Daniela Schädeli
Traumberuf Schulleitung
Auf Denkreise durch den Berufseinstieg
ISBN Print: 978-3-0355-1890-0
ISBN E-Book: 978-3-0355-1891-7
Illustrationen: Sandro Fiscalini, atelier STRICHPUNKT, Steffisburg
1. Auflage 2021
Alle Rechte vorbehalten
© 2021 hep Verlag AG, Bern
hep-verlag.ch
Zusatzmaterialien und -angebote zu diesem Buch: http://mehr.hep-verlag.ch/traumberuf-schulleitung |
Einleitung
Ziel des Buches
Weiterführende Literatur finden
Die Geschichte und Geschichten deiner Schule kennenlernen
Aufbau des Buches
Dank
Entscheide dich
Was willst du erreichen?
Was musst du wissen?
Was kommt auf dich zu?
Weitere Inspirationsquellen
Finde die passende Schule
Wie ist die Schule organisiert?
Was für Spannungsfelder gibt es?
Wie möchtest du arbeiten?
Tipps zur Bewerbung
Weitere Inspirationsquellen
Bereite dich auf die neue Tätigkeit vor
So gelingt die Übergabe
Organisiere deine Arbeitszeit
Schulleitung im Teilzeit-Pensum
So baust du dir ein schulisches Netzwerk auf
Weitere Inspirationsquellen
Start in den Berufsalltag
Aus der Praxis lernen
Fehler machen
Deinen Platz finden
und wenn der Einstieg trotzdem nicht gelingt?
Weitere Inspirationsquellen
Das zweite Jahr: Sich weiterentwickeln
Was ist experimentelle Schulführung?
Wie führe ich mein Team in den Möglichkeitsraum?
Weitere Inspirationsquellen
Anhang
Literatur
Abbildungen
Tabellen
Alltagseinblicke
Denkanstösse
Die Autorin
Überlegst du dir, ob Schulleitung etwas für dich wäre? Oder trittst du bald deine erste Stelle als Schulleiterin oder Schulleiter an? Dieses Sachbuch begleitet dich auf deinem Weg in die Schulleitungstätigkeit von der Entscheidungsfindung über die Bewerbungsphase bis hin zum konkreten Schulleitungsalltag in den ersten Monaten. Mein Ziel ist es, dir einen realistischen Einblick zu verschaffen, denn je genauer du weisst, was auf dich zukommt, desto länger wirst du in deiner neuen Berufung verbleiben und desto zufriedener wirst du damit sein.
Es spielt keine Rolle, ob du das Buch liest, bevor du dich definitiv für den Schulleitungsberuf entschieden hast, oder wenn du schon angestellt wurdest. Die Themen sollen im Nachhinein und im Voraus oder gerade in der jeweiligen Situation zur persönlichen Reflexion über die eigenen Haltungen und Werte anregen. Denn Schulleitungsarbeit hat sehr viel mit Werten und Haltungen zu tun, weil es immer um Menschen und Beziehungen geht. Wie eine Schulleitung den Menschen in ihrem Umfeld begegnet, prägt die Kultur der Schule und gilt als Rollenmodell.
Dieses Buch ist entstanden, weil ich mir selbst vor sieben Jahren, als ich meine erste Stelle als Schulleiterin antrat, einen solchen Wegweiser gewünscht hätte. Es gibt zwar viele Bücher darüber, wie man eine Schule führen soll und was eine gute Schulleitung ausmacht oder wie eine Schulleitung ihre Schule entwickeln sollte, aber leider habe ich bis heute kein Buch gefunden, das den Berufseinstieg von Schulleitungen begleitet und Hilfestellungen zur Entscheidungsfindung, Motivation und zu den konkreten Herausforderungen der ersten Monate in der Praxis aufzeigt.
Alltagseinblick 1 – Realistische Tätigkeitsvorschau
«Ich finde es wichtig, dass du weisst, was dich erwartet. Dass es Situationen geben wird, die du zunächst nicht verstehst, und du Arbeiten ausführen wirst, von denen du zunächst nicht weisst, wie du sie erledigen sollst. Mir haben die anderen Leute viel erzählt, aber ich musste dann auch selbst spüren und erfahren.» Das sagt Pascale nach ihrem ersten Semester als Schulleiterin, gefragt danach, was sie einer Person empfehlen würde, die sich für eine Schulleitungsstelle interessiert: Einerseits drückt Pascale hier aus, dass eine realistische Tätigkeitsvorschau essenziell ist und daher Interessierte so umfassend wie möglich über den Berufsauftrag informiert werden sollten, um ungenaue oder gar falsche Vorstellungen und Erwartungen aufdecken zu können und nicht schon zu Beginn enttäuscht und frustriert zu werden. Andererseits können Erfahrungen nicht weitergegeben werden. Erfahrungen können nur selbst gemacht werden.
