„Vor einer Kamera zu stehen macht Spaß. Die folgenden Seiten zeigen auf, wie auch Sie als Komparse diese Erfahrung machen können…“
Matthias Röhe
„Hey, ich möchte auch mal ins Fernsehen!“ Ein Spruch, der in so manchen Wohnzimmern während eines Fernsehfilms oder einer Serie zu hören ist. Faszination Film und Fernsehen: Für viele ist es ein Traum, im Fernsehen mitzumachen. Entweder wollen sie von ihrem Freundeskreis zu hören bekommen „Du, ich habe dich gestern im Fernsehen gesehen. Ein wirklich toller Auftritt von dir“ oder sie wollen einfach mal Filmluft schnuppern und bei Dreharbeiten von Serien wie „Notruf Hafenkante“, „Rote Rosen“, „Großstadtrevier“, „SoKo Wismar“, „Stubbe – von Fall zu Fall“, „Alarm für Cobra 11“ oder beispielsweise „Der Bergdoktor“ hautnah dabei sein. Als Komparse oder Kleindarsteller kann dieser Traum Wirklichkeit werden.
Dieses Buch beschreibt beispielhaft in Form von Erlebnisberichten, was die Aufgabe eines Komparsen sein kann, erklärt den ersten Schritt bezüglich der Kontaktaufnahme zu einer Komparsen- oder Castingagentur und gibt Details zu den Abläufen eines Komparsenauftritts.
Bei der Kamparserie handelt es sich um eine ernstzunehmende Arbeit, die niemals unterschätzt werden sollte. Es steckt nämlich viel mehr dahinter, als nur einmal über die Straße zu laufen oder im Hintergrund so zu tun, als würde man ein Gespräch mit jemanden führen. Auch Komparsen agieren schauspielerisch und müssen auf den Punkt genau gewisse Abläufe hinbekommen. Beim Dreh sogar mehrmals ein und dasselbe mehrfach hintereinander. Denn der Zuschauer sollte später bei der Ausstrahlung keinesfalls erkennen, dass im Hintergrund Komparsen durchs Bild laufen.
Vielmehr soll der Eindruck erweckt werden, sie seien zufällig im Bild. Genau das macht professionelle Komparsentätigkeit aus. So sind zum Beispiel ein gelangweilter Blick ins Leere, eine ausdrucksarme Mimik oder eine unnatürliche Gangweise nicht angebracht.
Die Filmindustrie braucht stets Komparsen und Kleindarsteller, die auch gerne selbständig mitdenken, sich in den Inhalt der gedrehten Szene hineinversetzen und dementsprechend sich der Situation anpassen können. Ganz wichtig: sich nicht künstlich verstellen, sondern so natürlich wie es geht seine Arbeit verrichten. Ob als Kunde im Supermarkt, als Postbote, als Eisverkäufer, als Passagier auf einem Schiff, als Polizist, Spaziergänger oder als Fensterputzer. Jedes Jahr werden bundesweit Hunderte Filme, Serien und Reihen (der Unterschied wird im Inneren des Buches erklärt) produziert. Deshalb brauchen Produktionsfirmen auch laufend neue Gesichter für Filmprojekte jeglicher Art.
Immer wieder tauchen Fragen nach dem „Wie werde ich Komparse?“, „Was muss ich alles können, um Komparse zu werden?“, „Gibt es eine Art Komparsenschule?“ oder „Wie finde ich eine seriöse Agentur, die mich in ihre Kartei aufnimmt?“
Eine Frage taucht ebenfalls immer wieder auf: „Wie läuft es bei den Dreharbeiten eigentlich ab?“ In dem „Komparsen-Guide – so komme ich ins Fernsehen“ werden genau diese Fragen beantwortet. Sie erhalten detaillierte Informationen in Form von Erlebnisberichten über verschiedene Aufgaben eines Komparsen. Versetzen Sie sich gerne in die jeweilige Situation und fragen Sie sich gerne zwischendurch „Kann ich das auch?“ – und wenn Sie diese Frage mit einem eindeutigen „Ja“ beantworten können, lesen Sie sich durch die folgenden Seiten dieses Buches. Verinnerlichen Sie den einen oder anderen Hinweis, den vielleicht ausschlaggebenden Tipp und dann nichts wie hin zu einer der vielen Komparsen- und Castingagenturen. Jeder hat eine Chance: ob jung oder alt, mit roten, blonden oder schwarzen Haaren. Ob mit Voll- oder Dreitagebart, mit Tattoos oder auffälligen Schnurrbärten. Ob klein oder groß, dick oder dünn. Im Prinzip wird jeder Typ gefragt.
Der Leser dieses Buches bekommt einen umfassenden Einblick ins Filmgeschäft mit vielen praktischen, nützlichen, hilfreichen und informativen Hinweisen. Kaum eine Frage bleibt offen – die Chance, mit diesem Ratgeber ins Fernsehen zu kommen, ist relativ groß. Viel Erfolg bei der Bewerbung und hinterher viel Spaß beim Drehen…
Übrigens sind in diesem Buch selbstverständlich beide Geschlechter angesprochen. Steht an irgendeiner Stelle das Wort Komparse, so sind gleichermaßen männliche wie auch weibliche Komparsen gemeint. Der Einfachheit wegen wurde auf das ständige Ausschreiben der Wörter Komparsinnen und Komparsen verzichtet. Zudem weiß der Autor um die berechtigte Gleichbehandlung von Frauen und Männern – auch ohne hinter jedem zweiten Wort darauf hinzuweisen. Er trennt sogar die Geschlechter bei einem Salzstreuer: so gibt es in seiner Küche sowohl einen Salzstreuer als auch eine Salzstreuerin…
In diesem Buch fehlt es trotz aller ernstgemeinter Tipps und Tricks – wie Sie sehen – nicht an Humor. Viel Spaß beim Lesen…
Es ist 8.15 Uhr. Im Lademannbogen in Hamburg-Hummelsbüttel versammeln sich acht Komparsen, vierzehn Crewmitglieder, sowie vier Darsteller. Gemütlich beginnt der verregnete Tag mit einem Becher Kaffee, der in einem Cateringwagen frisch zubereitet und ausgeschenkt wird. Lange halten wir Komparsen es nicht in der nassen Kälte aus und wir gehen in unseren Aufenthaltsraum im ersten Stockwerk. Bevor wir uns allerdings in die bequemen Ledersessel setzen können, müssen wir zum Kostüm. Dort ziehen sich einige Komparsen als Polizisten um. Ich trete heute als Besucher der Polizeistation auf. Für mich heißt es, dass meine Privatklamotten an bleiben. Die Mitarbeiterin aus dem Kostüm bittet mich nur, während des Drehs meine Herbstjacke offen zu haben, damit man meinen bunten Pullover zu sehen bekommt. Und ich soll meinen Rucksack über meine Schulter aufsetzen.
Eine weitere Komparsin tritt ebenfalls als Besucherin auf. Sie wird gebeten, ihren roten Pullover gegen einen weniger auffälligen Pulli zu tauschen. Bei Dreharbeiten sollten die Farben rot, weiß und gestreift vermieden werden. Dies hat kameratechnische Gründe. Aber kein Thema. Die Kollegin wechselt in Windeseile ihren Pullover. Abnahme ist erfolgt. Die Komparsen gehen in den Aufenthaltsraum und lesen Zeitung oder unterhalten sich untereinander.
Ich freue mich schon auf meinen Auftritt und bin gespannt, was ich konkret zu machen habe. Es ist 8.45 Uhr und wir werden gebeten, uns in einen anderen Aufenthaltsraum im Erdgeschoss zu begeben. Eine nette Assistentin aus dem Team führt uns herunter.
