Inhaltsverzeichnis
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September 1859
Deutschland spielt eine traurige Roll,
In unserm Herzen wohnt Scham und Groll,
Drum laßt uns machen ein Protokoll,
Das jeglicher unterschreiben soll!
So habt ihr gesprochen, ihr Weisen, ach!
Ihr lieben Herren von Eisenach!Ihr wart nicht erhitzt und nicht bespitzt,
Ihr habt nicht gedonnert und nicht geblitzt.
Wenn ihr im Parlamente sitzt,
Könnt ihr das tun – doch müßt ihr itzt
Der Mäßigung euch befleißen, ach!
Ihr lieben Herren von Eisenach!Staatsmännisch wird alles angebahnt
Es wird nicht geturnert und nicht gejahnt;
Der Michel, wenn er wieder zahnt
Und greinen will, wird zur Ruh, ermahnt.
Ihr werdet doch auch nicht beißen, ach!
Ihr lieben Herren von Eisenach.Der Michel, wenn er im Fieber liegt,
Der wird gar sänftlich eingewiegt!
Und wenn ihr euch mal zu hoch verfliegt,
Mit einem Korbe, den ihr kriegt,
Könnt ihr viel Zeitungen speisen, ach!
Ihr lieben Herren von Eisenach.Germania, die hohe Braut,
Wird nächstens einem Mann getraut,
Der Bräutigam ist sehr erbaut
Und läßt sich sagen: Sprecht nicht zu laut,
Sonst schicken sie euch auf Reisen, ach!
Ihr lieben Herren von Eisenach.Ich dank euch gleichfalls für die Ehr,
Euer deutsches Vertrauen rührt mich sehr.
Und wenn ich der Kladderadatsch nicht wär,
Wollt ich euch danken noch viel mehr,
Hör ich mein Vaterland preisen, ach!
Ihr lieben Herren von Eisenach.
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Mai 1860
Das Volk steht auf, der Sturm bricht los:
Courage, Courage – braucht's jetzt bloß.
Zwanzig Millionen deutscher Philister
Nehmen es auf mit einem Minister.Und riesengroß – aus dem Tintenfaß
Steigt Deutschlands schwarz ingrimmiger Haß.
Pfui über den Buben in Hannover!
Auf Lüneburgs Heide, da wächst kein Hofer.Pfui über den elend erbärmlichen Wicht!
Selbst Hassenpflug erreicht ihn nicht,
Selbst Judas ist ihm nicht zu vergleichen,
Der Judas verriet keine deutschen Eichen!Das Volk steht auf, der Sturm bricht los:
Auf solchem Zorne wächst kein Moos.
Ein solcher Zorn wird leben bleiben,
Solange die Deutschen Adressen schreiben.Das macht die Garibaldiluft,
Glaub ich, das macht der Frühlingsduft!
Die Menschen sind jetzt wie besessen;
Der»Edelste« hat den Adel vergessen.Das macht der Nationalverein!
Wer einen Taler Kassenschein
Bezahlt, der kann nach Lust und Willen
Sein oratorisch Bedürfnis stillen.Das Volk steht auf, der Sturm bricht los:
Des Parlaments gealterter Schoß,
Aus dem man einst den Kaiser geschnitten,
Läßt wieder einmal zu Gevatter bitten.Die Heidelberger Doktorenzunft
Verspricht uns baldige Niederkunft;
Verspricht die Freiheit aufs Brot wie Butter
Der Welcker, der macht die Wehemutter.Ich hörte, das alte Weib sei tot;
Doch nein, es ißt noch das Jammerbrot
Der Erde – zu Heidelberg am Necker,
Die Leute dort werden immer kecker.Das Volk steht auf, der Sturm bricht los:
Das wird für Deutschland ganz famos.
So von den Dächern herab zu schwatzen!
Staatsmänner, o Borries, sind keine Spatzen.Zwar ich gesteh, im deutschen Reich
Lebt mancher Lump noch, der dir gleich;
Nicht nur Minister, auch Potentaten
Du hast nur zuerst die Karten verraten.Drum mußt du bleiben der Sündenbock
Und hören, was geschlagen die Glock:
Kein deutscher Schneider flickt dir den Rock,
Kein deutscher Friseur frisiert dein Gelock,
Kein deutscher Bayer trinkt mit dir Bock.
Auf einen deutschen Eichenblock
Gehört dein Haupt; ein deutscher Stock
Gehört auf deinen welschen – Hindern.
Werd ich es nicht, doch möcht ich lindern
Die Schmerzen dir und will ein Schock
Von Venedeys deutscher Broschüre dir senden,
Die kannst du als Prießnitzschen Umschlag verwenden.
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Juli 1845
Komm, mein Mädchen, in die Berge,
Wo der Himmel tiefer blaut
Und das stille Volk der Zwerge
Uns kristallne Schlösser baut.
Wo der Liebe morgenhellen
Traum kein Schleicherohr belauscht
Und: Triumph! von tausend Quellen
Der vereinte Donner rauscht.Wie entfremdet ist die Erde,
Wie entweiht ihr Element,
Seit der Mensch mit Angstgebärde
Nur nach Schattenbildern rennt.
Wieviel Staub auf allen Wegen
Wühlt er auf zu seiner Ruh –
Komm, auf unbetretnen Stegen
Führ ich dich den Sternen zu!Komm, wo kaum der Gemse Spuren
Reinstem Schnee sind eingedrückt
Und das Reich der Kreaturen
Lebt in erster Lust beglückt;
Dort, das Silberhaupt in Ehren,
Sieh den Gletscher! Welch ein Mann,
Den ein Sonnenblick verklären,
Aber nicht mehr schmelzen kann!Komm, wo dir der Sturm die Locken
Aus der heißen Wange streicht,
Kaum der dumpfe Klang der Glocken
Und kein Glauben dich erreicht.
Während er im Tale zittert,
Losgebundner Knechte Schwarm,
Ruhen wir, wenn's hochgewittert,
Freudetrunken Arm in Arm.Komm, mein Mädchen, laß dich fassen,
Tragen zu des Adlers Nest;
Menschen lieben, Menschen hassen,
Und wer bliebe felsenfest?
Was sie beten, was sie fluchen,
Ach, ich konnt es nie verstehn –
Blumen laß uns, Blumen suchen!
Mädchen, willst du mit mir gehn?
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Oktober 1867
Was donnern die Kanonen drein
Bei Solferino und Magenta?
Wer stürzt sich in des Feindes Reihn,
Dem Feind verhaßt an Po und Brenta?
Drob freut Viktor Emanuel sich:
Du stolzes Östreich, beuge dich!
Kennst du, die ich geladen,
Die rote Bluse nicht? –
Ich hab einen Kameraden,
Einen bessern findst du nicht.Und als du dann mit Appetit
Sizil'sches Vesperbrot gegessen;
Als vor der Bluse Bomba flieht –
Hat dir sein Staatskleid nicht gesessen?
Denkst du daran, mein tapfrer Re,
Wer dir gebahnt St. Elmos Höh?
Denkst du, von wessen Gnaden
Du – – wie sagt das Gedicht?
»Ich hatt einen Kameraden,
Einen bessern findst du nicht.«Heißt mich nicht reden, heißt mich schrein,
Cavour ist jetzt ein Mann, ein stiller.
»Dank vom Haus Östreich« – nein, o nein,
Vom »Haus Savoyen« meinte Schiller!
Bei Aspromonte schießt man sich –
Emanuel, ich kenne dich!
Ha! wie freut er sich Schaden!
Ich schrei dir ins Gesicht:
Du hattst einen Kameraden,
Einen bessern findst du nicht!Und jetzt, da Pi Sand verrinnt,
Da bald es heißt: »Petri am letzten –«
Seht, die Ratazzia beginnt
Auf ihn, den nimmer müd sie hetzten!
Ob ihr ihn auch in Ketten legt,
Der hoch der Einheit Fahne trägt,
Der von der Freiheit Gnaden,
Italia, für dich ficht –
Du hast einen Kameraden,
Einen bessern findst du nicht.
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Sommer 1844
Übermüt'ge Triumphierer,
Weh euch, wenn ihr's noch nicht fühlt,
Wie der treffliche Minierer
Schon den Boden unterwühlt,
Daß ihr in der Geisterstunde
Kläffend unser Ohr zerreißt! –
Doch wir wissen, ihr seid Hunde,
Und ihr glaubt an keinen Geist.Aber kommen wird ein Pfingsten
Donnernd über euer Haupt
Und ein Festtag der Geringsten,
Der des Hochmuts Stamm entlaubt.
Der sich lange selbst vergessen,
Ist am Ziel der Unglücksbahn,
Und der Mensch, der sie durchmessen,
Kommt beim Menschen endlich an.Fort mit eurer Ahnenbilder
Übernächtigem Gesicht!
Geht und pflanzt in eure Schilder,
Ritter, ein Vergißmeinnicht!
Nur ein Ritter ohne Tadel,
Nur ein Priester soll noch sein:
Für die ganze Welt den Adel!1
Für die Menschheit Brot und Wein!Keine Steuern, keine Zölle,
Des Gedankens Freiverkehr!
Keinen Teufel in der Hölle,
Keinen Gott im Himmel mehr!
Nieder mit dem Blutpokale,
Drin der Kirche Wahnwitz kreist!
Ein Kolumb zerbricht die Schale,
Wenn er eine Welt beweist.Einmal noch uns aufzuraffen
Zu des Lebens Maienlust,
Reißen wir das Schwert der Pfaffen
Aus der Menschheit wunder Brust!
Zwischen Jägern und Gehetzten
Sei entbrannt die wilde Schlacht,
Bis man Frieden auf dem letzten
Eingestürzten Tempel macht.Zittert, zittert' blöde Toren,
Vor der Zukunft eh'rnem Tritt –
Ja, die Zeit ist neu geboren,
Ja, und ohne Kaiserschnitt;
Und erobert wird das Leben,
Und wir jubeln gloria:
Alle Schulden sind vergeben,
Denn kein Gläubiger ist da.Durch die Wolken seh ich's tagen,
Und die Nebel, sie verwehn;
Mit dem Pegasus am Wagen
Muß es endlich vorwärtsgehn.
Eine Phalanx laßt uns schlingen,
Die kein Henker brechen kann,
Und wie jener Römer singen,
Nur: die Waffen und den Mann!Ungestüm in tausend Gliedern,
Tausend Adern glüht der Streit,
Und ein Arsenal von Liedern
Liegt in Deutschland kampfbereit.
Denn wir wissen, die Erhörung
Wird kein Flehender empfahn:
Drum die Fahne der Empörung
Trag die Poesie voran!
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Mai 1860
Deutschland sammelt für Arndt,
Das ist sehr löblich.
Er hat's so oft gewarnt,
Getreu und gröblich.Hat so oft es gewarnt,
Getreu und geduldig;
Ja, Deutschland ist dem Arndt
Ein Denkmal schuldig.Neunzig Jahre! Wer kann
So lange gesund sein?
Das muß ein großer Mann
Im Deutschen Bund sein.Neunzig Jahre! wie alt!
Das ist entsetzlich.
Denn Deutschland ist doch halt
Nicht immer ergötzlich.Neunzig Jahre gewacht
Für all die faulen
Schlingel; den Propheten gemacht
Unter den Saulen.Deutschland wie Ilium
Glaubt nicht Kassandren;
Doch auf dem Bettel herum
Können wir wandren.Mit der Büchse umher
Laufen die Boten –
Deutschland ehrt nichts so sehr
Als seine Toten.Mit der Büchs in der Rund
Bei Fürsten und Prinzen;
Mancher gibt hin den Bund
Um ein Gericht Linsen!Mit der Büchse umher
Gehn sie und klappern;
Deutschland, was willst du mehr,
Als wieder plappern?Kommen zu mit auch – ach!
Dafür zu sammeln!
Sollt in einem Almanach
Ein Verschen stammeln.Hätt ich die Musen mir hold
Sogleich gefunden,
So würd ich jetzt in Gold
Mit Geibel gebunden.Haben all geschirrt
Den Hippogryphen,
Und von Gesinnung wird
Der Klepper triefen.Legen alle die Hand –
Aufs Herz – wie erhaben!
Gevenedeytes Land
Bis Pommern und Schwaben!Wollt ihr wirklich in Erz
Den Alten gießen?
Habt acht! man wird zum Scherz
Ein bißchen schießen.Und das Metall im Fluß
Wird klagend erbeben;
Es nimmt ein welscher Schuß
Dem Gießer das Leben.Habt acht! es wird die Sonn
Sich dann verschleiern;
Die Professoren in Bonn,
Die werden feiern.Werden feiern, doch nicht
Das Fest des Alten;
Sie können am Jüngsten Gericht
Die Pauke halten.Was ist mein Deutschland? was?
Frag ich mit Trauer.
O Alter, du weißt jetzt das
Dort oben genauer,Genauer, als du es hier
Auf Erden gewußt hast;
Ich bitte dich, sag es mir,
Wofern du Lust hast!Deutschland sammelt für Arndt
Viel tausend Taler.
Was half's, daß er euch gewarnt,
Ihr Prahler!
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1845
Zu dem Meere, zu dem Meere
Folge mir, Geliebter, nach;
Über ihm steht noch der hehre,
Unentweihte Schöpfungstag.
Uns zum Haupt ein Meer von Sternen,
Unter uns die heil'ge Flut,
Um uns eine Welt von Fernen,
In uns eine Welt von Glut.Tausend Wellenaugen blinken
Glückberauscht ob unserm Bund,
Und die luft'gen Algen winken
Uns zum stillen Pflanzengrund.
Hör den Riesensturm der Töne,
Oh, wie lieb ich ihn so sehr!