Dieses Buch ist aus der Praxis, über die Praxis und für die Praxis geschrieben. Personen, die sich für den Beruf Schulleitung interessieren und Schulleitungen im Berufseinstieg sollen durch Alltagseinblicke und theoretische Hintergründe ein möglichst umfassendes Bild von ihrer zukünftigen Tätigkeit und Tipps für den Alltag erhalten. Darum hat es konkrete, erfahrungsbasierte Abschnitte und auch solche, die eher abstrakt und theoretisch sind. Meiner Meinung nach braucht es in der Schulleitung beides, um die Vorstellung zu einem differenzierten Ganzen zu verweben.
Dieses Buch ist kein Führungshandbuch. Zur Führung gibt es schon genügend Literatur in den verschiedenen Fachbereichen wie Betriebswirtschaft, Erziehungswissenschaft, Organisationsentwicklung und Public Management. Denjenigen, die sich dafür interessieren, möchte hier drei Bücher zum Leiten von Schulen empfehlen, welche mich persönlich weitergebracht haben:
Wenn du weitere Literatur oder Hilfestellungen zu einem konkreten Problem oder zu einer Frage aus deinem Arbeitsalltag suchst, dann kann dir das folgende Modell vielleicht helfen (Abbildung 1).
Abbildung 1 Strukturierungsmodell zur Einordnung von Fragen (Eigene Darstellung)
Wenn du zum Beispiel spürst, dass sich ein Konflikt zwischen zwei Lehrpersonen anbahnt, und du weisst nicht, was und ob du nun etwas tun sollst, dann kannst du dir überlegen, ob die Frage «Wie schlichte ich einen aufkeimenden Konflikt?» allgemein in Organisationen vorkommt, nur in Schulen vorkommt oder nur an deiner Schule vorkommt. Die Antwort liegt auf der Hand: Es kann überall Konflikte geben, also kannst du irgendein Fachbuch zu Konfliktmanagement suchen und die Tipps darin studieren.
Wenn dich Eltern kontaktieren, weil sie einen Familienurlaub planen, der länger als die Schulferien dauert, dann steckt eine rechtliche Frage dahinter, und zwar: «Können Eltern ihr Kind vom obligatorischen Unterricht dispensieren lassen?» Die Antwort dazu findest du in der kantonalen Verordnung zu Dispensationen und Abwesenheiten.
Wenn du merkst, dass die Hauswartin oder der Hauswart deiner Schule den Abfall, den Jugendliche am Wochenende hinterlassen haben, nicht beseitigt hat, und dich das stört, dann sieht es schon anders aus. Die Frage ist dann: «Kann ich als Schulleitung die Hauswartsperson anweisen, den Müll wegzuräumen?» Zu dieser Frage wirst du weder in einem allgemeinen Fachbuch noch in der Literatur zur Schulleitung eine Antwort finden, denn diese Frage betrifft nur deine Einzelschule. Die Antwort findest du im Funktionendiagramm, im Pflichtenheft der Hauswartsperson oder in schulhauseigenen Konzepten. Öfters wirst du bei Fragen, welche die Einzelschule betreffen, auch keine schriftlichen Grundlagen finden. Dann musst du den direkten Kontakt suchen – zur Hauswartin oder zum Hauswart und allenfalls zur Gemeindeverwaltung, die in den meisten Fällen die Anstellungsbehörde ist. Dort kannst du dein Anliegen einbringen. Wenn du die Zuständigkeit klären möchtest, kannst du dies bei der kommunalen Schulbehörde traktandieren, welche dein Anliegen dann mit der Gemeindeverwaltung abgleicht.
Diese alltäglichen Situationen zeigen dir, dass Schulleitungen in einem spannenden Feld arbeiten, welches Merkmale von allgemeinen Organisationen aufweist, aber auch ganz spezifische Merkmale hat, die nur in deiner Einzelschule vorkommen (siehe Kapitel «Wie ist die Schule organisiert?»). Du wirst darum deine eigene Schule kennenlernen müssen und verstehen lernen, wie die Menschen und die Strukturen vor Ort funktionieren. Höre den Menschen zu und akzeptiere, dass Schulen meist eine ganz spezifische Geschichte und Geschichten haben, die das Gemeinschaftsgefühl prägen. Es ist gut, diese zu kennen, aber nicht unbedingt notwendig, dass du sie bis ins letzte Detail kennst.
