Bausteine der Kinder- und Jugendlichenpsychotherapie; Band 5

Herausgegeben von Prof. Dr. med. Franz Resch und Prof. Dr. med. Michael Schulte-Markwort

Dr. med. Wilhelm F. Preuss, Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie und Facharzt für Psychotherapeutische Medizin, war von 1992-2017 am „Institut für Sexualforschung und Forensische Psychiatrie“ des Universitätsklinikums Hamburg-Eppendorf tätig und arbeitet jetzt in freier Praxis als Gender-Spezialist, Sexualtherapeut und Supervisor in Hamburg.

Hinweis: Soweit in diesem Werk eine Dosierung, Applikation oder Behandlungsweise erwähnt wird, darf der Leser zwar darauf vertrauen, dass die Autoren große Sorgfalt darauf verwandt haben, dass diese Angabe dem Wissensstand bei Fertigstellung des Werkes entspricht. Für Angaben über Dosierungsanweisungen und Applikationsformen oder sonstige Behandlungsempfehlungen kann vom Verlag jedoch keine Gewähr übernommen werden. – Die Wiedergabe von Gebrauchsnamen, Handelsnamen, Warenbezeichnungen usw. in diesem Werk berechtigt auch ohne besondere Kennzeichnungen nicht zu der Annahme, dass solche Namen im Sinne der Warenzeichen- und Markenschutz-Gesetzgebung als frei zu betrachten wären und daher von jedermann benutzt werden dürften.

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über <http://dnb.d-nb.de> abrufbar.

ISBN 978-3-497-03093-4 (Print)

ISBN 978-3-497-61551-3 (PDF-E-Book)

ISBN 978-3-497-61552-0 (EPUB)

3., überarbeitete Auflage

© 2021 by Ernst Reinhardt, GmbH & Co KG, Verlag, München

Dieses Werk, einschließlich aller seiner Teile, ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne schriftliche Zustimmung der Ernst Reinhardt GmbH & Co KG, München, unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen in andere Sprachen, Mikroverfilmungen und für die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Der Verlag Ernst Reinhardt GmbH & Co KG behält sich eine Nutzung seiner Inhalte für Text- und Data-Mining i.S.v. § 44b UrhG ausdrücklich vor.

Printed in EU

Reihenkonzeption Umschlag: Oliver Linke, Hohenschäftlarn

Covermotiv: Schülerarbeit von der St.-Martins-Schule, Bruckberg. Der Verlag dankt Herrn Axel Pelzer, Schulleitung, für die Zurverfügungstellung dieser Monotypie.

Satz: JÖRG KALIES – Satz, Layout, Grafik & Druck, Unterumbach

Ernst Reinhardt Verlag, Kemnatenstr. 46, D-80639 München

Net: www.reinhardt-verlag.de E-Mail: info@reinhardt-verlag.de

Inhalt

Hinweise zur Benutzung des Buches

Vorwort zur dritten Auflage

Vorwort der Herausgeber

Vorwort des Autors

Einleitung

1 Einführung in die Klinik

2 Die Beachtung der verschiedenen Perspektiven

2.1Die Perspektive der Kinder und Jugendlichen

2.2Die Perspektive der Eltern

2.3Die Perspektive der Lehrer, Erzieher und Sozialarbeiter: zwischen Unsicherheit und Überengagement

2.4Die Aufgabe der Kinderärzte

2.5Die Aufgabe von Kinder- und Jugendpsychiatern und Psychotherapeuten in der ambulanten Versorgung

2.6Die Aufgabe der kinder- und jugendpsychiatrischen Kliniken

2.7Die Aufgabe der Gender-Spezialisten für Kinder und Jugendliche

2.8Vorurteile in der Öffentlichkeit

2.9Vorurteile im professionellen Bereich

2.10Ethische Herausforderungen für Gender-Spezialisten

3 Medizinische Grundlagen

3.1Die verschiedenen Ebenen des Geschlechts

3.2Die embryonale Entwicklung der Geschlechtsorgane

3.3Variationen der somato-sexuellen Entwicklung (Intersexualität, DSD)

3.4Prävalenz

3.5Identität und Geschlechtsidentität

4 Ätiologie

4.1Biologische Ursachen

4.2Ätiologie häufig assoziierter Komorbiditäten

4.3Psychogenetische Theorien

5 Besonderheiten der psycho-sexuellen Entwicklung bei Trans-Jugendlichen

5.1Theorien der (Geschlechts-) Identitätsentwicklung

5.2Die Annahme eines basalen Geschlechtszugehörigkeitsempfindens

5.3Geschlechtliches Unbehagen und Geschlechtsdysphorie bei präpubertären Kindern

5.4Die Exazerbation der Geschlechtsdysphorie in der Pubertät

5.5Spezifische Entwicklungsprobleme bei transsexuellen Jugendlichen

6 Diagnostik

6.1Allgemeine Grundlagen

6.2Die Anamnese-Erhebung

6.3Die Erhebung des psychopathologischen Befundes

6.4Diagnosen für anhaltende Geschlechtsdysphorien

6.5Differentielle Diagnostik

7 Psychotherapie

7.1Psychotherapie mit geschlechtsdysphorischen Kindern

7.2Psychotherapie mit transsexuellen Jugendlichen im Rahmen der multimodalen Behandlung

8 Die multimodale Behandlung transsexueller Jugendlicher

8.1Notwendigkeit und Effizienz pubertätsaufhaltender und gegengeschlechtlicher Hormonbehandlungen

8.2Die Aufgaben der Trans-Spezialisten

8.3Indikationsstellung pubertätsaufhaltender und gegengeschlechtlicher Hormonbehandlungen

8.4Die hormonelle Behandlung transsexueller Jugendlicher

8.5Abschluss der kinder- und jugendpsychotherapeutischen Behandlung transsexueller Jugendlicher

8.6Zukünftige Herausforderungen für Kinder- und Jugendpsychiater und -psychotherapeuten

8.7Die Jugendkultur der Trans*- und Queer-Communities

9 Rechtliche und ethische Fragen

9.1Die Vornamens- und Personenstandsänderung nach dem Transsexuellengesetz (TSG)

9.2Das so genannte Transsexuellengesetz – (TSG)

9.3Die Gutachtenerstellung

9.4Die Einbettung der Begutachtungen zur Vornamens- und Personenstandsänderung in den psychotherapeutischen Prozess

9.5Wichtige rechtliche Begriffe zum Selbstbestimmungsrecht Minderjähriger

10 Fortbildung

Anhang

Informationsquellen

Regionale Beispiele für Selbsthilfe-Angebote für Trans-Jugendliche und ihre Familien

Ratgeber-Literatur

Tanner-Stadien der pubertären körperlichen Veränderungen bei Mädchen und Jungen

ICD-11 279

Literatur

Register

Hinweise zur Benutzung des Buches

Zur schnelleren Orientierung wurden in den Randspalten Piktogramme benutzt, die folgende Bedeutung haben:
Literaturempfehlung
Beispiel
Merksatz
Definition
Studie
Vermeidbare Fehler

Vorwort zur dritten Auflage

Die dritte Auflage dieses Buches erscheint in einer Zeit, in der sich die Zusammensetzung jugendlicher geschlechtsdysphorischer Patienten innerhalb weniger Jahre dramatisch verändert hat. Bei immer noch steigenden Patientenzahlen fällt das enorme Überwiegen von geburtsgeschlechtlichen Mädchen auf; unter ihnen viele, die erst mit Eintreten der Pubertät an Geschlechtsdysphorie zu leiden beginnen (Rapid Onset of Gender Dysphoria). Jugendliche mit weiblichem Zuweisungsgeschlecht, die sich als „non-binär“ verstehen, fordern Mastektomien ein. Dass es sich hierbei um Adoleszentenkrisen unserer Zeit handelt, wird kaum jemand bestreiten. Widersprüchliche Ansprüche und Erwartungen an die Jugendlichen führen zu vorbewussten, zu unbewussten oder zu bewussten Protesthaltungen und zum Anspruch, die eigene Geschlechtsidentität selbst zu bestimmen zu können. „Detransitioners“, die nach Testosteronbehandlung und Mastektomie als vermeintliche „Trans-Jungen“ wenige Jahre später wieder als Frauen leben, haben den Mut, sich zu outen.

Aus ihren Geschichten, die sie in sozialen Medien wie YouTube veröffentlichen, können Transgender-Spezialistinnen und Spezialisten für die Diagnostik und die Indikationsstellung irreversibler geschlechtsangleichender Maßnahmen lernen, Fehlindikationen zu vermeiden.

Der Fortbildungsbedarf im Bereich der jugendpsychiatrischen und psychotherapeutischen Versorgung von geschlechtsvarianten Kindern und geschlechtsdysphorischen Jugendlichen ist seit der ersten Ausgabe des Buches 2017 unverändert hoch.

Überarbeitet wurden vor allem die Einleitung und das Diagnostik-Kapitel. Dabei habe ich mich bemüht, mich von affektgeladenen Debatten über konträre Einstellungen zur hormonellen Behandlung transsexueller Jugendlicher fernzuhalten, um auf die klinisch-handwerkliche Arbeit mit dem einzelnen Patienten zu fokussieren. Der Streit um gendergerechte Sprache bestimmt nicht nur die Diskurse von Intellektuellen, sondern ist zum Tagesthema in allen Medien und längst zum Politikum geworden.

Die neuen Leitlinien zur Behandlung der Geschlechtsinkongruenz bei Kindern und Jugendlichen lassen noch auf sich warten. Das hat auch seine positiven Seiten, denn so können die oben genannten Phänomene berücksichtigt und ausführlich diskutiert werden.

Hamburg, Juli 2021Wilhelm F. Preuss

Vorwort der Herausgeber

Kaum ein Bereich des menschlichen Lebens und der menschlichen Entwicklung unterlag weltweit in den letzten 10 Jahren so tiefgreifenden Veränderungen wie die Sexualität. Erst 30 Jahre nach der „sexuellen Revolution“ in den Industrienationen zeigen sich Veränderungen, die damals schon angemahnt worden sind, für die der Zeitgeist aber offensichtlich noch nicht bereit war. Der Aufweichung der strengen, vermeintlich biologisch bedingten Grenzen zwischen männlich und weiblich standen und stehen bis heute an Konventionen orientierte Zuschreibungen entgegen.

So wenig es darum geht, tatsächliche biologische Grenzen zu verleugnen, so sehr sollten individuelle Spektren von weiblich-androgyn-männlich gesehen und respektiert werden. Die Anerkennung eines dritten Geschlechts in Indien zeigt auf, welche gesellschaftlichen Entwicklungen möglich sind.

Sexualität ist auch in der aktuellen Kinder- und Jugendpsychiatrie und Psychotherapie ein Bereich, der immer noch sowohl diagnostisch als auch therapeutisch zu wenig Berücksichtigung findet. So sehr die Bedeutung sexuellen Missbrauchs Eingang gefunden hat in die tägliche klinische Praxis, so wenig kümmern wir uns um die sexuelle Entwicklung, um sexuelle Identität, Vorlieben, Irritationen. Nur wenige kinder- und jugendpsychiatrische Kollegen trauen sich die Diagnostik und Begleitung von geschlechtsdysphorischen oder Transgender-Patienten zu.

Es ist das Verdienst von Dr. Wilhelm Preuss, dass mit dem Erscheinen dieses Arbeitsbuches, wie er es nennt, das Thema der Geschlechtsdysphorie nicht mehr der persönlichen Fortbildung in den – ebenfalls wenigen – Instituten der Erwachsenen-Sexualtherapie in Deutschland überlassen werden muss. Auf der Basis eines fundierten Erfahrungsschatzes eines ganzen Berufslebens gehört Wilhelm Preuss zu den wenigen Psychiatern, Sexualtherapeuten und Psychotherapeuten, der sich aus der Behandlung von erwachsenen Patienten in Hamburg hin zu einem transitorischen Erfahrungsschatz entwickelt hat. In der gemeinsamen Ambulanz der Kinder- und Jugendpsychiatrie und der Sexualforschung unter der Leitung von Professor Peer Briken begleitet Wilhelm Preuss seit vielen Jahren die Diagnostik und Behandlung von Jugendlichen mit einer Transgenderentwicklung und überführt sie professionell in ihr Erwachsenenleben. Über diese Versorgung ohne Brüche ist eine optimale Behandlung und Begleitung möglich.

Das vorliegende Arbeitsbuch von Dr. Preuss ist ausführlich, differenziert und umfänglich. Es ermöglicht dem fachinteressierten Leser einen fundierten Einblick in die Bereiche der Geschlechtsdysphorie, Transidentität und Transsexualität im Kindes- und Jugendalter. Die genannten Begriffsbestimmungen zeigen auf, wie differenziert und gleichzeitig breit Wilhelm Preuss das Thema angeht. Das bezieht sich nicht nur auf die Begrifflichkeiten, sondern auch auf alle anderen Themen von der Diagnostik über die psychotherapeutische Behandlung bis zur endokrinologischen und operativen Geschlechtsumwandlung.

Das Verdienst von Wilhelm Preuss für die Kinder und Jugendlichen, die nicht im „richtigen“ Geschlecht aufwachsen, ist unermesslich. Möge sich dies in einer möglichst breiten und zufriedenen Leserschaft niederschlagen.

Hamburg und Heidelberg im Januar 2016

Michael Schulte-Markwort und Franz Resch

Vorwort des Autors

Gewidmet meinen Patienten,
von denen ich lernen durfte.

Das vorliegende Buch soll Kinder- und Jugendpsychotherapeuten, Kinder- und Jugendpsychiatern und Kinderärzten helfen, bei ihren heranwachsenden Patienten, Geschlechtsdysphorie und Geschlechtsidentitätsprobleme leichter und schneller zu erkennen, um eine geeignete Behandlung veranlassen zu können.

Der noch kleinen aber langsam wachsenden Schar von Kinder- und Jugendpsychiatern und -psychotherapeuten, die sich für die Behandlung von geschlechtsdysphorischen Kindern und Jugendlichen interessieren, soll mein Buch als praxisorientierte Anleitung für ihre klinische Arbeit dienen. Vielen Kindern und Jugendlichen, die unter geschlechtlichem Unbehagen oder Geschlechtsdysphorie leiden, ist schon mit wenigen Gesprächen einschließlich Beratung der Eltern oder mit einer psychotherapeutischen Behandlung geholfen. Für etwa ein Fünftel, maximal für ein Viertel der Kinder und Jugendlichen, die an geschlechtlichem Unbehagen leiden, reicht Psychotherapie alleine nicht aus. Wenn sich ihr geschlechtliches Unbehagen zu dauerhaft quälender Geschlechtsdysphorie steigert, können sie nur multimodal, d. h. mit zusätzlichen somatischen geschlechtsangleichenden Behandlungsmaßnahmen erfolgreich behandelt werden. Diese Jugendlichen leiden an einer transsexuellen Entwicklung bzw. an einer Transsexualität.

Der Begriff der Transsexualität wird hier über die Notwendigkeit einer hormonellen Behandlung definiert. In sozialen Kontexten spreche ich lieber von transidentischen Menschen oder von Transidentität.

Für Kinder- und Jugendtherapeuten, die bei transsexuellen Jugendlichen die Verantwortung für die Indikation einer pubertätsunterdrückenden Behandlung und später auch für eine gegengeschlechtliche Behandlung übernehmen, gibt es bisher keine einheitliche Bezeichnung. Ich wähle hier den Begriff „Transgender-Spezialist für Kinder und Jugendliche“ oder kurz „Gender-Spezialist“, wie er auch im Rahmen der Behandlung erwachsener transsexueller Patienten verwendet wird. Leider gibt es bisher in Deutschland noch sehr wenige „Transgender-Spezialisten für Kinder und Jugendliche“.

Lehrbücher und Standards bzw. Leitlinien zur Behandlung transsexueller Patienten sind notwendig und können als Unterstützung und Kontrolle für die klinische Arbeit hilfreich sein. Sie können sich aber auch durch falsch verstandene „Anwendungen“ sehr negativ auf jugendliche wie erwachsene transsexuelle Patienten auswirken. Gender-Spezialisten müssen sich immer wieder bewusst machen, dass die Befolgung starrer Normen und die Einteilung in Klassifikationen ihren Patienten schaden können. Aus dieser Erfahrung heraus möchte ich mein Buch nicht als Lehrbuch sondern als Arbeitsbuch verstanden wissen, das Anregungen geben soll, sich auf die spezifischen Bedürfnisse geschlechtsdysphorischer Kinder und Jugendlicher möglichst gut einzustellen.

Gender-Therapeuten müssen bereit sein, direkt von ihren Patienten zu lernen, um ihnen wirksam helfen zu können. Nur in der unmittelbaren Begegnung mit ihnen können Therapeuten ein Verständnis davon entwickeln, was es bedeutet, an einer anhaltenden Geschlechtsdysphorie zu leiden, und / oder transidentisch bzw. transsexuell zu sein.

Kein Kinder- und Jugendpsychotherapeut sollte zur Übernahme der Funktion eines Gender-Spezialisten (fremd-) bestimmt werden. Jede Gender-Spezialistin und jeder Gender-Spezialist muss für sich selbst entscheiden, ob sie oder er im individuellen Fall die Verantwortung für oder gegen die Indikation irreversibler geschlechtsangleichender Maßnahmen übernehmen kann oder will. Allerdings wäre es wünschenswert, wenn es in jeder größeren kinder- und jugendpsychiatrischen Behandlungseinheit Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter gäbe, die sich für geschlechtsdysphorische Kinder und Jugendliche interessieren.

Derzeit gibt es noch keine formalisierte Weiterbildung für Gender-Spezialisten, weder für erwachsene Patienten noch für Kinder und Jugendliche. Nur in wenigen Universitätskliniken wie Hamburg, Frankfurt, München, Münster oder Zürich bestehen Möglichkeiten, zum kinder- und jugendpsychiatrischen bzw. kinder- und jugendpsychotherapeutischen Gender-Spezialisten ausgebildet zu werden. Vor diesem Hintergrund würde ich mich freuen, wenn sich Kliniken melden, von denen mir bisher nicht bekannt war, dass es dort Gender-Spezialisten gibt.

Obwohl als klinisches Fachbuch konzipiert, würde ich mich freuen, wenn mein Buch auch „Fachkräften“ im psychosozialen Bereich helfen könnte, die Probleme transidentischer Jugendlicher, die (noch nicht) oder schon als „transsexuelle“ Patienten in Behandlung sind, noch besser zu verstehen. Dazu gehören z. B. Lehrer, Sozialarbeiter, Sozialpädagogen und Sexualpädagogen in der Jugendarbeit, die bereits vielfach wertvolle Arbeit leisten und auf Grund ihrer so gewonnen Erfahrung schon zu wichtigen Multiplikatoren für die Belange von Trans-Jugendlichen geworden sind.

Das vorliegende Buch stützt sich auf meine über zwanzigjährige Erfahrung in der Behandlung von erwachsenen transsexuellen Patienten, die in unterschiedlichen Ausprägungen retrospektiv betrachtet einmal geschlechtsdysphorische Kinder und Jugendliche waren, und meine daraus erwachsene über zehnjährige Erfahrung in der Behandlung von transsexuellen Jugendlichen. Diese Erfahrungen haben sich erweitert und vertieft, nachdem ich am Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf mit Kolleginnen und Kollegen der Klinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie, -psychotherapie und -psychosomatik (Direktor Prof. Dr. med. Michael Schulte-Markwort) und des Instituts für Sexualforschung und Forensische Psychiatrie (Direktor Prof. Dr. med. Peer Briken) die „Interdisziplinäre Sprechstunde für Kinder und Jugendliche mit Problemen der Geschlechtsidentität“ mit aufbauen konnte. Sie trägt jetzt den offiziellen Namen: „Spezialsprechstunde Unsicherheiten in der Geschlechtsidentität (Geschlechtsdysphorie)“, unter dem sie auch auf der Web-Site des Universitätsklinikums Hamburg-Eppendorf zu finden ist.

Insofern ich kein Kinder- und Jugendpsychiater bin, handelt es sich bei diesem Buch nicht um ein kinder- und jugendpsychiatrisches Werk im formalen Sinne. Es ist jedoch geschrieben für Kinder- und Jugendpsychiater und Kinder- und Jugendpsychotherapeuten, denen ich meine klinischen Erfahrungen und Reflektionen bei der Behandlung geschlechtsdysphorischer Kinder und Jugendlicher sowie transsexueller Jugendlicher zur Verfügung stellen möchte.

Mein Dank gilt vor allem meinen Team-Kolleginnen und Kollegen Saskia Fahrenkrug, Julia Schweitzer, Inga Becker, Timo O. Nieder, Johannes Fuß und Viktoria Märker, die mir wichtige Hinweise zu den Autismus-Spektrum-Störungen gab. Achim Wüsthof, mit dem ich 2003 das erste transsexuelle Mädchen (geburtsgeschlechtlich ein Junge) am Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf behandelt habe (Preuss 2005) danke ich dafür, dass ich auf seine Empfehlungen zur hormonellen Behandlung zurückgreifen durfte. Georg Romer und Birgit Möller (Münster / Westfalen), sowie Hertha Richter-Appelt sei gedankt, dass ich mit ihnen die Spezialambulanz für geschlechtsdysphorische Kinder und Jugendliche aufbauen konnte. Meinen Kolleginnen Susanne Cerwenka, Franziska Brunner, Christina Handford und Urszula Martyniuk möchte ich für wichtige wissenschaftliche und klinische Anregungen danken. Herrn Silvano Barbieri danke ich für seine Hilfe bei der Zusammenstellung der Links. Für wertvolle Rückmeldungen während der Erstellung des Manuskripts danke ich sehr herzlich Katrin Schümann-Riquelme, Horacio Riquelme, Karin Heister-Grech, Ute Lampalzer und Katinka Schweizer, die mir half, die aktuellen Entwicklungen im Bereich Intersexualität bzw. „Divergenter Sexueller Entwicklungen“ zu berücksichtigen. Besonders herzlich gedankt sei Frau Diana Pflichthofer, die mir Mut gemacht hat, mich an das Projekt eines Ein-Autoren-Buches zu wagen. Ich danke auch meiner Familie, Eric Weinberger (Ashville, North Carolina), Annette Güldenring und allen Freunden und Kollegen, die mich emotional während der Arbeit am Manuskript unterstützt haben, sowie meiner wunderbaren Lektorin Frau Ulrike Landersdorfer für ihre professionelle und menschliche Unterstützung. Michael Schulte-Markwort danke ich, dass er mich in Kontakt mit dem Ernst Reinhardt Verlag gebracht hat. Zuletzt möchte ich noch meinen Förderern und Lehrern Gunter Schmidt und Friedemann Pfäfflin danken. Zu meinen Lehrern zähle ich auch Domenico Di Ceglie (London) und Peggy Cohen-Kettenis (Amsterdam). Peggy Cohen-Kettenis hat mit ihrem Team durch ihre unermüdliche klinisch-wissenschaftliche Pionierarbeit und durch ihre außergewöhnlich integrative Kraft die multimodale Behandlung transsexueller Jugendlicher überhaupt erst entwickelt und darüber hinaus viele andere Behandlungsteams ermutigt und dabei unterstützt, es ihr und ihrem niederländischem Team nachzutun.

Hamburg, Januar 2016Wilhelm F. Preuss

Einleitung

Seit 2003 werden in Deutschland Trans-Jugendliche hormonell behandelt. Im Fernsehen, in Print- und Internet-Medien wird immer wieder von ihnen berichtet. Die meisten Trans-Jugendlichen nutzen die sozialen Medien, um sich zu informieren, sich auszutauschen oder um informelle Peer-Gruppen zu bilden. Viele von ihnen veröffentlichen den Verlauf ihrer Transition online, z. B. auf dem Videoportal YouTube. Darüber hinaus hat sich das Gender-Spektrum bei Adoleszenten eindrucksvoll erweitert. Im Internet zeigen sich nun auch „non-binäre“ Jugendliche, die sich weder dem weiblichen noch dem männlichen Geschlecht zuordnen lassen wollen. Neuerdings outen sich auch „Detransitioners“ mit ihren Problemen und tauschen ihre unterschiedlichen Erfahrungen aus. Meistens handelt es sich um junge Frauen, die ihre Transition von Frau zu Mann als Jugendliche rückgängig gemacht haben. Von ihnen wird gleich noch die Rede sein.

In den letzten Jahren wurden Gender-Spezialistinnen und Spezialisten im kinder- und jugendpsychiatrischen Bereich mit ständig steigenden Patientenzahlen konfrontiert. In der gesamten westlichen Welt wurden die Spezialambulanzen von einem „Tsunami“ (Ehrensaft 2017) geschlechtsdysphorischer Jugendlicher „überschwemmt“. Allenthalben ist eine enorme Zunahme von Jugendlichen mit weiblichem Körpergeschlecht zu verzeichnen, die sich für „Trans-Männer“ halten (Becker-Heblij et al. 2020). Unter diesen gibt es wiederum auffallend viele, die erst mit dem Eintritt in die weibliche Pubertät unter Geschlechtsdysphorie zu leiden beginnen. Für dieses Phänomen prägte Littman (2019) in einer Studie, in der Eltern geschlechtsdysphorischer Jugendlicher befragt wurden, den umstrittenen Begriff „Rapid Onset Gender Dysphoria (ROGD)“. Betroffene Eltern machen sich verständlicherweise Sorgen, wenn sich ihre Kinder in der Pubertät „plötzlich, scheinbar aus dem Nichts“ mit dem anderen Geschlecht identifizieren. Zumeist sind es Mädchen, die überzeugt sind, Trans-Jungen bzw. Trans-Männer zu sein.

Die fremdanamnestisch gewonnenen Daten zur „Rapid Onset Gender Dysphoria“ beschreiben Merkmale einer sehr heterogenen Gruppe von Jugendlichen. Unter ihnen können sich einerseits Heranwachsende befinden, die ihr geschlechtliches Unbehagen in der Kindheit verdrängt haben oder ihre Geschlechtsdysphorie bis zur Exazerbation in der Pubertät erfolgreich vor den Eltern verbergen konnten; andererseits können sich in der ROGD-Gruppe Jugendliche befinden, die tatsächlich erstmals mit den körperlichen Veränderungen in der Pubertät unter quälender Geschlechtsdysphorie leiden. Laut meiner Einschätzung liegen bei einer „Rapid Onset Gender Dysphoria“ die Voraussetzungen für die Indikation einer gegengeschlechtlichen Behandlung nicht vor. Wenn eine hormonelle Intervention in Einzelfällen schließlich dennoch unumgänglich erscheint, muss der diagnostische Prozess sehr sorgfältig und lange genug im Rahmen einer entwicklungsfördernden Psychotherapie durchgeführt werden. Alle von mir gesichteten Selbstberichte von „Detransitioners“ deuten darauf hin, dass dies bei ihnen nicht der Fall war.

Dass es sich bei dem Phänomen der „Detransitioners“ um eine beunruhigende Entwicklung handelt, zeigt exemplarisch der Fall von Keira Bell (BBC 2020a). Keira Bell hatte die renommierte Tavistock- und Portman-Klinik verklagt, weil sie dort ihrer Meinung nach als jugendliche Patientin zu schnell die Indikationen für eine Testosteron-Behandlung und für die Mastektomie erhalten hatte. Das Oberste Sozialgericht von England (The Royal Court) gab der Klägerin recht und fällte darüber hinaus ein Grundsatzurteil, das Jugendlichen unter sechzehn Jahren abspricht, in eine gegengeschlechtliche Hormonbehandlung mit irreversiblen Körperveränderungen einwilligen zu können (BBC 2020b).

Das Grundsatzurteil des englischen Gerichts, das derzeit angefochten wird, zeigt, wie wichtig es ist, die entwicklungsabhängigen Kriterien „Einwilligungsfähigkeit“, „Einsichtsfähigkeit“ und „Urteilsfähigkeit“ zu beachten, wenn für eine Patientin oder für einen Patienten körperverändernde Maßnahmen in Frage kommen.

Auch in Deutschland haben sich junge Frauen gemeldet, die ihre Transition von Frau zu Mann als Jugendliche bereuten und deshalb eine „Detransition“ unternahmen. Das heißt, sie wechselten zurück in die weibliche Geschlechtsrolle, obwohl sie ihre weibliche Stimmlage durch eine Testosteronbehandlung verloren und manche sich schon einer Mastektomie unterzogen hatten (Schmitz 2021).

Gender-non-konforme Jugendliche und junge Leute, die sich nicht binär-polar geschlechtlich verorten lassen wollen, bezeichnen sich als „gender-fluid“, „gender-queer“ oder „trans*“ (gesprochen: „Trans mit Sternchen“). Dazu gehören auch Jugendliche und junge Erwachsene, die auf das Recht der geschlechtlichen Selbstbestimmung pochen und sich als „non-binär“ („non-binary“) bezeichnen. Meistens bestehen sie darauf, dass ihre Gesprächspartner geschlechtsneutrale Neo-Pronomen benutzen: „they“ an Stelle von „sie“ oder „er“ und „them“ an Stelle von „ihr(e)“ oder „sein(e). Trans-Männern ganz ähnlich fordern auch „non-binäre“ Jugendliche irreversible Brust-Transformationen ein (YouTube 2021).

Jugendliche Patienten, bei denen eine „Rapid Onset Gender Dysphoria“ vorliegt, und die sich als trans* oder auch als non-binär verstehen, können Gender-Spezialisten und Psychotherapeuten in enorme diagnostische Schwierigkeiten bringen. Deshalb werde ich im Diagnostik-Kapitel 6 auf die starke Zunahme von „Trans-Jungen“ näher eingehen.

Mit Transition ist der mindestens ein bis zwei Jahre dauernde Prozess des Übergangs in die Geschlechtsrolle gemeint, die dem empfundenen Geschlechtsidentitätsgefühl der Trans-Mädchen bzw. der Trans-Jungen entspricht. Zum Prozess der Transition gehören das Coming-Out, die Alltagserprobung, die begleitende psychotherapeutische Behandlung durch einen Gender-Spezialisten, eine pubertätsunterdrückende Behandlung und die darauffolgende gegengeschlechtliche Hormonbehandlung durch einen qualifizierten Endokrinologen, sowie die gesetzlich mögliche – aber für eine Behandlung nicht erforderliche – Vornamens- und Personenstandsänderung nach dem so genannten Transsexuellengesetz (TSG).

Nicht immer lässt sich im Folgenden eine einheitliche Handhabung der Begriffe „Kinder“ und „Jugendliche“ durchhalten, weil die Trennlinien zwischen Kindheit und Jugend im Hinblick auf Entwicklungsalter und gesetzliches Alter individuell variieren.

Betrachtet man das numerische Alter, an das sich die Gesetzgebung hält, ist mit einem „Kind“ eine Person gemeint, die das 14. Lebensjahr noch nicht vollendet hat. Als „Jugendlicher“ gilt, wer älter als 14 und noch keine 18 Jahre alt ist. Mit 18 Jahren ist gesetzlich der Status eines Erwachsenen erreicht.
Nach entwicklungspsychologischer Einteilung endet die Kindheit mit dem Beginn der Pubertät. Der Beginn der körperlichen Pubertät, der schon mehrere Jahre vor dem 14. Lebensjahr (also schon im gesetzlichen Kindesalter) einsetzen kann, markiert gleichzeitig den Anfang der Adoleszenz bzw. der Jugendzeit.

Aus methodischer Vorsicht werden die Begriffe „Trans-Kind“ oder „transsexuelle Kinder“ im Folgenden vermieden. Dafür gibt es zwei Gründe: 1. Ich verwende die Begriffe „Transsexualität“ oder „transsexuell“ immer dann, wenn im klinischen Kontext somatische geschlechtsangleichende Maßnahmen in Frage kommen. Die Bezeichnung „transsexuelles Kind“ könnte suggerieren, dass schon „Kinder“ hormonell behandelt werden, ohne dass klar ist, ob es sich um eine Person unter 14 Jahren handelt oder um eine Person, die entwicklungsmäßig noch präpubertär ist. Klar ist, dass vor der Pubertät eine „pubertätsunterdrückende Behandlung“ nicht möglich ist. 2. Wie die empirische Forschung zeigt (Steensma et al. 2013b), entwickelt der größte Teil der (präpubertären) Kinder, die unter Geschlechtsdysphorie leiden und die Kriterien für die Diagnose „Geschlechtsidentitätsstörung im Kindesalter“ nach ICD-10 erfüllen, im weiteren Verlauf ihrer Adoleszenz keine Transsexualität und damit keine Transidentität.

Würde man hingegen Jugendlichen mit gesicherter Diagnose transsexuelle Entwicklung eine hormonelle Behandlung vorenthalten, so würde sich ihr Leiden unter ihren nicht stimmig empfundenen Geschlechtsmerkmalen (Geschlechtsdysphorie) nachhaltig schädigend auf ihre psychische Entwicklung auswirken. Dazu muss die geschlechtsangleichende Hormonbehandlung möglichst in eine entwicklungsbegleitende psychotherapeutische Behandlung mit ausreichender Betreuungsintensität und Betreuungsdauer eingebettet sein. Oft ist dafür das Setting einer „verteilten Behandlung“ erforderlich, d. h. parallel zur Behandlung durch die Gender-Spezialistin ist noch eine kinder- und jugendpsychotherapeutische Mitbehandlung z. B. durch eine wohnortnahe Therapeutin notwendig.

Ich habe mich bemüht, die jeweiligen Themen mit kürzeren Fallgeschichten zu illustrieren. Die aufgenommenen Fallvignetten sind mit Absicht in denjenigen Aspekten, die für den Zusammenhang nicht wichtig sind, verfremdet. Alle genannten Namen sind verändert bzw. anonymisiert. Bei ausführlichen Darstellungen von Behandlungsfällen habe ich das Einverständnis der Patienten eingeholt.

Am Schluss der Einführung möchte ich noch zwei Anmerkungen zur Sprachwahl bei der Verfassung meines Buches machen. Diagnosen, Klassifikationen, Begriffe, Konstrukte, Auffassungen von der Geschlechtlichkeit des Menschen usw. verändern sich im Lauf der Zeit. Ich bin mir darüber im Klaren, dass ich nicht in allen Abschnitten meines Buches eine gendergerechte Sprache verwende, die allen Ansprüchen gerecht wird. Man möge mir dies nachsehen. Im vorliegenden Text verwende ich „Transsexualität“, (selten) „Transsexualismus“, „Transidentität“ und die zugehörigen Adjektive „transsexuell“ und „transidentisch“ synonym bzw. als kontextabhängig austauschbar. In nicht-klinischen Zusammenhängen ziehe ich es vor, anstatt von „transsexuellen Menschen“ von „transidentischen Menschen“ zu sprechen. Der Begriff „Transgender“ wird meistens synonym zu den vorgenannten Begriffen verwendet. Manchmal dient er zur Bezeichnung von Menschen, die – ausgehend von ihrem Körpergeschlecht – in der für sie passenden Geschlechtsrolle ohne geschlechtsangleichende Operationen leben. Der Begriff „Trans*“ (gelesen: Trans mit Sternchen) wird als Oberbegriff (umbrella term) für eine Vielfalt von geschlechtsvarianten Identitäten zwischen den beiden herkömmlichen Geschlechtern benutzt. Beispiele sind: „gender-queer“ oder „in- between“.

Gender-Spezialistinnen und -Spezialisten brauchen ein hohes Maß an Sprachgefühl, sprachliche Flexibilität, sprachkritisches Verständnis und Reflexionsvermögen. Das gilt hinsichtlich des Sprechens mit Patienten, die während ihrer Transition oft sehr vulnerabel und sprachempfindlich sind; das gilt aber auch hinsichtlich des fachlichen Austausches mit Kolleginnen und Kollegen, besonders bei Diskussionen, in denen es zu Kontroversen kommt. Ein und derselbe Begriff kann aus verschiedenen Perspektiven völlig konträre affektive Reaktionen hervorrufen.

Bei der Verwendung des Genus, d. h. des grammatikalischen Geschlechts, habe ich mich für die Nennung beider Geschlechter entschieden. Nur manchmal greife ich z. B. bei Pluralformen auf das generische Maskulinum zurück. Ich bedauere, dass aus verschiedenen Gründen eine sprachliche Inklusion non-binärer Geschlechtsidentitäten nicht möglich war.

1 Einführung in die Klinik

Unter dem Begriff der Geschlechtsdysphorie versteht man das Leiden, das entsteht, wenn das zugewiesene Geschlecht mit dem empfundenen und / oder zum Ausdruck gebrachten Geschlecht nicht übereinstimmt (Steensma et al. 2013).

Bei anhaltender Geschlechtsdysphorie kann sich ein Geschlechtsidentitätsempfinden entwickeln, das nicht mit den körperlichen Geschlechtsmerkmalen übereinstimmt.

Geschlechtsidentitätsempfinden

Die Qualität des Geschlechtsidentitätsempfindens

oder auch des Geschlechtsidentitätsgefühls

oder auch des Geschlechtszugehörigkeitsempfindens

oder auch des geschlechtlichen Zugehörigkeitsempfindens

oder auch des geschlechtlichen Zugehörigkeitsgefühls

kann nur annähernd umschrieben werden.

Es handelt sich um

das Empfinden,

das Grundgefühl,

die innere Überzeugung,

das Wissen,

die Gewissheit,

dem weiblichen oder dem männlichen Geschlecht

oder einer anderen Geschlechtsidentität aus dem Gender-Spektrum

anzugehören.

Den Begriff Geschlechtsidentitätsempfinden könnte man auch durch Begriffe wie „Geschlechtszugehörigkeitsempfinden“ oder „Geschlechtsidentitätsgefühl“ oder „Geschlechtszugehörigkeitsgefühl“ austauschen.

Die Begriffe „Geschlechtsidentitätsempfinden“ oder „Geschlechtszugehörigkeitsempfinden“ haben den Vorteil, dass sie rein phänomenologisch, subjekt-nah und konstrukt-fern, und damit alltagssprachlich, verwendet werden können. „Subjekt-nah“ heißt: es wird nach dem subjektiven Erleben des Patienten gefragt, eben nach seinem „Empfinden“. „Konstrukt-fern“ will sagen, dass sich die Frage nach dem Empfinden von Konstrukten wie „Kerngeschlechtsidentität“ oder „Geschlechtsidentität“ fernhalten will.

Empfinden beschreibt, was ein Mensch in sich als gegeben vorfindet. Was ein Mensch in sich vorfindet, kann er sich nicht aussuchen.

Wenn Gender-Spezialisten vor Psychotherapeuten über die Behandlung transsexueller Patienten sprechen, kommen in Diskussionen schnell zwei emotional aufgeladene Themen zur Sprache, die auch beim Lesen von wissenschaftlichen Artikeln oder Fachbücher zum Thema Transsexualität aktiviert werden können. Zum einen werden „Beweise“ gefordert, dass man mit Hilfe psychogenetischer Theorien Transsexualität nicht heilen kann, und dass man das damit verbundene Leiden, die Geschlechtsdysphorie, d. h. „im falschen Körper“ leben zu müssen, nur mit einer gegengeschlechtlichen Hormonbehandlung und geschlechtsangleichenden Operationen effizient behandeln kann. Zum anderen aber geht es immer um die heikle Frage, wie die behandelnden Gender-Spezialisten diejenigen Patienten, denen nur mit zusätzlichen somatischen Behandlungsmaßnahmen zu helfen ist, von denjenigen unterscheiden können, bei denen das nicht möglich ist oder gar gefährlich werden kann. Diese Frage erweist sich als eine besonders brisante, wenn es um Kinder und Jugendliche geht, bei denen mit geschlechtsangleichenden Behandlungsmaßnahmen entscheidende Weichen für ihr zukünftiges Leben gestellt werden.

Meiner Erfahrung nach lassen sich tiefgreifende Geschlechtsidentitätsstörungen, für die somatische geschlechtsangleichende Maßnahmen nicht – oder noch nicht – in Frage kommen, am besten in Abgrenzung zur Transsexualität darstellen, also jener Form der Geschlechtsdysphorie, die ohne somatische Behandlungsmaßnahmen nicht auskommt. Es erschien mir schwierig, eine Darstellung passagerer geschlechtsdysphorischer bzw. „nicht-transsexueller“ Leidenszustände der Darstellung transsexueller Entwicklungen voranzustellen. Aus didaktischen Gründen soll es deshalb in diesem Kapitel nur um transsexuelle Jugendliche gehen. Wie man transsexuelle Jugendliche diagnostisch von anderen Jugendlichen unterscheiden kann, die nicht dauerhafte (passagäre, vorübergehende) Formen von Geschlechtsdysphorie zeigen, wird im Kapitel 6 „Diagnostik“ ausführlich behandelt werden.

Trans-Mädchen
Trans-Jungen

Es gibt Jungen, die sich als Mädchen fühlen und darunter leiden, dass sie den Körper eines Jungen haben. Sie werden im Folgenden als Trans-Mädchen bezeichnet. Und es gibt Mädchen, die sich als Jungen fühlen und darunter leiden, dass sie den Körper eines Mädchens haben. Sie werden im Folgenden als Trans-Jungen bezeichnet. Man spricht von transsexuellen oder auch von transidentischen Jugendlichen, von Transgender-Jugendlichen oder kurz von Trans-Jugendlichen. Manchmal trifft man auch den aus dem amerikanischen Englischen stammenden umgangssprachlichen Ausdruck „Transgender-Kids“.

Trans-Mädchen wollen zu den Mädchen gehören wie andere Mädchen auch. Ebenso wollen Trans-Jungen zu den Jungen gehören wie andere Jungen auch. Trans-Mädchen wollen sich als Mädchen und Trans-Jungen als Jungen ausdrücken, verhalten, kleiden, und sie wollen als Mädchen bzw. als Jungen gesehen, akzeptiert und behandelt werden. Das heißt auch, sie wollen mit einem Mädchennamen bzw. mit einem Jungennamen gerufen und angesprochen werden. Trans-Mädchen brauchen andere Mädchen bzw. eine Mädchen-Peer-Gruppe, wie Trans-Jungen andere Jungen bzw. eine Jungen-Peer-Gruppe für ihre Persönlichkeitsentwicklung genau so dringend wie nicht-transsexuelle Mädchen und Jungen eine gleichgeschlechtliche Peer-Gruppe für ihre Entwicklung zu erwachsenen Persönlichkeiten brauchen.

geschlechtliches Unbehagen

Alles wäre halb so schlimm, wenn Trans-Jugendliche nicht auch noch unter ihren nicht stimmigen körperlichen Geschlechtsmerkmalen enorm leiden würden und zwar ganz unabhängig davon, ob sie von ihrer Umwelt als Trans-Mädchen oder als Trans-Jungen akzeptiert werden oder nicht. Spätestens mit Eintritt in die Pubertät werden sie massiv damit konfrontiert, dass ihre Geschlechtsteile und ihre sekundären Geschlechtsmerkmale nicht zu ihrem Empfinden passen. Man nennt dieses Leiden geschlechtliches Unbehagen oder Geschlechtsdysphorie. Genauer müsste man von anhaltender Geschlechtsdysphorie sprechen, denn es gibt auch nicht anhaltende Erscheinungsformen der Geschlechtsdysphorie, z. B. bei manchen pubertierenden Jugendlichen beiderlei Geschlechts. Dann würde man von einer vorübergehenden oder passagären Geschlechtsdysphorie sprechen. Seit die noch im DSM-IV gültige Diagnose „Geschlechtsidentitätsstörung im Kindesalter“ im DSM-5 als „Geschlechtsdysphorie im Kindesalter“ gefasst worden ist, neigen manche Kliniker dazu, den Begriff der Geschlechtsdysphorie verengend nur noch im Sinn der anhaltenden Geschlechtsdysphorie zu verwenden.

Leidensdruck

Wie groß der Leidensdruck unter einer unbehandelten Geschlechtsdysphorie werden kann, zeigen die Befunde aus Studien über Inanspruchnahme-Populationen von Spezialambulanzen. In 20 % – 50 % der Fälle ist es zu Selbstverletzungen gekommen. Bei 10 % der Patienten fanden sich Suizidversuche in der Vorgeschichte. Der Prozentsatz derjenigen, die unter Suizidgedanken leiden ist um ein Vielfaches höher. Circa 40 % – 60 % der Patienten hatten zusätzliche psychiatrische Diagnosen. Am häufigsten waren affektive Störungen (F30–F39), neurotische Störungen, Belastungsstörungen und somatoforme Störungen (F40–48) (Becker I. et al. 2014). Dazu muss gesagt werden, dass sich die subjektiven Erlebensweisen und die sichtbaren Verhaltensweisen unter dem Leidensdruck einer tiefgreifenden und anhaltenden Geschlechtsdysphorie nur schwer von reaktiven Symptombildungen mit entsprechend diagnostizierbaren psychischen Begleiterkrankungen (z. B. Flucht in süchtiges Verhalten) unterscheiden lassen. Kompliziert wird es, wenn komorbide psychische Störungen indirekt mit der Geschlechtsidentitätsproblematik in Verbindung stehen (z. B. Traumatisierung in Folge von Misshandlungen durch einen Elternteil, das versucht hat, dem Kind das Cross-Dressing auszutreiben). Darüber hinaus können – statistisch zufällig – körperliche und psychische Komorbiditäten auftreten, die nichts mit der Geschlechtsidentitätsstörung zu tun haben.

Ca. 80 % der Kinder und Jugendlichen, die sich mit einer tiefgreifenden Geschlechtsdysphorie in der Hamburger Spezialambulanz melden, bitten um eine gegengeschlechtliche Hormontherapie. Oft wird schon am Beginn der Behandlung der Wunsch nach chirurgischen geschlechtsangleichenden Maßnahmen vorgebracht, insbesondere von Trans-Jungen, d. h. Jugendlichen mit einer Entwicklung von Frau zu Mann, die extrem unter ihren Brüsten leiden. An dieser Stelle sei angemerkt, dass es sich nicht um jugendliche Patienten handelt, die an verschiedenen Formen geschlechtlichen Unbehagens unterschiedlicher Intensität leiden, sondern um geschlechtsdysphorische Jugendliche, die unter einem sehr starken und anhaltenden Leidensdruck stehen und die sich (meistens) zutreffend als „transsexuell“ d. h. somatisch behandlungsbedürftig einschätzen. Ihre psychosexuelle Entwicklung, ja ihre gesamte Persönlichkeitsentwicklung – ihre Individuation –, wäre ohne eine geschlechtsangleichende Hormonbehandlung schwer beeinträchtigt. Sie würden Schaden an ihrer Seele nehmen: so wie viele transsexuelle Frauen und Männer, die erst spät in ihrem Leben ihr Coming-Out geschafft haben. Bei vielen transsexuellen Menschen kommt es erst dann zu einer Öffnung, wenn für sie ein Weiterleben in der nie passenden Geschlechtsrolle unerträglich geworden ist, und sie unter den aufgesammelten psychischen Problemen zusammenbrechen: depressive Zustandsbilder aller Art bzw. affektive Störungen, Persönlichkeitsstörungen, posttraumatische Belastungsreaktionen, Angsterkrankungen, Suchterkrankungen, Essstörungen, psychosomatische Krankheitsbilder, etc.

Heute kann man Transgender-Jugendliche erfolgreich behandeln. Ihr Leiden unter ihrer Geschlechtsdysphorie kann nachhaltig gelindert werden. Erst dadurch können Voraussetzungen geschaffen werden, dass sie sich in ihrer empfundenen Geschlechtsidentität und der Geschlechtsrolle, die dazu passt, psychisch gesund entwickeln können. Das haben die Erfahrungen seit etwa 1998 in den Niederlanden und den USA, seit 2003 in Deutschland, und seit 2008 in England gezeigt. Hier zwei Beispiele:

Hanna (15) wurde als Junge geboren. Sie ist mit einem zehn Jahre älteren Halbbruder bei ihren Eltern in einer Universitätsstadt aufgewachsen. Ihr Vater ist Literaturwissenschaftler, ihre Mutter Krankengymnastin. Beide Eltern beschreiben Hanna als lebhaftes, intelligentes Kind. Sie habe schon im Vorschulalter klar geäußert, dass sie sich als Mädchen fühle, habe Mädchenspiele bevorzugt und fast nur Mädchenbücher gelesen. Sie habe durchgehend weibliches Rollenverhalten gezeigt und immer darauf bestanden zu Hause nur weibliche Kleidung zu tragen. Mit zwölfeinhalb Jahren habe sie mit voller Unterstützung ihrer Klassenlehrerin und der Schulleitung ihren Rollenwechsel von Junge zu Mädchen vollzogen. Sie sei ohne Probleme als Mädchen akzeptiert worden. Es habe weder Ausgrenzungen noch Mobbing gegen sie gegeben. Sie habe unter ihren Klassenkameradinnen Freundinnen gefunden, von denen sie sich „beschützt“ fühle. Sie habe unter massiven Ängsten vor dem männlichen Stimmbruch gelitten, so dass ab ihrem 13. Lebensjahr eine pubertätsunterdrückende Behandlung erfolgt sei. Sie trage auch nachts einen Mädchen-BH mit Einlagen. Im Alter von 14 Jahren erfolgte schließlich auch die gegengeschlechtliche Hormonbehandlung, die Hanna weiter entlastete und beruhigte.

Adrian (15) kam als Mädchen auf die Welt. Er wuchs bei seinen Eltern mit einer älteren Schwester und einer jüngeren Schwester in einer Kleinstadt auf. Der Vater ist Lehrer, die Mutter gelernte Krankenschwester. Die Eltern berichteten übereinstimmend, dass Adrian von Anfang an Mädchenkleidung strikt abgelehnt habe. Schon im Kindergarten habe er auffallend viele Jungen als Freunde gehabt. Er habe stets gute Schulleistungen erbracht und sei bei seinen Klassenkameraden immer beliebt gewesen. Nach seinem Rollenwechsel von Mädchen zu Junge (siehe unten) sei er sogar zum Klassensprecher gewählt worden. Die erste Regelblutung habe er mit elf Jahren bekommen. Damals sei er zunehmend „unglücklicher, aggressiver und depressiver“ geworden und habe begonnen, sich heimlich Selbstverletzungen durch Ritzen zuzufügen. Schließlich sei er so verzweifelt gewesen, dass er einen Suizidversuch unternommen habe, indem er aus dem Fenster gesprungen sei. Danach sei er sechs Wochen stationär in einer Kinder- und Jugendpsychiatrischen Klinik behandelt worden. Im Verlauf dieser Behandlung habe er sich mit seinem Problem öffnen können. Adrian berichtet, dass er sein Coming-Out und die Akzeptanz als Junge durch seine Eltern und Schwestern als „pure Erlösung“ empfunden habe. Noch vor seinem offiziellen Rollenwechsel habe er Anschluss in einer „intellektuellen Punker-Gruppe“ gefunden. Mit 14 Jahren vollzog Adrian seinen Rollenwechsel am Gymnasium. Nach den Sommerferien erschien er in der neuen Klasse als Junge und wurde sofort allseits als Junge akzeptiert. Andere Jungen suchten seine Freundschaft. Nach wenigen Monaten lernte er ein gleichaltriges heterosexuelles Mädchen kennen, mit der er eine feste Beziehung begann. Adrian war von seiner Kinder- und -Jugendpsychiaterin, bei der er nach seiner Entlassung eine Behandlung begonnen hatte, auf die Interdisziplinäre Sprechstunde für Kinder und Jugendliche mit Problemen der geschlechtlichen Identität am Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf verwiesen worden. Mit 13 Jahren erhielt er eine medikamentöse Behandlung zur Unterdrückung der Regelblutungen und mit 14 Jahren eine Behandlung mit Testosteron. Schließlich wurde die Vornamensänderung vollzogen.

Bei diesen beiden Fallgeschichten handelt es sich um Jugendliche, die in klinischer Hinsicht keine zusätzlichen psychopathologischen Symptome ausgebildet hatten. Die Indikation einer pubertätsaufhaltenden Behandlung und einer frühen gegengeschlechtliche Hormonbehandlung hat sich im weiteren Verlauf bei beiden Fällen als richtig erwiesen.

2 Die Beachtung der verschiedenen Perspektiven

Die American Psychological Association and the National Association of School Psychologists (APA) erklärt auf ihrer Web-Seite (siehe unten), dass gleichgeschlechtliches sexuelles Verhalten und gleichgeschlechtliche erotische Anziehung, Verliebtheit und Gefühle als positive Varianten menschlicher Sexualität normal sind, unabhängig von der sexuellen Orientierung. Darüber hinaus erklärt die APA, dass unterschiedliche geschlechtliche Ausdrucksformen ungeachtet der Geschlechtsidentität und der verschiedenen Geschlechtsidentitäten jenseits oder außerhalb einer binären Klassifikation ebenfalls als positive Varianten menschlicher Erfahrungen normal sind. http://www.apa.org/about/policy/orientation-diversity.aspx; 15.01.2016

Ich stelle diese Erklärung der APA an den Anfang dieses Kapitels, weil sie für alle angesprochenen Gruppen relevant ist. Es dient als Beispiel für zahlreiche Erklärungen von Fachverbänden in psychosozialen, psychotherapeutischen und psychiatrischen Bereichen, die sich bemühen, Homosexualität, Intersexualität (DSD), d. h. diverse bzw. unterschiedliche sexuelle Entwicklungen, und Transsexualität und Geschlechtsidentitäten jenseits der binären Geschlechterordnung zu entpathologisieren und sie als Normvarianten bzw. als positive Spielarten menschlichen So-Seins auffassen.

Vielfältigkeit von Geschlecht und Sexualität

Geschlechtsdysphorische Kinder und Jugendliche brauchen von ihren Eltern Aufmerksamkeit, Verständnis und Unterstützung. Transsexuelle Jugendliche, die einen Rollenwechsel schon gewagt haben oder erst noch vorhaben, sind ganz besonders auf die Akzeptanz ihrer Eltern, ihrer Lehrer, ihrer Klassenkameraden und ihrer sozialen Umwelt angewiesen. Damit nicht genug: Geschlechtsdysphorische Kinder und Jugendliche, vor allem aber Jugendliche, die sich transsexuell entwickeln, brauchen eine Behandlung durch spezialisierte Kinder- und Jugendpsychiater bzw. Psychotherapeuten. Meistens ist darüber hinaus zusätzlich eine begleitende Psychotherapie in Wohnortnähe notwendig. Sobald eine pubertätsunterdrückende Behandlung indiziert ist, kommt zum Behandlungsteam noch ein Kinder-Endokrinologe hinzu, der gegebenenfalls später auch die gegengeschlechtliche Hormonbehandlung übernimmt. Für die Patienten und ihre Eltern ist es wichtig, dass die beteiligten Therapeutinnen und Therapeuten gut zusammenarbeiten.

Die Einzel-Darstellung der verschiedenen Perspektiven aller genannten Beteiligten hat zum Ziel, die Zusammenarbeit zwischen den jungen Patienten, die ja die Hauptpersonen sind, deren Eltern und den verschiedenen professionellen Helfern zu verbessern. Jeder Patient versammelt um sich herum gleichsam sein eigenes interdisziplinäres Gender-Team (wohnortnaher Kinder- und Jugendpsychotherapeut, Gender-Spezialist, Endokrinologe, später auch noch Operateure). Mit jedem einzelnen der Therapeuten müssen Termine abgemacht, koordiniert und eingehalten werden. Wenn im Verlauf des Rollenwechsels eine Vornamens- und Personenstandsänderung beantragt wird, sind zusätzlich noch Besuche bei zwei Gutachtern notwendig, die von den zuständigen Amtsgerichten bestellt werden. Alle Beteiligten sollten möglichst viel voneinander wissen, aneinander denken und mit Einverständnis der Patienten miteinander kommunizieren.