Heinrich Bedford-Strohm

Alles ändert sich

Die Welt im Licht von Weihnachten

Patmos Verlag

Einladung

Alles ändert sich. Ein Satz, der sich je unterschiedlich anhört, je nachdem in welcher Lebenssituation man ist. Geht es einem hervorragend, so ist der Wunsch nach Veränderung meist gering. In einer Krise dagegen ist die Hoffnung groß, dass sich etwas ändert – zum Besseren hin.

Alles ändert sich. Die Zeit vor Weihnachten kündigt eine große Veränderung für alle Menschen an, egal in welcher Lebenssituation. An Weihnachten geschieht etwas, das den Einzelnen anrührt und die Welt in Bewegung bringt: Gott zeigt sich im Menschen.

Mit wunderbaren Bildern illustriert die Bibel, wie die Menschen sich auf diese Wirklichkeit von Weihnachten vorbereiten können. Viele davon sind vertraut: Das Licht scheint in der Dunkelheit. Macht hoch die Tür! Der König kommt zu dir. Wacht auf! Seid bereit, Gott zu empfangen.

Was bedeuten diese Bilder für unser Leben? Mit welcher Wahrheit sind sie für die je eigene Lebensgeschichte gefüllt, in schönen, wie in schweren Zeiten? Wie kann diese Wahrheit in meiner Beziehung zu Gott Wirkkraft entfalten?

Das Buch, das Sie vor sich haben, geht zurück auf Predigten, die ich in den letzten Jahren als Landesbischof der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Bayern während der Advents- und Weihnachtszeit an verschiedenen Orten gehalten habe. Darin möchte ich die frohe Botschaft der Bibel für die heutige Zeit übersetzen. Ich will auch sichtbar machen, wo sich das Evangelium ziemlich widerspenstig zu unserem Zeitgeist verhält. Advent und Weihnachten sind nicht nur lieb und lieblich. Nicht nur Lebkuchen und Glühweinduft. Das Kommen Gottes in die Welt kann Menschen erschüttern. Es kann das Gewohnte und Althergebrachte in Aufruhr versetzen. Für mich haben Advent und Weihnachten daher immer auch Auswirkungen auf das Weltgeschehen. »Friede auf Erden!«, singen die Engel in der Heiligen Nacht. Friede auf Erden – das verändert wirklich alles. Mir hilft die Advents- und Weihnachtszeit, mit dem umzugehen, was mich erschüttert. Sie erinnert mich daran: Christus kommt als Licht in die Finsternis der Menschen. Christus gibt die Kraft, gewollten und erlittenen Veränderungen zu begegnen und sie schöpferisch und verantwortlich zu gestalten.

Auf dem Bucheinband sehen Sie einen Ausschnitt des Altares der St. Annakirche in Augsburg. Er ist aus purpurrotem Wachs als Kreuz geformt und weist Spuren auf, die wir als unvollkommen, gar fehlerhaft bezeichnen würden. Denn als das Wachs für den Altar geschmolzen wurde und anschließend erstarrt ist, haben sich Farbfehler gebildet und Unebenheiten. Zufällig, ungeplant. So durchbrechen Streifen und Muster die Glätte der Oberfläche. Der Tisch steht leicht schief im Raum. Das Material des Altars sieht lebendig aus, warm. Das Purpurrot leuchtet in der Kühle des Raumes.

Dieser besondere Altar erzählt für mich viel von Weihnachten. Gott kommt in die Welt, kommt zu uns Menschen. Gott kommt in ein Leben, das nicht planbar ist. Ein Menschenleben ist geprägt von Unsicherheit – das ist von Geburt an so, und es bleibt so bis zur letzten Stunde. Eine Unsicherheit, die oft schmerzhaft und manchmal kaum zu ertragen ist. Daran erinnert das Kreuz, nach dessen Form der Altar gestaltet ist. Doch über dem Kreuz höre ich die Botschaft der Engel an Weihnachten: »Siehe, ich verkündige euch große Freude, denn euch ist heute der Heiland geboren.« Alles ändert sich.

Ich freue mich, wenn dieses Buch Sie auf Advent und Weihnachten einstimmt. Ich wünsche Ihnen eine gesegnete Zeit, die Ihr Leben erleuchtet und Ihnen Mut macht, dort, wo Sie können, die Welt zum Guten hin zu verändern.

Ihr


ÜBER DEN AUTOR

© ELKB-Rost

Dr. Heinrich Bedford-Strohm, geb. 1960, Professor für systematische Theologie. Der evangelische Theologe ist seit 2011 Landesbischof der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Bayern und seit 2014 Ratsvorsitzender der Evangelischen Kirche in Deutschland. Er ist verheiratet und Vater von drei Söhnen.

»Wenn ich an Gott denke, dann … denke ich an die faszinierenden Geschichten der Bibel, die von Gott erzählen und Orientierung für heute geben. Gott ist ›ganz anders‹ und gleichzeitig uns Menschen ganz nah« (Heinrich Bedford-Strohm)

Sein Buch Alles ändert sich erscheint zugunsten von Wikwiheba e. V

Die Situation vieler Kinder in Ruanda ist nach dem Genozid von 1994 und den Auswirkungen von HIV/Aids besonders schwierig: Viele haben ihre Eltern verloren, kein sicheres Zuhause oder müssen sich um kleine Geschwister oder kranke Eltern kümmern. Deshalb wurde 2003 von der Presbyterianischen Kirche in Ruanda das Projekt WIKWIHEBA (»Verlier nicht die Hoffnung!« ) gegründet. Seit 2003 organisiert es Mahlzeiten, Stipendien, Ausbildungen und Startfinanzierung für kleine Kooperativen. Der deutsche Verein Wikwiheba e. V. unterstützt die Arbeit des Projektes in Ruanda.

Wikwiheba e. V.

Himmelreichstr. 4

80538 München

eMail: kontakt@wikwiheba.org

Für nähere Informationen zum Team und den Kindern und Jugendlichen sowie der konkreten Arbeit im Alltag und persönlichen Erfahrungen:

im Internet: www.wikwiheba.org

auf Facebook: facebook.com/wikwiheba

Spenden auf das Spendenkonto des Vereins kommen unmittelbar dem Projekt in Ruanda zugute.

Wikwiheba e. V.

BIC: GENODED1DKD

IBAN: DE33 3506 0190 1800 0250 16

ÜBER DAS BUCH

»Advent und Weihnachten sind nicht nur lieb und lieblich. Nicht nur Lebkuchen und Glühweinduft. Das Kommen Gottes in die Welt kann Menschen erschüttern. Es kann das Gewohnte und Althergebrachte in Aufruhr versetzen. Für mich haben Advent und Weihnachten daher immer auch Auswirkungen auf das Weltgeschehen. »Friede auf Erden!«, singen die Engel in der Heiligen Nacht. Friede auf Erden – das verändert wirklich alles« (Heinrich Bedford-Strohm).

Der bayerische Landesbischof und Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland erschließt in diesem Buch weihnachtliche Texte der Bibel in ihrer Bedeutung für unsere Gegenwart: im persönlichen und im öffentlichen Leben.

Auch als Printausgabe erhältlich.

www.patmos.de/ISBN978-3-8436-0852-7

IMPRESSUM

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© 2016 Patmos Verlag der Schwabenverlag AG, Ostfildern

Umschlaggestaltung: Finken & Bumiller, Stuttgart

Umschlagmotiv: Detail Oberfläche des neuen Altars der evangelischen St. Anna-Kirche in Augsburg

© Lutzenberger+Lutzenberger, Bad Wörishofen / Foto: © Klaus Lipa, Diedorf

ISBN 978-3-8436-0852-7 (Print)

ISBN 978-3-8436-0855-8 (eBook)

HINWEISE DES VERLAGS

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Inhalt

Einladung

Advent:
Alles ändert sich

Überall brennen die Lichter

Zeit aufzustehen

Dein König kommt zu dir

Der Zug der Erlösten

Friedenslicht aus Bethlehem

Reicher an Hoffnung

Empfangen und hören

Das große Ja

Eine lebensfreundliche Vision

Im Licht von Weihnachten

Love is in the air

Gesegnete Tage

Die Tore des Paradieses

Gottes Kinder sind wir

In Freiheit leben

Kraftfeld Weihnachten

Segen für das neue Jahr

Viel Glück!

Zum Segen werden

Wegweiser

Gottes Kraft

Heimat


Anmerkungen


Über den Autor

Über das Buch

Impressum

Hinweise des Verlags

Advent:
Alles ändert sich

Eine lebensfreundliche Vision

Maria aber machte sich auf in diesen Tagen und ging eilends in das Gebirge zu einer Stadt in Juda und kam in das Haus des Zacharias und begrüßte Elisabeth. Und es begab sich, als Elisabeth den Gruß Marias hörte, hüpfte das Kind in ihrem Leibe. Und Elisabeth wurde vom Heiligen Geist erfüllt und rief laut und sprach: Gepriesen bist du unter den Frauen, und gepriesen ist die Frucht deines Leibes! Und wie geschieht mir das, dass die Mutter meines Herrn zu mir kommt? Denn siehe, als ich die Stimme deines Grußes hörte, hüpfte das Kind vor Freude in meinem Leibe. Und selig bist du, die du geglaubt hast! Denn es wird vollendet werden, was dir gesagt ist von dem Herrn. Und Maria sprach:

Meine Seele erhebt den Herrn, und mein Geist freut sich Gottes, meines Heilandes;

denn er hat die Niedrigkeit seiner Magd angesehen. Siehe, von nun an werden mich selig preisen alle Kindeskinder.

Denn er hat große Dinge an mir getan, der da mächtig ist und dessen Name heilig ist.

Und seine Barmherzigkeit währt von Geschlecht zu Geschlecht bei denen, die ihn fürchten.

Er übt Gewalt mit seinem Arm und zerstreut, die hoffärtig sind in ihres Herzens Sinn.

Er stößt die Gewaltigen vom Thron und erhebt die Niedrigen.

Die Hungrigen füllt er mit Gütern und lässt die Reichen leer ausgehen.

Er gedenkt der Barmherzigkeit und hilft seinem Diener Israel auf,

wie er geredet hat zu unsern Vätern, Abraham und seinen Kindern in Ewigkeit.

Lukas 1,39–55

Freude ist das Grundgefühl, mit dem wir auf Weihnachten warten. Und auch wenn ich das eine oder andere noch zu tun habe vor dem Fest, auch wenn ich in den letzten Wochen sehr beschäftigt bin mit den Vorbereitungen für diesen Tag: Ich spüre so etwas wie Vorfreude. Vorfreude auf unseren Gott, dessen Ankunft wir in dem Kind in der Krippe erwarten.

Manche tun sich schwer mit dieser Vorfreude. Weil ihnen die christlichen Bräuche und Traditionen fremd geworden oder unverständlich sind. Oder wenn sie hinter all dem, was die Feiertage begleitet, das nicht mehr finden, was den Sinn von Weihnachten ausmacht. Manchmal wird die Vorfreude auch getrübt durch etwas, was uns bedrückt, was uns das Herz schwer macht. Oder sie will sich nicht einstellen, weil all das, was wir noch erledigen wollen, zu viel zu werden droht.

Das Lukasevangelium berichtet in seinem ersten Kapitel: Auch Maria bereitet sich vor auf die Ankunft ihres Kindes. Sie stellt sich ein auf das, was da auf sie zukommt, indem sie ihre Verwandte, Elisabeth, besucht. Deren ungeborenes Kind, Johannes der Täufer, hüpft vor Freude im Bauch seiner Mutter Elisabeth. Und Maria antwortet darauf:

Mein Geist freut sich Gottes,
meines Heilandes!

Auch in diesen Worten Marias ist von der Freude die Rede, von der Vorfreude auf den, der der Grund unserer Freude ist. Es hat eine Weile gedauert, bis bei Maria diese Vorfreude aufkam. Das Lukasevangelium berichtet auch, wie erschrocken sie zunächst ist, als der Engel zu ihr tritt. Es ist ihr unverständlich, was da auf sie zukommt. Und was der Engel ihr ankündigt, droht erst einmal zu viel für sie zu werden. Jetzt aber erfüllt sie eine große Freude. Diese Freude erst macht es ihr möglich, zu verstehen und auszusprechen, was sie erwartet, was sie erhofft. Maria wird uns mit diesen Worten zur Schwester im Geist:

Mein Geist freut sich Gottes,
meines Heilandes!

Und gerade, wenn uns das noch schwerfallen sollte, ist es gut, auf die Worte zu hören, die im Lukasevangelium als der Lobgesang Marias überliefert sind. Denn sie malen mit wunderbaren Bildern den Grund der Freude vor Augen.

»Meine Seele erhebt den Herrn. Denn er hat die Niedrigkeit seiner Magd angesehen«, bekennt Maria. Wer an einer schmerzvollen Krankheit leidet, wer erschrickt angesichts des Todes – des eigenen oder des eines geliebten Menschen –, darf auf Gott schauen und wissen: Gott sieht mich in allem, was mich belastet. Er denkt an seine Barmherzigkeit. Die aus ihren Heimatländern vor Krieg und Gewalt fliehen, hat Gott im Blick. Und wem ihr Schicksal in der Seele wehtut, den ermutigt Gott, sie nicht aus dem Blick zu verlieren. Von dem, der sich schuldig fühlt oder verlassen, der sich möglicherweise fürchtet vor dem Weihnachtsfest, das so ganz anders verlaufen wird, als er es sich erhofft hat, von dem wendet Gott die Augen nicht ab und hilft ihm auf. Denn er hat die Niedrigkeit seiner Magd und mit ihr unser aller Niedrigkeit angesehen!

Ganz erfüllt von der Freude an Gott. findet Maria Worte für das, was sie erhofft:

Er stößt die Gewaltigen vom Thron

und erhebt die Niedrigen.

Die Hungrigen füllt er mit Gütern

und lässt die Reichen leer ausgehen.

Den Armen verheißt Gott, dass ihre Missachtung ein Ende haben wird. Und wer Macht hat, wer sich selbst erhöht hat oder wen andere auf einen Thron erhoben haben, darf heruntersteigen, um den Menschen um ihn herum nahe sein zu können. Wer scheinbar alles hat, darf erkennen, wie leer die Hände sind, wenn sie an dem festhalten, was ihr Besitz ist, und wie reich das Leben stattdessen wird, wenn Hände lernen zu teilen. Die Hochmütigen steigen herab vom Thron, die Armen werden erhöht. Am Ende können sich alle in die Augen sehen und in Würde miteinander leben. Was für eine lebensfreundliche Vision, von der am Ende alle profitieren!

Ja, es verändert sich etwas, wenn Gott in unser Leben tritt, wenn die Weihnachtsvorfreude sich in unseren Herzen ausbreitet, so wie sie sich bei Maria ausgebreitet hat.

Wie lebensrettend das ist, verstehen wir umso mehr, wenn wir darauf schauen, was geschieht, wenn wir uns von dieser Freude, dieser Hoffnung entfernen. Wir erschrecken darüber, wie viel Leid Menschen einander antun können, wenn ein Einzelner, wenn ein Volk, eine Weltanschauung, eine Religion glaubt, sich über eine andere erheben zu dürfen. Mit großer Anteilnahme, aber auch hilflos sehen wir die Spirale von Hass und Gewalt im Nahen Osten, in Syrien, dem Irak, in Israel und Palästina.

Die Freude an Gott, der in Jesus Christus Mensch geworden ist, die Freude an Gott, der Reiche und Arme zueinander bringt, die Freude an Gott, der an die Stelle von Gewalt die Liebe setzt, ist die größte Friedenserklärung, die wir Christen heute der Welt gegenüber abgeben können. Deswegen dürfen wir gerade in einer Welt, in der viel Leid herrscht, der Aufforderung zur Freude von Herzen folgen. Es ist die Freude über einen Gott, der zu uns kommt als kleines, wehrloses Kind und damit ein Zeichen setzt, das die Welt verändert. Das Licht, das damit angezündet ist und das in der Dunkelheit von Krieg und Gewalt scheint, kann keiner mehr auslöschen.

Am Ende der Adventszeit steht eine große weihnachtliche Dankbarkeit, die mich erfüllt. Ich möchte mit vollem Herzen einstimmen können in die kraftvollen Worte Marias:

Meine Seele erhebt den Herrn,
und mein Geist freut sich Gottes,
meines Heilandes.

Im Licht von Weihnachten