Zwei Schulen, an denen ich als Schulleiterin arbeitete, hatten nicht nur eine tolle Vergangenheit. Ich wollte vieles gar nicht wissen, weil ich dachte, dass die Vergangenheit vorbei ist und ich ja gar nicht Teil davon war. Dennoch gab es Themen, die langjährige Lehrpersonen nach wie vor beschäftigten, und es wurden immer wieder Vergangenheitsschnipsel hervorgeholt, die es teilweise zu würdigen oder auch zurückzuweisen galt. Gerade in solchen Situationen wird sichtbar, dass es in der Schulleitung wenige Rezepte gibt, die du einfach anwenden kannst. Du wirst deine ganz eigene intuitive Handlungskompetenz ausbilden und immer wieder neu entscheiden müssen, was für dich und deine Schule passt. Insofern wirst du in diesem Sachbuch auch nicht unbedingt Antworten finden, sondern eher Fragen und Denkanstösse. Diese Spannung auszuhalten und in der Unsicherheit innezuhalten, gehört zum Schulleitungsberuf dazu.
Alltagseinblick 2 – Vorbereitung auf die neue Tätigkeit
Antonia findet, dass man Erfahrungen selbst machen muss, dass sich aber eine Schulleitung in die grundlegenden Themen des Berufes vorgängig sollte einarbeiten können. Damit eine Schulleitungsnovizin oder ein -novize schon mal gehört hat, was normal ist und was so auf einem zukommen wird, denn «wir haben viel Verantwortung, wir können viel bewegen. Ich halte es für unverantwortlich, Leute einfach in die Schulleitung hineinzustellen, um sie erst mal ein bisschen schwimmen zu lassen.» Antonia hätte sich gewünscht, dass sie sich schon vorher gewisse grundlegende Inhalte der Schulleitungstätigkeit hätte aneignen können. Es gibt jedoch in der Schweiz keine berufsqualifizierende Ausbildung, sondern lediglich berufsbegleitende Weiterbildungen für Schulleitungen.
Die fünf Kapitel dieses Buches orientieren sich am gängigen Ablauf der Entscheidungsfindung für eine neue berufliche Herausforderung, welche Schritt für Schritt in die Aktion übergeht und hoffentlich in deiner neuen Berufung ihr Gelingen findet.
Die Kapitel lassen sich in beliebiger Reihenfolge lesen. Die Fragen in den Kapiteln sollen dich als Leserin oder Leser direkt ansprechen und dich zum Nachdenken bringen. Da ich, wie schon erwähnt, selbst auch Schulleiterin bin, sind wir sozusagen potenzielle Berufskollegen oder -kolleginnen. In der Schulleitungsgemeinschaft ist das kollegiale Du die Norm. Darum spreche ich dich in diesem Buch per du an.
Diesem Sachbuch liegt meine Masterarbeit mit dem Titel «Einfach irgendwie funktionieren. Fallstudien zum Berufseinstieg von Schulleitungen im Kanton Bern. Exkurs: Irritation von Gewohnheiten im Schulleitungsalltag durch die Coronakrise» zugrunde, welche ich am 23. Juni 2020 verteidigt habe. Ohne die Bereitschaft der drei interviewten Personen, mir mehrmals von ihrem Berufseinstieg zu erzählen, und die Erteilung des Publikationsrechts für die «Alltagseinblicke», hätte ich die Masterarbeit und auch jetzt dieses Sachbuch nicht schreiben können. Ich möchte mich herzlich bei ihnen für ihre Zeit und ihr Vertrauen bedanken. Die drei interviewten Personen Antonia Crameri, Martina Huber und Pascale Keller[1] werden durch das ganze Buch immer wieder von ihren teils widersprüchlichen Erlebnissen im Berufseinstieg erzählen.
Auch bei meiner Betreuungsperson Frau Dr. Doris Gödl von der Universität Fribourg, Departement Erziehungswissenschaften, möchte ich mich für die Begleitung und das konstruktive Feedback während der Erstellung der Masterarbeit bedanken.
Meine Familie musste einige schöne Wochenenden allein verbringen, weil ich in meine Gedanken vertieft war und mich nicht vom Schreiben losreissen konnte. Danken möchte ich vor allem meinem Mann Markus für die Unterstützung als Berufskollege, kritischem Freund und Korrekturleser. Du bist der Beste.
Natürlich möchte ich mich auch beim Illustrator Sandro Fiscalini, beim hep Verlag und besonders dem Lektor Christian de Simoni und den Personen, welche mich immer wieder im Schulleitungsalltag inspirieren, bedanken.
Bevor du dich an eine Schule bewirbst, macht es Sinn, dass du dir über deine Motivation und die Anforderungen des Berufs klarwirst. Erst dann kannst du entscheiden, ob Schulleitung wirklich deine berufliche Zukunft sein soll. Frage dich zunächst nach deiner Motivation: «Weshalb will ich Schulleitung werden?» Vielleicht geht es dir ja um die Zukunft, dann fragst du dich: «Wozu will ich Schulleitung werden?» Vielleicht stellst du dir vor, was du als Schulleitung alles bewirken könntest. Vielleicht reizt dich die Möglichkeit, gestalten zu können, ziehen dich das Prestige oder die Aussicht auf Macht an?
Alltagseinblick 3 – Sinnvolle Arbeit
Martina geht es bei der neuen Anstellung nicht nur ums Arbeiten, sondern auch darum, eine vielseitige Aufgabe zu finden. Als Hauptmotivation, sich für die Schulleitung zu bewerben, zählt sie auf, dass sie sich für eine gute Schule, für ein gutes Lernen und Aufwachsen der Kinder engagieren will. Dabei geht es ihr vor allem darum, eine sinnvolle Arbeit zu finden. Sie fragt sich: «Will ich das wirklich? Macht das Sinn?» und «Kann ich in diesem Beruf etwas bewirken?»
Wenn du bis jetzt noch nicht darüber nachgedacht hast, warum du Schulleitung werden willst, dann nimmt dir ein paar Minuten Zeit und schreibe dir deine Gründe auf, überlege, was eine Schulleitung können soll oder welche Vorstellung du davon hast, wie eine Schulleitung sein soll.
Vielleicht steht auf deinem Papier einfach, dass du dir vorstellst, dass du dich dafür geeignet findest, ein Team zu leiten, oder du stellst dir vor, dass eine Schulleitung spannende Aufgaben erledigt. Das ist als Begründung für eine neue Berufslaufbahn noch nicht so fundiert. Wenn du jedoch bei diesen zwei Aspekten weiterbohrst und dich fragst: «Was finde ich denn genau spannend? Aufgrund welcher Erlebnisse oder Rückmeldungen von aussen denke ich, dass ich geeignet bin?», dann kommst du vielleicht zum Schluss, dass du geeignet bist, weil du gut organisieren kannst. Dies würde bedeuten, dass du dir vorstellst, dass Schulleitungen gut organisieren können müssen.
Denkanstoss 1 – Motivation nach Deci und Ryan
Deci und Ryan entwickelten 1985 die Selbstbestimmungstheorie. Menschen gelten dann als motiviert, wenn sie die Absicht haben, in Zukunft etwas zu erreichen. Deci und Ryan gehen davon aus, dass die Motivation einer Person von drei Bedürfnissen ausgeht:
Je mehr die drei Bedürfnisse befriedigt werden, desto höher soll die Motivation sein. Motivation kann auf einer Skala von extrinsisch bis intrinsisch beschrieben werden. Intrinsische Motivation verspüren wir dann, wenn wir aus uns heraus, selbstbestimmt eine Aufgabe anpacken. Extrinsische Motivation hängt vom aussen ab, also von Anreizen anderer Personen durch Belohnungen oder Zwang. Meist gibt es nicht nur eine Motivation, die zu einer Entscheidung für eine Neuorientierung führt, sondern mehrere Gründe, eine Kombination aus intrinsischen und extrinsischen Motiven (Deci & Ryan, 1993).
Wenn deine Motivation daraus entsteht, dass du der Meinung bist, geeignet zu sein für diese Aufgabe dann wäre ein möglicher nächster Schritt, deine Vorstellung mit dem Berufsleitbild Schulleitung des Verbandes Schulleiterinnen und Schulleiter Schweiz (VSLCH) abzugleichen. Du stellst zum Beispiel fest, dass organisatorische Fähigkeiten eine Voraussetzung zum Führen einer Schule sind.
Vielleicht haben dich Leute in deinem Umfeld dazu ermutigt, Schulleiterin oder Schulleiter zu werden. Hast du schon die Rückmeldung bekommen, dass andere dich als «Alphatier» wahrnehmen? Die Metapher «Alphatier» bezeichnet eine dominante und durchsetzungsstarke Person und zeugt von einer autoritären Vorstellung von Führung. Obwohl es in diesem Buch nicht explizit um Führung geht, kann das Thema nicht ganz beiseitegeschoben werden. Führung wird in der Literatur oft als bewusste Einflussnahme einer Person auf andere Personen zum Erreichen eines gemeinsamen Ziels definiert. Meiner Meinung nach geht es bei Führung nicht nur um Einflussnahme. Für mich bedeutet Führung auch, eine Rolle bei der Ermöglichung und Gestaltung von partizipativen Prozessen zu übernehmen, wobei das Ziel der gemeinsame Weg ist.
Gerade Lehrpersonen sind sich gewohnt, Prozesse zu gestalten und in diesem Sinne Führung zu übernehmen. Dies führt zu einer speziellen Konstellation zwischen Schulleitung und Lehrpersonen, einer «kollegialen Beisshemmung» (Strittmatter). Schulleitungen sind den Lehrpersonen zwar formal vorgesetzt, haben aber von der Ausbildung her die gleichen Kompetenzen. Fachlich ist eine Schulleitung zumindest zu Beginn ihrer neuen Laufbahn meist genau gleich ausgebildet wie die Lehrpersonen. Die Anerkennung als Leitungsperson muss sich eine neue Schulleitung auf der informellen Ebene zuerst verdienen und sich die Akzeptanz im Kollegium erarbeiten.
Eine neue Schulleitung kann Kraft ihrer formalen Position versuchen, über Weisung und Kontrolle zu führen. Dieser Ansatz ist jedoch im Bereich des Unterrichts nicht wirklich erfolgversprechend, denn Lehrpersonen haben Lehrfreiheit, was bedeutet, dass sie den Unterricht so gestalten dürfen, wie sie selbst dies möchten. Zudem kann die Qualität von Unterricht nur schwer gemessen und beurteilt werden. Für eine Top-down-Führung fehlt der Schulleitung gerade bezüglich des Unterrichtsgeschehens die Legitimation. Meiner Meinung nach ist die Schulleitung auch in anderen Bereichen auf die Kooperation der Lehrpersonen angewiesen, um ihre Vorstellung einer guten Schule umsetzen zu können. Sie kann ihre Vision teilen, die Schulkultur, also die Werte und Haltungen, prägen und immer wieder in die gewünschte Richtung steuern. Dieses Steuern und Beeinflussen durch Kommunikation (Rosenbusch 1989) ist auch eine Art, die Macht der Position einzusetzen, und zwar nicht, um zu dominieren, sondern als Dienst am Kollegium.
Egal, ob du als «Alphatier» bezeichnet wirst oder nicht, du wirst mit deiner neuen Rolle eine gewisse Macht bekommen. Macht per se ist weder gut noch schlecht, sondern muss der Situation entsprechend ausgeübt werden. Wenn jedoch die Aussicht auf Macht deine Motivation ist, dann musst du dir bewusst sein, dass diese im Schulkontext nur sehr begrenzt top-down einsetzbar ist.
Um deinem Wunsch nach beruflicher Neuorientierung weiter auf den Grund zu gehen, eignet sich auch die Frage: «Wozu?» Wozu will ich Schulleitung werden? Das «Wozu» sagt dir, was deine Vorstellungen und Visionen sind. Du kannst dir vorstellen, was du gerne als Schulleitung umsetzen möchtest, oder auch, was dein Bild von einer guten Schule ist. Dazu eignet sich die Frage: «In welche Schule möchte ich meine Kinder schicken?»
Nachdem du nun darüber nachgedacht hast, warum und wozu du Schulleitung werden möchtest, wird im folgenden Kapitel ausgeführt, was eine Schulleitung eigentlich tut. Dies war mir persönlich nämlich nicht genau klar, als ich in die Schulleitung einstieg.
Eine Schulleitung leitet eine Schule. Dies tut sie jedoch erst seit den 1990er-Jahren auch auf der Stufe Volksschule. Vorher wurden die Schulen von den kommunalen Laienbehörden geführt und eine Lehrperson des Kollegiums amtete als «primus [oder prima] inter pares» (Erste oder Erster unter Gleichen). Sie erledigte administrative Arbeiten, welche jedoch nicht mit den Schulleitungsaufgaben von heute vergleichbar sind.
Alltagseinblick 4 – Fachwissen