Allie Chase, die minderjährige, rebellische Tochter eines prominenten Senators, ist in die Untergrund-Szene Londons abgetaucht. Neal hat nur wenige Wochen Zeit, um Allie aus dieser Hölle voller Junkies, Drogendealer und Schläger zu befreien, damit sie pünktlich zum Wahlkampf aufgeräumt und strahlend an der Seite ihrer Eltern auftreten kann. Doch was der Untergrund aufzubieten hat, ist nichts gegen das, was Neal an der Oberfläche erwartet – falls er es dorthin zurückschafft …
Don Winslow wurde 1953 in New York geboren. Bevor er mit dem Schreiben begann, verdiente er sein Geld unter anderem als Kinobetreiber, Fremdenführer auf afrikanischen Safaris und chinesischen Teerouten, Unternehmensberater und immer wieder als Privatdetektiv. Er wurde vielfach ausgezeichnet, u. a. mit dem Deutschen Krimi Preis 2011 für Tage der Toten. Don Winslow lebt mit seiner Frau in Kalifornien.
Conny Lösch lebt als Übersetzerin in Berlin. Sie hat u. a. Bücher von Ken Bruen, Elmore Leonard und Ian Rankin ins Deutsche übertragen.
Zuletzt sind von Don Winslow im Suhrkamp Verlag erschienen: Savages – Zeit des Zorns (st 4489), Kings of Cool (st 4488) und Vergeltung (st 4500).
LONDON
UNDERCOVER
Neal Careys erster Fall
Aus dem
amerikanischen Englisch
von Conny Lösch
Suhrkamp
Die Originalausgabe erschien 1991 unter dem Titel A Cool Breeze on the Underground bei St. Martin’s Press, New York
Die deutsche Erstausgabe erschien 1997 unter dem Titel Ein kalter Hauch im Untergrund bei R. Piper GmbH & Co. KG, München
eBook Suhrkamp Verlag Berlin 2015
Der vorliegende Text folgt der 1. Auflage der Ausgabe des suhrkamp taschenbuchs 4580.
© Suhrkamp Verlag Berlin 2015
Copyright © 1991, Don Winslow
Alle Rechte vorbehalten, insbesondere das des öffentlichen Vortrags sowie der Übertragung durch Rundfunk und Fernsehen, auch einzelner Teile.
Kein Teil des Werkes darf in irgendeiner Form (durch Fotografie, Mikrofilm oder andere Verfahren) ohne schriftliche Genehmigung des Verlages reproduziert oder unter Verwendung elektronischer Systeme verarbeitet, vervielfältigt oder verbreitet werden.
Für Inhalte von Webseiten Dritter, auf die in diesem Werk verwiesen wird, ist stets der jeweilige Anbieter oder Betreiber verantwortlich, wir übernehmen dafür keine Gewähr. Rechtswidrige Inhalte waren zum Zeitpunkt der Verlinkung nicht erkennbar.
Umschlag: cornelia niere, münchen
eISBN 978-3-518-74002-6
www.suhrkamp.de
Für Jean und Thomas,
das Wie und Warum
Neal wollte nicht ans Telefon gehen. Manchmal war das Klingeln so irre schrill, dass es nur schlechte Nachrichten sein konnten. Er lauschte ganze dreißig Sekunden, bis es aufhörte, dann sah er auf die Uhr. Exakt dreißig Sekunden später klingelte es erneut, und jetzt wusste er, dass er nicht drumrum kam. Also legte er sein Buch aufs Bett und nahm ab.
»Hallo«, meldete er sich leicht genervt.
»Hallo, Sohn!«, erklang eine fröhliche, dabei fast spöttische Stimme.
»Dad, lange nichts von dir gehört.«
»Wir treffen uns.« Keine Bitte, ein Befehl.
Neal legte auf.
»Was ist los?«, fragte Diane.
Neal zog seine Sneaker an. »Ich muss noch mal raus. Ein Freund der Familie.«
»Du hast morgen Prüfung«, protestierte sie.
»Dauert nicht lange.«
»Ist schon nach elf!«
»Ich muss los.«
Sie war perplex. Zu den wenigen Dingen, die Neal ihr von sich erzählt hatte, gehörte auch, dass er seinem Vater nie begegnet war.
Neal zog einen schwarzen Anorak gegen die kühle Mainacht an und trat hinaus auf die Straße. Auf dem Broadway war noch einiges los. Unter anderem deshalb lebte er so gerne auf der Upper West Side. Er war New Yorker, hier geboren und aufgewachsen, und in seinen ganzen dreiundzwanzig Jahren hatte er nie irgendwoanders als auf der Upper West Side gewohnt. An der Seventy-Ninth kaufte er noch schnell eine Times am Zeitungsstand, falls Graham wie so oft zu spät kam. Acht Monate lang hatte er nichts von ihm gehört oder gesehen, und jetzt fragte er sich, was so verdammt dringend sein konnte, dass sie sich sofort treffen mussten.
Egal, was es ist, dachte er, bitte nichts außerhalb der Stadt. Schnell mal ins Village, ein Kind abholen und zu Mama bringen oder ein paar heimliche Schnappschüsse von einer verheirateten Frau beim Essen mit einem Saxofonisten.
Mit Graham traf er sich grundsätzlich im Burger Joint. Was Neals Idee war. Für jemanden, der Burger liebte, war der Laden Mekka. Klein und eng, im Erdgeschoss des Hotel Belleclaire. Hier traf man Junkies, die ein paar Dollar zusammengekratzt hatten, ebenso wie Filmstars, die mit Kohle um sich warfen. Nick briet die besten Burger der Stadt, wenn nicht gar der zivilisierten Welt. Ein ausgezeichneter Ort, um schnell was zu essen und sich dabei noch einen Tipp für ein Spiel zu holen. Die Yankees würden es in diesem Sommer schaffen, ganz sicher – den Pennant und die Series gewinnen.
Neal ging rein und winkte Stavros hinter dem Tresen zu, dann setzte er sich an einen freien Tisch in der Ecke. Graham war natürlich noch nicht da, aber Neal war auch früh dran. Er bestellte einen Cheeseburger mit Schweizer Käse, Pommes und einen Iced Coffee. Dann vertiefte er sich in die Times und wartete gelassen auf das, was kommen mochte. Warten gehörte in seinem Berufszweig zum Handwerk. Außerdem war er Zeitungsjunkie. Täglich las er akribisch alle drei großen Tageszeitungen und zog sich zusätzlich jede Menge Wochenzeitschriften rein, die in New York daherkamen wie gehaltvolle Nachspeisen. Heute interessierte ihn vor allem der Sportteil, da er fest an einen Sieg der Yankees glaubte.
Er hatte sich gerade darin vertieft, als das Essen kam. Er wusste zwar, dass »wir treffen uns« bedeutete »in dreißig Minuten am zuletzt vereinbarten Treffpunkt«, aber auch, dass er auf Graham warten musste, selbst wenn er extra eine Stunde später auftauchte. Neal war überzeugt, dass Graham ihn absichtlich damit ärgern wollte. Als er schließlich von seiner Zeitung aufschaute und dem grinsenden Joe Graham ins Gesicht blickte, gab er sich die größte Mühe, so zu tun, als wäre nichts. Neal freute sich, ihn zu sehen, aber das ließ er sich nicht anmerken.
»Siehst aus wie ein Penner«, sagte Graham.
Also war er nicht verfolgt worden und steckte auch nicht in Schwierigkeiten.
»Hab viel gearbeitet«, erwiderte Neal. »Wie geht’s?«
»Ach.« Er zuckte mit den Schultern.
»Was ist los?«
»Hast du’s eilig? Macht’s dir was aus, wenn ich was esse? Wie ich sehe, hast du auf mich gewartet.«
Graham gab dem Kellner ein Zeichen.
»Ich nehm dasselbe wie er, aber auf einem sauberen Teller.«
»Bitte sag, dass es nicht die ganze Nacht dauert«, flehte Neal. »Ich hab Morgen um halb neun Prüfung.«
Graham grinste. »Wart’s erst mal ab. Wieso müssen wir uns immer in diesem Dreckloch hier treffen?«
»Damit du dich wie zu Hause fühlst.«
Der Kellner kam mit Grahams Essen. Graham untersuchte es akribisch, dann goss er eine halbe Flasche Ketchup drüber. Anschließend nahm er einen Schluck Kaffee.
»Wann gebt ihr’s endlich auf und kocht einen frischen?«
»Wenn du deine Unterhose wechselst«, erwiderte der Kellner gutgelaunt und ging. Er arbeitete schon eine ganze Weile auf dem Broadway.
Graham saß eine Minute lang schweigend da. Neal kannte die Methode. Graham wollte, dass er Fragen stellte. Der kann mich mal, dachte Neal, acht Monate hat er sich nicht gemeldet.
»Morgen wirst du verreisen«, sagte Graham endlich und wischte sich den Ketchup vom Mund.
»Einen Scheiß werde ich.«
»Nach Providence. Rhode Island.«
»Ich weiß, wo Providence liegt. Aber ich fahr nicht hin.«
Graham grinste abfällig. »Was? Bist du eingeschnappt, weil wir nicht angerufen haben? Immerhin zahlen wir deine Miete, College Kid.«
»Wie ist dein Burger?«
»Wär schön, wenn sie ihn das nächste Mal braten würden. Der Chef will dich sprechen.«
»Levine?«
»Wohnt Levine in Providence?«
»So selten wie ich den sehe, könnte er in Afghanistan wohnen.«
»Ich will dir mal was sagen. Levine würde dich am liebsten nie wieder sehen. Wenn’s nach dem ginge, würdest du deine Brötchen als Tankwart in Butte, Wyoming, verdienen. Ich spreche vom Chef. Der Bank. In Providence, Rhode Island.«
»Butte liegt in Montana, und ich habe morgen Prüfung.«
»Jetzt nicht mehr.«
»Graham, ich kann mir dieses Semester keinen Scheiß mehr erlauben.«
»Dein Professor wird Verständnis haben. Zufällig ist er ein Freund der Familie.«
Graham grinste. Er war ein gemeiner Kobold, fand Neal. Ein kleiner, nicht mehr ganz junger Ire mit schütterem Haar, blauen Knopfaugen und dem fiesesten Grinsen der Weltgeschichte.
»Wie du meinst, Dad.«
»Bist ein guter Sohn, Sohn.«
Neal Carey war elf Jahre alt und abgebrannt. Für die meisten Elfjährigen wäre das kein großes Ding gewesen, aber im Prinzip musste sich Neal selbst versorgen, weil sich sein Vater nie hatte blicken lassen und die Sucht seiner Mutter teuer war und mehr Geld fraß, als die Alte nach Hause brachte, wenn sie überhaupt mal in der Lage war, die Wohnung zu verlassen und etwas nach Hause zu bringen. Als Neal sich eines trägen Sommernachmittags zu Meg’s hineinstahl, war er also auf der Suche nach finanzieller Aufbesserung. Auf der Upper West Side war er einer von vielen dürren kleinen Jungs. An ihm war nichts außergewöhnlich, und das fand er gut. Taschendiebe müssen in der Masse untergehen.
Auch an Meg’s war nichts außergewöhnlich. Eine Bar wie alle anderen, in denen den wenigen im Viertel verbliebenen Iren Bier, Whiskey und gelegentlich auch mal ein Gin Tonic serviert wurden. McKeegan, der Barkeeper, war der Ansicht, er sei seit seiner Hochzeit mit Meg ziemlich weich gelandet.
»Man kann’s kaum besser treffen als mit einem irischen Mädchen, das eine eigene Bar besitzt«, erklärte er Graham an jenem Nachmittag. »Du bekommst Essen und Whiskey und musst nichts weiter tun, als hinter dem Tresen stehen und dich mit den anderen Säufern unterhalten, nichts für ungut, war nicht persönlich gemeint, aber du weißt schon.«
Graham fand auch, dass er’s gut getroffen hatte. Meistens schlug er Zeit tot und verdiente damit auch noch Geld. Jetzt hatte er es sich gerade auf einem Barhocker vor einem kalten Bier bequem gemacht. Wenn man auf der Delancey Street aufgewachsen war, wusste man, dass es kaum besser laufen konnte.
Der kleine Neal schlich sich an, kauerte sich neben Graham unter den Tresen und lauschte dem Baseballspiel, das dieser anscheinend aufmerksam verfolgte. Neal wartete, bis er den Schläger und das Johlen der Menge hörte. Aus Erfahrung wusste er, dass sich bei einem Homerun immer alle nach vorn beugen. Auf jeden Fall machte das dieser Blödmann hier, und Neal legte Zeige- und Mittelfinger wie eine Zange um seine nun problemlos greifbare Brieftasche. Als sich der Mann wieder zurücklehnte, sprang sie Neal in die Hand, als wollte sie sagen: »Nimm mich mit.« Neal aber, der zu Hause keine eigene Glotze hatte, fand Fernsehen ein bisschen zu wunderbar.
Klauen ist relativ einfach − sich nicht erwischen lassen schon schwieriger. Ein Dieb hat im Prinzip zwei Alternativen: bluffen oder abhauen. Er muss sich und seine Talente kennen, seine Stärken und Schwächen. Ein erfolgreicher Dieb benötigt ein ungewöhnlich hohes Maß an Selbsterkenntnis. Neal hatte dank seiner raschen Auffassungsgabe, die armen Großstadtkindern häufig eigen ist, bereits einige Informationen aufgenommen. Ihm war klar, dass er sich in einer irischen Bar mit zwei mehr oder weniger nüchternen Katholiken befand und er mit seinen gerade mal elf Jahren diesen beiden auf Teufel komm raus nichts würde vormachen können. Ebenso klar war ihm, dass sie ihn auf Gottes guter Erde niemals einholen würden, wenn er es drauf ankommen ließe. Er analysierte die Daten in ungefähr anderthalb Sekunden und steuerte mit Höchstgeschwindigkeit die Tür an.
Graham hatte nicht gemerkt, dass ihm die Brieftasche geklaut wurde, aber er merkte, dass sie weg war. Joe Graham hatte nie viel Geld besessen, also wusste er meist, wo es war, und selbst ein Schlag von Roger Maris über den Zaun konnte nicht darüber hinwegtäuschen, dass es jetzt nicht mehr dort war, wo es hingehörte, nämlich in seiner Tasche. Er drehte sich um und sah den Jungen gerade noch durch die Tür verschwinden.
Graham verschwendete keine Zeit. Wer Bemerkungen macht wie »der kleine Mistkerl hat mir die Brieftasche geklaut!«, findet sich bereits mit vollendeten Tatsachen ab. Stattdessen rannte er dem Jungen nach, wild entschlossen, sich sein Eigentum zurückzuholen und den Übeltäter zu bestrafen.
Draußen war Neal scharf rechts abgebogen und lief jetzt die Amsterdam entlang, dann bog er scharf links in die Eighty-First Street. Auf halber Strecke zur nächsten Kreuzung deutete er rechts an, raste aber nach links und tauchte in eine Gasse ab, an deren Ende eine unverschlossene Kellertür hinter einem Maschendrahtzaun einen sicheren Hafen versprach. Er warf sich mit vollem Tempo an den Zaun, schob die Spitze seines Turnschuhs zwischen die Maschen und zog sich mit den Armen hoch. Vom Fangenspielen früher wusste Neal, dass er schneller über Zäune klettern konnte als jeder andere im Viertel. Und obwohl er gejagt wurde, war er relativ sicher, dass er im kühlen Keller sitzen und Geld zählen würde, noch bevor sich dieser Blödmann auch nur über den Zaun gewuchtet hatte. Ganz und gar in diese schöne Vorstellung versunken, spürte er plötzlich, wie ihn etwas Hartes auf Nierenhöhe traf, und er sackte vom Zaun zu Boden. Einen Augenblick lang schnappte er nach Luft, dann verlor er das Bewusstsein.
Kaum war er in die Gasse abgebogen, hatte Graham gesehen, dass der Junge ein Sprinter war, den er nicht einholen würde. Sein eben noch frisches Hemd war bereits schweißnass, und in seinem Bauch schwappten vier Bier bedrohlich auf und ab. Er wusste, wenn der Junge über den Zaun kam, war seine Brieftasche Geschichte. Also packte er seine Armprothese aus Hartgummi und zog sie von der rechten Schulter. Dann schleuderte er sie dem Dieb mit seinem ungewöhnlich starken linken Arm in den Rücken.
Als Neal wieder zu sich kam, starrte ihn ein gemeiner einarmiger Kobold an.
»Ist schon ein Scheißleben, oder?«, meinte der Mann. »Kaum hat man mal ein paar Dollar in der Hand, kaum denkt man, man hat’s geschafft, schraubt sich so ein Kerl den Arm ab und knipst einem die Lichter aus.«
Er packte Neal am Hemd und zog ihn auf die Füße.
»Komm, wir gehen zu McKeegan. Mein Bier wird warm.«
Und so zerrte er den Jungen wieder in die Bar. Auf der Straße scherte sich niemand darum. Graham ließ Neal hart auf einen Hocker knallen. Fasziniert und entsetzt sah Neal zu, wie Graham seinen falschen Arm wieder befestigte und den Ärmel herunterkrempelte.
»Neal, du kleiner Scheißer«, sagte McKeegan.
»Kennst du den?«, fragte Graham.
»Wohnt hier in der Gegend. Die Mutter hängt an der Nadel.«
»Kannst von Glück sagen, dass du keine Zeit hattest, die Kohle auszugeben«, sagte Graham zu Neal. Dann verpasste er ihm eine heftige Ohrfeige quer übers Gesicht.
»Soll ich die Cops rufen?«, fragte McKeegan und griff nach dem Telefon.
»Wozu?«
Neal war schlau genug, die Klappe zu halten. Leugnen hatte sowieso keinen Sinn. Außerdem war er ein kleines bisschen demoralisiert, weil er sich von einem Einarmigen hatte erwischen lassen. Ein Scheißleben, aber echt, dachte er.
»Machst du das öfter? Leute beklauen?«, fragte Graham.
»Erst seit letztem Freitag.«
»Was war denn letzten Freitag?«
»Bin über den Markt geschlendert.«
»Für einen kleinen Dieb, der sich so leicht erwischen lässt, hast du eine ganz schön große Klappe. Wenn ich du wäre, würde ich an meiner Technik feilen und das Witzereißen Jackie Gleason überlassen.«
Graham sah sich das Kind genauer an. Er war sauer genug, die Polizei zu rufen und den Kleinen in den Jugendknast zu schicken. Aber Joe Graham hatte in jungen Jahren selbst die ein oder andere Mahlzeit in den Taschen anderer gefunden. Und man wusste nie, wann einem ein schlauer Junge noch mal nutzen konnte.
»Wie heißt du?«
»Neal.«
»Bist du ein Rockstar oder hast du auch einen Nachnamen, Neal?«
»Carey.«
»McKeegan, wie wär’s, wenn du Neal Carey erst mal einen Cheeseburger machst?«
McKeegan gestikulierte wild mit den Händen. »Weißt du, was das ist?«
»Ein Grill?«
»Ein sauberer Grill und das wird sich bis fünf Uhr nicht ändern. Den mach ich nicht schmutzig für einen gemeinen kleinen Dieb, der meine Gäste bestiehlt. Die bestehle ich selbst.«
»Wie sieht’s mit einem Putenbrustsandwich aus?«
»Geht.«
McKeegan drehte sich um und machte ein Sandwich. Graham wandte sich an Neal.
»Deine Mutter ist auf Heroin?«
»Ja.«
»Hast du’s auch mit Drogen?«
»Ich hab’s mit Brieftaschen.«
Neal war verdattert. Normalerweise wurde man von Leuten, die man gerade beklaut hatte, nicht zum Essen eingeladen. In seiner zweijährigen Laufbahn als Dieb war er gerade zum allerersten Mal erwischt worden. Von den Ausgefuchsteren im Viertel wusste er, was er von der Polizei zu erwarten hatte, aber das hier war anders. Er überlegte, ob er einen weiteren Fluchtversuch unternehmen sollte, aber ihm tat der Rücken noch vom letzten Mal weh, und aus dem Augenwinkel heraus sah er ein dickes Putenbrustsandwich auf dunklem Brot mit Mayonnaise. Da er wusste, dass man mit vollem Bauch weiter kommt als mit leerem, beschloss er, noch eine Weile mitzuspielen.
»Nimmt dir deine Mutter Geld ab?«
»Wenn sie kann.«
»Isst du regelmäßig?«
»Ich komme klar.«
»Gut.«
McKeegan stellte ihm das Sandwich hin, und Neal verschlang es.
»Du frisst wie ein Schwein«, sagte Graham. »Dir wird schlecht.«
Neal hörte ihn kaum. Das Sandwich war wunderbar. Als ihm McKeegan unaufgefordert auch noch eine Cola servierte, dachte Neal, dass er sich vielleicht öfter mal erwischen lassen sollte.
Als er aufgegessen hatte, sagte Graham: »Raus mit dir.«
»Danke. Vielen, vielen Dank. Wenn ich was für Sie tun kann …«
»Du kannst mir aus den Augen gehen.«
Neal steuerte die Tür an. Er hatte nicht vor, sein Glück überzustrapazieren.
»Und Neal Carey …«
Er drehte sich um.
»Wenn ich dich noch mal mit den Fingern in meiner Tasche erwische … schneid ich dir die Eier ab.«
Jetzt rannte Neal doch.
Eine Woche später versteckte er sich draußen auf der Straße. Es war schon ziemlich spät, aber seine Mutter hatte Besuch von einem Freier, und Neal wollte nicht nach Hause. In Nächten wie dieser, einer schwülen New Yorker Sommernacht, wohnten hier sowieso alle draußen, die Luft war heiß und schwarz wie Teer. Um ihn herum tobte das bunte Treiben auf der West Side, dessen dekadenter Schönheit er sich aber nur vage bewusst war. Er futterte Schokolade, die er in einem Laden in der Eighty-Fifth Street geklaut hatte, und weil er seine Ruhe haben und alleine sein wollte, hatte er sich in eine Seitengasse gesetzt, von wo aus er nun beobachtete, wie ein sehr großer Mann in Unterwäsche dem flüchtenden Joe Graham über eine Feuertreppe hinterherrannte.
»Ich bring dich um, du Arschloch.« Der dicke Mann schnaufte, sein verschwitzter Bauch schwabbelte über der Unterhose.
Neal hörte eine Frauenstimme, und als er hochsah, entdeckte er eine nackte Blondine am Fenster, die schrie: »Der Film! Hol dir den Film!«
Joe Graham zögerte eine Sekunde, als er Neal Carey erkannte. Mit einer schnellen Rückhandbewegung warf er dem Jungen die Kamera zu und lief weiter. Er musste Neal nicht sagen, was er zu tun hatte. Befand man sich im Besitz eines Gegenstandes, auf den es ein zorniger dreihundert Pfund schwerer Mann in Unterwäsche abgesehen hat, gab es nur eins: Neal spurtete los, raus auf die Straße und war wenig später in der Menschenmasse verschwunden.
Die Kamera war eine dieser neuen kleinen, die sich mühelos in einer Hand halten – oder sogar in der Handfläche verstecken ließen. Eindeutig keine, mit der Onkel Dave Tante Edna oben auf dem Empire State Building fotografierte.
Neal trieb sich noch eine Weile auf der Straße herum, hielt misstrauisch Ausschau nach dem Riesen und ging anschließend zu McKeegan in die Bar. Joe Graham saß bereits dort und presste sich eine Handvoll Hackfleisch aufs linke Auge. Vor sich einen Whiskey.
»Ich glaube, du brauchst ein Steak«, sagte McKeegan.
»Hast du eins?«
»Nein.«
»Dann nehm ich noch einen Whiskey.«
Die Bar war gerammelt voll. Neal zwängte sich zu Graham durch.
»Haben Sie was verloren?«, fragte Neal.
»Hast du was gefunden?«
Neal reichte ihm die Kamera. Graham machte sie auf.
»Wo ist der Film?«
»Ich hätte gern einen Burger. Aber nicht den, den Sie im Gesicht haben. Außerdem Pommes und ein Bier.«
»Ich kann ihn dir auch einfach so abnehmen, Kleiner.«
»Vorausgesetzt, ich hab ihn nicht draußen versteckt.«
»Bring dem Rotzlöffel, was er haben will«, sagte Graham zu McKeegan.
Neal griff in seine Tasche und gab ihm den Film. »Schmutzige Fotos?«
»Wertvolle schmutzige Fotos.«
»Hab ich mir schon gedacht. Wo ist der Gorilla?«
»Kühlt sich die Eier mit Eis, wahrscheinlich werden sie abfallen.«
»Anscheinend haben Sie aber auch was abgekriegt.«
»Berufsrisiko.«
»Konnten Sie den Arm nicht schnell genug abschrauben?«
»Hatte Angst, dass er ihn frisst.«
»Hätte nicht gedacht, dass Sie aus der Gasse da rauskommen.«
»Bist aber nicht lange genug geblieben, um’s zu sehen.«
»Ich dachte, der Film wäre wichtiger.«
»Und da hast du recht gehabt.«
»Ich weiß.«
»Willst du einen Job?«
»Ja.«
»Wann kannst du anfangen?«
»Jetzt.«
»Okay, schieb ab zum Carnegie Deli. Frag nach einem Mann namens Ed Levine, großer massiger Typ, schwarze Haare, Locken. Sag, dass du von mir kommst. Gib ihm den Film. Wenn er fragt, wieso ich nicht selbst komme, sagst du, ich bin verletzt und besaufe mich. Hast du das verstanden?«
»Kein Problem.«
»Wäre auch kein Problem, den Fettsack zu besuchen und ihm den Film zu verkaufen, aber ich würd’s an deiner Stelle lassen, weil ich dich nämlich finden werde und …«
»Ich weiß.«
»Morgen Nachmittag um zwei treffen wir uns hier.«
»Wozu?«
»Damit du was lernst, Sohn.«
So kam es, dass Neal Carey ein Freund der Familie wurde und für Friends of the Family zu arbeiten begann. Natürlich nicht Vollzeit, und auch nicht oft. Aber bei einer Agentur wie den Friends gab es öfter mal Bedarf nach jemandem, der ungesehen und leise irgendwo einsteigen konnte.
Wer in oder um Providence, Rhode Island, aufgewachsen war, kannte das alte Bankgebäude. Hinter seinen grauen Steinmauern wurden aus Sparschweinen geborgene Schätze, Geburtstagsgeschenke von lieben Onkeln, wöchentliche Gehaltsschecks und die Wertpapiere der sparsamen, hart arbeitenden Bevölkerung von New England aufbewahrt, und das seitdem sich der Ort durch den Handel mit Rum, Sklaven und Waffen zur Stadt gemausert hatte. Später kamen die Profite aus den Textilfabriken aus dem Süden von New England, den Schieferbrüchen von Pawtucket und den Fischereiflotten in Galilee und Jerusalem an der Narragansett Bay dazu.
Jeder wusste, dass die Bank sicher war. Sie hatte es nicht nötig, potentielle Sparer mit kostenlosen Toastern, Heizdecken oder Wassergläsern anzulocken. Sie hatte einen guten Ruf, galt als vertrauenswürdig, solide und beständig, weshalb die Kunden an die Kassenschalter strömten, um ihre Nickel, Dimes und Dollars anzulegen. Keine Summe war zu klein oder zu groß.
Die wirklich Reichen waren aus anderen Gründen hier: Sie legten Wert auf Diskretion. Die Bank war die Familie Kitteredge und die Familie Kitteredge war die Bank. Die Kitteredges zählten, sparten, investierten und versteckten das Geld der Reichen vor der gnadenlosen Steuerbehörde schon, seit die britische Krone ihren Anteil am lukrativen Zuckerrübenhandel eingefordert hatte. Die Kitteredges lebten zurückgezogen, wie man nur in New England oder im tiefsten Süden zurückgezogen leben konnte. Ein neuer Kunde war für die Kitteredges lediglich ein Sparer der dritten Generation. Ihre Stammkundschaft setzte sich aus jenen zusammen, die während der Revolution Geld gehortet hatten, bis klar war, wie die Sache ausgehen würde. Dann leistete die Bank ihren Beitrag in Form von Uniformen, Musketen und Schießpulver, wobei Samuel Joshua Kitteredge seinen Großvater verärgerte, indem er sich in eine ebensolche Uniform warf und vor den Toren von Yorktown an der Spitze seines Zuges töten ließ. Vernünftiger in den Augen des alten Mannes waren da schon die von den Kitteredges finanziell unterstützten Freibeuter, die britische Schiffe bereits auf dem Atlantik überfielen und ihrem Land dienten, indem sie die britische Seemacht schwächten und der Bank nebenbei hübsche Profite einbrachten.
Die Kitteredges hatten Glück genug – einige behaupten Voraussicht –, genau die richtige Anzahl männlicher und weiblicher Nachkommen zu zeugen. Ein Kitteredge folgte dem nächsten als Direktor der Bank, aber nie hatte es so viele gegeben, dass es zu destruktiven Zankereien gekommen wäre, immer nur genug, um das Familienunternehmen weiterzuführen.
Das neunzehnte Jahrhundert war ein goldenes, sowohl für die Bank wie auch für die Familie, ein Zeitalter, in dem sich patriarchische Werte und das Wachstum der Republik gegenseitig beförderten. Der Bürgerkrieg brachte einen finanziellen Boom, und ein weiterer Sohn, Joshua Samuel, marschierte davon, um seinen Beitrag zur Abschaffung der Sklaverei zu leisten, die seine Vorfahren mit so viel Vehemenz etabliert hatten. Zurück marschierte Joshua allerdings nicht – an den frostigen Hängen von Fredericksburg wurde ein Grab ausgehoben, denn dort hatte ihn ein General aus Rhode Island dem Tod übereignet.
In den friedvollen Jahren zwischen dem Appomattox-Feldzug und dem Untergang der Lusitania florierte die Bank. Gaslicht wich dem elektrischen, Kanonenöfen machten Heizungen Platz, aber das alte steinerne Gebäude blieb unverändert. (»Eine Bank besteht nicht aus Plastik, Glas oder Stahl«, hatte ein Kitteredge während einer legendären Vorstandsversammlung 1962 zornig verkündet, als ein törichtes Mitglied einen »Neuen Look« vorgeschlagen hatte.)
Der Stil der Kitteredges war ebenso konservativ wie das Gebäude selbst. »Geschäfte macht man im Büro, nicht in den Klatschspalten«, lautete das hoch geachtete Familienmotto. Die Kitteredges besaßen keine schicken Häuser in Newport und veranstalteten keine Debütantinnen-Bälle. Ihre riesigen Anwesen lagen versteckt in Narragansett oder den Wäldern von Lincoln, und natürlich war der alte Stammsitz der Familie auf dem College Hill stets bewohnt und frisch gestrichen. Der Familiennachwuchs besuchte die Brown (Yale war zu progressiv, Harvard zu protzig und Princeton in New Jersey), ihre Segelboote lagen in einer Bucht in Wickford, sie heirateten Mädchen aus New Hampshire und Vermont und tranken abends in ihren Arbeitszimmern Whiskey.
Der 8. Juli 1913 sollte für das Leben von Neal Carey und Joe Graham zum ganz besonderen Datum werden. An jenem Tag besiegte ein gewisser William Kitteredge während seiner wie üblich zwischen dem zwanzigsten und dreißigsten Lebensjahr absolvierten Lehrzeit als Vizepräsident von irgendwas den Spross einer anderen Familie ein bisschen zu mühelos im Tennis. Der Gentleman, der ein Vermögen in der Bank deponiert hatte, gestand Bill, das Licht seines Lebens, seine Tochter, sei mit einem Italiener durchgebrannt. Die verstörende Eröffnung rief Bills Mitleid wach, und er fand, man müsse etwas unternehmen – stillschweigend.
Noch am selben Abend hatte er eine Unterredung mit Jack Quinn, einem Hausmeister der Bank, dessen Sohn Jack junior in der ganzen Stadt als vielsprechender Boxer bekannt war. Ob ihm Jack vielleicht aushelfen könne? Jack war hocherfreut, machte das Paar ausfindig, gab dem nun gar nicht mehr so feurigen Ehemann einen guten Rat und lieferte das Mädchen unverzüglich bei Bill ab. Dieser nahm ein Getränk mit einem befreundeten Richter zu sich, und danach war die Ehe nie geschlossen worden. Bill brachte die Tochter nach Hause, ließ sich mit überschwänglichem Dank überschütten und verschwendete keinen Gedanken mehr daran, bis er am Montag morgen um sieben in das Büro seines Vaters bestellt wurde.
»Wie ich höre, hast du eine in Verlegenheit geratene junge Dame aus den Fängen eines erst kürzlich aus dem Mittelmeerraum hierher Übersiedelten gerettet«, sagte sein Vater.
»Das ist richtig.«
»Hast du vor, weiterhin in dieser Richtung tätig zu werden?«
»Kann schon sein.«
»Dann überleg dir gut, wie du’s anstellst.«
Im Prinzip sagte der alte Mann, dass das gar nicht so verkehrt war. Die Welt hatte sich verändert und konnte beschwerlicher sein als nötig. Die Bank wollte keinen Skandal, sagte er, und die alte Kundschaft tauchte immer häufiger in den Zeitungen auf. »Wir sind alte Freunde dieser Familien, und es liegt in unserem Interesse, dass sie sicher und glücklich sind. Auf lange Sicht kommt es uns billiger, wenn wir uns um diese kleinen Probleme selbst kümmern.«
Bill bekam also eine Gehaltserhöhung, ein Spesenkonto und den Auftrag, eine Agentur aufzubauen, die alten Freunden bei der Lösung privater Probleme beistand, mit denen sie bei der Polizei oder der Presse nicht gut aufgehoben gewesen wären. Auf dem Papier existierte eine solche Agentur nicht, und an der Zimmertür 211 stand nie »Friends of the Family«, obwohl sie so genannt wurde und die Botschaft sich in den Vorstandsetagen im Süden New Englands in Windeseile herumsprach. Sie lautete: Wer etwas diskret erledigt haben möchte, sollte Bill aufsuchen oder der Bank Bescheid geben. In dem alten steinernen Gebäude wurde Freunden geholfen.
Natürlich veränderten sich die Bedürfnisse der Kundschaft im Laufe des Jahrhunderts. Im Zuge der Prohibition kam es zu Festnahmewellen, in deren Folge geschäftstüchtige Polizisten und Justizbeamte mit Geld nur so überschüttet wurden. Anschließend wurde New England von einer Welle ganz anderer Art unwiderruflich verändert – der Einwanderungswelle. Die Bank hielt jedoch allen Turbulenzen stand, und die Freunde erarbeiteten mit Hilfe von Gefälligkeiten und Gewalt einen Modus Vivendi im Umgang mit anderen, oft ethnisch geprägten Organisationen. Die Wirtschaftsflaute trennte dann die Spreu vom Weizen, und die Bank war gezwungen, wollte sie überleben, an ihre eisernen Reserven zu gehen, bis Hitler und Tojo dafür sorgten, dass die Werften Aufträge bekamen und bei Tisch anerkennend davon gesprochen wurde, wie weitsichtig es von den Kitteredges gewesen war, schon damals in den dreißiger Jahren in die Rüstungsindustrie zu investieren.
New England war allerdings dabei, zur Provinz zu verkommen. Die Textilfabriken schlossen und zogen wegen der billigeren Arbeitskräfte in den Süden. Der unternehmerische Nachwuchs setzte sich in den Zug nach New York City, und von den dortigen gläsernen und stählernen Hochhäusern aus wurden reihenweise Unternehmen in New England aufgekauft. Freunde der Familie fanden immer häufiger Würmer im Big Apple, und so wurde 1960 ohne viel Aufhebens eine Filiale in Manhattan eröffnet. Wenig später trat dort ein vulgärer, einarmiger Privatdetektiv namens Joe Graham seinen Dienst an. Und noch etwas später saß Graham, der gerade an einem seiner ersten Fälle arbeitete, in einer ruhigen Bar an der West Side und ließ sich von einem kleinen Jungen beklauen.
Auf dem Zug um 3:40 Uhr von New York nach Providence stand AMTRAK, aber in Wirklichkeit hatte Dante ihn ersonnen, damit Schuldeneintreiber die Ewigkeit darin verbrachten – genau so lange brauchte der Zug nämlich, um nach Providence zu gelangen.
Die Sitze waren so gemütlich wie eine Steuerprüfung, die Polster zerschlissen und prima geeignet für eine mitreißende Partie »Ich seh nen Fleck, den du nicht siehst«. Alte Zeitungen, Pappbecher und Bierdosen lagen überall verstreut in den Gängen und auf den Sitzen. Statt Luft erfüllte der Gestank nach allerlei Abgestandenem den Raum.
Neal kehrte mit einem Becher lauwarmem Kaffee und einem steinharten Plunderstück aus dem Speisewagen zurück. Graham hatte sich was zu essen mitgebracht, eingepackt in Tupperdosen. Er war schon mal mit diesem Zug gefahren.
»Wieso sind wir nicht geflogen?«, fragte Neal.
»Weil ich nicht wollte.«
»Weil du Schiss hast.«
»Weil ich nicht gerne fliege«, sagte Graham und knabberte eine Karotte.
»Wieso nicht?«
»Weil ich Schiss habe.«
Graham schraubte eine Thermoskanne auf und schenkte sich heißen Kaffee in den Becher. Er grinste und sagte: »Organisation ist der Schlüssel zum Erfolg.«
Neal zog sein Sakko enger und versuchte, aus dem verdreckten Fenster zu sehen. Sie befanden sich irgendwo in Connecticut, der Zug stand ohne ersichtlichen Grund still. Den Schaffner schien dies nicht sonderlich zu beunruhigen, er schlief den Schlaf der Gerechten, ganz hinten auf der letzten Bank. Der Mann hat eine Konstitution wie ein Eisbär, dachte Neal, dass er in dieser Kälte schlafen kann. Der Zug war nicht geheizt, und für einen Vormittag im Mai war es sehr kalt.
»Willst du dich betrinken?«, fragte Neal Graham.
Graham schraubte erneut die Thermoskanne auf und hielt sie Neal unter die Nase. »Klar.«
Neal roch daran und schenkte Graham seinen schönsten Hundeblick. Graham seufzte und schüttelte den Kopf, dann zog er einen Plastikbecher aus der Tasche. Er entfernte die Verpackung und schenkte Neal einen guten Schluck ein.
»Hab dich lieb, Dad.«
»Wie sollte es auch anders sein, Sohn?«
Das Schöne an Irish Coffee ist, dachte Neal, dass er den Körper wach hält, aber dem Geist Ruhe gönnt. Er lehnte sich zurück und spürte, wie Wärme ihn durchflutete. Noch acht oder zehn Becher, und die Reise würde ansatzweise erträglich werden. Der Zug bummelte weiter.
»Aufwachen!«
»Sind wir schon da?«
»Noch nicht. Du musst dich waschen.«
Graham beugte sich über ihn. Sauber rasiert, die Krawatte gerade, die Augen klar und der Atem frisch. Neal hasste Graham.
»Ich hab dir einen Rasierer mitgebracht.«
Natürlich hatte Graham zwei schnurlose Elektrorasierer dabei, außerdem eine Fusselbürste, Visine und Cepacol. Neal schleppte sich und seine Tasche zum Klo und brachte sich auf Vordermann. Er fühlte sich beschissen und stellte überrascht fest, dass ihm flau war. In den knapp zwölf Jahren, die er für die Friends arbeitete, sollte er jetzt zum ersten Mal den Chef treffen. Und das, obwohl dieser schon seit Jahren über sein Leben bestimmte.
»Warum jetzt? Warum treffe ich ihn erst jetzt?«, fragte Neal Graham, als er zu seinem Platz zurückkehrte.
»Weil’s bislang nicht nötig war.«
»Aber jetzt ist es nötig?«
»Siehst gut aus, Sohn. Zieh die Krawatte gerade.«
Auf dem Bahnsteig wartete Levine. Er war ein Meter neunzig groß und hatte mit seinen einunddreißig Jahren bereits erste Rettungsringe an den Hüften. Die Haare schwarz, die Augen blau und das Gesicht kurz vor dem Verfetten. Seinem schwer mit Muskeln bepackten Körper sah man die Geschmeidigkeit nicht an. Levine war flink wie eine Katze, und im Zusammenspiel mit seiner Größe konnte das für jemanden, der seinen Fäusten in die Quere kam, sehr unangenehm werden. Er hatte einen schwarzen Gürtel in Karate, hielt das Zerschlagen von Brettern aber für eine Verschwendung von Zeit und gutem Holz.
Zu den Friends war er wegen seiner Muckis gestoßen, zunächst als Verstärkung für den kleinen Einarmigen, falls mal was aus dem Ruder lief. Aber Levine hatte Köpfchen und war sehr, sehr gewieft. Gewieft genug um zu wissen, dass er nicht den Rest seines Lebens auf der Straße verbringen wollte. Also hatte er die Abendschule besucht und einen Abschluss in Betriebswirtschaft gemacht, und jetzt führte er das New Yorker Büro der Friends. Seinen alten Freund und Partner Joe Graham hatte er glatt überholt.
»Levine hasst dich«, sagte Graham zu Neal.
»Ich weiß.«
Neal war das nicht neu. Er wusste, dass Levine ihn hasste, und er hatte es satt. Richtig satt.
»Er glaubt, du kriegst alles in den Arsch geschoben. Schicke Privatschule. Ivy League. Graduiertenfakultät. Alles bezahlt. Er glaubt, du bist es nicht wert.«
»Wahrscheinlich hat er recht.«
»Wahrscheinlich.«
»Dad, ich will seinen Job nicht.«
Das war das Problem, dachte Neal. Levine wusste, dass Neal als sein Nachfolger vorgesehen war. Neal wusste es, Graham wusste es. Der Chef bezahlte seinen Uni-Abschluss, die Kleidung, den Sprachtrainer, der ihn von seinem Straßendialekt befreite. Und wozu? Neal wollte die Agentur nicht leiten. Er wollte Englischprofessor werden. Echt jetzt.
»Ich weiß. Du willst Schwuchteln Gedichte vorlesen.«
Na ja, nicht ganz. Englische Romane des achtzehnten Jahrhunderts – Fielding, Richardson, Smollett.
»Wie oft muss ich das noch sagen?«, fragte Neal. Er hatte es Ed gesagt. Er hatte es allen gesagt. Er hatte dem Chef geschrieben. Bezahlt mir nicht das College, ich bleib nicht ewig bei euch. »Schon okay«, hatten sie gemeint. »Arbeite für uns, wenn du kannst, in Teilzeit, von Fall zu Fall. Ohne Haken und Ösen.« Aber dann zerrten sie ihn kurz vor der Prüfung aus dem Seminar. Englischprofessor wird man nicht, indem man seinen Abschluss versaut. Schon eine Zwei kann den Karrieretod bedeuten.
»Hättest besser nicht seine Frau genagelt«, meinte Graham.
Der Zug fuhr durch die schmutzigen Vororte von Providence.
»Damals war sie’s noch gar nicht«, erwiderte Neal. Wie oft hatten sie darüber gesprochen? »Verdammt noch mal, durch mich hat er sie überhaupt erst kennengelernt.«
»Vielleicht glaubt Ed, dass du bekommen hast, was ihm zustand. Als Erster.« Neal zuckte mit den Schultern. Konnte schon sein. Aber er hatte nicht drum gebeten.
Providence gehörte zu den Städten, in denen die Männer noch Hüte trugen. Die Seele der Stadt war in den guten alten vierziger Jahren steckengeblieben, als möglichst viel unter dem Deckel gehalten und Stimmung gegen Japse, Deutsche und Yankees gemacht worden war, wenn auch nicht zwangsläufig in dieser Reihenfolge. Ein Hut signalisierte Wohlanständigkeit und bestätigte die bestehende Ordnung in der von irischen Politikern, sizilianischen Banden und französischen Priestern regierten Stadt.
Die Union Station war das perfekte Wahrzeichen. Traurig, trist und dreckig. So dass man erst gar keine Hoffnung schöpfte.
Levine nahm die beiden in Empfang.
»Dick und Doof«, sagte er.
»Hallo Ed«, sagte Graham.
Levine ignorierte Neal. Zu Graham sagte er: »Ist dir jemand gefolgt?«
Graham und Neal warfen sich amüsierte Blicke zu.
»Wir sind sauber, Ed.«
»Ich will’s hoffen.«
»Warte mal, da war einer mit dunkler Sonnenbrille, falschem Schnurrbart und Trenchcoat. Aber ich glaube nicht …«
Ed lachte nicht. »Kommt mit.«
Er führte sie runter in die alte Ankunftshalle, wo ein paar Säufer eingewickelt in zerfetztes Zeitungspapier auf Holzbänken lagen. Zwei beobachteten, wie sich der Staub im Licht der schmutzig gelben Fenster senkte.
Als sie an den Schließfächern vorbeikamen, packte Ed Neal am Hals und drängte ihn alles andere als sanft dagegen. Dann hob er ihn an, bis nur noch seine Zehenspitzen den Boden berührten. Graham wollte einschreiten, wurde aber von einem ausgestreckten Arm und einem eiskalten Blick gebremst.
Neal versuchte, sich dem Griff zu entwinden, aber Ed hielt ihn mit starken Armen fest. Es gelang Neal, seine eigenen Arme durch die von Ed zu schieben und ihn ebenfalls am Kragen zu packen. Leider eine eher symbolische Geste.
»Jetzt hör mir mal zu, du kleines Arschloch«, wisperte Ed. »Der Job ist wichtig. Kapiert? Sehr wichtig. Du tust, was dir gesagt wird, und zwar genau so, wie’s dir gesagt wird. Ich will keinen Klugscheißermist von dir hören. Du bist der letzte Mensch auf der Welt, den ich mir für den Job ausgesucht hätte, aber der Chef will dich dafür haben, also wird es gemacht. Sieh zu, dass du keinen Scheiß baust und es nicht verkackst. Wenn doch, mach ich dich fertig. Ich tu dir sehr weh. Kapiert?«
»Herrgottnochmal, Ed«, sagte Graham.
»Kapiert?«
»Wenn du mir was tust, Ed, dann …«
Ed packte ihn noch fester und lachte. »Was dann, Neal? Hm? Was?«
Neal bekam kaum noch Luft. Und er brauchte welche – auch wenn’s nur die von Providence war. Levine konnte ihn in Stücke reißen, ohne dabei auch nur ins Schwitzen zu geraten. Laut Lehrbuch müsste er Ed jetzt den Handballen gegen die Nase rammen. Aber das Lehrbuch würde dafür ja auch nicht dran glauben müssen.
Also tat Neal, was er unter den gegebenen Umständen tun konnte. Er hielt die Klappe. Nach einigen langen Sekunden ließ Ed ihn los und ging weiter. Graham sah Neal an, verdrehte die Augen und lief Ed hinterher.
Neal sackte gegen die Schließfächer und schnappte nach Luft. Dann rief er Levine nach: »Und, Ed? Wie geht’s meiner kleinen Freundin?«
Er sah gerade noch, wie Graham Levine zur Tür hinausstieß. Neal hatte die Nase voll von diesem Scheiß – total.
Mit seinen vierzig Jahren sah Ethan Kitteredge jünger aus, als Neal ihn sich vorgestellt hatte. Eine aschblonde Locke hing ihm in die Stirn und über die hellblauen Augen, die durch eine Brille mit Metallgestell spähten. Neal schätzte ihn auf knapp eins achtzig und um die achtzig Kilo. Der Körper im grauen Bankiersanzug wirkte durchtrainiert: Tennis oder Handball.
Dann hörte Neal auf, Sherlock Holmes zu spielen, denn der Chef streckte ihm die Hand entgegen und grinste.
»Sie müssen Mr Carey sein«, sagte er. Sein Handschlag war fest und knapp: Er musste niemandem etwas beweisen.
»Und Sie sind Mr Kitteredge.« Super Bemerkung, dachte Neal. Toller erster Eindruck.
»Ich habe viel von Ihnen gehört«, sagte Kitteredge. »Wie kommen Sie mit der Vorbereitung auf Ihren Abschluss voran?«
»Ich schwänze gerade meine Prüfung. Abgesehen davon, läuft es super, danke.«
Graham hatte etwas Faszinierendes auf dem Fußboden gefunden, das er jetzt intensiv musterte. Levine starrte Neal an und schüttelte den Kopf.
»Ja, ich habe mit Professor Boskin gesprochen«, sagte Kitteredge. Sollte er verärgert sein, ließ er es sich nicht anmerken. »Er meinte, Sie dürfen die Prüfung nachholen.«
»Sehr nett von Ihnen, Mr Kitteredge, aber eigentlich führe ich gerne selbst zu Ende, was ich angefangen habe.«
»Wie dem auch sei. Gentlemen, bitte setzen Sie sich. Kaffee? Tee?«
Drei Holzstühle standen im Halbkreis vor Kitteredges Schreibtisch bereit. Levine setzte sich auf den rechten, Graham auf den linken. Neal blieb der Stuhl in der Mitte. Im Zentrum der Aufmerksamkeit.
Kitteredge trat an ein silbernes Kaffeeservice. Neal fiel auf, dass er sich auf eine Art ungelenk bewegte, wie sie in New England und nur dort über Generationen weitergegeben worden war – ruckartig, womit man signalisierte, dass Bewegung ein notwendiges Übel und Stillstand der eigentlich angestrebte Zustand war. Dennoch gelang es ihm, vier Tassen Kaffee einzuschenken und herumzureichen.
Es dauerte eine Weile, und Neal nutzte den ruhigen Moment, um sich in dem Büro umzusehen, das die Bank ebenso perfekt repräsentierte wie Kitteredge selbst. Das zwanzigste Jahrhundert mit all seinen anstößigen Trivialitäten hatte hier noch nicht Einzug gehalten. Die Sonne tauchte den von Mahagoni und Eiche dominierten Raum in sanftes bernsteinfarbenes Licht. Bücherschränke mit Glastüren enthielten ledergebundene Ausgaben von Dickens, Emerson, Thoreau und natürlich Melville. Bowditchs Navigation war an prominenter Stelle platziert und wurde von verschiedenen obskuren Walfang-Memoiren und Segelberichten flankiert. Hölzerne Modelle von alten chinesischen Klippern vervollständigten die Inneneinrichtung. Dies waren die Schiffe, mit denen die Kitteredges Tee, Waffen, Opium und Sklaven über die Weltmeere transportiert hatten, und Neal stellte sich vor, dass der Ertrag dieser Fahrten unter seinen Füßen, in den Kellergewölben der Kitteredges gebunkert wurde.
Ein Erinnerungsstück jüngeren Datums beanspruchte einen Ehrenplatz. Das maßstabgetreue Modell der Haridan prangte auf Ethans hochglänzendem Eichenschreibtisch. Ein geschickter Kunsthandwerker hatte die schlanke Konstruktion und die klaren Linien des Schiffes originalgetreu nachgebaut. Ethan verbrachte jede freie Minute auf der Haridan, segelte in der Narragansett Bay, auf dem Long Island Sound und dem offenen Atlantik. Häufig legte er auf Block Island an, wo er ein Sommerhaus besaß. Für Ethan Kitteredge, den verantwortungsvollen Banker, Ehemann und Vater, stand die Haridan für seltene und kostbare Momente berauschender Freiheit.
Nachdem er den Kaffee erfolgreich serviert hatte, nahm Kitteredge am Schreibtisch Platz und zog eine Akte aus der obersten Schublade. Einen Augenblick lang betrachtete er die Mappe und schüttelte den Kopf, dann reichte er sie Neal über den Schreibtisch hinweg. Er lehnte sich zurück und presste die Finger aneinander, als wollte er eine Kirche mit Kirchturm nachbilden.
Kitteredge sprach genau so, wie er sich bewegte. »Einige, äh, alte Freunde der Familie … haben … ein Problem, und wir haben unsere Dienste, äh, angeboten … haben angeboten, eine Lösung zu finden.«
Er lächelte, als wollte er andeuten, dass liderliches Benehmen irgendwie auch lustig sei, nicht wahr, ein kleines Ärgernis zwar, aber es sind doch unsere Freunde, und wir müssen unser Bestes geben. Er hielt einen Moment inne, um Neal Gelegenheit zu geben, die Akte aufzuschlagen.
»Senator John Chase stammt aus einer auf Rhode Island sehr angesehenen Familie«, sagte Kitteredge. »Sein Name hat ihm im Verlauf seiner politischen Karriere sicher nicht, äh, geschadet, aber ich zögere nicht hinzuzufügen, dass der Senator ein begabter, intelligenter und, äh, energischer Mann ist.«
Okay.
Kitteredge fuhr fort: »Er sitzt in mehreren wichtigen Komittees, weshalb man, äh, landesweit … auf ihn aufmerksam wurde, sowohl seitens der Presse, als auch innerhalb der Parteien. Trotz des unerfreulichen Umstands, dass John Demokrat ist … unterstützen wir ihn in seinen Bestrebungen.«
Er hat also Geld auf der Bank.
»Vermutlich wird der Präsidentschaftskandidat der Demokraten sich im Norden nach einem Anwärter für das Amt des Vizepräsidenten umsehen. Man hat, äh, bereits in dieser Richtung vorgefühlt.«
Kitteredge hielt inne, um den letzten Satz in all seiner Tragweite wirken zu lassen.
Vergeblich.
Na und?, dachte Neal. Abgesehen von dem unerfreulichen Umstand, dass ich die Demokraten wähle, und zwar egal, welchen Vizekandidaten sie aufstellen, was geht mich das an?
»Es gibt aber noch ein Problem.«
Jetzt.
»Allie.«
Neal blätterte ein paar Seiten weiter und entdeckte das Bild eines Mädchens. Sie hatte glänzend blondes Haar und blaue Augen und sah aus, als gehörte sie auf die Titelseite einer Zeitschrift.
Kitteredge starrte auf das Modell der Haridan und sagte: »Genau genommen war Alison immer schon ein Problem.«
Fast schien er sich in Gedanken zu verlieren oder in Erinnerungen an glücklichere Tage zu schwelgen.
»Aber jetzt ganz besonders?«, fragte Neal.
»Sie ist von zu Hause ausgerissen.«
Okay, dann holen wir sie zurück. Aber Neal spürte, dass es um mehr ging. Alle waren angespannt. Er sah Graham an und bekam keinen Hinweis. Dann Ed, aber der schaute nicht mal zurück.
»Irgendeine Ahnung, wo sie sein kann?«, fragte Neal schließlich.
»Zuletzt wurde sie in London gesehen«, sagte Ed. »Ein ehemaliger Klassenkamerad ist ihr Ostern zufällig dort begegnet. Als er mit ihr sprechen wollte, ist sie weggerannt. Steht alles in den Unterlagen.«
Neal überflog sie. Der Klassenkamerad, ein gewisser Scott Mackensen, hatte sie vor zirka drei Wochen gesehen. »Was sagt die britische Polizei?«
Kitteredge starrte das Boot jetzt noch eindringlicher an. »Keine Polizei, Mr Carey.«
Ed bedachte Neal mit einem Blick – durchbohrte ihn. Neal steckte die Nase wieder in die Akte, dann fragte er: »Alison ist siebzehn?«
Niemand antwortete.
Er widmete sich erneut den Unterlagen. »Eine Siebzehnjährige ist seit über drei Monaten verschwunden, und niemand hat die Polizei verständigt?«
Hätte das Schweigen noch einige Sekunden länger angehalten, hätte sich Kitteredge durch reine Willenskraft auf das Modellschiff gebeamt; ein winziger Modellkapitän auf einem Spielzeugboot.
Levine sagte: »Der Senator will keinen Presserummel riskieren.« Aber das Leben seiner Tochter.
»Mag der Senator seine Tochter?«, fragte Neal.
»Nicht besonders.«
Die Antwort kam von Kitteredge, der noch hinzusetzte: »Trotzdem will er sie wiederhaben. Spätestens im August.«