Bild der Jugend, Bild der Schöne,
Ew'ger Anmut Bild, das Meer.Daß ich dich im Arme hielte
Eine einz'ge kleine Stund,
Deinen warmen Herzschlag fühlte,
Einen Hauch von deinem Mund –
Fürchten wollt ich nicht die Wellen,
Die im Sturm manch Schiff zerschellt.
Sprich, sind wir nicht auch ' Rebellen
Gegen eine Sklavenwelt?
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Juli 1866
Nicht im Lager von Österreich,
Nicht im Lager von Preußen
Sucht uns, ob die Lüge gleich
Auftut alle Schleusen!Österreich ist uns zu feist,
Preußen uns zu mager
Und es lebt der deutsche Geist
Heut in anderm Lager.Weil ihr aber alle blind,
Wittelsbach und Welfe,
So erlaubt, daß ich geschwind
Auf den Weg euch helfe!So ein Deutschland bis zum Belt
Stünd nach unsern Sinnen,
Müßten wir mit aller Welt
Drum den Krieg beginnen!So ein Deutschland bis ans Meer
Rechts und links gedrungen!
Etwas frische Seeluft wär
Gut für unsre Lungen.So ein Deutschland, wo im Rat
Volkesstimm geehrt ist;
So ein Deutschland, wo zur Tat
Jeder Arm, bewehrt ist.Nicht ein Deutschland, das noch tanzt
Um die Bundeslade
Und auf Schutt und Moder pflanzt
Sein Panier, – wie schade!Nicht ein Deutschland, wo noch mit
Herrschen die Kosaken,
Weil man aus dem Purpur schnitt
Dreißig Kinderjacken!Wenn ihr denkt, aufs alte Ziel
Wieder hinzusteuern,
Wenn ihr denkt, das alte Spiel
Wieder zu erneuern;Wenn ihr denkt, ins alte Joch,
An den alten Karren
Uns zu spannen, weil wir doch
Stets die alten Narren;Wenn ihr denkt, den faulsten Thron
Ewig zu beschützen
Und auf eine Million
Söldner euch zu stützen;Wenn ihr glaubt, daß wir das Blut
Abermals vergießen
Und, wenn gnädig ihr geruht
Unsre Augen schließen;Wenn ihr glaubt, daß wiederum
Wir aus euren Händen
Junker – uns und Pfaffentum
Ruhig lassen spenden;Wenn ihr mit dem Siegesfest
Glaubt die Glut erloschen,
Weil ihr pfiffig abgepreßt
Uns die letzten Groschen;Wenn ihr heute noch nicht wißt,
Was die Uhr geschlagen,
Und die Stunde hofft mit List
Wieder zu vertagen;Wenn ihr heut noch nicht begreift,
Daß der Freiheit Samen
Endlich für uns alle reift
Dann, in Gottes Namen!Dann, Herr Pfordten und Herr Beust
Und ihr Herrn Triarier,
Dann belehren euch die Fäust
Unsrer Proletarier!
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1866
Wir schüren in den Essen
Die Feuer Tag und Nacht,
Am Webstuhl, an den Pressen
Steht unsre Friedenswacht.Wir schürfen in dem Qualme
Der Gruben nach Metall,
Den Segen goldner Halme
Dankt uns der Erdenball.Doch wenn das Korn gedroschen,
Dann heißt es: Stroh als Lohn,
Dann heißt's – für uns den Groschen,
Den Taler dem Patron.Dann heißt's: für uns den Schragen,
Das weiche Bett dem Gauch!
Dann heißt's: Nichts in den Magen
Und Kugeln in den Bauch!Vergebens aus der Tiefe
Steigt der Beraubten Chor,
Mit seinem Vollmachtsbriefe
Ans Glück, zum Licht empor.Was hilft es, daß wir trotzen,
Solang noch mordbereit
Ihr gegen uns den Protzen
Die starken Arme leiht?O weh, daß ihr im Bunde
Mit ihnen uns verließt
Und daß ihr uns wie Hunde
Auf ihr Geheiß erschießt!Ach, wenn sie euch nicht hätten,
Wär alles wohlbestellt;
Auf euren Bajonetten
Ruht die verkehrte Welt.An euren Bajonetten
Klebt aller Zeiten Fluch;
Wir trügen keine Ketten,
Trügt ihr kein buntes Tuch;Wir brauchten nicht zu fronen
Für Sultan und Vezier,
Nicht länger für die Drohnen
Zu darben brauchten wir.Wir hätten nicht zu beben
Vor Pascha oder Scheik
Und könnten bald erleben
Den großen Fürstenstreik.Durch euch sind wir verraten,
Durch euch verkauft allein
Wann stellt ihr, o Soldaten,
Die Arbeit endlich ein?
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Verrat – ihr habt’s gesprochen,
Verrat – ihr habt's erkannt.
Es sei mit euch gebrochen;
Die Brücken sind verbrannt.
Doch habt ihr selbst vergessen,
Wie ihr das Volk verkauft,
Wie ihr euch auf Kongressen
Um Kronen habt gerauft?Erst lief er vor dem Berge,
Der deutsche Sumpf, davon,
Dann höhnten sie, die Zwerge,
Die Revolution,
Die Nüchternen den Zecher,
Der endlich niedersank,
Weil er den Freiheitsbecher
Bis auf die Hefen trank.Schönredner, mit der Urne
Der toten Herrlichkeit,
Beschritten im Kothurne
Die Bühne unsrer Zeit;
Sie haben in dem Schutte
Den Unrat aufgerührt,
Den Geßlerhut, die Kutte
In Frankreich eingeführt.Auf heißer Opferstätte
Habt ihr, nach deutscher Art,
Vergoldet unsre Kette
Und – vor dem Rost bewahrt.
Schleppträger der Bourbonen –
O pfui, ein garstig Lied!
Wo sind die Nationen,
Die Deutschland nicht verriet!Zu Zeugen ruf ich Polen,
Das Heldenvolk, herbei,
Das dreimal ward bestohlen
In schnöder Räuberei;
Zu Zeugen jene tote
Italische Republik, –
Fluch euch, Ischariote
Der deutschen Politik!Wir wollen's auch verraten,
Das schlechte Vaterland
Der vierzig Potentaten
Und deinen Unverstand,
Wie du in grauer Ferne,
O Volk, dein Heil erschaust
Und lieber auf die Sterne
Als auf dich selbst vertraust.Wir wollen es verkünden,
Verraten laut und dreist,
Was ihr für »Burgen gründen«
Wollt unserm deutschen Geist;
Verraten, welche Schelle
Zu deutschen Ohren klingt
Und welche trübe Quelle
Im deutschen Sande springt.Wie du das Wort beschnitten,
Eunuchen-Regiment,
Wie feige wir's gelitten
Und was man Freiheit nennt,
Freiheit für »das erstarkte
Germanische Geschlecht«:
Den Stock auf offnem Markte
Und das geheime Recht!Wie ihr in blindem Schnauben
Das letzte Licht erstickt
Und euren alten Glauben
Mit neuen Lappen flickt
Und wie wir die Genarrten
Bei eurer Weisheit sind
Und wie in deutschen Karten
Der König nur gewinnt;Wie ihr, getreue Stände,
Den Rücken biegt so krumm,
Wie offen eure Hände,
Und euer Mund – wie stumm!
In Rätseln und in Runen
Hüllt ihr nur Knechtssinn ein;
Ihr könnt nicht die Tribunen
Des deutschen Volkes sein!Drum sei mit euch gebrochen!
Die Brücken sind verbrannt.
Verrat! ihr habt's gesprochen,
Und ihr habt recht erkannt.
Du Land, das sonder Scheue
Zertritt die junge Saat,
Du machst Verrat zu Treue
Und Treue zu Verrat!
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Es traten einst um Mitternacht
Der Sterne drei zusammen,
In nie gesehner heller Pracht,
In nie gesehnen Flammen.Da scholl es aus des ersten Mund
Von blasser Silberlippe:
»Ich tat den Weg den Völkern kund
Zu eines Gottes Krippe.«Und stolz darein der zweite schaut,
Wie um sich selbst zu sonnen:
»Auf mich hat Caesar einst vertraut
Und eine Welt gewonnen.«»Zu mir blickt«, fuhr der dritte fort,
»Das schönste Kind von allen.« –
Am Himmel klang noch laut sein Wort,
Der Stern war schon gefallen.
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Sie war, sie war mein eigen,
Des Frühlings schönste Blume mein,
Mein Herz schlug in den Zweigen
Als Vögelein.Die Blume ist verdorben,
Verdorben, als der Sommer kam,
Das Vöglein ist gestorben
Vor Leid und Gram.Was soll ich stehn und klagen,
Ein welkes Blatt am Herbstesstrauch
Wohin du die Blume getragen,
Sturm, trage mich auch.
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Juli 1868
Brule ce que tu as adoré,
Adore ce que tu as brulé,
Fier Sicambre!Wir kommen aus der Schwärmerei
Allmählich in die Praxis
Und haben unsre Posten frei
Gemacht von Thurn und Taxis.Die Briefe können leichtbeschwingt
Um einen Groschen reisen,
So weit die deutsche Zunge klingt –
Gelobt sei Blut und Eisen!Wir zahlen alle gleichen Zoll
Für Zucker, Kaffeebohnen,
Der feinste Mokka droben soll
Die Zöllner einst belohnen.Besteuert ist der Knaster auch,
Für Flinten, wie wir lesen;
Wir machen viel und wissen: Rauch
Ist alles ird'sche Wesen.Zehn Schüsse pro Minute! wer
Wagt länger noch zu hadern?
