Von der Heilkraft der Bäume

Markus Berger

Von der Heilkraft
der Bäume

 

Die Angaben in diesem Buch sind nach bestem Wissen und Gewissen zusammengestellt, und die beschriebenen Heilwirkungen wurden vielfach erprobt. Da Menschen aber unterschiedlich reagieren, können Verlag und Autor im Einzelfall keine Garantie für die Wirksamkeit oder Unbedenklichkeit der Anwendungen übernehmen. Bei ernsthaften gesundheitlichen Beschwerden wenden Sie sich bitte an Ihren Arzt oder Heilpraktiker.

Markus Berger

1. Auflage 2008

Deutsche Erstausgabe.

Titelseite:

Satz und Grafiken:

Gesamtherstellung: L.E.G.O. S.p.A., Lavis (TN)

Printed in Italy

ISBN 978-3-89060-157-1

Neue Erde GmbH

Inhalt

Vorwort

Einleitung

Botanische Namensgebung und Klassifikation

Bäume gegen Krankheiten?

Arzneimittel selbst herstellen?

Heilkräftige Bäume

Ahorn (Feldahorn) – Acer campestre

Apfel – Malus domestica

Birke – Betula pendula

Birne – Pyrus communis

Buche – Fagus sylvatica

Eberesche – Sorbus aucuparia

Eibe – Taxus baccata

Eiche – Quercus robur

Erle – Alnus glutinosa

Esche – Fraxinus excelsior, Fraxinus ornus

Faulbaum – Rhamnus frangula

Fichte – Picea abies

Goldregen – Laburnum anagyroides

Hainbuche – Carpinus betulus

Kastanie – Castanea sativa

Kiefer – Pinus sylvestris, Pinus mugo

Kirsche – Prunus avium, Prunus cerasus

Lärche – Larix decidua

Lebensbaum – Thuja occidentalis

Linde – Tilia cordata, Tilia platyphyllos

Pappel – Populus nigra

Pflaume – Prunus domestica

Quitte – Cydonia oblonga

Roßkastanie – Aesculus hippocastanum

Scheinakazie – Robinia pseudoacacia

Schlehe – Prunus spinosa

Tanne – Abies alba

Ulme – Ulmus minor

Wacholder – Juniperus communis, Juniperus sabina

Walnuß – Juglans regia

Weide – Salix alba

Weißdorn – Crataegus laevigata

Exkurs: Medizinalbäume für die Heim- und Gartenkultur – Ein Überblick

Literatur

Danksagung

Über den Autoren

Bildnachweis

Nützliche Adressen

Vorwort

»WER MÖCHTE LEBEN OHNE DEN TROST DER BÄUME
Günter Eich, Ende eines Sommers

Der Baum ist schon immer auf das Engste mit dem Menschen verbunden, in der Tat sprichwörtlich in unserer Kultur verwurzelt. Er ist nicht nur Sauerstoff produzierender Lebensspender und wertvoller Lieferant für Baustoffe und Gebrauchsmaterialien. Der Baum ist Heilmittel und Zauberpflanze, Ritualgewächs, Kulturtransformator und gesellschaftlicher Schrittmacher. Natürlich gibt es nicht »den Baum«. Es existieren weltweit vielfältige Baumgewächse, welche – ein jedes auf seine Weise – ethnische und mythologische Einbindung erfahren haben, wie kaum eine andere Pflanzengruppe. Bäume werden angebetet und verteufelt, genutzt und zerstört, geliebt und mißbraucht.

Im Falle des hier behandelten Themenkomplexes interessiert uns die Funktion der im deutschsprachigen Raum gedeihenden Bäume als Heilpflanzen. Seit eh und je werden aus den Blättern, Wurzeln, Früchten, Rinden und Blüten sowie aus den Trieben und Harzen der im Folgenden vorgestellten Arten hilfreiche Aufgüsse, Umschläge, Salben, Bäder und Tinkturen zur Behandlung einer Vielzahl von Beschwerden hergestellt. Das Wissen um die unsichtbare Kraft der Bäume droht dennoch leider allmählich in der Versenkung zu verschwinden. Deshalb bedient dieses Buch ein Gebiet, welches bislang selbst innerhalb der pharmakologischen und spezialisierten botanischen Literatur nur am Rande oder im Kontext mit anderen Pflanzen gestreift wurde. Indiziert sind ausgewählte Baumgewächse, welche bei uns entweder einheimisch oder über eine lange Zeit eingebürgert sind. Dabei wird der Leser so manches Mal auf Informationen stoßen, die ungewöhnlich, unbekannt – ja: unglaublich anmuten. Die ausführliche Bibliographie im Anhang des Werks ermöglicht dem fortschreitend Interessierten einen tiefergehenden Einstieg in die Thematik.

Ich habe darauf verzichtet, einen botanischen Bestimmungskatalog mit einzuflechten. Solche gibt es zur Genüge. Die Beschreibung der einzelnen Bäume sollte im Zusammenspiel mit den Abbildungen jeden Leser befähigen, die entsprechende Art in Wald und Feld aufzufinden; außerdem werden die meisten Bäume ohnehin bekannt sein. Des weiteren habe ich von der Aufnahme einiger Gewächse abgesehen, welche in den populären Baumführern zwar häufig genannt werden, dem äußeren Profil des typischen Baumes aber nicht entsprechen; so beispielsweise der Buchsbaum (Buxus sempervirens), die Schneeball-Arten (Viburnum), der Kreuzdorn (Rhamnus cathartica) oder die Ginster-Spezies der Gattungen Cytisus bzw. Ulex. Diese Pflanzen werden an ihren natürlichen Standorten nach Jahrzehnten zwar oftmals groß und machtvoll wie Bäume, zählen aber zu den Sträuchern oder Strauchartigen und können in einem solchem Buch nicht zusätzlich versammelt werden. Einziger Kompromiß: der Faulbaum (Rhamnus frangula). Diesen habe ich bisher in fast allen Fällen als Baumgewächs gesehen, zudem ist seine Heilwirkung signifikant und für vorliegendes Werk von Relevanz.

Das Reich der heilkräftigen Bäume ist ein weitgehend unerkundetes. Die moderne Schulmedizin bewegt sich dabei immer weiter von der Natur und den von dieser gegebenen Heilmitteln fort. Vielleicht ist in unserer modernen, von High-Tech und Synthetika durchdrungenen Zeit genau jenes der Grund, aus welchem sich viele gesundheitsbewußte und verantwortungsvolle Menschen wieder der Pflanzen(heil-) kunde zuwenden. So manches kleinere aber nicht minder quälende Leiden, etwa Kopfschmerzen, Schlafstörungen, Unruhe oder Appetitlosigkeit, kann durchaus mit wenigen und natürlichen Hilfsmitteln gelindert oder gar vollständig beseitigt werden. Bei allen ernsthaften Erkrankungen indes gilt freilich: Selbst verordnete und zubereitete Naturheilmittel sollten nur in Übereinkunft und nach Absprache mit dem behandelnden Arzt oder Apotheker eingenommen werden. Auf eine gute Gesundheit!

Markus Berger, Knüllwald im Sommer 2007

Einleitung

Botanische Namensgebung und Klassifikation

Die Botanik kennt viele Baumgewächse. Da gibt es Laubbäume und Nadelbäume, strauchartige, mehrstämmige, hoch- und kleinwüchsige Bäume, sommergrüne, immergrüne und so weiter und so fort. Diese werden nach wissenschaftlichem System in Familien, Gattungen und Arten aufgeteilt. Nehmen wir beispielhaft die Weißtanne. Die Weißtanne heißt innerhalb der botanischen Nomenklatur (des lateinischen Namenssystems) Abies alba, wobei Abies für den Gattungsnamen und das kleingeschriebene Anhängsel alba (lateinisch: weiß) für die Artbezeichnung steht. Die Gattung Abies ist wiederum der Familie der Kieferngewächse (Pinaceae) zugehörig. Die Systematik läßt sich nun wie folgt aufsteigend fortführen:

Ordnung: Kiefernartige (Pinales)
Klasse: Koniferen (Pinopsida)
Abteilung: Nadelholzgewächse (Pinophyta)
Überabteilung: Samenpflanzen (Spermatophyta)
Unterreich: Gefäßpflanzen (Tracheobionta)
Reich: Pflanzen (Plantae)

Die Klassifizierung ist der Verständlichkeit halber vereinfacht dargestellt. Genaugenommen spaltet sich nämlich die Familie der Kiefernartigen nochmals in vier Unter- oder Subfamilien, wobei die Gattung der Tanne (Abies) zur Subfamilie der Tannenartigen (Abietoideae) gehört.

Da die einzelnen Pflanzenriesen alle einer solchen botanischen Unterteilung angehören, gibt es keine »Familie der Bäume«. Das ist im Rahmen des vorliegenden Buches nun glücklicherweise kein Nachteil und soll hier auch nur als einführende Grundinformation geschildert sein. Für das vertiefende Studium der pflanzenkundlichen Schemata empfehlen Autor und Verlag allen Interessierten die weiterführenden Werke, welche in der Literaturliste am Ende dieses Buches aufgeführt sind.

Bäume gegen Krankheiten?

Die Geschichte der Medizin ist die Geschichte der Pflanzenkunde. Erst mit der Erforschung und Anwendung der Flora wuchs auch das Wissen um die allgemeine Heilkunst und die Möglichkeiten der Bekämpfung von Krankheiten. Die moderne Pharmazie wäre ohne den pflanzlichen Hintergrund, ohne das uralte Wissen über lindernde Kräuter, niemals entstanden. Naturdoktoren des Altertums und Schamanen aller Ethnien bedienten sich schon vor Urzeiten am reichhaltigen Fundus der heilkräftigen Chlorophyllträger. Und auch heute noch werden die meisten dieser Pflanzen medizinisch oder als Hausmittel gebraucht. Da bilden die Bäume keine Ausnahme, im Gegenteil. Viele der uns wohl bekannten Baumgewächse bergen heilsame Arzneistoffe und damit »paracelsische Kräfte«; so ist beispielsweise das weltweit bekannte Schmerzmittel Aspirin bzw. dessen Wirkkomponente, die Acetylsalicylsäure, eine synthetische Nachbildung der aus der Rinde der Weide extrahierten Inhaltsstoffe, der sogenannten Salicylate (nach dem botanischen Gattungsnamen der Weide: Salix). Im Grunde bieten uns alle einheimischen Bäume ein wahres Potpourri von Heilkräften, eine echte Rundum-Naturapotheke. Da sind zum einen die als Nahrungsmittel-Lieferanten bekannten Bäume aus der Familie der Rosengewächse: der Apfel, die Birne, die Kirsche, die Pflaume oder die Quitte, zum anderen aber auch solche Feld- und Waldbewohner wie die Buche, die Birke, die Erle oder verschiedene Koniferen. Die Vielfalt der weltweit wirksamen Bäume ist eine schier unüberschaubare. Die wichtigsten der nicht in unseren Gefilden verbreiteten Baumarten werden daher am Ende des Hauptteils nur in einer Übersicht angerissen. Eine solch umfangreiche Gehölzflora, wie wir sie allein im mitteleuropäischen Raume vorfinden, bietet dem an der Naturheilkunde interessierten eine machtvolle Palette an Medizinalgewächsen, welche zunächst kennengelernt werden sollte.

Arzneimittel selbst herstellen?

Diese Frage kann in toto kurz und knapp mit einem Nein beantwortet werden. Es ist nicht möglich, ausschließlich mit Hilfe eines Buches (oder auch mehrerer) eigene verläßliche und garantiert nebenwirkungsarme Arzneien herzustellen. Die Zubereitung von Medizinalien muß in jedem Fall den Fachkundigen vorbehalten bleiben.

Wirksame Naturheilmittel hingegen, z. B. ein Kräuteraufguß gegen Erkältungssymptome oder ein Umschlag zur Linderung von Schwellungen, können selbstverständlich in Eigenregie bereitet und angewendet werden. Das Wissen um solche Hausmittel ist ein seit Jahrhunderten überliefertes, wenn auch in unserer Zeit von diesem Erfahrungsschatz immer mehr in Vergessenheit gerät und daher nach und nach verlorengeht. Wichtig ist in diesem Zusammenhang die Verhältnismäßigkeit der Mittel. Natürlich kann zu Hause kein Pharmakon gegen Krebsleiden bereitet werden, wohl aber ein Wadenwickel, ein Tee gegen Halsschmerzen oder ein die körpereigenen Heilkräfte unterstützender Badezusatz.

Die in diesem Buch dokumentierten heilkundlichen Anwendungen der Bäume können nicht den Gang zum Arzt ersetzen. Einige der im monografischen Text beschriebenen, geschichtlich belegten Behandlungsmethoden sind nicht zur Nachahmung bestimmt. Entsprechende Hinweise sind jeweils eingefügt. Die unter dem Punkt »Anwendung« aufgeführten Zubereitungen und Rezepte jedoch sind geprüfte, für den Hausgebrauch geeignete Pflanzenheilmittel. Keine der in vorliegendem Werk angegebenen und empfohlenen Verwendungen heilkräftiger Bäume stellt eine Gefahr für Leib und Leben dar. Allerdings ist es von Wichtigkeit, wie in jedem Fall einer Einnahme von wirksamen Mitteln, sich unbedingt an die Dosierungsangaben zu halten. Der berüchtigte Spruch »Viel hilft viel« ist unter keinen Umständen auf Heilmittel anzuwenden. Grundsätzlich gilt: Eine zu hoch gewählte Menge jedweden Wirkstoffs kann im ärgsten Fall ein Krankheitsbild verschlimmern oder auf andere Weise für den menschlichen Organismus unbekömmlich sein.

Die heilkräftigen Bäume

Ahorn – Acer campestre

Ahorngewächse (Aceraceae)

Der Ahorn ist in der griechischen Mythologie Ares, dem Gott der Verwicklung und des Krieges, geweiht, und der römische Historiker PLINIUS berichtete im ersten Jahrhundert nach Christus von dem Baum. Auch das berüchtigte Trojanische Pferd soll aus Ahornholz gebaut gewesen sein. Sollte im Mittelalter ein Ahornbaum gefällt werden, so wurde das Unterfangen betend und unter Einbeziehung von Gelübden zelebriert. Die Holzfäller mußten dabei knien und durften keine Kopfbedeckung tragen. Im Volksmund vergangener Zeiten galt Ahorn als hexenvertreibender und vor Blitzen schützender Baum. Zu diesem Zweck wurden, besonders am 24. Juni, Zweige oder auch Stamm- oder Rindenstücke an Fenstern, Türen und Schwellen angebracht, so beispielsweise in Mecklenburg oder Hinterpommern. Außerdem wurden Wünschelruten früher aus Ahorn-Holz gefertigt. Flachs- und Kartoffelfelder schützten die Bauern mit Ahornzweigen vor Maulwürfen. In Bayern herrschte die Sitte, Ahornblätter mit Wein zu begießen, um Wünsche zu erfüllen. Im Elsaß sollen Ahorn-Ästchen über der Tür Fledermäuse fernhalten. 1424 wurde der »Graue Bund« im Schweizer Kanton Graubünden unter einem Bergahorn geschworen. Die eingelegten und dann pürierten jungen Blätter des Feldahorns wurden früher auch gegessen. Der nordamerikanische Oregon-Ahorn (Acer macrophyllum) wird bis heute von einigen Indianerstämmen als Haaröl, der Eschen-Ahorn (Acer negundo) als Süßstoff gebraucht. Die Industrie nutzt das Sirup des stark saccharosehaltigen Zucker-Ahorns (Acer saccharum) zum Süßen von Getränken und Speisen und zur Produktion von Ahorn-Zucker.

Der für uns in diesem Rahmen interessante Feldahorn (Acer campestre) ist ein sommergrüner, bis zu zwanzig Meter hoher Baum mit zumeist rundlicher Krone. Das abgerundete, dunkelgrüne Blatt ist lang gestielt, leicht behaart und in drei bis fünf Lappen geteilt, die Mittellappen sind eingebuchtet. Beim Abbrechen des Stiels erscheint ein Milchsaft (Latex). Die grün-gelblichen Blüten sitzen an dünnen Stielen und erscheinen von April bis Mai in Rispen. Ab September bilden sich die Nußfrüchte, welche von geflügelter Form sind und jeweils im Paar wachsen. Die Rinde ist braun und häufig korkig. Ahornbäume kommen sowohl angepflanzt als auch auf lehmhaltigen Böden in Laubwäldern sowie an Weg- und Feldrändern vor und enthalten Indol-Alkaloide (nicht alle Arten), Gerbstoffe, Polysaccharide, Tannine, Phytosterin, Allantoin, Flavonoide, Saponine, Proteine und Cholin.

 

Ahorn-Spezies werden in Europa, Asien und Amerika ethnomedizinisch verwendet und stellen vor allem bei Fieber und entzündlichen Erkrankungen ein wirksames und nebenwirkungsarmes Phytopharmakon (Naturheilmittel) dar. Zwei in Asien beheimatete Arten, der Nikko-Ahorn (Acer nikoense) und der Japanische Rot-Ahorn (Acer pycnanthum), werden in der asiatischen Ethnomedizin als Augenwasser verwendet. Nordamerikanische Indianer verwenden den Streifen-Ahorn (Acer pensylvanicum) gegen Krebsleiden und Ausschlag, den Rotahorn (Acer rubrum) als zusammenziehendes Mittel, Augenwasser, Gift, Tonikum und Wurmmittel sowie bei Hautabschürfungen, Augen- und Hautleiden, den Silber-Ahorn (Acer saccharinum), der Indol-Alkaloide enthält, gleichfalls als zusammenziehendes Mittel und den Ähren-Ahorn (Acer spicatum) bei Augenleiden sowie als Tonikum und Wurmmittel. Der Eschenblättrige Ahorn (Acer negundo) findet innerhalb der nordamerikanischen Ethnomedizin Verwendung, und zwar gegen Krebsleiden. Die Pflanze enthält Flavonoide, Saponine und andere Wirkstoffe. Die Saponine sind für die antitumorale Wirkung des Baumes verantwortlich. Die homöopathische Zubereitung Acer negundo (aus Acer negundo ssp. negundo) wird aus frischer Zweig- und Stammrinde bereitet. Die Monographie der Kommission D im Bundesanzeiger Nr. 108 a vom 19.6.1986 stellt allerdings leider fest, daß die Anwendungsgebiete nicht ausreichend belegt sind. Der auch in Nordamerika, insbesondere in Kanada anzutreffende Zucker-Ahorn (Acer saccharum) wird für Frühjahrskuren verwendet. Die albanische Ethnomedizin verwendet ein Dekokt aus den Blättern des Paj genannten Acer monspessulanum als Bandwurmmittel. Die Ahorn-Arten werden bis heute im Kaukasus – ehemals auch in Mitteleuropa – volksmedizinisch als zusammenziehendes Mittel und Tonikum gebraucht. Allerdings hat sich die Verwendung im mitteleuropäischen Gebiet eher hintergründig und im Bereich der Hausmittel abgespielt. Der Ahorn ist also seit langem als Heilmittel bekannt, wenn auch die moderne naturheilkundliche Literatur über diese Bäume kaum zu berichten weiß. Einige Bücher zur Heilkräuterkunde bemerken, daß die alten Ägypter den Ahorn bereits als Medizin genutzt hätten. Als Quelle wird das berühmte Papyrus Ebers herangezogen. Diese Behauptung beruht allerdings auf einem Irrtum aus dem englischen Sprachraum. Dort wurde in diesem Zusammenhang die Bezeichnung sycamore (engl. Ahorn) mit sycomore (engl. Maulbeerfeige, Ficus sycomorus) verwechselt. Den Ahorn hat es in Ägypten nicht gegeben. Hildegard von BINGEN beschrieb im zwölften Jahrhundert den Bergahorn (Acer pseudoplatanus) als nützliches Mittel gegen Fieber, Geschwüre und Gicht: »Der Ahorn ist kalt und trocken. Gegen tägliches Fieber hilft ein Bad in Wasser, in dem die Zweige des Baumes mit den Blättern gekocht sind, wenn man nach dem Bad den aus der Rinde gepreßten Saft in Wein trinkt. Das Auflegen von am Feuer erwärmtem Ahornholz auf die erkrankten Stellen vertreibt die Gicht«. Die gekochten Blätter und Zweige sind in der Tat ein hervorragendes Hausmittel gegen hohes und langanhaltendes Fieber. Auch als Notfall-Pharmakon ist Acer wertvoll. Gegen geschwollene Augen und Insektenstiche z. B. helfen frische Ahornblätter, die auf die entsprechenden Stellen gelegt werden. Ein Ahorn-Bad gegen fiebrige Infekte wirkt, meist nach einer kurzen Verschlimmerung der Symptome, innerhalb kurzer Zeit, so daß der an Fieber Erkrankte sich recht zügig besser fühlt. Ein Dekokt aus Blättern oder Rinde des Ahorns wirkt kühlend, leber- und milzstärkend sowie schmerzstillend. Die Ethnomedizin Mitteleuropas kennt die Tradition, Ahornblätter – gesammelt am 24. Juni – zu trocknen, in Wasser einzuweichen und auf Wunden und Schwellungen aller Art aufzulegen. Ausgedrücktes Laub wird auf entzündete Stellen gelegt, auch wird ein Aufguß (Infusum) aus dem getrockneten Ahornblatt bereitet. Einige Naturheilkundler sind der Ansicht, daß allein eine wohltuende Rast unter einem Ahornbaum den Kopf freimacht und zu innerer Ausgeglichenheit führt.

Die Anwendung

Auf Quetschungen und Schwellungen, insbesondere auf geschwollene Gelenke und ähnliches sowie auf entzündete Augen werden Umschläge aus Ahornlaub und -rinde gebracht. Zu diesem Zweck legt man die frischen Pflanzenteile in siedendes Wasser ein, drückt sie anschließend aus und bereitet aus dem Sud einen Stoff-Umschlag. Ahornblätter können bei müden und schmerzenden Füßen einfach in die Socken getan werden. Ausgedrückte Blätter sollen, auf die Fußsohlen gebracht, gegen Fieber hilfreich sein. Wird ein Ahornblatt auf frische Wunden gedrückt, beschleunigt dies den Heilungsprozeß. Auch die Verwendung als Räucherstoff hat heilsame, nämlich beruhigende Wirkung. Dazu wird ein Stück getrockneter Ahornrinde auf glühender Kohle verbrannt und der Duft vorsichtig inhaliert. Eigenversuche des Autors bestätigen zusätzlich die heilkräftige Wirkung des Feld-Ahorns (Acer campestre) und des Spitz-Ahorns (Acer platanoides). Gekochte Rinde, Zweige und Blätter können (abgekühlt) auf entzündete Augen oder schmerzlich brennende Füße gelegt werden. Linderung erfolgt dabei sehr rasch.

Apfel – Malus domestica

Rosengewächse (Rosaceae)

Der Apfel stammt vermutlich ursprünglich aus Asien, kam im Mittelalter auf Handelswegen nach Europa und gelangte von dort in die ganze Welt. Die Frucht des Apfelbaumes, der sprichwörtlich goldene Apfel, galt als Lebenselixier und steht bis heute für Fruchtbarkeit – daher die Zugehörigkeit zu den Aphrodisiaka –, für Erkenntnis (siehe die biblische Geschichte um Adam und Eva) und für Reichtum. Der Apfelbaum als solcher gilt ebenso als Baum der Erkenntnis, der Gebrechlichkeit und Sündhaftigkeit. Der Heilkundler Richard SCHIMPFKYMalus domesticaMalus sylvestris