Dieses Buch vereint alt und neu. Hier sind die besten Geschichten aus „Eierleben“, „Von Eiern und anderen Verrückten“ und „Aus dem Ei geschlüpft“ zusammen mit neuen Storys überarbeitet, zeitlich angepasst und verbaut.
Wie viele Ü-Eier haben Sie in Ihrem Leben schon geknackt? Sie wissen es nicht? Damit sind Sie in guter Gesellschaft, denn wenn das Überraschungsei eines ist, dann eine Nebensächlichkeit. Doch wie das so mit Nebensächlichkeiten ist, können diese doch ganz schön in den Vordergrund geraten. Es geht um Eier. Schokoeier, die in Alufolie eingewickelt sind. Und zwar Schokoeier die, wie viele behaupten, aus der besten Schokolade der Welt hergestellt sind. Der Kinderschokolade von Ferrero. Und tatsächlich fällt mir auf Anhieb keine Schokolade ein, die mir, auf so lange Zeit gesehen, besser geschmeckt hat als diese. Vor allem aber ist sie seit über vierzig Jahren unverändert im Geschmack. Während Granola Kekse heute wie Pappe schmecken und das gute, blaue Banjo schon vor Jahrzehnten von der Bildfläche verschwand, war das Ü-Ei immer da. Immer lecker, immer gut. Und heute muss ich sogar sagen, dass es keine bessere Ausrede geben kann, um Schokolade zu essen, als ein Sammler von Ü-Ei-Figuren zu sein. Während ich dies schreibe, stehen gerade die Schlümpfe in den Supermarktregalen dieser Erde. Über 50 Jahre sind die schon alt. Peyo sei Dank, denn diese kleinen blauen Dinger sind für viele sozusagen der Anfang der Ü-Ei-Modernen. Der erste Schlumpf kam 1979 ins Ü-Ei. Damals noch viel zu dunkel und erst anderthalb Jahre später mit der Serie "Erkennst du deinen Schlumpf" in der richtigen Farbe. Heute unterscheiden wir diese ersten Schlümpfe in unterschiedliche Sammelzonen.
Dunkelblaue Bemalung, blaues Grundmaterial, weißes Grundmaterial, schlierige Bemalung und vor allem die vielen Bemalungsvarianten, die es davon gibt. Zu viele, um hier näher darauf einzugehen. Mit diesen Zeilen möchte ich vielmehr aufzeigen, wie viel Spaß sammeln machen kann. Männern fällt so was ja einfacher. Sie sind ja schon immer die Jäger. Im Verwalten von Sammlungen sind jedoch die Frauen eindeutig besser drauf.
Dieses Buch erzählt meist frei erfundene Geschichten. Das bedeutet aber nicht, dass es sich nicht gegebenenfalls doch genauso hätte abspielen können. Ähnlichkeiten mit lebenden Personen sind natürlich reiner Zufall.
Doch zurück zum Ei. Wie werden die heutigen Sammler denn bei Laune gehalten? Früher.... also ganz früher, gab es das nicht. Da waren Stelzenschlümpfe, Robin Hood Figuren und Ritterfest Spielzeuge einfach so im Ei. Für uns damals Kokolores, doch heute zum Teil unerschwingliche Schätze. Es wird zwar immer wieder behauptet, dass die Sammler nur einen Bruchteil der Eier kaufen, die insgesamt produziert werden. Die Hauptkundschaft sind ja die Mütter, die ihren Kindern vom Einkauf mal 1-2 Eier mitbringen. Mit Verlaub.......das ist Blödsinn.
Black Edition, Filzi Dogs, Mr. Marker Figuren wie der Geburtstagsschlumpf werden nicht für die Muttis dieser Welt gemacht, sondern für uns. Die Sammler. Den Mamas ist's egal, ob der Hippo dunkelgrau oder hellblau ist. Es ist ihnen auch wurscht, wie viele unterschiedliche Krawatten eine Figur hat, oder ob Ihr Mund goldfarben oder schwarz angemalt ist. Uns jedoch bringt es dazu, große 700er Paletten zu kaufen und zwei Wochen in einem Berg von Alufolie versteckt mit verklebten Einweghandschuhen, Schokoeier zu knacken. Ein Sammler kann also wie 700 Muttis sein, nur weil er einen blöden Radiergummi sucht, der in einer roten Plastikbox steckt, statt in einer Gelben. 3er Packs, 4er Packs, 6er Packs, Adventskalender mit Sonderserien gibt´s natürlich auch nur für die Großfamilie, nur deshalb sind Sonderfiguren wie Johnny Jetski darin enthalten. Und weil alle so gerne die Schokolade essen, wurden im September 2006 auf dem Ü-Ei-Tag in Bonn sage und schreibe zigtausende Ronnie Riesenei Figuren in die Bevölkerung geschmissen, nachdem dem normalen Ansturm auf die Figur keiner mehr gewachsen war.
Überhaupt wurde an diesem sonnigen Septembertag auf Teufel komm raus beschissen. Ü-Ei-Händler passten die Kinder auf dem Weg nach draußen ab und kauften ihnen die Figuren für Preise zwischen 5,- € und 10,- € ab. Sie mussten riesige Mengen an Vorbestellungen, die sie im Vorfeld auf Ebay eingefahren hatten, befriedigen. Ronnie hatte in diesen Tagen einen Marktpreis von ca. 100,- €. Was sind da schon 5,- €? Die Kids gingen so also gleich mehrmals Figuren holen. Immer und immer wieder wurde der Stempel unter Wasser abgewaschen, sodass man sich nochmal anstellen konnte. Selbstverständlich war der ganze Hype um Ronnie Riesenei eine perfekte Werbung für die Maulwürfe. Abgesehen davon, dass Ronnie Riesenei lediglich eine Kopie von Billy Bohrer mit einem Ei statt einer Rübe auf der Schulter ist und zum anderen auch noch eine Fremdfigur. Ja.... eine Fremdfigur ist er. Er wurde nämlich von dem Internetprovider Alice finanziert und in Produktion gegeben. Lediglich das Konzept für die Figur stammt von Ferrero. Die Figur ist auch wesentlich schlechter bemalt als die Mission Maulwurf aus 2004. Und weil das Ganze so ein Erfolg war, gab es im Folgejahr gleich noch so eine Figur. Volker Vorsicht - Ü-Ei-Tag 2007. Einen eigenen Ü-Ei-Tag hatten wir also in 2007. In Zusammenarbeit mit Toggo (SuperRTL) wurde diese Figur in die normalen Ü-Ei-Paletten gestreut. Genau dieses System ist es auch, dass Anno 2008 wieder für die Schlümpfe herhalten muss. Der Geburtstagsschlumpf ist eine Sonderedition der normalen Schlümpfe mit einem Extra Beipackzettel, wie ihn Sondereditionen nun einmal haben. Wer gewinnt dabei?
Natürlich der Ebay-Händler, der die ersten dieser Figuren zum Verkauf anbietet. 162,- Euro brachten die ersten Schlümpfe. Auf die Gesichter der Höchstbieter bin ich gespannt, wenn herauskommt, dass diese Figur vielleicht 50.000 mal gemacht wurde. Denn bei so etwas darf man eines nie vergessen. Um eine Spritzgussfigur herzustellen, bedarf es einer Gussform, die sehr teuer ist und den finanziellen Aufwand erst bei einer Auflage von mehreren 10.000 Figuren lohnt. Sind wir also fair und gehen von 50.000 Figuren aus. Es gibt circa 300.000 Sammler im deutschsprachigen Raum.
Das bedeutet, jeder 6. könnte so eine Figur haben. Selten sieht anders aus.
Aber was machen wir uns verrückt wegen Werten und Sondereditionen. Freuen wir uns über ein Hobby, bei dem man noch richtig Spaß haben kann. In diesem Sinne wünsche ich viel Spaß bei den nun folgenden, frei erfundenen...*hust*... Geschichten.
Sonntag – 4:50 Uhr
Der Wecker klingelt. Boah...bin ich müde.
"Bleib doch liegen, Schatz" murmelt meine Frau neben mir.
Die hat gut reden. Liegenbleiben! Klar würde ich gerne liegen bleiben, aber wenn ich das tue, lese ich nachher im Ü-Ei-Forum wieder, was mein "Freund" Peter wieder alles so gefunden hat auf dem Flohmarkt. Immer mit dem Einleitungssatz "Guck mal Micha". Oja, das mag ich besonders.
"Du weißt doch. Von nichts, kommt nichts." sage ich gähnend.
"Jaja....!"
"Jaja, was?"
"Jaja, heißt Leck mich...........Schatz!"
"Ohhhh, wir sind heute zickig! Dann geh ich besser und vergiss nicht mein Frühstück zu machen, Weib."
Ein Kissen, ich glaube sogar meines, klatscht mir ins Gesicht und ich meine im Halbdunkel eine Zunge gesehen zu haben. Lachend geh ich aus dem Zimmer.
Die Sonne geht schon auf. Höchste Zeit. Kurz Zähne putzen und rein in die Klamotten. Geduscht wird später.
Da wo ich hin will, ist es egal, ob man stinkt. Heute zieh ich ihm die Hosen runter. Frankfurt, Offenbach, Wiesbaden, das ist die Tour.
5:30 Uhr Frankfurt Höchst Jahrhunderthalle
In einer großen Schlange stehen die Autos vor dem riesigen Parkplatzareal der Jahrhunderthalle. Einige Händler waren schon am Vorabend da, um sich ihren Platz zu sichern. Ich parke nicht weit weg. Es ist ja außer den Händlern noch niemand da. Die erste Reihe ist schon am auspacken. Ich gehe sie ab und sehe gleich am ersten Stand eine Keksdose mit Ü-Ei-Spielzeug. Ich greife danach, aber schon der erste Blick sagt mir, dass da nichts dabei ist.
"Die hat gerade jemand leer geräumt." sagt die nette Dame zu mir.
Ich stutze. Halb Sechs... und schon leer geräumt. Ich drehe den Kopf und ein paar Meter weiter steht Peter aus dem Ü-Ei-Forum. Er hebt kurz die Hand, grinst und geht weiter. Na supi. Ich weiß genau, dass ich dort, wo der war, nicht mehr zu suchen brauche und gehe direkt in die zweite Reihe. Doch hier ist noch nichts aufgebaut. Also wieder zurück und einen Schritt schneller. Vielleicht hat er ja was übersehen. Nach zwei Ständen denke ich mir, warum ich nach den Sachen suchen soll, die er vielleicht übrig gelassen hat. Wer bin ich denn, dass ich so etwas nötig habe? Ich überhole ihn kurzerhand. Natürlich beschleunigt er sofort seinen Schritt und wir kommen gleichzeitig beim nächsten Stand an. Gehetzt gucke ich auf dem Tisch herum. Sehe aber nichts.
"Haben Sie Überraschungseifiguren?" höre ich seine Stimme neben mir.
"Ja, gucken Sie mal hier. Das ist noch alles im Auto."
"Ha ha...danke." sagt es und verschwindet im Kofferraum, während ich wie ein geplatzter Arsch vor dem Stand stehe. Ich sehe noch, wie er zufällig eine 10er Kiste Tao Tao ins Licht hält. Nicht etwa, weil er schlecht sieht, sondern weil er möchte, dass ich es sehe. Ich gehe einen Schritt näher.
"15 Euro für alle 30?" höre ich seine Stimme.
"Ok, prima." höre ich und könnte heulen. 30 Tao Tao für 15 Euro. Hastig drehe ich mit weg. Jetzt bin ich in Führung. Die Taos werden aus meinem Kopf gestrichen. Ich konzentriere mich auf Reihe zwei und biege in den Weg ein. Jetzt ist aufgebaut, aber ich finde nichts. Reihe drei. Ich finde einen Happy Hippo mit Schwimmreif für 50 Cent. Na also. Von meinem Sammlerkollegen sehe ich nichts mehr. Reihe vier. Am letzten Stand liegt ein alter Koffer mit Gummifiguren auf dem Boden. Ich beuge mich darüber und sehe hier und da vereinzelt Ü-Ei-Figuren darin liegen. Benny Beule von den Crazy Crocos wandert in meine Tasche. Als ich dem Händler 20 Cent dafür gebe, raschelt es neben mir und Peter taucht auf, als ob er unter dem Tapeziertisch war.
"Hallo Micha"
"Hallo Peter. Na, Erfolg gehabt."
"Och ja, es geht so. Hab hier eben einen Fernsehturm gefunden."
Er hält mir eine offene Kapsel hin. Ich sehe die Einzelteile des Fernsehturms aus der Hafenwelt mit den Aufklebern dazu noch auf der Folie. Der Beipackzettel steckt zusammengefaltet daneben
„Wo hast du das gefunden? Hier an diesem Stand?"
"Ja, eben gerade. War kurz vor dir da. Bin von der
anderen Seite gekommen. 20 Cent hat er gekostet. Was hast du gefunden?"
Ich denke kurz an Benny Beule, aber nur kurz.
"Nichts besonders bis jetzt. Ich muss weiter."
"Ich mach nachher Bilder für das Forum, dann kannst du alles sehen."
Bestimmt machst du das, du Sack, denke ich für mich und gehe zum Auto. Unterwegs stelle ich mir Blitze vor, die ihm beim kacken in den Arsch fahren. Einen Fernsehturm für 20 Cent, nicht zu fassen!
6:45 Offenbach - Mainufer
Eine lange Reihe Stände schlängelt sich am Main entlang. Ich parke auf dem, für Besucher vorgesehen, Parkplatz und steige von hinten ein. Nach links und rechts fliegt mein Kopf, hin und her. Ich bin schnell, doch ich finde nichts. Hier und da ein paar Funny Fanten oder Zwerge. Sonst nichts. Ich hab die Hälfte der ca. 800 Meter langen Schlange geschafft, als ich Peter sehe, wie er einem Händler die Hand gibt. Anschließend nimmt er eine große Sortierkiste, so eine, wo man sonst Schrauben darin aufbewahrt, und dreht sich in meine Richtung. Wann gibt man als Flohmarktgeher einem Händler die Hand?
Wenn man ihn kennt oder wenn man ein gutes Geschäft gemacht hat und das muss dann schon ein sehr Gutes sein. Ich ducke mich weg, damit er mich nicht sieht und verschwinde auf dem schnellsten Weg, um wenigstens noch in Wiesbaden zum Stich zu kommen.
7:50 Wiesbaden - Kulturzentrum
Ich bin zuerst da. Zuvor bin ich heim gefahren und hab meine Frau geholt, damit sie auch noch etwas von mir hat. Doch ausgerechnet hier ist es so, als ob sie alle Ü-Eier unter den Tisch gestellt haben, damit ich sie nicht finde. Um 8:20 Uhr resigniere ich. Planlos laufen wir noch ein bisschen auf dem Markt herum. An einem Stand verkauft eine hübsche Dame Girly-Shirts. Ich gehe etwas näher, um zu schauen, ob für meine Töchter was dabei ist, da beugt sie sich vor und ihr Pullover fällt ihr fast bis auf ihre Füße. So große Ohren hab ich noch nie gesehen und als ich da so hin starre, spüre ich plötzlich ein Brennen, wie von einem Laser auf der Backe. "Meine Frau!" denke ich und reiße meinen Kopf in eine andere Richtung. Naja Planscher Pauli und Benny Beule sind in meinem Rucksack. 112 gefahrene Kilometer auf meinem Tacho. Bei 1,50 Euro/Liter Benzin und 10l auf 100 KM haben mich die Beiden 17,20 € gekostet. Ich bin bedient. Sinke in die Couch und traue mich nicht, den PC an zumachen und ins Ü-Ei-Forum zu gehen. Meine Frau spricht mich gar nicht erst an. Sie sieht an meinem Gesicht, was auf den beiden anderen Flohmärkten passiert war. Irgendwann kann ich dennoch nicht anders.
Ich gucke ins Forum. "Flohmarktfunde" heißt der Beitrag, wo alle User ihre Tagesfunde veröffentlichen und sich bei guten Funden feiern lassen oder bei Schlechten trösten.
Letzter Beitrag im Forum 10.45 Uhr - Peter
"Guck mal Micha, hab heute das hier gefunden. Für alles hab ich ca. 30 Euro bezahlt, ist doch gut. Du postest deinen Fund bestimmt auch gleich. War toll heute." Darunter ist ein Foto. Ich sehe die 30 Tao Tao Figuren und diversen Kleinkram wie Wiking Autos und alte Kapselfiguren. Den Fernsehturm hat er schon aufgebaut hingestellt. Die Aufkleber und den Beipackzettel daneben gelegt. Dann kommt der große Sortierkasten. Darin befinden sich etwa 35 Altfiguren aus den Disneyserien der 70er Jahre. Alleine dreimal sehe ich Bruder Tuck aus Robin Hood II. Zähneknirschend schreibe ich darunter, dass ich Benny Beule und Planscher Pauli gefunden habe und ernte ein paar Ahhhs und Ooohs des Mitleids. Nächste Woche wird der Spieß umgedreht!
Eine Woche später
5:30 Uhr Frankfurt Höchst Jahrhunderthalle
Wie ein Leopard springe ich durch die Büsche zwischen den Gängen. Es ist mein Revier und ich bin heute der Erste. Fühle die Spannung. Heute finde ich etwas. Es ist genau das Gefühl, das ich immer habe, bevor etwas Richtungsweisendes passiert. Ich bin ein Schatten, ein Teufel. Ein....
"Moin Micha."
Ha....! Hat der mich erschreckt!
"Moin Peter. Bist ja schon wieder so früh auf. Du wirst dir irgendwann mal was am Herzen holen, wenn du so früh durch die Gegend läufst."
"Keine Angst, du stirbst vor mir."
Wir blicken uns in die Augen. Jeder weiß, dass heute ein harter Kampf zwischen uns stattfindet und ist sich über den Ernst der Lage völlig im klaren. Ich lasse keinen Zweifel daran, wer heute der Gewinner sein wird.
"Du oben, ich unten!" knirsche ich.
"Worauf wartest du?" fragt er süffisant.
Im nächsten Moment schon schießen wir in verschiedene Richtungen davon. Die Sonne kommt gerade heraus. Ich verzichte auf eine Taschenlampe und gleite sanft in den aggressiven Stechschritt über. Meine Augen schießen durch die Dämmerung und spähen zielsicher in jede Tüte. Da sehe ich ihn plötzlich. Aus einem großen Bus holt eine junge Frau eine dieser Faltkisten heraus. In üblicher Routine werfe ich seitlich einen Blick darauf. Sofort sehe ich das Schlumpfdiorama. Ich schieße zwischen zwei Ständen durch. Der Bus ist drei Gänge weiter oben und ich stehe mittig im untersten Gang. Meine Sensoren alarmieren mich einen Blick nach links zu werfen und ich sehe Peter, wie er mit starren Oberkörper zwischen den Ständen durchrennt. Er rennt geradewegs auf den Bus zu.
"Scheiße." rufe ich uns setze zu Sprint an.
Ich durchbreche die Büsche, welche die Gänge voneinander trennen. Peter ist hinter diversen Aufbauten verschwunden, aber definitiv auf dem Weg zu dem Bus. Ich muss mich beeilen. Nehme keine Rücksicht auf Freund oder Feind und presche auf das Diorama zu. Mein Diorama. Plötzlich sehe ich den Himmel.
Himmel....das bedeutet ich liege. Da ist auch schon der Schmerz. Neben mir höre ich ein Geräusch.
"Ohhh....mein Schädel." sagte jemand.
Ich hebe den Kopf und sehe Peter neben mir liegen. Wir sind zusammen gerannt. Mit letzter Kraft wälze ich mich auf den Bauch mitten in eine Pfütze. Anderthalb Meter trennen mich von der Kiste. Die Frau guckt uns verwirrt an. Ich hebe meinen Oberkörper an und drücke mich mit allem was ich habe zu der Kiste hin. Meine Hand klatscht auf das Diorama. Geschafft!
"Aaaahhh...Du Simpel." flucht Peter neben mir. "Bist du noch ganz dicht?"
"Kannste nichts Sinnvolleres tun, als mich vollzuquatschen? Die Dachrinne putzen oder Dich erschießen?" antworte ich genervt.
"Was kostet das?" Die Frau sieht mich an, wie eine lebende Reklame für vollendete Totenstarre!
„Hallo!“
"10 Euro?"
"Ja!" sage ich "Das nehme ich."
"Ich gebe Ihnen 20." höre ich es plötzlich neben mir. Peter ist aufgestanden und verstößt gegen die höchste ungeschriebene Regel, die es überhaupt gibt. Überbiete niemals jemanden, der gerade einen Schnapp macht. Ich sehe ihn an, wie der Tod sein Opfer.
"Ui..das ist ja toll. Ok....oder bieten sie mehr?
"30!" sage ich. Ich wollte nicht aufgeben. Zweiter Platz?
Nein, nicht mit mir. Das ist, als ob man sich um Essensreste prügelt.
"50!" kontert Peter.
"200!" er stutzt.
"250!"
"400!" sage ich.
"Ok, du hast es. Ich geb auf.
"Ha!!" ich gebe ihr grinsend die vier Hunderter und nehme mein Dio. Im Weggehen höre ich Folgendes.
"Die anderen Drei für 50 ist das ok?"
"Ja sicher. Brauchst du eine Tüte?"
"Ja, bitte."
Ich drehe mich um und schaue fassungslos zu, wie sie Peter ein Diorama von Biene Maja, Tao Tao und Dschungelbuch einpackt. Peter dreht sich zu mir um und grinst. Sagen konnte ich nichts mehr. Ich stand einfach nur da. Stand da und sah auf die Tüte und fragte mich, wieso ich die anderen Dio´s nicht gesehen hatte. Auf die anderen Flohmärkte ging ich dann nicht mehr. Ich hatte kein Geld mehr.
Beitrag im Forum von Peter von 11.15 Uhr
Guck mal Micha! Diese drei alten Dioramen hab ich dir vor der Nase weggeschnappt. Die haste wohl nicht gesehen....hahahaha. Das Leben meint es manchmal nicht gut mit uns. Man muss Niederlagen einstecken können, aus denen heraus man wieder wächst und dafür irgendwann umso gewaltiger zurückkommt. Dieser Zeitpunkt scheint bei mir aber noch etwas hin zu sein. Aber er wird kommen. Ganz sicher und dann wird es Peter sein, der fassungslos danebensteht, wenn ich ganz locker den Überblick behalte und alles einsacke, was irgendwie eiertechnisch von Bedeutung ist. Bis dahin schlucke ich sein Geschreibsel im Forum einfach.
Seit Monaten kursieren schon Gerüchte über die neue Ü-Ei-Serie im Internet. Ich bin schon ganz heiß auf die neuen Herr der Ringe Eier. Werbung ohne Ende, doch man kann nirgends welche kaufen. Vorfreude wandelt sich in blanke Verzweiflung. Ich bin es leid, ständig andere Sammler zu fragen, ob sie schon neue Figuren haben. Heute ist der offizielle Serienstart! Ab heute bekomme ich sie überall....hoffentlich.
Um 6.00 Uhr rufe ich beim Supermarkt um die Ecke an. Es geht keiner ans Telefon. Warum? Wollen die nichts verkaufen? Ich schaue mir das Kinoplakat noch einmal an. Frodo blickt auf mich herab. Den Ring in seiner offenen Hand. Ich begreife fast augenblicklich. Nur wenn die Gefährten vollständig sind, hat der Ringträger eine Chance sein Werk in Mordor zu vollenden.
Um 6.30 Uhr renne ich rüber zu Tankstelle. Verzweifelt suche ich die neuen Überraschungseier. Es ist aber nur eine Palette der Ötzies da. Das ist aber die Vorserie. Ich erscheine vor dem Kassierer und blicke drohend auf ihn nieder.
„Haben Sie noch nicht die neuen Ü-Eier bekommen?“
Der Mann atmet erleichtert aus.
„Nö, die haben wir nicht. Die alten Dinger müssen erst mal weg.“
Egal, es war ja nur ein Versuch. Man kann von einer Tankstelle nicht erwarten, dass sie so „up to date“ ist. Ich werde es in zwei Stunden noch einmal probieren.
06:45 Uhr
Anruf beim Supermarkt. Wieder geht keiner ans Telefon. Im Internet rufe ich mir diverse Drogerien und Onlinesupermärkte auf. Nirgends gibt es aktuelle Ü-Eier.
Ich schreibe allen 12 Märkten deutlich meine Meinung über das Onlinekundenformular und kündige an, persönlich vorbeizukommen, um den Marktleiter zurechtzuweisen.
06:47 Uhr. Anruf beim Supermarkt. Eine ausländische Putzfrau geht ran, versteht aber kein Wort. So eine Unverschämtheit! Ich ziehe mich an. Um 9.00 Uhr macht der Markt auf. Den Leiter schnappe ich mir. Der kann was erleben.
Um 8.00 Uhr stehe ich vor dem Markt. Keiner da.
Ich schleiche um ihn herum, suche nach Zeichen des Ringträgers. Finde jedoch nur abgelaufenes Toastbrot. Es ist kalt, ich friere. Aus einer großen Plastikfolie mit diesen Luftkissen, die beim Zerdrücken so knallen, bastle ich mir einen Poncho. Aus einem kleineren Stück baue ich mir einen Hut der, nachdem ich ihn aufsetze, aussieht, als hätte ich lange Haare. Die Zottel hängen links und rechts an meinem Gesicht herunter. Passenderweise finde ich noch einen Besenstiel. Jetzt sehe ich aus wie Gandalf. So stelle ich mich wieder vor den Eingang. Es ist 8.30 Uhr.
Das Toastbrot schmeckt noch ganz gut. Mir ist langweilig.
Ich versuche, die Tür des Supermarktes mit Gandalfs Zauber zu öffnen. Dazu stelle ich mich mit ausgebreiteten Armen vor dir Tür und schreie meine Verse auf elbisch heraus. Die Tür öffnet sich jedoch nicht.
Um 8.45 Uhr kommt der Marktleiter um die Ecke. Ich ziehe meinen Elbenmantel über mich und verharre auf der Stelle. So getarnt, kann er mich unmöglich sehen.
„Morgen Herr Sander. Na, ist es wieder soweit? Sind die neuen Überraschungseier fällig?“
Woher weiß er das? Wie hat er mich gesehen?
„Sie haben doch hoffentlich nicht wieder unsere Putzkraft angerufen und zu Schnecke gemacht?“
„Auch Dich werden die Orks bald holen, wenn du nicht den Weg des Guten einschlägst.“ erwidere ich kühl.
„Führe mich nun zu den Eiern, Sohn Tengelmanns“.
Wir schreiten durch das Eingangsportal. Von links kommt die wild gestikulierende Putzfrau auf mich zu.
„Weiche von mir!!!“ zische ich ihr entgegen „Oder die Wölfe Isengarts werden dich jagen“. Ich halte meinen Stab hoch. Irgendwas schreit sie mir noch nach, doch wen kümmert es, was die alte Vettel von sich gibt. Der Marktleiter verschwindet im Lager und kommt nach wenigen Minuten kopfschüttelnd heraus.
„Tut mir leid, Herr Sander. Heute Morgen sind keine Lieferungen eingegangen.“
Ich stocke......kann es nicht glauben.
„Dann seid Ihr alle dem Untergang geweiht. Die Stadt wird nicht zu halten sein.“ schreie ich und mache auf dem Absatz kehrt. Wieder auf dem Parkplatz des Marktes angekommen, eile ich auf die Ausfahrt zu, um schnell wieder nach Hause zu kommen. Als ich sie betrete, biegt gerade ein Auto ein. Der Fahrer hupt und ich mache deutlich, dass ich zuerst durch will. Wieder hupt er und macht eine fahrige Bewegung im Auto.
„DUUUUUUU kannst nicht vorbeeeiiiiiiii!“ rufe ich und schlage meinen Stab auf den Boden. Der Fahrer steigt aus. Vermutlich will er sich entschuldigen.
Filmriss!
Der nette Arzt im Krankenhaus sagt, dass mein Gesicht noch einige Tage angeschwollen sein wird. Das Blaue und Gelbe darin wird sogar etwas länger bleiben. Aber ich könne gehen, wenn ich mich danach fühle. Jetzt ist es Mittag und ich habe immer noch keine Herr der Ringe Figuren. Ich beschließe, zu einem Großhändler zu fahren.
Wozu hat man schließlich eine solche Einkaufskarte.
Bereits im Auto überkommt mich das sichere Gefühl, auf dem richtigen Weg zu sein. In diesem Tempel des Handels werden alle Waren zum Kauf angeboten, die sich ein Bewohner Mittelerdes wünscht. Ich bin guter Dinge, öffne das Eingangstor mit einer Handbewegung und einem leise gemurmelten Spruch. Ich bin im Verkaufsbereich. Sehe eine Menschentraube um eine Palette stehen. Über allem wacht ein großer, aufblasbarer Eiermann. Dort ist der Ring! Ich gehe auf die Traube zu und erkenne die üblichen Kisten mit den 72er Eier-Displays. Auf dem Karton steht „Aktionsware – Herr der Ringe“. Die Palette ist fast leer. Nur noch wenige Kisten befinden sich auf ihr und es werden immer weniger.
Gierig und sabbernd, wie Gollum, tummeln sie sich um die Kisten und greifen eine nach der anderen von dem einst prächtigen Stapel. Bald würde dieser Ort gebrandschatzt sein. Mit Anlauf springe ich über sie alle hinweg.
„Der Ring darf nicht in die falschen Hände gelangen, Frodo.“ schreie ich und schnappe einem widerlich grinsenden Ork die letzte Kiste vor der Nase weg. Der Mann fletscht die Zähne und kommt auf mich zu.
„Zuuuuurrrrüüüück in die Schatten!“ herrsche ich ihn an.
Ein höhnisches Lachen ist die Antwort und ich beschließe, mein Heil in der Flucht zu suchen. Ich kreisele herum und sprinte die Rolltreppe hinauf in den ersten Stock. Der Ork ist überrascht, nimmt dennoch die Verfolgung auf. Wild spuckend und mit den Armen wedelnd rennt er mir nach.
„Issschhh werde eussch alle auffressen.“ keucht er und meint damit sicher nicht nur die Schokoladeneier in der Kiste. Mit meinem Zauberstab versperre ich ihm den Weg.
„Du Narr, erkennst du den Zauber nicht, wenn du ihn siehst?“ brülle ich. „Ich bin Gandalf der Graue und du ein niederer Höllenhund aus den dunklen Höhlen Morias. Du hast keine Macht über mich, ich werde den Ring seiner Bestimmung zuführen.“
„Neeeinnn!“ schreit er und schmeißt mir einen 5er Pack schwarzer Socken entgegen. Getroffen! Ich taumele zurück. Im Fallen schleudere ich meinen Stab und heble damit seine Beine aus. Hart schlägt er neben mir auf. Ein Glucksen entspringt seiner Kehle. Der Geruch von Moder erfüllt den Raum, als er mich anatmet. Wir ringen auf dem Boden. Ich versuche meinen Finger in seine Augen zu bohren, doch ich treffe nur seine Nase. Wenn es einen Muskel im Innern eines Nasenlochs gibt, dann hat er ihn gerade angespannt, denn ich bekomme meinen Finger nicht mehr raus. Sofort gewinnt er die Übermacht und rollt mich herum. Nun liege ich unten.
„So!“ näselt er. „Jetzt hab ich dich, Zauberer. Gib mir die Kiste!“
„Niemals!!“ rufe ich und greife mit der freien Hand nach einer Fahrradpumpe. Mit aller Kraft drücke ich das Ventil, in das noch freie Nasenloch und beginne zu pumpen. Die Augen des Orks werden groß und mein Finger befreit sich mit einem lauten „Plop“. Doch er gibt nicht auf. Wir schaffen es beide, auf die Beine zu kommen. Er greift sich einen XXXL BH. Mit dieser Peitsche tritt er mir gegenüber. Alles, was ich finde, ist ein lächerlicher Baseballschläger aus der Sportabteilung. Wir prallen aufeinander. Ich lande einen Glückstreffer in seine Magengrube und einen in sein Gesicht. Er bricht, blau angelaufen, zusammen. Ein leichter Stoß von mir befördert ihn die Rolltreppe hinunter. Ich fliehe und suche mir einen Weg aus diesem Berg. Erst der Gipfel in Form eines Schornsteins auf dem Dach des Gebäudes, stoppt mich. Ich überlege kurz zurückzugehen, um die Kiste noch zu bezahlen. Doch dort warten die Heerscharen Saurons auf mich. Was soll ich tun?
„Hey!“ ruft es hinter mir.
Ich werfe mich in den knirschenden Kies hinter den Schornstein. Er steht direkt an der Tür, durch die ich auch gekommen bin. Langsam kommt er auf mich zu. Er zieht sein linkes Bein etwas nach.
„Gib mir die Kiste!“ nuschelt er. Anscheinend fehlen ihm ein paar Zähne. Wäre Gimli jetzt bloß bei mir, der würde ihn fertig machen. So aber muss ich mir selbst helfen. Ich greife meinen Stab und stelle mich ihm mit ausgebreiteten Armen in den Weg.
„Du hast den Zauberer Gandalf herausgefordert und du wirst dafür den Preis bezahlen.“
„Nein, du wirst den Preis bezahlen..........32.95“ „Kein Gold Mittelerdes kann aufwiegen, was sich im Innern dieser Truhe verbirgt. Du solltest froh sein, dass ich das Unheil von dir fernhalte.“
Er springt nach vorne. Natürlich habe ich damit gerechnet und ziehe im selben Moment wie zufällig das Knie nach oben. Es macht komische Geräusche, als sein Gesicht darauf schlägt und seine Nase beginnt sofort zu bluten. Er fällt auf den Hosenboden und hat plötzlich eine der langen Papprollen in der Hand, von denen einige hier oben herumliegen. Sofort weiche ich zurück und schnappe mir ebenfalls ein solches Schwert. Dann fixieren wir uns. Mit dem Schwert, das einst geborsten war in den Händen, mache ich zwei Schritte seitwärts.
Geschmeidig wie ein Panther springe ich auf den Schornstein. Dabei vergesse ich allerdings, dass Schornsteine in der Mitte ein Loch haben. So stecke ich also bis zur Hüfte darin, während der Ork mit der Papprolle auf mich einschlägt. Ich versuche mich zu wehren, doch meine Lage scheint aussichtslos. Wäre eine Motte hier, könnte ich einen Adler rufen. Mist! Aber so, muss ich improvisieren. Mit einer unglaublichen Kraft drücke ich mich unter den Schlägen des Orks aus der steinernen Falle. Eine elegante Rolle vorwärts rettet mich aus der unmittelbaren Gefahr.
„GRRRRRR!!!!“ mache ich und stürze mich auf ihn. Wild schlagen wir uns die Papprollen um die Ohren. Nach etwa 10 Minuten gewinne ich die Oberhand. Zumindest kommt es mir so vor, weil ich auf seiner Brust sitzend mit einem total zerfledderten Papprohr auf ihn einschlage. Erst als er sich nicht mehr bewegt, lasse ich von ihm ab. Um zu vermeiden, noch mehr seiner Sorte zu treffen, beschließe ich, nicht mehr durch die Tür in den Berg zurückzugehen.
Also klettere ich kurzerhand an der Fassade herunter, um von vorne das Gebäude zu betreten. Unten warten schon einige Herren in grünen Anzügen und weißen Mützen auf mich.
„Ihr Reiter Rohans, was gibt es Neues in der Mark?“ rufe ich schon auf halben Weg.
„Sie sind festgenommen, kommen Sie herunter!“ schallt es mir entgegen. Ich sehe vier Krieger in waldelbenfarbenen Uniformen.
„Ich komme nicht als Feind, sondern als Freund. Ich habe den Ring gefunden. Wir müssen ihn nach Mordor bringen.“
Die zwei vorne stehenden Beamten gucken sich kurz lächelnd an.
„Ach....das ist ja Prima.....komm nur mit........wir bringen dich nach Mordor.“
Sie nehmen mich in Ihre Mitte und zwei weiß gekleidete Zaubererkollegen ziehen mir ein weißes Gewand an, dass ich zwar etwas eng finde, aber auch sehr kleidsam.
Ich bin jetzt Teil der Reiterschar und sitze auch ganz schnell in ihrem Gefährt. Einer der jungen Krieger trägt netterweise die Last des Ringes, indem er mir die Kiste wegnimmt. Erst als die Tür zuschlägt, bemerkte ich die Gefahr. Der junge Mann geht mit dem Ring zu dem Ork, der zwischenzeitlich herausgekommen ist. Der Ork hat sich jetzt verkleidet und einen weißen Kittel mit einer komischen Aufschrift an.
„Marktleiter“ Eine Falle!! Doch was soll ich tun? Das weiße Gewand ist so eng, dass ich meine Arme nicht bewegen kann. Ich beginne, im Auto herumzuhüpfen. Solange, bis das ganze Auto mithüpft. Irgendwann löse ich die Alarmanlage aus.
Die grünen Männer, die dem Ring anscheinend schon verfallen sind, kommen sofort angerannt und reißen die Tür auf. Damit habe ich spekuliert. Eine Rolle rückwärts und ich bin aus dem Auto, komme auf die Füße und stehe direkt vor einem der Krieger..
„Buuh!“ sage ich und verbeiße mich in seiner Nase. Jetzt habe ich eine Geisel.
„Ahhheessss ssssschhhoooooorüüüücccckkkkk!“ schreie ich mit der Nase im Mund.
„Waaaaaassssss?“ schreien die Anderen.
„Boaahhhh, stinkt das.“ schreit die Geisel.
„sssssshhhhhoooooorüüüüücccckkkkkkk, ssssccchhhhhaaaagggeee issschh iiihhhhhhrrrrrr HHHuuuhhhheeeeehhhhöööönnnneee!“ versuche ich es nochmals. Drei der Krieger stürmen auf mich zu. So ein Mist! Sie haben nicht verstanden was ich gesagt habe, sonst wären sie sicher weg geblieben. Sie packen mich und drücken mich auf den Boden. Doch ich lasse die Nase des Rohaners nicht los.
Danach weiß ich nichts mehr..............
Heute geht es mir etwas besser. Die Männer in den Kitteln sind sehr nett zu mir und versorgen mich gut. Die grünen Pillen mag ich am liebsten, die schmecken nach Banane. In zwei Wochen darf ich wieder nach Hause gehen. Mir wurde geraten, mit dem Ü-Ei-Sammeln aufzuhören. Ich glaube, die haben wohl recht. Zu glauben, ich sei Gandalf war wohl etwas übertrieben.
Wenn ich meine Füße so ansehe, könnte ich eher ein Hobbit sein. Sobald ich draußen bin, werde ich mich bei dem Marktleiter entschuldigen. Bei dieser Gelegenheit werde ich mir auch eine Kiste Eier kaufen......nur wegen der Schokolade versteht sich.
Die bösen Orkse stören mich nicht mehr. Ich lebe jetzt zurückgezogen in meiner Hobbithöhle und bewahre dort etwas auf, was die Männer in Grün nicht gefunden haben.........................meinen SCHAAAATTTTZZZZ
Es gibt Momente im Leben, die man nicht mehr vergisst. Momente höchster Anspannung, aber auch Momente eines gewissen Glückes. Solche Momente hab ich gleich mehrmals erlebt und von einem ganz Bestimmten möchte ich erzählen. Eine Geschichte, die mir genau so widerfahren ist.
Ein Regionalexpress der Bahn. Alt, klapprig und mit unglaublicher Federung in den Sitzbänken. Die Sorte, mit den Koffernetzen über dem Kopf, die es eigentlich gar nicht mehr geben sollte, weil sie gegen sämtliche Sicherheitsvorschriften verstoßen, die man sich denken kann. Draußen scheint die Sonne und leuchtet das grün/grau gehaltene Abteil gelblich aus. Ich sitze mit meinem Notebook auf einem dieser Berg- und Tal-Bahnsitze und konzentriere mich auf einen Text für mein Internetforum, das, wie der Buchtitel schon sagt, etwas mit Überraschungseiern zu tun hat. Mir fiel nichts ein. Das Blatt im Word-Programm ist so weiß wie die Schamhaare eines Kängurus. Das stetige Krachen der Federung schläfert mich ein, doch die Sitzfederung wiederum lässt mich so hoch hüpfen, dass ich immer wieder aufwache.
Es ist 7:30 Uhr morgens und mir gegenüber sitzt ein vielleicht 1,50 Meter großer Mann mit einem albernen Hut auf dem Kopf. Seit etwa zehn Minuten starre ich ihn an.
Er schläft und was ich sehe, ist sowas von grotesk, dass ich nicht mehr weggucken kann. Der Mann hat Haare.
Nicht einfach nur Haare, sondern Haare ..... überall! Klar ein Bart, also nichts Ungewöhnliches. Aber der Bart hört nicht am Hals auf, sondern geht direkt in das Brusthaar über, das zwischen seinen Hemdknöpfen rausschaut.
Dicke und dichte Haare, sodass man mit der vollen Hand rein packen und daran ziehen könnte. Nur eben am Hals.
Der Schnurrbart scheint direkt aus der Nase heraus zu wachsen. Wie ein Fluss strömen die Haare aus der Nase und biegen dann rechts und links darunter ab, um ein langhaariger, kratziger grauschwarzer Schnurrbart zu werden, in dem kleine weiße Krümel hängen.
Anscheinend hat er irgendetwas mit Puderzucker drauf gefrühstückt. Links und rechts von der Nase ist der Bart nicht etwa fertig. Er wächst weiter hoch bis unter die Augen und erst dort verliert er sich in den viel zu breiten Kotletten. Alles in allem kann man sagen, dass nur die Augen frei von Haaren sind. Auch auf der Nase sehe ich drei dicke, schwarze Haare, die länger als der Rest zu sein scheinen. Sein Kopf ist ans Fenster gelehnt. Er schläft. Viele Fahrgäste machen das. Man sieht es oft an den großen Fettflecken, die in Stirnhöhe an der Scheibe kleben. In so einem Fettfleck schaukelt auch mein haariger Freund herum. Allerdings weiß ich nicht, ob es sein Eigener oder der seines Vorschläfers ist. Der Hut hängt auf halb acht und droht ganz vom Kopf zu fallen.
Ich versuche mich auf meinen Figurenbericht zu konzentrieren und schreibe weiter über Mambla und andere Ötzies. Warum sind Steinzeitmenschen gerade „In“ und gibt es vielleicht doch eine 11. Ötzi-Figur? Der Text fließt locker aus mir heraus, bis ich ein Stöhnen höre und wieder aufblicke. Mit zur Scheibe hin halb offenem Mund hockt der Affenmann, wie ein Schluck Wasser in der Kurve, auf seinem Sitz. Wir schaukeln und sein Gesicht reibt ständig an der Scheibe hoch und runter.
Etwas Speichel ist aus seinem Mundwinkel gelaufen und wird jetzt von seinem Bart auf der Scheibe verschmiert.
Ich kann die untere Zahnreihe erkennen. Vor den nikotingelben Schneidezähnen hat sich ein kleiner Stausee in der Unterlippe gebildet, der durch die wiederkehrenden Schaukelbewegungen des Zugs Stück um Stück abfließt. Mal an die Scheibe, mal direkt aufs Hemd. Je nach dem, in welchem Winkel der Kopf gerade an der Scheibe lehnt. Inzwischen ist auch der Hut runter gefallen und liegt rechts neben ihm auf dem Sitz. Der Rest seines Kopfes bietet das erwartete, haarige Bild.
Krauselige Locken, mal schwarz, mal grau und der Duft von Mottenkugeln zieht durchs Abteil. Da die ganze Statur immer wackeliger wird, beschließe ich mein Heil in der Flucht zu suchen und mich auf die Nachbarbank zu setzen. Mit zwei Metern Abstand sieht es schon wieder besser aus. Ich sitze keine zwei Minuten auf meinem neuen Platz, als der Schaffner ins Abteil kommt.
"DIE FAHRAUSWEISE BITTE!" schallt es laut durch den Zug. Der Haar-Mann zuckt hoch
"WASSS?" er reißt den Kopf herum. Eine Fontäne sämigen Speichels fliegt in einem langen, dicken Faden aus seinem Mund quer über den Gang in meine Richtung.
Wie in Zeitlupe sehe ich den Kopf des Schaffners mit dem Faden gehen, als ich wie in Trance das Notebook auf die andere Bank werfe und selbst mit einem Sprung auf den Sitz verhindere, dass die Fontäne genau auf meinem Oberschenkel landet. Mit einem leisen Klatschen zerspringt sie direkt vor mir auf dem Boden. Als ich wieder runter steige, muss ich aufpassen, dass ich nicht darin ausrutsche. Der Schaffner guckte mich an. Er wartete definitiv auf irgendeine Reaktion von mir. Doch mehr als ein genuscheltes "Bin ja froh, dass die Zähne nicht hinterhergeflogen sind?"
kommt mir nicht über die Lippen und ich schnappe mein Notebook und setze mich auf die Bank dahinter. Der Schaffner grinst nur und nickt meinen Fahrschein ab, bevor er weitergeht. Wieder alleine und jetzt etwa drei Meter von ihm weg, versuche ich wieder meine Steinzeitmännchen zu beschreiben, als ich Geräusche höre, die höchstwahrscheinlich auch aus der Steinzeit stammen. Viermal hintereinander zieht mein neuer Freund das Innere seiner Nase hoch. Man kennt dieses Geräusch ja, wenn man meint, jemand holt den Saft aus den Knien hoch, um ihn auszuspucken. Nur hier hört es sich an, als wäre es schon über ein Kilo. Ohne Knochen wohlgemerkt. Eigentlich rechne ich jetzt damit, dass er das Fenster öffnen und raus spucken würde. Stattdessen sehe ich mehrere tiefe Schluckbewegungen. Ich schüttle den Kopf. Nicht mal Acht und schon das zweite Frühstück. Ich mache ihn schon zum Mitglied meiner Steinzeit-Ötzies auf dem Notebook. Von der Frisur her passt er ja zur Figur Cheffe. Seinen Kopf legt er erneut an die Scheibe und wieder in die dort klebende Soße. Im selben Moment fährt der Waggon über einen Huppel und der Haar-Mann stößt mit seinem Kopf heftigst gegen die Scheibe. Als er den Kopf wieder vom Fenster löst, sehe ich, wie die Haare kleben bleiben und sich lang ziehen. Im nächsten Moment sind wir an meinem Ziel und ich muss aussteigen. Ich kann die Bahn nur jedem empfehlen.
Manchmal erlebt man dort Sachen, über die man gar ein Buch schreiben könnte.
Es gibt Tage, da fragt man sich als normal denkender Mensch, warum man sie verdient hat. So einen Tag habe ich heute erlebt. Aber lesen Sie selbst.
Seit ich um 7 Uhr angefangen habe zu arbeiten, denke ich nur an den Feierabend.
Warum?