Robert Düsterwald, geboren in Bonn, ist selbstständiger Unternehmensberater. Nach seinem Studium war er zunächst viele Jahre lang als Berater, Projektleiter und Führungskraft in Unternehmen verschiedener Branchen beschäftigt. Zu seinen Schwerpunkten gehörten u. a. die Analyse von Geschäftsprozessen und internen Kontrollsystemen, zusätzlich kam er als Auditor mit den Themengebieten Ordnungsmäßigkeit, Regeltreue und Ethik in Berührung.
Aus seiner Berufserfahrung und eigenen, persönlichen Beobachtungen von unredlichem und unethischem Verhalten entwickelte er einen Vortrag und ein Seminar mit dem Titel „Von Blendern und Intriganten“. Das Interesse an dem Themengebiet bewog ihn schließlich dazu, seine Erkenntnisse in einem Buch zusammenzufassen, um sie einem größeren Publikum zugänglich zu machen.
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© 2016 Robert Düsterwald, Kaarst
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Herstellung und Verlag: BoD – Books on Demand GmbH, Norderstedt
Cover-Gestaltung und Titelbild: R. Düsterwald
ISBN: 978 3 741 21587 2
Liebe Leserin, lieber Leser,
wer kennt sie nicht, die Täuscher und Trickser, die Betrüger und Lügner, die Scheinheiligen, die Pharisäer in Betrieb und Alltag? Sie sind allgegenwärtig, sitzen in Büros, Werkstätten, Eigenheimen und Mietshäusern, in Behörden, Politik und Wirtschaft, aber auch in unserem engsten und vertrautesten Umfeld – in unserem Freundeskreis und sogar in unserer Familie. Sie schwören uns Freundschaft, um uns hinter unserem Rücken umso gründlicher auszunutzen, uns zu übervorteilen und zu schaden.
Wenn wir sie wenigstens als falsche Freunde erkennen würden, dann wäre dies vielleicht noch nicht einmal so schlimm – so wüssten wir wenigstens, woran wir sind. Lieber einen ehrlichen Feind, als einen unehrlichen Freund. Aber „Blender“ habe ich sie getauft, weil sie geschickt den Anschein des Ehrenwerten und des Anständigen erwecken und wir gerade deshalb nicht erkennen, dass vielleicht sie es sind, die maßgeblich für unsere finanzielle Misere, unsere Niedergeschlagenheit, unseren Karriereknick oder gar Schlimmeres verantwortlich sind.
Dass es an verlässlichen Statistiken über den von mir beschriebenen Menschentyp eher mangelt, ist kein Wunder, denn diejenigen, die ich in diesem Buch beschreibe, sind jene, die ihre hinterhältigen Absichten geschickt zu tarnen wissen und denen es oft gelingt, unterhalb der straf- oder zivilrechtlichen Relevanz zu operieren. Genau deshalb ist es so schwierig, ihnen beizukommen. Selten werden sie verklagt, und in vielen Fällen fehlen einfach die Beweise. Hinzu kommt noch - nicht alles, was rechtlich erlaubt ist, ist auch moralisch vertretbar.
Blender verursachen im besten Fall ständig nervende Ärgernisse, im schlimmsten Fall richten sie jedoch schwerwiegende, dauerhafte Schäden an. Schäden, die bis zum wirtschaftlichen und finanziellen Ruin der von ihnen Übervorteilten führen können. Dabei vertrauen manche der „Opfer“ dem „Täter“ noch bis zum Schluss, manchmal blindlings.
Wenn wir genau wüssten, wer uns alles heimlich Übles will, dann könnten wir womöglich nicht mehr ruhig schlafen – aber wenigstens könnten wir dann das Übel an der Wurzel packen und ein Ende mit Schrecken herbeiführen, anstatt weiter den Schrecken ohne Ende zu ertragen. Aber meistens wissen wir es eben nicht – oder nicht mit Sicherheit - und genau damit fängt es an.
Denn erst, wenn Sie die versteckten Verhaltensmuster erkannt haben, die einen Blender verraten, sind Sie in der Lage, sich gegen das Blendertum zu wehren und seine schädlichen Auswirkungen mit geeigneten Maßnahmen in Ihrem privaten oder beruflichen Umfeld zu begrenzen, abzustellen oder zu verhindern.
