1961 war das die Titelseite von »Das Motorrad« in dem der Konstrukteur Ing. Ulrich Pohl die OEPO 500ccm mit Konstruktionszeichnungen beschreibt.

DKW RT 125

MAICO 250ccm

OEPO 500

OEPO V1, 400ccm mit BSA-Getriebe

Inhalt

  • Jugendzeit & Lehre
  • Die DKW Story
  • DKW RT 125
  • DKW in Ingolstadt
  • Die Maico Story
  • Europameisterschaft
  • Conny Froboess
  • Neues Fahrwerk
  • Prerov 100 000 Zuschauer
  • Solitude
  • Die Oepo Story
  • Bergrennen
  • Freunde & Seniorentreffen

Liebe Leser

Die ersten Aufzeichnungen zu meinen Memoiren entstanden ab 1996. In DIN A4 gab ich es 2002 den ersten Freunden zum lesen. Durch das rege Interesse und Begeisterung, mit dem ich nicht gerechnet hatte, entstand 2005 das Buch »Welschkornbrei & Quittenschnitz«, das eigentlich nur für meine Kinder, Enkel und ein paar Freunde gedacht war.

Hier in diesem neuen Moto-Cross-Buch soll besonders der Motorsport, die Technik der Maschinen in der Pionierzeit nach dem Krieg in vielen Fotos gezeigt werden. Leider stand mir in den Fünfziger Jahren kein Fotoapparat zur Verfügung und ich konnte nur das verwenden, was mir angeboten wurde. Meistens von privaten Motorsportfreunden.

Von 1996 bis 2015 sind nun 19 Jahre vergangen. Seit einigen Jahren hat sich auch endlich die Motorrad-presse dem Motorrad-Gelände-Oldtimersport zugewendet. Unser Moto-Cross-Sport war in diesen Zeitschriften bis dahin ein Stiefkind.

Nach meinen Informationen brachte, »motoX« 2007 auf Grund meines Buches W&Q zum ersten Mal eine über mehrere Ausgaben verteilte Ausgabe, Berichte und Aufzeichnungen mit vielen Bildern über die Entstehung des Moto-Cross-Sports. Die anderen Magazine folgten später nach. Das ist und war für die Nachkriegs-Moto-Cross- und Geländesport-Pioniere eine sehr erfreuliche Feststellung.

Den Anstoß, meine Memoiren in dieser überarbeiteten Ausgabe zu bringen, gaben mir die vielen begeisterten Briefe, Gespräche, e-Mails und die Sonderausstellung über »Maico Moto Cross – die schwäbische Offroadlegende« im Deutschen Zweirad- und NSU-Museum in Neckarsulm, die im April 2013 eröffnet wurde.

Ich wünsche Ihnen schöne Erinnerungen und gute Unterhaltung.

Ihr Willy Oesterle

Jugendzeit & Lehre

Der Grundstock und Anfang für den Moto-Cross-Sport war 1947 eine Lehre zum Kfz-Handwerk in meinem kleinen Dörfle 30km nordöstlich von Stuttgart.

Da fing mein Leben mit Motoren an.

Damals gab es noch sehr wenig Neues zu kaufen. Aus diesem Grund war das Reparieren, Improvisieren, aus dem Nichts etwas machen, die Hauptarbeit.

Wir reparierten in dieser kleinen Werkstatt und in diesem kleinen Dörfle alles, vom Nachttopf, Bettflasche, Kochhafen, alles was aus Blech, Kupfer oder Zinn zum Löten oder Schweißen war. Dann Fahrräder, Motorräder, PKW, LKW, Motormäher, Schlepper.

Da tauchten Motorräder auf, diese wurden oft auf einem Leiterwagen angeliefert. Da hing noch Heu, Stroh, Spinnweben und Staub überall herum. Diese Apparate wieder zum Laufen zu bringen, das war oft ein Geduldsspiel von Wochen, weil es ja noch keine Ersatzteile gab.

Das Reizvolle für einen jungen Mann war natürlich das Spiel mit dem laufenden Motor. Das fing damit an den Leerlauf einzustellen. Dabei musste man ganz mit Feingefühl die Schraube drehen und genau auf den Motor, die Zündfolge, die Drehzahl hören. Dann kam das Beschleunigen, die Gasannahme.

Abgas

Wenn man den Wagen oder das Motorrad fuhr, durfte hinten die schwarze Wolke von unverbranntem Kraftstoff nicht zu groß sein. Junge, Junge, das waren Zeiten.

Autofahren lernen

Das Fahren mit dem Auto lernte ich auf dem Dreiradwagen meines Meisters. Dieses hatte vorne zwei Sitze, hinten eine Pritsche und in der Mitte zwischen den Sitzen war ein 200ccm Zweitakt-Motor.

Probefahrten

Das Probefahren war für mich immer etwas Reizvolles, Prickelndes, nicht nur wegen der Technik, ob das Reparierte auch in Ordnung wäre. Nein, es war das Fahren, das Erleben der Geschwindigkeit, das Spiel mit dem Wind, auf dem Motorrad.

Velocette 350ccm

Da wurde eine 350-ccm-Viertakt englische Velocette angeliefert, auch sie noch behangen mit Heu und Stroh, aus dem hintersten Winkel der Scheune herausgezogen. Diese sollte angeblich vor dem Krieg auch bei Straßenrennen gelaufen sein.

Am Ende der Lehrzeit durfte ich auch diese Velocette probefahren. Das war für mich das Höchste der Gefühle. Dieser knallharte Sound, diese Beschleunigung, diese Geschwindigkeit. Auf der zwei Kilometer langen Geraden bis zum nächsten Dorf mit Vollgas entlang sausen, da flatterten die Haare im Wind, den Monteurkombi blähte es auf, im Geist fing ich an zu pfeifen und zu singen.

Die erste Gehirnerschütterung

Eine andere Probefahrt hatte es auch in sich, mit einer 500ccm NSU Bj. 1938, Handschaltung am Tank, vorne eine Trapezgabelfederung, hinten starr. Mit dieser ging die Fahrt den Berg hinauf Richtung Mannenberg, auf der ungeteerten, kurvenreichen Schotterstraße. Die Probefahrt galt der Motoreinstellung und musste somit mit voller Leistung gefahren werden. Bergauf zeigte sich, dass die Einstellung in Ordnung war. Bergab kam das Malheur. Es war in der vorletzten Linkskurve. Wieso und warum wusste ich danach nicht mehr und ist auch später in mein Gedächtnis nicht wieder zurückgekehrt.

Als ich wieder zu mir kam, lag ich in der Wiese neben der Straße, die Maschine lag im Straßengraben. Die Schädeldecke und die Schulter taten mir weh, aber ich hatte keine offenen Wunden. Ich versuchte, die Maschine auf die Straße zu bringen. Das ging aber nicht, denn ein starker Schmerz in der rechten Achsel ließ das nicht zu. Mit der linken Hand und »Hau Ruck« gelang es mir nach einigen Bemühungen, die Maschine auf die Straße zu stellen. Zum Anwerfen, das heißt ankicken mit dem Kickstarter, reichte es allerdings nicht mehr. Das Glück war mir jedoch hold, denn es ging ja bergab. Diese Bergabstrecke führt bis ins Dorf hinein und der Schwung reichte sogar bis direkt vor die Werkstatttüre.

Dort wollte ich die Maschine auf den Ständer stellen. Das ging aber mit einem Arm nicht mehr, so schaute ich hilfesuchend zum Meister. Der hatte mich gesehen und auch festgestellt, dass etwas nicht stimmte. Er half mir, die Maschine auf den Ständer zu stellen und fragte: »Was ist los?« Ich sagte: »Ich weiß es nicht mehr.« Darauf wurde mein Meister böse und sagte: »Das gibt es doch nicht, Kerle du musst doch wissen, was passiert ist.« Ich versuchte alles zu rekapitulieren, konnte aber nichts mehr in meinem Gedächtnis abrufen, außer dass ich in der Wiese gelegen bin.

Der Meister wurde nun erst stutzig. Das war was Größeres. »Fehlt dir sonst noch etwas?« Ich: »Ja da oben tut es weh« und deutete auf meine Achsel. »Also los«, »sofort zum Arzt.«

Dieser stellte eine Gehirnerschütterung und einen Achselstegbruch fest. Sturzhelme gab es damals noch nicht. Da hatte man, wenn man größere Strecken fuhr, eine warme Kappe aus Leder auf dem Kopf.

Mit Ende der Lehrzeit eröffnete mir mein Chef und Meister »Willy, ich kann mir hier keinen Gesellen leisten. Ich bitte dich, suche dir einen anderen Arbeitsplatz.«

Der gute Stern

Am ersten April 1951 bekam ich bei Daimler-Benz einen Arbeitsplatz in der Versuchs-Motorenwerkstatt als Motorenschlosser. Das war ein Unterschied bei der Arbeit, wie vom Dorfschmied zum Uhrenmacher. Ich wurde ein Jahr lang, wie ein Lehrling, zu einem anderen Monteur gestellt. Man sagte mir gleich am ersten Tag, rechts vom Schraubstock liegen Feile und Hammer, links liegen die Messwerkzeuge.

Meine DKW RT 125 mit selbstgebastelter Windschutzscheibe

1952

Durch das schöne Arbeiten beim Daimler, schlich sich dann der Wunsch nach Motorisierung ein. Die Deutschen schafften wieder wie die Weltmeister. Überall wuchsen die Fabriken nur so aus dem Boden, fast jeder hatte Arbeit. Nach der Währungsreform, bei der jeder mit vierzig DM anfing, kam auch langsam wieder Geld, gutes Geld, mit dem man etwas kaufen konnte, in die Hände der Menschen.

Auch in mir erwachte bald der Wunsch, ein Motorrad zu besitzen. Es gab damals schon die Zeitung »Das Motorrad.« Darin fand ich einmal ein Poster von einer 250ccm Vierzylinder, wassergekühlten, italienischen Bennelli. Dieses Poster nagelte ich mir über meinem Bett an die Wand. Das war mein Traum.

Mein erstes Motorrad DKW RT 125

Von meinem Verdienst legte ich jeden Monat fünfzig DM auf die Seite. Man bekam den Zahltag damals in einer Tüte auf Heller und Pfennig ausbezahlt. Ein Girokonto für jede Person gab es damals noch nicht. Ich sparte so lange, bis der Stapel so hoch war, dass es eine DKW RT 125 für DM 1.100,00 reichte und kaufte sie am 16. August 1951 bei meinem Lehrmeister in meinem Heimatdorf. Vor lauter Begeisterung fuhr ich vom ersten Tag an bis Ende November jeden Tag ins Geschäft nach Untertürkheim. Das waren pro Tag 66 Kilometer.

In diesem ersten Spätsommer unternahm ich mit meinem Freund Heinz Lutz, der auch eine 125ccm DKW hatte, eine große Fahrt über den Bodensee, das Allgäu, in die Berge nach Garmisch. Die Fahrt verlief ohne Störungen und wir schafften 650 Kilometer, bis wir wieder zu Hause waren.

Ende November zeigte der Tacho 7.500 Kilometer an.

Wegen einem Geräusch im Motor bei 8.400km wurde eine neue Kurbelwelle eingebaut, weil das Pleuellager zu viel Spiel hatte.

In diesem Zusammenhang hatte ich den Zylinderkopf gleich um 0,4mm abgefräst, das heißt die Verdichtung erhöht, den Vergaser mit einer Reibahle um einen Millimeter aufgebohrt, den Einlasskanal im Zylinder etwas poliert.

MSC Wieslauftal Rudersberg im ADAC

Am 8. April 1952 haben wir in Rudersberg einen Motorsportclub gegründet und ich war eines der elf Gründungs-Mitglieder. Über diesen Club kamen nun laufend Informationen über alles, was motorsportlich, los war. So auch Ausschreibungen für Motorsportveranstaltungen, von denen ich noch nie etwas gehört hatte. Was lag nun näher, als an einer solchen Veranstaltung mal teilzunehmen, mein Motor war schon etwas frisiert, das Frisieren verpflichtet.

Die erste Geschicklichkeitsfahrt

Am 15. Juni 1952 fuhr ich zu meiner ersten Geländegeschicklichkeitsfahrt nach Stuttgart-Stammheim.

Diese Veranstaltung war aufgeteilt in zwei Prüfungen. Einmal als eine Geländerennstrecke über Wald- und Feldwege mit sehr viel Kontrollstellen. In diesem als erstes zu durchfahrenden Teil konnte ich mich nicht platzieren.

Die zweite Prüfung war eine Geschicklichkeits-Prüfung auf einem Sportplatz, bei der ich Sechster wurde.