Wir gehen die Treppe hinab und nun staune ich nicht schlecht: wir gehen zunächst durch das „Elbkrankenhaus“. Ich bin überrascht. Ich wusste gar nicht, dass auch das Krankenhaus in dem selben Bürogebäude im Lademannbogen nachgebaut wurde. Wahnsinn. Ich schaue neugierig in die Räume nach links und rechts. Operationssaal, Schwesternzimmer, Besucherraum – im nachgebauten Krankenhausflur stehen überall Krankenbetten herum. Es sieht täuschend echt aus. Der einzige Unterschied: Es riecht hier nicht wie in einem echten Krankenhaus. Zum Glück. – Auch die anderen Komparsen schauen sich die Kulissen an. Wir gehen in den Aufenthaltsraum und trinken Kaffee – die meisten zumindest. Ein Griff in eine Keksdose gehört ebenfalls dazu. Nach zehn Minuten kommt der Regie-Assistent zu uns an den Tisch, begrüßt uns nett und freundlich und sucht sogleich fünf von uns Komparsen für das erste Bild aus. Ich gehöre zu den ersten fünf Auserwählten. Zusammen sind es drei Polizisten und zwei Besucher. Schnell noch einen Schluck des heißen Kaffees und dann gehen wir gemeinsam in den Nebenraum, der als Polizeiwache eingerichtet ist. Wow. Es sieht in der Tat täuschend echt aus: ein großer Empfangstresen, mehrere Schreibtische, eine Kommandobrücke mit fünf Monitoren, überall hängen Plakate der Hamburger Polizei. In den zahlreichen Schränken stapeln sich Aktenordner. Wie auf einer echten Polizeiwache.
Der Regie-Assistent verteilt uns. Ein Polizist setzt sich an einen Schreibtisch am Fenster und bekommt die Aufgabe zu telefonieren. Ein anderer Polizist stellt sich vor den Dienstplan und steckt dort ein paar Zettel um. Der dritte Polizist soll noch einmal zurück in den Flur und auf ein bestimmtes Kommando in die Wache hinein kommen und sich dann ebenfalls an einen Schreibtisch setzen. Wir beiden Besucher sollen uns einfach auf die Stühle setzen und dem Geschehen in der Wache folgen. Gedreht wird eine Szene, in der ein Vogel aus dem Käfig ausbricht und kreuz und quer durchs Revier fliegt. Jörn „Wolle“ Wollenberger (Harald Maack) versucht den Vogel wieder einzufangen. Genau dabei sollen wir, als Besucher der Polizeiwache, das Geschehen aufmerksam verfolgen.
Noch ein paar kleine Veränderungen mit dem Licht – schließlich werden auch Komparsen ins richtige Licht gerückt – beginnt der Dreh. Kamera läuft. Ton läuft. Die Klappe fällt, die Ansage „Und bitte!“ ertönt. Es geht los. Ein extra für den Dreh eingesetzter Tiertrainer lässt den Vogel fliegen und gibt dem Tier Anweisungen. Auch wenn sie nicht viel nützen… Inzwischen kommen Martin Berger, Franziska „Franzi“ Jung und Mattes Seeler ins Büro und unterhalten sich über einen aktuellen Fall.
Jetzt sehen sie den entflohenden Vogel und beobachten „Wolle“ dabei, wie er zirkusreif den Vogel zu fangen versucht. Er klettert auf einen Schreibtisch und greift nach dem Vogel, der sich auf eine Lampe gesetzt hat.
Wir Besucher der Wache schauen uns das Geschehen mit geöffnetem Mund an und tun so, als würden wir uns unterhalten. Auch der Polizistenkomparse tut nur so, als würde er telefonieren. Es muss zwar täuschend echt aussehen, aber hören darf man nichts. Denn die hochempfindlichen Mikrofone nehmen alles mit auf.
Der Regisseur unterbricht den Dreh, weil der Vogel plötzlich in eine dunkle Ecke flüchtet. Sofort eilt der Tiertrainer zum Tier und nimmt es in seine Hand, um es wieder auf Position zu bringen. Das Team, die Darsteller, die Komparsen: alle gehen sie wieder zu ihrer Anfangsposition. Ein weiteres Mal fällt die Filmklappe.
„Und bitte..!“ Die gleiche Szene wird nochmal wiederholt, wieder kommen Martin Berger, Franziska „Franzi“ Jung und Mattes Seeler ins Büro und unterhalten sich über einen aktuellen Fall, während sich „Wolle“ um den Vogel kümmert. Diesmal scheint es alles zu klappen, wie es sich der Regisseur vorstellt. Das Team macht einen so genannten Check. Das Bildmaterial wird geprüft. Nach zwei Minuten dann der entscheidende Spruch, dass der Dreh „sauber“ war. Nun teilt uns der Aufnahmeleiter mit, dass etwa zehn Minuten Umbaupause ist und wir das Set räumen müssen. Wir gehen wieder in unseren Aufenthaltsraum und unterhalten uns.
Mein erster Auftritt wäre geschafft. Es hat Spaß gemacht. Ich bin schon gespannt, was mich nun erwartet. Nach fünfzehn Minuten werden wir wieder in die „Wache“ gerufen. Die Ansage des Regie-Assistenten: Wir sollen genau das machen, was wir auch gerade eben gemacht. Exakt das Gleiche. Ich setze mich wieder an den selben Platz wie vorhin. Nanu. Diesmal steht die Kamera ganz woanders. Auch die Filmcrew versammelt nun in einer anderen Ecke des Raumes. Für einen Neuling wie mich ist es ungewohnt. Aber es klärt sich schnell auf: Das Team dreht den so genannten Gegenschuss. Dieselbe Szene einfach aus einem anderen Blickwinkel. Ganz einfach. Ruhe kehrt ein, die Klappe fällt. Die Szene wird ein weiteres Mal gespielt. Wieder fliegt der Vogel kreuz und quer durch das nachgestellte Großraumbüro. Diesmal setzt er sich allerdings auf die Haarpracht einiger Teammitglieder und Komparsen. Gelächter macht sich breit. Die Szene muss unterbrochen werden. Da kommt dem Regisseur die Idee, dass doch auch so etwas gedreht werden könnte.
Schauspieler Harald Maack, der in der Serie „Notruf Hafenkante“ als Wachhabender Polizeioberkommissar Jörn „Wolle“ Wollenberger als festes Mitglied von Anfang an mitmacht, bekommt die Instruktion, seine Jagd nach dem Vogel auf die aktuelle Situation anzupassen. It‘s live. Tiere reagieren nun mal nicht auf Anweisungen von Menschen und handeln nicht exakt nach Drehbüchern. Improvisation wird groß geschrieben an diesem Tag. Harald Maack nimmt‘s mit großer Gelassenheit und lacht.
Wegen eines Scheinwerfers an der Wand, auf den sich der Vogel öfter verirrt hat, muss die Sitzbank auf der wir beide platziert sind, ein paar Zentimeter verrückt werden. So sind wir zwar etwas anders im Bild, aber der Vogel kann so ausgetrickst werden. Grund: Der Scheinwerfer wird mit einem Tuch abgedeckt. Der Plan geht auf. Es wird nun weiter gedreht.
Auch aus dieser Perspektive filmt das Team drei Mal, bis alles im Kasten ist. Dann steht erneut eine kurze Umbaupause bevor. Diesmal in Verlängerung mit dem Mittagessen! Eine knappe dreiviertel Stunde haben wir Zeit, das Mittagessen einzunehmen. Es gibt Fisch, Salat und frische Kartoffeln. Als Nachtisch einen Joghurt. Da noch relativ viel übrig bleibt, werden wir nochmals zum Cateringwagen gebeten – wir sollen diesmal sogar noch einen Nachschlag nehmen. Dies lasse ich mir nicht zweimal sagen und ich bestelle gleich noch einen leckeren Fischteller. Aber ich muss mich zugegebenermaßen beeilen – die Aufnahmeleitung bittet darum, uns zu beeilen, weil in wenigen Minuten die ersten Proben für ein weiteres Bild erfolgen. Kein Thema.
Schnell der letzte Happen genommen, geht es wieder in die Kulissen des Polizeikommissariates 21. Diesmal bekomme ich den Auftrag, mit einem Polizisten (ebenfalls Komparse) aus einem Nebenraum zu kommen und so zu tun, als würde ich mich mit ihm unterhalten. Dann verabschieden wir uns. Er geht an den Schrank mit den Aktenordnern und zieht sich einen solchen heraus. Währenddessen gehe ich komplett aus dem Polizeirevier heraus. Das Hauptgeschehen ist diesmal in der Mitte des Raumes. „Franzi“ Jung und Mattes Seeler sitzen an ihren Arbeitsplätzen und führen einen Dialog.
Im Hintergrund laufen wir Komparsen von der einen Ecke zur anderen oder sitzen am Sprechfunk. Apropos Sprechfunk: der Komparse, der dort vorwiegend sitzt, macht Komparserie schon seit 2006. Oftmals wird er für die Serie „Notruf Hafenkante“ als Polizist eingesetzt, der an der Kommandobrücke arbeitet. Meist telefoniert er, delegiert die Streifenbeamten an die Einsatzorte und überblickt die Monitore, die das Geschehen in Hamburg wiedergeben.
Für den Zuschauer zwar nur kurz zu sehen, aber dennoch elementar. Denn eine Serie ist dann erfolgreich, wenn sie authentisch ist. In einem „echten Revier“ wird schließlich auch ständig gearbeitet.
Die meisten anderen Komparsen wechseln quasi bei jeder Folge. Ganz selten, dass tatsächlich immer die gleichen Komparsen auftauchen. Es sei denn, es sind so genannte Anschlussbilder, die an mehreren Tagen gedreht werden. Dann wird auch bei Komparsen darauf geachtet, dass es dieselben sind.
Ansonsten gilt: frischer Wind mit neuen Gesichtern. Frischer Wind weht just in diesem Moment. Das dritte Bild wird geprobt. Diesmal gehe ich mit einem anderen Beamten vom Vernehmungszimmer in einen großräumigen Aufenthaltsraum der Beamten. Auf ein bestimmtes Stichwort, das Rhea Harder-Vennewald in ihrem Dialog gibt, flanieren wir Zwei über den Flur von einem ins andere Zimmer.
Nun sehe ich von diesem Aufenthaltsraum aus weitere Räume. Echt witzig, wie viele Räume hier nachgebaut wurden. Beim genaueren Betrachten funktioniert zwar vieles nicht (Waschbecken ist ohne Wasseranschluss, Videokamera an der Decke des Vernehmungsraumes ist nur eine Attrappe, auch die Sprechfunkgeräte sind nicht funktionstüchtig), aber so etwas sieht der Fernsehzuschauer zum Glück nicht.
Ansonsten sind die Diensträume authentisch nachgebaut und überall hängen Plakate der Hamburger Polizei. Der Vorteil: es kann Tag und Nacht nachgestellt werden. Es sind zwar in den einzelnen Büros Fenster eingebaut, aber diese gehen in Wirklichkeit nicht nach draußen, sondern führen in die große Lagerhalle, in der letztendlich alle Räume nachgebaut wurden. Mit Scheinwerfern und Bildern an einer Sperrholzwand, werden verschiedene Tageszeiten simuliert. Je nach Tageszeit erscheinen Hamburger Motive im Hellen – oder im Dunkeln. Bei gedämpftem Scheinwerferlicht kommt eine abendliche Stimmung auf, ohne dass tatsächlich auf reale Dunkelheit gewartet werden muss. Nachdem das Material erneut gecheckt wurde, versammelt sich das Team. Der Regisseur beendet den Drehtag mit einem kräftigen Dankeschön! Ein interessanter Drehtag geht zuende. Eine spannende Erfahrung: ein Tag als Komparse bei „Notruf Hafenkante“.
Am Ende des Drehtages werden uns Komparsen noch Formulare ausgehändigt, die wir komplett ausfüllen müssen. Da darf der Vor- und Zuname, Anschrift mit Telefon- und Sozialversicherungsnummer, sowie die persönliche Steuernummer nicht fehlen. Es sollte zudem auch angekreuzt werden, ob staatliche Leistungen wie ALG II oder ähnliches bezogen werden oder ob eine freiberufliche oder selbständige Tätigkeit ausgeübt wird. Zudem muss jeder Komparse versichern, dass er in dem Kalenderjahr weniger als 70 Drehtage engagiert war. Ebenfalls wichtig ist am Ende die eigenhändige Unterschrift, mit der unterschrieben wird, dass alle gemachten Angaben auch stimmen.
