Klartext
Im Kirchturm von Sankt Salvator schlummern Geschichten und Töne mit langem Nachhall. Beim Wohnen am Markt spürt ein junges Paar den Puls der Stadt, deren Größe besonderen Charme hat.
Wer von der Autobahn aus in die Innenstadt fährt, passiert nicht nur das Tinzer Wasserschloss, sondern auch – ohne es zu wissen – den idyllischen Garten samt riesigem Teich von Margot Bach. Ein genauer Blick zeigt Überraschendes.
Das Geraer Hofgut und das Hofwiesenbad wurden im 18. und 20. Jahrhundert an der Weißen Elster gebaut. Der Fluss verleiht dem Hofwiesenpark Frische und Lebendigkeit, wird bei Hochwasser jedoch zur Gefahr. Nah am Elster-Wasser arbeiten Hofgut-Kabarettistin Eva-Maria Fastenau und Hofwiesenbad-Chef Michael Kohl.
Die Eisenbahn-Gleise durch Gera prägen seit etwa 150 Jahren das Stadtbild. Auch wenn heute nur noch wenige Güterzüge rollen und kein ICE in Gera hält, ist die Eisenbahn noch immer ein wichtiges Verkehrsmittel für die Bewohner der Stadt.
„Gera liegt mir zu Füßen.“ Was Hannelore Matthees wegen ihres schönen Ausblickes aus dem obersten Stockwerk des Elfgeschossers in Debschwitz sagt, lässt sich auch auf die Sportler des Rollschnelllaufvereins Blau-Weiß Gera übertragen, die ihr Vereinsgelände im Ufer-Elster-Park haben.
In der SRH Fachhochschule im Chipperfield-Bau ist es noch sehr still. Das Wintersemester hat noch nicht begonnen. Manchmal könnte es im Park etwas stiller sein, meint Nachbarin Anna Bräutigam, die unterm Dach eines der Prinzenhäuser wohnt.
Die Leipziger Straße in Gera ist Teil der einstigen mittelalterlichen Handelsverbindung von Nürnberg im Süden und Leipzig im Norden. Heute beherbergt die Leipziger Straße Straßenbahnhaltestellen, Banken, Arztpraxen, eine Apotheke, Geschäfte für Fernseh- und Rundfunktechnik, Schmuck, Mode, eine Milchbar und ein Kino im Wachsen.
Das Kino im nördlichen Geraer Stadtteil ist Geschichte, hier war unter anderem auch Heinz Walther Filmvorführer. 40 Jahre war er „Kinomann“ und erforscht heute mit seiner Frau im Heimatverein die Langenberger Geschichte. Dass die Stadtteilbibliothek dieser noch nicht angehört, dafür wurden vor fünf Jahren die Weichen gestellt.
Vom Penthouse in der Heinrichstraße lässt man die Dächer der Geraer Innenstadt unter sich. Von hier aus fällt auch der Blick auf das Stadtmuseum, in dem die Schätze vergangener Tage lagern.
Was ist eigentlich unter der Kuppel des schmucken Geraer Theaterbaus? Und wie luxuriös sind die Zimmer des Theaterwohnheimes? An diesen Plätzen haben Besucher keinen Zutritt.
Der Sonnenhof ist seit der Sanierung zu einem beliebten Wohnquartier mitten in Geras Innenstadt geworden. Im historischen Handelshof und im neoklassizistischen Denkmalbau gegenüber sorgt die Sparkasse mit moderner Technik für höchste Sicherheit.
Das Heizkraftwerk Gera-Nord der Energieversorgung Gera liefert Strom und speist Fernwärme und Warmwasser bis Lusan ins Netz. Beim Reitverein sorgen sich 130 Mitglieder um das Wohl von 60 Pferden.
Gera hat sich verändert. Spätestens seit der Bundesgartenschau ist die Stadt noch grüner und attraktiver geworden. Wer den Beweis braucht, schaut sie sich von oben an. Mit einem ganz neuen Blick. Martin Raffelt und der Fotograf Jörg-Uwe Jahn haben eine Drohne mit montierter Kamera in die Geraer Lüfte geschickt. Das besondere ist, dass sie nur knapp 100 Meter aufsteigt. So tief dürfen Flugzeuge nicht fliegen. Für die liegt bei 300 Metern die Untergrenze. Entstanden sind Aufnahmen aus unbekannten Perspektiven.
Wir Redakteure der OTZ gehen noch einen Schritt weiter und nehmen Häusern ihre Dächer oder Fassaden ab, um zu schauen und zu erfragen, wie es sich darunter oder dahinter lebt und arbeitet und was es Besonderes zu entdecken gibt. Geraer öffneten uns ihre Wohnungstüren und erzählten, was sie mit der Stadt verbindet, warum sie hiergeblieben oder wiedergekommen sind. Danke dafür!
Sylvia Eigenrauch für die OTZ
Die Texte und Bilder unserer Serie „Gera von oben“ sind im Sommer 2014 in der Ostthüringer Zeitung erschienen. Sie sind Momentaufnahmen und beschreiben die Verhältnisse zum Zeitpunkt unserer Recherchen.
von Sylvia Eigenrauch
Auf dem Nicolaiberg thront die evangelisch-lutherische Kirche Sankt Salvator. Sie wurde 1771 bis 1720 nach Plänen des sächsischen Landesbaumeisters David Schatz gebaut. Erst 1779 wurde der Turm vollendet, bevor er im Jahr darauf samt Glocken dem großen Stadtbrand zum Opfer fiel.
Heimatfreunde sind ihm die liebsten Gäste bei seinen Kirchenführungen. „Die sind neugierig und stellen viele Fragen“, erzählt Nico Boje, der seit über drei Jahren die Salvatorkirche aufschließt. Dass er dann vorbereitet ist, versteht sich von selbst. Immer freitags bis sonntags von 14 bis 17.30 Uhr. Es sei denn, er hat Urlaub.
Anfangs begleitete er Besucher ehrenamtlich durch den größten, vollständig erhaltenen Jugendstilraum in Thüringen. Inzwischen gehören die Führungen zu seinen Aufgaben als Bundesfreiwilligendienstler bei der Diakonie.
Die 229 Stufen in dem 60 Meter hohen Turm steigt er im Jahr höchstens zehn Mal hinauf. Auf jeden Fall aber zu Neujahr und zum Höhlerfest. Wie lange er dafür benötigt, hat er noch nicht gestoppt. Lange, denn in den Ebenen entspinnen sich Gespräche beim Anblick des Innenlebens und beim Blick durch die Fenster hinaus auf die Stadt. Da sind zum Beispiel die vier Vodafone-Antennen, je eine in jede Himmelsrichtung, an denen die Turmbesteiger vorbeilaufen. Manchmal summt das Lüfteraggregat auf dem eigens dafür eingebauten Technikraum.
Die Lieblingsfarbe des letzten Türmers lässt sich an den Wänden von Schlafzimmer und – wieder eine Etage höher – Wohnstube noch erkennen. Er mochte Blau. 1915, vor 100 Jahren, zog er hier aus. Am spannendsten aber ist wohl das Erleben der drei Glocken. Sie wurden 1922 gegossen und geweiht und entstammen alle der Apoldaer Firma Schilling & Lattermann. Ihre Vorgänger, die in den 1780er Jahren nach dem Stadtbrand hier wieder einzogen, waren im Kriegsjahr 1917 zerschlagen worden.