www.paul-riedel.de

Printed in Germany

Erste Auflage 2021

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek: Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über www.dnb.de abrufbar.

© 2021 Paul Riedel

Umschlag: © Paul Riedel, München 2021

Lektorat: Beatrix Osterkamp

Herstellung und Verlag

BoD – Books on Demand GmbH, Norderstedt

ISBN: 978-3-7543-5031-7

Inhaltsverzeichnis

Vorwort

Es ist immer wieder ein Abenteuer zu recherchieren, wie alte Sagen entstanden sind. Eine Mischung aus Fehlinformationen, Frauenfeindlichkeit, Homophobie und große Sehnsucht nach Erlebnissen, die teilweise über einen wirren Zeitstrahl verteilt sind, und die man mit Gefühl und Achtung lesen sollte. Immerhin waren diese Autoren auf sich allein gestellt: Wenn sie einen Fehler auf Seite vier eines achtzigseitigen Romans entdeckten, wären sie verdammt, alle diese Seiten neu zu schreiben. Wenn sie dann erneut Ungereimtheiten finden, müssen sie die ganze mühselige Arbeit wiederholen. So entstehen auch neue Romane. Im Zeitalter der Computerwelt, mit Cut and Paste und fertigen Vorlagen übersieht man diese Hürden vergangener Generationen leicht.

Als ich König Rother als die dritte Adaption meiner deutschen Heldensagen in meiner Bibliothek suchte, dachte ich anfangs, dass es die Geschichtsmuster bereits einmal gegeben hatte. So las ich diese Sage nochmals, um Details zu suchen, die diese Geschichte für meine Leser einzigartig macht. Strecken, die auf dem Rücken eines gesunden Rosses in drei Monaten überwunden wären, wurden in nur einem Augenblick beritten und zwanzigtägige Schiffsfahrten füllten nur drei Zeilen. Das ist für den modernen Leser nicht fesselnd genug.

Die weiblichen Charaktere, bis auf eine Zofe namens Herlinde, haben weder Namen noch Wirkung in der Geschichte. Die männlichen Charaktere, selbst wenn deren Rolle nur das Sterben in einer Zeile der Erzählung war, wurden mit Namen, Herkunft und oberflächlichen Adjektiven, Titel und Verwandtschaftsbeziehungen geschmückt. Das ist für die heutigen Leserinnen ebenfalls nicht akzeptabel.

In meinen bisherig veröffentlichten Sagen war die Jungfräulichkeit der Frau nie ein Thema. Das Gleiche trifft auf die mir bekannten deutschen Heldensagen zu. Dies deutet nach meiner Kenntnis darauf hin, dass sie von Vorzeiten zu der Bewegung des 1Puritanismus im 16./17. Jahrhundert gehören.

Auch die vorliegende Geschichte entwickelte sich vom vierten bis zwölften Jahrhundert durch Überlieferungen. Da die politische Teilung der Länder ebenfalls etwas unklar ist, habe ich alles im einundzwanzigsten Jahrhundert angesiedelt – ganz wie meine Vorgänger dies auch praktizierten.

Hier ist Rother nicht der König der Langobarden, aber ein Boss im Hafen von Bari, der Geschäfte betreibt, über die man lieber nicht tiefer ins Detail eingeht.

In meiner Version findet man viele moderne Elemente wie Handys und SMS. Meine weiblichen Charaktere haben Namen und sind nicht nur passive Deko-Figuren, sondern aktiver Teil der Handlung, und klar werden LGBT-Charaktere in Szene gesetzt.

Die Landschaft wurde beinahe wie in einem Reiseführer beschrieben, da mir als Stadtführer und Künstler diese Form der Umschreibung einer Landschaft näherliegt. Referenzen zu kriminellen Organisationen oder Familienclans undefinierter Herkunft wurden nur aufgrund der erforderlichen Dramaturgie erwähnt, basieren jedoch auf keinerlei Tatsachen.

Ich wünsche Ihnen viel Spaß beim Lesen und freue mich auf Ihre Rückmeldung.

Paul Riedel


1 Kirchliche Bewegung mit strenger Moralvorstellung

Eine Braut für Rother

Mein Name ist Berchter, wie auch mein Vater hieß. Ein sehr altmodischer Name, den es scheinbar kaum noch gibt. Heute haben sie alle Namen wie Kevin oder Justin. Ich habe sieben Söhne, und leider ist nur der Älteste, Lupold, einigermaßen an meinen Geschäften interessiert.

Wir leben in Meran, in Südtirol. Hier leben viele Deutsch sprechende Familien. Tourismus ist hier seit dem neunzehnten Jahrhundert von großer Bedeutung.

Mein ältester Sohn Lupold trägt seit seinem neunten Lebensjahr eine Brille. Ich kann mich erinnern, wie ich damals mit seiner Lehrerin sprach und sie mich beschuldigte, unachtsam mit dem Jungen zu sein, was wirklich nicht stimmt. Alle sieben sind meine Söhne, und ich bin auf jeden sehr stolz, aber ich weiß, dass jeder seine eigene Begabung hat. Niels ist ein Computerfachmann, der sich gerne in die Politik einmischt. Die Zwillinge Wigard und Fritjof sind gefährliche Akrobaten und etwas anders als ihre Brüder. Sie waren die Lieblinge meiner verstorbenen Frau. Alle Jungs haben schwarzes Haar und sind um die ein Meter siebzig groß. Sie scheinen fast alle aus der gleichen Form gegossen zu sein. Der Jüngste, Erwin, aber ist brünett wie seine Mutter.

Wir wohnen alle noch zusammen. Unser Hotel und die Zitronenplantage bringen uns Sicherheit und gute Beziehungen im Umland sowie einträgliche Geschäfte. Einen achten Mann betrachte ich ebenfalls als Sohn. Ich bin sein Patenonkel, ein sehr gut aussehender Junge. Für einen Süditaliener ist er von großer Statur. Sein Vater hinterließ ihm viel Geld und Macht über familiäre Transaktionen, die über den Hafen von Bari nach Apulien laufen.

Ich entschied mich, diese Geschichte als ein Geschenk für ihn zusammenzutragen. Sein Name ist Rother.

Als Rothers Vater starb, zogen meine Söhne Lupold und Erwin einige Monate zu ihm, um ihm behilflich zu sein. Die Wärme wollte zurückkehren, aber sie wurde durch kurze Kälteperioden unterbrochen. Aber im Süden ist es im April bereits warm, während wir in meiner Heimat noch Schnee haben können. Die ganze Ware, die am Hafen ankommt, zu überprüfen und sie diskret in die Lieferkette unserer Klienten zu übergeben, ist eine schwierige Aufgabe. Ich will nicht auf Details unserer Organisation eingehen, weil dies nicht interessant genug ist, aber Lupold war mit seinen achtundzwanzig Jahren sehr fortschrittlich. Er digitalisierte den ganzen Familienbetrieb und modernisierte unsere Buchhaltung. Diese neuen Methoden sollten auch Rother helfen. Erwin begleitete ihn nur, denn sonst hätte ich hier alle Hände voll zu tun, weil er nur Probleme macht und auf dumme Ideen kommt, aber ist ein guter Junge.

So geschah es, dass die drei Jungs, die ihr ganzes Leben noch vor sich hatten, sich an einem sonnigen Nachmittag in Bari am Strand Pane e Pomodoro unterhielten.

„Rother, du musst eine einflussreiche Frau heiraten. Wenn du stirbst, haben wir keinen, der den Betrieb hier in Bari übernimmt. Deine Familie ist weg, du bist der Letzte hier“, sagte Lupold und schlürfte an seinem Eiskaffee.

„Ich will nur die Richtige heiraten. Ich muss keine X-beliebige zur Frau nehmen. Mir fehlt nichts. Ich bin Sklave meines Familienerbes. Wenn man es genau nimmt, hörte das Leben für mich auf, als mein Vater mir diese Hafengeschäfte vererbte. Ich laufe jetzt mit Bodyguards herum“, sagte Rother und wedelte mit seiner Hand, als würde ihn das Thema langweilen.

„Niels chattet mit einer Schnecke aus Istanbul, die genau zu deinem Bedarf passen würde, und sie braucht Hilfe“, versuchte mein Jüngster, sich am Thema zu beteiligen.

„Ach bitte. Seit wann kennt Niels irgendeine Frau?“ Lupold hatte offensichtlich keine guten Ansichten hinsichtlich der Chats seines Bruders.

„Ich sage es dir. Sie ist etwas anderes, ich habe auch mit ihr gechattet. Sie ist nett. Sie ist die Tochter von Konstantin, dem Oberhaupt des Konstantinopel- Clans“, prahlte der Junge mit seinen Verbindungen. Ich kannte diese Familie in Istanbul, aber Erwin nicht, doch er ist ein Sprachtalent und sehr charismatischer Junge und liebt es, mit seinen Kenntnissen anzugeben. Wenn man der Jüngste in einem Haus voller Männer ist, entwickelt man diese Merkmale, um sich durchsetzen zu können.

„Eine Heirat zwischen dir und einer solchen Frau wäre sehr profitabel. Immerhin kommen mehr als ein Viertel der Waren, die hier im Hafen gehandelt werden, aus der Türkei“, stellte Lupold wie immer sehr sachlich fest. Von wem er das hat? Kann nur meine Frau gewesen sein. Sie war eine Perle. Intelligent und sehr professionell.

„Gut, angenommen, dass ich sie zur Ehe überzeugen könnte, was hat sie davon?“, fragte Rother und lehnte sich im Strandstuhl so weit zurück, dass er kurz zuckte, um nicht rückwärts zu fallen.

„Ihr Vater, meint sie, ist ein Arsch. Er wirft die Bewerber in den Knast oder killt sie. Angeblich ist sie mit einundzwanzig noch Jungfrau, und sie schrieb, dass sie nicht allein sterben will. Sie ist verzweifelt. Sie soll auch die rechtmäßige Erbin des Clans sein, aber nur wenn sie einen Mann heiratet.“ Erwin schien mit ihr eine gute Freundschaft zu pflegen, aber das tat er mit unzähligen anderen Frauen auch.

„Versuchen könntest du es schon. Es wäre eine geschäftliche Angelegenheit, aber die anderen Familien würden dich mehr respektieren.“ Lupold versuchte, Rother klar zu machen, dass er in seiner neuen Situation kaum weiter ledig bleiben dürfe. Diese Tradition war in unserem Kreis sehr wichtig, und ohne Ehefrau und Erbe könnte es auch für Rother gefährlich werden. Neid war allgegenwärtig, und jeder gierte nach der Macht über Teile der Geschäfte im Hafen von Bari.

Bald hatten sie Rother überzeugt, dass Miray, die Tochter von Konstantin, eine schöne Frau war. Ein Foto aus ihrem Internetprofil sagte einiges über ihr Aussehen aus. Rother ließ sich lenken und beauftragte meine Jungs, nach Istanbul zu fahren, sich als Botschafter für gute Beziehungen zwischen Konstantin und dem neuen Boss im Hafen von Bari vorzustellen.

Es schien alles perfekt zu sein, als ich mir diese Idee anhörte, daher stimmte ich dem zu. Aber in einem Punkt hatte ich mich geirrt: Konstantin war kein Diplomat.