Flower A. Newhouse
Christus-Bewusstsein und der Weg in die Stille
FLOWER A. NEWHOUSE
CHRISTUS
BEWUSSTSEIN
UND DER WEG
IN DIE STILLE
(Gesammelte Werke, Band 1)
Aquamarin Verlag
1. eBook Auflage 2020
© Aquamarin Verlag GmbH
Voglherd 1 • D-85567 Grafing
Titel der amerikanischen Originalausgabe:
The Collected Works Vol. 1
© The Christward Ministry, Escondido, California, USA 2006
Deutsche Übersetzung: Dr. Edith Zorn
Umschlaggestaltung: Annette Wagner
Satz: Sebastian Carl
ISBN 978-3-96861-231-7
Inhalt
Vorwort
1. Christliche Mystik
Was ist ein christlicher Mystiker?
Mystiker
Entwicklung zum Mystiker
Mystische Erfahrungen
2. Das Geheimnis Gottes
Zwiesprache mit Gott
Gotteserfahrung
3. Das Leben Christi
Seine Mission
Die Jünger
Die Lehre Christi
Die Karwoche
Die Auferstehung
4. Das Wirken Christi
Die Wesensmerkmale Christi
Der Christus-Geist
Der Einfluss Christi
Die Gegenwart Christi
5. Der Heilige Geist
Ausgießung des Heiligen Geistes
Zwiesprache mit dem Heiligen Geist
6. Der Geist der Gnade
Gnade und Barmherzigkeit
7. Innere Wahrnehmung
Geistiges Bewusstsein
Sechster Sinn
Der siebte Sinn
Positives und negatives Hellsehen
Bewusstheit
Inneres Fühlen
8. Stille
In die Stille gehen
Feinde der Stille
Die Macht der Stille
9. Meditation
Was ist Meditation?
Ablenkungen
Meditationsformen
Meditationsmöglichkeiten
Visualisation
Kontemplation
Rückbesinnung
10. Gebet
Warum wir beten
Wie wir beten
Die Macht des Gebetes
Hindernisse
Heilbehandlung
Schutzgebete
11. Geistiges Heilen
Unsere Verantwortung bei der Heilung
Heilmittel
Hindernisse
Spirituelle Heilmethoden
Archetypen und Funktionen des Körpers
Geistige Krankheitsursachen
Behandlung
12. Natur
Vorbereitung auf einen Ausflug in die Natur
Erleuchtung durch die Natur
Verschiedene Aspekte der Natur
Hindernisse
Symbole in der Natur
Jahreszeiten
Elemente
Natur-Mystiker
13. Die Schönheit und die Künste
Perversion der Schönheit
Tanz
Gemälde und Skulpturen
Musik
Farbe und künstlerische Gestaltung
Literatur und Dichtkunst
Vorwort
Selten inkarniert sich eine Seele, die einen unmittelbaren Zugang zu jenen inneren Lebenswahrheiten besitzt, die den meisten Menschen verborgen bleiben. Flower A. Newhouse, eine Mystikerin des 20. Jahrhunderts, die von 1909 bis 1994 lebte, war eine solche Seele. Sie besaß nicht nur die außergewöhnliche Gabe der Hellsichtigkeit, sondern den Mut und die Integrität, ihre Fähigkeit in den Dienst des Christus zu stellen und das Bewusstsein und den Charakter der Menschen zu heben. Ihre tiefgründigen Lehren vermittelten den ernsthaft Suchenden ein Gefühl des Erwachens und der Wiederentdeckung vergessener Wahrheiten.
Als Flower im Alter von sechs Jahren erkannte, dass nicht jeder die Dinge sah, die sie wahrnahm, sprach sie nicht mehr über ihre Beobachtungen, bis sie bei einem Schulaufsatz in der High School ihrer inneren Stimme folgte und erneut darauf einging. Die Kunde von ihrer außergewöhnlichen Gabe verbreitete sich rasch, und bald waren ihre Lehren überall gefragt. Ohne in ihren freien Willen einzugreifen, wies sie ihr Schutzengel, mit dem sie in enger Verbindung stand, an, sich auf ein spirituelles Leben vorzubereiten und half ihr, weise Entscheidungen zu treffen.
Während einer Meditation unter dem Jeffrey Pine Tree in den Bergen Südkaliforniens begegnete sie Christus erneut von Angesicht zu Angesicht, und es wurden ihr zwei Aufgaben für diese Inkarnation übertragen. Sie sollte die Flamme der christlichen Mystik wieder neu entfachen und die Menschheit über das Engelreich aufklären. Für beide Aufträge eignete sie sich besonders gut. In einem vorangegangenen Leben hatte sie im Hause des Jesus von Nazareth gelebt, da sie von Maria adoptiert worden war. Sie erinnerte sich an seine strahlende, heitere Persönlichkeit und daran, dass er durch die bloße Berührung mit seiner Hand zu heilen vermochte. Obwohl zwölf Jahre jünger als Jesus, konnte sie nicht genug von seiner Weisheit in sich aufnehmen.
Die zweite Aufgabe, über die Engel zu lehren, welche im göttlichen Auftrag wirken und die Menschen sowie die gesamte Natur unterstützen, beschützen und ermutigen, entsprach ihr ganz besonders. Äonen zuvor hatte sie ihre eigene Evolution im Engelreich begonnen. Unterstützt von ihrem Schutzengel und den Meistern der Weisheit, vermochte sie sich an dieses Reich zu erinnern.
Den ihr in jener bedeutungsvollen Begegnung gegebenen Anweisungen nachkommend, lebte Flower ein spirituelles Leben und folgte dem Geistigen Pfad. In den Hügeln nördlich von San Diego gründeten sie und ihr Mann Lawrence ein Zentrum für christliche Mystik, das sie dem Christus für immer weihten. In diesem zweihun dertsechzig Hektar großen Naturgebiet bauten sie das Questheaven Retreat auf, mit einer Kirche, einem Begegnungshaus, Wohnungen für das Personal und kleinen Gästehäusern. Hier wirkte sie als Kanal für die Lehren der Meister. Hier hielt sie ihre sonntäglichen Vorträge, schrieb Bücher und lehrte mit großer Überzeugungskraft, Charisma und Begeisterung die Wahrheit, wie sie diese erlebte.
Niemand liebte tiefer und bedingungsloser als Flower. Wenn man ihr das erste Mal begegnete, wurde man in jeder Zelle von dieser Seelenliebe berührt. Falls nötig, machte sie den Schüler auf seine Fehler aufmerksam, doch ohne ihn zu verletzen oder zu beunruhigen. Sie war eine Lehrerin, die den Schüler auf seinem Weg zu Gott jederzeit unterstützte. Je vielversprechender er war, desto größeren Fortschritt erwartete sie von ihm. Sie verwies ihn auf den nächsten, für ihn jetzt erforderlichen Schritt und erwartete Ergebnisse. Wissen und Training bildeten einen fortlaufenden Prozess mit häufigen Anpassungen und einer immer neuen, kreativen und klaren Zielsetzung.
Diejenigen, die Flower kannten, waren sich ihrer mystischen Eigenschaften und der Kluft zwischen ihrer Welt und der Welt, in der die meisten Menschen sich bewegen, bewusst. Sie öffnete ihnen die Augen für die innere Welt und ermutigte sie, mit geistiger Offenheit zu leben. Durch ihr Beispiel veränderte sie die Leben vieler für immer.
Bei den Gesammelten Werken von Flower A. Newhouse handelt es sich um eine Zusammenstellung ihrer Lehren und Vorträge, die sie im Laufe von sechzig Jahren erarbeitet hat. Die Bandaufnahmen ihrer Vorträge wurden übertragen und nach Kategorien geordnet. Sie ergänzen die zahlreichen Bücher und anderen Veröffentlichungen, die Flower hinterlassen hat.
Der erste Band dieser Serie behandelt die christliche Mystik, das Hauptthema ihrer Schriften und Vorträge. Unter „christlich“ können sich die meisten Leser etwas vorstellen, weniger vertraut ist ihnen der Begriff „Mystik“. Websters Schulwörterbuch definiert die Mystik als Erfahrung der inneren Einheit oder unmittelbaren Gemeinschaft mit der höchsten Wirklichkeit, eine geistige Wirklichkeit, die sich weder den Sinnen noch dem Intellekt offenbart. Der Begriff dient allerdings ebenfalls als Synonym für unklare Dinge, die jenseits des Verstehens liegen – doch so wird er nachstehend natürlich nicht verwendet.
Flower verstand unter christlicher Mystik den direkten Weg zu Gott, der die inneren Wirklichkeiten erfasste und mittels innerer Wahrnehmung zur Erfahrung tiefer Liebe, Schönheit und unsagbarer Wunder führte. Ihre Glaubwürdigkeit machte sie zu einer bemerkenswerten Seele. Jene, die sie kennenlernen durften, sind dankbar, dass die Aufzeichnungen es ermöglichen, ihr gesprochenes Wort einzufangen. Vielleicht gelingt es, ihre Erfahrung für die Leser wiederaufleben zu lassen.
Dr. Stephen Isaac
1.
Christliche Mystik
Wenn auch oft unbewusst, ist die Mystik das Ziel eines jeden gläubigen Christen. Der Weg besteht aus Ehrfurcht und Hingabe an Gott, verbunden mit individuellen erleuchtenden Erfahrungen. Sie ergeben sich ganz natürlich aus einem Leben, das mit zunehmender Hingabe gelebt wird. Das Bestreben nach inniger Vereinigung mit Gott führt zu tiefer Andacht und Einsicht, die das Bewusstsein erhellen.
Jede Religion sieht ihre Hauptaufgabe darin, den Menschen zur Mystik zu führen. Was versteht man unter Mystik? Betrachten wir zunächst, was sie nicht ist. Viele Leute glauben, es handele sich um Phänomene, die durch übersinnliche Kräfte hervorgerufen werden. Manche halten sie für Fanatismus und andere sprechen von Esoterik. Mystik hat nichts mit alledem zu tun. Mystik ist ein Weg. Jemand, der diesen Strom geistiger Erfahrung berührt, dessen Bewusstsein wird reich gesegnet sein. Einen Mystiker interessiert vor allem, Gott so vollkommen und vorbehaltlos zu lieben, dass er in unmittelbaren Kontakt mit dem Allgegenwärtigen Göttlichen Geist zu gelangen vermag.
Die Mystik wird oft als der Pfad geistiger Vereinigung, der Weg spiritueller Liebe oder der Pfad der Hingabe bezeichnet. Einige nennen sie den Weg des Herzens. Diese Begriffe beschreiben nur teilweise und recht oberflächlich die wahre Bedeutung. Mystik ist das Bestreben der Seele, sich Gott zu nähern. Sie fordert das gesamte Sein eines Menschen. Von allen Annäherungen an Gott kennt nur sie die Synthese. Einige erreichen Gott über den Intellekt. Ihre unzähligen Theorien sind höchst interessant, aber sie scheinen nicht eher das Leben zu leben, als bis sie beginnen, die Mystik zu praktizieren. Diejenigen, die den philosophischen Pfad beschreiten, besitzen eine edle Seins-und Gottesvorstellung, aber ihr Leben ist oft öde. Der inspirierte Künstler nähert sich Gott durch die Verwirklichung und Anerkennung der göttlichen Schönheit.
Die christliche Mystik bietet die Möglichkeit, einen Zustand zu erreichen, der das normale Bewusstsein transzendiert und den Menschen mit jenen inneren Fähigkeiten in Berührung bringt, die eine Vereinigung mit Gott ermöglichen. In diesem Zusammenhang spricht man von „Rückbindung“. Der Mensch bindet sich erneut an die Gegenwart und den Willen Gottes. Häufig begegnet man dem Begriff „Wiedergeburt“. Sie verleiht dem Menschen mutige Zielstrebigkeit und ein tiefes inneres Verständnis. Die unmittelbare Gotteserkenntnis ist das höchste Ziel, für das es sich zu leben lohnt. Die Mystik ist der Weg, um dieses Ziel zu erreichen und zur göttlichen Wirklichkeit zu finden. Sie befähigt den Menschen, in diesem Leben mit dem Höchsten in Verbindung zu treten.
Die Kritiker der Mystik sind hauptsächlich Menschen, die vom Intellekt bestimmt werden und mit den Visionen, besonders der frühen christlichen Mystiker, die sich auf Symbole stützten, wenig anzufangen wissen. Doch ihre fehlende Verbindung mit dem lebendigen Licht offenbart ihrem intellektuell ausgerichteten Geist die Gegenwart Gottes nur begrenzt. Abgesehen von der erhellenden Erfahrung selbst, mangelt es ihnen an der Fähigkeit, diese zu schätzen.
Außer auf dem mystischen Weg, wird in allen Lehren das Selbst besonders hervorgehoben. Dies trifft für die Psychologie ebenso zu wie für die östlichen Pfade. Die Betonung liegt auf dem Selbst, doch die Selbst-Findung genügt nicht. Gott hat uns erschaffen, und nur Er vermag uns zu erfüllen. Wenn wir Gott gefunden haben, werden wir uns selbst erst richtig begreifen.
Jedem Glauben ist eine gewisse Mystik zu eigen, die sich in seinen Lehren, Aussagen und seinem geistigen Aspekt zum Ausdruck bringt und die es zu erkennen gilt. Mystik strahlt Liebe und Wärme aus.
Die Worte Jesu: „Wer mich gesehen hat, hat den Vater gesehen“, beziehen sich ebenso auf diesen Aspekt wie die Aussage: „Der Vater ist in mir, und ich bin in ihm; ich bin in euch, und ihr seid in mir.“ Paulus verkündete: „Ich lebe, doch nicht ich, sondern Christus lebt in mir.“ Diese mystische Sprache mit ihrer Symbolik und ihrer tiefen Bedeutung wird der Durchschnittsmensch wohl kaum verstehen. Wenn Christus äußerte: „Ich bin im Vater“, meinte er damit, dass er im Einklang mit der ewigen Quelle steht – mit dem göttlichen Schöpfer des Alls. „Ich bin in euch, und ihr seid in mir“, bezieht sich auf das höhere Selbst des Menschen, auf sein Christus-Selbst, das eins ist mit dem Kosmischen Christus.
Um die Mystik zu verstehen, müssen wir sie erfahren. Mystik ist ein Pfad unmittelbarer Gotteserkenntnis. Er ist lang und steil, aber es gibt keinen beglückenderen Weg. Wenn der aufrichtig Suchende seine eigenen Schranken durchbrochen hat, beginnt in seinem Inneren ein geistiges Licht aufzuglühen. Seine Sehnsucht nach Gott hat seine Eigenliebe überwunden und ihn befähigt, sich selbst zu vergessen und in Gott wiederzufinden.
Durch die Mystik gelangen wir zur Einheit mit Gott und erkennen unsere Seele. Die Seele wird uns über Gott belehren und uns unaufhaltsam einer ungehinderten und umfassenden Verbindung mit dem Schöpfer entgegenführen.
Der für Gott in Liebe entbrannte Christ weiß, dass er Gott nur über den mystischen Pfad zu erreichen vermag. Mystisches Schauen ist kein physisches Sehen, sondern eine Bewusstwerdung und das Begreifen des Geistes, der uns erschaffen hat. Nur denjenigen, die selbst vollkommen sind, wird dieses Schauen in seinem vollen Ausmaß zuteil werden, aber die meisten sind Anfänger. Unsere einzige Aufgabe besteht darin, unser Leben in enge Beziehung zu unserem Schöpfer zu bringen.
Ziel und Zweck der Mystik sind die Gottsuche, die Vereinigung mit Gott und die rückhaltlose Bereitschaft, Sein Werkzeug zu werden. Gott bedient sich des Menschen, der bereit ist und der sich Ihm aufgrund seiner eigenen Meinungen und Begrenzungen nicht verschließt.
Wer Gott zu verwirklichen sucht, stößt unweigerlich auf die Mystik. Mystiker zu sein bedeutet, sich nach dem Göttlichen zu sehnen, wie ein Ertrinkender nach Luft ringt. Gott muss um Seiner selbst willen ersehnt werden, nicht wegen seiner Gaben oder seiner Erhabenheit, sondern nur weil Er Gott ist.
Den Mystiker verlangt es nur danach, sich Gott zu nähern und Ihn zu erkennen. Alles andere interessiert ihn nicht, noch begehrt er es, denn er weiß, dass er für alles bereit sein wird, sobald ihn das lebendige Licht erfüllt. Die Verbindung wird niemals abbrechen, selbst wenn er die dunkle Nacht der Seele durchschreiten, ernsthafte gesundheitliche Prüfungen oder sogar den Märtyrertod erleiden muss. Diese auf wahrer, geistiger Hingabe basierende Ausrichtung auf Gott wird er niemals verlieren.
Was ist ein christlicher Mystiker?
Warum fehlt es zahlreichen gottgläubigen Menschen an geistigen Erfahrungen? Viele werden immer gelassener, aber nicht demütiger. Sie werden mutiger, aber nicht gläubiger. Sie werden dynamischer, aber wachsen nicht im geistigen Sinne. Mit Sechzig mögen sie charakterlich noch auf derselben Stufe stehen wie mit Zwanzig. Ihr Glaube ist konventionell.
Und dann gibt es Menschen, die Gott auf dem Wege der christlichen Mystik suchen und ihn von Anfang an bis zu einem gewissen Grad finden. Je weiter sie diesen Pfad emporklimmen, desto umfassender, wunderbarer und stärkender werden ihre Erkenntnisse sein.
Worin unterscheidet sich der Mystiker von jemandem, der sich nur dem Namen nach Christ nennt? Der Christ glaubt an Gott. Der Mystiker kennt Gott. Den Mystiker verlangt es nach unmittelbarer Erfahrung. Sie wird ihm nicht aus eigener Kraft zuteil. Sein Herz hungert in jedem Gebet danach, und er erkennt sein tiefes Verlangen nach dem Göttlichen. