mal auf seinem Bauch landeten.
Warum kann ich bloß nicht schlafen! Unwirsch schob Löwenglut Birkenfall von sich und erhob sich auf die Pfoten.
»Autsch!« Ein spitzer Zweig stach Löwenglut zwischen den Ohren. Das Dach war niedrig und stachlig wie ein Igel, durch Zweige, die noch beseitigt werden mussten. Überall musste der Bau noch gestutzt werden.
Löwenglut rümpfte die Nase. Der säuerliche Geruch der abgekämpften Krieger hing in der Luft. Wenn er an den Kampf dachte, verkrampfte sich sein Magen. Rostfell hätte nicht sterben dürfen. Der stärkere Clan hätte die Zweibeinerlichtung früher für sich beanspruchen und die Auseinandersetzung beenden müssen. Es war falsch, Grenzstreitigkeiten bis in den Tod auszufechten.
Löwenglut schob sich an Millie vorbei, die zusammengerollt beim Eingang lag, und schlüpfte ins Freie, wo ihm die kalte Luft in die Nase stach. Er blinzelte, genoss die Kühle und befreite seinen Pelz von Zweigresten, die darin hängen geblieben waren. Die Lichtung funkelte im hellen Mondschein. Raureif überzog die Wände des Felsenkessels mit einem silbernen Schleier und die gefrorene Erde war hart wie Stein. Bei den ersten Schritten stachen Löwengluts warme Pfoten, dann wurden sie taub vor Kälte.
Er hielt inne und lauschte. Im Heilerbau versuchte Häherfeder, die hustende Wurzellicht zu beruhigen. In der Kinderstube schnurrte Maulwurfjunges, der sich vermutlich mit Mohnfrosts Milch wärmte. Der Kampf schien jetzt eine ganze Welt entfernt zu sein.
Oben über dem Kessel knackte es leise. Löwenglut riss den Kopf hoch und sah im Mondlicht ein Steinchen blinken, das sich gelöst hatte. Es landete mit einem leisen Klacken auf der frostigen Lichtung.
Da oben ist jemand.
Löwenglut machte sich auf den Weg zur Dornenbarriere. Häherfeder hatte ihn gewarnt, dass sich der Wald der Finsternis gegen sie erhob. Kein Zeichen durfte ignoriert werden.
»Löwenglut?« Rußherz zwängte sich hinter ihm aus dem Bau. »Alles in Ordnung?«
Löwenglut blickte über die Schulter. Rußherz’ grau getigerter Pelz war noch zerzaust von ihrem Nest. »Hast du da draußen etwas gehört?«
Die Dornen knackten und Haselschweif schlüpfte auf die Lichtung. »Was gibt es?« Feuerstern hatte ihr aufgetragen, mit Graustreif zusammen den Eingang zu bewachen. Nach einem Kampf verdoppelte der DonnerClan-Anführer stets die Wachen.
»Hast du heute Nacht irgendetwas gesehen oder gehört?« Löwenglut blickte wieder hinauf zur Klippe über dem Felsenkessel.
Haselschweif folgte seinem Blick. »Nein.«
»Und Graustreif?«
»Habe ich gerade meinen Namen gehört?« Der graue Krieger spähte aus dem Tunnel. Er hatte sein Fell gegen die Kälte aufgeplustert.
»Ist während deiner Wache irgendetwas Ungewöhnliches vorgefallen?«
»Nichts.«
Haselschweif reckte sich und unterdrückte ein Gähnen. »Die Nacht war so still wie die Sterne«, bestätigte sie. »Warum? Befürchtest du etwas Bestimmtes?«
Das Schottersteinchen blinkte auf der mit Raureif bedeckten Erde.
»Wahrscheinlich war es nur Beute«, flüsterte Löwenglut.
»Mm, Beute.« Graustreif leckte sich das Maul und tauchte wieder in der Dunkelheit unter. Haselschweif schüttelte den Pelz und tappte durch den Tunnel zu ihm hinaus.
Rußherz musterte Löwenglut von der Seite. »Sollen wir nachsehen?«
Löwenglut zögerte. »Im Wald ist es eisig kalt.«
Rußherz schien das nicht zu stören. »Ein schneller Lauf wird uns aufwärmen.«
»Aber es ist mitten in der Nacht.« Er wollte sie nicht mit seinen Ängsten anstecken. Und wenn da doch jemand war? Sein Beschützerinstinkt meldete sich. »Bleib du hier, ich gehe nachsehen.«
Rußherz’ Augen funkelten im Mondlicht. »Ich bin doch kein Junges mehr!«
Beschämt schnippte Löwenglut mit dem Schwanz. »Ich wollte dich nicht …«
Rußherz stolzierte an ihm vorbei. »Und außerdem habe ich nicht vor, hier herumzustehen, bis meine Pfoten am Boden festfrieren!«
Seufzend lief Löwenglut mit ihr zum Lagerausgang. Wenn Rußherz eigensinnig sein wollte, dann war er machtlos.
»Wir sollten uns vor dem SchattenClan in Acht nehmen«, mahnte er, als sie die Dornenbarriere erreichten. »Vielleicht haben sie immer noch Lust auf DonnerClan-Blut.«
Rußherz warf ihm über die Schulter einen scharfen Blick zu. »Ach ja?« Sie setzte ihren Weg fort.
Löwenglut schnaubte verärgert, weil er ihr recht geben musste. Er behandelte sie wie ein Junges.
»Wo wollt ihr beiden denn hin?«, erkundigte sich Graustreif, als sie aus dem Dornentunnel traten.
»Wir können nicht schlafen«, erklärte Rußherz.
»Seid vorsichtig«, mahnte Haselschweif.
»Wir sind bald wieder da.« Atemwolken stiegen vor Löwengluts Gesicht auf. »Bei der Kälte.« Er folgte einem schmalen Pfad durch den reifbedeckten Farn und den Hang hinauf in den Wald.
Oben traten sie aus den Bäumen ins Mondlicht und Löwenglut schnupperte im Gras am Rand der Klippe. Es war welk und roch nur nach gefrorenen Blättern und Eis.
»Alles in Ordnung mit dir?«, miaute Rußherz leise mit besorgter Stimme.
»Wieso fragst du das?«
»Wegen Rostfell.« Rußherz legte den Kopf auf die Seite. »Weil sie tot ist.«
Löwenglut erstarrte. »Weil ich sie getötet habe, wolltest du doch sagen, oder?«
»Du musstest Feuerstern schützen.«
»Ich will nicht darüber reden.« Löwenglut wandte sich wieder dem Gras zu, lief an den glitzernden Halmen vorbei um den Kessel herum bis zu einem heruntergefallenen Ast. Er konnte nur DonnerClan-Gerüche entdecken. Kein Hinweis auf Eindringlinge oder Beute.
»Du wirst darüber sprechen müssen«, drängte ihn Rußherz. »Jede Katze wird darüber reden. Du kannst nicht einfach so tun, als wäre es nicht passiert.«
»Es hätte aber nicht passieren dürfen!« Die Worte platzten voller Zorn aus Löwenglut heraus. Er sprang auf den Ast am Boden und drehte sich nach seiner Clan-Gefährtin um. »Ich habe sie doch nicht absichtlich getötet!« Er scharrte an der Borke, riss Fetzen mit den Krallen aus. »Ich wollte nur Feuerstern beschützen! Aber nicht einmal das habe ich geschafft. Er hat trotzdem eines seiner Leben verloren!«
Rußherz duckte sich vor dem Borkenregen. »Natürlich hast du Feuerstern beschützt.« Ihre Stimme war fest. »Wer weiß, was Rostfell als Nächstes getan hätte? Sie hätte ihm alle seine Leben nehmen können.«
Warum konnte Rußherz nicht still sein? Plötzlich fühlte er sich auf das Schlachtfeld zurückversetzt, spürte, wie ihn Rostfell abzuschütteln versuchte, während er sie von Feuerstern losriss. Erschaudernd erinnerte er sich, wie ihr Körper unter seinen Krallen schlaff geworden war. Warum hatte der SternenClan zugelassen, dass er sie tötete?