Damit kommen wir nun zum Zweck dieses Buchs. Blender sind zwar so unterschiedlich wie wir alle, ich möchte in diesem Buch jedoch zeigen, dass das Blendertum, also ihr Verhalten, meistens an bestimmten Mustern erkennbar ist. Diese Muster stehen ihnen zwar nicht auf der Stirn geschrieben, aber im Zeitablauf lassen sich solche Erkennungsmerkmale des Blendertums durch ausreichende Beobachtungen sehr wohl erkennen.
Ich habe deshalb einen Test entwickelt, mit dessen Hilfe Sie eine Ihnen bekannte Person auf Merkmale eines Blenders hin beurteilen können. Anhand von weiteren Tests erfahren Sie, wie anfällig jemand für Angriffe von Blendern ist und woran Sie Anzeichen von Blendertum in Organisationen erkennen. Darüber hinaus zeige ich Ihnen, wie Sie sich gegen Angriffe von Blendern zur Wehr setzen können.
Ich kann Ihnen dabei natürlich nur einen Katalog von verschiedenen Möglichkeiten vorschlagen; Sie selbst müssen sich Ihre eigenen Gedanken dazu machen, welches der gezeigten Mittel Sie anwenden wollen, und vor allem, auf welche Weise und in welchem Umfang.
Bei diesem Buch und den darin enthaltenen Tests handelt es sich nicht um ein wissenschaftliches Werk, auch wenn sich vieles anlehnt an Themen wie Compliance (im Betrieb) oder Forensik (bei strafrechtlichen Ermittlungen). Aber auch wenn es diesen gesicherten Erkenntnissen meines Erachtens in keiner Weise widerspricht, so ist es doch kein Lehrbuch; es ist vielmehr ein ganz persönlicher Ratgeber, geboren aus unzähligen Beobachtungen und Erfahrungen, die ich in vielen Jahren gesammelt habe und anderen gern zur Verfügung stellen möchte. Sein Ziel ist es vor allem, Denkanstöße zu vermitteln.
Wenn es mir gelingt, Ihnen ein wenig die Augen zu öffnen, so dass Sie vielleicht den einen oder anderen Blender in Ihrem Umfeld oder dem einer Freundin/eines Freundes erkennen und sich von nun an gegen ihn wehren können, dann habe ich mein Ziel erreicht.
Dennoch - auch, wenn Sie nun in diesem Buch eine Reihe von Beispielen für unredliches, andere schädigendes, schändliches Verhalten vorfinden werden – es ist nicht meine Absicht, Ihnen zu suggerieren, dass die meisten Menschen Betrüger sind, oder dass ständig und überall ausschließlich Missgunst im Spiel ist. Denn es gibt sie noch, die schweigende Mehrheit der Anständigen, die Sie vielleicht gerade dann besser erkennen, wenn Sie wissen, worin sich Blender von ihnen unterscheiden.
Blendertum bezeichnet ein Verhalten, das mit einem redlichen und ehrbaren Umgang, mit Aufrichtigkeit und Verantwortung, mit Fairness und Zuverlässigkeit nicht vereinbar ist.
Wir bewegen uns damit also im ethisch-moralischen Bereich. Daher lohnt es sich, zu Beginn dieses Buches einen Blick darauf zu werfen, was diese Begriffe bedeuten und warum Ethik in den meisten Zivilisationen einen hohen Stellenwert hat. Wenn ich Ihnen in einem späteren Kapitel dann den Begriff des Blendertums erläutere, werden Sie den Widerspruch zur Ethik stets erkennen.
Leider werden beide Begriffe, Ethik und Moral, in der Literatur nicht einheitlich und auch ein wenig abstrakt beschrieben.1 Ich erlaube mir deshalb einen eigenen Vorschlag zur Definition der beiden Begriffe:
Ethik – synonym: Ethos
Ethik ist das Wertesystem einer Gruppe oder Gesellschaft, das deren Angehörigen als anzustrebendes, wünschenswertes Ideal gilt. Das tatsächliche gezeigte Verhalten weicht in der Regel davon ab. Ethik ist insofern der Maßstab zur Beurteilung unseres Handelns. Wir unterscheiden menschliches Verhalten anhand dieses Maßstabs, indem wir es mit den Kategorien „gut“ (dem Ethos entsprechend) oder „böse“ (dem Ethos widersprechend) bewerten.
Moral
Moral spiegelt die in Bezug auf das Wertesystem gezeigten tatsächlichen Verhaltensweisen, aber auch die von den meisten Mitgliedern einer Gruppe oder Gesellschaft im Alltag akzeptierten Normen wider.
Moral bezeichnet also die im Alltag beobachtbaren Normen und Verhaltensweisen. Sie entsprechen nicht immer dem ethischen Ideal, sondern der allgemein üblichen Sitte. Eine Verhaltensweise, die dem ethischen Soll entspricht oder nahekommt, wird als ethisch oder als von hoher Moral zeugend bezeichnet. Eine Verhaltensweise, die unter der üblichen Moral liegt oder weit von ethischen Werten entfernt ist, wird als unethisch oder unmoralisch bezeichnet.
Es geht bei beiden Begriffen um die „Sinnesart“, um die Art, wie menschliches Handeln begründet und bewertet wird. Mit Ethik verfolgt eine Zivilisation das Ziel, eine einheitliche, für alle ihre Mitglieder verbindliche Grundlage des mehrheitlich als „gut“ angesehenen Handelns zu schaffen. Diese Grundlage soll dann dem einzelnen zur Orientierung für sein eigenes Verhalten dienen. Die Gesellschaft wiederum hat damit einen Maßstab zur sittlichen Beurteilung des Handelns einzelner und kann bei Abweichungen belohnend oder sanktionierend darauf reagieren.
Wie der einzelne dieser ethischen Orientierung am besten nachkommen kann, das beschreibt meines Erachtens sehr anschaulich der „kategorische Imperativ“ von Immanuel Kant:
„Handle nur nach derjenigen Maxime, durch die du zugleich wollen kannst, dass sie ein allgemeines Gesetz werde.“2
Oder nach einem alten Sprichwort:
„Was Du nicht willst, dass man Dir tu, das füg’ auch keinem anderen zu.“
Nun interessiert uns, warum solche Wert- und Moralvorstellungen als Regeln für das Verhalten aller Angehörigen einer Gruppe überhaupt aufgestellt werden. Es wäre doch zumindest einfacher, wenn jeder nur seinen eigenen Vorteil im Auge hätte, oder nicht? Stehlen z. B. geht manchmal schneller als kaufen und ist zudem billiger, betrügen ist meistens günstiger für den Betrüger als ehrlich zu verhandeln.
Der gesellschaftliche Konsens
Moral und Ethik sind aber keine individuellen, sondern gesellschaftliche Begriffe. Denn was falsch oder richtig ist, was vorteilhaft oder unredlich, das bestimmt eben nicht der Einzelne, sondern die Gesellschaft, also alle, die einer bestimmten Gruppe angehören. Die Gesellschaft gibt sich ein Wertesystem, an dem die einzelnen Mitglieder ihr Handeln orientieren können.
Warum tut die Gesellschaft das? Nun, weil es hierfür aus Sicht der Gruppe mehrere gute Gründe gibt. Dem individuellen schnellen Nutzen aus der Missachtung des Wertessystems einzelner steht ein kollektiver Nachteil gegenüber: Mangelnder Schutz des einzelnen vor ungerechtfertigter Bereicherung durch Dritte mindert den Anreiz, selbst Vermögenswerte zu schaffen und ist somit volkswirtschaftlich schädlich.
Überdies ist Vertrauen die Grundlage einer fruchtbaren Zusammenarbeit. Die ständige Möglichkeit, hintergangen zu werden, bewirkt jedoch eine große Unsicherheit, die den Mut und die Tatkraft aller Beteiligten beeinträchtigt.
Nehmen wir ein Beispiel:
Der Händler, der im Mittelalter dem Bauern die Ware abkauft, um sie am Markt gewinnbringend wieder zu verkaufen, wird irgendwann von Räubern überfallen, die ihm seine Ware als Beute abnehmen. Wenn dies wieder und wieder vorkommt, wird er irgendwann keine Ware mehr am Markt verkaufen. Der Bauer bleibt auf seiner Ware sitzen oder verbraucht sie selbst. Nehmen wir an, dass alle Händler ausgeraubt werden, dann wird zwar der Bauer überleben, aber der Rest der von seiner Ware belieferten Bevölkerung muss verhungern, weil die Ware nicht an die Frau/ den Mann kommt oder verdirbt. Er wird dann keine überschüssige Ware mehr produzieren und auch die Räuber verhungern, weil nicht genügend Überschuss vorhanden ist, der gestohlen werden könnte.
Für die Räuber ist ihr kurzfristiger Raub vielleicht billiger und einfacher als ehrliche Arbeit, aber nur solange, bis der Bauer keine überschüssige Ware mehr produziert.
Zudem gehen die Räuber das Risiko ein, vom zuständigen Sheriff gefasst und gehängt zu werden – auch dies könnte ein vorzeitiges Ende für das gewählte „Geschäftsmodell“ der Räuber bedeuten.
Die Gesellschaft als Ganzes ist also daran interessiert, dass der Wert schöpfende Teil der Bevölkerung vor unredlichen Angriffen durch andere geschützt wird. Dies ist die Grundlage aller Zivilisationen: Sie geben sich gewisse, auch ungeschriebene Regeln, die für den Redlichen und die gesamte Gesellschaft auf Dauer von Vorteil sind, weil Leistung sich lohnt und die Möglichkeit, anderen in der Zusammenarbeit vertrauen zu können, auch langfristige Planungssicherheit schafft. Gesellschaftliche Anerkennung findet in der Regel auch nur derjenige, dessen Verhalten sich am Ethos der Gruppe orientiert.
Gleichwohl gibt es Zeitgenossen, die zwar die Anerkennung wollen, den dazu nötigen Aufwand aber scheuen. Da sie wissen, dass dies gesellschaftlich „geächtet“ würde, tarnen sie ihre unlauteren Verhaltensweisen. Wenn ein solcher „Blender“ geschickt genug darin ist, den Eindruck zu erwecken, redlich zu sein, dann träfen ihn ja die zur Einhaltung der Regeln gedachten Sanktionen der Gesellschaft nicht – und er könnte kurzfristig einen Vorteil auf Kosten anderer erzielen, ohne dass er hart dafür arbeiten müsste.
Solange also nicht jeder rational davon überzeugt ist, dass faires, redliches Handeln auch für ihn besser ist als unredliches, wird es Menschen geben, die durch Verschleiern ihrer Absichten ungerechtfertigte Vorteile für sich zu erzielen versuchen. Dabei werden sie stets die möglichen Vorteile gegen die Nachteile abwägen, die ein „Erwischtwerden“, z. B. in Form von rechtlichen Konsequenzen, nach sich ziehen könnte. Je geschickter sie andere täuschen können, desto unwahrscheinlicher wird es, dass sie bei ihren Machenschaften entdeckt werden, und desto weniger müssen sie die daraus entstehenden nachteiligen Konsequenzen fürchten.
Um das ethische Ziel zu erreichen, bleibt der Gesellschaft nichts anderes übrig, als das Fehlverhalten einzelner zu sanktionieren – aber dazu muss sie es erst einmal erkennen.
Vielleicht sind sie ja noch nicht ganz in Vergessenheit geraten – die Zehn Gebote. Ich jedenfalls kenne sie noch aus dem Schulunterricht und der Vorbereitung zur Kommunion sowie aus früheren sonntäglichen Gottesdienstbesuchen.
Offenbar wurden schon vor mehreren tausend Jahren diese Regeln als unabdingbar erachtet, und es war offenbar nötig, sie zu kodifizieren – also scheint der Bruch dieser Regeln nicht nur heute öfter auf der Tagesordnung gewesen zu sein.
Wenn ethisches Verhalten eine Grundlage für die Sicherheit der gesamten Gesellschaft sein soll, dann muss die Gesellschaft auch darauf vertrauen können. Die Gesellschaft stellt dies meist durch eine Staatsverfassung, durch eine Justizordnung, manchmal mit Hilfe einer Religion und in der Familie über die Erziehung ihrer Kinder sicher. Damit die Regeln nicht nur Lippenbekenntnisse bleiben, wurden gerade in der Antike Regelverstöße mit schwerwiegenden Maßnahmen geahndet – die Todesstrafe wurde bereits bei aus heutiger Sicht sehr geringfügigen Vergehen verhängt, vielleicht auch, weil die Möglichkeiten der Aufklärung von Straftaten damals begrenzter waren als heute, so dass nur eine grausame Bestrafung eine gewisse Abschreckung bewirken konnte.
Und noch mal Kant:
„Zwei Dinge erfüllen das Gemüt mit immer neuer und zunehmender Bewunderung und Ehrfurcht, je öfter und anhaltender sich das Nachdenken damit beschäftigt: der bestirnte Himmel über mir und das moralische Gesetz in mir.“3
1 Wikipedia versteht z. B. unter Ethik Folgendes: „Die Ethik ‚das sittliche (Verständnis)’, von ēthos ‚Charakter, Sinnesart’, ist jener Teilbereich der Philosophie, der sich mit den Voraussetzungen menschlichen Handelns und seiner Bewertung befasst. Im Zentrum der Ethik steht das spezifisch moralische Handeln, insbesondere hinsichtlich seiner Begründbarkeit und Reflexion. Cicero übersetzte als erster êthikê in den seinerzeit neuen Begriff philosophia moralis.“ Aus: Wikipedia, Seite „Ethik“. In: Wikipedia, Die freie Enzyklopädie. Bearbeitungsstand: 13. November 2015, 22:00 UTC. URL: https://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Ethik&oldid=148017267 (Abgerufen: 10. Dezember 2015, 13:59 UTC).
2 Der kategorische Imperativ, Immanuel Kant, 1724 – 1804.
3 Aus Immanuel Kants „Kritik der praktischen Vernunft“.
Kommen wir nun zum eigentlichen Thema. Wer sind eigentlich „Blender“ und „Intriganten“? Wie oben bereits dargestellt, gibt es über den Typ Mensch, der andere unerkannt benachteiligt oder dies in einem nicht juristisch verfolgbaren Rahmen tut, gerade aus diesem Grund (unerkannt oder juristisch nicht verfolgbar) keine Statistiken, sondern überwiegend persönliche Beobachtungen. Blender stellen gewissermaßen die „weiche“ Form des Betrügers, Veruntreuers oder Diebs dar, denn auch der Diebstahl oder die missbräuchliche Verwendung von Informationen, die für andere gedacht sind, stellt für meine Begriffe eine Form des Diebstahls dar. Aber oft wirken Blender im Alltag unauffällig, sogar freundlich und sympathisch. Meine Definition lautet:
„Blender sind Menschen, die sich regelmäßig mit unredlichen Mitteln auf Kosten anderer ungerechtfertigte Vorteile verschaffen“.
Wenn sich Menschen auf unredliche Weise Vorteile auf Kosten anderer verschaffen, dann setzt dies drei wesentliche Grundzüge voraus:
Nun werden Sie sagen, das trifft doch vom Grundsatz her für jeden von uns in einem gewissen Ausmaß zu, denn der Mensch ist selten ein Heiliger. Ja, richtig, aber bei dem Begriff „Blender“ handelt es sich um die Beschreibung (aber auch die tatsächliche Beobachtung) eines bestimmten Menschentyps, der sich durch besonders unredliche Charaktereigenschaften auszeichnet und als „Modell“ für die Erklärung unethischen Verhaltens, wie der nachhaltigen, vorsätzlichen Schädigung anderer, dienen soll. Je schwächer diese Eigenschaften in der Realität bei einem Menschen ausgeprägt sind, desto „normaler“ und regelkonformer verhält sich derjenige, und desto weniger Nachteile müssen Sie von ihm befürchten.
Als Nächstes wollen wir uns diese drei hauptsächlichen Wesensmerkmale nun einmal näher anschauen.
Abb. 1: Das Blender-Dreieck4
(eigene Darstellung)
Unehrlichkeit
Unter Unehrlichkeit soll hier die allgemeine Bereitschaft verstanden werden, gegen ethisch-moralische Prinzipen, aber auch gegen allgemeine Regeln und Gesetze zu verstoßen, um sich Vorteile auf Kosten anderer zu verschaffen.
Unehrlichkeit ist das eigentliche Wesensmerkmal des Blenders. Es besagt, dass ein Blender weniger Skrupel hat, gegen ethisch-moralische Prinzipen, aber auch gegen Regeln und Gesetze zu verstoßen, als der Durchschnitt der Bevölkerung. Der Blender nimmt das Risiko, dabei aufzufallen und sanktioniert zu werden, in Kauf, und auch die gesellschaftliche Schande, die ihn trifft, wenn er bei einem Regelverstoß ertappt wird, ist ihm weniger wichtig als anderen.
Dieses Merkmal ist die Grundvoraussetzung für Blendertum, denn es beinhaltet die Bereitschaft, anderen ausschließlich zum Zweck der Befriedigung eigener Bedürfnisse zu schaden. Die Schäden, die der Blender bei anderen verursacht oder in Kauf nimmt, können zum Teil erheblich sein.
Gier/Egoismus
Das Merkmal Gier/Egoismus bezeichnet den starken Wunsch, materielle und immaterielle Güter in Besitz zu nehmen und/oder diese anderen nicht zu gönnen. Bei Blendern ist auch diese Eigenschaft überdurchschnittlich stark ausgeprägt. Nicht nur die Gier, sondern auch der Hang zur Missgunst birgt ein hohes Risiko für Menschen, die Umgang mit dem Blender haben.
Macht/Anerkennung
Das Streben nach Macht und/oder Anerkennung ist zu verstehen als der starke Wunsch, ein hohes Ansehen in der Gesellschaft zu erzielen, Aufmerksamkeit und Wertschätzung zu erfahren, andere zu kontrollieren und selbst möglichst unabhängig zu bleiben. Auch hier gilt, dass diese Eigenschaft bei einem Blender überdurchschnittlich stark ausgeprägt ist.
Zu ergänzen ist, dass ohne die Grundvoraussetzung der Unehrlichkeit in der Regel kein Blendertum vorliegt. Ein Mensch, der sehr nach Anerkennung und nach materiellen oder immateriellen Gütern verlangt, aber einen sehr ehrlichen Charakter hat, wird in der Regel ein sehr ehrgeiziger Zeitgenosse sein, der manchmal hart und ruppig mit anderen umspringt, aber das Risiko, auf hinterhältige Weise von ihm übervorteilt zu werden, ist bei diesem Menschentyp eher gering, wenn der Wesenzug der Unehrlichkeit nicht oder nur sehr gering vorhanden ist.
Natürlich gibt es nicht den typischen Blender. Blender haben die unterschiedlichsten Charaktereigenschaften, Vorlieben, Hobbies etc. Sie sind in allen Hierarchiestufen anzutreffen. Einiges haben sie jedoch oft gemein:
Oft verkörpern sie auch den Typus des „Schleimers“, der sich beim Chef einschmeichelt und Kollegen schlecht macht.
Im Blenderdreieck haben wir die drei Hauptmotive von Blendern nun beschrieben. Aus diesen Motiven heraus handeln sie, und je nach Ausprägung der einzelnen Merkmale schädigen sie damit andere oder nehmen deren Schädigung billigend in Kauf.
Diese Motivlage des Blenders schlägt sich in einer Reihe von typischen Erkennungsmerkmalen nieder, die wir im nächsten Hauptkapitel „Woran erkennen Sie Blender?“ behandeln wollen. Doch bevor wir uns mit den Erkennungsmerkmalen im Detail beschäftigen, möchte ich Ihnen nun zunächst die zehn charakteristischsten Wesenszüge des Blenders vorstellen. Vielleicht erkennen Sie ja schon jetzt den einen oder anderen, auf den diese Kennzeichen zutreffen könnten.
Blender sind zunächst einmal ganz normale Menschen wie Sie und ich. Sie können im Alltag freundlich oder unfreundlich wirken, eloquent oder unbeholfen auftreten, den geselligen Kumpeltyp verkörpern oder den Eigenbrötler.
Allen Blendern haftet aber die Tendenz an, sich auf Kosten anderer unrechtmäßige Vorteile zu verschaffen. Damit verbunden sind häufig folgende Beobachtungen:
Allen Blendern gemeinsam ist ein gewisser Grad der Unehrlichkeit. Anhand der beiden anderen Hauptmotive, Gier und Macht, lassen sich - je nach Schwerpunkt - zwei Haupttypen unterscheiden:
In Reinkultur sind diese beiden Typen zwar eher selten vorzufinden, die meisten Blender werden von beiden Hauptmotiven zugleich angetrieben. Durch die Unterteilung lassen sich aber die Schwerpunkte ihrer Motivation und damit auch die Möglichkeiten zur Verteidigung dagegen etwas besser herausarbeiten.
Abb. 2: Zwei Blender-Typen
(eigene Darstellung)
Das Hauptmotiv dieses Blendertyps ist die Gier. Meine Definition für sie ist: Trickser sind Menschen, die sich vorsätzlich und planmäßig mit unredlichen Mitteln auf Kosten anderer vorzugsweise materielle und finanzielle Vorteile verschaffen.
Dieser Typ des Blenders ist vor allem dadurch motiviert, dass er sich an materiellen und finanziellen Vorteilen bereichert. Sein falsches Spiel hat weniger zum Ziel, Anerkennung, Lob und Einfluss zu bekommen, sondern handfeste Güter zu sammeln, die es auf dem „geraden“ Weg nicht zu gewinnen gäbe. Häufig fädelt dieser Typ Intrigen ein und stellt anderen hinterhältige Fallen, um an sein Ziel zu kommen.
Da er oft im Stillen agiert, kann es sein, dass dieser Typ weniger durch vorlautes Auftreten und Selbstdarstellung auffällt. In der Forensik5 gibt es dazu den Begriff des „auffällig unauffälligen Täters“.
Die Begriffe „Trickser“, und „Intriganten“ werde ich im allgemeinen Zusammenhang später synonym verwenden. Ihre Verhaltensweisen bezeichne ich im Folgenden mit dem Sammelbegriff „Unredlichkeit“.
Selbstdarsteller sind Menschen, die sich mit unredlichen Mitteln auf Kosten anderer ein ungerechtfertigtes Ansehen oder ungerechtfertigte Positionen und Privilegien aneignen oder diese(s) verteidigen.
Selbstdarsteller habe ich zur Abgrenzung vom Typus des Tricksers vor allem diejenigen Blender genannt, denen es nicht in erster Linie auf materielle und finanzielle Vorteile ankommt, sondern auf die Anerkennung der eigenen Person, auf Macht und Einfluss oder die Kompensation persönlicher Defizite. Dieses hohe Bedürfnis nach Anerkennung beruht meist auf einem starken Drang danach, mehr zu scheinen als zu sein oder nach eigener Einschätzung mehr wert zu sein, als es anderen erscheint. Dahinter steht eine zum Teil erhebliche Abweichung zwischen dem Eigenbild des Blenders, das dieser von sich selbst hat, und dem Fremdbild, das andere von ihm haben.
Im Widerspruch zu diesem Drang nach Anerkennung stehen im Beruf oft Leistungen, die gegenüber den Anforderungen zurückbleiben oder andere Defizite, die dieser Typ durch Selbstdarstellung zu kompensieren versucht. Deshalb verwende ich in beruflichem Kontext als Synonym den Begriff „Minderleister“.
Mit Minderleistern sind jedoch nicht diejenigen Mitarbeiter gemeint, die trotz Bemühungen (oder auch ohne) die gesteckten Ziele ihres Berufs nicht erreichen. Mit echten Minderleistern im Sinne von Blendern sind diejenigen gemeint, die ihre Schlechtleistung nicht erkennen, sie nicht zugeben oder dafür keine Verantwortung übernehmen wollen. Sie zeigen folgende Auffälligkeiten meist in besonders ausgeprägter Form:
Ihre Verhaltensweisen bezeichne ich im Folgenden entweder mit dem Sammelbegriff „Selbstdarstellung“ oder „Minderleistung“.
Auch bei Minderleistern lassen sich zwei Grundtypen unterscheiden.
Typ 1: Der Wichtigtuer
Dieser Typ zeichnet sich durch ein locker-flottes Auftreten aus. Er steht gerne im Mittelpunkt, liebt die Geselligkeit und Aufmerksamkeit, weiß Geschichten zu erzählen und lobt sich oft selbst. Dabei liefert er aber eher dürftige, oft schlampige Arbeitsergebnisse, lässt Besucher warten oder kommt zu spät. Gerne setzt er sich ohne zu fragen am Besprechungstisch auf den Platz am Kopfende, wenn er sich unter Ranggleichen wähnt.