Zehn Schüsse! Niemand zweifelt mehr
An diesen Hinterladern.Der große Braun, der große Metz,
Die Besten und die Bessern,
Sie harrten nur auf Königgrätz,
Um in die Spree zu wässern.Der Schweizer Bluntschli ist bereit,
Ganz Baden zu verschenken;
Crispinus pflegte jederzeit
Sehr liberal zu denken.Der Welfe ließ, ein blöder Tor,
Gewaltsam sich vertreiben;
Der kleine Waldeck zieht es vor,
Sich selber zu entleiben.Wie's an der Isar ist bestellt?
Fragt nach bei andern Leuten!
Die Bretter sollen dort die Welt,
Der Pfordten nichts bedeuten.O Michel, in Erfüllung geht
Dein allerkühnstes Hoffen:
Vorn Asperg bis nach Celle steht
Dir jedes Zuchthaus offen.Du wirst in Handel und Justiz
Dich brüderlich vergleichen;
Dann wird der Stock des alten Fritz
Dich überall erreichen.Die Einheit war kein leerer Wahn –
Heil ihm, der das erkannt hat!
Der stolze Sicambrer betet an,
Was er so lang verbrannt hat.Verbrannt – erschossen – du wirst dich nun
Materiell erheben!
Mein Deutschland, laß die Toten ruhn –
Und König Chlodwig leben!
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bei der Feier der Erfindung der Buchdruckerkunst zu Konstanz, 1840
Kennt ihr, kennt ihr das freie Wort,
Das mit der Sonne kreist?
Das mit den Wogen donnert fort?
Das mit dem Sturme reist?
Das reich wie Tau vom Himmel tropft,
An Hütten und Paläste klopft?
Kennt ihr den freien Geist?Kennt ihr, kennt ihr das Zauberschwert,
Dem jede Lüge fällt?
Kennt ihr den Meister, lieb und wert?
Kennt ihr der Helden Held?
Von Gutenberg singt mir ein Lied,
Ein Lied vom guten Waffenschmied,
Ein Lied vom Mann der Welt!Die Wahrheit klingt von Ohr zu Ohr,
Sie klingt von Mund zu Mund,
Sie hat wie Sterne ihren Chor
Und tut sich allwärts kund;
Das Wort rauscht wie das freie Meer
Frei um die weite Erde her
Und schließt den Völkerbund.Und der es so aus stummer Nacht
Erlöst, der das getan,
Der tausendfältig es gemacht,
Dem stimmt ein Loblied an!
Heil ihm, Heil ihm und seinem Werk!
Dem Gutenberg, dem besten Berg!
Heil jedem freien Mann!
Inhaltsverzeichnis
Ein Jubel, tausendtönig,
Verkündiget dein Nahn;
Du ziehst, dein eigner König,
O Volk, zum Fest heran!
Ein Volk schwingt seine Mützen –
Ihr großen Herrn, Respekt!
Und auch der Schütz der Schützen
Hat sich im Zug versteckt.Ein Fest der Liebe soll es,
Ein Fest des Bundes sein,
Die Asche unsres Grolles
Wir streun sie in den Rhein;
Der mag sie weiterwälzen,
Ob man sie draußen braucht,
Indes auf unsren Felsen
Ein Brand der Liebe raucht.Ihr frohgeschmückten Zecher,
Vergeudet nicht den Saft,
Und leert heut jeden Becher
Auf unsre Brüderscbaft!
Denkt bei dem Blut der Reben
Des Ackers, blutigrot,
Trinkt: auf ein freies Leben!
Und einen großen Tod!O grüßt ihn dort, den Boden,
Mit Leichen eingesät!
O nehmt ihn mit, den Odem,
Der dort herüberweht!
Dort lest, wenn's eure Feder
Zu schreiben auch vergaß:
Zwölfhundert! und ein jeder
War ein Leonidas!Dort sind sie hingezogen
Und haben's wohl gezeigt,
Wie man mit Schwert und Bogen
Den Feind zur Hölle geigt.
Man tanzte neue Weisen
Auf diesem Ehrenfeld;
Zwölfhundert Schweizer-Eisen
Mit einer Söldnerwelt!Zwar sind sie all geschwunden
Durch Feindes Überwucht;
Doch der hat überwunden,
Der solchen Tod gesucht.
Wohl konnt der Feind sie töten;
Doch bleibt in jedem Krieg
Geschlagen, wer erröten
Muß über seinen Sieg.Drum Sohn des Wallis, blicke
Heut nicht so düster drein!
Es werden die Geschicke
Vor Abend anders sein.
Die jüngst mußt unterliegen
In Tagen bittren Leids,
Heut ist's an ihr zu siegen,
Heut gilt die junge Schweiz!In deinem Gletschermeere
Zerscheitern wird sie bald,
Die üppige Galeere
Der römischen Gewalt;
Der vor vierhundert Jahren
Gerufen: »Es muß gehn!«
Der Geist der Heldenscharen
Wird in uns auferstehn!
Inhaltsverzeichnis
Oktober 1859
Wir zogen von Gotha bis Eisenach
In zehen Jahren, gemach, gemach;
Von Gotha bis Eisenach sind drei Meilen
Staatsmänner sollen sich nicht übereilen.Wir zogen von Gotha bis Eisenach
Zehn Jahre; – wir streben den Griechen nach:
Zehn Jahre mußten sie Troja belagern –
Sie hatten Achill, wir hatten Gagern.Wir zogen von Gotha bis Eisenach –
O Politik, o trauriges Fach!
Es ist sehr schwierig, den Stall zu rein'gen
Und sein langwierig Deutschland zu ein'gen.Wir zogen von Gotha bis Eisenach,
Wo Luther dem Teufel geboten Schach;
Wir werfen noch immer mit Tintenfässern,
Doch wir verstehn's, die Tinte zu wässern.Wir zogen von Gotha bis Eisenach
Zehn Jahre vertrocknet ist mancher Bach,
Manch Herz verdorrt wie eine Dattel,
Auch mancher Freund nicht fest mehr im Sattel.Wir zogen von Gotha bis Eisenach –
Manch eiserner Trutz wie Glas zerbrach;
Dem Rausch folgt oft ein greulicher Kater,
Wir singen wieder den »Landesvater«.Es schläft sich so süß in Eisenach –
Eine schöne Gegend, auch nicht zu flach;
Die Ochsen können dort stehn am Berge,
Im Thüringer Wald gibt's viele Zwerge.Im Thüringer Wald bei Eisenach,
Wohl unter germanischer Eichen Dach,
Da sitzen die Feen, sie sitzen und sinnen
Ich möchte wohl wissen, was sie jetzt spinnen.Sie sitzen und sinnen um Eisenach –
Besinnen ist eine schöne Sach:
Wo bleibt der Gagern? und werden wir's bringen
Mit Gottes Hilfe noch bis Meiningen?Man kann auch bis Jena von Eisenach,
Viel schneller als anno Sechse, ach!
Die Eisenbahn ist eine schöne Erfindung,
Der Deutsche Bund ist eine schöne Verbindung!
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10. Mai 1860
Ich träumte von Schätzen die ganze Nacht,
Die ich dir wollte senden,
Und drüber bin ich aufgewacht
Mit leeren, leeren Händen.Die Blumen schmücken dieses Jahr
Zwei Gräber deiner Lieben;
Die Blumen der Freude sind sogar,
Ich glaube, ausgeblieben.Eins schleicht sich nach dem andern fort –
Und wären wir beständig?
Zuletzt bleibt noch ein Menschenwort
Am sichersten lebendig.Mit solchem Worte denkt dein Mann
Dich baldigst zu begrüßen,
Und diesen Schatz legt er alsdann
Dir, lieber Schatz, zu Füßen.
Inhaltsverzeichnis
Im Zimmer, klein und enge,
Stirbt Hungertods ein Mann;
Und draußen tobt die Menge:
»Heil Philipp Orleans!«Wo sind, die sich gesellten
Dem Sterbenden in der Not?
Wer reicht dem Julihelden
Das letzte Stückchen Brot?»Ein Stückchen Brot, ihr Herren,
Und keinen Königsthron!
Ein Stückchen Brot, ihr Herren,
Und keine Million !Kam es euch aus dem Sinne,
Wie ich einst König war?
Hielt diese Hand nicht inne,
Die Krone lief Gefahr!Ihr wäret drum betrogen,
Hätt sie mir gut gedeucht!
Ich hab sie wohl gewogen,
Ich fand sie viel zu leicht!Ich will nicht eure Kronen,
Ich brauch nur wenig Sous
Von euren Millionen
Zu einer LeichentruhlIch focht für eure Flaggen,
Und wär euch nun so fremd?
