Vieles, was ich an Wissen und Erfahrung besitze, floss in diesen Techno-Thriller, nunmehr mein sechster, ein. Dennoch habe ich auch hier wieder auf die ausführlichen Ratschläge meines langjährigen Lehrers, Admiral Sir Sandy Woodward, zurückgegriffen.
Will man beschreiben, wie man ein großes Atom-U-Boot durch die gefährlichen, elektronisch überwachten arktischen Gewässer steuert, ist es hilfreich, neben jemandem zu sitzen, der das tatsächlich gemacht hat. Der Admiral ist nicht nur ein ehemaliger SSN-Kommandant, sondern war zudem Flaggoffizier (U-Boot) der Royal Navy und, natürlich, Oberbefehlshaber der Royal Navy Task Force, die Argentinien im Falklandkrieg besiegte.
Außerdem fühle ich mich verpflichtet einzugestehen, dass er es war, der meinte, die nächste wirklich große terroristische Bedrohung für die Welt könne von einer Vereinigung aus dem Mittleren Osten ausgehen, der ein Atom-U-Boot in die Hände falle.
Er betrachtet meine Bücher als Warnung für den Westen. Sie fordern auf, wachsam zu bleiben und das Spiel zu kontrollieren, um nicht eines Tages übertölpelt zu werden.
Dank schulde ich auch mindestens drei Offizieren von Spezialeinheiten, die mich sehr großzügig mit ihrem Fachwissen unterstützt haben. Besonders einer davon, ein Sprengstoffexperte, versorgte mich mit vielen Details, die in diesem Buch einigen Raum einnehmen. Mehrere Wochen schlug er sich mit meinem komplizierten Sprengproblem herum, bis er es endlich gelöst hatte.
Schließlich möchte ich meinem Freund Hitesh Shah danken, der mich mit seiner üblichen guten Laune durch einige Feinheiten des moslemischen Glaubens gesteuert hat.
Patrick Robinson
Der Autor
Patrick Robinson, geboren in Kent/England, schrieb zahlreiche Sachbücher zum Thema Seefahrt und schaffte mit seinem Aufsehen erregenden Debüt Nimitz Class auf Anhieb den Durchbruch als Romanautor. Mit den folgenden U-Boot-Thrillern, die zu internationalen Erfolgen wurden und alle bei Heyne erschienen sind, konnte er sich im Genre Militärthriller etablieren. Patrick Robinson lebt heute in Irland und den USA.
Außerdem liegen vor: Kilo Class – Tödliche Flut/Scimitar SL-2 – Unter Beschuss/U.S.S. Seawolf – Tödliche Tiefe/U.S.S. Shark
Freitag, 25. April 2008, 18 Uhr
Karnak-Bar, Damaskus
Ravi und Shakira saßen jeder mit einem kalten Bier vor sich an ihrem Lieblingsecktisch, von dem aus sie den Platz der Märtyrer überblicken konnten. Bei ihrem kurzen Besuch in der Librairie Avicenne hatten sie zwei amerikanische Filmzeitschriften, eine Ausgabe des Londoner Sunday Telegraph und die Dienstagsausgabe der New York Times ergattert.
Shakira betrachtete das große Titelbild, das Troy Ramford eng umschlungen mit der irischen Schriftstellerin Edna Casey zeigte. Es war bei der Preisverleihung in den Geschäftsräumen der Screen Actor’s Guild aufgenommen worden, wo Troy doch noch seinen Oscar für Timeshare hatte in Empfang nehmen können.
Die Bildunterschrift lautete: Einen Monat nachdem die Lichter ausgingen: Troy bekommt seine Statue, Edna ihren Mann.
Shakira wusste natürlich, dass an der amerikanischen Westküste die Stromversorgung zusammengebrochen war. Sie waren seit fast zwei Wochen wieder zu Hause, und die Zeitungen im Mittleren Osten hatten selbstverständlich ausführlich darüber berichtet. Die iranische Regierung hatte der Hamas in weiser Voraussicht allerdings untersagt, sich zu den Anschlägen zu bekennen.
Shakira grinste über das ganze Gesicht. Ihrem erstaunlich präzisen Timing war es zu verdanken gewesen, dass die Oscarverleihung des Jahres 2008 nachhaltig gestört worden war und Troy seine Statue nun in einem Geschäftsbüro hatte entgegennehmen müssen.
Ravi andererseits las nicht weniger gefesselt. Der Titel der New York Times lautete:
USA ÜBERNEHMEN PANAMAKANAL
Umsturz ohne Blutvergießen – Präsident Panamas unterzeichnet tausendjährigen Vertrag
Es folgte ein geradezu unerhörtes Interview mit dem Nationalen Sicherheitsberater des amerikanischen Präsidenten, nämlich mit Admiral Arnold Morgan, der erklärte:
»Der internationale Seeweg durch den Panamakanal ist vor nahezu hundert Jahren von den USA finanziert und errichtet worden und sollte friedlichen Zwecken dienen, zum Nutzen aller Schiffe der Welt. Zwei Präsidenten der Demokraten ist es gelungen, den Panamakanal nicht nur aus der Hand zu geben, sondern ihn sogar unter die Kontrolle Rotchinas fallen zu lassen.
Die große Seestraße zwischen den Weltmeeren befand sich daher in den Händen eines zurückgebliebenen Dritte-Welt-Landes und eines totalitären kommunistischen Regimes, zweier Staaten, die es doch noch nicht einmal schafften, ein vernünftiges Passagierflugzeug zu entwickeln, geschweige denn, eines der größten technischen Wunderwerke der modernen Welt zu pflegen und zu warten.
Vor einigen Wochen mussten wir miterleben, welche katastrophalen Konsequenzen es hat, wenn man jemandem eine Verantwortung überträgt, der er nicht gewachsen ist. Die großen oberen Schleusentore am Gatun-See wurden Opfer jahrelanger Vernachlässigung und mangelnder Wartung. Wie wir alle wissen, wurde durch die Flutwelle die gesamte Schleusenanlage an der Atlantikseite zerstört und der See ausgetrocknet.
Die USA betrachten dies als eine Vernachlässigung kriminellen Ausmaßes und halten es für ihre Pflicht, den Kanal im Interesse der internationalen Gemeinschaft wieder aufzubauen. Kein anderer Staat wäre dazu in der Lage. Allerdings haben wir nicht die Absicht, uns für einen Kanal zu engagieren, der uns nicht gehört.
Deshalb haben wir 10 000 US-Marines im Zuge einer Friedensmission ins Land geschickt und dem Personal der Hutchinson Whampoa Corporation, einem Unternehmen, das von der chinesischen Volksbefreiungsarmee kontrolliert wird, dringend nahe gelegt, die Kanalzone zu verlassen. Das Unternehmen gehörte zu den Nutznießern eines gesetzeswidrigen Vertrags und erwies sich als unfähig, den Betrieb des Kanals zu garantieren.
General Mo Sherman unterrichtete den Präsidenten Panamas über unsere Ansichten. Der Präsident hatte keinerlei Einwände gegen unseren Vorschlag, dass die Chinesen das Land zu verlassen hätten. Er teilte unsere Besorgnis und dankte den USA für das großzügige Angebot, den Kanal wieder herzustellen und auch in Zukunft zu betreiben.
Es freut mich sehr, nunmehr verkünden zu können, dass die Chinesen das Gebiet verlassen haben und die USA erneut die Kontrolle über die gesamte Kanalzone einschließlich der Hafenanlagen an der atlantischen sowie der pazifischen Seite der Wasserstraße übernommen haben. Darüber hinaus haben wir die alte amerikanische Marinebasis in Rodman besetzt und die Eisenbahnlinie unter unsere Aufsicht gestellt, jene, die von Colon bis zu Fort Grant bei Balboa am Pazifik führt.
Die Arbeiten an den oberen Schleusentoren werden in einem Monat beginnen. Wir erwarten den Abschluss der Bautätigkeit für etwa Mitte 2009. Die USA haben der Regierung Panamas einen Gewinnanteil versprochen, der sich aus den Einnahmen der Durchfahrtsgebühren speist, sobald sich die Kosten für den Wiederaufbau amortisiert haben. Er dürfte wohl im Jahr 2013 in Kraft treten.
Die Regierung Panamas hat ihre Zustimmung zu diesen Bedingungen signalisiert. Angesichts der unsicheren politischen Lage im Land haben die USA eingewilligt, zur Sicherung des Friedens ›in nächster Zukunft‹ ein kleines Kontingent an Marineinfanteristen in Panama zu stationieren.«
Laut New York Times waren US-Kampfhubschrauber gesichtet worden, die die Woche zuvor den Präsidentenpalast umkreist hatten. Über Panama City sei eine völlige Nachrichtensperre verhängt worden. Der Times-Reporter, der sich der Hauptstadt nur auf dreißig Kilometer Entfernung nähern konnte, bezeichnete alle Informationen als außerordentlich unsicher.
Admiral Morgan im Weißen Haus äußerte dazu lediglich: »Mir liegen keinerlei Informationen vor über militärische Aktionen seitens der US-Streitkräfte in der Republik Panama.«
Ravi lächelte. »Natürlich nicht, Admiral. Ganz sicher nicht. Du infamer, hinterhältiger Dreckskerl.«
Montagmorgen, 28. April 2008
Weißes Haus
Lt. Commander Jimmy Ramshawe saß vor dem Big Man, der gerade den neuesten CIA-Bericht über die streng vertraulichen US-Ermittlungen zur Barracuda 945 las, die schließlich im Gatun-See aufgespürt worden war. Sie lag halb versunken im Schlamm, die Innenräume von Schlick überspült; ihre aktive Zeit war vorüber. Bald würde sie ganz im Morast einsacken und spurlos verschwunden sein.
Der CIA-Bericht belief sich auf 46 Seiten. Die beste Nachricht war, dass sich Panama den Amerikanern nicht in den Weg gestellt, sondern ihre Erkundungen am Ufer der Pelican Island per Hubschrauber sogar unterstützt hatte. Zu der Verzögerung war es gekommen, weil das Wasser für Boote zu flach und der Untergrund für Fahrzeuge noch zu weich gewesen waren. Und nachdem im Regenwald keine Lichtung zu finden war, in der ein Hubschrauber hätte landen können, hatten sie eben warten müssen, bis der Schlamm getrocknet war.
Dann aber umschwärmten die Amerikaner eine Woche lang das U-Boot. Im Rumpf war nichts mehr zu finden, keine Papiere, keine Dokumente, keine Fingerabdrücke, keine Kleidung. Sechs Raketen waren noch vorhanden, nachdem Ravi und Shakira von den 24 Radugas nur 18 abgefeuert hatten. Andere Waffen befanden sich nicht an Bord. Arnold Morgan nahm an, dass die Terroristen bereits alles im Pazifik über Bord geworfen hatten, lange bevor sie den Kanal erreichten.
Was man natürlich fand, waren die Leichen von Joe Morris aus Wilmington, Delaware, und die seiner beiden Gefährten Skip und Ronnie. Sie trieben unterhalb des Periskopgeräts im Wasser. Ihre Pässe und andere Dokumente, die einzigen Papiere, die an Bord gefunden wurden, waren noch zu entziffern.
Der Bericht über ihren Tod war sehr ausführlich. Skip und Ronnie war der halbe Schädel von einem Feuerstoß aus einer russischen AK 47 weggefräst worden. Joe Morris dagegen war auf eine sehr ungewöhnliche Art und Weise gestorben. Der Schädelknochen war zwischen den Augen, vier Zentimeter oberhalb der Nasenwurzel, mit einem stumpfen Gegenstand zerschmettert, das Nasenbein war ihm mit ungeheurer Wucht ins Gehirn getrieben worden.
Lt. Commander Ramshawe hatte die Stelle mit einem grünen Leuchtstift markiert. Hier blieb Arnold Morgan beim Lesen hängen.
»Mein Gott«, sagte er. »Das war er, was, Jimmy? Unser alter Kumpel, Major Ray Kerman, unser Nahkampfexperte.«
»Jawohl, Sir. Ja, das war er. Ein SAS-Unteroffizier, ein britischer Parlamentsabgeordneter, ein amerikanischer Tourist. Alle auf die gleiche Weise getötet – zeugt von einem hohen Grad an Professionalität.«
»Und wir wissen verdammt noch mal noch immer nicht, wo er steckt.«
»Nein, Sir. Alles wie gehabt – wir wissen nicht, wo er steckt.«
»Aber ich sag Ihnen was«, knurrte Morgan. »Wir wissen verdammt noch mal genau, wo er gesteckt hat.«