Fast ein Jahr ist es nun her, dass die Elfen von Krateno das Licht der Welt erblickten. Dies ist nun die ersehnte Fortsetzung. Ein weiteres Mal will ich dich in den düsteren Einflussbereich dieses Volkes und ihres verdorbenen Kontinents entführen. Für mehr Informationen, zum vorliegenden Werk und anderen Büchern, besuche mich auf: www.lucian-caligo.de

Über den Autor:

Lucian Caligo, 1985 in München geboren, gehört zu den neuen aufstrebenden Selfpublishern. Nach seiner Schulzeit stolperte er in eine Bauzeichnerlehre, von der er sich zur Krankenpflege weiterhangelte. Fantastische und vor allem düstere Geschichten zu ersinnen, war in dieser Zeit nicht mehr als eine heimliche Leidenschaft. Erst im November 2014 beschloss er all seine Bedenken, wegen seiner Legasthenie und tausend anderen Gründen, über Bord zu werfen und seine Werke zu veröffentlichen.

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek:
Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über www.dnb.de abrufbar.

© 2016 Lucian Caligo

Illustration: Raimund Frey

Lektorat: Christina Reichel

Herstellung und Verlag: BoD – Books on Demand GmbH, Norderstedt

ISBN: 978-3-7412-5491-8

Der verschlungene Pfad

Dieses Buch bietet dir zwei Möglichkeiten, es zu lesen. Der erste und zweite Teil, also das Buch Marelija und das Buch Radonar, verlaufen parallel. Das bedeutet nach dem ersten Kapitel des ersten Buches, kannst du das erste Kapitel des zweiten Buches lesen. Darauf des zweite Kapitel des ersten Buches, worauf das zweite Kapitel des zweiten Buches folgt. Wenn du mir auf diesem verschlungenen Pfad durch dieses Werk folgen willst, findest du am Ende eines jeden Kapitels einen Hinweis darauf, wo es genau weiter geht. Das dritte Buch folgt erst nach dem Ersten und dem Zweiten.

Der verschlungen Pfad und der herkömmliche Weg ein Buch zu lesen, haben beide ihren Reiz.

Inhaltsverzeichnis

Prolog

Wir schreiben das Jahr 2324 nach dem großen Ereignis. Zwölf Jahre sind seit den Geschehnissen verstrichen, die angetan waren, die Welt der Elfen von Krateno zu erschüttern. Nur langsam geht alles wieder seinen gewohnten Gang. Zu tief sitzt noch der Schrecken über das, was geschehen ist. Im Leben eines Elfen bedeuten zwölf Jahre nicht mehr als ein Wimpernschlag. Doch das verfluchte Land relativiert die Unsterblichkeit dieses Volkes. Denn hier lauert überall der Tod. In seinem Vorhaben, die Elfen gänzlich auszumerzen, nimmt er groteske Formen an. Hervorgerufen von dem verseuchten Wasser, durchlebt die Tier- und Pflanzenwelt entsetzliche Mutationen. Selbst in einfachen Pflanzen wie Farnen erwacht dadurch ein Blutdurst, der nicht zu stillen ist, gepaart mit dem Hass auf alles, was lebt. Die Wirkung auf Elfen ist ebenso verheerend. Es heißt, dass es keiner der Hochgeborenen überlebt, von diesem Wasser zu kosten. Doch dies ist nicht die ganze Wahrheit. Die Wirklichkeit ist viel bizarrer. Tatsächlich nimmt ein Elf beträchtlichen Schaden, wenn er von dem verseuchten Wasser trinkt, aber was wäre, wenn er seinen Körper zuvor darauf vorbereitet?

Das Volk der Elfen ist im Niedergang begriffen. Überall auf Godwana sind sie nicht mehr als herumziehende Halunken, die niemand in der Nähe eines Dorfes oder einer Stadt haben will. Geblendet von ihrer Vergangenheit und traumatisiert von dem großen Ereignis sind sie nicht fähig sich zu einem neuen einigen Volk zu erheben. Anders auf dem Inselkontinent Krateno, hier könnte die Zukunft eines neuen geeinten Elfenvolkes anbrechen. Doch das verfluchte Land wird alles daran setzen, dies zu verhindern. Eine weitere Frage bleibt bestehen, welche Art der Elfen wird sich bei dem Kampf um die Vorherrschaft durchsetzen. Nach welcher Vision, nach welchen Werten, wird das Elfenvolk gestaltet werden. Bei all diesen Fragen bleibt noch eine Weitere: Ob die Elfen in der Esse verglühen, in der sie zu einer neuen Einheit geschmiedet werden oder nicht?

Mit Sicherheit wird der Preis, der dafür gezahlt werden muss, hoch sein. Vielleicht zu hoch.

Buch Marelija

I.

»Rache ist nicht Teil des Wesens der Hochgeborenen, diese ist den Tiefgeborenen vorbehalten«, sprach Conara über seine Schöpfung.

»Dann musst du deinen Geschöpfen die Freude versagen«, erwiderte

Drewar.

»Wie meinst du das?!«, empörte sich der Schöpfer.

»Rache wird aus dem Schmerz der Seele geboren«, sprach der heimtückische Gott. »Schmerz ist die andere Seite der Freude. Wenn du ihnen das eine versagst, werden sie auch das andere nicht empfinden.«

Aus dem Schöpfungsmythos der Hochgeborenen

Es gelang ihr gerade noch, unter dem Fangarm abzutauchen, der auf sie zu schnellte. Sie rammte das Knochenmesser von unten in den Greifarm. Grünes Blut sprudelte aus der geschlagenen Wunde. Die Bestie grollte wütend. Marelija gab sich nicht der Illusion hin das Monster damit aufzuhalten. Mit dem Schwung einer Drehung um die eigene Achse stieß sie den Speer gegen das Ungeheuer und traf. Aber die Knochenspitze prallte an der Baumrinde ab, die den Qualtra wie eine Rüstung umgab. Das Monster war irgendwie in einen Baumriesen eingewachsen und dabei hatte es diesen ausgehöhlt. Anstelle von Wurzeln quoll unten der fleischige Leib des Ungeheuers hervor. Aus den Astlöchern drangen dessen Tentakel. Das obskure Gebilde besaß eine Höhe von mindestens sieben Schritten.

Vergeblich suchte Marelija nach einer Möglichkeit das Monster tödlich zu treffen. Mittlerweile hatte sie es schon einmal umrundet, doch in dem Rindenpanzer gab es nicht einen Schwachpunkt. Ihr jugendlicher Stolz verhieß ihr, dennoch weiterzukämpfen. Mit gerade einmal dreißig Jahren galt sie in ihrem Volk als höchst unerfahren. Dies nahm sie in die Pflicht, ihre Kampfkraft unter Beweis zu stellen. Dieser Kampf schien die beste Gelegenheit dazu.

Ein Hagel aus peitschenden Hieben, dem sie nur schwer auszuweichen vermochte, ging auf sie nieder. Ihr Glück bestand darin, dass der Qualtra in dem Baumpanzer feststeckte und nur vergleichsweise wenige Fangarme hervordrangen. Der Holzpanzer machte dieses Monster allerdings auch unverwundbar. Nach einem langen Kampf musste sich Marelija eingestehen, dass sie der Bestie nichts entgegenzusetzen hatte.

»Enowir, wo steckst du?«, keuchte sie völlig außer Atem.

Als hätte er sie gehört erklang sein Ruf: »Marelija, hier rüber!«

Sie folgte seiner Stimme, die von Rettung kündete. Rücklinks sprang sie von dem Monster davon und stürzte dabei in eine Senke. Noch bevor sie gänzlich den Boden küsste, wurde sie aufgefangen und aus der Furche gezogen. Wieder auf den Beinen stolperte sie unbeholfen ihrem Retter hinterher. Das Monster kreischte martialisch, als es bemerkte, das seine Beute entkam.

»Merke dir, dass man die Schwachstellen seines Gegners erkennen und ausnutzen muss«, hob Enowir zu einer Belehrung an.

»Ist dies der richtige Zeitpunkt?«, fragte Marelija verunsichert.

»Na, wenn nicht jetzt ...« Enowir deutete auf das Monster.

Die Faranierin drehte sich um. Die Bestie kam in dem Moment bei der Furche im Boden an, welche die Spur eines gigantischen Obelisken sein mochte. Der Qualtra rutschte hinein und kippte dabei etwas nach vorn.

»Jetzt«, Enowir grinste sie an. Er stürmte auf die Bestie zu. Im Laufen zog er seinen Dolch und mit einem Sprung gelangte er bis auf die halbe Höhe des Baumstammes. Von der Wucht seines Aufpralls verstärkt, rammte er die kurze Klinge in das Holz. An dem künstlichen Haltegriff schwang er sich nach oben. Das Monster ruderte wild mit den Armen. Es kämpfte allerdings mehr um sein Gleichgewicht und nicht gegen den Angreifer. Enowir hatte indes das obere Ende des Baumstamms erreicht. Er riss das Schwert aus der Scheide und rammte es in die fleischige Masse, die dort in der Tiefe des hohlen Baumes liegen musste. Der Schrei des Monsters, welcher darauf folgte, war ohrenbetäubend. Der Baumstamm schwankte und fiel, als sei er gefällt worden. Noch bevor das Monster völlig darnieder lag, sprang Enowir ab. Er landete so geschickt auf beiden Beinen, dass er sich nicht einmal abrollen musste, um die Wucht seines Aufpralls abzufangen. Hinter ihm krachte der bizarre Qualtra im Baumstamm zu Boden. Aus dem Stamm lief in Bächen das verseuchte Blut.

»Woher wusstest du, wo das Monster sein Gehirn hat?«, wollte Marelija verblüfft wissen. »Ich habe noch nie solch eine Verbindung von Pflanze und Tier gesehen.«

Enowir kratze sich verlegen an seinem schwarzen Schopf. »Es muss irgendwie Essen. Beim Qualtra liegen Augen und Mund sehr dicht beisammen. Eigentlich wollte ich es nur blenden«, gestand er ihr.

Ungläubig blickte Marelija ihren Begleiter an. Einen gewöhnlichen Elf, hager zu nennen, mit einem breiten Kreuz. Seine drahtigen Muskeln waren unter der Kleidung verborgen, welche aus nachtschwarzem Echsenleder bestand. Seine Haare waren so schwarz wie bei ihren eigenem Stamm. Die Haut seines Gesichts jedoch deutlich blasser und mit Narben zerfurcht. An ihm schien nichts besonders, ihren Erwartungen zum Trotz. Denn ihr Onkel Norfra hatte ihn als einen außergewöhnlichen Helden beschrieben. Doch das konnte sie nicht von ihm behaupten. Außergewöhnlich an ihm schien lediglich seine Bewaffnung. Er trug einen Bogen, der aus einem ihr unbekanntem Material gefertigt worden war, dazu einen Köcher, in dem sich Pfeile aus demselben rätselhaften Werkstoff befanden. Diese Waffe benutze er jedoch selten. Im Kampf verlies er sich ganz auf seinen Dolch und das Schwert, diese besaßen die besten Klingen, die Marelija je gesehen hatte. Die meisten Reisenden seines Klans trugen verrostete und schartige Waffen, die nicht selten nachgeschliffen werden mussten, nur um anschließend im Kampf zu zerbrechen. Ganz anders Enowirs Ausrüstung, diese erweckte den Anschein der Unzerstörbarkeit.

Es gab nur zwei Besonderheiten, die sie ihm wirklich zugestand: Zum einen besaß er einen eigentümlichen, für Elfen gänzlich untypischen Humor, der in den unmöglichsten Situationen zu Tage trat. Zum anderen wurde seine dunkle Augenfarbe gelegentlich von einem silbernen Schein überlagert, dies konnte man jedoch nur erkennen, wenn man genau hinsah.

»Was hast du?«, erkundigte sich Enowir, der ihrem Blick ungebrochen standhielt. »Ist es wieder die eine Frage, die du dir immer stellst?«

Marelija spürte, wie ihr die Hitze ins Gesicht stieg. Für ihre dunkle Haut konnte sie nur dankbar sein. So erkannte man kaum, dass sie errötete. Sie machte es Enowir viel zu einfach, sie zu durchschauen. Die besagte Frage hatte sie ihm nicht nur einmal gestellt und immer dieselbe Antwort bekommen.

»Ich weiß es auch nicht«, erwiderte Enowir geduldig. »Aber ich kann Norfra keine Bitte abschlagen. Nicht nach dem, was er für mich getan hat.«

Es fühlte sich seltsam an, dass sie beide nicht wussten, warum sie sich gemeinsam durch die Wildnis kämpften. Marelija empfand dies gelegentlich wie einen Kuppelversuch ihres Onkels, zwischen ihnen. Dass sich ihre beiden so völlig unterschiedlichen Klans trafen, um sich zu beraten, war in den letzten Jahren zur Regel geworden. Krieger untereinander auszutauschen, war dagegen noch nie vorgekommen. So hatte es Marelija völlig unvorbereitet getroffen, als ihr Onkel sie gleich beim ersten Besuch bei dem fremden Klan zurückgelassen hatte. Mehr noch, er hatte Enowir gebeten, sie unter seine Fittiche zu nehmen. Wie ein kleines Mädchen, das den Schutz eines starken Mannes bedurfte. Dies hatte sie als demütigend empfunden. Der Gedanke beschämte sie noch heute. Obwohl sie nun schon fast zwei Jahre mit Enowir zusammen unterwegs war. Natürlich hatte sie von ihrem Onkel zu wissen verlangt, was er sich davon versprach, doch er hatte nur in seiner üblichen rätselhaften Weise geantwortet. »Damit du es lernst!« Das waren seine Worte gewesen, nicht mehr. Hätte er gesagt: Um Vorurteile abzubauen oder für eine bessere Verständigung unserer Kulturen, hätte sie dies nachvollziehen können. Doch um was handelte es sich, dass sie nur in der Gesellschaft von Enowir lernen konnte?

Enowir hebelte den Dolch aus der Rinde und steckte ihn zurück in die Scheide. Er kratzte sich grübelnd am Kinn. »Ungewöhnlich«, kommentierte er seine Beobachtung.

»Vielleicht ist der Qualtra in ein Astloch gekrochen und hat sich von dem Baum ernährt, bis er ausgewachsen war«, überlegte Marelija, froh darüber, das Thema wechseln zu können.

»Ich meine eigentlich die Spuren im Boden.« Er deutete auf die breite Rille, die das Monster ins Straucheln gebracht hatte.

»Die Spur eines Basilisken«, spekulierte Marelija. Ihr reges Interesse an der Fährte blieb allein dem Themawechsel geschuldet.

»Mal davon abgesehen, dass es ein sehr großer Basilisk gewesen sein muss, schau dir den Verlauf an.« Er deutete mit dem blutbesudelten Schwert über die Ebene.

Nun fiel es auch Marelija auf. Sämtlicher Pflanzenbewuchs war niedergerissen worden, dazwischen zeichneten sich gigantische, geschwungene Bahnen ab. »Wie eine Schlange die sich im Angriff bewegt«, stimmte sie zu.

»Eine verdammt große Schlange«, fügte Enowir der Einschätzung hinzu. »Schau dir die Ränder dieser Spuren an. Sie weisen die Richtung, in die unsere Schlange unterwegs ist.«

Marelija konnte jedoch kaum einen Unterschied in der Umrandung der Spur erkennen.

Mittlerweile befand sich Enowir in der Furche und griff beherzt in den Erdboden, um ihn zwischen seinen Fingern zu zerreiben. »Die Fährte ist noch frisch«, erklärte er.

Alarmiert umfasste Marelija ihren Kampfstab. Die Geste mutete angesichts der zu vermutenden Größe des Monsters lächerlich an.

Enowir sah besorgt aus. »Was hast du?«, erkundigte sich Marelija, als sie dies bemerkte. Beiläufig zerquetschte sie, mit ihrem Kampfstab, einen Skorpion, der sie aus grünen Augen anfunkelte.

»Dieses Monster, es ist zu groß für diese Gegend«, mutmaßte Enowir.

In Marelijas Heimat gehörten solche gigantische Bestien zum Alltag. Die Faranier kannten die Territorien der größeren Ungeheuer und hielten sich davon fern. Eigentlich waren diese gewaltigen Monster sogar nützlich, da bei ihnen viele gefährliche Kreaturen auf dem Speiseplan standen. Von kleineren Tieren wurden sie nicht satt, also setzten sie diesen nur selten nach. Es konnte also sogar besonders sicher sein, das Lager in der Nähe einer solchen Bestie aufzuschlagen. Allerdings war es Marelija nicht verborgen geblieben, dass es in dem Territorium von Enowirs Klan keine solchen gigantischen Monster gab. Wenn ein solches Wesen bis hier hin vordrang, dann bedeutete dies ein Ungleichgewicht in der Tierwelt, welches nur schwer kompensiert werden konnte.

»Es scheint sich aber von der Festung wegzubewegen«, erriet Marelija Enowirs Sorge.

»Der direkte Weg ist auch nicht möglich, solch ein Monster benötigt zu essen und zu trinken«, überlegte der Reisende. »Komm.«

»Und die Beute?«, erkundigte sich die Faranierin, nach dem erlegten Monster.

»Das Fleisch ist vergiftet. Es würde zu lange dauern die Rinde aufzubrechen, um nach der Brut zu sehen«, er sah zu dem niedergeworfenen Qualtra. »Außerdem sind diese Viecher widerlich.«

Marelija grinste. Dies war natürlich kein Kriterium, nachdem man auf Krateno seine Beute auswählte. Hier zählte allein das Überleben. Aussehen und Geschmack der Nahrung spielten dabei eine untergeordnete Rolle.

Nach einem kurzen Fußmarsch erreichten sie ihre Reitechsen, welche sie an einem sauberen Wasserloch zurückgelassen hatten. Anbinden musste man die schwarzgeschuppten Tiere nicht. Sie waren so abgerichtet worden, dass sie sich ohne Reiter nicht weit von der Stelle bewegten, an der man sie zurückließ. Sie anzubinden würde sie zu einer leichten Beute für andere Raubtiere machen. In Freiheit hingegen konnten sich die Echsen gegen einen Angriff verteidigen.

Marelija nahm einen tiefen Schluck aus dem Wasserloch, eine der wenigen sauberen Quellen in dieser Gegend. Enowir beharrte darauf, dass es hier einst viel mehr trinkbares Wasser gegeben hatte. Deshalb befanden sie sich bereits auf dem Rückweg zu ihrem Klan, um Meldung über die Verunreinigung der Quellen in diesem Gebiet zu machen. Die Reisenden waren Augen und Ohren einer Elfengruppierung. Außerdem forschten sie in der Wildnis nach Relikten aus ihrer Vorzeit. Neben dem vergifteten Wasser gab es nun einen weiteren Grund, um so schnell wie möglich zur Festung zurückzukehren. Es galt dort vor dem gigantischen Monster zu warnen, welches möglicherweise in Richtung ihrer Heimat zog.

Die beiden Gefährten schwangen sich in die Sättel ihrer Echsen. Für Marelija war es noch immer ungewohnt eine Bestie zu reiten. In ihrem Klan wäre man nie auf die Idee gekommen, ein Monster abzurichten. Auch unter Enowirs Leuten griff kaum einer auf diese Art Reittier zurück. Wenngleich ihre Vorzüge nicht von der Hand zu weisen waren. So schnell, wie auf dem Rücken dieser Tiere, war Marelija noch nie gereist. Trotz ihres furchteinflößenden Äußeren waren die Bestien handzahm. Dennoch beunruhigte Marelija das Aussehen dieser Monster: Schwarze Schuppen, zwischen denen dünne Härchen hervorwuchsen, gelbe, geschlitzte Augen, scharfe lange Zähne, zwischen denen sich Speichelfäden spannten, in einem Maul, das meist weit offen stand. Wenn die Echsen nicht gerade nach irgendetwas schnappten, bliesen sie ihren fauligen Atem in die Luft. Alles in allem erweckten sie bei Marelija kein sonderliches Vertrauen.

Auch wenn sie schnell vorankamen, so würden sie heute nicht mehr bei der Festung ankommen. Auf einer Anhöhe, entschlossen sie Rast zu machen. Zwar waren sie dort weithin sichtbar, aber im Mondschein konnten sie ebenfalls das Umland überblicken. Die meisten Kreaturen jagten mit Hilfe ihres Geruchssinns, oder spürten die Erschütterungen des Bodens. Hier zu lagern verschaffte ihnen einen Vorteil gegenüber diesen Bestien, weil sich diese kaum unbemerkt an sie heranschleichen konnten.

Die beiden Gefährten teilten sich die Reste ihres Proviants, welcher aus getrocknetem Fleisch bestand. Des Nachts setzte sich Enowir meist mit untergeschlagenen Beinen hin, legte die Hände auf die Knie und schloss die Augen. Diese Haltung erinnerte Marelija an jene, die ihr Onkel einnahm, um zu meditieren. Der Beweggrund war jedoch ein anderer. Enowir tat dies, um Ruhe zu finden. Ohne tatsächlich schlafen zu müssen, tauchte er in einen Zustand der Wachsamkeit ab, in dem er aufmerksamer war, als in seinem gewöhnlichen Wachzustand. Marelija vermutete, dass er auf diese Weise sogar ihre Blicke spürte. Norfra hingegen bekam in dieser Haltung nichts von dem mit, was um ihn herum geschah. Er schickte seine Seele auf Wanderschaft, wie er meinte, und konnte so spüren, was sich weit entfernt ereignete. Vielleicht war es diese Art der Meditation, die Marelija von Enowir lernen sollte?

»Dieser verdammte Schamane«, flüsterte Marelija halbernst, als ihr etwas klar wurde. Indem er ihr sagte, dass sie etwas zu lernen habe, lernte sie bereits, weil sie noch genauer hinsah, um zu ergründen, was es wohl sein mochte, das sie zu lernen habe. Sie bettete ihren Kopf auf dem Rucksack, wobei sie ihre geflochtenen Haare nach hinten schob, und rollte sich zusammen. Wenn die Echsen um sie herum schlichen und Enowir Wache hielt, konnte sie beruhigt schlafen. Dennoch behielt sie eine Hand an ihrem Dolch mit der geschliffenen Knochenklinge. Fröstelnd zog sie die Beine an, um sich warmzuhalten. Dieses Land war des Nachts bedeutend kälter als ihre Heimat. Kein Wunder, das die Elfen hier viel mehr Kleidung trugen. Marelija hatte bereits versucht den Lendenschurz gegen eine Hose zu tauschen und die Lederbinde um ihre Brust gegen ein Hemd, mit einen leichten Panzer. Allerdings fühlte sie sich darin wie eingesperrt. Von Stiefeln ganz zu schweigen. Gegen dieses Gefühl, der Gefangenschaft, nahm sie etwas zu frieren billigend in Kauf.

Marelija sank in einen unruhigen Schlaf, der ihr Bilder von daheim zeigte. Von schroffen Felsen und weiten Wüsten. Von der Zeltstadt ihres Stammes, von ihren Freunden, mit denen sie auf die Jagd gegangen war und dabei so manches Abenteuer erlebt hatte.

Die warmen Sonnenstrahlen, welche sich wie eine Decke über ihren spärlich bekleideten Körper legten, entspannten sie und vertieften ihren Schlaf. Geweckt wurde sie von dem Geruch nach gebratenem Fleisch und dem Knistern von brennendem Holz. Sie schlug die braunen Augen auf und blickte in die Flammen eines Feuers, über das Enowir einen Spieß gelegt hatte, auf dem sich ein hautloses Tier drehte.

»Unsere geschuppten Freunde haben uns nachts etwas gefangen«, erklärte ihr Gefährte.

»Mit dieser Angewohnheit komme ich nicht so wirklich klar«, gähnte Marelija und stemmte sich hoch. Sie lies die Wirbel ihres Halses knacken.

»Dies ist ihre Art uns ihre Zuneigung auszudrücken«, meinte Enowir unbekümmert. »Mir ist es ganz recht, das getrocknete Fleisch schmeckt auf Dauer fad.«

»Aber etwas zu essen, dass sie in ihren Mäulern hatten?« Marelija schüttelte sich beim Gedanken an die geifernden Echsen.

»Zumindest ist das Fleisch dann schön saftig«, grinste Enowir über seinen Scherz, als stamme dieser nicht von ihm selbst.

Diese Eigenschaft ihres Begleiters irritierte Marelija auch nach den beiden Jahren, in denen sie zusammen unterwegs waren. Auf der einen Seite schien Enowir ein sehr ernsthafter Charakter, der alles genau durchdachte. Auf der Anderen stürzte er sich völlig unüberlegt in die gefährlichsten Situationen und neigte zu albernen Scherzen. So als würden zwei Seelen in der Brust des Elfen wohnen.

Enowir teilte das Stück Fleisch in zwei Teile und reichte ihr das Größere herüber. »Iss dein Frühstück«, forderte er sie auf. »Ich fürchte, es ist etwas zu trocken geworden. Aber ich kann eine Echse bitten es noch einmal einzuspeicheln, dann hättest du so etwas wie eine Soße«, bot er an.

Marelija schüttelte sich bei diesem Gedanken. »Nein danke«, lehnte sie ab.

Enowir lacht amüsiert.

Allerdings musste sie ihm recht geben, dieses Fleisch schmeckte besser, als jenes haltbargemachte, welches sie in ihren Rucksäcken mit sich herumtrugen.

»Ich habe gespürt, wie sich das schlangenhafte Monster weiter in Richtung unserer Festung bewegt«, erklärte Enowir. »Wir müssen dort hin und Daschmir warnen, vielleicht fällt ihm etwas ein.«

»Wäre es nicht ratsam, erst einmal herauszufinden, um was es sich dabei handelt?«, überlegte Marelija schmatzend.

»Sicher«, stimmte Enowir zu. »Aber sollten wir es dabei aufscheuchen, locken wir es vielleicht erst recht zu unserer Festung. Ich fürchte, dass die Palisaden diesem Ungetüm nicht standhalten können.«

Die Feste bestand lediglich aus Holz, den schwarzen Schuppen und dem Kopf eines Lindwurms, der einst in einer Höhle am Berg gehaust hatte. Die Holzpalisaden waren gestaltet worden, als läge die Bestie noch immer vor seiner Heimstatt, dies sollte andere Monster abschrecken. Bisher hatte dies gut funktioniert. Auch wenn Marelija wusste, dass der Grund, warum so wenige Untiere zur Festung emporstiegen, in dem kargen Land davor lag. Dieses hatte einst der Lindwurm eingeebnet. Seither war dort nichts mehr gewachsen. Das Geröll roch immer noch nach dem Untier. Nur deshalb hielten sich die Bestien von diesem Gebiet fern. Ein Monstrum wie die am gestrigen Tage gefundene Spur verhieß, würde dieser Geruch jedoch anlocken. Vielleicht, um sich eines Fressfeindes zu entledigen oder um ihm das Revier streitig zu machen. Dies stellte die eigentliche Bedrohung an dieser Situation da. Dennoch blieb Enowir gelassen. Krateno verlangte einem jeden Elfen eine gewisse Kaltblütigkeit ab. Es gab immer schwierige Umstände, die, wenn man alle Eventualitäten in Erwägung zog, mit der Auslöschung des eigenen Klans endeten. Diese Erfahrung fehlte Marelija in ihrem kurzen Leben. Deshalb konnte sie sich einer gewissen Nervosität nicht erwehren.

Nach ihrem ausgiebigen Frühstück setzten die beiden ihren Weg fort. Als sie ein gutes Stück weit gekommen waren, hielt Enowir seine Reitechse an und wandte sich um. Kommentarlos wies er zum Horizont.

Marelija hatte etwas Mühe damit, der Echse ihren Willen aufzuzwingen. Einmal in Bewegung waren diese Tiere schwer anzuhalten. »Wie hast du das bemerkt?«, staunte sie. Von ihrer erhöhten Position konnten sie weit ins Landesinnere sehen. Über eine karge Fläche hinweg, deren Übergang in eine saftige Wiese relativ hart verlief. Diese mündete in ein Wäldchen und darin bewegt sich etwas. Es riss etliche Bäume nieder und wirbelte dabei eine Menge Staub auf. So konnten Marelija zwar nicht erkennen, was dort vor sich ging, aber es ließ nur einen Rückschluss zu: Dort tobte die Bestie.

»Hast du so etwas schon einmal gesehen?«, erkundigte sich Enowir. Er wusste, das Marelija sich durch ihre Herkunft aus dem Süden von Krateno mit gigantischen Monstern besser auskannte als er.

»Das könnte vieles sein«, antwortete sie. »Wir können nur dankbar dafür sein das dieses Monster offenbar nicht fliegen kann.«

»Das können wir wirklich«, stimmte Enowir zu. Er sah dem Monstrum noch eine Weile beim Wüten zu, doch es hielt sich dabei immer hinter einer Wolke aus Staub verborgen. Man war versucht, ihm dabei eine gewisse Absicht zu unterstellen. »Sieht aus, als würde dort ein Kampf stattfinden. Es bewegt sich nicht, weder nach vorn noch zurück.«

»Zumindest scheint es zu jagen. Was ist das größte Monster, das hier vorkommt?«, erkundigte sich Marelija.

»Das Größte ist eine Hydra, oder ein Taurus, aber eigentlich nur, wenn dein Klan ihn mitbringt«, neckte Enowir.

Diesen Scherz verstand Marelija nicht. »Nun eine Hydra könnte so ein Monster vielleicht für eine Weile satt machen«, schätzte sie die Situation ein.

»Diese Zeit müssen wir nutzen.« Enowir wendete seine Reitechse und preschte weiter in Richtung der Festung seines Klans.

Marelija hingegen hatte etwas Mühe ihrem Reittier zu signalisieren seinen Weg fortzusetzen. Die Echse konnte sich nur schwer von dem Anblick der entfernt tobenden Bestie losreißen.

Zu Fuß wären sie noch einen weiteren Tag unterwegs gewesen. Doch beritten kam die Festung von Daschmirs Klan schon zu Sonnenhöchststand in Sicht. Sie lag am Fuße eines zerklüfteten Bergers. Bedrohlich sah sie aus. In den Augen des skelettierten Lindwurmkopfes loderten zu jeder Tages- und Nachtzeit zwei Fackeln, um sein angriffslustiges Äußeres zu unterstreichen. Über den Schädel lag noch immer die vertrocknete Haut des Ungetüms. Erst wenn man näher herankam, bemerkte man, dass sie etwas verrutscht war. In den vergangenen Jahrhunderten war das Fleisch darunter verrottet und nur das sonnengegerbte Leder der Lindwurmhaut zurückgeblieben. Die Schuppen des Monstrums hatte man auf den Palisaden angebracht. So erhielt diese Festung das Aussehen eines lauernden Lindwurms. Es gab eine Legende zu dem Tod der Bestie: Angeblich hatte sie ein einziger Krieger zur Strecke gebracht. Unter Einsatz seines Lebens soll er in das Maul des Ungeheuers gesprungen sein und es mit einem Stich seines Schwertes durch das Gaumendach ins Gehirn getötet haben. Es gab tatsächlich ein Loch im Gaumen des Monsters, welches zu einer Schwerklinge passte. Enowir hatte sie Marelija gezeigt, als die beiden zum ersten Mal zusammen losgezogen waren. Auch besagter Krieger, der das Monstrum getöteten haben sollte, lebte heute noch. Seine Haut wies erhebliche Brandwunden auf und seine Augen waren getrübt. Ganz so als habe der Lindwurm ihn mit seinem Flammenatem verbrannt, als er in dessen Maul stand. Der Elf hieß Franur und saß seither am Eingang der Höhle, die am Fuß des Berges lag, in der einst der Lindwurm gehaust hatte. Dort hatte sich nun der siegreiche Elfenklan niedergelassen. Seither soll sich Franur nur einmal erhoben haben, um ein weiteres Mal seinen Klan zu verteidigen. Nämlich vor den Machenschaften eines Intriganten, der versucht hatte, Zwietracht zwischen den Klans zu säen. Im Laufe dieser Krise hatten ihre beiden Klans zusammengefunden.

Der Eingang der Festung befand sich im Maul des Lindwurms, welches immer weit offen stand. Aus dem Kiefer hatte man in der Mitte einige Zähne herausgebrochen, so dass man die etlichen Zahnreihen zu Fuß überwinden konnte. Für die Echsen war dieser Durchgang jedoch zu schmal. So musste man Planken über die Zähne legen, damit die Tiere ebenfalls durch den Eingang schreiten konnten. Anfänglich hatten sich die Reitechsen noch gesträubt. Doch mit jedem Mal gewöhnten sie sich mehr daran, in das Maul einer Bestie zu steigen. Mittlerweile schritten sie wie selbstverständlich über die ausgelegten Bretter.

Enowir wechselte wie immer ein paar freundliche Worte mit den Wächtern. Doch seine gewählten Silben trugen keine persönlichen Gefühle mit sich. Das lag vermutlich daran, dass er die Wächter nicht kannte. Dieser Klan war unfassbar groß. Die Anzahl der Leben wurde auf siebenhundert geschätzt. Als ein Reisender verbrachte Enowir die meiste Zeit außerhalb der Festung. Der mangelnde soziale Kontakt hatte dazu geführt, dass er seinem eigenen Klan fremd geworden war. Dies hatte Marelija zunächst nicht bemerkt, weil sie sich unter den andersartigen Elfen unwohl fühlte. Wegen ihrer Hautfarbe wurde sie ständig von vielen neugierigen Blicken gemustert. Sie war dem Rat von Enowir gefolgt und versuchte seither den Gaffern keine Beachtung zu schenken. Ab diesem Zeitpunkt war ihr aufgefallen, dass es Enowir ähnlich erging. Die Reisenden genossen ohnehin den Ruf, recht sonderbar zu sein, weshalb sie meist ausgegrenzt wurden. Doch Enowir wurde selbst von seiner eigenen Zunft behandelt wie ein vergifteter See, dem man besser nicht zu Nahe kam. Marelija blieb es ein Rätsel, womit ihr Gefährte diese Behandlung verdient hatte. Zugegeben, es gab kaum einen Elf in diesem Klan, der solch dunkle Haare hatte, aber das konnte nicht der Grund sein. Sie selbst empfand seine Gesellschaft als sehr angenehm. Er spielte sich ihr gegenüber nur selten als Lehrmeister auf und wenn dann mit einer gehörigen Portion Selbstironie. Von einem anderen Elfen gleichwertig behandelt zu werden war fremd für sie, schon wegen ihres Geschlechts. Die Frauen in diesem Klan schienen prinzipiell eine unterwürfige Haltung den Männern gegenüber einzunehmen. Auch wegen ihres Alters wurde Marelija nicht ernst genommen. Für Enowir galten indes andere Maßstäbe.

Um gänzlich in die Festung zu gelangen, mussten die beiden um einige Palisaden herumlaufen, die sich nur überwinden ließen, indem man an ihnen bis zu ihrem Ende vorbeischritt. Dies diente dazu, Angreifern das Eindringen in die Festung besonders schwer zu machen. Denn ein Tor stellte immer eine Schwachstelle da. Dadurch, dass diese so weit auseinander lagen, sicherte man die Festung zusätzlich ab.

»Drückend nicht wahr«, kommentierte Enowir die Schlucht aus Holz, durch die sie hindurchritten.

»So hat eben jeder Klan seinen Weg gefunden, hier zu überleben«, erwiderte Marelija. »Aber du hast recht. Wenn man gerade aus der Wildnis kommt, wirkt diese Verteidigungsanlage wirklich beklemmend.« Gemeinsam schlängelten sich die beiden durch die Wehrgänge.

»Ich bin nicht gerne hier, auch wenn dieser Klan meine Familie sein sollte«, offenbarte Enowir.

Eigentlich wollte Marelija sich erkundigen, warum es ihm so erging. Aber auf dem Rücken der Echsen hatten sie die drei Palisadenreihen schnell überwunden. So blieb für tiefschürfende Gespräche keine Zeit.

Am Eingang zum Lager der Festung nahm man ihnen kommentarlos die Echsen ab. Auf dem Platz vor der Höhle standen etliche mit schwarzem Leder bespannte Zelte, in denen wenige Elfen lebten. Sie dienten anderen Zwecken. Hier wurden vor allem die Waffen untergebracht, welche die Reisenden auf ihren Unternehmung fanden. Man machte hier auch das Fleisch haltbar, das die Jäger einfuhren. In einigen großen Zelten bot man den Elfen ein Nachtlager, welche sich bald wieder in die Wildnis aufmachten. Außerdem vermehrten sich die hier lebenden Elfen, in dem sie ein bestimmtes Zelt aufsuchten, um sich dort - nun ja, zu lieben. Diese Formulierung wäre zu hoch gegriffen. Der Geschlechtsakt besaß in diesem Klan etwas Förmliches, wie eine Pflicht, die man zu erfüllen hatte. Marelija wunderte sich jedes Mal aufs Neue über diese Praktik. In ihrem Klan wurde miteinander geschlafen als Zeichen höchster Freundschaft und Zuneigung. Nicht wenige glaubten, dass sie danach in Nibahe verbunden waren. Dies bezeichnet eine mystische Kraft, welche die Elfen auf ewig verband. Man sagte selbst Galwar, der Gott des Todes, sei unfähig diesen Bund zu lösen. Allerdings handelte es sich dabei um eine Legende. Marelija kannte keine Elfen in ihrem Klan, die wirklich auf diese Weise verbunden gewesen wären. Viele hatten dies behauptet, doch mittlerweile waren sie alle wieder getrennt. Norfra nannte dies, eine Albernheit der Jugend. Er selbst kannte angeblich nur einen einzigen Fall, in dem es zwei Elfen geglückt war, dieses Band zwischen sich zu schmieden. Wer diese waren, darüber schwieg sich der rätselhafte Schamane jedoch aus.

Zwischen den schwarzen Zelten, deren Planen aus dem Leder des Lindwurms gefertigt waren, wuselten etliche Elfen herum, die ihren verschiedenen Tätigkeiten nachgingen. Enowir wurde von keinem begrüßt. Allerdings erntete er die unterschiedlichsten Blicke, von neugierig bis herablassend schien alles dabei zu sein. Marelija konnte die Gefühlsregungen der Elfen gegenüber Enowir deutlich wahrnehmen. Dies alles zeigte ihr, dass in der Vergangenheit irgendetwas geschehen sein musste, das diese Reaktionen hervorrief. Das waren nicht die üblichen Ressentiments gegenüber Reisenden.

»Willst du mir sagen, was zwischen dir und deinem Klan vorgefallen ist?«, fragte Marelija leise und zugleich vorsichtig. Diese Frage beschäftigte sie immer dann, wenn sie in die Festung zurückkehrten. Sie hatte bisher nur noch nicht den Mut gefasst, sich danach zu erkundigen. Es fühlte sich falsch an.

»Das ist kein großes Geheimnis«, erwiderte Enowir ungerührt. »Es ging, um eine der Neuerungen, die ich mit Daschmir ersonnen hatte. Sie fand allerdings keinen Anklang. So das Daschmir sie zurückziehen musste.«

»Und was wolltet ihr verändern?«, erkundigte sich Marelija. Sie spürte, dass er ihr etwas vorenthielt.

»He! Wenn ihr in die Höhle wollt, dann müsst ihr die Waffen abgeben!«, beschwerte sich der Elf im Waffenzelt. Er musste neu in seiner Position sein, den jeder Waffenmeister wusste das Enowir, sein Schwert, den Dolch und den Bogen niemals abgab. Auch Marelija hatte durch ihn das Recht erworben, ihre Waffen zu behalten. Dennoch stürmte ihnen der junge Elf hinterher. Er war vermutlich nur etwas älter als sie. Er beging den Fehler, Enowir an der Schulter zu packen. Der Reisende reagierte so schnell darauf, dass Marelija nicht sagen konnte, wie es vonstattengegangen war.

Der junge Elf lag am Boden und blickte verstört zu Enowir auf. »Ich muss meine Waffen nicht abgeben, eine Anweisung von Daschmir«, erklärte er dem Niedergegangenen. Er reichte ihm eine Hand, um ihm aufzuhelfen.

»Du bist Enowir?«, vergewisserte sich der junge Waffenmeister, bevor er die Hand ergriff.

Der Angesprochene nickte.

Darauf zog es der Elf vor, ohne Hilfe aufzustehen. »Und was ist mit ihr?«, erkundigte er sich verunsichert, wobei er auf Marelija deutete.

»Sie gehört zu mir«, erklärte Enowir.

Damit schien die Sache geregelt. Der Waffenmeister, der noch grün hinter den spitzen Ohren war, trottete ohne ein weiteres Wort zu seinem Zelt zurück.

»Das verstehe ich nicht, wieso bist nur du von dieser Pflicht ausgenommen?«, fragte Marelija verwirrt.

»In dem Waffenzelt wird alles Kampf- und Jagdwerkzeug eingelagert und an den Elfen der es benötigt ausgegeben«, fasste Enowir zusammen.

»Das ist mir klar, aber es beantwortet nicht meine Frage«, beharrte Marelija.

»Ich würde niemals dieselben Waffen zurückbekommen«, eröffnete er ihr den wahren Grund.

»Und das ist so schlimm weil ...?«

»Schau dir diese Waffe an«, er zog das Schwert eine handbreit aus der Scheide. Die Klinge blitze so grell hervor, als lieferte sie sich einen Wettstreit mit der Sonne. »Sie ist fast unzerstörbar und muss nie geschliffen werden. Wenn das kein Grund ist, dann weiß ich auch nicht«, jetzt sprach der Schalk aus Enowir, der ihn bisweilen regelrecht heimsuchte. »Sie haben außerdem sentimentalen Wert, für mich«, diese Worte klangen wieder absolut ernst, so als gehörten sie zu einer ganz anderen Person.

Marelija meinte sogar, seine Augen flimmern zu sehen. Sie spürte bei ihrem Gefährten einen Hauch von Wehmut. Betroffen sah sie zu Boden.

»Aber du wolltest wissen, warum ich in Ungnade gefallen bin«, wechselte er das Thema. »Es geht um die Art wie sich dieser Klan ...«, er sprach selten von seinem Klan. Immer wenn er ihn erwähnte, schien er sich gleichzeitig von ihm zu distanzieren, »... vermehrt. Daschmir und ich wollten diese unsägliche Art abschaffen. Unsere Vision bestand in dem Gedanken, dass die Elfen freiwillig zueinander finden sollten. Vielleicht aus solch irrwitzigen Gründen wie Zuneigung oder Liebe. So wie wir uns bisher vermehrten, erschien uns nicht mehr zeitgemäß. Früher, als wir noch wenige waren, da war das sinnvoll. Jetzt sind wir viele und es schien uns die Zeit gekommen diese Praktiken abzuschaffen. Das hat jedoch zu heftigen Protesten geführt.«

Marelija konnte nicht glauben, dass der Grund so banal war. »Das kann doch nicht alles sein?«

»Leider doch, Elfen sind im Geiste nicht sehr beweglich«, urteilte er seine Schwestern und Brüder ab. »Es ging damals sogar so weit, dass man Daschmir absetzen wollte. Deshalb habe ich behauptet, es sei allein mein Vorschlag gewesen, dem er lediglich gefolgt sei.«

»Wieso hast du das getan, das ist doch gelogen?« Marelija war in dem Glauben aufgewachsen, dass man nicht lügen durfte, da dies den eigenen Geist in Aufruhr versetzte. Außerdem spürte sie es in der Regel, wenn sie belogen wurde. Diese empathischen Fähigkeiten schienen ihr so normal zu sein, dass sie sich kaum vorstellen konnte, wie man mit einer Lüge durchkam.

»Manches Mal ist es nicht gut, wenn ein Klan die ganze Wahrheit kennt. In diesem Fall war es wichtiger, Daschmir zu unterstützen. Ich glaube, dass er der beste Elf für den Posten ist«, erklärte Enowir. Er setzte den Weg zur Höhle fort.

Marelijas Kopf schwirrte. Wenn sie ihr Onkel hierher geschickt hatte, um etwas zu lernen, so fragte sie sich nun mehr den je, was genau das sollte. Der Klan schien in seiner Entwicklung so weit zurückzustehen, dass die einzige Lehre, welche sie daraus ziehen konnte, darin bestand, wie man eine Situation besser nicht handhabte. »Seit diesem Vorfall organisieren sie diese Vermehrung selbst, wie ich vermute?«, schlussfolgerte sie.

»Ja«, stimmte Enowir zu. »Deshalb kann man es durchaus als einen Sieg verbuchen. Früher da geschah dies auf Anordnung des Oberen. Es war sozusagen Gesetz. Jetzt kann jeder, Frauen wie Männer, von dieser vermeintlichen Pflicht zurücktreten.« Er schmunzelte. »Damals habe ich das Zelt, welches der Fortpflanzung dient, Ort der Qualen genannt. Denn es war nicht schön, dort hinein zu müssen. Ich kenne niemanden, der diese Aufgabe als angenehm empfunden hätte. Jetzt sind sie frei, aber sie fahren mit dem Irrsinn fort, als zwänge sie ein Gesetz dazu. Vielleicht werden sie sich in einigen hundert Jahren dieser Dummheit bewusst«, Enowir unterbrach seinen Monolog, denn in diesem Moment traten sie auf das Plateau vor dem Höhleneingang. Hier brannte, wie immer das Feuer, an dem Franur unbewegt saß. Er stierte mit seinen geblendeten Augen in die Flammen, als vermochte er dort etwas zu erkennen, dass einem sehenden Elf verborgen blieb. Es gehörte zu einem Ritual von Enowir, ihm auf die Schulter zu klopfen und ein paar freundliche Worte an ihn zu richten. »Hallo alter Freund, was bewegt dich?«, fragte er wie jedes Mal. Die Worte klangen wie eine Formel, die jedoch ins Leere ging. Denn den Elfen bewegte nichts. Von ihm empfing Marelija nicht die geringste Gefühlsregung. Ein einziges Mal glaubte sie, Franur kurz lächeln zu sehen, als er von Enowir angesprochen wurde. Seither achtete sie besonders darauf. Sie kam irgendwann zu dem Schluss, dass sie wohl von der Sonne oder dem Feuerschein getäuscht worden war. Auch diesmal erwartete sie keine Reaktion, so erschrak sie heftig, als Franurs Hand nach oben schnellte und Enowirs Arm ergriff.

»Er kommt zurück und seine Rache wird erbarmungslos sein!«, sprach der gebrannte Elf, als hätte ihn der Wahnsinn ergriffen. Seine Augen waren weit aufgerissen und der Speichel spritzte ihm beim Sprechen aus dem Mund.

Allein wegen dieses Anblicks war Marelija geneigt, sein Gerede als das eines Irren abzutun.

Enowir hingegen schien ihn ernst zu nehmen, kniete sich zu ihm hinab und blickte Franur in die weißen Augen. »Was hast du gesehen, alter Freund?«

»Das Ende unseres Klans, Enowir. Er kommt wieder, um sich zu rächen. Es wird schrecklich.« Franurs Hand fiel von Enowirs Arm herunter. Darauf sank er in die Apathie zurück.

»Was hatte das zu bedeuten?«, erkundigte sich Marelija verunsichert.

Langsam erhob sich Enowir. Er wirkte so, als habe er Galwar selbst in den weißen Augen von Franur gesehen. »Ich kann nur ahnen, was das bedeutet. Vor zwölf Jahren hat er uns schon einmal gewarnt. Kurz danach waren die drei Klans drauf und dran sich gegenseitig zu zerfleischen.«

»Davon habe ich nicht viel mitbekommen«, überlegte Marelija. »Ich war erst achtzehn«, versuchte sie, ihre Unwissenheit zu entschuldigen.

»Ich muss mit Daschmir sprechen«, Enowir beachtete sie gar nicht. So schnell er konnte, rannte er in die Höhle. Marelija hatte Mühe, mit ihm Schritt zuhalten. Die imposanten Holzbauwerke, welche sich bis an die Höhlendecke erhoben und in denen die Elfen lebten, schenkte sie diesmal keine Beachtung.

Daschmir hatte seinen Sitz in dem Palast ganz am anderen Ende der Höhle. Die Wachen, die an dessen Eingang postiert waren, kannten Enowir bereits und ließen ihn ungehindert passieren. Marelija wurde hingegen kritisch gemustert, als sie an ihnen vorbei lief. Aber aufgehalten wurde sie ebenfalls nicht.

Daschmir saß wie immer in seinem Arbeitszimmer, im vierten Stock des Holzpalastes. Wie jedes Mal bei ihren Besuchen brütete er über Büchern und Notizen, im matten Schein mehrerer Fackeln. Dabei beschrieb er selbst etliche hundert Seiten. Deshalb war Enowir immer bemüht ihm leere Bücher zu bringen, welche der Klan beim großen Turm herstellte.

Das junge Klanoberhaupt schreckte hoch, als die beiden unvermittelt in sein Arbeitszimmer stürzten. »Enowir, was hast du?«, frage Daschmir besorgt, der sogleich erkannte, dass etwas nicht stimmte.

»Zwei Dinge«, keuchte der Reisende. »Um unsere Festung herum streift eine Bestie, die noch größer ist als der Lindwurm, aus dem wir unser Zuhause errichtet haben.«

Daschmirs Augen weiteten sich etwas, den Rest seiner Mimik hatte er jedoch im Griff. »Und die zweite Sache?«

»Franur hat mich gewarnt, dass er zurückkommen wird und großes Leid über unseren Klan bringt«, berichtete Enowir.

»Er?«, Daschmir schien ebenfalls eine Ahnung zu haben, um wen es sich handelte. »Denkst du an denselben, an den ich denke?«

»Eigentlich kann er diese Verletzungen nicht überlebt haben«, überlegte Enowir. »Vielleicht gab es noch einen anderen Feind unseres Klans, noch vor meiner Geburt.«

»Davon ist mir nichts bekannt, aber unsere Geschichtsschreibung ist im Grunde nicht existent«, überlegte Daschmir. Dies gehörte zu einer von seinen Beschäftigungen, zu versuchen die Geschichte ihres Klans nieder zu schreiben. Dazu lud er täglich die ältesten Elfen in der Festung ein.

»Entschuldigung«, Galduwir betrat das Arbeitszimmer, er trug eine Kiste, in der sich die unterschiedlichsten Pflanzen befanden. Marelija musste dabei an die Zutaten denken, die Norfra für seine Tränke benutzte. Er stellt die Kiste neben den Schreibtisch auf den Boden und wischte sich den Schweiß von der Stirn. Galduwir war ein Bote. Seine einzige Aufgabe bestand darin, die Lagerbestände innerhalb der Festung zu verteilen. Marelija hatte ihn nur drei Mal gesehen. Sie wusste, dass seine geistigen Fähigkeiten zu beschränkt waren, als das man ihn für eine andere Aufgabe einsetzen konnte. »Das sind die Kräuter, die du gewollt hast«, verkündete er selbstzufrieden. »Ich wünsche viel Freude beim Kochen.«

»Danke Galduwir«, sprach Daschmir und lächelte gutmütig.

»Sehr gerne«, der Bote deutete eine Verbeugung an. Das viele Schleppen von schweren Gegenständen hatte seiner Figur zugesetzt. Seine Oberarme waren ungewöhnlich stark ausgeprägt, auch sein Bauch trat etwas hervor. Vermutlich verursachte bei ihm die Arbeit einen Appetit, der seiner Erscheinung schadete. Außerdem schwitzte er, wie Marelija es noch bei keinem Elfen gesehen hatte. Nicht nur das stieß sie von seiner Erscheinung ab, zu alle dem umgab ihn eine säuerliche Dunstwolke. Der Bote war dankenswerterweise schon fast wieder zu Tür hinaus. Zu Marelija Überraschung hielt Enowir ihn zurück, indem er ihn grob am Handgelenk packte. Den Blick von ihrem Gefährten kannte Marelija nur zu gut. Den setzte er immer dann auf, wenn eine heftige Auseinandersetzung bevorstand. Die Augen verengten sich, um sein Ziel zu fokussieren, außerdem presste er seine Lippen zusammen. Sie kündeten von der Anspannung, unter der er stand. Allerdings wusste Marelija nicht, womit der einfältige Elf diesen Blick verdient hatte.

»Entschuldige kurz.«Enowir hatte bereits seinen Dolch gezogen, ohne Vorwarnung schnitt er Galduwir in den Handrücken. Im Fackelschein gut sichtbar quoll dunkles Blut aus der frischen Wunde. Marelija benötigte einen Moment, um zu begreifen, was hier vor sich ging. Der Lebenssaft des Elfen war nicht Rot, sondern Grün, wie der eines verseuchten Monsters. »Was geht hier vor?«, ihre Frage ging von dem Getöse unter, das Enowir verursachte, als er von Galduwir erfasst und durch das Zimmer geschleudert wurde. Er landete auf Daschmirs Tisch, der krachend einbrach.

»Halt!«, befahl Marelija. Drohend hielt sie dem verseuchten Elfen die Knochenspitze ihres Speers an den Hals. Dieser ergriff blitzschnell die Waffe und zog die Faranierin zu sich heran. Seinem Fausthieb konnte sie nur ausweichen, indem sie ihren Speer losließ. Daraufhin bekam sie das stumpfe Ende ihres Stabs in die rechte Seite geschlagen. Von der Wucht wurde sie zu Boden geworfen.

Daschmir indes blieb nicht untätig, er hatte ein Schwert ergriffen und ging auf den Feind los. Dieser benötigte lediglich einen Hieb mit dem langen Holz, um den Oberen zu entwaffnen und ihn zu Boden zu schicken.

Abermals setzte Galduwir zu Flucht an. Der Ausgang wurde ihm jedoch von Enowir versperrt, der sich wieder auf den Beinen befand. »Sag mir, wer dich schickt?«

Der verdorbene Elf dachte nicht daran, zu antworten. Seinem horizontalen Schlag wich Enowir mühelos aus.

»Wer hat dich erschaffen?«, verlangte Enowir zu wissen. Unter dem nächsten Angriff tauchte er ebenfalls spielend ab.

Das einzige Geräusch, das über Galduwirs Lippen kam, war ein Keuchen während seiner schnellen Schlägen. Da er den Elf mit dem Kampfstab nicht treffen konnte, warf er diesen achtlos beiseite, er hatte sich wohl dazu entschlossen, seinen Gegner einfach umrennen. Plötzlich ragte ihm eine Klinge aus der Brust, von der das grüne Blut tropfte und den Holzboden verätzte.

Daschmir hatte sich unbeachtet erhoben, sein Schwert ergriffen und einen tödlichen Stoß angebracht. Galduwir nahm von der Wunde kaum Notiz. Er machte zwei Schritte nach vorne, dabei glitt die Klinge aus seinem Körper. Grollend drehte er sich herum, um Daschmir mit bloßen Händen zu zerreißen. Mit einem Hieb den Marelija dem Oberen nicht zugetraut hätte, zerschnitt Daschmir den Hals des Elfen. Galduwirs verseuchtes Blut spritzte durch den Raum und ergoss sich in Bächen über seine Brust. Es fraß sich dabei tief in seine Haut. Der Dunst von verschmortem Fleisch erfüllte das Arbeitszimmer. Fassungslos musste Marelija mit ansehen, wie der Elf von seinem eigenen Blut zersetzt wurde. Es machte nicht einmal vor den Knochen des Brustkorbes halt. Es zerfraß die inneren Organe, die dabei ihrerseits den Lebenssaft freisetzten. So setzte sich der Zersetzungsprozess unaufhörlich fort. Galduwir sank dabei in die Knie. Enowir tat das einzig Richtige, er stieß den Sterbenden nach hinten um, damit sich sein Blut nicht sofort durch den Holzboden fraß. Dadurch gewannen sie etwas mehr Zeit.

»Wie kommt ein Golem in die Festung?«, fragte Enowir. Er schien genauso schockiert zu sein wie Marelija. Seine Gefühlsregung galt jedoch nicht dem Zersetzungsprozess, sondern allein der Existenz des verdorbenen Elfen.

»Ich kann es dir nicht sagen«, antwortete Daschmir keuchend. »Aber die Position war gut gewählt. Galduwir hat durch seine Aufgabe zu unserem ganzen Lager Zugang.«

»Dann kann es sein dass sich noch mehr dieser Kreaturen hier in der Festung befinden«, spekulierte Enowir. »Aber wie, wir haben damals alle Elfen überprüft?«

»Was hat Franur genau gesagt?«, erkundigte sich Daschmir.

»Dass unser Klan im Untergang begriffen ist«, berichtete Enowir, er steckte sein Schwert in die Scheide zurück.

»Ich muss selbst mit ihm sprechen«, beschloss Daschmir. Das Schwert in der Hand machte er sich ohne ein weiteres Wort auf die Höhle zu verlassen.