Ein Stückchen Brot! Ein Laken
Zu meinem Sterbehemd!«Und lauter tobt die Menge:
»Heil Philipp Orleansl«
Im Zimmer, klein und enge,
Stirbt Hungertods der Mann.»Leis schlägst du Herz zum Ende,
Und niemand schaut es an;
Kein Mensch hat an die Wände
Mir nur ein Kreuz getan!Kein Gott! kein Brotl wie wenig
Bracht mir der blut'ge Sieg!
Es lebe – wer? der König?
Nein doch – die Republik!«
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1872
Aller Sitte sind sie bar,
Sind das eingefleischte Böse;
Drillen wollen sie nun gar
Menschlich ohne Rippenstöße!Freiheit, Gleichheit, Brüderschaft
Spuken in den welschen Köpfen;
Deutsche Krieger! unsre Kraft
Laßt aus deutscher Zucht uns schöpfen!König, Gott und Vaterland
Heißt die deutsche Prachtdevise.
Lust'ger deutscher Heldenstand
Was erträgst du nicht für diese?König, Gott und Vaterland
Gingen sicherlich verloren,
Schlüg kein deutscher Lieutenant
Dich mehr um die deutschen Ohren.
Inhaltsverzeichnis
November 1868
»Nun sei bedankt, mein lieber Schwan,
Mach anderswo dich feister,
Gelockt hat auf die falsche Bahn
Dich Lübecks Bürgermeister.Du buhlst mit einem neuen Stern
Und schickst zurück den meinen;
Du lobst den Herrn, ›vom Herrn der Herrn
Erkoren‹, nicht den deinen.Emanuel von Geibel, ach,
Wie lang dich nähren soll er?
Bezahlt hat dich der Wittelsbach,
Und du besingst den Zoller!«Der König schweigt und Cäsar spricht:
»Ich fühl mich sehr gehoben
Durch deines Sängers Festgedicht
Und übern Main geschoben.Horazen spann ich nebst Virgil
An meinen Siegeswagen;
Der tiefe Sinn im kind'schen Spiel
Erfüllt mich mit Behagen.Vom Fels zum Meer! belohnen muß
Ich endlich diese Braven;
Ich laß dir deinen Musikus
Und Hermann Linggs Oktaven.«Er sagt's und öffnet frohgestimmt
Die allerhöchsten Schleusen
Der Gnade; Bayerns Muse nimmt
Sich ein Billett nach Preußen.
Inhaltsverzeichnis
August 1867
Bedenk ich die Sache ganz genau,
So brauchen wir gar keinen Kaiser.
HeineEin Schwab und nicht ein Preuße war
Als Kaiser uns versprochen,
Wir pflegen schon sechshundert Jahr
Auf diesen Mann zu pochen.Der Dichter sucht von Zeit zu Zeit
Ihn aus dem Schlaf zu pfeifen;
Nie weiß er die Gelegenheit,
Der Kaiser, zu ergreifen.O sprich, mein heimatlich Genie,
Wann wirst du einmal fertig?
Vor Zukunftsträumen siehst du nie,
Was not tut gegenwärtig.Wach auf, wach auf, 's ist heller Tag!
Hervor aus deiner Kammer,
Und ende keck mit einem Schlag
Den deutschen Katzenjammer!Hilf gründen uns ein Vaterland
Zum Ärger der Kalmücken;
Dir, Kaiser, ist ja längst bekannt,
Wo uns die Schuhe drücken.In Ruhe bleiben werden wohl
Die welschen Faselhänse;
Bring wieder auf das Kapitol
Den Adler statt der Gänse!Tilg unsre Schmach, o Herr, und tritt
Der Zwietracht auf den Nacken,
Die deinen Purpur uns zerschnitt
Zu dreißig Kinderjacken!Wach auf, wach auf, und greife frisch
Nach deinem Feldherrnstabe!
Sonst nimmt man auch von deinem Tisch
Die Krone, alter Schwabe.Hinweg mit Kolben, Axt und Speer,
Dem ritterlichen Plunder!
Studier das neue Mordgewehr,
Das Hinterladungswunder!Wie kommt's, daß man zu Königgrätz
Dich, Kaiser, nicht zu Roß sah?
Von Moltke hört ich und von Rhetz,
Doch nichts von Barbarossa.Ach, Waiblingen, sie sagen schon,
Du seist nur eine Mythe,
Und du verlierst sogar den Thron
Im schwäbischen Gemüte.Ja, in mir selber tobt ein Schwall
Aufrührischer Gedanken,
Ich werde mich in keinem Fall
Um deinen Bart mehr zanken.Sechshundert Jahr zu hatten dein,
War leeres Stroh gedroschen;
Ich geh zum Nationalverein
Mit dreißig Silbergroschen.Ich will mit einen neuen Herrn
Statt meines alten kaufen;,
Zum Kaiser hab ich grad so gern
Die Zollern wie die Staufen.