Oft nimmt es dieser Typ mit den im Betrieb geltenden Regelungen nicht so genau, „arbeitet von zu Hause aus“ weiter, wenn er beim Arzt war „weil sich der Weg zur Arbeit nicht mehr gelohnt hat“ und ist gelegentlich „strategisch“ krank, meist kurz vor Feiertagen oder nach Weihnachten.
Als Vorgesetzter trifft er wichtige Entscheidungen nur ungern, für seine Fehler kann er nichts.
Auf kritisches Feedback reagiert dieser Typ entweder stark ablehnend oder scheinbar aufgeschlossen, doch wenn er hoch und heilig Besserung gelobt, hält er sich nicht im Mindesten daran.
Er hält sich für Höheres berufen, glaubt, dass er mehr kann als andere, ohne je den Beweis antreten zu wollen. Er legt größten Wert darauf, dass andere eine gute Meinung von ihm haben und verteidigt dieses Bild mit allen Mitteln. Er ist ein Showmaster, der andere gut manipulieren kann, es gelingt ihm oft einen guten Eindruck zu erwecken, ohne dass Tatsachen dahinter stehen.
Im Gegensatz dazu steht der zweite Typ.
Typ 2: Der „Verkannte“
Dieser Typ hat oft ein sehr unauffälliges Wesen. Wirkt oft nörglerisch, pessimistisch, ist „Bedenkenträger“, hat eine negative Grundhaltung, kritisiert oft andere.
Meistens zeigt dieser Typ ein stark abwartendes und langsames Verhalten ohne Lerneffekte.
Auch er übernimmt i. d. R. für sein Tun keine Verantwortung, deshalb sind meist andere schuld, wenn etwas schiefgeht. Im Zweifel macht er andere statt seiner für sein schlechtes Arbeitsergebnis oder sein Fehlverhalten verantwortlich.
Er verhält sich oft sehr formal, hält vieles schriftlich fest, meist in einer eher gestelzten, umständlichen Schriftsprache.
Der inhaltliche Auftrag kommt bei ihm meist zu kurz, er führt Anweisungen ohne mitzudenken buchstabengetreu aus, damit er im Zweifel argumentieren kann, dass er rein formal gesehen im Recht sei.
Selbstreflexion ist ihm fremd, er stützt sich mehr auf Vorschriften als auf flexible Überlegungen, die sich am Zweck einer Aufgabe ausrichten.
Sein Verhalten ist oft sehr starr, es fällt ihm schwer, Verhaltensänderungen zeitnah umzusetzen. Häufig wartet dieser Typ lange auf weitere Anweisungen, bevor er agiert.
Auch sein Eigenbild weicht stark vom Fremdbild ab. Oft ist er von Minderwertigkeitskomplexen geprägt, die er zu kompensieren versucht. Er kann ebenso wie der Wichtigtuer nicht verstehen, dass andere besser beurteilt werden als er, denn er macht seiner Ansicht nach so gut wie nie etwas falsch. Auch er hält sich für Höheres berufen, aber er leidet darunter, dass er nicht ernst genommen wird, und sein pessimistisches Wesen ist von Angst beseelt, seinen Job zu verlieren oder „ungerecht“ bewertet zu werden.
Er kommuniziert sehr indirekt, tuschelt, stimmt sich unzureichend mit anderen ab, pflegt keine aktive, offene Kommunikation, „verpetzt“ aber gern Dritte. Die Kommunikation zu anderen ist oft sehr zurückhaltend, meist hat dieser Typ nur einen oder zwei Kollegen, mit denen er sich näher austauscht. Er hält in der Kommunikation mit Dingen hinter dem Berg zurück. Kritik an seiner Person kann er nur schwer verstehen oder gar akzeptieren. Seine Lernkurve ist niedrig bis sehr niedrig, er fordert immer neue Erklärungen und Anweisungen. Oft müssen sein Chef oder sein Kollege seine Arbeit dann mit übernehmen. Ist er selbst Vorgesetzter, dann überwacht und gängelt er meistens seine Mitarbeiter und ändert häufig seine Entscheidungen. Innovativ ist er kaum.
Beide Typen des Selbstdarstellers wollen stets im rechten Licht erscheinen. In der Praxis zeigt sich dies an der mangelnden Übernahme von Verantwortung für die Ergebnisse ihrer Arbeit. Dann bekommt der Vorgesetzte oder Kollege meistens Stellungnahmen wie diese zu hören: