Rauminstallation „Kohlekugel“ -1995

von Andreas Opiolka + Britta Gallmayer

im „Turmschulhaus Stiftshof“

symbolisiert alle kulturellen Aktivitäten

vereint im Kulturzentrum Stiftshof

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek:

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie, detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über www.dnb.de abrufbar.

© 2018 Klaus Erlekamm

Cover-Design und Beratung

Claudia Erlekamm

Herstellung und Verlag:

BoD – Books on Demand GmbH, Norderstedt

ISBN 978-3-7481-3697-2

Inhalt

Geleitwort von Oberbürgermeister Dr. Frank Nopper zu
den „Backnanger Sternstunden“

„Backnanger Sternstunden“ heißt der Titel des neuen Buchs von Klaus Erlekamm. Es waren in der Tat Sternstunden für Backnang, als vor 50 Jahren im Helferhaus für den Heimat- und Kunstverein sowie vor 25 Jahren im Bandhaus und im Turmschulhaus für das Kulturzentrum Stiftshof die Weichen gestellt wurden.

Die Backnanger und ihre Gäste haben seither viele Sternstunden von Kunst und Kultur in diesen drei Musentempeln erlebt. Vor wenigen Jahren hat überdies auch die Jugendmusik- und Kunstschule im Bandhaus Quartier bezogen. Der Burgberg ist somit zum Backnanger Kunst-, Kultur- und Musenberg mit den verschiedensten Facetten geworden.

Jeder Quadratmillimeter auf dem Burgberg – im magischen Backnanger Dreieck aus Helferhaus, Bandhaus und Turmschulhaus – strahlt Kunst und Kultur aus: Kunst und Kultur unterschiedlichster Prägung – von zeitgenössischer Bildender Kunst, der historisch Bildenden Kunst und der Jugendmusik über Schauspiel aller Art bis hin zum Puppentheater. Jeder kann auf dem Burgberg nach seiner künstlerischen Fasson glücklich werden.

Es ist großartig, dass erstmals die Geschichte von Kunst und Kultur auf dem Burgberg zusammengefasst wird – und das auch noch von Klaus Erlekamm, einem der Vorkämpfer dieses Kulturzentrums. Deswegen gibt nicht nur das goldene Jubiläum im Helferhaus und das silberne Jubiläum im Kulturzentrum Stiftshof, sondern gerade auch diese Publikation Anlass zum Jubeln und zum Jubilieren.

Dr. Frank Nopper

Oberbürgermeister

Gedanken zur Entstehung der Dokumentation

Liebe Leserin, lieber Leser,

das Kulturzentrum Stiftshof ist der wertvolle Schatz der Backnanger. 2 Theater, 2 Galerien, 2 Kabinette, das Atelier der Backnanger Künstlergruppe und die Jugendmusik- & Kunstschule in 3 benachbarten Gebäuden im Herzen der Stadt, wo gibt es das sonst noch? Hier gehen Theater, Kleinkunst, Bildende Kunst und die Musik unter dem Dach des Kulturzentrums eine besonders innige Verbindung ein.

Seit 50 Jahren habe ich als Zeitzeuge das Wachsen dieses Kleinods begleiten und als Akteur mitgestalten dürfen, worüber ich sehr dankbar bin.

Wie fing alles an?

In der Backnanger Kulturszene bestand als „Fixstern“ schon seit 1968 das Museum Helferhaus mit seinen vielbeachteten Kunst- und Heimatausstellungen. Der im Stiftshof kulturell immer mit viel Elan agierende „Kulturmagnet“ hatte zahlreiche Motoren und Mitglieder, die den Verein zu dem gemacht haben, was er heute ist: Eine allseits geschätzte Kulturinstitution mit „Leuchtturm-Funktion“. Herausragend dabei das Wirken des aktuellen Vorsitzenden des Vereins, Ernst Hövelborn. Schon seit 39 Jahren lenkt der frühere Kunsterzieher des Max-Born-Gymnasiums den Verein!

Zweiter in der Runde der kulturellen „Player“ ist der legendäre Kleinkunstverein „Maulwurf“ mit seinem damaligen Vorsitzenden, Verlagsleiter Ulrich Höfker. Seit 1981 sorgte er 10 Jahre lang mit seinen hochkarätigen Aufführungen im früheren Fahrradkeller der Schickhardt-Realschule – heutiges Bandhaus Theater - für Furore.

„Eine Stadt ist so attraktiv wie ihr kulturelles Angebot“. Dieses Zitat habe ich der „Kulturkonzeption der Stadt Backnang – Bestandsaufnahme und Leitlinien für die mittel- bis langfristige Kulturarbeit“ (134 Seiten) vorangestellt. 1992 vom Gemeinderat einstimmig beschlossen, ebnete sie den Weg insbesondere für den Aufbau und die erfolgreiche Ausgestaltung des Kulturzentrums Stiftshof.

Jede Stadt muss in der Kulturpolitik ihr eigenes Profil entwickeln. In Backnang ergab sich hierzu die einmalige Gelegenheit, als 1992 die Schickhardt-Realschule ihren Neubau bezog und die leer stehenden Räume in der historischen Stadtmitte für kulturelle Nutzung frei wurden.

Für die traditionsreichen Gebäude Bandhaus und Turmschulhaus konnte damals eine weitreichende Nutzungskonzeption entwickelt werden.

Nun galt es, weitere kulturelle „Hochkaräter“ in Aussicht zu nehmen. Wie so oft im Leben, half hierbei der Zufall. Man kann es auch so sagen: Bei einmalig sich bietender Gelegenheit muss man die Gunst der Stunde erkennen und sofort beherzt zugreifen.

Was war geschehen? Die Backnanger Künstlergruppe plante 1993 im Backnanger Bürgerhaus eine Kunstaustellung ihrer Mitglieder. Ich machte damals spontan den Vorschlag, mit der Ausstellung in das leer stehende, allerdings mit morbidem Charme einer Baustelle gleichenden Turmschulhaus - mit angrenzendem Gotischem Chor der früheren Pfarrkirche St. Michael - auszuweichen. Die Ausstellung „Kulturbaustelle“ wurde ein sensationeller Erfolg. Sie war die Initialzündung für die anschließende Gründung der Galerie „Turmschulhaus Stiftshof“, heute „Galerie der Stadt Backnang“, eine in der Region Stuttgart und weit darüber hinaus anerkannte Größe.

Zweiter Glücksfall: Ebenfalls 1993 erfuhr ich, dass der große philosophische Narr, Theaterclown, Chansonier, Schauspieler, Regisseur, Autor und Theaterpädagoge Frieder Nögge einen Probenraum suchte. Wir einigten uns rasch und so konnte er schon im Frühjahr 1994 zusammen mit seiner Partnerin Nina Haun insbesondere das gesamte leer stehende Erdgeschoss des Bandhauses mit dem späteren „Nögge-Atelier-Theater“ beziehen. Welch ein Erfolg! Nögge hat seine Paraderollen in mehreren hundert ausverkauften Vorstellungen fantastisch genial gespielt und in seiner Schule für Improvisationstheater und Schauspiel zahlreiche Kleinkünstler und Schauspieler ausgebildet. Sein Freitod 2001 hat uns erschüttert.

Diese beiden herausragenden Beispiele zeigen deutlich, wie der Kulturbetrieb in einer Stadt vorangebracht werden kann. Als Kulturverantwortlicher brauchst du ein Gespür für das Machbare sowie verlässliche Partner, die ihre künstlerische und organisatorische Arbeit ideenreich mit guter Qualität verrichten. Dabei muss man wie ein Seiltänzer sorgfältig darauf achten, im hin und her zwischen den Entscheidungsträgern Verwaltungsspitze, Gemeinderat, Finanzverwaltung und Veranstaltern nicht den Halt zu verlieren. Als Balancierstange hilft nur eines: Mut, Ideen und sehr positives Denken.

Schon kurz nach Auszug der Schickhardt Realschule bezog die Backnanger Künstlergruppe ihr Atelier im Bandhaus. Unermüdlich und mit qualitätvoller künstlerischer Arbeit ist Elke Vetter zusammen mit ihren Künstlerkolleginnen und -Kollegen treibende Kraft, wenn es um Ausstellungsprojekte oder Auslandsaufenthalte als „Backnanger Kulturbotschafter“ geht. Seit 2010 ist sie zudem meine Nachfolgerin als 1. Vorsitzende des „Fördervereins Freunde des Kulturzentrums Stiftshof e.V.“.

1997 übernahm Galerieleiter und heutiger Kulturamtsleiter Martin Schick den Ausstellungsbetrieb im Turmschulhaus als „Galerie der Stadt Backnang“. Mit einem mutigen Konzept über die zeitgenössischen Spielarten der Kunst knüpfte er an den Erfolg der Vorgängereinrichtung an und macht sich und Backnang in der lokalen und überregionalen Kunstszene einen herausragenden Namen.

Die Suche nach einer Nachfolgeeinrichtung für das „Nögge-Atelier-Theater“ gestaltete sich schwierig. Wir entschieden uns damals für ein völlig anderes künstlerisches Genre: die Zauberkunst und das Varieté. Das TraumZeit-Theater mit Zaubertheater Pegasus, Kalanag-Museum, Zaubercafé, Varieté-Schule und Deutsches Zauberzentrum begeisterte im Großraum Stuttgart bis 2013 fast 10 erfolgreiche Jahre lang sein Publikum. Theaterdirektor Michael Holderried führte „sein“ Haus immer mit viel Herzblut und einer Qualität, die einen Vergleich mit Großstadtvarietés nicht zu scheuen brauchte.

Als „Newcomer“ im Kulturzentrum bereichern seit 2012 die Backnanger Jugendmusikschule mit Jugendkunstschule und ab 2013 das Bandhaus Theater mit Jasmin Meindl und Juliane Putzmann als künstlerische und organisatorische Powerfrauen die Szene, sowie „Professor Pröpstls Puppentheater“ mit dem „vielseitigen Künstler mit Witz“, Gregor Oehmann. Eine „runde Sache“ also, das Kulturzentrum Stiftshof. Weiterhin toi, toi, toi!

Dank Gemeinderat und Stadtverwaltung stehen nach wie vor die erforderlichen finanziellen Mittel für Unterhaltung und Betrieb des Kulturzentrums Stiftshof zur Verfügung. Es ist zu hoffen, dass dies auch künftig so bleibt, damit dieses kulturelle Juwel auch in der Zukunft seine Strahlkraft für die Stadt Backnang und die Region entfalten kann.

Klaus Erlekamm

Kulturamtsleiter a.D.

Gedanken zum Kulturzentrum Stiftshof

Wenn man die Situation heute mit dem vital-pulsierenden Kulturleben am Stiftshof und rund um die Stiftkirche betrachtet, dann kommt einem der Gedanke der Dankbarkeit und man denkt, da das Danken nun mit dem Denken zusammenhängt, an den, der dies mit initiiert, bzw. eine Vorstellung davon hatte, was nach dem Auszug der Schickhardt Realschule mit diesem Areal, in Hinblick auf Nutzung und Belebung, möglich sein könnte.

Die Chance ergriffen hat der damalige Kulturamtsleiter Klaus Erlekamm, der in diesem Freiraum einen Ort für die Kultur in Backnang sah. Der Anker war in gewisser Hinsicht das Helferhaus mit dem Heimat- und Kunstverein, um den sich in den freistehenden Gebäuden „Kultur“ ansiedeln ließe. Was dann auch mit Hilfe von Gemeinderat und Stadtverwaltung mit der Städtischen Galerie im Turmschulhaus, dem Nögge-Theater, dem Varieté- und Zauber-Theater von Michael Holderried, dem nachfolgenden Bandhaus-Theater und dem Kasperle-Theater, sowie dem Atelier der Backnanger Künstlergruppe und der Jugendmusik- und Jugendkunstschule Realität wurde und nun als ein räumlich geschlossenes Ensemble für Kultur in Backnang steht.

Dies versammelt sich in einem Raum um die 900-jährige Stiftskirche, die als Chorherren-Stift im Mittelalter bis zur Reformation Geist-, Kultur- und Wirtschaftszentrum für die Stadt Backnang war und von deren historischen Erbe, wie der Grablege der Markgrafen von Baden oder dem Wirken des letzten Propstes Petrus Jacobis bis heute die Stadt noch zehrt. Insofern findet sich am Stiftshof die „Koine“, die Gemeinsamkeit der Stadt Backnang und ihrer Bürger, die sich in Gottesdiensten, Festen, Ausstellungen, heimatkundlichen Vorträgen, Theateraufführungen und musikalischer Bildung zeigt.

Gegenwärtig in aktiver Funktion ist am Stiftshof das städtische Baudezernat, das städtische Amt für Familie, Jugend und Bildung und das Amtsgericht - alle drei in hoheitlicher Funktion, die vom Stiftshof aus in die Stadt und das Umland hineinwirken und das sich symbolisch im Brunnen aus dem Jahr 1713, gestiftet von Eberhard Ludwig Herzog von Württemberg, mit den allegorischen Figuren der Justitia (Gerechtigkeit), der Weisheit (Sapientia) und der fürsorgenden Liebe (Caritas) niederschlägt.

In dieser Hinsicht ist der Stiftshof ein Ort der Musen mit Mnemosyne, der Erinnerung und der Mutter Musen an der Spitze, die nun Erinnerung mit Gegenwärtigem und Zukünftigem verbindet.

Insofern kann man den Stiftshof mit dem Kulturzentrum als einen geglückten Ort betrachten und als einen Raum, in dem sich das zum Leben Notwendige mit dem freien schöpferischen Spiel der Künste, der Religion und des Glaubens vereinigt. Zugleich ergibt sich in diesem Ortungsraum eine Vielzahl von Schnittstellen wie z. B. zwischen dem Profanen und religiös Sakralen oder die Schnittstelle zwischen dem ästhetisch-Kulturellen und dem Sakralen, bzw. zwischen Heimat und Kunst, sowie zwischen musikalisch-künstlerischer Bildung und Ausbildung und der Welt des Alltags.

Einen solchen Ortungsraum mit dieser Vielfalt von Schnittstellen findet man in dieser Konzentration von lebendiger Geschichte, der Welt des Sakralen sowie aktuellem politisch-sozialem Handeln und der Gegenwärtigkeit der Künste selten. Ein Geschenk an die Backnanger von einem, der den „Kairos“ also die Gunst des Augenblicks nutzte als der Raum frei war, um der Kultur einen Ort zu geben. Nun heißt es im Sinne des lat. Wortes colere, ihn pfleglich zu behandeln und das Feld immer wieder zu bestellen, auf dass Frucht darauf wachse, zur Freude und Genuss der Backanger Bürgerinnen und Bürger und all der Menschen, die Kultur in vielfältiger Form leben und schätzen.

Ernst Hövelborn

1. Vorsitzender Heimat- und Kunstverein Backnang e.V.

Einige Gedanken zum Kulturzentrum Stiftshof

Dass sich das Kulturzentrum Stiftshof mitten im historischen Zentrum mit seiner gewachsenen, unverwechselbaren, räumlichen Vielgestaltigkeit befindet, bekommt beiden gut. Alt und neu, Orte künstlerischer Freiheit, gesellschaftliche Experimentierfelder und ein Gebäudeensemble, das das kulturelle Gedächtnis der Stadt und unserer Gesellschaft in sich birgt, das passt alles sehr gut zusammen. Kulturelle Institutionen sind in historischen, von charmanter Urbanität und sprechender Architektur geprägten Stadtzentren gut aufgehoben. Es ist ein Glücksfall, dass das in Backnang gelingen durfte, aber auch das Ergebnis vieler kleinschrittiger Anstrengungen und nicht zuletzt auch der mittlerweile abgeschlossenen, behutsamen Gebäudesanierungen auf dem Areal in den zurückliegenden 20 Jahren.

Die gegenseitige Anregung der künstlerischen Disziplinen geschieht in einem solchen Zentrum leichter und fördert eine inspirierende Verschränkung verschiedenster Aktionsfelder: Da finden etwa Ausstellungen mit Künstlern statt, die kurz darauf am Theater als Bühnenbildner tätig sind. Oder die Jugendkunstschule bietet jetzt auch einen Theaterspielclub an. Da sind die Jugendmusikschule, deren „Hausband“ regelmäßig im „Bandhaus“ auftritt, die Stadtführung, die im Vorübergehen eine interessante Ausstellung entdeckt und vieles mehr.

Es ist wie bei einer guten Zeitung, bei der man beim Blättern unverhofft auf Dinge stößt, auf die man sonst nicht gekommen wäre. Das gleichzeitige Nebeneinander verschiedener Kulturformen wird für diese selbst und für die Besucher zu einem fruchtbaren und anregenden Miteinander. Das Kulturzentrum ist kein Elfenbeinturm, der nur von speziell Interessierten angesteuert wird, sondern eine offenes, niedrigschwelliges Angebot für alle und für Generationen.

Es liegt auf der Hand, dass ein Förderverein, der die Belange aller Kulturschaffenden am Petrus-Jacobi-Weg unterstützt, für das Kulturzentrum eine große Hilfe sein kann. Er schafft Begegnungen und ständige gegenseitige Aufmerksamkeit der einzelnen Akteure, kann gemeinsame Aktionen planen, Schwerpunkte setzen und gemeinsame Ziele formulieren und voranbringen. Mit den Jahren hat sich das Zentrum weiterentwickelt. Die Jugendmusik- und Kunstschule kam 2012 als willkommene Ergänzung dazu. Kurz darauf das Bandhaus-Theater, mit dem das Kulturzentrum eine fundamentale Bereicherung erfahren hat: Hier wird gutes Theater gemacht und gespielt, das weit mehr ist als Unterhaltung, sondern sich mutig auch mit aktuellen gesellschaftlichen Themen auseinandersetzt. Die Theatermacherinnen gehen bewusst, und das ist ein großer Verdienst, auch auf junge Leute zu und erschließen ihnen mit einer Fülle möglicher Schlüsselerlebnisse eine neue Welt. Sie binden - zum Beispiel mit den Schultheatertagen - die Schulen ein, machen deren Theaterarbeit sichtbar, fördern und unterstützen sie.

Derart gestärkt, entfaltet das Kulturzentrum eine höchst willkommene Wirkung in der Stadtgesellschaft, die sowohl den einzelnen als auch die Gemeinschaft stärkt. Was sich dort mit den Jahren entwickelt hat, ist erstaunlich und rundum erfreulich. Es ist ein nachhaltiger Gewinn für die lebendige, lebenswerte, schöne Stadt Backnang.

Martin Schick

Leiter Kultur- und Sportamt

Die städtische Galerie 2008 mit Scherenschnitten von Saskia Schultz. „Eine der schönsten
Ausstellungen, die das Haus gesehen hat“.

Kultur
in
Backnang

Kultur braucht Räume, die darauf warten, dass Menschen sie mit Leben erfüllen

Klaus Erlekamm

Als kulturelles Juwel umfasst das Kulturzentrum Stiftshof den historischen Kern der Stadt Backnang: Das Bandhaus als Teil des ehemaligen Augustiner-Chorherrenstifts (vom frühen 12. Jahrhundert bis zur Reformation), den Stadtturm mit dem Gotischen Chor der früheren Michaelskirche, das Turmschulhaus sowie das Helferhaus. Dies alles in unmittelbarer Nachbarschaft zu dem von Heinrich Schickhardt (1558-1635) erbauten Herzoglichen Schloss sowie der Stiftskirche mit der Grablege der Markgrafen von Baden, ein Vorzeigeobjekt, das in der Region Stuttgart einmalig ist.1

Zum Kulturzentrum Stiftshof gehören:

Bandhaus Theater Backnang – Privattheater Jasmin Meindl und Juliane Putzmann -

Professor Pröpstls Puppentheater – Privattheater Gregor Oehmann -

Backnanger Künstlergruppe BK

Galerie der Stadt Backnang

Graphik Kabinett (Stadt Backnang)

Heimat- und Kunstverein Backnang e.V. mit Galerie, Kabinett und Museum im Stadtturm

Diese Kultureinrichtungen werden durch den Förderverein „Freunde des Kulturzentrums Stiftshof“ e.V. unterstützt, wobei der Schwerpunkt der Förderung beim Bandhaus Theater liegt. Der Förderverein hat sich insbesondere die Pflege der Kleinkunst, der Schauspielkunst, die Förderung der Galerien unter dem gemeinsamen Dach des Kulturzentrums und kultureller Veranstaltungen im Bereich des Stiftshofs auf die Fahne geschrieben. Darüber hinaus kommt dem Verein eine wichtige „Klammerfunktion“ innerhalb dieser Kultureinrichtungen zu.

Die seit 2012 im Bandhaus beheimatete

Jugendmusik- & Kunstschule Backnang hat einen eigenen Förderverein.

Geschichtliche Zeittafel der kulturellen Nutzung des Stiftshofs in den letzten 50 Jahren

1968 Einzug Heimat- und Kunstverein ins Helferhaus
1981-1991 Kleinkunstverein „Maulwurf“ im Bandhauskeller
1992-1994 „Kleiner Maulwurf“ im Helferhaus
1992 Auszug der Schickhardt-Realschule (seit 1958 im Bandhaus und
Turmschulhaus) in den Neubau bei der Mörikeschule (früheres
Lehrerseminar) sowie Auszug der Dependance der Volkshochschule
in den Pavillon des Max-Born-Gymnasiums
Zwischennutzung Bandhaus: Einige Kurse der Backnanger Jugendmusikschule,
Jugendkunstschulabteilung, Bücherlager Stadtbücherei
Teile des Stadtarchivs, Städtische Kunstsammlung, ab 1995
Waldorfschule in Gründung, Backnanger Künstlergruppe
1993 Nutzung des Turmschulhauses als „Kultur unterm Stadtturm“.
Erste Kunstausstellung: Backnanger Künstlergruppe mit
„Kulturbaustelle“
Gemeinsame Techniksammlung
1994 Dezember: Verleihung des Kleinkunstpreises Baden-Württemberg
im „Maulwurf“
1994 Frühjahr: Frieder Nögge und Nina Haun richten im Bandhaus einen
Probenraum für Produktionen mit Ensembles ein
1995 September: Eröffnung „Nögge Atelier Theater Backnang“, zunächst
im kleinen Saal im Erdgeschoss des Bandhauses
1997 Gründung „Förderverein Freunde des Nögge Atelier Theaters“
Eröffnung Frieder Nögge – Schule für Improvisationstheater
Ausbau des Gewölbekellers im Bandhaus zur 2. Spielstätte
Galerie der Stadt Backnang
1999 Auszug der Dependance der Jugendmusikschule und Einzug in die
neugestalteten/zertifizierten Räume an der Eduard-Breuningerstraße
sowie Auszug der Waldorfschule i.G.
Renovierung der freigewordenen Räume insbesondere für das
Kulturamt
2000 Beginn der Ausräumungsarbeiten im Gotischen Chor. Neugestaltung
der Räume des Turmschulhauses für die Galerie der Stadt Backnang
Kulturzentrum Stiftshof feiert gemeinsam ins Jahr 2000
Einzug Kulturamt in das Bandhaus
2001 Freitod Frieder Nögge
2001 Bau der Skulpturentreppe als Fluchttreppe des Turmschulhauses
Sanierung Innenräume und Holztreppe des Stadtturms
Provisorische Wiederinbetriebnahme der Galerie der Stadt Backnang
2002 Eröffnung des Grafik-Kabinetts und Renovierung des Helferhauses
2003 Eröffnung TraumZeit-Theater, Zaubertheater „Pegasus“ Kalanag-Museum,
Zaubercafé, Varieté-Schule und Deutsches Zauberzentrum
im Bandhaus durch Theaterbetriebe Holderried GmbH
2003 Gründung Förderverein „Freunde des Kulturzentrums Stiftshof e.V.
2004 Einweihung des renovierten Gotischen Chors und damit
Komplettierung der Ausstellungsräume für die Galerie der Stadt
Backnang
2005 Einweihung Markgrafenhof
2011 Auszug Kulturamt und Einzug in Räume des Backnanger
Bürgerhauses. Umbau der freigewordenen Räume für die
Jugendmusik- & Kunstschule
Generalsanierung des Bandhauses einschließlich Neugestaltung der
Treppenanlage und Anbau eines Aufzugs
2012 Bandhaus neu! Einzug Backnanger Jugendmusikschule mit
Jugendkunstschule als Hauptsitz sowie Förderverein der
Jugendmusik- & Kunstschule
Nach wie vor im Haus präsent: Backnanger Künstlergruppe,
TraumZeit-Theater, Städt. Kunstsammlung, Förderverein „Freunde
des Kulturzentrums Stiftshof“
Kündigung des TraumZeit-Theaters. Letzte Vorstellung von Michael
Holderried im Rahmen des Weihnachtsvarietés am 6. Januar 2013
2013 27. April: Eröffnung Bandhaus Theater – Jasmin Meindl und Juliane
Putzmann im Bandhauskeller und Professor Pröpstls Puppentheater/
Gregor Oehmann im Erdgeschoss des Bandhauses
Postalische Umbenennung Bandhaus, Helferhaus und Galerie der
Stadt Backnang durch Gemeinderatsbeschluss von „Stiftshof“
in „Petrus-Jacobi-Weg“

Allgemeines zum Kulturzentrum Stiftshof

Gemeinderat trifft 1985 Grundsatzentscheidung zugunsten der kulturellen Nutzung -

Kulturkonzeption der Stadt Backnang 1992 weist den künftigen Weg

Seit dem 19. Jahrhundert bis zum Umzug in den Neubau (1958) auf der Maubacher Höhe waren Bandhaus und Turmschulhaus Heimat der Realschule bzw. der Oberschule, der Vorläufer-Einrichtungen des heutigen Gymnasiums.2 Mit dem Auszug der Schickhardt-Realschule 1992 endete die seit Jahrhunderten bestehende Schultradition im Stiftshofbereich.

Schon zu Beginn der 80er Jahre litt die Schickhardt-Realschule an ihren Standorten Stiftshof und Stuttgarter Straße 54 an akuter Raumnot. Dies war sowohl im Gemeinderat, als auch in der Stadtverwaltung, ein Dauerthema. In einer Sitzungsvorlage vom Juni 1984 schlug das Hochbauamt dem Gemeinderat vor, die Schickhardt-Realschule im Stiftshofbereich zu belassen, Bandhaus und Turmschulhaus durch einen zweigeschossigen Zwischenbau zu verbinden und im Gewölbekeller des Bandhauses den Bereich Werken einzurichten.

Ernst Hövelborn äußerte als 1. Vorsitzender des Heimat- und Kunstvereins im September 1984 „erhebliche Bedenken gegen die bauliche Neuorganisation der Schickhardt-Realschule auf dem Stiftshof. Besonders schwerwiegend erscheint die grundlegende Veränderung des Stadtbildes durch die architektonische Verdichtung des freien Raumes zwischen Stadtturm, Bandschulhaus und Helferhaus“.3

Als Hauptamtsleiter der Stadt Backnang und Verantwortlicher für Schulangelegenheiten und Kultur sprach ich mich seinerzeit ebenfalls gegen einen Verbleib der Schickhardt-Realschule im Stiftshof aus. Durch diese Planung wäre eine künftige kulturelle Nutzung der Gebäude verhindert worden. Auch hätte zum Beispiel der Kleinkunstverein „Maulwurf“ seine Spielstätte im Bandhauskeller verloren.

Beim 25. Altstadtstammtisch im Rahmen von „100 Jahre Heimat- und Kunstverein Backnang e.V.“ im Oktober 1984 gab es zwischen Vereinsmitgliedern und Vertretern der Bauverwaltung eine konträre Diskussion zu diesem Thema. Bürgermeister Paul Biber betonte dabei mehrmals, dass es sich um keine fertigen Pläne handele, man vielmehr noch gar nicht wisse, wie sich der Gemeinderat in dieser Frage entscheiden werde (4).

Im Laufe der nächsten Monate schaltete sich auch der Schwäbische Heimatbund in die Diskussion ein: „Der Vorschlag von Hauptamtsleiter Klaus Erlekamm, kulturelle Einrichtungen am Stiftshof zentral unterzubringen, trifft, wie der Vertrauensmann des Schwäbischen Heimatbundes, Architekt Erkert, in einer Pressemitteilung schreibt, genau die Meinung in der Ortsgruppe und die des Vorstandes“ (5). Zum guten Schluss dieses Abwägungsprozesses im Gemeinderat überzeugten die Argumente der Befürworter für eine künftige kulturelle Nutzung von Bandhaus und Turmschulhaus. Ohne diese positive Entscheidung des Gemeinderats wäre das heutige Kulturzentrum Stiftshof nie zustande gekommen und ist somit eine der für das Backnanger Kulturleben wichtigsten Entscheidungen überhaupt!

So konnte Oberbürgermeister Martin Dietrich in seinem „Weihnachtsbrief 1985 an die Backnanger in aller Welt“ berichten: „Eine außerordentlich wichtige Entscheidung, die ebenfalls die Innenstadt betrifft, hat der Gemeinderat im Herbst dieses Jahres getroffen. Die Schickhardt - Realschule, die in den Gebäuden Turmschulhaus und Bandhaus untergebracht ist...und die seit Jahren bessere und neuzeitliche Räume braucht, wird auf dem Gelände der Mörikeschule (früheres Lehrerseminar) einen Neubau erhalten. Damit können die freiwerdenden Räume beider Gebäude im Herzen der Stadt allgemeinen kulturellen Zwecken zugeführt werden.6

Um die kulturelle Entwicklung in Backnang voranzubringen, erarbeitete ich noch als Hauptamtsleiter 1991 die KulturkonzeptionBestandsaufnahme und Leitlinien für die mittel- bis langfristige Kulturarbeit (134 Seiten). Sie wurde vom Gemeinderat 1992 einstimmig beschlossen.

Als einen Schwerpunkt künftiger Zielperspektiven und Maßnahmen stellte ich das neue Kulturzentrum Stiftshof besonders heraus.

Generelle Aussage der Kulturkonzeption: „Eine Stadt ist so attraktiv wie ihr kulturelles Angebot. Neben Stadtbild, Wohnumfeld, Industrie, Handel, Gewerbe, Dienstleistung, Bildung, Freizeit- und Sportmöglichkeiten prägt es maßgeblich die städtische Atmosphäre.

Kultur ist Gradmesser urbanen Lebens: Wo etwas los ist, wo Theater und Kleinkunst, Kammer- und Popmusik, Museen und Galerien kontinuierlich mit attraktiven Veranstaltungen locken, erledigt man nicht nur sein Arbeitspensum und seine Einkäufe, da verbringt man auch gerne seine Freizeit, lässt sich unterhalten und anregen“. Zum Thema Aufgaben Hauptamt/Kulturamt: „Die städtische Kulturarbeit wird derzeit überwiegend vom Hauptamt geleistet.

Diese Kombination ist in Städten vergleichbarer Größenordnung die Ausnahme, zumeist sind eigenständige Kulturämter eingerichtet, vielfach kombiniert mit den Bereichen Schulen und Sport.

Seit der konzeptionellen Planung für das heutige Backnanger Bürgerhaus, für die das Hauptamt federführend war, haben sich die Anforderungen an die städtische Kulturarbeit kontinuierlich erhöht. Dies gilt in verstärktem Maße auch für die anstehenden bzw. schon angelaufenen konzeptionellen Entwurfsplanungen für die künftige Unterbringung der Stadtbücherei, des Stadtarchivs sowie der Jugendmusik- und Jugendkunstschule“.

Es war daher nur konsequent, dass ich mich entschloss, ab 1993 in die neugeschaffene Stelle des Kulturamtsleiters zu wechseln.

„Am 3. November 1992 wird Hauptamtsleiter Klaus Erlekamm im Helferhaus die von ihm erarbeitete und zusammengestellte Kulturkonzeption der Stadt Backnang vorstellen. Diese wurde im Stadtrat bereits diskutiert und soll nun im Rahmen des 68. Altstadtstammtisches des Heimat- und Kunstvereins einem größeren Publikum bekannt gemacht werden.

Der Kern der Veranstaltung wird in der Information über die bestehenden kulturellen Aktivitäten in der Stadt Backnang liegen. Zugleich wird Erlekamm als künftiger Kulturamtsleiter einen Ausblick über die Kultur der nächsten Jahre in Backnang geben.

Im Mittelpunkt der Betrachtungen steht die Frage, wie angesichts des enger werdenden Finanzspielraums das kulturelle Niveau gehalten oder qualitativ weiterentwickelt werden kann, „zumal Kultur als Humankapital und Rahmenbedingung für jede Art von Gesittung und Moral gerade in politisch schwierigen Zeiten unabdingbar notwendig ist und die Stabilität der Demokratie mit fördern kann“, heißt es in einer Pressemitteilung. Und weiter: „In diesem Sinne gibt es auch keine Kultur für elitäre Minderheiten, da sie allgemeine Grundvoraussetzung für ein liberales Staatswesen ist“.60

Das Kulturzentrum Stiftshof entwickelte sich bis heute prächtig zum Erfolgsmodell: „Die Kulturkonzeption von einst trägt jetzt ihre Früchte. Backnang hat einen Kultur- und Zauberberg. Backnang kann sich rühmen, ein Zentrum der Künste im Herzen der Stadt zu haben“, titelte die Backnanger Kreiszeitung 2012.61

„Fesselndes Spiel vor optimaler Kulisse – Umjubelte Uraufführung der „Judith von Backnang“ aus der Feder des Autorenkollektivs Jasmin Meindl/Christian Muggenthaler (Bandhaus Theater).

„Das Theaterstück „Judith von Backnang“ ist in mehrerer Hinsicht etwas Besonderes. Das Historienspiel ist nicht nur das erste große in Backnang aufgeführte, sondern auch das erste für Backnang konzipierte Freilichttheater zum 950-jährigen Stadtjubiläum. Es spielt vor der Originalkulisse seiner Handlung, der Stiftskirche. Dort sind Judith und der Markgraf Hermann II von Baden begraben, die Hauptfiguren in dem Schauspiel. Ein Mehr an passender Konstellation geht nicht“, so Kulturredakteurin Ingrid Knack in der BKZ vom 10.7.2017.

Kultureller „Urknall“ der Neuzeit im Stiftshof

1968: Einzug Heimat- und Kunstverein ins Helferhaus

Jahrhundertelang Pfarrhaus

„Beim großen Franzosenbrand im Juli 1693 ging auch das Haus des zweiten Stadtpfarrers, des Diakons, zu Deutsch: des Dieners oder Helfers, also das Helferhaus, in Flammen auf....Am 1. März 1698 genehmigte der Herzog den Neubau. Dessen Vollendung zog sich dann bis in den September 1698 hin, weil inzwischen auch der Keller eingestürzt war. Seitdem diente das Haus über die Jahrhunderte hin als Pfarrhaus, bis es am 26. Oktober 1962 von der Stadt erworben wurde.7

Seit Jahrzehnten lebendiger Museumsgedanke

In Backnang gab es ein zu diesem Zeitpunkt schon Jahrzehnte altes Bemühen um ein Museum, das zunächst vom „Altertumsverein für den Murrgau“ getragen worden war. Dessen Vorstand, Oberamtsbaumeister Hämmerle, hatte selbst mit besonderem Erfolg Altertümer zusammengetragen und von Frühjahr 1885 an zwei Räume in einem Anbau seines Hauses an der Erbstetter Straße für die Sammlung zur Verfügung gestellt. Damit sind wir beim ersten Backnanger Heimatmuseum...“.7

Vom „Verkehrs- und Heimatverein“ zum „Heimat-und Kunstverein Backnang e.V.“

„Die schon seit Jahren in Gang befindliche Diskussion über eine Umstrukturierung der Vereinsaktivitäten fand in der Mitgliederversammlung vom Juni 1965 ihren Abschluss. Der „Verkehrs- und Heimatverein“, der neben der Wahrnehmung kultureller Aufgaben die an sich vereinsuntypische Funktion eines Verkehrsamtes zum Vorteil des Fremdenverkehrs für die Stadt Backnang ausgeübt hatte, gab diese Aufgaben an die Stadtverwaltung ab. Nach der Abkopplung des Verkehrsbereichs konnte sich der Verein nun verstärkt seinen Aufgaben auf dem Sektor der Heimatpflege und der Kunst widmen. Folgerichtig war mit der notwendigen Satzungsänderung auch eine Änderung des Vereinsnamens vorgenommen worden, aus dem „Verkehrs- und Heimatverein“ wurde der „Heimat- und Kunstverein“.

Die Initiatoren dieser bedeutsamen Änderung waren der ehemalige Leiter der Gewerbeschule, Studiendirektor Willy Lehmann und der Backnanger Arzt Dr. Dürr. Nach Meinung der beiden Herren musste die Absicht der Stadt, dem Verein das Helferhaus für museale Zwecke zur Verfügung zu stellen, diese neue Aufgabe des Vereins zu einer Namensänderung führen. Damit würde unterstrichen, dass sich der Verein fortan ausschließlich der Pflege kulturellen und künstlerischen Gutes widme.

Einweihung Helferhaus – der erste Schritt und neue Akzente

Wichtigste Aufgabe für die kommenden Monate war nun der Aus- und Umbau des Helferhauses als Museum, welches schließlich im Frühjahr 1968 seiner Bestimmung übergeben werden konnte. Mit dem Bezug des Museums Helferhaus konnte der Heimat- und Kunstverein an die Verwirklichung seiner Ziele gehen. Dazu gehört einmal die Unterhaltung der ständigen Heimatausstellung im 1. Stock sowie die Durchführung der Kunstausstellungen in den Räumen des 2. Stockes. Weitere Aktivitäten bildeten die Kunstfahrten unter Leitung des 1. Vorsitzenden Rudolf Freund wie auch diverse Vorträge zu heimatgeschichtlichen Themen. 1970 kam eine Mineraliensammmlung als ständige Ausstellung im Gewölbe des Stadtbauamtes hinzu; diese musste wegen beruflich bedingten Wegzugs des die Sammlung betreuenden Vereinsmitglieds Diem 1974 leider geschlossen werden... Nachdem im Jahre 1980 der zweite Stock des Helferhauses museumsgerecht ausgebaut wurde, folgte im Jahre 1981/82 der entsprechende Umbau des 1. Stockes“.8

Die Vorsitzenden

„Der im Jahre 1961 noch als 1. Vorsitzender des „Verkehrs- und Heimatvereins“ gewählte und seither immer wiedergewählte Amtsgerichtsdirektor Rudolf Freund (1909-1995) legte sein Amt 1977 aus gesundheitlichen Gründen nieder. Bei der im Oktober 1977 abgehaltenen Mitgliederversammlung wurde der am Max-Born-Gymnasium tätige Armin Beck zum 1. Vorsitzenden des Heimat-und Kunstvereins gewählt....Da der 1. Vorsitzende Armin Beck bereits ein Jahr später aus beruflichen Gründen Backnang verließ, fanden bei der für Januar 1979 einberufenen Mitgliederversammlung erneut Vorstandswahlen statt. Nachfolger Becks als 1. Vorsitzender wurde der am Max-Born-Gymnasium unterrichtende Kunsterzieher Ernst Hövelborn“...(Jahrgang 1940)

Altstadtstammtische als Bürgerforum

„Mit diesen personellen Veränderungen begann...ein neuer Abschnitt in der Geschichte des Heimat- und Kunstvereins. In Fortsetzung der bisherigen Aktivitäten wurden einige völlig neue Akzente gesetzt, die sich inzwischen längst bewährt haben und aus der Vereinsarbeit nicht mehr wegzudenken sind. Eine sehr bedeutsame Neuerung war die Einführung der Veranstaltungsreihe „Altstadtstammtisch“. Diese, in Verbindung mit der Stadtverwaltung Backnang und der Volkshochschule Backnang durchgeführte Vortragsreihe zu kultur- und heimatgeschichtlichen sowie zu den damit verbundenen Themen hat sich inzwischen zu einem richtigen Bürgerforum entwickelt. Der besondere Reiz dieser in der stimmungsvollen Eingangshalle des Helferhauses stattfindenden Altstadtstammtische ist die gelungene Verbindung von Information und Unterhaltung im Kreise interessierter und engagierter Bürger bei Brezeln und Wein“...8

Bedeutung des Museums Helferhaus aus Sicht der Stadtverwaltung

Oberbürgermeister Martin Dietrich würdigte die Überlassung des Helferhauses an den Heimat- und Kunstverein insbesondere in seinem Weihnachtsbrief: „Im sogenannten Helferhaus wurde am 19. Mai 1968 ein Heimatmuseum eröffnet. Das der Stadt gehörige Haus wurde in Regie des Heimat- und Kunstvereins (hervorgegangen aus dem früheren Heimat- und Verkehrsverein) und dank großzügiger Spenden des Handwerks und der Industrie gründlich renoviert. Dieses Heimatmuseum soll insbesondere Heimstatt sein für die in Kunstkreisen hochgeschätzte und wertvolle Riecker-Stiftung, eine graphische Kunstsammlung mit Blättern aus vier Jahrhunderten (Dürer, Lukas Cranach, Lucas van Leyden, Moritz von Schwind u.a.).

Die Sammlung ist ein Vermächtnis, das der in jungen Jahren nach Amerika ausgewanderte und 1918 als Apotheker in St. Louis verstorbene Ernst Riecker seiner Vaterstadt zugewendet hat. Erst im Jahre 1928, also 10 Jahre nach dem Tode Rieckers, kam die Sammlung, nach zum Teil abenteuerlicher Fahrt über den Ozean, leider nicht mehr vollständig, in Backnang an. Sie wurde bereits 1929 in Stuttgart (mit 150 Exemplaren) ausgestellt und inventarisiert. Die etwa 1 500 Blätter werden nunmehr in regelmäßigen Abständen im Heimat- und Kunstmuseum der Öffentlichkeit zugänglich gemacht.

Im Heimatmuseum hat noch eine weitere Kunstsammlung, im Umfang und Wert ganz anderer Art, aber von lokaler Bedeutung, ihren Platz gefunden. Es ist die Kunstsammlung, die der im vergangenen Jahre verstorbene Gottlieb Holzwarth seiner Vaterstadt vermacht hat“.9

Auszug aus der Satzung des Heimat- und Kunstvereins Backnang e.V.

„Der Verein stellt sich zur Aufgabe, das Heimatgefühl zu pflegen und zu stärken, insbesondere durch Vorträge und Veranstaltungen, um die Erhaltung und Verschönerung des Stadt- und Landschaftsbildes besorgt zu sein, bei der Sammlung und Erhaltung von Altertümern, der Erforschung und Darstellung des geschichtlichen Werdens und des geologischen Aufbaus der Heimat, beim Naturschutz und bei ähnlichen Aufgaben mitzuwirken, das kulturelle Leben in Backnang auf dem Gebiet der darstellenden und bildenden Kunst insbesondere durch Ausstellungen und Vorträge zu fördern, das ihm für diesen Zweck von der Stadtverwaltung Backnang zur Verfügung gestellte „Helferhaus“ in Backnang, Stiftshof 8, einzurichten und zu betreiben“.10

125 JAHRE
Heimat- und
Kunstverein
Backnang e.V.

Aktuell und ausführlich sind die Aktivitäten des Heimat-und Kunstvereins und die wichtigsten Ereignisse im Jubiläumsjahr 2009 (unter Einschluss seiner Vorgängervereine) in den Vereinspublikationen beschrieben, insbesondere:

Kunstausstellungen

„Seit dem Jahre 1968 werden regelmäßig in der Galerie im Helferhaus vier bis sechs Ausstellungen von regionalen und überregionalen Künstlerinnen und Künstlern mit gutem Erfolg und ansprechenden Besucherzahlen durchgeführt.“

Edda Ebert betreut seit 28 Jahren die Kunstabteilung und hat seither rund 150 Ausstellungen kuratiert!

...„Inzwischen kümmert sich Edda Ebert zusammen mit den beiden 2. Vorsitzenden Stefanie Hübner und Uli Olpp um die Auswahl der Künstler. Fünf bis sechs Kunstausstellungen kommen im Jahr zusammen und bescheren ihnen nicht nur große Freude, sondern auch viel Arbeit. Sie haben gelernt, den immensen Aufwand zu optimieren. Bis heute hängt Ernst Hövelborn die Bilder mit Helfern selbst auf“... (BKZ 8.9.2017)

Museum im Backnanger Stadtturm

„Eine anschauliche Zusammenfassung der Stadtgeschichte ergibt sich in Einheit mit der Bausubstanz des Stadtturms aus Gotik und Renaissance, Funden der Römerzeit, dem Mittelalter und Gebrauchsgegenständen der bürgerlichen Welt sowie Bild-Texttafeln und Fotografien von Alt-Backnang.“

Altstadtstammtische im Helferhaus

„Sie repräsentieren seit dem Jahr 1979 im Verein die langjährige Tradition eines Bürgerforums mit Vorträgen zur Stadtgeschichte und der Stadtentwicklung bei Brezeln und Wein in der historischen Eingangshalle des Helferhauses.“ – 2009 vier Altstadtstammtische „.

Bildarchiv Backnang

„Der Verein besitzt eine Sammlung von mehr als 2 500 Bildern, zumeist Fotografien, der Stadt Backnang aus den letzten 120 Jahren“. (Peter Wolf)

Heimatausstellungen

Sie ergänzen das Programm der Kunstausstellungen und haben ihren Schwerpunkt in der Industrie- und Technikgeschichte der Stadt Backnang“.

Archäologischer Arbeitskreis

„Neben den archäologischen Ausstellungen von der Stein- bis in die Römerzeit führt der archäologische Arbeitskreis regelmäßige Feldbegehungen bekannter Fundstellen durch. Die Entdeckung unbekannter archäologischer Fundstellen erweitert den Erkennungsstand. In monatlichen Gesprächsabenden werden die Funde aufgearbeitet und eingeordnet“.

Geologischer Arbeitskreis „Die Grundlage des umfangreichen Bestandes bildet die Willi-Haag-Sammlung und die aktive Sammlungsarbeit der Mitglieder des geologischen Arbeitskreises. Jährliche Exkursionen dienen zur Information und Erweiterung des Kenntnisstandes“.

Grafiksammlung

„Der Schwerpunkt liegt auf den Künstlern Manfred Henninger, Felix Hollenberg, Reinhold Nägele und Peter Jakob Schober, die alle einen Bezug zu Backnang hatten. Ergänzt wird die Sammlung durch Grafik von Kunstschaffenden aus Württemberg im 19. und der 1. Hälfte des 20. Jahrhunderts. Kontinuierliche Ankäufe erweitern und ergänzen die Sammlung.

Arbeitskreis „Erinnern und Gedenken“

„Ende des Jahres 2014 hat sich in der Nachfolge des Fördervereins Backnanger Friedhofkapelle e.V. ein Arbeitskreis „Erinnern und Gedenken“ unter Leitung von Dr. Roland Idler im Heimat- und Kunstverein Backnang e.V. mit dem Anliegen gebildet, die neu geschaffene Erinnerungsstätte an die Backnanger Toten zwischen 1933 und 1945 mit unterschiedlichen Veranstaltungen im Rahmen von „Gedenken und Erinnern“ zu beleben“. Jahresbrief 2014/15

Skulpturenweg am Ölberg

„Im Jahr 1988 begann der Verein zusammen mit der Stadt Backnang und der Backnanger Künstlergruppe am ehemaligen Kreuzweg, dem Ölberg, einen Weg der Besinnung mit Bildwerken Backnanger Künstler einzurichten. Abgeschlossen wurde das Projekt mit der zwölften Station im Jahr 2006“.

Vorsitzender Ernst Hövelborn

„Ein Leben im Bann von Kunst und Philosophie“ titelte die Backnanger Kreiszeitung am 4. Juli 2015. „Ernst Hövelborn ist Freigeist und unermüdlicher Kunst-Aktivist – Zu seinem 75. Geburtstag stellt er zusammen mit seinem (1980 geborenen) Sohn Clemens im Helferhaus aus.

Er ist Familienvater und Opa, einfühlsamer Pädagoge, Philosoph und Autor, Publizist und Sportler, Maler und Lebenskünstler und hat sich um die Kulturszene der Stadt Backnang verdient gemacht wie kaum ein anderer...Ernst Hövelborn erhielt 2001 für seine unermüdliche Arbeit auf so vielen Feldern das Bundesverdienstkreuz. Zudem bekam er den Ehrenteller der Stadt Backnang (2000) und die Backnanger Kanne (2010). Auch im Ruhestand (seit 2004) ist er nicht untätig...Seine Lebensweise bezieht er aus einer philosophischen Prägung, die bei den Griechen wurzelt und die stoischen Tugenden Gleichmut, Seelenruhe und Leidenschaftslosigkeit vereint. Innere Distanz in alle Richtungen und selbst-kritischer Humor vermeiden Stress, und wenn er manchmal wirklich keine Lust zu etwas hat, läuft er gerade zur Höchstform auf.

Die Ausstellung „Bilder bilden“ im Helferhaus mit dem Schwerpunkt Malerei und Grafik gliedert sich in mehrere Themenblöcke. Es geht dabei weniger um eine Retrospektive als vielmehr darum, Einblicke zu geben in unterschiedliche Themenstellungen, die zugleich auch unterschiedliche Darstellungsformen beinhalten:

Hegel-Serie „Geschichte des Geistes und mehr“

„Bauen – Wohnen – Denken“ aus den Jahren 2000/01

„Nachtgedanken“ - inspiriert durch die Lektüre von Edward Young - 2012/13 „Der große Pan ist tot“ – 2013/14, „Tiere im Krieg“ – 2015, „Pan flieht und das Lamm erscheint“ – 2015 – das den Übergang von der Tierreligion in die Wortreligion des Christentums zeigt – Triptychon im Chor der Friedhofkapelle auf dem Backnanger Stadtfriedhof...“

Gemeinsame Techniksammlung Stadt Backnang/Heimat- und Kunstverein
1993 – 2008

Am 6. Oktober 1993 unterzeichneten Oberbürgermeister Hannes Rieckhoff und Vorsitzender Ernst Hövelborn für den Heimat- und Kunstverein die „Vereinbarung über die gemeinsame Techniksammlung“ in der ehemaligen Kaelbe-Halle.

„Die Stadt Backnang und der Heimat- und Kunstverein Backnang e.V. streben die Errichtung eines Stadtmuseums oder Museums für Stadtgeschichte an. Aus finanziellen Gründen kann dieses Projekt in den nächsten Jahren nicht realisiert werden. Entsprechend der vom Gemeinderat im Mai 1992 beschlossenen Kulturkonzeption soll die bestehende Techniksammlung kontinuierlich aufgebaut und vervollständigt werden“.