Forevermore

Zutaten

Herstellung und Verlag:

BoD - Books on Demand GmbH, Norderstedt

ISBN 978-3-7357-6633-5

Hinführung

Woraus besteht ein Salat? In den allermeisten Fällen aus mehr als einer Zutat. Die Wunderbarsten ihrer Art, die mir in meinem bisherigen Leben untergekommen sind, besaßen sogar eine weitaus größere Anzahl. Während der Verköstigung versuchte ich stets die Inhaltsstoffe zu erschmecken und sie im günstigsten Fall mal nacheinander, mal durcheinander in meinem Gaumen wirken zu lassen.

Besonderer Beliebtheit meinerseits erfreuten sich über die Jahre Zusammenstellungen, die nicht nur die jauchzenden Geschmacksknospen „Halleluja“ anstimmen ließen, sondern jene, die darüber hinaus auch zwei entgegengesetzte Temperaturen in sich bargen. Des Menschen Empfindlichkeit geschuldet, handelte es sich dabei um die Temperaturen kalt und heiß bis warm.

Unser Haupt, also das des aufrecht Gehenden, beheimatet das Kontrollsystem und die Schaltzentrale des Menschen. In der vermeintlich besten aller Ausnahmen erscheint das Gehirn aufgeräumt, klar denkend und souverän handelnd. Nichts lässt den Eigentümer dieses Superhirns aus der Ruhe bringen. Auf

jede Frage reagiert er cowboyesk: Wie aus einem frisch polierten Colt schießen die präzisen Antworten in Richtung bedauernswertem Gegenüber. Dieser weiß schlichtweg nicht, wie er zu reagieren hat und fühlt sich nicht nur getroffen und gelöchert, sondern meist auch wie der letzte Depp. Man könnte den Vergleich also so ziehen, dass ein aufgeräumtes, chaosloses und abgeklärtes Haupt wie ein Salat wirkt, bei dem die Zutaten vielleicht vorhanden sind, aber eher fein säuberlich jede von ihnen auf einem eigenen Tellerchen.

Dieses Buch möchte aber Appetit auf die andere Art von Gehirnbeschaffenheit machen. Wir möchten in ein Haupt schauen, in dem die Zutaten einen Mix darstellen, der auf den ersten Blick unaufgeräumt bis chaotisch erscheinen mag. Auf den Zweiten auch. Aber liegt darin nicht eine gewisse Portion Spannung, diese Vorfreude nicht genau zu wissen, wie es schmecken wird?

Zwischen Weihnachten und den ersten drei Monaten eines neuen Jahres habe ich mir an fast jedem Tag vorgenommen, ein und dieselbe Frage möglichst wahrheitsgetreu zu beantworten: Was war heute der Gedanke, der dich nicht losgelassen hat, oder gab es ein Wort, eine Situation, die den Tag beherrscht hat?

Das Resultat ist Hauptsalat.

Stopp!

Morgen ist Heiligabend. Der Tag, an dem das Jahr über verlorengegangene Schäfchen den Weg in das große Gebäude in mitten ihres Dorfes finden, denen der Name dieses Hauses schon nach vier Minuten wieder blitzschnell über die Lippen kommt und der Tag, an dem eilig zusammengekaufte und gut gemeinte (aber selten gut überdachte!) „Geschenke“ an die überraschte Frau, den alkoholgeschwängerten Mann oder das unstillbare Kind gebracht werden. Das Fest der Liebe.

Als ich noch eines der Kinder war, das sich selbstverständlich auch über jedes noch so unbrauchbare Geschenk gefreut hat, waren die Prioritäten an den Feiertagen klar gesetzt. Gesetzt worden! Von der Familie über Generationen überliefert wie eine alte Sage oder ein unumstößliches, immer wiederkehrendes Ritual. Jahr für Jahr.

Gestört hat mich das keineswegs, denn die Erträge waren üppig und der Spuk temporär absehbar. Was nach dem Liebesfest blieb, war erstens die Erkenntnis, dass viel mehr Personen zu unserer Familie gehörten, als an den übrigen 362 Tagen, an denen wir uns nicht liebten und zweitens ein gut gefülltes Sparschwein, welches bei mir

jedoch merkwürdigerweise ein Spar-„dings“ war. Undefinierbar.

Heute, als vermutlich ausgewachsener und weitestgehend selbständiger und unabhängiger Mensch, sehe und begreife ich Weihnachten immer mehr in seiner ursprünglichen Bestimmung. Es ist so, als käme ich mit meinem Fortbewegungsmittel, meinem Körper, an eine kraftspendende Tankstelle. Einmal volltanken bitte! Im Gedenken an die Geburt des Größten. Mein ansonsten viel zu hastiges Leben kann für ein paar Tage ruhen, Gedanken können sich um Wichtigeres ranken. Das unverzichtbare Arbeitsmittel, der Kopf, hat Zeit, sich zu erholen.

An den Feiertagen denke ich gerne an die Menschen, die mir wichtig sind. Auch maße ich mir an, nicht die zu vergessen, denen unser Weihnachten im Luxus nicht vergönntist oder die selbst in der angeblich so besinnlichen Zeit nicht zum Durchatmen kommen. Doch ich habe einen Weg gefunden, besonders auch an mich selbst zu denken. Das ist ein Geschenk. Morgen ist Heiligabend. Stopp!

Schlaflos im Wind

Man möge sich einmal mit aller Konzentration und Hingebung das Datum, welches über diesem Gedanken thront, in die vorderen Gehirnwindungen meißeln.

Nun öffnet man mit Vorsicht die dazu kompatible Wortschatzschublade. Was tritt hierbei ans trübe Tageslicht? In den meisten Fällen fallen Stichworte wie Weihnachten, Winter, Geschenke, Schnee, sinnloses Fressund Saufgelage, oder ähnlich Allfesttagliches.

Mein Tag begann, wie in der Regel alle anderen Tage im Jahr pflegen zu Ende zu gehen: Mit untypischer, einer „bewegenden“ Nacht geschuldeter Müdigkeit. Die Bevölkerung in unseren schmalen Breitengraden mag sich noch so abwertend und unprofessionell über das Wetter hierzulande aufregen. Wie eine Schar wildgewordener Rumpelstilzchen stöhnen sie im Sommer über die tropische Hitze und im Winter über polare Zustände.

Mir gefällt`s. Ich bin froh in einem Landstrich zu leben, in dem ich die vier obligatorischen Jahreszeiten hautnah erleben darf. Was mir aber keineswegs zusagt ist eine Nacht, wie die letzte. Immer wieder wachte ich vom peitschenden Wind auf, der allem Anschein nach eine Freude daran hatte, aus allen

Himmelsrichtungen meine bescheidene Behausung zu bestürmen. An einen durchgehenden, erholsamen Schlaf war nicht im Geringsten zu denken.

Wie kraftvoll die Elemente sind, spüren wir immer dann, wenn sie von der uns angenehmen Normalität abweichen. Den Wind stell ich mir wie einen Reisenden auf der Durchfahrt vor, der ständig grüßt und hier und da seine ureigene Visitenkarte abgibt. Dann entfaltet er sein Können, dann zeigt er, wozu er im Stande sein kann. Ich denke bei mir, dass wir ihm anständige und freundschaftlich gesinnte Gastgeber auf seinem Weg sein müssen und versuche ein wenig meiner Müdigkeit zu mindern, in dem ich die Augen schließe. Er aber, er kann viel mehr.

Wenn an Heiligabend der Regen fällt

und der Sturmwind weht

und dir trotzdem weit das Herz aufgeht,

dann weißt du, dass ein Engel wacht

und jemand hat an dich gedacht.

Helmpflicht für Katzen

Still und leise hat sich hierzulande eine neue Kopfmode für ihren zweifelhaften Siegeszug in die Startlöcher gestellt. In welche berufliche Sparte man auch blickt, oder welches gerade noch so favorisierte Hobby man auch unter die Lupe nimmt, der Helm ist schon da. Kein Wunder, dass sich die ortsansässigen Coiffeure wegen der mangelnden Stylinglust ihrer Kundschaft die paar rechtschaffenden Haare raufen. Wohin man sein Auge auch wendet, alle tragen einen vor Sicherheit und Schutz nur so triefenden Eimer auf dem Haupte. Zustimmend könnte man ohne jeden Zweifel noch bei hart arbeitenden, echten Männern auf`m Bau nickend seinen Kopf in Bewegung setzen. Bei in Zeitlupe in die Pedale trampelnden Jungvätern während des sonntäglichen Brötchenholens allerdings hört bei mir das Verständnis auf.

Sicher, es kann durchaus vorkommen, dass bei dem Versuch am Wochenende unfallfrei mit dem Rad zum Einkaufen zu fahren der Wind plötzlich auf unerklärliche 120 Stundenkilometer in nie geahnte Höhen schnellt und somit die gemütliche Tour zu einem wahren Höllenritt werden kann.

Ebenso warten in den großen Ballungsräumen neuerdings an jeder Ecke zwei bis zehn maskierte und baseballschlägerbehangene Minderjährige, die sich schon abends zuvor auf die Lauer gelegt haben, um des morgens das ein oder andere Frischgebackene zu erkämpfen.

Ich wundere mich tagein und tagaus, dass es für deutsche Verhältnisse unverhältnismäßig lange dauert, bis die Helmpflicht auch bei unseren so geliebten Haustieren eingeführt wird. Wenn ich, und diesen Anblick kann man nicht gerade selten erhaschen, einmal mehr auf einer Straße einen Fleck erkennen kann, der vor nicht allzu langer Zeit eine flinke, umherstreunende Katze gewesen sein muss, dann frage ich mich durchaus, ob ein entsprechender Kopfschutz nicht das Schlimmste hätte vermeiden können? Oder zumindest dem Gegenüber, dem meist

flüchtigen Täter, einen gehörigen Schaden hätte zufügen können?

Gerade Katzen! Nun gebe ich ungeniert zu, dass ich keineswegs der größte noch lebende Fan dieser Gattung bin, aber es sind nun mal mehr oder weniger auch Lebewesen. Und ein Leben ist soviel wert, dass man es auf jede erdenkliche Art und Weise schützen sollte. Die sagenumwobene Mär von den angeblichen „Sieben Leben einer Katze“ könnte dann endlich ein für alle Mal in die tiefste Schublade wandern.

Mit zünftigem Helm reicht selbst den Katzen ein sicheres Leben völlig aus.

Eine alte Lichtquelle

Gerade jetzt, in der Weihnachtszeit, fällt es mir wieder einmal besonders auf: Eine das Jahr über fast in Vergessenheit geratene Licht- und Wärmequelle schwingt sich in diesen Tagen zu besinnlichen Höhen auf.

Die Kerze. In den einschlägigen Verbrauchersupertempeln wird man regelrecht dazu gezwungen, sich wie vor einer Weltuntergangszeremonie mit ihnen einzudecken. An jeder Ecke, in jedem Regal türmen sich duftende, dicke, dünne, lange, kurze, in allen Farben erstrahlende Wachsstämme auf. Darf an Weihnachten kein Strom fließen? Gibt es ein mir unbekanntes Gesetz, das darauf drängt, dass Lichtschalter an Feiertagen im Winter doch bitteschön ungedrückt bleiben sollen? Ich werde Buße tun müssen, denn ich habe jahrelang nichtsahnend auch am Ende des Jahres noch fleißig meine Bücher im grellen Licht der Elektrik gelesen. Bin ich der Einzige, der sich Jahr ein Jahr aus strafbar gemacht hat?

Mittlerweile bin ich bekehrt worden. Das ganze Jahr über stütze ich nicht nur die Kerzenindustrie, sondern darüber hinaus noch die der Streichholzhersteller. In meinem Wohnzimmer stehen immer Kerzen, die mir allabendlich ein wenig spenden und keineswegs nur dekorativ den Platz verstellen. Mit einem zweckdienlichen Zündholz entflammt, bringen Kerzen ein wenig Ursprünglichkeit in die Dunkelheit.

Das elektrische Licht kann noch so schummrig oder auf „Romantik“ geschaltet daher flackern. Einem milden Kerzenschein kann es nie das Wasser reichen. Vielleicht spielt dabei auch ein klein wenig die Macht eine tragende Rolle. Ich habe die Macht über ein ansonsten in aller Regel unkontrollierbares Element. Wenn sich Feuer ausbreiten will, dann gibt es in freier Natur kaum ein adäquates Gegenmittel. Mir kommen unvorstellbar verheerende Bilder von Waldbränden in den Sinn, die wir uns wohl oder übel alljährlich in den Nachrichten anschauen müssen.

Unglaublich brutale Kräfte entstehen aus einer anfangs winzigen Flamme. Landstriche

und Ortschaften werden in kurzer Zeit der erdrückenden Hitze zum Opfer fallen. Rettungskräfte und Feuerwehren sind macht- und meist ratlos.