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© Sina Blackwood - Geschichtenzauber Edition

Dezember 2020

Coverbild: golden dragon on a pile of gold

© Solomandra

Illustrationen: © Sina Blackwood

Layout: © Sina Blackwood

Die Personen und Namen in diesem Buch sind frei erfunden. Ähnlichkeiten mit heute lebenden Personen sind rein zufällig und nicht beabsichtigt.

Herstellung und Verlag:

BoD – Books on Demand GmbH, Norderstedt

ISBN: 9783752682908

Drachengeschichten
zum Selbstlesen

Fünkchen

Die von Drachenfels waren Schlitzohren. Selbst die Großeltern der Großeltern sprachen schon davon. Den Vogel der ganzen Sippe schoss aber Willibald ab, welcher rasch den Beinamen ‚der Verschlagene‘ erhielt.

Die große Burg derer von Drachenfels thronte über einem tiefen Tal mit schroffen, nackten Berghängen. Schon von weitem ließen sich Handelsreisende erspähen, denen man reichlich Wegezoll abverlangen konnte. Um wochenlange Umwege zu vermeiden, zahlten die meisten gern. Zumindest solange der Vater des Verschlagenen das Sagen hatte. Nach dessen Tod machte rasch das Gerücht die Runde, auf dem Talweg sei es nicht mehr ganz geheuer.

Die Händler zahlten, zogen weiter und wurden in den meisten Fällen nie mehr gesehen. Ganze Reitertruppen und Wagenkolonnen verschwanden spurlos.

Seltsam nur, dass es nie Leute des Burgherrn erwischte. Dafür schafften es Fremde immer seltener, unbehelligt durch das Tal zu kommen. Nur im Winter schien man halbwegs sicher zu sein, wenn man die vielen Schneelawinen unberücksichtigt ließ.

So wie die einen Hab und Gut verloren, wurde Willibald immer reicher. Noch dazu in einem Maße, dass es wirklich nicht mehr mit rechten Dingen zugehen konnte.

Die Sache kam schließlich auch dem König zu Ohren, der seinen tapfersten Ritter und einen Mönch entsandte, um dem Spuk auf den Grund zu gehen.

Wie alle Reisenden bezahlten die beiden ihren Wegezoll auf Willibalds Burg. Sofort, nachdem sie die Zugbrücke bei ihrem Weiterritt passiert hatten, ließ der Burgherr selbige hochziehen. In dem Moment glaubten Ritter Gernot und sein Begleiter, er täte es zu seiner eigenen Sicherheit, um von Mord- und Diebesgesindel verschont zu bleiben. Nach einem straffen Ritt von einer knappen Stunde wurde es auf dem Talweg voraus ungewöhnlich finster. Es war noch nicht mal Mittag und der Himmel zeigte sich im klaren Blau eines eisigen, aber schönen Wintertages. Der Mönch schaute Gernot fragend an.

Der Ritter zuckte unwissend mit den Schultern. „Es könnte einen Bergrutsch gegeben haben, dessen Gesteinsmassen nun uns und dem Licht den Weg versperren.“

„Hätten wir das nicht hören müssen?“, flüsterte Kuno und bekreuzigte sich hastig. „Auch hat Ritter Willibald keinen Hinweis darauf gegeben.“

Gernot lächelte schmal. „In wenigen Minuten werden wir schlauer sein.“ Er trabte unbeirrt auf die dunkle Masse zu, die das Tal ausfüllte, und sich hin und wieder zu bewegen schien. „Bleibt dicht bei mir!“, gebot er seinem zitternden Wegkameraden.

Der wäre aber auch nicht freiwillig nur einen Zentimeter von Gernots Seite gewichen! Stattdessen umkrampfte seine Hand das schlichte Holzkreuz, welches er an einem Lederband um den Hals trug.

Etwa 100 Meter vor dem Hindernis drang plötzlich ein lautes Grollen aus dem unförmigen Hügel auf dem Weg. Gernot zügelte überrascht sein Pferd. „Fünkchen?“, flüsterte er auffallend irritiert.