Das Formular wird vollständig ausgefüllt beim Komparsenbetreuer abgegeben, der wiederum noch handschriftlich die genaue Drehzeit inklusive Pause dokumentiert. Die Komparsen bekommen einen Durchschlag für die eigenen Unterlagen – fertig. Um 17.39 Uhr können alle Komparsen nach Hause und das Bürogelände am Lademannbogen in Hamburg-Hummelsbüttel verlassen.
Ausführliche Informationen und Fotos von den Darstellern der Serie „Notruf Hafenkante“ finden Sie ab Seite →.
Ein Bürogebäude in Hummelsbüttel ist als komplettes Polizeirevier eingerichtet (Foto links). Auf dem Foto rechts ist das Bürogebäude von außen zu erkennen.
Info-Ständer im nachgebauten Polizeikommissariat 21.
Die Hauptdarsteller von „Notruf Hafenkante“.
Eines morgens klingelt mein Telefon. „Möchtest am kommenden Mittwoch eine Komparsenrolle bei den `Pfefferkörnern` übernehmen? Hast Du Lust und Zeit?“ Ich schaue in meinen Terminkalender. Kein Eintrag. „Ja, ich habe an dem Tag Lust und Zeit. Wo genau soll der Dreh statt finden?“, frage ich meine Casting-Agentur. Als Antwort bekomme ich: „Das schreib ich Dir alles in eine Mail. Die Produktion meldet sich auch noch bei dir wegen deines Outfits.“
Wieder eine Buchung als Komparse – so macht es doch Spaß.
Einen Tag später bekomme ich eine Mail mit detaillierten Informationen zu dem Drehtag. So erfahre ich, dass ich einen Passagier eines Schiffs spielen soll. Kleidung: elegant. Der Drehort ist am Schiffsanleger Cruise Center in der Hamburger HafenCity. Treffpunkt: der Haupteingang um morgens 7.30 Uhr. Ferner heißt es in der Mail, dass ich einen großen Rucksack oder – falls vorhanden – einen großen Koffer mitbringen soll. Ich antworte prompt und bestätige den Termin. Ich schreibe auch hinein, dass ich keinen Koffer besitze. Stattdessen werde ich mit einem Rucksack aufkreuzen.
An dem besagten Mittwochmorgen schlage ich überpünktlich gegen 7 Uhr am vereinbarten Drehort auf. Es stehen schon auf dem Parkplatz des Cruise Centers zwei große Gerätewagen, ein Lichtwagen von Studio Hamburg, sowie Masken- und Aufenthaltsmobile. Techniker sind gerade dabei, Stative für die Beleuchtung aus den LKW zu tragen. Für einen Außenstehenden erweckt es meist den Eindruck, als sei ein Ameisenhaufen dabei, Dinge von links nach rechts und von rechts nach links zu transportieren. Denn während drei Männer Stative in ihren Händen halten, laufen Aufnahmeleiter, Blocker, Ausstatter, Maskenbilder, Regisseur, Kameramann und deren Assistenten am Set entlang. Jeder macht seinen Job. Der Ausstatter baut die Requisiten auf, die Maske kümmert sich um die Darsteller und Komparsen, während Kameramann und -assistent überlegen, wie und wo sie am besten die Kamera aufbauen können. Zudem wird sich über das Licht unterhalten.
Noch ehe ich dem Treiben weiter folgen kann, werde ich von einer jungen Dame angesprochen. „Gehörst du heute zu den Komparsen?, fragt mich das Mädel. Und ich antworte mit den Worten: „Ja genau. Ich soll heute einen Schiffspassagieren spielen. Ich bin zwar eine halbe Stunde zu früh da. Aber besser zu früh als zu spät“, erwidere ich. Sie fängt an zu lachen und stellt sich erst einmal vor. „Ich bin Christina und heute für die Komparsen zuständig“, sagt sie, während sie mir die Hand schüttelt. Dann bittet sie mich, dass ich zu einem großen Aufenthaltsbus gehen kann. Dort sitzen schon die ersten Komparsen und ich kann mich gerne dazu gesellen. Außerdem gibt es dort etwas zu Trinken, wenn ich möchte. Ich nehme das Angebot gerne an und gehe zu dem historischen Bus (hat schon einige Jahre auf Buckel). Zwischendurch schaue ich aus dem Fenster und beobachte den Aufbau des Sets. Ich bin schon von Kindesbeinen an film- und fernsehbegeistert und interessiere mich für die Dreharbeiten. Daher schaue ich mir genau an, wer was macht. Allein der Aufbau der Kameraschienen dauert fast eine Viertelstunde. Mit einer Wasserwaage sind die Mitarbeiter zugange. Der Kameramann legt in Absprache mit dem Regisseur den Weg fast bis auf den Zentimeter genau fest. Seine Assistenten verlegen die Schienen, die mit Holz-Keilen fixiert und ausgerichtet werden.
Es bildet sich eine kleine Menschentraube. Ich vermute, dass es ein erstes Gespräch zwischen Regie, Regie-Assistenz, Kameramann, Mitarbeiter des Tons und des Lichtes ist. Das Drehbuch ist aufgeschlagen, jeder von ihnen hat eine Art Ablaufplan oder zumindest einen Auszug aus dem Drehbuch in der Hand. Währenddessen werden wenige Meter weiter von unserem Bus entfernt erste Requisiten aufgestellt. Koffer werden drapiert, Schilder aufgehängt. Damit der „echte“ Bereich im Terminal während des Drehs nicht unnötig eingeschränkt wird, baut das Filmteam einen separaten Eingangsbereich auf. Dazu muss ein Abfertigungslaufband verschoben und kameragerecht in Position gebracht werden.
Ein typisches Set: eine bewegbare Kamera auf Schienen, dahinter ein Scheinwerfer sowie weiteres Material fürs Licht und jede Menge Crewmitglieder. Bevor es so eingerichtet ist, wie auf dem Foto, kann es schon mal eine halbe Stunde dauern.
In solchen Gerätewagen befindet sich quasi die gesamte Technik. Scheinwerfer, Stative, Kamera, Kameraschienen, Dolly, Dimmer und Kabel, sowie Kamerakran, Sperrhüte,…
Voll ausgestatteter Lichtwagen (Stromgeneratorwagen).
Beim Cruise Center in der HafenCity handelt es sich um einen Abfertigungsterminal, bei dem Passagiere für Kreuzfahrtschiffe abgefertigt werden. Das Terminal 1 wurde 2004 in Betrieb genommen, zwei Jahre später folgte der Bau eines zusätzlichen Terminals 2. Wie die Containerfassade ist auch der Innenbereich modular aufgebaut: Flexible Trennwände ermöglichen eine individuelle Anpassung der Räumlichkeiten an die unterschiedlichen Rahmenbedingungen jeder einzelnen Schiffsabfertigung. Genau das nutzt das Filmteam auch aus: die Crew baut noch schnell einige Trennwände auf, damit nicht allzu viel vom „echten Betrieb“ zu sehen ist.
Unterdessen trudeln immer mehr Komparsen ein, nehmen (genauso wie ich) in dem Aufenthaltsbus Platz. Einige kenne ich von vorherigen Drehs, wenn auch nicht mit Namen. Nun kommt eine Komparsenbetreuerin in den Bus gestiegen und begrüßt uns mit den Worten: „Guten Morgen allerseits. Ich bin heute für euch zuständig, wenn ihr Fragen, Sorgen oder Probleme haben solltet, wendet euch bitte direkt an mich.“ Leises Gelächter ist zu hören. Dann wird uns der ungefähre Ablauf des heutigen Tages erläutert. So erklärt sie, dass wir nicht alle zusammen gleich in der ersten Szene gebraucht werden. Zunächst werden sechs oder sieben von uns ausgewählt. Die übrigen Komparsen können sich bis zu ihrem Einsatz entweder im Bus oder sonst in einem separaten Bereich an der Kaimauer aufhalten.