Das Buch

Für Mia und Wes ist ein Traum in Erfüllung gegangen: Sie haben miteinander die Liebe ihres Lebens gefunden. Doch für Wes ist es schwierig zu akzeptieren, dass Mia mit ihren ehemaligen Kunden weiterhin eng befreundet ist. Immer fester versucht er Mia an sich zu binden. Wird ihre Liebe diese Bewährungsprobe überstehen? Und kann Wes lernen, zu vertrauen?

Die Autorin

Audrey Carlan schreibt mit Leidenschaft heiße Unterhaltung. Ihre Romane veröffentlichte sie zunächst als Selfpublisherin und begeisterte damit eine immer größere Fangemeinde, bis der Verlag Waterhouse Press sie unter Vertrag nahm.

Ihre Serie »Calendar Girl« stürmte die Bestsellerlisten von USA Today und der New York Times und wird als das neue »Shades of Grey« gehandelt. Die Autorin lebt mit ihrem Mann und zwei Kindern in Kalifornien.

Homepage der Autorin: www.audreycarlan.com

AUDREY CARLAN


NOVEMBER



Aus dem Amerikanischen von
Friederike Ails

Ullstein

Besuchen Sie uns im Internet:

www.ullstein-buchverlage.de


Wir wählen unsere Bücher sorgfältig aus, lektorieren sie gründlich mit Autoren und Übersetzern und produzieren sie in bester Qualität.


Hinweis zu Urheberrechten


Sämtliche Inhalte dieses E-Books sind urheberrechtlich geschützt. Der Käufer erwirbt lediglich eine Lizenz für den persönlichen Gebrauch auf eigenen Endgeräten.

Urheberrechtsverstöße schaden den Autoren und ihren Werken, deshalb ist die Weiterverbreitung, Vervielfältigung oder öffentliche Wiedergabe ausdrücklich untersagt und kann zivil- und/oder strafrechtliche Folgen haben.

In diesem E-Book befinden sich Verlinkungen zu Webseiten Dritter. Bitte haben Sie Verständnis dafür, dass sich die Ullstein Buchverlage GmbH die Inhalte Dritter nicht zu eigen macht, für die Inhalte nicht verantwortlich ist und keine Haftung übernimmt.


ISBN 978-3-8437-1361-0


© für die deutsche Ausgabe Ullstein Buchverlage GmbH, Berlin 2016

© 2015 Waterhouse Press, LLC

Titel der amerikanischen Originalausgabe:
The Calendar Girl – November (Waterhouse Press)

Umschlaggestaltung: ZERO Media GmbH

Titelabbildung: © FinePic®, München

E-Book: LVD GmbH, Berlin

Alle Rechte vorbehalten.

Ekatarina Sayanova

Eine Geschichte zu lektorieren ist wie das Kind einer Frau zu kritisieren.

Schwer machbar, ohne verletzend zu sein.

Doch irgendwie schaffst du es immer wieder.

Du lektorierst mit Gnade, Mitgefühl und Rücksicht.

Ich bin unendlich dankbar, dich zu haben.

Mit deiner Anleitung und jeder neuen Geschichte werde ich eine bessere Autorin.

Danke.

KAPITEL 1

Schneeflocken. Einzigartig und zart. Keine zwei davon waren gleich. Total faszinierend. Ich fing eine mit der Zunge auf, als sie vom Himmel rieselte. Ich war wie verzaubert von dem Schneegestöber, einige Flocken verfingen sich in meinen Wimpern und nahmen mir einen Augenblick lang die Sicht. Ich blinzelte sie weg und atmete tief aus. Die weiße Wolke meines warmen Atems sah aus wie Rauch. Ich streckte die Arme aus, drehte mich langsam im Kreis, und die federleichten Flocken landeten auf meinem Gesicht und den nach oben gestreckten Handflächen.

»Willst du noch lange im Schnee spielen, oder können wir endlich ins Hotel gehen?«, lachte Wes. »Ich erfriere!« Er drückte seine kalte Nase gegen meinen warmen Hals, schlang die Arme von hinten um mich und zog mich an sich. Ich legte meine Arme auf seine.

»Das ist cool! In Vegas schneit es so selten, und in L. A. nie.« Ehrfürchtig starrte ich das Wunder der Natur an.

Wes rieb sein Gesicht an meinem Hals und küsste ihn. »Cool, allerdings … So cool, dass ich mir den Hintern abfriere und mein bestes Stück sich in einen Eiszapfen verwandelt hat.«

»Ach, ich liebe Eis am Stiel.« Ich kicherte und drehte mich um, damit wir uns in die Augen sehen konnten. »Danke, dass du mitgekommen bist. Ehrlich gesagt hätte ich mich auch nicht von dir trennen können.« Wes lächelte wieder. Am liebsten wäre ich sofort über ihn hergefallen. Mein Gott, dieser Mann war einfach heiß, sogar dick eingepackt, mit Mütze auf dem Kopf.

»Wer würde es sich entgehen lassen, eine wunderschöne Lady zwei Wochen nach New York zu begleiten?« Er beugte sich zu mir, rieb seine Nase an meiner und gab mir einen Kuss auf die Lippen.

Lügner. Als die Leute von der Show mir gesagt hatten, dass ich zwei Wochen in den Big Apple reisen, Prominente für die Dr.-Hoffman-Sondersendung Sei dankbar filmen und auch meinen wöchentlichen Schöner-leben-Beitrag dort drehen sollte, hatte er nicht sonderlich interessiert gewirkt. Er hatte sogar gemeint, keine zehn Pferde würden ihn in den Wintermonaten an die Ostküste bekommen. Der Atlantik war wohl nicht warm genug oder die Wellen nicht gut genug für einen eingefleischten Surfer wie ihn … Und verglichen mit Kaliforniens goldener Küste waren die Temperaturen geradezu eisig.

Ich hatte versucht, mich an die Tatsache zu gewöhnen, dass ich Wes zwei Wochen lang nicht sehen würde, was für mich einfach noch zu früh war, nach seiner Gefangenschaft und allem. Der bloße Gedanke daran, von ihm getrennt zu sein, egal, wie lange, jagte mir Schauer über den Rücken, auch wenn ich so tat, als würde es mir nichts ausmachen. Er war auf dem Weg der Besserung, und seine Therapie lief richtig gut. Er sollte auf keinen Fall denken, dass ich ihm nicht zutraute, zwei Wochen alleine ohne seine überfürsorgliche Freundin zu verbringen.

Erst als ich den Plan schmiedete, meinen Kumpel, den Star-Werfer der Red Sox Mason Murphy, und Anton Santiago, den Latin Lov-ah, zu interviewen, änderte er seine Meinung. Letzte Woche hatte Wes mir irgendwann abends gestanden, dass er eine ganze Sitzung lang mit seiner Therapeutin Anita Shofner über die anderen Männer in meinem Leben gesprochen hatte. Er wusste, dass ich regelmäßig mit Mason, Tai, Anton, Alec, Hector und Max telefonierte. Natürlich machten ihm die Gespräche mit Max, meinem erst kürzlich wiedergefundenen Bruder, nichts aus, auch Hector störte ihn nicht, schließlich war er schwul und in einer Beziehung mit Tony. Aber er gab zu, ein wenig eifersüchtig auf die anderen vier Männer zu sein. Er hatte Anton kennengelernt und war ihm dankbar dafür, dass er mir durch eine schwere Zeit geholfen hatte, aber der Latin Lov-ah hatte einen Ruf als Weiberheld, und deshalb vertraute Wes ihm einfach nicht. Selbst bei Mason, der bis über beide Ohren in seine Presseagentin Rachel verliebt war, stellten sich ihm die Nackenhärchen auf.

Hatte ich ihm widersprochen? Nö. Nicht, wenn es dazu führte, dass mein Mann mit mir nach New York kam. Das war gemein von mir, schon klar, aber als er mich gefragt hatte, was ich nach den Interviews mit den Männern vorhatte, hatte ich bloß mit den Schultern gezuckt und ihm gesagt, ich würde mich da ganz nach den Jungs richten. Keine fünf Minuten später hatte Wes seinen Koffer gepackt.

****

»Wann triffst du dich mit deinen Freunden?« Ein Hauch von Gereiztheit hatte sich in seinen Tonfall geschlichen. Seine Reaktion auf mein Wiedersehen mit Anton und Mason war seltsam. Mein Mann war eigentlich immer ein lässiger Typ gewesen und hatte sich in seiner eigenen Haut sehr wohl gefühlt. Doch nach seinen Erlebnissen in Indonesien hatte er noch immer nicht vollständig zu seinem entspannten Ich zurückgefunden. Seine Therapeutin hatte mir gesagt, dass das eine Zeit dauern würde und ich ihm weiterhin etwas Schönes geben sollte, auf das er sich konzentrieren konnte – will heißen, uns und unsere wachsende Beziehung.

