Nr. 1295
Der neue Sotho
Gefahr für die Galaxis – die Ewigen Krieger versammeln sich
von Kurt Mahr
Die Ereignisse in der Mächtigkeitsballung Estartu spitzen sich zu. Nichts, aber auch wirklich nichts scheint so zu sein, wie es Stalker bei seinem Besuch in der Milchstraße angekündigt hat – die zwölf Wunder entpuppen sich als Mittel zur Machtausübung. Das bekommen unter anderem zwei Terraner zu spüren, die als Geächtete gelten. Reginald Bull, Perry Rhodans ältester Freund, und Irmina Kotschistowa, die Metabio-Gruppiererin, sind Toshins, und sie geraten immer öfter in Kontakt zu Widerstandskämpfern gegen das System der Ewigen Krieger.
Nicht unterdrückt, sondern vielmehr privilegiert sind zwei andere Terraner: Roi Danton, der Sohn Perry Rhodans, und Ronald Tekener, der Mann mit den Lashat-Narben. Die zwei Permitträger gelangen durch das sogenannte ESTARTU-Tor auf den Wüstenplaneten Boldar.
Dort, im Bereich des Dunklen Himmels, versammeln sich die Ewigen Krieger, die höchsten Würdenträger im Reich der zwölf Galaxien, denn ein großes Ereignis steht bevor. Ein neues Wesen soll seine wichtige Aufgabe in Angriff nehmen – es ist DER NEUE SOTHO ...
Srimavo – Sie flieht, um die Milchstraßenvölker zu warnen.
Vinktar – Srimavos Gesprächspartner in ihrer Einsamkeit.
Ijarkor – Der Ewige Krieger folgt dem Ruf ESTARTUS.
Roi Danton und Ronald Tekener – Sie und ihr »Gefolge« begleiten Ijarkor.
Tyg Ian – Der neue Sotho stellt sich vor.
Am schlimmsten war die Abgeschlossenheit. Zwar hatte ich schon früh gelernt, mit mir allein auszukommen. Eine Eigenbrötlerin hatten sie mich genannt, die niemand brauche außer sich selbst. Aber auch die Einsamkeit hat ihre Grenzen, jenseits deren sie unerträglich wird.
Ich wusste nicht, was Ijarkor, der Ewige Krieger, mit mir vorhatte. Seit ein paar Tagen war die KOKON an sein Raumschiff gekoppelt. Ich hatte leider nur eine vage Ahnung, wohin wir gingen. Aber ich spürte, dass etwas Großes, sehr Entscheidendes unmittelbar bevorstand. Ich steckte in dem Kühlbehälter, in dem mein Körper bei kryogenen Temperaturen ein alles andere als aktives Dasein führte. Ich war wach. Ich nahm wahr, was um mich herum vorging. In die Wandung des Behälters waren Kommunikationsgeräte eingebaut, unter anderem auch ein Mentalprozessor, der meine Gedanken, sofern ich das wünschte und solange sie explizit genug gedacht waren, in gesprochene Worte umsetzte. Aber es war niemand da, mit dem ich sprechen konnte. Es gab niemand, der zu mir gesprochen hätte. Ab und zu erschien einer von Ijarkors Handlangern, um nach mir zu sehen. Bei jeder Gelegenheit klagte ich diesen Kreaturen mein Leid. Endlich, schien es, war mein Gejammer auf empfindsame Ohren getroffen. Das Wesen, das soeben durch das offene Schott in den Kontrollraum der KOKON trat, hatte ich noch nie zuvor gesehen. Seine Spezies kannte ich. Es gehörte dem Volk der Pailliaren an. Viele Pailliaren hatten sich dem Tross des Kriegers Ijarkor angeschlossen.
Dieser hier war anders als die Aufpasser, mit denen ich es bisher zu tun gehabt hatte; das spürte ich auf den ersten Blick. Er strömte Angst und auch Unsicherheit förmlich aus. Es war unschwer zu erkennen, dass ihm diese Umgebung unheimlich war: das nach der Art eines Kokons geformte Schiff, der gerätelose Kontrollraum und der stumpfkegelförmige Behälter mit einem fremden und auf Tiefsttemperaturen gekühlten Körper.
Meine Gedanken aktivierten den Prozessor.
»He, Pailliare«, sagte die synthetisierte Stimme, die meiner eigenen soweit wie möglich angepasst war. »Du brauchst dich nicht zu fürchten. Es tut dir hier niemand etwas.«
Verblüfft blickte er sich um. Er war ein Arthropoide, ein Insektenabkömmling. Wenn ich ihn mit einem Geschöpf aus meiner Erfahrungswelt hätte vergleichen sollen, dann wäre mir als erstes die terranische Heuschrecke eingefallen. Nur waren die Hinterbeine der Pailliaren, auf denen sie sich aufrecht bewegten, bei weitem nicht so lang und gewiss auch nicht annähernd so sprungkräftig wie die irdischer Grashüpfer.
Er schien nicht zu wissen, woher die Stimme kam. Seine dunklen Facettenaugen waren groß vor Schreck. Er sah aus, als ob er im nächsten Augenblick davonlaufen wollte. Soweit durfte es nicht kommen.
»Hier bin ich, im Gefriertank«, sagte ich. »Haben sie dir nicht gesagt, dass ich hören und sehen und sprechen kann?«
Ich sprach Sothalk, die Sprache der Ewigen Krieger. Ich hätte ihn lieber auf pailliarisch angesprochen; sicher wäre ihm dabei etwas wohler zumute geworden. Aber die Sprache der Arthropoiden beherrschte ich noch nicht.
»Nein ... nein ...«, stotterte er. »Nichts ... gar nichts haben sie gesagt. Nur dass ich ... dass ich dir Gesellschaft leisten soll.«
»Das ist fein«, lobte ich. »Ich habe mich sehr einsam gefühlt. Wie heißt du?«
»Vinktar«, antwortete er immer noch ein wenig unsicher. »Ich bin Vinktar.«
»Gut, Vinktar«, sagte ich. »Mein Name ist Srimavo. Kannst du das sagen?«
»Sri... ma... vo«, sprach er vorsichtig und mit Bedacht.
»Ausgezeichnet. Welchen Auftrag haben sie dir gegeben?«
»Keinen, außer dass ich dir Gesellschaft leisten soll«, antwortete er. »Ich weiß nicht, wie ich das bewerkstelligen soll.«
»Keine Angst«, tröstete ich ihn. »Wir werden schon miteinander zurechtkommen. Wo sind wir jetzt?«
An seinem Blick erkannte ich, dass er meine Frage nicht verstand.
»Wie meinst du?«, druckste er. »Wir sind hier, in diesem Raum.«
Aha! Den Schlauesten hatte Ijarkor mir also nicht geschickt. Das war verständlich. Einerseits wollte er mich, aus welchem Grund auch immer, bei guter Laune halten. Andererseits fürchtete er, weil er mich immer noch für eine Art Kosmokratin hielt, dass ich mir zu viele Informationen beschaffen würde, wenn er mir einen intelligenten Gesellschafter gab. Nun, das war ein zweischneidiges Schwert. Vinktar, den Beschränkten, konnte ich womöglich zu Dingen überreden, von denen ein Gescheiterer die Finger gelassen hätte. Ich war bereit zu wetten, dass Ijarkor sich mit seiner Taktik der übertriebenen Vorsicht verschätzt hatte.
»Ich meine, wir befinden uns an Bord eines Raumschiffs, mein Freund«, antwortete ich auf Vinktars kuriose Bemerkung. »Das Schiff ist irgendwohin unterwegs, oder es liegt irgendwo still.«
Ein Glitzern erschien in seinen Augen. Später lernte ich, das Leuchten der vielen Facetten als ein Zeichen der Erleichterung, vergleichbar vielleicht mit einem menschlichen Lächeln, zu deuten.
»Ah, das wolltest du wissen«, sagte er. »Darauf kann ich dir antworten. Wir sind auf dem Weg nach Boldar. Wir werden in Kürze dort ankommen.«
»Was ist Boldar? Ein Planet?«
»Ja«, antwortete er unsicher. »Ich glaube ...«
»Und was gibt es dort zu sehen?«
»Das weiß ich nicht.«
»Wo liegt Boldar?«
»Darüber hat mir niemand etwas gesagt.«
»Ist es eine freundliche Welt? Mit guter Atmosphäre und frischer Luft, Wäldern, Bergen, Flüssen?«
»Ich weiß es nicht.«
Oh, Vinktar! Wie hast du es jemals geschafft, in Ijarkors Tross auf genommen zu werden? Deine Unwissenheit wird nur noch übertroffen von deiner Einfalt. Aus dieser allerdings gedenke ich, einigen Nutzen zu schlagen.
»Willst du etwas über mich hören?«, fragte ich. »Willst du wissen, woher ich eigentlich komme? Wer ich überhaupt bin?«
»Ja, ja«, versicherte Vinktar eifrig. »Das wäre sehr interessant.«
*
Ich erzählte ihm eine lange und aufregende Geschichte. So gut es ging, hielt ich mich dabei an die Wahrheit, aber – die guten Geister mögen mir verzeihen – es waren auch ein paar Abschnitte dabei, in denen ich das Blaue vom Himmel herunterlog. Ich wollte ihn unterhalten, nicht informieren. Während ich erzählte, dachte ich darüber nach, wie ich Vinktar dazu bringen konnte, dass er mir half, die Verbindung mit meiner Umwelt herzustellen. Ich hatte keine Lust, weiterhin abgeschnitten von allem Geschehen zu sein. Ich wollte wenigstens wissen, was um mich herum vorging. Vinktar selbst fiel als Informationsquelle aus. Man hatte ihn mir ja eigens deswegen als Gesellschafter gegeben, weil er von nichts eine Ahnung hatte. Aber da war noch Ko. Ko musste davon überzeugt werden, dass es mich wirklich noch gab. Wenn das gelang, war all mein Kummer vorüber.
Mochten andere die Seele ihres Virenschiffs Vi nennen, ich sprach die des meinen vorwiegend mit Ko an. Ko war mir in letzter Zeit untreu geworden. Ich hatte keinen Kontakt mehr mit ihr. Wenn ich sie anzusprechen versuchte, antwortete sie nicht. Sie nahm meine Anwesenheit nicht zur Kenntnis. Ich konnte mir vorstellen, was ihre Verhaltensweise bestimmte. Virenschiffe identifizieren die Mitglieder ihrer Besatzung anhand unterschiedlicher Kriterien. Da war die optische Erkennungsmethode – das Schiff sah eine Person und wusste, ob sie zur Besatzung gehörte oder nicht. Dann die akustische: Das Schiff kannte die Stimmen derer, die an Bord lebten. Die mentale Identifizierungsmethode orientierte sich an der schwachen psionischen Streustrahlung, die jedes denkende Gehirn von sich gab.
In meinem Fall funktionierte das alles nicht. Ko hatte zwar den Behälter, in dem ich steckte, selbst hergestellt; aber mit der tiefgefrorenen Srimavo konnte sie optisch nichts anfangen. Die Stimme, die sie hörte, war nicht meine, sondern die eines Synthesizers. Sie war der meinen zwar nachgeahmt, aber Ko besaß ein empfindliches Gehör, das die winzigen Abweichungen mühelos erkannte. Und was die psionische Streustrahlung anbelangt – nun, ich bin nicht sicher, ob ein tiefgekühltes Gehirn, auch wenn es des Denkens noch fähig ist, überhaupt strahlt. Ich spürte auch, dass innerhalb meines Metabolismus neue Mechanismen und Prozesse in Tätigkeit getreten waren, die ich bisher nicht gekannt hatte und die bewirkten, dass ich die kryogene Unterkühlung schadlos überstand. Ich war eben kein Mensch, auch wenn ich wie ein solcher aussah. Mein Körper war wesentlich widerstandsfähiger und anpassungswilliger als der des Homo sapiens. Aber wenn mein Gehirn überhaupt noch Streustrahlung von sich gab, dann war sie infolge der neuen metabolischen Aktivität gegenüber jener, die Ko erkannte, sicherlich verändert – ein weiterer Grund, warum das Schiff mich nicht als reguläres Besatzungsmitglied anerkannte.
Aus diesem Dilemma musste Vinktar mir helfen. Ich hatte ihm meinen Lebenslauf erzählt, von den Bergen von Shonaar über Quiupu und Lokvorth, Gesil und Vishna bis zu den Virenschiffen und Leos Kindergarten. Ohne dass ich es gewollt hatte, war der Bericht auch für mich eine heilsame Prozedur gewesen. Er hatte mir wieder einmal vor Augen geführt, was ich sonst gerne aus meinen Gedanken verbannte: dass ich über meine wahre Herkunft so gut wie nichts wusste. Ich war eine Inkarnation Vishnas, aber was sollte man sich darunter vorstellen? Besaß ich eine Erbmasse, und wenn ja: wessen? Gab es Wesen, die mir ähnlich waren, im Aussehen, in der Wesensart – nicht aus Zufall, sondern weil sie mit mir in irgendeiner Weise verwandt waren? Ich wusste es nicht. Jedes Mal, wenn ich darüber nachdachte, wurde ich traurig. Deswegen hatte ich mir abgewöhnt, daran zu denken.
Vinktar jedenfalls war von meiner Geschichte begeistert. Wenn ich eine besonders erhebende Episode berichtete – oder aus dem Stegreif erfand –, klatschte er in die Hände: eine Gewohnheit, die seine Spezies offenbar mit den Terranern gemein hatte.
Schließlich endete ich mit den Worten:
»Ich habe in wenigen Jahren mehr erlebt als ein anderes Wesen während eines ganzen langen Lebens. Deswegen dauert es mich auch nicht besonders, dass ich jetzt von dieser Welt Abschied nehmen muss.«
Das begriff er nicht sofort. Er hockte da, in einem bequemen Sessel aus Virenmaterie, und ließ meine Worte in sich einsinken. Plötzlich fuhr er in die Höhe.
»Was sprichst du da?«, rief er. »Redest du vom Tod?«
»Wovon sonst?«, antwortete ich traurig. »Wie lange, glaubst du, kann ein organischer Körper bei solchen Temperaturen überleben?«
Ich ahnte das Mitleid, das in ihm aufwallte. Ich hatte ihn auf dem richtigen Pfad.
»Wie kann das sein?«, fragte er entsetzt. »Warum bewahrt man dich in diesem Behälter auf? Warum lässt man dich nicht heraus?«
Ich hätte ihm die Wahrheit sagen können: Weil Ijarkor etwas Bestimmtes mit mir vorhatte. Weil Ijarkor ein gefühlloses Monstrum war, dem es nichts bedeutete, wenn ich Qualen der Einsamkeit erlitt. Weil überhaupt die ganze Sache mit den Ewigen Kriegern ein hirnverbrannter Blödsinn war, die jedem, der damit in Berührung kam, weiter nichts als Ärger, Schmerz und Trauer brachte.
Vinktar mochte ein Narr sein; aber er war ganz sicher kodextreu. Ich hütete mich also, mit meiner wahren Ansicht herauszurücken.
»Ich nehme an, man hat mich vergessen«, sagte ich.
Er war ganz außer sich. Er ging mit kleinen, trippelnden Schritten vor meinem Behälter auf und ab, und wenn sein mit grüner, lederner Haut bedeckter Schädel nicht völlig kahl gewesen wäre, hätte er sich wahrscheinlich die Haare gerauft.
»Man muss jemand darauf aufmerksam machen«, jammerte er.
»Damit ist mir nicht geholfen«, sagte ich. »Es muss schnell gehen. Ich habe nur noch ein paar Minuten zu leben.«
Vinktar war sichtlich gerührt.
»Was dann?«, rief er aus.
»Nur du kannst mir helfen«, erklärte ich.
»Ich?«, fragte er erstaunt.
»Ich brauche nicht mehr als eine halbe Stunde«, sagte ich so flehentlich, wie es mir eben möglich war. »Eine halbe Stunde außerhalb des Tanks, unter normalen Temperaturen. Dann hätte ich genug Kraft, die Kälte noch ein paar weitere Tage zu überstehen.«
Er erschrak.
»Das ... das kann ich nicht«, stieß er hervor.
Ich verstand ihn falsch.
»Niemand braucht etwas davon zu erfahren«, versuchte ich ihn zu beschwichtigen. »Du bist bewaffnet, ich habe keine Waffe. Ich werde diesen Raum nicht verlassen ...«
»Nein, nein! So meine ich es nicht«, fiel er mir ins Wort. »Ich weiß nicht, wie ich es anstellen soll, dich aus dem Tank zu befreien.«
Mir fiel eine Last von der Seele. Er hatte keine Angst, etwas Verbotenes zu tun – wenn es überhaupt verboten war, mich eine Zeitlang aus dem Kryogen-Behälter zu lassen. Er verstand die Technik nicht. Das war das kleinste meiner Probleme. Ich kannte die Konstruktion des Tanks, und ich wusste genau, wie die Kontrollen zu bedienen waren. Veth Leburian hatte mir es oft genug vorexerziert.
Ich erklärte Vinktar, wie er sich anzustellen hatte ...
*
»Erkennst du mich jetzt, Ko?«
»Ich erkenne dich«, antwortete die Stimme des Schiffes.
Wir sprachen Interkosmo. Vinktar hatte es sich wieder im Sessel bequem gemacht und störte sich offenbar nicht daran, dass ich mich einer Sprache bediente, die er nicht verstand. Ich ging in dem kleinen Kontrollraum auf und ab wie jemand, der sich unbedingt die Beine vertreten muss.
»Ich weiß, dass du mich nicht erkennst, wenn ich im Tank stecke«, sagte ich. »Aber ich brauche Informationen. Ich weiß, dass Wichtiges im Gang ist. Ich muss mich vorbereiten können. Du musst mich über alles, was außerhalb des Schiffes geschieht, auf dem laufenden halten.«
»Das will ich gerne tun«, antwortete Ko. »Du musst verstehen, dass du eine andere geworden bist. Es war mir nicht möglich, dich zu identifizieren, solange du in dem Tank dort stecktest.«
»Andere geworden?«, fragte ich ungläubig. »Doch nur im Zustand der Unterkühlung?«
»Dann besonders«, sagte Ko. »Aber selbst jetzt registriere ich eine fremde Komponente in der Emission deines Bewusstseins. Es vollzieht sich eine Wandlung in deinem Körper. Es wird gut sein, wenn wir uns öfter auf diese Weise unterhalten können, damit ich registriere, wie die Veränderung fortschreitet.«
Ich kam mir hilflos und verlassen vor. Was war ich? Ein Monstrum, dessen Körperstruktur willkürlichen und wahllosen Änderungen unterlag? Zum zweiten Mal innerhalb kurzer Zeit wurde ich mit der Nase darauf gestoßen, wie wenig ich über mich selbst wusste. Der Körper war nach außen hin humanoid, menschlich. Aber was sich in seinem Innern abspielte, wusste niemand. Manchmal hatte ich eine höchst unfreundliche Meinung von denen, die für meine Existenz verantwortlich waren. Wenigstens ein paar Informationen hätten sie mir mitgeben können. Jedes denkende Wesen hat einen Anspruch darauf zu wissen, wer es ist.
»Du kennst meine Lebensgeschichte«, sagte ich. »Wenn ich dringend mit dir zu sprechen habe, schildere ich dir einen Vorfall, von dem niemand anders etwas wissen kann. Dann musst du glauben, dass du es mit mir zu tun hast, auch wenn ich dir fremd erscheine.«
»So lässt es sich machen«, antwortete Ko.
»Und jetzt erzähl mir, was los ist«, forderte ich sie auf. »Wo sind wir? Was ist Boldar? Warum habe ich das Gefühl, dass ein großes Ereignis unmittelbar bevorsteht? Und beeile dich. Ich habe Vinktar versprochen, dass ich nach einer halben Stunde wieder in den Tank krieche.«
»Boldar ist der einsame Planet einer kalten roten Sonne«, begann Ko. »Er befindet sich in der Überlappungszone der beiden Galaxien Absantha-Shad und Absantha-Gom. Der Planet ist eine Wüstenwelt, dem Mars nicht unähnlich. Auf Boldar steht das ESTARTU-Tor, das eine Verbindung mit den Heraldischen Toren von Siom Som besitzt.
Die Überlappungszone der zwei Galaxien gilt als der eigentliche Sitz der Superintelligenz ESTARTU. Inmitten dieser Zone gibt es einen Bereich, den man den Dunklen Himmel nennt. Boldar und seine Sonne gehören zu den Gestirnen des Dunklen Himmels; aber wo sich ESTARTUS eigentlicher Sitz befindet, scheint niemand zu wissen.«