Pferde verstehen
mit
OSTWIND
Geschrieben von Almut Schmidt
Inhalt
Vorwort
Die Natur des Pferdes
Zusammen sind wir stark
Platz da, hier komme ich!
Lauf, Pferdchen, lauf!
Ich habe immer Hunger
Extra: Der ideale Stall
Nichts wie weg!
Gähn!
Feinsinnige Pferde
Die Sprache der Pferde
Lautlose Verständigung
Das Abc der Pferdesprache
Weitere Körpersignale des Pferdes
Körperpositionen
Verhaltensstörungen
Extra: Pferde beobachten
So wirst du ein Pferdemensch
Pferdesprache – Menschensprache
So „spricht“ dein Körper
Innere Werte
Mein Raum, dein Raum
Extra: Das Pferd als Spiegel
Interview mit Kenzie Dysli
Beschäftigung mit Pferden
Kennenlernen
Bodenarbeit
Extra: Beine kreuzen
Lass uns laufen – spazieren gehen
Freiarbeit
Was tue ich, wenn mein Pferd
... am Stall „klebt“?
... häufig scheut?
... mich zwickt?
... mich beim Führen anrempelt und überholt?
... sich nicht einfangen lässt?
... am Anbindeplatz herumzappelt?
... die Hufe nicht gibt/zurückzieht?
Rauf aufs Pferd
Aufsteigen
Erste Sitzübungen
Es wird schneller
Die Zügel
Extra: Reiten mit Halsring
Ostwind und Mika – Penny und ich
Inhalt
Vorwort
Die Natur des Pferdes
Zusammen sind wir stark
Platz da, hier komme ich!
Lauf, Pferdchen, lauf!
Ich habe immer Hunger
Extra: Der ideale Stall
Nichts wie weg!
Gähn!
Feinsinnige Pferde
Die Sprache der Pferde
Lautlose Verständigung
Das Abc der Pferdesprache
Weitere Körpersignale des Pferdes
Körperpositionen
Verhaltensstörungen
Extra: Pferde beobachten
So wirst du ein Pferdemensch
Pferdesprache – Menschensprache
So „spricht“ dein Körper
Innere Werte
Mein Raum, dein Raum
Extra: Das Pferd als Spiegel
Interview mit Kenzie Dysli
Beschäftigung mit Pferden
Kennenlernen
Bodenarbeit
Extra: Beine kreuzen
Lass uns laufen – spazieren gehen
Freiarbeit
Was tue ich, wenn mein Pferd
... am Stall „klebt“?
... häufig scheut?
... mich zwickt?
... mich beim Führen anrempelt und überholt?
... sich nicht einfangen lässt?
... am Anbindeplatz herumzappelt?
... die Hufe nicht gibt/zurückzieht?
Rauf aufs Pferd
Aufsteigen
Erste Sitzübungen
Es wird schneller
Die Zügel
Extra: Reiten mit Halsring
Ostwind und Mika – Penny und ich
Foto Tom Trambow
Vorwort
Mit donnernden Hufen kam Ostwind auf dem Boden auf. Ohne Halt ging es weiter. Und es würde nie wieder aufhören. Mika wusste, sie waren nun unzertrennlich ...
(aus: Ostwind – Zusammen sind wir frei)
Mika und Ostwind sind ein Traumpaar. Und doch dauert es eine Weile, bis Mika so vertrauensvoll auf dem Rücken des Hengstes sitzen darf.
Anfangs hat Mika überhaupt keine Ahnung von Pferden. Aber sie ist neugierig und verbringt viel Zeit mit Ostwind, sitzt in seiner Box und schläft sogar im Stroh bei ihm. So lernt sie den Hengst immer besser kennen. Sie beginnt zu spüren, was in Ostwind vorgeht, und versteht, was er sagen will. Das Vertrauen zwischen ihnen wächst, und irgendwann folgt das ehemals schwierige Pferd Mika überallhin. Von nun an sind die zwei unzertrennlich.
In diesem Buch möchten wir dir zeigen, wie auch du lernen kannst, Pferde besser zu verstehen. Vielleicht gelingt es dir sogar, zu einem Pferd eine so enge Verbindung aufzubauen wie Mika. Keine Sorge: Du brauchst dafür nicht irgendwelche geheimnisvollen oder magischen Fähigkeiten. Das Wichtigste ist erst einmal Zeit. Vertrauen entsteht nicht von heute auf morgen. Halte dich wie Mika oft in der Nähe des Pferdes auf, genieße das Zusammensein mit ihm und beobachte, wie es sich verhält. Das genaue Beobachten ist wichtig, denn so wirst du immer besser erkennen, was das Pferd ausdrücken will. Wir stellen dir in diesem Buch einige typische Verhaltensweisen der Vierbeiner vor und erklären dir, was sie bedeuten.
Außerdem bekommst du Tipps, wie du deinen eigenen Körper einsetzen kannst, um deinem Pferd zu vermitteln, was du von ihm möchtest. Gegenseitiges Verstehen ist die Voraussetzung für echte Partnerschaft.
Wir laden dich ein in die spannende Welt der Pferde(sprache)!
Übrigens: Wenn wir von „deinem“ Pferd sprechen, meinen wir nicht, dass es dir gehören muss. Vielleicht hast du ein Pflegepferd, oder du reitest auf einem Reitschulpferd oder besuchst regelmäßig das Pferd auf der Koppel nebenan – „dein“ meint einfach das Pferd, das du magst.
Die Natur des Pferdes
Der schwarze Hengst treibt seine Stuten mit der typischen Kopfhaltung zur Wasserstelle.
Foto Gabriele Kärcher/Sorrel
Ein leichter Wind streicht durch das blühende Grün der Ebene. In der Luft liegt ein würziger Duft nach Kräutern und Erde. Nicht weit entfernt säumt dichter Nadelwald das Ufer eines kleinen Sees.
In der Nähe des Waldes grast eine Pferdeherde. Ungefähr zehn Stuten zupfen eifrig an den kurzen Halmen, manche haben runde Bäuche, andere behalten aus dem Augenwinkel ihren schon geborenen Nachwuchs im Blick. Die Kleinen schlafen lang ausgestreckt neben ihren Müttern, trinken oder spielen ausgelassen miteinander. Etwas abseits steht ein schwarzer Hengst mit einer kleinen weißen Blesse und döst.
Plötzlich erweckt eine Bewegung im Wald seine Aufmerksamkeit. Sofort spannt sich sein Körper an, mit hoch erhobenem Kopf blickt er ins Unterholz. Da, ein Knacken! Die Herde ergreift die Flucht: Vorneweg galoppiert die Leitstute, in der Mitte, eingerahmt von ihren Müttern, laufen die Fohlen. Der Hengst sichert die Herde nach hinten ab.
Nach ein paar Hundert Metern bleibt die Herde stehen, und der Hengst prüft erneut die Lage. Die Gefahr scheint gebannt. Was immer im Wald war, hat sich verzogen.
Die Pferde beginnen wieder zu grasen.
Nach einer halben Stunde beschließt der Hengst, dass es Zeit für den Aufbruch ist. Zielstrebig dirigiert er seine Herde zu der Wasserstelle, an der alle ihren Durst löschen, bevor sie weiter grasend über die Ebene ziehen.
Würde Ostwind als Wildpferd leben, könnte sich die oben beschriebene Szene so oder ähnlich in seinem Leben abspielen. Als Hengst hätte Ostwind wahrscheinlich eine eigene kleine Herde, auf die er aufpassen muss – eine anspruchsvolle Aufgabe.
Dieses Beispiel zeigt dir aber auch, was Pferd-Sein ausmacht: Pferde sind Herden-, Lauf- und Fluchttiere und noch einiges mehr. In den folgenden Kapiteln schauen wir uns an, was das im Einzelnen bedeutet. Dieses Wissen um die Natur des Pferdes ist wichtig, denn nur so verstehen wir seine Bedürfnisse und Verhaltensweisen. Es ist damit die Voraussetzung zum Erlernen der Pferdesprache.
Herdenleben
Foto Gabriele Kärcher/Sorrel
Zusammen sind wir stark
Das Pferd ist ein Herdentier
Als Herdentier braucht das Pferd Kontakt zu anderen Pferden. Allein wäre es in der Natur verloren, es braucht den Schutz einer Herde, nur hier fühlt es sich sicher und geborgen.
Die Herde ist ein enger Verband von Tieren, die zum Teil miteinander verwandt sind. Meistens besteht sie aus einem erwachsenen Hengst, mehreren erwachsenen Stuten und deren Nachwuchs. Es gibt aber auch reine „Männerherden“, dazu gleich mehr.
Manche Herden sind sehr klein und umfassen nur zwei bis drei Mitglieder. Im Durchschnitt besteht eine Pferdeherde jedoch aus zehn bis 20 Tieren.
Männliche Fohlen verlassen die Gruppe, wenn sie geschlechtsreif werden, da der Althengst die Stuten für sich behalten will.
Die meisten jungen Hengste schließen sich in „Junggesellengruppen“ zusammen, die manchmal über mehrere Jahre bestehen bleiben, je nachdem, ob oder wann sie eigene Stuten finden. Auch die jungen Stuten verlassen überwiegend nach zwei bis drei Jahren die Herde, um sich einem neuen Hengst anzuschließen. In dieser Gruppe bleiben sie dann meist ein Leben lang.
Der Hengst steht etwas abseits und hat seine Herde im Blick.
Foto Gabriele Kärcher/Sorrel
Du bist mein Freund
Die engsten Beziehungen bestehen innerhalb einer Familie, also zwischen Mutter und Tochter oder zwischen Schwestern. Es gibt aber auch eng befreundete Paare, die nicht verwandt sind. Solche Freundschaften können sich zwischen zwei Stuten oder auch zwischen einem Hengst und seiner Lieblingsstute entwickeln. In menschlicher Obhut können sich auch Stute und Wallach befreunden. Diese Paare stehen häufig eng zusammen, beknabbern sich oder wedeln sich gegenseitig mit dem Schweif die Fliegen aus dem Gesicht.
Angeführt wird die Herde von einem erfahrenen Hengst, der Leithengst oder Haremshengst (Harem = Ort für weibliche Familienmitglieder) genannt wird. Früher dachte man, der Leithengst würde in jeder Situation alles allein bestimmen. Dann hat man herausgefunden, dass es in den meisten Herden auch eine Leitstute gibt, ein erfahrenes Tier, das die Herde z.B. zu neuen Futterplätzen führt. Daneben übernehmen auch andere Stuten in der Herde wichtige Aufgaben, wie z.B. auf Nachzügler warten oder Wache halten. Hauptsächlich aber kümmern sich die Stuten um den Nachwuchs.
Ich hab dich zum Fressen gern!
Foto Gabriele Kärcher/Sorrel
Die Hauptaufgabe des Hengstes ist es, seine Stuten zusammenzuhalten, die Herde vor Gefahr zu beschützen – und notfalls auch für sie zu kämpfen.
Das Herdentier beim Menschen
Auch wenn das Pferd bei uns lebt, sind andere Pferde für ihn der wichtigste Bezugspunkt. Der Mensch kann niemals die Herde ersetzen. Deshalb darf man ein Pferd auch nicht allein halten, es wäre dann sehr unglücklich, einsam und dauergestresst.
Allerdings ist das mit den anderen Pferden so eine Sache: Im Gegensatz zur freien Wildbahn kann das Pferd sich bei uns nicht aussuchen, wo und mit wem es sein Leben verbringt. Statt langjähriger Beziehungen zwischen Stuten und Hengst kommt es bei uns in zusammengewürfelte Gruppen, in die es mal besser, mal weniger gut passt. Nicht selten werden auch Pferderassen zusammengesteckt, die sehr unterschiedlich in ihrem Ausdrucksverhalten und ihren Bedürfnissen sind, z.B. Warmblut und Shetlandpony.
Ungünstig ist es, wenn die Gruppenmitglieder öfter wechseln, weil die Besitzer umziehen oder Pferde verkauft werden. Gerade für Stuten als „Familientiere“ sind Umzüge sehr stressig.
Häufiger Wechsel in der Gruppe führt auch dazu, dass die Rangordnung immer aufs Neue geklärt werden muss und nie richtig Ruhe einkehrt (siehe Rangordnung). Überhaupt gibt es in Pferdegruppen in „Gefangenschaft“ deutlich mehr Streit als in frei lebenden, natürlich gewachsenen Herden. Das kommt auch daher, dass die Pferde auf viel kleinerem Raum miteinander auskommen müssen und dass das Futter häufig rationiert und damit umkämpft ist. Gerade zu Futterzeiten entstehen dann Stress und Streit.
Wie man das ändern kann? Lies weiter unter „Der ideale Stall“ (siehe hier). Hier sagen wir dir, wie man das Zusammenleben der Pferde gut gestalten kann.
Rassen mit ähnlichen Bedürfnissen passen gut zusammen.
Foto Gabriele Kärcher/Sorrel
Hengste
Einen Hengst, so wie Ostwind, wirst du in einem deutschen Reitstall selten antreffen. Die Haltung von Hengsten ist schwieriger, da man sie nicht mit Stuten zusammenlassen darf (sonst gibt es Nachwuchs) und nur manchmal mit Wallachen (es kann Streit geben). Zudem glauben viele Leute, Hengste seien gefährlich. Das stimmt allerdings nicht, vielmehr werden Hengste oft schwierig, wenn sie allein und viel in der Box gehalten werden. Was stimmt: Hengste haben von Natur aus einen starken Charakter und testen gerne, ob sie nicht auch den Menschen anführen können.
Ostwind ist ein stolzer, aber sanftmütiger Hengst.
Foto Tom Trambow