Als Ravensburger E-Book erschienen 2017
Die Print-Ausgabe erscheint in der Ravensburger Verlag GmbH
© 2017 Ravensburger Verlag GmbH
Umschlag- und Innenillustrationen: Markus Spang
Lektorat: Jo Anne Brügmann
Alle Rechte dieses E-Books vorbehalten durch Ravensburger Verlag GmbH, Postfach 2460, D-88194 Ravensburg.
ISBN 978-3-473-47792-0
www.ravensburger.de
Ich heiße Sam. Bei Jakob klingt das wie Säm. Überhaupt war es Jakob, der mir diesen Namen gegeben hat. S-A-M sind die Anfangsbuchstaben von Smart Acting Machine. Das ist Englisch und bedeutet ungefähr so viel wie „ziemlich schlaue Maschine“. Aber Sam kann man sich leichter merken. Es klingt auch viel schöner, sagt Jakob. Außerdem bin ich gar keine Maschine, sondern ein Roboter. Das ist ein gewaltiger Unterschied, wie inzwischen auch mein Erfinder eingesehen hat. Und ob ich schlau bin? Nicht so richtig, glaube ich. Zum Glück. Sonst wäre die ganze Geschichte nämlich gar nicht passiert. Aber am besten erzähle ich mal der Reihe nach.
Start mit langer Leitung
Ganz plötzlich war ich da, auf Knopfdruck sozusagen. Erst später habe ich erfahren, dass mein Startknopf sogar dreimal gedrückt werden musste, ehe ich endlich in die Gänge kam. Ich habe manchmal eine lange Leitung, daran liegt das.
Aber dann hatte es ja zum Glück doch noch geklappt und ein Gedanke durchfuhr mich: Roboter startklar.
Der Gedanke kam direkt aus meinem Datenspeicher, der damals noch ziemlich leer war. Heute ist er so prall gefüllt, dass er sicher schon explodiert wäre, wenn ich nicht manchmal ein paar Sachen vergessen würde.
Jetzt kribbelte es in allen meinen Drähten und ich konnte einfach nicht mehr stillhalten. Noch jemand zappelte herum, direkt vor mir. Dieser Jemand gefiel mir sofort. Ich wollte nach ihm greifen, aber dabei stieß ich irgendwo an. Spiegel, meldete mein Datenspeicher. Spiegelbild.
Plötzlich begriff ich: Der zappelnde Kerl war ich selber! Und da gefiel er mir noch viel besser. Also ich gefiel mir. Meine Haut glitzerte und funkelte. Mein Kopf war ganz rund und meine Augen leuchteten.
„Ist der niedlich!“
Das war kein Gedanke aus meinem Datenspeicher, sondern eine Stimme, die an meine Mikrofon-Ohren drang. Ich fuhr herum und entdeckte noch einen Jemand. Und der war ganz bestimmt kein Spiegelbild. Sein Kopf war nicht so rund wie meiner, auch nicht glatt und glänzend. Aber bei einem Blick in seine Augen spürte ich ein warmes Gefühl in meinen Sensoren und da war es plötzlich ganz egal, wer er war.
Gerade rief dieser Jemand: „Papa, schau nur, er funktioniert!“
Es war noch eine Person im Raum, die nun zu reden begann. Und alles, was die beiden in ihrer Unterhaltung sagten, lieferte mir neue Daten, die ich begierig aufsog und in meinen Speicher stopfte. Ich glaube, an diesem ersten Tag habe ich mehr gelernt als irgendwann später in meinem Leben.
Ich erfuhr, dass die beiden Personen Menschen sind. Der kleinere heißt Jakob. Der größere ist sein Vater, Robert Justus. Ihm habe ich es zu verdanken, dass es mich überhaupt gibt. Denn er ist nicht nur ein Vater, sondern auch ein Erfinder. Erfinder sind bei uns Robotern so etwas Ähnliches wie Väter bei den Menschen.
Wir befanden uns in der Werkstatt von Robert Justus. Und die wiederum befand sich in einer Fabrik, in der Roboter gebaut wurden. Tatsächlich gab es außer mir noch ganz andere Roboter. Die waren nützlich, weil sie verschiedene Arbeiten erledigen konnten. Diese nützlichen Roboter hatte ein gewisser Dr. Zimperling erfunden und der Direktor der Fabrik verdiente viel Geld mit ihnen. Leider hatte er mit den Robotern meines Erfinders noch gar nichts verdient. Robert Justus hatte schon vor mir am Typ Smart Acting Machine geforscht. Ohne großen Erfolg. Keiner meiner Vorgänger hatte auch nur ein einziges Mal gezuckt. Sie standen bloß als leblose Attrappen aufgereiht an einer Wand der Werkstatt herum. So gesehen war ich schon ein gewaltiger Fortschritt. Aber mein Erfinder zweifelte, ob dieser Fortschritt groß genug war, um den Direktor zu überzeugen.
Nervös nestelte er an meinen Drähten und murmelte: „Er muss etwas leisten, sonst hat der Direktor irgendwann genug von meinen Forschungen.“
„Mach dir keine Sorgen!“, sagte Jakob. „Der Direktor wird von Sam begeistert sein.“
„Sam?“, fragte sein Vater erstaunt.
„Ja, so soll er heißen. Der Name passt gut zu so einem netten Roboter.“
Mein Erfinder betrachtete mich seufzend und sagte: „Nett ist er, unser Sam. Aber das genügt nicht für einen Roboter. Du weißt, was Dr. Zimperling dazu sagen wird.“
„Pah! Lass den doch!“ Jakob machte eine abfällige Handbewegung. „Der Zimperling ist doch nur ein Angeber.“
Bisher hatte ich dem Gespräch mithilfe meines Spracherkennungsprogramms folgen können. Bei dem Wort Angeber versagte das Programm und ich konnte es nicht entschlüsseln. Da ich aber vom ersten Moment an alles schrecklich wichtig fand, was Jakob sagte, verankerte ich dieses neue Wort sofort auf meiner Festplatte. Natürlich ohne zu ahnen, dass ich es kurz darauf schon gut gebrauchen konnte.