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Dirk Bauermann

Basketballtraining

Meyer & Meyer Fachverlag & Buchhandel GmbH

Inhaltsübersicht

Impressum

© 2016 by Meyer & Meyer Verlag, Aachen

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978-3-8403-3580-8

verlag@m-m-sports.com

www.dersportverlag.de

ISBN 978-3-8403-3580-8

Fußnoten

1

Jamieson, J. (2009): Ultimate MMA Conditioning. Kirkland: 8WeeksOut Media.

Aus Gründen der besseren Lesbarkeit haben wir uns entschlossen, durchgängig die männliche (neutrale) Anredeform zu nutzen, die selbstverständlich die weibliche mit einschließt.

Das vorliegende Buch wurde sorgfältig erarbeitet. Dennoch erfolgen alle Angaben ohne Gewähr. Weder der Autor noch der Herausgeber können für eventuelle Nachteile oder Schäden, die aus dem vorliegenden Buch resultieren, Haftung übernehmen.

Einleitung

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Trainer sind eine entscheidende Größe im Gesamtsystem Basketball. Sie entdecken Talente, fördern und entwickeln Spieler, trainieren Mannschaften, kooperieren mit Schulen, organisieren Auswärtsfahrten, coachen Spiele. Die Qualität und das Engagement der Trainer auf allen Ebenen hat signifikante Wirkungen auf das Niveau des Basketballspiels insgesamt. In ihrer Eigenschaft als Multiplikatoren sind sie die aus meiner Sicht entscheidende Schnittstelle in der Weiterentwicklung des Basketballs in Deutschland.

In den vergangenen fast 30 Jahren habe ich auf den unterschiedlichsten Ebenen einigermaßen umfangreiches Erfahrungswissen und basketballerisches Knowhow erwerben können. Es war mir ein großes Bedürfnis, all dies mit daran interessierten Trainern zu teilen.

Ich habe versucht, Anregungen für die Planung und Durchführung der täglichen Arbeit zu geben, Leitlinien zu beschreiben und konkrete Vorschläge für die Auswahl von Spielsystem und Übungen zu machen.

Genauso wie es die sprichwörtlichen „vielen Wege nach Rom“ gibt, existieren in unserer Sportart die vielfältigsten spielkonzeptionellen Ansätze.

Die Spielkultur des Balkans und Griechenlands ist von Kompromisslosigkeit in der Verteidigung und eher sehr strukturiertem Angriffsspiel gekennzeichnet, in den baltischen Staaten, aber auch in Russland, liegt die Betonung traditionell weniger auf der Verteidigung als auf dem Angriff. Das schnelle Umschalten, der Drei-Punkte-Wurf und das Drive-and-Kick-Spiel sind dabei typisch. In Spanien wird mit hoher Geschwindigkeit und Kreativität gespielt, meist begleitet von einer aggressiven, risikoreichen Verteidigung. Der deutsche Basketball besitzt eine solche Identität nicht. Vielleicht kann auch hier dieses Buch einen kleinen Beitrag leisten.

Dies ist aber nicht nur ein Buch für Trainer, sondern auch für Schiedsrichter und Spieler.

Ein verbessertes Verstehen dieses wunderbaren Spiels auch bei denen, die es spielen und bei denen, die es pfeifen, kann nur hilfreich sein, in dem Bestreben, es besser, erfolgreicher und populärer zu machen.

Das Weglassen oder nur oberflächliche Anschneiden einiger Themen, wie beispielsweise der individuellen Technik oder der positionsspezifischen Bewegung, hat einerseits mit der übergroßen Fülle der Inhalte und der damit verbundenen Notwendigkeit der Beschränkung zu tun, andererseits mit dem Umstand, dass sich bestimmte wie die oben genannten Themen besser für die Beschreibung in ausschließlich visuell funktionierenden Medien wie einer DVD eignen.

Besonders wichtig war es mir, immer wieder auf den Bereich des Jugendtrainings einzugehen, in der Jugendarbeit liegt der Schlüssel für die weitere Entwicklung unserer Sportart. Alles was hilft, unsere Trainer besser in die Lage zu versetzen, ihrer großen Verantwortung für die ihnen anvertrauten Kinder und Jugendliche gerecht zu werden, ist wichtig.

01 Der Trainer

Die Aufgaben von Trainern sind vielfältig, die Verantwortung enorm, die Wertschätzung unzureichend. Dies trifft, unabhängig von der Arbeitsebene, auf alle Trainer zu. Im Amateurbereich ist die Arbeit oft ehrenamtlich oder gering bezahlt, die Verantwortung, die sich aus der Arbeit mit zumeist jungen Menschen ergibt, der Aufwand und die Erwartungen sind jedoch immens.

Dessen muss sich derjenige, der eine Mannschaft übernimmt, bewusst sein.

Er hat sowohl für die basketballerische als auch für die menschliche Entwicklung der ihm anvertrauten Spieler eine hohe Verantwortung.

Er kann den Spaß an der Sportart nehmen oder steigern, Talente entdecken und entwickeln oder übersehen, er kann Selbstvertrauen (nicht nur sportlich) fördern oder zerstören.

Im Profisport sind die Bedingungen noch schwieriger.

Das Umfeld reagiert seismografisch auf Sieg und Niederlage, Trainer werden fast ausschließlich am Resultat, nicht aber am Prozess, der dahintersteht, gemessen.

Die ständige Beobachtung und Bewertung durch Medien, Fans und Offizielle im Verein und die damit verbundene, zum Teil emotionale und überzogene Kritik am Trainer und seiner Arbeit, der immer größer werdende Einfluss von Spielervermittlern und die besondere Situation von Profisportlern, mit dem kleinen Zeitfenster, finanziell unabhängig zu werden, stellen eine oft nur schwer zu managende Gemengelage dar.

Der Umgang mit 12 nicht immer einfachen Hochleistungssportlern, die ständigen Wettkämpfe und der intelligente Umgang mit Sieg und Niederlage stellen den Trainer vor immense Aufgaben.

Dass Fachkompetenz, Fleiß, Fingerspitzengefühl, Motivationsfähigkeit, Konsequenz, manchmal auch Härte zur Grundausstattung von Profitrainern gehören, ist bekannt.

Resilienz als die Fähigkeit des Umgangs mit Rückschlägen, eine klare Philosophie von Spiel und Training, Durchsetzungsfähigkeit (nicht nur bei den Spielern) und ein hohes Maß an psychischer und physischer Belastbarkeit sind aber sicher ebenso wichtige Charakteristika von Spitzentrainern.

Trainer zu sein, ist andererseits aber auch unglaublich spannend, abwechslungsreich und faszinierend. Neben der Leidenschaft, Ziele zu erreichen und Spiele zu gewinnen, haben mich immer zwei Aspekte besonders gefesselt:

  1. In kurzer Zeit aus 12 Individualisten eine auf höchstem Niveau und unter schwierigen Bedingungen verlässlich funktionierende Einheit zu formen.

  2. Spieler in ihrer individuellen sportlichen und menschlichen Entwicklung zu begleiten und zu fördern.

Gleichgültig, auf welchem Level, Trainer sollten sich immer als lernende Systeme verstehen, niemals aufhören, sich weiterzubilden. Dabei müssen es nicht immer basketballspezifische Inhalte sein, auch die Auseinandersetzung mit psychologischen Themen (beispielsweise aus der Sport- oder Entwicklungspsychologie) oder Managementfragen können sehr aufschlussreich sein.

Grundsätzlich ist neben der Lektüre von Büchern und dem Anschauen von Videos der regelmäßige Besuch von Trainingseinheiten anderer Kollegen (besonders bei Erst- und Zweitligisten) ein idealer Weg zur persönlichen Fortbildung.

Auch das trainerbewusste Anschauen und Analysieren von Spielen, insbesondere von Europaligaspielen, ist mehr als empfehlenswert.

Auch wenn im Profibereich der mannschaftliche Erfolg im Vordergrund steht, besteht eine wesentliche Aufgabe für den Trainer darin, die ihm anvertrauten Spieler weiterzuentwickeln. Dies gilt insbesondere für junge Spieler und zwar sowohl sportlich als auch im Einstellungsbereich: Wie hart muss ich arbeiten? Was heißt professionelle Lebensweise? Wie gehe ich mit den Medien um? Wie verarbeite ich Rückschläge und Kritik (vor allem der Umgang mit Spott und Häme in den sozialen Netzwerken und Foren wird immer wichtiger)? Wie sieht eine angemessene Einstellung zu mannschaftlichem vs. individuellem Erfolg aus? usw.

Die Beantwortung dieser Fragen darf nicht dem Spieler alleine, seinem Umfeld, Agenten oder Mitspielern überlassen bleiben, sondern sollte durch den Trainer maßgeblich mitbeeinflusst werden. Dies geht nur auf der Basis eines Verhältnisses, das auf Respekt und gegenseitiger Wertschätzung beruht und führt in der Konsequenz oft zu fortdauernden Beziehungen, die sehr wertvoll sind und über das übliche Trainer-Spieler-Verhältnis hinausgehen.

Stichwort Multiplikator: In den meisten meiner Vereine habe ich versucht, ganzheitlich zu arbeiten, d.h. nach dem Prinzip Ajax Amsterdam eine sauber bis zur U 12 durchdeklinierte Trainings- und Spielkonzeption entwickelt, die in regelmäßigen internen Fortbildungen den Jugendtrainern vermittelt wurde.

Da Cheftrainer im Profibereich in aller Regel nach etwa 2-3 Jahren den Verein verlassen, funktioniert ein ganzheitlicher Ansatz nur, wenn es eine vom Verein mitgetragene oder vorgegebene Idee vom Spiel gibt. In meiner Zeit bei Bayer Leverkusen war die gemeinsame Spielidee definiert über das Motto: aggressiv verteidigen, explosiv angreifen. Daran orientierte sich die curricular aufgebaute Spiel- und Trainingskonzeption aller Mannschaften. Auch in Bamberg, vor allem aber beim DBB, habe ich versucht, auf diese Weise die Arbeit in den Jugend-(National-)Mannschaften zu optimieren und unter ein gemeinsames konzeptionelles Dach zu bringen. Die Vorteile eines solchen Ansatzes liegen auf der Hand:

Ist dies entweder nicht möglich oder nicht gewünscht, können auch Profitrainer als Multiplikatoren wirken, indem sie regelmäßige interne Fortbildungen und externe Fortbildungen für die (Jugend-)Trainer der Region halten.

Im Amateurbereich lässt sich ein ganzheitlicher Ansatz viel leichter umsetzen, da die Trainer weniger häufig wechseln. Mit ein wenig mehr an Aufwand würde die Trainingsarbeit im Verein langfristig deutlich besser werden.

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1.1 Aufgaben des Trainers

Die Verantwortung eines Trainers geht weit über die Durchführung des Trainings und das Coachen des Spiels hinaus. Die Verengung auf die Arbeit mit der Mannschaft führt häufig zu Problemen, die die Leistungsfähigkeit des Einzelnen und des Teams massiv nachteilig beeinflussen können. Ob es bei der Weihnachtsfeier Geschenke für die Kinder der Spieler gibt oder nicht, beeinflusst durchaus die Identifikation des Betroffenen mit dem Verein und damit indirekt seine Leistung. Da für die Leistung des Spielers aber immer der Trainer verantwortlich ist oder gemacht wird, ist es notwendig, ein Auge auch für sogenannte Kleinigkeiten und Abläufe, die sich jenseits von Training und Wettkampf abspielen, zu haben.

Ein Trainer muss insofern den Blick auf alle die Leistung beeinflussenden Parameter haben, soweit das sein Zeitbudget zulässt. Nach einer Zeit der Zusammenarbeit, in der das Verständnis und die Sensibilität für die Bedeutung solcher Dinge gewachsen ist, wird eine Kontrolle durch den Trainer immer weniger notwendig und kann komplett delegiert werden. Kleine Dinge können im Guten wie im Schlechten eine große Wirkung entfalten, darauf ist mit wachsamem Auge zu achten.

Spieler besitzen naturgemäß eine hohe Empfindlichkeit im Hinblick auf ihre Behandlung durch Trainer und Verein, wenn es um sie selbst geht. Noch größer ist ihre Sensibilität aber, wenn ihre Frauen, Freundinnen oder Kinder betroffen sind. Im Umkehrschluss können Trainer und Verein aber einen immensen Mehrwert durch einen respektvollen, transparenten, unterstützenden und zuvorkommenden Umgang mit den Spielern und ihren Familien erzielen. Dies ist unabhängig vom Level des Vereins, entscheidend ist das dahinterstehende Prinzip.

Ausdrücklich warnen möchte ich insofern vor der bevorzugten Behandlung bestimmter Spieler, soweit es sich irgendwie vermeiden lässt. Dies kann zu massiven Missstimmungen, manchmal sogar Brüchen innerhalb der Mannschaft führen.

Kleine Ursache, große Wirkung – Beispiel Griechenland: Als ich Trainer in Patras war, hatten wir einen albanischen Hallenwart, der gerade das zum Leben Notwendige verdiente. Nachdem ich ihm zu Weihnachten für jedes seiner Kinder ein Geschenk gemacht habe, hat er von einem Augenblick auf den anderen seine eher skeptische Haltung mir gegenüber aufgegeben und mir von diesem Zeitpunkt an geholfen, wo er nur konnte.

1.2 Selbstverständnis

„Be yourself!“ Der Mut, man selbst zu sein, sich in der Substanz von medialer Kritik und gut gemeinten Ratschlägen nicht beeinflussen zu lassen, ist eine notwendige Voraussetzung für die Glaubwürdigkeit und damit in der Konsequenz für den persönlichen Erfolg eines Trainers.

Gute Trainer haben eine für sie typische Art, mit der Mannschaft umzugehen, Konflikte zu lösen, aufzutreten. Da man es eh nie allen recht machen kann und es immer Besserwisser, Bedenkenträger oder Fundamentalkritiker gibt, scheint es mir klüger, sich ausschließlich an den eigenen Präferenzen, Werten und Überzeugungen in seinen Entscheidungen zu orientieren, als das Fähnlein in den Wind des Opportunismus zu hängen.

Der Trainer, der versucht, es jedem recht zu machen, verliert die klare Orientierung, die nur das eigene Werte- und Überzeugungssystem liefert. Im Übrigen haben sowohl Mannschaft als auch Umfeld, Medien und Fans ein untrügbares Gespür für Authentizität oder deren Mangel.

Glaubwürdigkeit und Berechenbarkeit sind wichtige Grundpfeiler der Trainerarbeit, sie durch opportunistisches oder zumindest nicht authentisches Verhalten zu kompromittieren, ist ein nicht wiedergutzumachender Fehler.

Bei guten Trainern ist im Spiel immer eine Handschrift erkennbar, Mannschaften nehmen die Persönlichkeit ihres Trainers an oder bilden sie zumindest teilweise ab.

Die dabei ablaufenden Prozesse laufen unbewusst ab und brauchen naturgemäß Zeit, aber sie sind immer ein Ausdruck der Glaubwürdigkeit und Authentizität der Persönlichkeit des Trainers.

Die Bereitschaft, an sich zu arbeiten und über ehrlich gemeinte, konstruktive Kritik zumindest ernsthaft nachzudenken, ist etwas ganz anderes. Es hat mir immer geholfen, beispielweise Trainingseinheiten von Menschen kritisch analysieren zu lassen, die ich respektiere, die aber nicht notwendigerweise selbst Trainer sein müssen.

Der kritische Blick in den Spiegel, das Ziehen der richtigen Schlussfolgerungen und die Bereitschaft zur Weiterentwicklung sind entscheidende Erfolgsfaktoren.

Zusätzlich ist zwar nicht notwendigerweise eine unreflektierte Anpassung an Entwicklungen des Spiels vonnöten, ganz sicher aber eine offene Auseinandersetzung damit.

Das Spiel hat sich massiv in Dynamik und Athletik weiterentwickelt, die Mentalität der Spieler hat sich verändert, der Anspruch von Medien und Fans, sportlichen Erfolg mit Attraktivität zu verbinden, hat sich verstärkt. Zusätzlich haben sich die Regeln oder zumindest deren Auslegung zugunsten des Angriffs verändert.

Im Profisport haben sich die Rahmenbedingungen durch den zunehmenden Einfluss von Spielerberatern verändert.

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All dem ist durch eine Anpassung der Spielweise zumindest in Teilbereichen Rechnung zu tragen.

Meine persönliche Anpassung an die sich verändernden Bedingungen besteht vor allem in einer modifizierten, offensiven Spielausrichtung:

Mehr Tempo, Vereinfachung des Spiels, mehr freies Spiel mit der Orientierung an Regeln, Prinzipien und Automatismen, weniger feste Struktur, also definierte Pass- und Laufwege. Aber dazu später mehr.

Kein Trainer der Welt kann alles selbst machen. Es gibt Teilbereiche, in denen ein ganz bestimmtes Know-how notwendig ist, eine Spezialisierung unabdingbar. Mein Ansatz war es immer, Fachleute für Teilbereiche wie Scouting, Athletiktraining zu verpflichten, ihnen zu vertrauen und sie selbstverantwortlich ihren Job machen zu lassen. Ich sehe es zwar als meine Aufgabe an, konstruktiv-kritisch zu fragen oder, wenn unumgänglich, auch auf Veränderungen zu bestehen, aber der Grundsatz: Qualität verpflichten, Vertrauen schenken, selbstverantwortlich arbeiten lassen und nur in Ausnahmefällen intervenieren, steht.

Es ist mir wichtig, dass jeder am Prozess Beteiligte Verantwortung für das Ganze durch das Abliefern hoher Qualität in seinem Teilbereich spürt und er dafür Respekt und Wertschätzung erfährt.

Da Verantwortung aber immer in einem angemessenen Verhältnis zur Haftung stehen muss, zieht professionell nicht akzeptable Arbeit oder das Nichteinhalten von Zielen und Vereinbarungen aber immer auch Konsequenzen nach sich. Das kann ein intensives Führungsgespräch genauso sein wie die Nichtverlängerung eines Vertrags.

Wichtig ist, die Kommunikationskanäle offenzuhalten und den Prozess der Zusammenarbeit konstruktiv und transparent zu gestalten.

Insofern muss sich die Arbeit und, darauf basierend, das Selbstverständnis des Trainers zunehmend mit dem Management von Prozessen der unterschiedlichsten Art auseinandersetzen. Nur Basketballtrainer auf dem Feld zu sein, reicht nicht mehr aus.

1.3 Führung und Motivation

Als Führungskraft ist der Trainer für den kollektiven Erfolg des Teams und die individuelle Weiterentwicklung der ihm anvertrauten Spieler (insbesondere der jungen) verantwortlich.

Seine wesentliche Aufgabe besteht insofern im Setzen von Leitideen, im Definieren von Regeln und in der Entwicklung einer klaren sportlichen Identität.

Gute Mannschaften zeichnen sich häufig durch eine immer erkennbare kollektive Identität aus, die geprägt ist von der Handschrift des Trainers. Definierende Elemente können Einstellungsmerkmale, wie beispielsweise „immer bis zum Letzten“, „totale Uneigennützigkeit und freiwilliger Verzicht fürs Team“, „keine Angst vor niemanden“, genauso wie basketballerische Schwerpunkte, wie beispielsweise ein defensive mindset oder play-off the pass not the bounce sein.

Kollektive Identität bedeutet so etwas wie ein Alleinstellungsmerkmal, eine charakteristische Art zu spielen oder sich zu verhalten, die den Spielern eine Orientierung gibt und ihnen eine besondere Form der Identifikation ermöglicht.

Um als Trainer effektiv führen zu können, muss ich

  1. die Erwartungen von innen und außen an mich kennen (Rollenklarheit). Die Aufgabenverteilung und Entscheidungsbefugnisse zwischen beispielsweise Trainer, Sportdirektor, Präsidium müssen klar definiert sein. Ich muss mich in der Außendarstellung intelligent verorten (Alleinunterhalter, Aushängeschild oder zurückhaltender Teamplayer).

  2. ein möglichst präzises Bild von den Spielern, ihren Motiven, ihrem Erfahrungsstand, ihren Vorerfahrungen, ihrem Reifegrad, ihren Erwartungen usw. gewinnen. Nur auf Grundlage dieser Kenntnisse kann ich angemessen personenorientiert führen und in einer nicht nur aufgaben-, sondern gerade auch personenorientierten Führung besteht nach meiner Überzeugung der Schlüssel zu einer wirksamen Führung im Mannschaftssport Basketball.

Führung ist ein ständiger Prozess. Kommunikation in jeder Form ist dabei das entscheidende Medium, vor allem dann, wenn die Zeichen auf Sturm stehen. Oft brechen gerade in Krisenzeiten Kommunikationsstrukturen zusammen und das auf allen Ebenen. Gerade in Phasen, in denen einzelne Spieler leistungsschwach sind oder die Mannschaft insgesamt Erwartungen nicht gerecht wird und unter Druck gerät, hören die Beteiligten auf, miteinander zu kommunizieren. Es ist die Aufgabe des Trainers, die Kommunikationskanäle gerade in solchen Zeiten offenzuhalten und beispielsweise Feedback- oder Kritikgespräche, also jede Form von Einzelgesprächen, zu führen. Gelassenheit, Optimismus und Lösungsorientiertheit sind dabei der Grundtenor solcher Gespräche. Klarheit, Offenheit, Sachorientiertheit in der Kritik und Unmissverständlichkeit sowie der Verzicht auf abgedroschene Phrasen und Durchhalteparolen sind die Grundlage für die Wirksamkeit solcher Gespräche.

Ähnliches gilt für die Lösung von Konflikten. Als Führungskraft muss ich eine große Wachsamkeit und Sensibilität für Konflikte besitzen und versuchen, mit diesen proaktiv umzugehen, d.h., sie durch Gespräche oder andere Maßnahmen gar nicht erst entstehen zu lassen. Gelingt dies nicht, muss der Trainer intervenieren und in enger Anlehnung an vorher definierte Regeln oder besser Leitideen der gemeinsamen Arbeit den Konflikt regeln.

Welche Mittel der Konfliktregelung der Trainer einsetzt (Sanktionierung, drohen, abwarten, harmonisieren/um Verständnis werben, Zusammenhänge erklären, Missverständnisse aufdecken), hängt von der Situation, der Schwere und Art des Konflikts und der Persönlichkeit der beteiligten Person ab. Wichtig ist dabei die bewusste Beschäftigung mit diesen Fragen, also eine gute Vorbereitung und eine klare Zieldefinition.

Beispiele: Spieler x hat viel Erfahrung, ist abgezockt und reagiert grundsätzlich nur bei Einsatz harter Bandagen – wichtig sind Kompromisslosigkeit in der Sache, Direktheit in der Kommunikation und klare hierarchische Positionierung ….Spieler y ist äußerst sensibel, hat wenig Selbstwertgefühl – hilfreich ist es, ruhig in der Gesprächsführung zu bleiben, nicht zu drohen, sondern zu appellieren, einzuordnen und ein hohes Maß von Wertschätzung zu kommunizieren.

Konfliktlösung ist also nur dann wirksam, wenn sie nicht nur dem Bauchgefühl folgt, sondern vor allem Resultat einer bewussten Beschäftigung mit dem Problem ist. Nach meiner Erfahrung können erfolgreich bewältigte Konflikte zu einem besseren Verständnis füreinander und einem besseren Zusammenhalt untereinander führen. Konflikten auszuweichen, sie an die Presse zu geben, anstatt sie intern zu regeln oder der unehrliche Umgang mit ihnen, zum Beispiel in Form der Intrige, sind ist nicht nur verwerflich, dies führt auch immer zu Vertrauensverlust und mittelfristig zu Erfolglosigkeit. Nochmals: Konflikte werden grundsätzlich intern geregelt, innerhalb der Gruppe, face to face. Dieser Verhaltenskodex muss beim Trainer beginnen.

Es ist strategisch klug, sich nicht jedem Konflikt – weder mit oder innerhalb der Mannschaft noch mit höheren Entscheidungsebenen – zu stellen, sondern nur die Schlachten zu schlagen, die wirklich wichtig für die Intaktheit des Teams oder das Binnenverhältnis zu Sportdirektor oder Vorstand sind. Ferner macht es Sinn, nur dann zu intervenieren, den Konflikt anzugehen, anstatt ihn auszusitzen (Vermeidung durch Wegsehen, nicht thematisieren oder auf den Faktor Zeit setzen), wenn es zumindest eine realistische Wahrscheinlichkeit gibt, diesen erfolgreich zu bestehen. Außerdem empfehle ich, nicht an allen Fronten gleichzeitig zu kämpfen. „One battle at a time“. Möglich ist es auch, Konfliktbewältigung zu delegieren, beispielsweise an Assistenztrainer oder Mannschaftskapitän („Rede du doch mal mit ihm“). Ob überhaupt und wenn ja, wann, hängt von mehreren Faktoren, wie Art des Konflikts, beteiligte Personen und Vertrauensverhältnis zu Kapitän oder Assistent, ab. Intakte Teams lösen im Übrigen viele Konflikte intern, also ohne Zutun des Cheftrainers.

Dennoch gibt es Konflikte, die eine so existenzielle, grundlegende Qualität haben, dass ein strategischer Umgang, wie oben beschrieben, ausgeschlossen ist. Versucht sich also beispielsweise der Vorstand in Fragen von Taktik und Aufstellung einzumischen oder verhält sich ein Spieler, gleichgültig, wie wichtig er sein mag, massiv, vorsätzlich oder wiederholt gegen den Verhaltenskodex des Teams, muss der Trainer die rote Linie ziehen und bis zur letzten Konsequenz den Konflikt durchstehen.

Führung bedeutet auch, eine Fehlerkultur zu entwickeln. Genauso wie Mannschaften, die spielen, um eine Niederlage zu vermeiden und dadurch gehemmt, verkrampft und gelähmt wirken und infolgedessen oft unter Wert abschneiden, werden Spieler, die vor allem versuchen, Fehler zu vermeiden oder keinen Anlass zur Kritik bieten wollen, nie ihr wirkliches Potenzial ausschöpfen.

Basketball ist ein Spiel von Fehlern. In aller Regel gewinnt nicht der, der weniger Fehler macht, sondern der, der keine Angst hat davor, einen Fehler zu begehen. Der konstruktive Umgang mit Fehlern, also das an Fakten orientierte Benennen von Fehlern und der Hinweis auf alternative Handlungsoptionen, ist essenziell. Videoanalysen, vergleichende Statistik stellen hervorragende Methoden in diesem Zusammenhang dar.

Die sogenannten honest mistakes, also Fehler, die nicht böswillig, beispielsweise aus Egoismus oder Desinteresse, passieren, sind ein systemischer Teil des Spiels. Sanktionierung solcher Fehler durch Auswechslung oder eine übertrieben emotionale Reaktion an der Seitenlinie, haben sehr negative Folgen für die Fehlerkultur einer Mannschaft und sind nach meiner festen Überzeugung komplett kontraproduktiv. Der Spieler braucht die Möglichkeit, Fehler wiedergutmachen zu können, mit dem ängstlichen Blick auf die Bank zu spielen, ist keine gute Grundlage für Höchstleistung. Basketball kann man erfolgreich nur mutig, ohne Angst vor Verantwortung, davor, den entscheidenden Wurf zu nehmen oder auch einmal das Risikoreiche, Überraschend-Intuitive zu tun, spielen. Trainerverhalten übt eine direkte Wirkung in dieser Hinsicht aus. Jeder Spieler hat das Recht auf ein schlechtes Spiel, ohne gleich das Vertrauen des Trainers entzogen zu bekommen, Werfer müssen weiter werfen, auch wenn sie einmal selbst freieste Würfe nicht verwandeln.

Natürlich hat die Medaille auch eine Kehrseite: Schlechte Entscheidungen, die in einer egoistischen Grundhaltung begründet sind, oder schlechte Leistungen in der Verteidigung, die mit Desinteresse oder mangelndem Einsatz zu tun haben, sind nicht zu akzeptieren und müssen unmittelbare, für den Spieler spürbare Konsequenzen zur Folge haben. Accountability, also das Prinzip der Haftung, ist ein wichtiger Grundsatz in diesem Zusammenhang. Verantwortung und Haftung müssen in einem unmittelbaren Zusammenhang stehen. Tun sie das nicht, kommt es zu Beliebigkeit und Indifferenz.

Selbstvertrauen entsteht eben auch aus dem Vertrauen anderer in die eigene Person, insofern ist eine intakte Fehlerkultur ein wesentliches Element individuellen und kollektiven Selbstvertrauens.

Eine gute Möglichkeit, Spielern ihr Selbstvertrauen zurückzugeben oder es aufzubauen, besteht nicht nur darin, sie stark zu reden, öffentlich und intern zu loben, ihnen Aufmerksamkeit zu schenken, sondern auch darin, ihnen konkrete Aufgaben, insbesondere für den Wettkampf, zu geben, die einerseits vom Problem mangelnden Selbstvertrauens ablenken und andererseits, insbesondere über hohen Einsatz, gut und verlässlich lösbar sind. Das Prinzip ist, sich über die erfolgreiche Bewältigung in der Schwere ansteigender Aufgaben ein hohes Niveau an Selbstvertrauen aufzubauen. Dies hört sich theoretischer und konstruierter an, als es wirklich ist.

Eine weitere wichtige Aufgabe von Trainern ist es, Prioritäten zu setzen. Es gilt der Merksatz: „Wer alles betont, betont gar nichts“. Es ist in einer komplexen Sportart wie Basketball unmöglich, in allen Bereichen gleich gut zu sein. Ganz im Gegenteil: Der Versuch, als Team alles können zu wollen, führt in der Konsequenz dazu, gar nichts zu können. Insofern ist es notwendig, eine klare Entscheidung für die Konzentration auf solche Inhalte zu treffen, von deren Bedeutung der Trainer aufgrund seiner Erfahrung und seines Wissens für den Erfolg der Mannschaft überzeugt ist. Naturgemäß muss diese Art der Priorisierung immer auch im Kontext der Qualität, der Stärken und Schwächen der Mannschaft und ihrer Leistungsträger geschehen.

Beispiel: Es gibt eine Vielfalt von vortaktischen Optionen im Basketball, von denen die meisten einen oder eine Folge von direkten und indirekten Blocks nutzen, um dem Angriff einen Vorteil zu geben. Es ist unmöglich, durch Training alle diese Optionen gleich wirksam verteidigen zu wollen. Die notwendige Priorisierung ergibt sich nun für einerseits aus dem häufigeren Vorkommen einer ganz bestimmten Variante, des pick and rolls, andererseits aus der Tatsache, dass diese Variante nur schwer zu verteidigen ist und relativ komplexe kollektive Maßnahmen notwendig sind, um sie zu stoppen. Aus der Betonung der Verteidigung des pick and rolls als wesentlichem defensiven Schwerpunkt beispielsweise ergibt sich dann logisch ein starker zeitlicher Umfang im Training, in der Spielvorbereitung und am Ende auch immer im Bewusstsein der Spieler. Je weniger Zeit ich als Trainer habe, beispielsweise weil ich mit ständigen englischen Wochen konfrontiert bin, oder weil mir nur zwei Trainingseinheiten pro Woche zur Verfügung stehen, umso größer ist die Notwendigkeit, Prioritäten zu setzen.

Gleichgültig, ob ein Trainer autoritär (dominantes Auftreten, der Trainer gibt vor, die Spieler setzen um = top-down), demokratisch (der Trainer bezieht die Spieler ein, Feedback ist gewollt und geschätzt = bottom-up), situativ (abhängig vor allem von der Reife der Spieler), zufassender oder partizipativ, charismatisch, aufgaben- oder personenbezogen oder vielleicht sogar transformatorisch (Einstellungen und Werte verändernd) führt, wichtig ist ein ausgewogenes Verhältnis zwischen Authentizität und Flexibilität.

Einerseits kann der Trainer nicht jedes Team unabhängig von Niveau, Erfahrung, Spielerpersönlichkeiten gleich führen. Er muss ein Element von Flexibilität im Umgang mit seinem Team zeigen, beispielsweise was das richtige Maß an Partizipation und Teilhabe, aber auch die basketballerische Ausrichtung angeht („The players are the system!“). Andererseits muss er authentisch sein und seiner Persönlichkeit und seiner Erfahrung entsprechend mit der Mannschaft umgehen. Während beispielsweise eine junge Mannschaft möglicherweise eine eher zufassende, dominante Form der Führung braucht, kann es bei einem auf hohen Niveau erfahrenen Team sinnvoll sein, eine begrenzte Form der Teilhabe zuzulassen. Wichtig scheint mir vor allem, dass sich der Trainer als Teil eines people’s business begreift und einen klugen Ausgleich zwischen eigener Überzeugung und Persönlichkeit auf der einen Seite und vorhandenem Spielerpotenzial auf der anderen Seite findet.

Drei Wesensmerkmale, gleichgültig, wie sich Führung im Einzelfall ausgestaltet, scheinen mir dabei aber unabdingbar:

1. Führung mit dem Herzen

Ein Trainer braucht eine spürbare Leidenschaft, innere Begeisterung und einen ansteckenden Enthusiasmus für das Spiel, die Arbeit mit den Spielern, die Aufgabe, das Ziel.

Nicht nur er selbst findet so die notwendige Energie, mehr noch, das Umfeld und vor allem die Mannschaft selbst profitiert enorm von dieser aus der Begeisterung für die Arbeit gespeisten, positiv ansteckenden mentalen Energie.

Die Rede ist dabei nicht von einer bloß emotionalen Hurramentalität, sondern von einer tief verankerten, starken emotionalen Bindung zum Spiel und zur Arbeit des Trainers.

2. Führung durch das eigene Beispiel

„Talk is cheap“. Spieler und Umfeld beobachten alle Entscheidungen und Handlungen des Trainers sehr genau. Alles, was er tut, wird wahrgenommen und alles Wahrgenommene hat eine wenn auch oft unbewusste Wirkung. Darüber muss ich mir als Trainer im Klaren sein.

Eine falsche Konsequenz aus dieser Einsicht wäre komplett gesteuertes, vor allem auf Wirkung hin angelegtes Verhalten. Stattdessen muss der Trainer versuchen, authentisch ein Verhalten vorzuleben, an dem sich die Spieler orientieren können. Um glaubwürdig und damit wirksam als „Leitwolf“ zu sein, ist es unabdingbar, dass das, was der Trainer fordert und verlangt, in vollkommenem Einklang mit dem steht, was er selbst bereit und in der Lage ist zu leisten. Wenn der Trainer beispielsweise erwartet, dass Konflikte intern geregelt werden und nicht nach außen dringen, kann er nicht bei einem Konflikt zweier Spieler miteinander dies öffentlich oder beim Präsidenten als Grund für eine Niederlage bemühen. Genauso sollte er nach einer Niederlage nicht die Mannschaft öffentlich hart kritisieren, wenn intern die Regel gilt, den selbstkritischen Blick in den Spiegel immer dem berüchtigten „mit dem Finger auf den anderen zeigen“ vorzuziehen.

In fast allen Profimannschaften gilt: „Play and practice now!“. Es wird mit anderen Worten von den Spielern erwartet, bei nicht ernsthaften Verletzungen zu trainieren und zu spielen („hurt, not injured“), also Schmerzen zu ignorieren und, soweit verantwortbar, „auf die Zähne zu beißen“. Würde der Trainer nun bei einer Erkältung oder Unwohlsein entweder vom Training fernbleiben oder dies in Anwesenheit von seinem Assistenztrainer durchführen lassen, würde er erstens eine von ihm eingeführte Regel konterkarieren und damit seine Glaubwürdigkeit verlieren und er würde zusätzlich den Spielern ein Alibi geben, in Zukunft nicht nur diese, sondern auch andere Regeln zu umgehen. Glaubwürdigkeit und Authentizität als einziger Maßstab, nicht opportunistischer Überlebensinstinkt oder persönliche Bequemlichkeit.

Trainer müssen in allen Bereichen hohe professionelle Standards setzen, an denen sich Spieler und direktes Umfeld im Idealfall stark orientieren. Sie tun dies vor allem durch das gelebte Beispiel. Zumindest aber darf die Qualität der Arbeit kein Alibi sein – und auf der Suche danach befinden sich Menschen/Spieler immer – für mangelhafte Einstellung oder fehlenden Trainingsfleiß.

3. Werteorientierte Führung

Führung braucht ein klares Wertesystem, wie immer es inhaltlich auch aussehen mag. Dieses Wertesystem gibt dem Trainer einen starken Orientierungsrahmen, der es ihm erlaubt, stabil Entscheidungen zu treffen oder auf schwierige, manchmal unvorhergesehene Situationen sicher und schnell zu reagieren.

Wir wissen, dass das bloße Bauchgefühl, der Instinkt, bei den meisten Menschen oft trügt. Entscheider, und nichts anderes sind Trainer, tun also gut daran, wenn irgend möglich, ausreichend gegründete Entscheidungen, geleitet von einem stabilen Wertesystem und Erfahrungswissen, zu treffen. Dass der Instinkt immer auch eine Rolle spielt, ist gut und richtig, Instinktsicherheit macht gute Trainer zweifellos auch aus, aber eine starke Orientierung an möglichst objektiver Analyse, hohe Informiertheit und ein stringentes Wertesystem sind dennoch notwendig.

Beliebigkeit und Mangel an Orientierung beim Trainer sind häufig Quelle von Unsicherheit bei der Mannschaft. „Mal so, mal so“, ist der falsche Ansatz in der Arbeit mit der Mannschaft, Berechenbarkeit und Verlässlichkeit (Ausnahmen bestätigen die Regel) der richtige.

Unterschiedliche Wertesysteme führen in der Konsequenz zu unterschiedlichen Entscheidungen und Handlungen. Werte wie Verlässlichkeit, Disziplin, Trainingsfleiß, Teamfähigkeit, aber auch respektvoller Umgang und gegenseitige Unterstützung sind nach meiner Erfahrung unerlässliche Grundlagen vor allem für langfristigen Erfolg.

Trainer haben in der Zusammenarbeit mit der Mannschaft eine quasi legislative Funktion. Sie sind diejenigen, die die Regeln des kollektiven Zusammenlebens definieren, die Leitvorstellungen setzen, an denen sich alle Beteiligten zu orientieren haben. Diese müssen sinnvoll und nachvollziehbar sein, dürfen nicht den Anschein von Schikane oder übertriebener Kontrolle erwecken.

Solche Regeln könnten sein:

  1. Erfolg als erste Priorität.

  2. Als Profi auftreten auf und außerhalb des Feldes.

  3. Keine Entschuldigungen.

  4. Keine Kritik an Mitspielern.

  5. Interna dringen nie nach außen.

  6. Territorialität nach außen, nicht nach innen.

  7. Ein Ersatz für Leidenschaft, Willen und harte Arbeit ist noch nicht gefunden.

  8. Das Team steht über jedem Einzelnen.

  9. Verlässlich- und Beständigkeit als hoher Wert.

  10. „Do your job“.

Auch ist es Aufgabe des Trainers, dafür Sorge zu tragen, dass einmal definierte Regeln konsequent eingehalten werden. Es ist sinnvoll, bei Sanktionierungen diese persönlich und direkt zu kommunizieren bzw. sie zu begründen. Hilfreich ist es darüber hinaus, erstens einen Strafenkatalog zu erstellen, um den Vorwurf der Beliebigkeit oder der Bevorzugung zu umgehen und zweitens in der Festsetzung der Höhe von Geldstrafen die unterschiedlichen Einkommensverhältnisse zu berücksichtigen. Ein Mangel an Konsequenz führt immer zu einem durch nichts wiedergutzumachenden Verlust an Glaubwürdigkeit und Respekt. Gleichgültig, wie unangenehm der daraus entstehende Konflikt mit dem Spieler (egal mit welchem), er muss eingegangen und durchgestanden werden.

Die Zusammenstellung des Kaders, wenn vorhanden, in enger Kooperation mit dem Sportdirektor, zählt zu den vielleicht wichtigsten Verantwortlichkeiten des Trainers. Die hohe Fluktuation von Spielern mittlerweile auf allen Leistungsebenen erfordert gerade in diesem Bereich allergrößte Sorgfalt. An dieser Stelle gemachte Fehler sind kaum zu kompensieren, die in der Rekrutierungsphase getroffenen Entscheidungen beeinflussen den Erfolg der Mannschaft mehr als jeder andere Teilbereich.

Eine weitere, häufig sehr problematische Aufgabe des Trainers besteht in der Festlegung von Verantwortlichkeiten/Rollen. Es braucht in jeder Mannschaft eine möglichst klare Rollenstruktur. Um auf höchstem Niveau stabil zu funktionieren, müssen unterschiedliche Aufgabengebiete besetzt werden; diejenigen, die das Klavier tragen, sind ebenso wichtig wie diejenigen, die es spielen. Schon in der Zusammenstellung der Mannschaft muss der Trainer diese Rollenstruktur im Blick haben. Die Festlegung von Verantwortung für einen bestimmten Teilbereich, von zu erwartenden Spielanteilen, dem Platz in der Rotation usw. ist oft genauso unangenehm wie notwendig.

Gelingt es, dem Spieler seine Rolle so zu vermitteln, dass er sie akzeptiert und sich im besten Fall mit ihr identifiziert, hat der Trainer einen wichtigen Beitrag zum mannschaftlichen Erfolg geleistet. Es versteht sich, dass solche Festlegungen dynamisch sind und Veränderungen unterliegen, schließlich wäre es demotivierend, wenn der Spieler, unabhängig von persönlicher Entwicklung und angebotener Leistung, auf eine starre Rolle für den gesamten Saisonverlauf festgelegt wäre.

Entscheidungen sind das tägliche Brot von Trainern. Auch wenn die eine von größerer, die andere von vielleicht geringerer Bedeutung zu sein scheint, kann jede Entscheidung weitreichende Folgen haben, dessen muss man sich bewusst sein. Folgende Aspekte sind wichtig: