Band 1: Götter und Mythen im Alten Ägypten (432 S.)
Band 2: Die altägyptische Religion – Ursprünge, Kult und Magie (396 S.)
Band 1: Die Struktur des kabbalistischen Lebensbaumes (370 S.)
Band 2: Der kabbalistische Lebensbaum als Forschungshilfsmittel (580 S.)
Band 3: Der kabbalistische Lebensbaum als spirituelle Landkarte (520 S.)
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Herstellung und Verlag: BoD - Books on Demand GmbH, Norderstedt
ISBN: 9783743185531
Ran ist die Göttin des Meeres. Über sie ist nur wenig bekannt, aber die Überlieferungen zeigen, wie wichtig sie für die Germanen in Island und Skandinavien gewesen ist – schließlich waren die Drachenboote der Wikinger auf ihren Raub- und Handelsfahrten ständig von den Launen der Ran bedroht: Stürme, Unwetter, hohe Wogen, Eisberge, leckgeschlagene Schiffe, Kämpfe mit anderen Wikingern auf hoher See, Wale, Seeungeheuer, die am Grunde des Meeres liegende Midgardschlange, der riesige Strudel, den die beiden Riesinnen Fenja und Menja im Nordmeer verursachten und der alle Schiffe hinab in das feuchte Grab zu Ran zogen …
Der Name der Göttin Ran beschreibt sehr deutlich das Verhältnis der Germanen und insbesondere der Wikinger zu ihr: Er bedeutet „Räuberin“.
Mit „rán“ bezeichnete man auch den Besitz von Diebesgut und die Beute. Die Raub-Wirtschaft der Wikinger wurde von ihnen „rán-skapr“ genannt – die Wikinger waren somit „Kollegen“ der Göttin Ran. Ein „ráns-madr“, also ein „Ran-Mann“ war ein Räuber.
Der Name „Ran“ beschreibt das Angstbild einer Meeresgöttin: Er bedeutet „Räuberin“.
„Warum wird das Gold 'Ägirs Feuer' genannt?“
„ Diese Geschichte hat denselben Inhalt wie die, die wir gerade berichtet haben:
Ägir ging nach Asgard zu einem Fest, aber als er sich bereit machte, nach Hause zurückzukehren, lud er Odin und alle Asen ein, ihn in drei Monaten besuchen zu kommen.
Da kamen zunächst Odin und Njörd Tyr, Bragi, Vidar, Loki; und ebenso die Asinnen: Frigg, Greya, Gefjun, Skadi, Idun, Sif. Thor war nicht dort, da er in die östlichen Länder gezogen war, um Trolle zu töten.
Als sich die Götter auf ihren Plätzen niederließen, brachte Ägir schnurstracks leuchtendes Gold herein und legte es auf den Boden der Halle und das Gold strahlte Licht aus und erleuchtete die Halle wie Feuer: und es wurde als Beleuchtung bei dem Festessen benutzt so wie in Walhalla Schwerter anstelle von Feuer verwendet wurden.
Dann wechselte Loki scharfe Worte mit allen Göttern und tötete einen von Ägirs Leibeigenen – den, der 'Fünf-Finger' hieß; ein anderer seiner Leibeigenen wurde 'Feuer-Entzünder' genannt.
'Ran' ist der Name von Ägirs Frau, und sie haben neun Töchter – so wie wir das bereits geschrieben haben. An diesem Fest servierten sich alle Dinge selber, sowohl die Speisen als auch das Bier und ebenso alle Dinge, die für ein Fest benötigt werden.
Da gewahrten die Asen, daß Ran das Netz besaß, in dem sie alle, die zur See fuhren, zu fangen versuchte.
Nun soll diese Erzählung ja erklären, wie es kommt, daß Gold das Feuer oder das Licht oder die Helligkeit des Ägir, der Ran oder der Töchter des Ägir genannt wird; und nun werden diese Metaphern auch so benutzt, daß Gold Feuer des Meeres und aller anderer Arten von Meeresnamen genannt wird – so wie auch Ägir und Ran Namen hatten, die mit dem Meer assoziiert wurden. Daher wird Gold nun das Feuer des Wassers, oder der Flüsse oder auch aller Flußnamen genannt.“
Aus dieser Erzählung ergibt sich, daß
Dadurch, daß Ägir eine der vielen Formen des ehemaligen Sonnengott-Göttervaters ist, der hier die am Abend im Meer versunkene Sonne verkörpert, muß seine Frau Ran ursprünglich die Jenseitsgöttin gewesen sein, die die Sonne und somit auch Tyr am Morgen wiedergebiert. Nach 500 n.Chr., als Tyr durch Thor und Odin abgesetzt worden ist, ist Ran dann nach und nach zu einer gefährlichen Meeres-Totengöttin umgedeutet worden – so ähnlich wie Hel ursprünglich die Jenseitsgöttin im Hügelgrab gewesen ist und dann zu der Schreckens-Gestalt im Totenreich wurde.
Das leuchtende Gold in der Halle der Ran und des Ägir geht offensichtlich auf die Sonne in der nächtlichen Wasserunterwelt zurück. Die Unterwasserhalle der Ran findet sich auch bei der Göttin Saga und bei der Göttin Frigg (Fensalir = Sumpfsaal). Die früheste Beschreibung dieser Halle findet sich im Beowulf-Epos, in dem die Mutter des Tyr-Riesen Grendel in einer Halle am Grunde eines Sees oder Sumpfes wohnt. Selbst der Name „Grendel“, den Tyr hier als als Riese in der Unterwelt trägt, bedeutet „Grund“ im Sinne von „Ort in der Tiefe“.
Die neun Töchter der Ran und des Ägir sind Ran selber. Die Zahl „9“ wurde von den Germanen und auch von den meisten anderen indogermanischen Völkern wie ein Adjektiv mit der Bedeutung „zum Jenseits gehörig“ verwendet.
Die Germanen hatten die Vorstellung, daß sich die Toten im Jenseits zunächst zusammen mit der Jenseitsgöttin wiederzeugen mußten, bevor sie von ihr wiedergeboren werden konnten. Auch der Sonnengott-Göttervater zeugte sich jede Nacht selber mit der Göttin wieder und wurde dann am Morgen neu geboren.
Da diese Symbolik in mancherlei Hinsicht ausgebaut worden ist, entstand offenbar schon recht früh, d.h. vor 500 n.Chr., die Vorstellung, daß sowohl der Sonnengott-Göttervater wiedergeboren wurde als auch die Göttin selber, die auf diese Weise zu Geschwistern und zu ihren eigenen Kindern wurden.
Daher erscheint in den Mythen der Germanen sowohl der Sonnengott-Göttervater als auch die Göttin oft zugleich als Vater und Sohn bzw. als Vater und Tochter. Da die Germanen einen Zyklus durch die Zahl „3“ dargestellt haben, konnte man die zyklische Wiedergeburt der Sonne durch drei Generationen darstellen: Vater und Mutter, Sohn und Tochter, Enkel und Enkelin.
Das Auftreten der Ran als sie selber und als ihre neun Töchter sind der Rest von solch einer Drei-Generationen-Folge.
Diese Symbolik wird in Band 51 „Wiederzeugung und Wiedergeburt“ ausführlich dargestellt.
Das Fest in Asgard findet im Diesseits statt; das Fest bei Ägir und Ran in der Wasserunterwelt. Das Diesseits wurde mit dem Tag und mit dem Sommer assoziiert; das Jenseits mit der Nacht und dem Winter. Mit dem Fest in Asgard begann der Sommer, der bei den Nordgermanen drei Monate gedauert hat; mit dem Fest bei Ran und Ägir begann der Winter, der bei den Nordgermanen neun Monate gedauert hat.
Die „3“ der Anzahl der Sommermonate wurde mit der Sonne und ihrem Zyklus assoziiert; die „9“ der Anzahl der Wintermonate wurde mit der Jenseitsgöttin und der Unterwelt assoziiert.
In der Halle des Ägir und der Ran leuchtete die goldene Sonne selber; in der Halle des Odin leuchtete das goldene Schwert des Tyr, das ihm Odin bei der Absetzung des Tyr als Göttervater abgenommen und vervielfältigt hat. Mit dem goldenen Schild des Tyr, den Odin ebenfalls vervielfältigt hat, hat er Walhallas Dach wie mit Schindeln gedeckt …
Snorri Sturluson zitiert in seiner Skaldenlehre auch den Skalden Njáll Thorgeirsson:
Ran, wird gesagt, ist Ägirs Frau, so wie es hier geschrieben steht:
Die Glut der Tiefe schoß zum Himmel empor.
die See toste mit fürchterlicher Macht:
ich glaubte, unsere Stämme würden die Wolken aufschlitzen –
Rans Weg bäumte sich aufwärts zum Mond.
Intensiver kann man den Schrecken von hohem Seegang kaum noch schildern als hier.
Die „Stämme“ sind die Masten der Drachenschiffe. „Rans Weg“ ist die Meeresoberfläche.
Die Skalden schätzten die Benutzung von Gegensätzen in ihren Liedern:
Die Gedichtform, in der in möglichst jeder Zeile ein solcher Gegensatz benutzt wird, eignete sich insbesondere für dramatische Szenen und wurde „refhvörf“ („Fuchs-Wende“) genannt. „Fuchs-Wende“ ist ein bildhafter Begriff für „Gegensatz“ und bezieht sich vermutlich darauf, daß der Fuchs seine ihn verfolgenden Feinde dadurch zu verwirren versucht, daß er Schleifen, Kehren, Haken und ähnliches läuft.
Ran ist die Jenseitsgöttin in der Wasserunterwelt. Bis 500 n.Chr. ist sie die Wiederzeugungs-Geliebte und die Wiedergeburts-Mutter des damaligen Sonnengott-Göttervaters Tyr gewesen, der als Riese in der Wasserunterwelt Ägir, Gymir, Hler und Njörd genannt worden ist.
In der Odin-zentrierten Religion der Germanen ab 500 n.Chr. ist die frühere Jenseitsgöttin Ran (wie Hel auf dem Land) zu einer Schreckensgestalt geworden. Ran fängt in der Vorstellung der Wikinger die Seeleute mit ihrem Netz.
Die neun Töchter der Ran und des Ägir sind Ran selber – die „9“ ist bei den (Indo-)Germanen auch als Adjektiv für „zur Unterwelt gehörig“ verwendet worden.
Ran lebt zusammen mit Ägir in einer Halle auf dem Meeresgrund. Dort erscheint Ägir, also der ehemalige Sonnengott-Göttervater Tyr, als das Gold auf dem Fußboden der Halle, das den Saal erleuchtet.
Wie soll man das Meer umschreiben? So: indem man es Ymirs Blut nennt und Besucher der Götter, Mann der Ran, Vater von Ägirs Töchtern, … … … Land der Ran und von Ägirs Töchtern … … … .
Für „Meer“ werden hier folgende Umschreibungen aufgezählt, die sich auf die Göttin Ran beziehen: