Für meine Eltern
5. Auflage der Taschenbuchausgabe
© Umschlagabbildung: 3D Künstler der Mauer: Carlo; im Auftrag des Modifikationsprojektes Ages of Darkness 2 auf Basis des Computerspiels Rome – Total War. (Creative Assembly); Nutzung dieser Darstellung ist daher dem Autor sowie dem Künstler vorbehalten.
© Umschlaglayout und Gestaltung Marcel Frederik Schwarze
© Buchautor 2017 Marcel Frederik Schwarze
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ISBN: 9783746022932
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Alfred von Domaszewski
Theodor Mommsen
Otto Karl Seeck
Robert Grosse
den erfolgreichen Forschern auf
dem Gebiete der römischen Kaiserzeit
in Dankbarkeit gewidmet
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Die Betrachtung der Militärordnung des 6. nachchristlichen Jahrhunderts stieß in den letzten Jahren weithin auf großes Interesse. In diesem Zusammenhang sind auch die hervorragenden Dissertation und wissenschaftlichen Abhandlungen verschiedener Autoren zu nennen, zu denen ich mich noch ergänzend weiter unten äußern werde. Die in diesem Zusammenhang von mir erstellte Truppenliste1 eben jener Epoche wird noch in Kürze einer Revision unterzogen und eine Korrigenda beinhalten. Grundlegendes hat sich hier nicht geändert. Hier werden weitergehende Ergebnisse der Funde der sogenannten Legion zu Perge weiter ausgeführt, textuelle Beschreibungen sowie zusätzliche Erläuterungen zu den Würden des oströmischen Reiches Einzug erhalten – welche ja zuvor in Tabellenform weitgehend unkommentiert blieben. Wie im Vorwort des Rekonstruktionsversuches angegeben, galt das Augenmerk primär der Truppenliste - nicht aber der Militärordnung im Allgemeinen. Dieser Umstand führte zur Erstellung des nun hier vorliegenden Werkes. Im Vorwort meiner Truppenliste hatte ich die Gelegenheit genutzt, dem Leser die Qualität des römischen Soldaten des 6. Jahrhunderts zu erläutern. Konfrontationen des Römertums gegen sogenannte Barbaren zu Beginn des 5. Jahrhunderts führten in beiden Reichsteilen zu unterschiedlichen Reaktionen. Während durch den Wegfall verschiedener Provinzen im Westen, oder der sukzessiven Autonomie selbiger, auch die verfügbaren finanziellen Mittel einer deutlichen Reduktion unterlagen, wirkte sich dieser Umstand zwangsläufig auch auf die Armee aus.
Im westlichen Teil des Römerreiches stützte sich der große Oberbefehlshaber Flavius Aëtius weitgehend auf Foederaten und Auxilien, da es ihm nicht gelang den in Gallien einfallenden Hunnen (um 451 n. Chr.) mit mehr als 16.000 gentilen Römern oder Soldaten mit römischer Ausbildung zu begegnen. Wobei selbst schon diese Zahl sehr hoch gegriffen sein dürfte. Nennenswerte Truppenbewegungen aus dem verbliebenen Illyrischen Reichsteil sowie der Abmarsch sämtlicher Truppen aus Norditalien hätten die Entblößung ganzer Grenzabschnitte bedeutet und die Situation weiter verschärft. Im Fall des oströmischen Reiches ist hingegen eine andere Beobachtung auszumachen. Vielleicht ist es nicht übertrieben, wenn man von einer Emanzipation fremder Elemente innerhalb der Armee spricht. Eben dies bewahrte dem Lande eine stabile nationale Armee, woraufhin dieser Teil des Reiches auch nicht dem Schicksal Westroms folgte – obgleich hier weitere Faktoren eine gewichtige Rolle spielten und sich nicht nur auf das militärische Segment reduzieren lassen.2 Diese vielleicht auch ungeplante Entwicklung hatte in der Perzeption des Römerreiches eine nachhaltige Wirkung. Die Einbindung massiver Verbände fremder Truppen, sozusagen als fester Bestandteil der Armee, ist nicht vor der Schlacht am oder von Jarmuk 636 n. Chr. erkennbar - und auch darüber hinaus muss man mit solchen Schlussfolgerungen vorsichtig umgehen. Der Einsatz der Ghassaniden oder Mauren unter Justinian und seiner Nachfolger, also der socii bzw. foederatii, diente der Grenzsicherung, hatte aber nicht zur Aufgabe, unsere limitanei und comitatenses – also die regulären römischen Feld- und Grenztruppen - auf Dauer zu verstärken oder diese gar zu ersetzen. Aber auch ein wichtiger Historiker wie Robert Grosse kam leider am Ende nicht umhin, den römischen Soldaten des 6. Jahrhunderts zu schmähen – wenn auch an der einen oder anderen Stelle ein positiver Kommentar nicht ausblieb, leider immer nur in Bezug auf Stellen die er Procopius entnahm.3 Die Granden der Historiker jener Zeit, welche sich das Studium der spätrömischen Armee zu eigen machten, ließen auch nicht lange auf sich warten, um den richtigen Ansatz Grosses schnell wieder zu relativieren oder gar komplett als absurd zu deklassieren.4 Der Charakter der römischen Armee des 4. und 5. Jahrhunderts wurde seither in der historischen Aufbereitung vieler Historiker immer wieder revidiert – der des 6. Jahrhunderts leider weniger.5 Vermutungen von Delbrück und Mommsen, insbesondere zur Entwicklung der Kavallerie und der taktischen Ausrichtung selbiger, wurden eben lange Zeit nicht ausreichend hinterfragt. Vor allem die Entwicklung der angesprochenen Teile, also Infanterie sowie Kavallerie, wurden in Bezug auf das 6. Jahrhundert gern als frühmittelalterliche Kriegsführung beinahe herablassend evaluiert – um auch nicht in die unangenehme Situation zu kommen, eine Erklärung suchen zu müssen, wie sich innerhalb weniger Jahrzehnte die strategische Ausrichtung der römischen Schlachtlinie so massiv ändern konnte. Der typische Kavallerist des Procopius, sowie auch der einfache Infanterist, möchte man moderner wie älterer Literatur Glauben schenken, scheint gerade in jener Zeit einen klaren Bruch mit den römischen Traditionen vollzogen zu haben – was zum falschen Eindruck führt, hier eine Unterbrechung römischer Militärtradition anzutreffen. Wenn man die Ausarbeitung der στρατιώτης nun mit dem Strategicon beginnt, erkennt man auf Anhieb eine Fokussierung auf die Infanterie lediglich im Kapitel XII (insb. Teil B).6 Doch wie wir noch im Folgenden sehen werden, sagt dies zunächst nichts über den allgemeinen Charakter und Zustand der Armee des 6. Jahrhunderts aus - und schon gar nicht über die Qualität und Gewichtung des römischen Soldaten. Ethnogenese und Evaluierung unserer kommutativen Zeitspanne skizziert hier in diesem Buch konzise und anschaulich die Geschichte des spätantiken Militärwesens. Dabei ist der Versuch, inkongruente Sachverhalte aus dem Lateinischen sowie Griechischen ins Deutsche zu übersetzen durchaus eine große Herausforderung. Bei der Gegenüberstellung dieser Handschriften antiker Autoren wird man durchaus in die Lage versetzt, eine Synthese herzuleiten. Darüber hinaus tritt der fließende Prozess, der die verschiedenen Epochen miteinander verbindet deutlicher hervor und macht die stetige Veränderung des Reiches des ausgehenden 5. und 6. Jahrhunderts, nicht nur kulturell, sondern auch in militärischer Hinsicht, für uns greifbarer. Es ist dies der Übergang - die Transition - die hier dargestellt werden soll, angefangen von Kaiser Anastasius I. bis Flavius Heraclius, eine Zeitspanne von nicht weniger als 140 Jahren, eine Epoche der mutigen wie drastischen Reformen, nachhaltiger Konsolidierung eines strauchelnden oströmischen Reiches. Während des Dominats des Anastasius vollzog sich ein erster Schritt eines epochemachenden Übergangs des Imperium Romanum.7
Justinian, eigentlich Flavius Petrus Sabbatius Iustinianus, in einigen Quellen und Teilen der älteren Literatur auch Justinian der Große genannt, war von August 527 bis zu seinem Tod im November 565 römischer Kaiser und muss aufgrund dieser langen Regierungszeit ein zentrales Element in der Aufarbeitung darstellen. Justinian gilt im Allgemeinen als letzter römischer Kaiser, unter dem das Imperium noch einmal kurzfristig zu expansiver Kraft und vergangenem Glanz zurückgefunden hat. Diese Annahme ist aber unrichtig. Zum einen gab es im 6. sowie zu Beginn des 7. Jahrhunderts eine Reihe fähiger Kaiser, man denke nur an Mauricius oder später Flavius Heraclius, zum anderen waren die militärischen sowie fiskalischen Rahmenbedingungen für Justin und Justinianus nach der Herrschaft des Anastasius außerordentlich gut. Dennoch war Justinian freilich ein außerordentlicher Herrscher, was schon anhand seiner langen Herrschaft erkennbar wird. Wir sehen aber auch seine Eroberungskriege im ehemals römischen Westen, seine großangelegte Kodifizierung des römischen Rechts (Codex Iuris Civilis) sowie seine administrativen Reformen. Um das Zeitalter Justinians zu verstehen, ist es aber unablässig, diese lange Regierungszeit in drei Abschnitte zu unterteilen und assoziativ zu verbinden. Dies wäre der Beginn seiner Herrschaft, der Verlauf der Rückeroberungskriege gegen viele germanische Staaten auf ehemals römischem Boden, der sogenannten renovatii imperii, sowie die letzte Phase vor seinem Ableben, die von Naturkatastrophen, militärischen Rückschlägen und dem Auftreten der Pest geprägt war. Neue Bewertungen antiker Quellen lassen Brüche, Katastrophen und Niederlagen deutlicher hervortreten. Notwendig erscheint in dieser Hinsicht auch eine Regionalisierung des Römischen Reiches, vor allem in militärischer Hinsicht.
Aufwendig werden in diesem Buch die verschiedenen Verläufe von Rängen und Rangtiteln herausgearbeitet, viel wichtiger aber ist eine Evaluierung der unterschiedlichen Truppenkörper in den verschiedenen Provinzen, die leider in der historischen Aufarbeitung immer wieder abstraktiven Erklärungsversuchen erlagen und infolgedessen ebendiese Truppenkörper nicht selten zu sehr vermischt wurden. Dabei fallen papyrologisch, literarisch sowie epigraphisch verschiedene Ränge auf, die nicht immer ein einheitliches Bild ergeben. In der Perzeptibilität vieler Leser, aber auch Autoren bleibt häufig das Interesse, all diese Ränge und Truppenkörper zu vereinheitlichen. Dies ist grundsätzlich möglich, allerdings nur unter Hinzunahme und Betrachtung eines Militärhandbuches des Flavius Mauricius, welches um 590 n. Chr geschrieben wurde. Truppen, hier insbesondere die alten Legionen, konservierten weitgehend ihre alte hierarchische Rangordnung und ihre militärischen Termini in Bezug auf Flaggen, Symbolen, Rängen und dem allgemeinen strukturellen Truppenaufbau. Indessen lernen wir bei neuen Regimentern auch eine neue Rangordnung kennen. Die Frage, wie sich diese Einheiten auf dem Schlachtfeld gemeinsam begegneten, bewegten und wie sie miteinander kämpften, lässt sich nun besser nachvollziehen. So wird etwa der militärischen Entwicklung und der sich daraus ergebenden differenten Struktur stärkere Aufmerksamkeit geschenkt - Entwicklungen in Konstantinopel werden nicht mehr mit Selbstverständlichkeit auf das Gesamtreich übertragen. Es macht freilich einen Unterschied, ob wir über Grenztruppen aus dem Bereich der Donau sprechen oder über Limitanei in Nordafrika nach der Rückeroberung. Die Beiträge des Buches sollen ein neues Licht auf das militärische Umfeld jener oben beschriebenen Epoche werfen und die epochalen Schnittstellen zwischen ausgehender Antike, der Spätantike und dem frühen Mittelalter verdeutlichen, wobei die Einführung der Themenordnung nur bedingt Bestandteil meiner Ausarbeitung sein kann, da diese erst lange nach Kaiser Heraclius zu ihrer vollen Entfaltung kam und ebenfalls das Ergebnis einer langen Entwicklungsphase ist – von daher eher in die Mitte des 7. Jahrhunderts gehört, vermutlich aber noch später angesetzt werden muss.8 Und dennoch schildere ich umfangreich die Etablierung der ersten ständigen Winterquartiere, aus denen dann später die klassischen Themen hervorgehen sollten. In den verschiedenen Kapiteln wird ein Bild des strukturellen Übergangs gezeichnet, nicht zuletzt anhand der Legionen, angefangen von der Manipularordnung hin zur Kohortentaktik, von dort aus zur spätantiken Legion und dem numerus. Um auch hier ein besseres Verständnis zu erzeugen, werden all diese Schritte detailliert geschildert. In der Gesamtdarstellung erleben wir die Spätantike als eine große Umbruchepoche, allerdings gab es solche Umbrüche auch in vorherigen Jahrhunderten, was eine Gesamtbetrachtung des Zeitstrahls vorheriger Jahrhunderte unumgänglich macht. Dabei soll dieses Buch einen umfassenden Überblick über Militärgeschichte, Epitaphien, Epigraphik sowie literarische Überlieferungen des 6. nachchristlichen Jahrhunderts bieten, einschließlich wissenschaftlicher Kontroversen, archäologischer Funde und neuen Interpretationsansätzen verschiedener Aphorismen sowie aus dem Griechischen wie Lateinischen ins Deutsche übersetzte Militärhandbücher und Schriften.
Aus der umfangreichen Literatur und oben genannter Funde jener Zeit gelingt die Synthese und bildet die Basis neuer Ansätze zu diesem Thema sowie einen Einstiegspunkt für die weitere Erforschung. Die dabei berücksichtigten Quellen wissenschaftlicher Ausarbeitungen sind primär das oben angesprochene Strategicon des Mauricius sowie die Epitedeuma des Urbikios. Das Werk des Syrianus Magister – also das des anonymen Byzantiners – hat sich in den letzten Jahren als ein Werk herausgestellt, welches nach gründlicher Analyse wohl dem 9. Jahrhundert entstammt.9 Tatsächlich könnte man zunächst auch bei dem Strategicon des Mauricius an ein späteres Jahrhundert denken, wirken einige Angaben auf den ersten Blick doch wenig römisch, und nur zu gern würde man den Byzantinern diese Militärordnung komplett zuschreiben. Bei näherer Betrachtung und einer damit einhergehenden intensiven Analyse dieses Militärwesens lässt selbiges jedoch in einem anderen Licht erscheinen. Vieles von dem, was im Strategicon beschrieben wird, scheint tatsächlich aus früheren Epochen zu stammen. Die Anordnung der Contubernien, also der Zelt- und Stubengemeinschaften, könnte so oder so ähnlich bereits unter Octavius Caesar oder Arrianus bestanden haben - möglicherweise noch viel früher. Die Sorgfalt welche im 6. Jahrhundert auch auf Bewaffnung und Ausrüstung gelegt wurde, muss den Vergleich mit der römischen Vergangenheit nicht scheuen, denn die Kavallerie ist mitunter nach Sichtung der verfügbaren Quellen vermutlich die am besten organisierte Reiterei in der gesamten römischen Geschichte. Wie bereits in meiner Truppenliste dargelegt und hier intensiver erforscht, scheinen auch innerhalb der Infanterie komplexe Manöver und Sonderformationen wie die des Fulcum eher die gängige Praxis als Ausnahme gewesen zu sein.
Zum Schluss möchte ich noch auf eine wichtige Studienreise nach Ravenna hinweisen, die erst 2015 und jüngst 2017 erfolgte. Ravenna war eine der wichtigsten Städte innerhalb der spätantiken Geschichte Europas. Zwischen 400 und 751 n. Chr. war es die Residenz der weströmischen Kaiser, später der gotischen Könige und byzantinischen Gouverneure Italiens, während die Bischöfe und Erzbischöfe an zweiter Stelle nach den Päpsten rangierten. Während dieser 350 Jahre wurde die Stadt schrittweise vergrößert und durch bemerkenswerte Kunstwerke sowie um eine einzigartige Architektur bereichert - und noch heute ist vieles von dem alten Glanz zu bewundern. Ravenna und seine Denkmäler sind von entscheidender Bedeutung für Historiker und Kunsthistoriker der ausgehenden Antike, bietet aber auch für den Militärhistoriker unschätzbare Hinweise. In Ravenna sah ich zuvor erarbeitete Ansätze meinerseits noch einmal bestätigt. Dabei lag der Schwerpunkt zuletzt auf dem im Erzbischöflichen Museum Ravenna ausgestellten Thron des Bischofs Maximianus, der sogenannten Maximianskathedra. Der Bischof, ein Zeitgenosse Kaiser Justinians, verzierte in aufwendigen und auffälligen Elfenbeinschnitzereien den Thron unter Berücksichtigung einer nach heutigen Erkenntnissen realitätsnahen Darstellung von Soldaten, Offizieren und Beamten des Reiches. Diese überaus kunstvollen Darstellungen und Verzierungen sowie die phantastischen Mosaike in der Kirche San Vitale vermochten noch einmal einen weiteren Eindruck des römischen Soldaten vermitteln – der zu diesem Zeitpunkt häufig Griechisch sprach, dessen Militär- und Befehlssprache innerhalb seines Regiments aber noch Lateinisch war. Somit ist jener Soldat ein Spiegel dieser Epoche. Er ist fest verankert in der römischen Welt und Zeuge einer sich verändernden Zeit - eine Ära, die noch einmal beweisen konnte, dass das Reich der Römer im Westen nicht unterging, sondern im Rahmen eines Transformationsprozesses noch einmal an den Glanz vorheriger Epochen anzuknüpfen vermochte.
Pfungstadt, im August 2017
Marcel Frederik Schwarze.
