Servus Welt

Am Bahnhof nehmen wir am nächsten Tag meine besten Freundinnen Sofia und Eva samt Rädern in Empfang. Sie werden uns bis nach Wien begleiten, und ich freue mich sehr, dass sie da sind. Eva ist 20, hat strohblonde Haare und ist meistens barfuß unterwegs. Sofia ist 18, meine Nachbarin seit Kindheitstagen und die Tochter von Freunden meiner Eltern. Den Tag verbringen wir wie klassische Touristen. Wir laufen in der Altstadt herum, essen Mozartkugeln und trinken Gösser Natur Radler, das für mich beste Radler der Welt. Es fühlt sich beinahe so an, als würden wir Urlaub von unserer Reise machen, weil wir mal länger an einem Ort verweilen und kein Fahrrad fahren.

Nach dem schönen Tag in Salzburg geht es am nächsten Morgen früh weiter. Es ist wieder hügelig, und immer wieder schüttet es in Strömen. Manchmal so stark, dass wir uns unterstellen müssen. Die Mädels haben kaum Gepäck und sind dadurch super schnell. Gerade will ich sie ein bisschen bremsen, als Evas Fahrrad das für mich erledigt. Sie ist über Scherben gefahren und hat einen Platten. An dem Tag folgen noch drei weitere, denn die vielen Splitter bemerkt man oft erst nach und nach, und auch ich werde nicht verschont. Fynn kommt aus dem Flicken gar nicht mehr raus, und zu allem Überfluss bricht auch noch sein Fahrradständer ab. Leider gibt es aber auch keinen Radladen weit und breit, wo wir einen neuen Mantel und Schlauch herbekommen könnten. Also müssen wir wohl oder übel immer darauf warten, dass sich der nächste Splitter meldet. Während Fynn repariert, stelle ich die Kamera auf, um alles zu dokumentieren. Genervt fährt er mich an: »Hörst du auch mal auf zu filmen?«

»Man muss auch die nervigen Momente drauf haben, Fynn, das gehört dazu«, gebe ich zurück und bekomme nur ein Augenrollen als Antwort.

Nach einer ruhigen Nacht im Zelt an einem idyllisch gelegenen See wache ich von einem lauten Geräusch auf, das sich anhört, als würde jemand eine Motorsäge direkt neben meinem Kopf anlassen. Ich öffne vorsichtig das Zelt und spähe raus. Dicht neben uns mäht jemand den Rasen. Als er mich bemerkt, winkt er mir fröhlich zu, und ich bin beruhigt, dass wir keinen Ärger für das Wildcampen bekommen. Nach einem Mampfeier-Frühstück bemerken wir, dass Evas Reifen wieder platt ist. Fynn flickt, während ich die Zelte abbaue. Es hat die ganze Nacht geregnet, und auch den Tag über gießt es in Strömen. Wir sind schon nach kurzer Zeit völlig durchnässt, ich fühle mich 20 Kilo schwerer. Wir treffen immer wieder auf die Feuerwehr, die umgefallene Baumstämme aus dem Weg räumt, anscheinend hat es nachts richtig gestürmt. Irgendwann finden wir uns mit der Nässe ab und haben Spaß daran, durch den Regen zu fahren. In strömenden Güssen flicken wir die Platten Nummer fünf und sechs, den letzten reparieren wir nicht mehr, weil wir schon kurz vor unserem Ziel sind.


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