Rußherz ließ nicht locker. »Jeder Krieger weiß, dass er in einem Kampf umkommen kann. Warum regst du dich so auf? Fürchtest du, dass sich der SchattenClan rächen könnte?« Sternenlicht funkelte in ihren tiefblauen Augen. »Warum sollte er das tun? Tote kann es immer geben.«
»Sie war ihre Zweite Anführerin!«, fauchte Löwenglut.
Rußherz sah ihm in die Augen. »Sie war alt.«
Allmählich verflüchtigte sich Löwengluts Zorn. Plötzlich tat es ihm leid, dass sein Temperament mit ihm durchgegangen war. »Ein wahrer Krieger tötet nicht, um zu siegen«, flüsterte er. »Du kennst das Gesetz doch.«
Rußherz blinzelte, ihr Pelz glättete sich, dann wandte sie sich ab und starrte in den Wald, als würde sie einem Gedanken hinterhersehen, der zwischen den Bäumen davonschwebte. »Vielleicht haben sich die Zeiten geändert«, hauchte sie.
Löwenglut straffte sich. »Niemals!«
Rußherz trat von einer Pfote auf die andere.
»Was willst du damit sagen?«, wollte Löwenglut wissen. »Das Gesetz der Krieger ist unverändert. Wie kann sich etwas ändern, das für alle Clans so wichtig ist?«
Rußherz schüttelte den Kopf. »Spürst du es denn nicht?«
»Was soll ich spüren?« Löwenglut begann der Pelz zu kribbeln. Hatte Taubenpfote die Prophezeiung verraten?
»Etwas …« Rußherz schien nach den richtigen Worten zu suchen. »Es fühlt sich irgendwie anders an. Der Kampf war so brutal, viel zu brutal für Grenzstreitigkeiten, fast so wie ein Anfang, auf den noch viel Schlimmeres folgen wird.« Ihre Augen waren große, dunkle Seen.
Löwenglut sah sie an. Gab es außer ihr noch mehr Katzen, die das spüren konnten? Er hatte sich an die Prophezeiung gewöhnt: Drei werden es sein. Sie halten die Macht der Sterne in ihren Pfoten. Er wusste seit vielen Monden, dass sich die Feinde der Vergangenheit regten. Die Clans standen am Abgrund der Finsternis. Inzwischen begleitete ihn dieses Wissen jeden Tag, formte jeden seiner Gedanken. Aber der restliche Clan musste vor diesem Wissen bewahrt werden. Andere Katzen würden das nicht verstehen, nicht verkraften können, auch wenn sie sich noch so sehr bemühten, noch so sehr am Gesetz der Krieger festhielten.
»Hattest du einen Traum? Hast du eine Warnung bekommen?«, fragte er. »Wenn ja, solltest du Feuerstern davon berichten.«
Rußherz schüttelte den Kopf. »Nein. Es ist nur seltsam, dass Rostfell Feuerstern töten wollte. Sie war eine gute Kriegerin. Warum sollte sie ihn töten? Sie muss gewusst haben, dass der SternenClan ihre Tat missbilligen würde.« Löwenglut beugte sich vor, als sie weitersprach. »Es war, als ob der SchattenClan von einer finsteren Macht getrieben würde.«
Im Wald ertönte ein Schrei, der beide herumwirbeln ließ. Ihre Pelze sträubten sich und sie fuhren die Krallen aus. Zwischen den Baumstämmen kreiste eine weiße Eule. Sie schoss auf sie zu und zog so dicht über sie hinweg, dass ihnen der Wind vom Schlag ihrer weiten, schneeigen Flügel die Pelze zauste.
»Heiliger SternenClan!«, keuchte Löwenglut.
Eine Flügelspitze traf seine Schnauze und hätte ihn fast von seinem Ast gefegt, dann glitt die Eule mit einem neuen Schrei hinaus über den Felsenkessel. Jaulend vor Entsetzen, sauste Rußherz mit gesträubtem, wehendem Schwanz in den Wald.