»Heute Abend treffen wir uns mit Anton und Heather. Er hat uns zum Essen bei sich zu Hause eingeladen. Mace und Rach sind erst in ein paar Tagen dran.« Ich hatte Wes allerdings nicht gesagt, dass Anton uns angeboten hatte, in seinem Penthouse in Manhattan zu übernachten, weil ich wusste, dass er nicht begeistert darüber wäre. Er hatte Anton in Miami zwar sympathisch gefunden, aber damals hatten wir uns gerade erst unsere Liebe zueinander eingestanden. Wir waren zu sehr mit uns selbst beschäftigt gewesen, um Notiz von unserem Umfeld zu nehmen.

Wir ließen uns Zeit damit, unsere Sachen in die Hotelschränke zu räumen, zu duschen und uns zu lieben. Als Wes in mir kam, konnte ich fühlen, wie die Anspannung förmlich aus seinen Poren strömte. Liebesschwüre drangen über seine Lippen.

Während ich dalag, über meinen Mann ausgestreckt wie eine Decke, und wieder zu Atem kam, spürte ich, wie Wes meine linke Hand nahm, sie an seine Lippen führte und jeden Finger einzeln küsste. Dann steckte der raffinierte Kerl etwas an meinen bloßen Ringfinger.

»Wann heiraten wir?«, fragte er unvermittelt. Wir waren beide nackt, hatten gerade extrem befriedigenden Sex gehabt, waren etwas schläfrig nach der Reise, und ich lag platt auf seiner Brust. Ich hatte ihn heftig geritten und trug als Beweis dafür vermutlich seine Fingerabdrücke auf beiden Hüften.

Ich blinzelte, strich mir das Haar aus dem Gesicht und legte beide Hände auf sein Herz. Ich liebte es, sein Herz schlagen zu spüren und zu wissen, dass es für mich schlug.

»Soll das ein Antrag sein?«, witzelte ich.

Er kniff die Augen zusammen und deutete mit dem Kinn auf meine Hand. Ich blickte herunter auf den Diamantring, der mir entgegenfunkelte. »Das haben wir doch schon besprochen.« Dann fuhr er fort: »Du weißt, dass du nicht gefragt wirst. Du darfst ohnehin nicht ablehnen.« Seine Worte duldeten keinen Widerspruch.

Ich stemmte mich hoch, bis ich nackt auf ihm saß, und richtete all meine Aufmerksamkeit auf den schönsten Ring, den ich je gesehen hatte und der jetzt meinen Finger zierte. Ein schmaler, komplett diamantenbesetzter Ring. Er war nicht so protzig wie die meisten Verlobungsringe. Nein, dieser hier war schlicht und doch funkelnd. Eine lächerliche Vielzahl glitzernder Diamanten war in das Innere des Rings eingefasst. Damit würde ich nirgendwo hängenbleiben. Ich konnte sogar noch mit Suzi fahren, ohne mir Sorgen um meine Motorradhandschuhe machen zu müssen. Er war einfach perfekt.

Tränen stiegen mir in die Augen. »Also willst du mich wirklich nicht fragen?« Ich schluckte einen kleinen Schluchzer herunter und starrte auf das, was offensichtlich ein Verlobungsring sein sollte.

Er setzte sich auf, legte einen Arm um meinen Rücken, stemmte die Fersen in die Matratze und hievte uns beide zurück, bis er mit mir auf dem Schoß am Kopfende lehnte.

Er fuhr mir mit den Händen durch die Haare und hielt mein Gesicht vor seins. »Muss ich dich wirklich fragen?« Er zwang mich, in seine leuchtend grünen Augen zu blicken.

»Du musst nicht, aber schön wäre es irgendwie schon«, gab ich zu, und Tränen liefen mir über die Wangen.

Wes seufzte und rieb seine Stirn an meiner. »Hoffentlich bereue ich das nicht«, flüsterte er, und seine Stimme zitterte vor Sorge, ja vielleicht sogar vor Angst davor, wie ich antworten würde. »Mia, meine Liebe, mein Leben, willst du mich heiraten?«

Ich blickte ihm in die Augen und sah, dass er fürchtete, ich könnte nein sagen. Um nichts in der Welt würde ich ihn abweisen. Ich wollte diesen Mann bis in alle Ewigkeit an mich binden. »Kann ich statt eines Eherings ein Motorrad haben?«

Wes blinzelte, warf den Kopf zurück und lachte.

Ich küsste seine Brust, während er sich ausschüttete vor Lachen, und küsste und knabberte mir den Weg hoch zu seinem Ohr. »Ja, Baby. Ich will dich heiraten.« Ich sprach die Worte aus, von denen ich wusste, dass er sie hören wollte.

Er schloss die Arme fester um mich. »Ich werde dich unheimlich glücklich machen.«

Ich sah ihm direkt in die Augen. »Also kaufst du mir wirklich ein neues Motorrad?«, fragte ich voller Hoffnung.

Er schüttelte den Kopf und küsste mich – so lange, bis mein Mund taub war und ich seine Lippen kaum noch an meinen spürte.

»Wann?«, fragte er heiser in mein Ohr, während er sich mit dem Mund den Weg zu meinen Brüsten herunterbahnte. Sah ganz danach aus, als würde in zwei Komma fünf Sekunden Runde zwei beginnen.

»Äh … nächstes Jahr?«, antwortete ich und drückte seinen Kopf gegen meine Brust, während er eine spitz aufgerichtete Brustwarze in den Mund nahm.

»Mhm. Also am ersten Januar«, murmelte Wes an meiner Brust. Er zupfte an meiner anderen Brustwarze und saugte fest an der ersten.

»Oh ja«, stöhnte ich. »Moment mal … was?«

****

Ich klopfte an die Tür von Antons Penthouse in New York. Wes stand neben mir, hatte den Arm um mich gelegt und mich fest an sich gezogen. Gerade als ich noch einmal klopfen wollte, öffnete sich die Tür. Ich war überrascht, dass ich überhaupt klopfen musste, schließlich hatte ich uns unten angemeldet.

»Da seid ihr ja!«, sagte Heather und hüpfte auf und ab. Sie trug an den Zehen offene Stiletto-Stiefel, die ihre ohnehin schon große Gestalt göttinnengleich machten. Ihre blonde Rockstarmähne war noch genauso schön wie in Miami. Sie trug ein hautenges pinkes T-Shirt mit der Aufschrift Pink ist das neue Schwarz quer über der Brust, das sie in ihre Röhrenjeans gesteckt hatte. Ein Nietengürtel vervollständigte das rockige Outfit. Durch ihre Haare zogen sich pinke Strähnen. Ihr ganzer Look wirkte ultrahip. Himmel, sie war einfach ultrahip.

Ich musste dringend mehr mit den Mädels unternehmen. Ginelle nervte mich seit zwei Wochen, wann ich endlich mit ihr in L. A. shoppen ging. Das mussten wir unbedingt machen, sobald ich wieder da war.

Heather zog mich aus Wes’ Armen in ihre eigenen, wiegte sich nach links und rechts, dann hielt sie mich auf Armeslänge von sich und musterte mich von Kopf bis Fuß. »Mädchen, ich hab dir in Miami doch Klamotten gekauft. Wieso trägst du sie nicht?« Sie rümpfte die Nase auf eine Weise, die nicht abwertend, sondern einfach ehrlich gemeint war.

Ich stöhnte und schüttelte den Kopf. »Ich mag es bequem.« Ich zupfte an meinem langärmligen Shirt vom Lorde-Konzert, das ich letztes Jahr mit Maddy besucht hatte. Die Frau hatte die Zuschauer buchstäblich in Ekstase versetzt, und das Shirt war verdammt cool. Dazu trug ich eine enge, verblichene Jeans mit Löchern an den Oberschenkeln und meine Bauerntreter, wie Max sie nannte – obwohl ich damit noch nie durch Kuhmist gelaufen war und sie sogar recht neu waren. Cyndi hatte Maddy und mir je ein Paar Stiefel geschickt, um uns daran zu erinnern, was in Texas auf uns wartete. Sie waren ziemlich scharf. Schwarzes Leder mit einem interessanten Design an der abgerundeten Spitze. Und das Beste daran? Die Schnalle an der Ferse.

Heather musterte die Stiefel. »Na ja, die Stiefel sind ganz süß.«

Hinter mir räusperte sich Wes.

»Ups. Heather, erinnerst du dich an meinen Freund Wes?« Ich deutete mit dem Daumen auf ihn.

»Äh, du meinst wohl Verlobter, Süße.« Er grinste und zwinkerte mir zu.

Heather riss die Augen auf, als hätte er ihr einen elektrischen Schlag verpasst. »Himmel, Mann! Ihr heiratet! Wie toll!« Sie zog uns beide in eine Art Gruppenumarmung, mit je einem Arm um mich und Wes. »Wahnsinn, Anton wird sich total freuen. Er liebt Hochzeiten.«

Ich prustete vor Lachen. »Wie kommt denn das? Er ist doch gar nicht verheiratet.«

»Ich weiß, aber er war schon mehrfach verlobt!«, sagte sie flapsig. Sie führte uns durch das weitläufige Penthouse in die Küche, wo Anton vor einem Gasherd stand und die Hüften zu einem Beat schwang, den nur er hörte. Es duftete göttlich. Irgendetwas, was auf dem Herd brutzelte, erinnerte mich an das Essen südlich der Grenze.

»Wer heiratet?« Anton wirbelte herum, den hölzernen Kochlöffel noch immer in der Hand. »Lucita! Du? Sag, dass das nicht wahr ist.« Er presste sich beide Hände aufs Herz und taumelte rückwärts gegen die Arbeitsplatte.

Ich lachte. Wes nicht. Er schlang einen Arm um meine Schultern. »Ja. Zeig ihnen deinen Ring. Wir heiraten am ersten Januar.« Seine Worte strotzten nur so vor männlichem Stolz.

Ich hielt die Hand hoch und sah Wes verwirrt an.

Anton riss die Augen auf. »Das ging ja schnell. Wow. Wie meine Großmutter sagen würde: Ihr vergeudet keine Zeit.« Grinsend zwinkerte er uns zu.

»Wir haben noch kein Datum ausgemacht.« Ich legte den Kopf schief.

Wes runzelte die Stirn. »Ich dachte, das hätten wir vorhin getan. Weißt du nicht mehr?«

»Alles, was mit erhitztem Gemüt beim Sex besprochen wird, zählt nicht. Das ist Nötigung!« Ich schob die Unterlippe vor.

Wes grinste und schüttelte den Kopf. »Pech gehabt. Du hast zugestimmt. Jetzt müssen wir nur noch entscheiden, wo.« Er strich über meinen Haaransatz und massierte mir dann den Nacken, der nach dem langen Reisetag verspannt war, ganz zu schweigen von der gewichtigen Neuigkeit unserer Verlobung, die ebenfalls auf mir lastete. Ich hatte noch nicht einmal Maddy oder Gin angerufen. Die beiden würden ausrasten, wenn die Sache herauskam, bevor ich Gelegenheit hatte, es ihnen persönlich zu sagen.

»Darüber reden wir später. Okay?« Ich stellte mich auf die Zehenspitzen und küsste ihn, erst einmal und dann noch einmal, damit er wusste, dass ich ihn nicht abwürgen wollte.

Er umfasste meine Wange. Ich drehte den Kopf und küsste seine Handfläche. Sein Blick war misstrauisch, aber ich merkte, dass das vor allem damit zu tun hatte, wo wir waren und mit wem wir den Abend verbringen würden.

»Na schön, Süße. Später. Genauer gesagt, morgen.« Sein Tonfall war fest, mit einem Hauch von Strenge.

Den Kompromiss konnten wir gern schließen. »Einverstanden. Und jetzt erzähl mal, was du so machst, Anton. Dein letztes Album war übrigens genial!«

»Lucita, das Album war der Hammer. Mochtest du den Song, bei dem meine Stimme über die Frauenstimme gelegt wurde?«

»Total! Und Heather, wie geht’s dir in deiner neuen Rolle? So als Managerin?« Als ich sie das letzte Mal gesehen hatte, war sie gerade erst befördert worden. Anton hatte nicht bemerkt, wie sehr er seine beste Freundin und persönliche Assistentin ausgenutzt hatte. Und als er kurz davor gewesen war, sie zu verlieren, hatte er ihr einen besseren Job angeboten. Soweit ich wusste, war jetzt alles in Butter.

Ehe sie antworten konnte, mischte Anton sich ein, was typisch für ihn war. Er liebte es, im Mittelpunkt zu stehen. Passte ja auch zu seinem Beruf, schließlich war er ein weltberühmter Rapper. »H ist asombroso … Wie heißt das noch mal? Großartig! Die Shows, die sie an Land zieht, die Klamottendeals. Fantástico! Sie zu befördern war die beste Entscheidung meines Lebens. War eine Superidee von mir.«

»Von dir!?«, brüllten Heather und ich gleichzeitig, dann bekamen wir einen Lachanfall.

»Okay, vielleicht war es nicht meine Idee. Aber ich fand sie gut.«

Ich verdrehte die Augen. Heather verschränkte kichernd die Arme.

»Egal. Was kochst du uns da Feines, Anton?«, fragte ich, ging um den Küchentresen herum und stieß ihn mit der Hüfte an.

Ohne mit der Wimper zu zucken, rührte er weiter in der Sauce, über die er mit Adleraugen wachte. »Ach, ein Standardgericht meiner familia. Arroz con pollo

»Das Wort ›Hähnchen‹ hab ich verstanden, aber was heißt der Rest?«

Er lachte leise. »Reis mit Hühnchen.«

»Na, du ziehst aber auch alle Register, was?«, konterte ich.

Anton strich mir die Haare über die Schulter und streichelte mit dem Daumen über meine Wange. »Für dich nur das Beste, lucita«, sagte er völlig ernsthaft, aber das Funkeln in seinen Augen verriet ihn.

Ich schnaubte. »Und das soll Hühnchen mit Reis sein?«

Er kniff die Augen zusammen. »Hey, das ist kein Scherz. Hühnchen und Reis mag doch jeder,

», Anton. Wes, willst du was trinken?« Ich drehte mich zu Weston um. Er tötete Anton förmlich mit Blicken, und ich hatte keine Ahnung, wieso. »Wes?«, fragte ich noch mal, bis er seine grünen Augen auf mich richtete. »Ein Drink?«

Heather kam herüber und riss die Kühlschranktür auf. »Ich hab eine Flasche Cristal kalt gestellt, die sollten wir aufmachen statt der Martinis, die ich eigentlich mixen wollte. Wir haben schließlich was zu feiern! Ihr heiratet! Oh mein Gott, sterbt ihr nicht vor Aufregung?«, fragte sie, während sie zum Küchenschrank ging und vier Champagnerflöten herausholte.

lucitahombreamorSalud

Ich grinste, und zum ersten Mal lächelte auch Wes den Latin Lov-ah an und nickte. Anton blickte erst auf Wes und dann auf mich, nickte uns zu und stürzte dann beherzt sein Glas in einem Zug herunter. Sofort verkündete er: »Segundo ronda

Wes drückte meine Schulter, und ich sah ihn an. »Ich bin froh, dass wir hier sind«, gab er zu.

Ich schloss die Augen, holte tief Luft und schmiegte meine Stirn an seinen Hals. »Ich auch. Die beiden sind gute Freunde und wollen nur das Beste für mich. Und das Beste für mich bist du.« Ich stupste mit der Nase gegen seine Wange.

Wes hob mein Gesicht und gab mir einen flüchtigen Kuss auf den Mund. »Ja, das sehe ich. Aber meine Gedanken sind noch immer … etwas … überschattet.« Er sprach so leise, dass nur ich ihn hören konnte. Doch Anton hatte sich ohnehin wieder dem Herd zugewandt, und Heather hatte unsere Gläser aufgefüllt und war zur Musikanlage hinübergegangen.

»Nein.« Ich strich ihm über die Schläfen. »Das sind alles unbegründete Sorgen. Für mich wird es nie einen anderen geben. Das schwöre ich.«

Er nickte und kam mir so nahe, dass ich seinen Atem auf meinen Lippen spürte. Ein Hauch von Champagner lag darin, ich konnte ihn fast schmecken. »Dafür sorge ich schon«, flüsterte er gegen meinen Mund, bevor er meine Lippen mit einem leidenschaftlichen, feuchten Kuss verschlang, wesentlich leidenschaftlicher, als es sich in Gesellschaft gehörte.

Wir lösten uns voneinander, als Applaus und Gejubel von den billigen Plätzen auf der gegenüberliegenden Seite der Küche ertönten. Das versprach ein langer, feuchtfröhlicher Abend zu werden.