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1 Schwarze, Römische Militärgeschichte: Rekonstruktionsversuch (2015)
2 Bereits 1920 von Robert Grosse erkannt, Römische Militärgeschichte (1920), S.277 unten
3 Ebd. Römische Militärgeschichte (1920), S.279 oben und Anm. 2
4 Ganz besonders hier Hans Delbrück, der in ungewohnt scharfer Weise die Argumente von Robert Grosse abstößt. Siehe Historische Zeitschrift, Bd. 124, (1921), S.280-285; vor allem S.284 oben in Bezug auf die Erhaltung einer nationalen Armee: „Ist es nötig eine solche Phantasie zu widerlegen?“, begründet aber nur unzulänglich, warum er zu diesem Urteil kommt. Papyri, vor allem die aus Ägypten, zeigen doch ganz eindeutig eine weitgehende Besetzung der numeri von Soldaten mit graeco-römischen Namen innerhalb der Truppenlisten.
5 Ausnahmen sind hier eher in der jüngeren englischsprachigen Literatur zu finden wie Haldon oder Rance, zu denen ich im Einzelnen noch kommen werde.
6 U.a. Gamillscheg & Dennis, Das Strategikon des Maurikios (1981); aber auch die neue Übersetzung hier auf S. 533.
7 Meier, Anastasios I. Die Entstehung des Byzantinischen Reiches (2010)
8 U.a. Altheim & Stiehl, Finanzgeschichte der Spätantike (1957)
9 Cosentino, Syrianos’ Strategikon (2000); Rance, The date of the military compendium of Syrianus Magister (2007)
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S.→ Ioannes Scylitzes, Synopsis Historion - Madrid Skylitzes, Biblioteca Nacional de España in Madrid, MS Graecus Vitr. 26-2 Michael I. Rhangabes (770 - † Januar 844) wird vom Patriarchen zum Kaiser gekrönt. fol. 10v
S.→ Abb. Politische Karte um 500 n. Chr. © Autor
S.→ Abb. Die Manipularlegion bestehend aus den 3 Treffen (acie triplex) © Autor
S.→ Zeichnung von Stelen und Grabsteinen R. G. Collingwood 1923, 1928 u. 1940
S.→ Abb. Die Kohortenlegion bestehend aus den drei Treffen © Autor
S.→ Abb. Schlachtaufstellung einer tagma gemäß dem Strategicon. © Autor
S.→ Abb. Die mobile Reserve Roms nach Kennedy nahe der Hauptstadt
S.→ Abb. Die Stadt Konstantinopel um 600 n. Chr. © Auto
S.→ Vereinfachte grafische 3D Rekonstruktionen zum grundsätzlichen Aufbau der Mauern Konstantinopels. Künstler: Carlo; im Auftrag des Modifikationsprojektes Ages of Darkness 2 auf Basis des Computerspiels Rome – Total War. (Creative Assembly); daher gehören alle Grafiken © dem Autor sowie dem Künstler
S.→ Rekonstruktion einer Dromone mit zwei Masten und Lateinersegel um 520-530 n. Chr; Entwicklung und Grafik © Autor
S.→ Abb. Verloren gegangenes Graffito eines einreihigen Kriegsschiffes mit Lateiner-Takelung aus Malaga im Museo Naval Madrid, 6. Jh.
S.→ Division der foederati nach dem Strategicon. © Autor
S.→ Pyxis mit Szenen des Martyriums des heiligen Menas; Oströmisch / Byzantinisch, 6. Jh. British Museum, Inv.Nr. 1879, 1220.1
S.→ Abb. Ilias Ambrosiana, Cod. F. 205 P. inf. Bibliothecae Ambrosianae Mediolanensi XXIV - Hector begegnet Hekabe und Laodice
S.→ Mosaik des Kirchenschiffes Santa Maria Maggiore, 431 n. Chr., Rom. D16. Darstellung des israelischen Angriffs auf Ai. Josua 8:21.
S.→ Kavallerie bandum nach dem Strategicon des Mauricius. Grafik © Autor
S.→ Psalterium Aureum Sancti Galli, spätes 9. Jh., Stift-Bib. 22, Kloster Sankt Gallen. Die Minatur zeigt die biblische Szene des Feldzuges des Joab (Psalm 59), fol. 140.
S.→ Ioannes Scylitzes, Synopsis Historion - Madrid Skylitzes, Biblioteca Nacional de España in Madrid, MS Graecus Vitr. 26-2 Schlacht zwischen Oströmern und Arabern. fol. 73v
S.→ Josua-Rolle, 10 Jh. Biblioteca Apostolica Vaticana, Cod. Vat. Palat. gr. 431 Standartenträger mit einem bandum bzw. der flammula Szene X(v)
S.→ Aufstellung der Legion von Perge nach Centurien und Turmen © Autor
S.→ Mannschaftsbestand der Einheit von Perge
S.→ Auflistung der peudocomitatensischen Einheiten
S.→ Karte zur Etablierung der ersten Themengebiete
S.→ Grundrisse verschiedener castra © Autor
S.→ Römisch-byzantinisches Lager nach dem Strategicon. © Autor
S.→ Schematische Darstellung von Graben und Wall eines Lagers © Autor
S.→ Detail aus dem Teppich von Bayeux, Szene 52: Die Schlacht bei Hastings im Oktober 1066. Im Kampfgetümmel, fallen u. a. Haralds Brüder Gyrd und Leofwin.
S.→ Helmrekonstruktionen: Morfeasnikos und Mylae im Auftrag des Modifikationsprojektes Ages of Darkness 2 auf Basis des Computerspiels Rome – Total War. (Creative Assembly); alle Grafiken © Autor & Künstler
S.→ Vergleich des Soldes zwischen Legionen und Auxilien
S.→ Tabelle zur Entwicklung des Soldes
S.→ Liste zur annonae innerhalb der Legion von Perge
S.→ Tabelle zum besoldeten sowie ernannten Rang © Autor
S.→, 477, 485, 492 Auszug aus dem Strategicon, Buch XII. Scheffer, Johannes. Arriani Tactica & Mauricii Artis Militaris Libri Duodecim, 1664
S.→ Abb. Das Folium mit der Skizze eines Lagers des Strategicons © Autor
S.→ Handschriften des Strategicons
S.→ Tabelle zum Inhalt der Handschriften
S.→ Die Organisation des Heeres nach dem Strategicon
S.→ u. → Lateinische Befehle des Strategicons
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Byzantinische Griechen oder Byzantiner gelten gelegentlich als mittelalterliche Griechen im allgemeinen - gehörten aber tatsächlich der civitas popularis - also der römischen Volksgemeinschaft als Bürger an. Die Gebiete des östlichen Imperium Romanorum, dem Βασιλεία τῶν Ῥωμαίων oder auch der Ῥωμαικὴ Αὐτοκρατορία, fokussierten sich grundsätzlich auf die Hauptstadt Konstantinopel, den südlichen Balkanraum, sämtliche griechische Inseln, Kleinasien, Zypern, die großen urbanen Zentren der Levante sowie Nordägypten. Während der gesamten Antike, der Spätantike sowie des Mittelalters bis hin zum Fall der großen Hauptstadt im 15. Jahrhundert, identifizierten sich seine Bewohner und dessen Eliten als Rhōmaîoi (Griechisch: Ῥωμαῖοι, also Römer). Die Geschichtsschreibung benennt diese aber fast ausschließlich als Byzantiner oder byzantinische Griechen - obgleich neue Werke und Ausarbeitungen dieses Bild weitgehend revidieren oder in seiner Tiefe objektiver betrachten. Die Termini Byzanz sowie byzantinische Griechen wurden zum ersten Mal 1557 von Hieronymus Wolf (1516-1580) inventiert - ein Humanist der nach einem Begriff suchte um die Phasen zwischen klassischer lateinischer Antike mit der des griechischen Ostreiches zu unterscheiden. Spätestens aber mit George Finlay waren diese Ausdrücke fester Bestandteil der Gesamtbetrachtung der oströmischen Geschichte der Spätantike und des Mittelalters.10 Die soziale Struktur der Römer im Osten wurde in erster Linie von einer ländlichen, agrarischen Basis getragen. Bauern lebten innerhalb von drei Siedlungsarten. Zum einen das χωρίον, einem Landgut, dem αγριδιων einem Weiler oder einem kleinen Dorf und endlich dem προαστειον, einem größeren Anwesen oder einer kleinen Stadt. Es war dies die Bevölkerungsschicht, aus der sich der Großteil der Soldaten rekrutieren ließ. Dies blieb grundsätzlich unverändert zwischen der spätantiken Phase des Reiches bis hin zum Zusammenbruch der Themenordnung. Bis weit ins 12. Jahrhundert hinein blieben dem Reich bildungsvermittelnde Institutionen erhalten und konnten seiner Bevölkerung, gemessen an anderen Nationen, ein hohes Niveau schulischer Ausbildung in der Primarstufe anbieten. Aufgrund dieser Strukturen blieb die Alphabetisierungsrate über viele Jahrhunderte recht stabil.11 Einen wichtigen Teil seines Erfolges in dieser Epoche verdankte das Römerreich seinen Kaufleuten, die eine sehr starke Position und eine hohe Reputation im internationalen Handel genossen. Trotz der Herausforderungen durch rivalisierende italienische Kaufleute - insbesondere aus Venedig oder Genua, konnte das Reich prinzipiell seine kaufmännische Leistung bis zu seinem Untergang bewahren. Der Klerus nahm einen sehr gewichtigen und besonderen Platz in der Gesellschaft ein. Durch das Patriarchat Konstantinopels konnte innerhalb der christlichen Welt eine wichtige und geschätzte Instanz neben dem Papst deutlichen Einfluss auf die Provinzen ausüben. Das Griechische war die vorherrschende Sprache unter der Bevölkerung und im Verlaufe des späten sechsten sowie im 7. Jahrhundert ersetzte es auch Latein, letzteres war bis dahin noch immer in der Verwaltung als Amtssprache dominierend – es gibt hingegen reichliche Indizien für die Kontinuität des Lateinischen in der Heeressprache weit über diesen Zeitpunkt hinaus.
Durch den späteren Verlust der westlichen Provinzen wie Spania und Africa, aber auch das Wegbrechen vieler Regionen in Italien veränderte sich der alte multiethnische Charakter des Reiches bezüglich seiner gesprochenen Sprachen. Von nun an sollte Griechisch deutlicher in den Mittelpunkt rücken. Am Ende war es auch die Sprache, welche den alten lateinischen Westen vom Osten des Reiches trennte - obgleich es ja der Osten war, der ohne Zweifel nicht nur Rom symbolisierte und sich als Rechtsnachfolger präsentierte, sondern staatsrechtlich, also de jure, das Römische Reich selbst war. Nachhaltige Schädigung der Beziehungen zwischen Ost und West gab es nicht zuletzt aufgrund der Differenzen zwischen dem katholischen Westen und dem orthodoxen Osten. Diese Entwicklung gipfelte in Rom im Jahre 800 n. Chr. in dem aus byzantinischer Sicht absurden Vorgang der Krönung Karls des Großen (regierte als König der Franken 768-814) zum Kaiser der Römer. Die Meinungsverschiedenheiten mit Byzanz wurden 812 im Vertrag von Aachen formal dadurch beigelegt, dass sich Karl als "Imperator" ohne weiteren Zusatz bezeichnen durfte.12
Konstantinos XI. Palaiologos (Κωνσταντῖνος Δραγάσης Παλαιολόγος) war von 1448 bis 1453 der letzte römische Kaiser und starb bei dem Versuch die Hauptstadt Konstantinopel zu verteidigen. Glaubwürdigen Erzählungen nach wurde der Kaiser heroisch kämpfend an den Toren der Hauptstadt gesehen, sein Leichnam jedoch nie gefunden.
Terminologie.
Bis Anfang des 7. Jahrhunderts, als sich das Reich noch über große Gebiete erstreckte, mitsamt seiner vielen Völker, implizierte der Terminus "römisch" die Staatsbürgerschaft und damit die Zugehörigkeit zum Reich - nicht aber eine Form der Abstammung. Verschiedene Ethnien konnten ihre eigenen Ethnonyme oder Toponyme anwenden um die Staatsbürgerschaft von genealogischen Faktoren differenzieren zu können. Der Historiker Procopius bevorzugt es, an einigen Stellen die Byzantiner als hellenisierte Römer zu bezeichnen. Allerdings schrieb er in einer sehr puristischen Weise im 6. nachchristlichen Jahrhundert, was bedeutet, dass man seine Aussage an der Stelle nicht zu sehr überbewerten sollte.13 In vielen weiteren Fällen bleibt er beim Terminus Ῥωμαῖοι, ohne Hinzufügung einer weiteren Attribuierung.
Römer (Ῥωμαῖοι; Sing. Ῥωμαῖoς) und Romio (Ρωμιοί; Sing. Ρωμιός) sind die Namen unter denen die Römer bis zum Untergang des Byzantinischen Reiches bekannt waren, darüber hinaus auch während der osmanischen Herrschaft. Der Name bezeichnete in der klassischen Antike lediglich die Bewohner der Stadt Rom. Dadurch, dass aber die Bürgerschaft bereits recht früh an latinische Bundesgenossen vergeben wurde, und kurz später beinahe die gesamte Bevölkerung der italischen Halbinsel umfasste, verlor diese die enge Bindung an die Hauptstadt. Später wurde die Bürgerschaft auch an Bündnispartner in anderen europäischen Regionen vergeben, somit konnte man die Bürgerschaft noch nicht einmal mehr nur auf den latinischen Teil Italiens reduzieren. Dieser Prozess gipfelte 212 n. Chr. in der Constitutio Antoniniana des Kaisers Caracalla,14 der die Staatsbürgerschaft auf alle frei geborenen Männer des Reiches ausweitete. Somit dürfen wir hier zu zweierlei Schlussfolgerungen gelangen. Während im Westen der Begriff "römisch" eine neue Bedeutung im Zusammenhang mit der katholischen Kirche und seinem Bischof von Rom errang, blieb die griechische Form Ῥωμαῖοι mit dem Oströmischen Reich konstitutionell und de jure verbunden.
Das Römische Reich wurde nach den Punischen Kriegen zu einem Vielvölkerstaat, der den Mittelmeerraum beherrschte. Dabei trafen die Römer auf sehr unterschiedliche Kulturen. In allen eroberten Gebieten wurde jedoch stets ihre Lateinische Sprache zur Amtssprache erhoben. Bevor sich Rom den östlichen Teil des Mittelmeeres und seiner umgebenen Staaten und Königreiche bemächtigte, gab es eine Vielzahl verschiedener Sprachen - wobei aber aufgrund der fortgeschrittenen Hellenisierung Griechisch in jedem Fall in seiner Importanz die wohl wichtigste Sprache war, die auch innerhalb der Mittelmeervölker die größte Akzeptanz erfuhr. Die Staaten, die sich aus dem großen Reiche Alexanders des Großen gründeten, waren die griechischen Diadochenstaaten. Daran änderte sich grundsätzlich auch nichts nach der Eroberung des Ostens durch das klassische Reich der Römer. Dies förderte in einem langen Prozess einen Lateinisch-griechischen Bilingualismus. Die alltägliche Durchdringung beider Sprachen im Alltag wird durch zweisprachige Inschriften bezeugt, die nicht selten in demselben Text zwischen Griechisch und Latein hin und her wechseln. Das Epitaphium eines griechisch sprechenden Soldaten wurde häufig auf Griechisch verfasst, wobei sein Rang und die Einheit in der er diente in lateinischer Sprache Ausdruck fanden.15 Der Grund die verschiedenen Sprachen hier in diesem militärgeschichtlichen Werk zu erörtern und gegenüberzustellen, richtet sich eben nach der im Strategicon des Mauricius erneuten Aufforderung, auf dem Schlachtfeld nur lateinische Befehle auszugeben. Der Grund wird hier deutlich, wenn man sich die Divergenz der verschiedenen gesprochen Sprachen und gelebten Kulturen innerhalb des Römischen Reiches verdeutlicht. Latein sollte allein aus traditioneller Sicht der gemeinsame Nenner und die militärische Klammer des gesamten Reiches bleiben. Unabhängig davon, wo ein Regiment ausgehoben wurde und welche Alltagssprache in dieser Einheit gesprochen wurde, sollte Latein das verbindende Element sein, mit dessen Hilfe die verschiedenen Soldaten auf dem Schlachtfeld kommunizieren konnten. Latein als Sprache der Kirche und Amtssprache wurde ebenfalls als für sehr wichtig erachtet. Im östlichen Reich wurden Gesetze und offizielle Dokumente regelmäßig aus dem Lateinischen ins Griechische übersetzt.16
Latein.
Gerade in der Spätantike drangen auch mehrere lateinische Wörter in den Wortschatz des Griechischen, der Verkehrssprache Ostroms, ein. Im östlichen Mittelmeerraum hingegen war Latein zwar die Sprache in Militär und Verwaltung, es konnte das Griechische als lingua franca allerdings niemals verdrängen. Während der Spätantike und der Völkerwanderung verfielen schrittweise der lateinische Grammatikunterricht und damit der Gebrauch der lateinischen Schriftsprache. Als letzter bedeutender lateinischer Poet des Altertums gilt Gorippus (um 550).17 Auch Gregor der Große predigte um 600 noch in klassischem Latein. In der Folgezeit aber vergrößerte sich im Bereich des einstigen Weströmischen Reiches die Kluft zwischen der Umgangssprache und Hochlatein so erheblich, dass sich schließlich aus den lokalen Dialekten eigene Volkssprachen entwickelten. Im Oströmischen Reich, wo man in Verwaltung und Armee noch im 6. Jahrhundert Latein gesprochen hatte, geriet es im frühen 7. Jahrhundert sukzessive außer Gebrauch und wurde endlich durch das Griechische ersetzt – ein Prozess der vermutlich bis zum Beginn des 8. Jahrhunderts als abgeschlossen gewertet werden dürfte. Mit Vulgärlatein wird das gesprochene Latein im Unterschied zum literarischen Latein bezeichnet. Diese Sprachform blieb in unserer Zeit eine Minderheitensprache im Reich, gesprochen hauptsächlich entlang der dalmatinischen Küste und unter den heute rumänischen Völkern. Ab Mitte des 6. Jahrhunderts brachen die administrativen, sozialen und kulturellen Strukturen, die die Wichtigkeit und das Alleinstellungsmerkmal des Lateinischen in anderen Bereichen aufrechterhalten hatten, endgültig zusammen, was das Interesse am Erwerb funktioneller lateinischer Sprachkenntnisse ebenfalls deutlich reduzierte. In der oströmischen Armee wird jedoch eine andere Entwicklung ersichtlich. Durch die Rekrutierung militärischen Personals aus sprachlich verschiedenartigen Regionen, aber auch aus Gründen des tief empfundenen Konservatismus und Tradition, überlebte Latein als Heeressprache bis mindestens 630 n. Chr. und darüber hinaus.18 Bis etwa 600 gab es in der Stadt Konstantinopel noch zahlreiche Einwohner die mit Latein als Muttersprache aufwuchsen, wie unter anderem durch Inschriften aus der Hauptstadt und Thrakien sowie der unteren Donau bezeugt wird.19 Sicher ist auch, dass es in Italien unserer Zeit noch eine gesprochene lebendige Sprache darstellte, nicht zuletzt auch durch eine Reihe von Inschriften bezeugt, die auf Lateinisch sowie Griechisch verfasst wurden.20
Griechisch.
Mit Etablierung des römischen Kaiserhofs in Konstantinopel zwischen den Jahren 324 und 330 wurde das politische Zentrum des Römischen Reiches in ein Gebiet verlegt, in dem Griechisch die dominierende Sprache war. Abgesehen von dem kaiserlichen Hof, der Verwaltung und dem Militär, war die primär verwendete Sprache in den östlichen römischen Gebieten das Griechische - dies bereits lange vor dem Niedergang des westlichen Reiches. Integrative politische Vorgänge sowie die Entwicklung der öffentlichen Infrastruktur, erleichterten die weitere Verbreitung und Verankerung der griechischen Sprache im Osten. Schon in der frühchristlichen Ära war Griechisch die gemeinsame Sprache der Kirche, die Sprache der Gelehrten sowie der Künste. Griechisch war lingua franca für den Handel zwischen den Provinzen, aber auch Verkehrssprache mit anderen Nationen. Seit Beginn des 6. Jahrhunderts wurden Änderungen verschiedener Gesetze meist in griechischer Sprache verfasst. Teile des römischen Corpus Iuris Civilis des großen Justinians wurden allmählich ins Griechische übersetzt. Trotz des Fehlens verlässlicher demografischer Zahlen wird geschätzt, dass weniger als ein Drittel der Einwohner des östlichen Römischen Reiches,21 rund acht Millionen Menschen, Muttersprachler des Griechischen waren. Die Zahl derer, die sich auf Griechisch bzw. Mittelgriechisch verständigen konnten, in dem Fall Griechisch als Zweitsprache beherrschten, lag jedoch wesentlich höher. Die Zentren in denen Menschen Mittelgriechisch als Muttersprache erlernten waren die südliche Balkanhalbinsel, südlich der Jireček-Linie aber auch Kleinasien, letzteres der bevölkerungsreichste Teil des Reiches. Alle Städte des östlichen Römischen Reiches waren zu allen Zeiten stark von der griechischen Sprache beeinflusst. Zwischen 603 und 619 n. Chr. wurden die südlichen und östlichen Teile des Reiches von den persischen Sasaniden besetzt, konnten aber in den Jahren 622 bis 628 wieder zurückerobert werden. Doch schon wenige Jahre später wurden diese Gebiete von den Arabern endgültig besetzt. Im siebten und 8. Jahrhundert wurde Griechisch durch das Arabische als Amtssprache in den eroberten Gebieten ersetzt.
Koptisch.
Die koptische Sprache gilt als die letzte der ägyptischen Sprachen, eine nördliche afroasiatische Sprache, die in Ägypten bis mindestens ins 17. Jahrhundert gesprochen wurde. Der koptischen Sprache liegt das koptische Alphabet zugrunde, im Prinzip eine Adaptation des griechischen Alphabets mit dem Zusatz von sechs bis sieben Zeichen aus dem demotischen um weitere ägyptische Laute phonologisch darstellen zu können, Töne die es im Griechischen nicht gab. Die ägyptische Sprache selbst gilt als die längste dokumentierte Sprache der Geschichte, dessen Ursprünge vom Altägyptischen vor 3200 v. Chr. nachweisbar sind, und die erst im Mittelalter erlosch. Die frühesten Versuche die ägyptische Sprache mit dem griechischen Alphabet zu schreiben, werden durch griechische Transkriptionen ägyptischer Eigennamen belegt, von denen die meisten der ptolemäischen Zeit angehören - eine Zeit die gelegentlich als vorkoptisch bezeichnet wird. Es gilt weitgehend als erwiesen, dass die demotischen Schriftgelehrten in der späten pharaonischen Zeit regelmäßig eine phonetische Orthographie verwendeten, ein Beweis für den zunehmenden kulturellen Kontakt zwischen Ägyptern und Griechen, dies noch vor der Eroberung Ägyptens durch Alexander dem Großen. Die Wurzeln des koptischen lassen im ersten nachchristlichen Jahrhundert deutlich erkennen. Der Übergang von den älteren ägyptischen Schriften zum neu adaptierten koptischen Alphabet war zum Teil auf den Niedergang der traditionellen priesterlichen Kaste der altägyptischen Religion zurückzuführen. Altkoptisch wird vor allem durch nichtchristliche Texte wie ägyptische, heidnische Gebete bezeugt, dies vor allem auch in Papyri die der Magie und Astrologie gewidmet sind. Viele von ihnen dienten als Glossen zu originalen hieratischen und demotischen Äquivalenten. Unter spätrömischer Herrschaft verfolgte Diokletian viele ägyptische Konvertiten die dem neuen christlichen Glauben anhingen. Dies zwang viele dieser Konvertiten in die ägyptischen Wüsten zu entfliehen. Im Laufe der Zeit nahmen diese im Exil lebenden Gemeinschaften zu und wuchsen zu einer beachtlichen Größe. Dies erzeugte die Notwendigkeit, christliche griechische Anweisungen in der ägyptischen Sprache zu schreiben. Die frühen Kirchenväter Ägyptens wie Antonius der Große, Pachomios der Ältere, Makarios der Ägypter und Athanasius von Alexandria, verfassten grundsätzlich ihre Texte auf Griechisch, während andere Gruppen, insbesondere ägyptische Mönche, ihre Schriften in ägyptischer Sprache niederschreiben. Die ägyptische Sprache, die nun auf dem koptischen Alphabet beruhte, blühte im zweiten und 3. Jahrhundert n. Chr. auf und wurde erst nach der Eroberung Ägyptens durch die Araber sukzessive zurückgeführt.
Thrakisch, Illyrisch.
Die Sprache war noch bis zum 6. Jahrhundert n. Chr. in Gebrauch. Nach Aussage des Antoninus von Piacenza, gab es 570 n. Chr. in den Tälern des Berges Sinai ein Kloster, in dem die Mönche Griechisch, Latein, Syrisch, Ägyptisch und Bessianisch sprachen. Der Ursprung der Klöster wird in einer mittelalterlichen Hagiographie von Symeon dem Metaphrast in der Vita Sancti Theodosii Coenobiarchae beschrieben. Hier erklärt er, dass der heilige Theodosius am Ufer des Toten Meers ein Kloster mit vier Kirchen gründete, in dem je eine andere Sprache gesprochen wurde, unter anderem wird hier Besserianisch oder Besserisch genannt. Dazu passt auch eine Stelle im Codex Laurentius zur Errichtung der vier εκκλησιας des Theodosius.22 Der Ort, an dem die Klöster gegründet wurden, hieß Cutila, ebenfalls ein thrakischer Name. Die Bessi waren eine der bekanntesten thrakischen Stämme. Das weitere Schicksal der thrakischen Sprache gilt als weitgehend ungeklärt.23 Die Βέσσοι selbst waren ein unabhängiger thrakischer Stamm, der in einem Gebiet lebte, das von Moesien bis Rhodopen im südlichen Thrakien reichte. Darüber hinaus gilt dies für das Gebiet des Gebirges um Haemus,24 das Moesien von Thrakien und vom Rhodopen bis zum nördlichen Teil des Hebrus trennt. Ab dem 6. Jahrhundert verdrängten mit der Landnahme der Slawen auf dem Balkan verschiedene südslawische Sprachen die klassischen Sprachen aus weiten Teilen des Balkans.
Georgisch.
Georgisch teilt eine gemeinsame Ahnensprache mit Svan und Mingrelian und findet seine Ursprünge im kaukasischen Iberia. Die frühesten Hinweise auf gesprochenes Georgisch finden sich beim römischen Grammatiker Marcus Cornelius Fronto im 2. Jahrhundert n. Chr. Fronto stellt die Iberer vor, die den Kaiser Marcus Aurelius in ihrer "unverständlichen Zunge" ansprechen.25 Die Entwicklung des Georgischen in eine Schriftsprache war eine Konsequenz der in der Mitte des 4. Jahrhunderts erfolgten Konvertierung der georgischen Elite zum Christentum. Die neue literarische Sprache wurde auf einer bereits etablierten kulturellen Infrastruktur aufgebaut, die die Funktionen, Konventionen und den Status der aramäischen Sprache, der literarischen Sprache des heidnischen Georgiens und der neuen nationalen Religio - dem Christentum - annahm.26 Die ersten georgischen Texte sind Inschriften und Palimpsesten aus dem 5. Jahrhundert.
Persisch.
Pergamenturkunden aus Dura Europos aus der persischen Besatzungszeit im 3. Jahrhundert sowie Papyri aus Ägypten aus der erneuten Besatzungszeit zu Beginn des 7. Jahrhunderts und nachsasanidische Ostraka aus dem Iran zeugen von der mittelpersischen Sprache. Sehr vereinzelt finden sich an den Rändern des Imperiums auch in unserer Zeit Spuren persischer Sprache innerhalb des Römerreiches, die eine gewisse Bedeutung bezeugen.
Syrisch.
Syrisch, auch bekannt als Syrisch-Aramäisch, ist ein Dialekt des mittleren Aramäischen, der einst auf den weiten fruchtbaren Ebenen sowie in Ostarabien gesprochen wurde.27 Nachdem die Sprache im frühen 1. Jahrhundert in Edessa auftaucht, wurde das klassische Syrische vom vierten bis zum 8. Jahrhundert eine bedeutende literarische Sprache im gesamten Nahen Osten.28 Ab dem 7. Jahrhundert wandte sich Syrien nach und nach dem Arabischen zu, insbesondere nach der Eroberung dieser Region durch die arabischen Muslime. Mit Einsetzen des Mongolensturms im 13. Jahrhundert beginnt die Phase des Neusyrischen.
Als Konstantin der Große (306-337 n. Chr.) das Reich regierte, waren knapp 10 Prozent der Bevölkerung des Römischen Reiches Christen, die meisten von ihnen gehörten der städtischen Bevölkerung an und lebten zu einem erheblichen Teil im Osten des Reiches. Die Mehrheit der Menschen ehrte noch die alten römischen Götter.29 Als sich das Christentum zu einem vollständigen philosophischen System entwickelte, dessen Theorie und Apologetik der klassischen Lehre30 anhing, ändert sich dies rasch. Darüber hinaus war Konstantin der Große als Pontifex Maximus verantwortlich für die Einhaltung des cultus und veneratio der Gottheit, dies in Übereinstimmung mit der römischen alteinhergehenden Praxis31 – also der Ehrung der alten Götter. Wie heute durch Mosaike oder der Bautätigkeit jener Jahre ersichtlich, war der Umstieg auf die neue Religion ein langsamer Prozess und führte nicht per se zum Bruch mit der Vergangenheit. Eine Entwicklung die über weite Strecken eine gewisse Kontinuität mit der Vergangenheit an den Tag legte. Richtig ist aber auch, dass regionalbedingt Tempel zu Kirchen umgebaut, und damit das künstlerische Erbe des Heidentums an einigen Stellen zerstört wurde.32 Die innige Verbindung zwischen Kirche und Staat gilt als ein Erbe des römischen cultus. Die Bildung einer Dichotomie zwischen den christlichen Idealen der Bibel und der klassischen griechischen παιδεία33 stand dabei stets im Mittelpunkt. Zum Ende des 4. Jahrhunderts gehörten der neuen Religion nach Schätzungen die Hälfte der römischen Bevölkerung an - und Ende des 5. Jahrhunderts stieg dieser Wert auf ungefähr 90 Prozent. Kaiser 34