Der Preis: Eine Flasche Traubensaft

Dieser Preis bei der ersten Veranstaltung war aber auch das süße Gift für meinen Ehrgeiz. Ich hatte Lunte gerochen und es stand gleich fest, die nächste Veranstaltung auch zu besuchen.

In der darauffolgenden Woche nahm ich vom Zylinderkopf nochmals 0,6mm ab, also war der Motor insgesamt um einen Millimeter höher verdichtet.

Grossbottwar

2. Geländegeschicklichkeitsfahrt am 1. September 1952.

Zweiter Platz

Es war die zweite derartige Veranstaltung. Das Wetter war sehr schön. Ich hatte Lampenfieber, als ich meine Maschine an den Start schob. Und dann 5 – 4 – 3 – 2 – 1 - Start. Den Motor anlaufen lassen und losfahren. Erster war Reinhold Palme auf einer 125 Triumpf. Auf ihn komme ich viele Jahre später wieder zurück.

Der Preis war eine Bosch-Fahrradbeleuchtung, eine Zündkerze und eine silberne Plakette.

Renningen

Dort war ein Rennen mit Einzelstart nur nach Zeit, durch Wald- und Feldwege mit bis zu 30% Steigungen und Gefälle.

Platzierung:

  • 1. Reinhold Palme auf Triumpf 125ccm.
  • 2. Willy Oesterle auf DKW 125ccm.

An einem Sonntagmorgen mit 60km/h

Das Spiel mit dem Motorrad

In dieser Zeit war ich mit meinem Motorrad auf »Du und Du.« Es war mein »Ein und Alles.« Ich fing an Fisimatenten mit meiner Maschine zu machen. So saß ich des öfteren auf dem hinteren Sitz, die Hände in der Tasche.

An einem schönen Sonntagmorgen holte ich einen Freund, der einen Fotoapparat hatte und bat ihn: »Bitte mache ein Bild, wenn ich auf dem Sattel stehend, mit circa 60km/h dahergebraust komme.«

DKW RT 125 mit selbstgebauter Hinterradfederung

Mein erstes Moto-Cross

1953

Stuttgart-Burgholzhof

Achter Platz

Es waren sehr viele Fahrer aus dem Rheinland da mit speziellen Moto-Cross-Maschinen, auch Klaus Kämper mit einer 125-ccm-Puch. Eine sehr schöne, rote Maschine. Ich beneidete diese Leute um ihre schönen Maschinen. Da steckte schon Kapital drin. Und die fünfhunderter Klasse erst. Namen wie Kohler, Krüger, Flimm und der Urheber für das Moto-Cross in Deutschland, Jones Betty, ein englischer Offizier, der im Rheinland stationiert war. Sie alle hatten damals schon richtige englische Spezialmaschinen. Sie waren für mich die großen Vorbilder, die ich bewunderte.

Zum Training am Samstag, fuhr ich auch mit meiner Maschine auf der Straße hin. Dort im Fahrerlager montierte ich meinen Scheinwerfer ab, und los ging’s. Die erste Runde bei einem richtigen Rennen, ohne Scheinwerfer! Vorne eine Nummerntafel, das war ein Gefühl, ungeheuerlich! Ich fuhr die erste Runde langsam, die zweite wollte ich etwas schneller fahren. Über einen Sprunghügel ging ich dann flott drüber, machte einen schönen Satz und landete auch wieder am Boden. Dann passierte es. Beide Fußrasten bogen sich nach unten, eine brach ganz ab, und ich landete auf dem Tank. Lederkleidung hatte ich keine, nur eine Jeanshose. Mein lieber Mann, das war ein Schmerz. Meine Hoden waren zwischen Tank und meinem Körper eingeklemmt worden. Als der Schmerz vorbei war, fuhr ich nach Hause, suchte nach einem passenden Rohr, fand aber keines, nur ein zweiundzwanzig Millimeter Durchmesser Vollmaterial.

Am Sonntag, beim Rennen, starteten in meiner Klasse bis 125ccm, fünfzehn Fahrer. Ich konnte den achten Platz erringen und von den Württembergern war ich der Dritte.

Geschicklichkeitsfahrten

Renningen

Der nächste Start, ein Gelände-Geschicklichkeitsrennen, war wieder in Renningen.

2. Platz

und Silberplakette.

Beilstein

In Beilstein schoss ich den Vogel zum ersten Mal ab. Meine Klasse war mit etwa fünfzig Fahrern besetzt, und ich fuhr das Rennen mit Sandaletten, Ringelsocken, kurzer Lederhose, Hemd und Strickjacke.

1. Platz und Goldplakette.

Preis ein Reisewecker.

Asperg

1. Platz und Goldplakette.

Preis: Eine Gepäcktasche.

Diese Rennen hatte ich alle mit meinem normalen, serienmäßigen Rahmen, also ohne Hinterradfederung, gefahren, musste aber fast jede Woche irgend etwas ausrichten, weil immer durch die starke Beanspruchung etwas gerissen, gebrochen oder verbogen war.

Hinterradfederung

Mit Hilfe von meinem Lehrmeister Leo, er hatte mir inzwischen das Du angeboten, bauten wir eine Hinterradfederung. Wir nahmen zwei Kotflügel, legten diese ineinander und schweißten sie links und rechts zusammen. Sandwichbauweise, und schon war der obere Träger fertig. Als Schwingarm fungierte eine Trapez-Vorderradgabel. Das waren die Hauptbestandteile, zwei Rohre, die ineinander gingen, dazwischen eine Feder, und schon war die Hinterrad-Schwinge fertig, ohne Dämpfung.

Leonberg

3. Platz, Bronze-Plakette.

Preis: zehn Pfund Mehl.

Besigheim

1. Platz, Goldplakette.

Preis: Ein Reifen 300 x 19.

Moto-Cross in Wiesloch.

2. Platz.

Preis: Ein Rennkissen.

Geschicklichkeitsturnier in Asperg

Erster Platz

Goldplakette

Stuttgart Burgholzhof

Meinen größten Erfolg 1953 konnte ich beim zweiten Stuttgarter Moto-Cross am Burgholzhof erringen. Vor circa 30.000 Zuschauern.

Dritter Platz.

Weihnachtsfeier

Am Ende des Jahres 1953 veranstaltete der MSC Rudersberg eine schöne Weihnachtsfeier.

Für diesen Abend hatte ich meine sportlichen Erfolge in einem Gedicht zusammengefasst und vorgetragen. Siehe nächste Seite.

Meine ersten Motorsport-Erfolge

Einen Motorsportclub in Rudersberg, das war der Wunsch gar vieler. Drum gingen wir auch gleich ans Werk und luden ein die Rührer. Der MSC wurde alsdann geboren, es war im Wonnemonat Mai, zwei Herrn vom ADAC erkoren, und ich war auch dabei.

Mein Steckenpferd das Motorrad, es ließ mir einfach keine Ruh. So fuhr an einem Sonntag ich meinem ersten Rennen zu. Motorengebrumm und Marschmusik, das war mein Sonntagslied. Und war die Luft auch noch so dick, wenn nur der Motor zieht.

Beim ersten Start ein sechster Platz, errang mit meinem Motorschatz ich eine Flasche Traubensaft. Mein Freund Albrecht fuhr etwas besser und das konnte ich nicht vertragen und lag mir sehr schwer im Magen. Es ließ mir einfach keine Ruh, bis ich fuhr einem anderen Rennen zu.

Bei den beiden nächsten Starts war es schon besser. Da bekam ich einen Trainingsanzug und einen Reisewecker. Zwei Silberplaketten und so schöne Preise, Ha, nun war ich im richtigen Geleise. Die Saison aber war damit zu Ende. Fürs nächste Jahr wünsch ich mir ein noch schöneres Ende.

1953 ging’s gleich richtig los mit dem ersten Stuttgarter Moto-Cross. Fast jeden Sonntag ging es so weiter, und das Wetter, war immer heiter.

Als das Jahr zu Ende war, ich in mein Leistungsbuch rein sah, da waren da drinnen schön verbucht: 3 Gold, 5 Silber, 2 Bronze Plaketten eingestuft.

Zehn Mal war ich unter den ersten drei, aber dies ist ja nun alles vorbei. Inzwischen hab ich mir geschaut nach einer netten kleinen Braut. Hab aber noch nirgends eine gefunden. Drum steh ich hier und träume von den schönen Stunden, die mir meine kleine DKW hat gebracht. Aber das wäre doch gelacht, wenn die Siege im kommenden Jahre nicht fallen wie beim Friseur die Haare.

Drum ruf ich euch zu: Fahrt mit, rennt mit! Erlebt auch einmal so schöne Stunden! Denn da seid ihr an nichts gebunden. Ihr sitzt allein auf der Maschine, gebt richtig Gas, und schon seid ihr am Ziele. Mit ein wenig Glück und Selbstvertrauen lässt sich schon mancher Sieg drauf bauen.

Hier möchte ich nun noch allen meinen Kameraden ein herzliches Danke sagen, für ihre Mühen und ihre Plagen, die Sie mit mir hatten an den vielen Renntagen. Einen besonderen Dank meinem alten Chef Herrn Fichtl, denn er war manchmal wie ein Wichtl. Er fuhr mit auf den Rennplatz hinaus und ließ seine Frau allein zu Haus.

Nun will ich schließen mit unserem Schlachtruf, den ihr wohl nicht alle kennt, den man aber wissen muss, wenn man rennt. Er gilt für uns wie auch für Werner Haas: * »Gib Gas, gib Gas, gib Gas!«

* Straßenweltmeister auf NSU ein Idol.

Meine Erfolge von 1952 bis Dezember 1953

3 goldene, 3 silberne und 1 bronzene Plakette.

Ferner bei Moto-Cross-Rennen

  • 2. Platz in Wiesloch
  • 3. Platz in Stuttgart
  • 5. Platz in Immenstadt
  • 6. Platz in Heidenheim
  • 8. Platz in Stuttgart
  • 10. Platz in Augsburg.

Vor dem zweiten Stuttgarter Moto-Cross hatte ich mit dem Fräser meine Überströmkanäle noch etwas vergrößert.

Polizeilich zugelassen

Mein Motorrad war polizeilich zugelassen, und ich fuhr mit ihm zu allen Rennveranstaltungen auf der Straße. Da gab es kein Auto mit Anhänger oder VW-Bus. Wir waren alle arm wie die Kirchenmäuse. Vor dem Rennen im Fahrerlager montierte ich meinen Scheinwerfer ab, schraubte eine Nummerntafel dran, und fertig war die Moto-Cross-Maschine. Abends nach dem Rennen der gleiche Vorgang in umgedrehter Reihenfolge. Und hoffentlich war noch alles heil, damit ich wieder gut nach Hause kam.

März 1954

Inzwischen hat sich sehr viel abgespielt. Meine kleine Maschine habe ich wieder einigermaßen beieinander, habe ein um einen Zahn größeres Ritzel vorne drauf gemacht, und als sie zum ersten Mal lief, konnte ich es fast nicht glauben. Über 95km/h zeigte der Tacho von Lorch Richtung Schorndorf an.

1954

DKW RT 250/1

Habe sie am 12. März 1954 für die Straße fertig zugelassen von meinem früheren Chef und Lehrmeister, erhalten. DM 1.550,00 mit Soziussitz, hochgezogenem Auspuff, leichten Geländereifen und einer scheußlichen Farbe, dreckiges Grün. Es war eine Vorführmaschine für die Polizei (neue Wehrmacht.)

DKW RT 250/1 in Bundeswehrfarbe

Mein erster Siegerkranz 1954, in Esslingen mit DKW RT 250/1

DKW RT 250/1 in Serienausführung

Schwere Schwäbische Geländefahrt mit DKW RT 250/1

Aalen

Das erste Rennen mit dieser neuen Maschine.

Sonntagmorgens Start 6.56 Uhr. Die Strecke war 52 Kilometer lang und musste fünfmal durchfahren werden, insgesamt waren es 260 Kilometer. Am Ziel war ich um 15.15 Uhr. Also über acht Stunden im Sattel. Anfangs der zweiten Runde brach mir der rechte Fußrasten ab, das war Pech. Die Strecke war furchtbar. Steigungen und Gefälle mit Dreck und Steinen, oft musste ich schieben und war abends zum Umfallen müde. Drei Kilo abgenommen.

Silberplakette.

Augsburg 35000 Zuschauer

4. Platz.

Beim ersten Rennen zur Deutschen Meisterschaft in Augsburg war ich während der ersten Runde an der Spitze, konnte dann das Tempo nicht halten wegen den Fahrwerkund Reifenproblemen.

Bad Cannstatt-Burgholzhof

Zweiter Platz

unter dem Jubel meiner Rudersberger Zuschauer, hinter Otto Haas mit seiner NSU Max.

Schwäb. Gmünd

Dritter Platz

bei einem Lauf zur Württ. Meisterschaft,

Alltrip

Vierter Platz.

Alzenau

Vierter Platz.

Start in Alzenau

Düsseldorf

Ein Rennen gab es auch in Düsseldorf. Dazu wurde von der Sportabteilung des ADAC Württemberg ein LKW organisiert und einige württembergische Fahrer mit ihren Maschinen dorthin transportiert. Bei diesem Rennen hatte ich mit der Zündung Probleme und musste während des Rennens aufhören.

Im Fernsehen

Das Allergrößte bei diesem Rennen aber war, bei uns im Dorf gab es damals nur in einer Gaststätte einen schwarz/weiß Fernseher.

Die Sendung war angekündigt, die Mundwerbung hatte es im Dorf publik gemacht, und so war die Gaststätte voll.

Als ich während des Rennens den Schaden an meiner Maschine feststellen wollte – ich hatte angehalten und war abgestiegen – da hielt die Fernsehkamera voll auf mich, Großaufnahme. Meine Fans zu Hause jubelten. »Da ist der Willy!«

Die Deutschen waren 1954 Fußball-Weltmeister geworden und den Willy hat man im Fernsehen gesehen. Für mich riesig.

Dezember 1954

Mit der 250-ccm-Maschine kam ich ganz gut zurecht. War bei allen deutschen Moto-Cross-Meisterschaftsläufen der erste DKW-Fahrer und errang mehrmals den vierten Platz. Das war sehr gut. Mir waren die Maicos durch ihre Schwingenfederung überlegen.

1954 Schlammschlacht in Stgt.-Bad Cannstatt v.li.: Otto Markus, Günther Lenz, Willy Oesterle, Manfred Wolter

Durch die Erfolge der 250-ccm-Maschine ging ein Brief ans Werk in Ingolstadt und ich bat um Unterstützung, weil die Rennerei mir doch sehr tief in den Geldbeutel gegriffen hatte. Mein ganzer Verdienst beim Daimler schlupfte in den Motorsport.

Vom DKW-Werk wurden mir dann Prämien zugesagt:

National offen: Regional:
1. Platz oder Goldplakette 75.00 DM 50.00 DM
2. Platz oder Silber 50.00 DM 35.00 DM
3. Platz oder Bronze 25.00 DM 20.00 DM

Werksmaschine

Das Zweite, was ich nun vom Werk verlangte, war eine Moto-Cross-Maschine. Es wurde mir auch eine zugesagt, aber leider kam sie erst am ersten September 1954. Zu dieser Zeit war die Saison fast vorbei. Mit dieser Werks-Rennmaschine bin ich drei Mal ausgefallen, hatte aber auch einige schöne Erfolge.

Stuttgart Bad-Cannstatt

Vierter Platz

Eine unvergessliche Schlammschlacht.

Ingolstadt

250ccm Dritter Platz

Sonderlauf Zweiter Platz.

Letztes Rennen 1954. Auf dieses Rennen legte ich besonderen Wert, war es doch der Traum meines Herzens, bei DKW Werksfahrer zu werden und DKW, die Auto Union, war in Ingolstadt. Dort konnte ich die Bosse treffen und ihnen mein Können zeigen.

Das Rennen selbst war für mich wieder ein Erfolg. Ich hatte mir fest vorgenommen, nichts zu riskieren, sauber zu fahren. Und das, was dann heraus kam, das musste die Herren von DKW überzeugen.

Am Abend nach diesen Rennen nahm ich die Chance wahr, mit dem Chef der Rennabteilung, Herrn Geite, zu sprechen. »Ist es möglich in die Rennabteilung aufgenommen zu werden?«

»Ja, da gibt es eine Chance, schicken Sie eine Bewerbung, dann sehen wir weiter.«

Das dritte Schreiben, das nun damals ans Werk ging, war die Bitte um eine Einstellung. Als Antwort erhielt ich die Zusage, dass ich in der Geländesportabteilung anfangen könne, und dass ich im kommenden Jahr vom Werk aus zu den Zuverlässigkeitsfahrten und zu Moto-Cross-Rennen eingesetzt würde.

Diese Zusage, im DKW Werk angestellt zu werden, erhielt ich Anfang Dezember. Das war für mich das schönste Weihnachtsgeschenk.

Am 3. Januar 1955 ist mein erster Arbeitstag bei der Auto Union GmbH, DKW in Ingolstadt. Die Jugend kennt keine Grenzen. Sie stürmt einfach ihrem Ziel entgegen. Bin vom Werk aus zu der vom 7. bis 9. Januar 1955 stattfindenden 12. internationalen Wintersternfahrt nach Garmisch-Partenkirchen schon gemeldet.

Draußen schneit es schon vier Stunden gleichmäßig herunter, das ist schön zu Weihnachten, doch für die Sternfahrt nicht besonders günstig. Na ja, bis dahin wird schon das richtige Wetter kommen. Straßen-Weltmeister und Werksfahrer bei NSU Werner Haas, fährt auch in meiner Klasse bis 250ccm mit.

Sportfahrerehrung 1954 ADAC Gau Württemberg

Start in Esslingen

Ingolstadt v.li.: Hella Wünsch, Willy Oesterle, N.v., Siegfried Wünsch, Walter Waldenmeier

DKW Auto Union in Ingolstadt

1955

Die Wintersternfahrt

Goldplakette

vom Odenwald über den Schwarzwald nach Garmisch-Partenkirchen war eine wunderschöne Fahrt. Es hatte keinen Schnee, aber es war eisig kalt, bis zu zehn Minusgrade und die Straßen trocken, bis auf eine Stelle über eine Eisenbahnbrücke.

Weil wir nie in Zeitnot waren, fuhren wir immer als Mannschaft geschlossen von einer Kontrollstelle zur anderen.

Mit einer Minute Abstand wurden wir gestartet, der Erste wartete nach einigen Metern auf die zwei anderen.

Start zur Wintersternfahrt im Odenwald

Danach fuhren wir immer in Kiellinie, vorne Sepp Reiter, dann Emil Wartenfelser und am Ende ich. So fuhren wir durch den Schwarzwald.

In einem Städtchen ging es über eine Eisenbahnbrücke, die auf Grund der Minustemperaturen Glatteis hatte. Es ging eine Rampe hoch, Rechtskurve, auf der anderen Seite wieder rechts runter. Im Rennstil macht man daraus eine Kurve. Der Sepp fuhr auf die Brücke in leichter Schräglage und schon rutschte seine Maschine weg. Emil dicht hinter ihm, auch der ging gleich in die Bodenlage. Meine Bremsversuche reichten nicht mehr, auch ich ging zu Boden aber mit nicht mehr so viel Schwung. Wir erreichten aber alle drei ohne Strafpunkte Garmisch-Partenkirchen.

Kalt war es, sehr kalt. Als Gegenmittel hatten wir Schaffell-Lederkleidung. Am Körper war ich warm, das Problem waren die Füße. Trotz der Gummistiefel, die wir zwei Nummern zu groß wählten und Socken, dann Zeitungspapier drum rum, dann wieder Socken, dann wieder Zeitungspapier. Aber acht Stunden sitzen bei fünf bis zehn Grad Minus, dazu der Fahrtwind. Die Kälte kroch trotzdem bis nach innen. An den Kontrollstellen gab es wohl warme Getränke. Die hielten aber immer nur kurze Zeit vor.

In Garmisch gab es einen schönen Gesellschaftsabend und am Sonntag sollte dann die Entscheidung fallen, wer die Sieger in den einzelnen Klassen waren. Es hätte mit einer Sensation für mich enden können, aber dass es nicht so kam, daran war mein Stallkollege Emil schuld. Er war beim Abschluss-Bergrennen von Garmisch zum Eibsee, vor mir. Wir starteten im Einzelstart, mit dreißig Sekunden Abstand.

Es war mir eine Freude auf dem Schnee Motorrad zu fahren und es bedurfte eines besonderen Gefühls zum Hinterrad. Nun, diesen Kollegen Emil holte ich ein, wollte in einer der letzten Kurven innen an ihm vorbei fahren und musste dazu eine kleine ausgefahrene Rinne verlassen, dabei rutschte mir das Hinterrad weg.

Wintersternfahrt. Auf der Strecke von Garmisch zum Eibsee

Der Rutscher vor dem Eibsee

Schwere schwäb. Geländefahrt – Freunde betreuen mich an der Kontrollstelle v. li.: Hella Wünsch, Eberhard Spengler, Gretel Biehlmaier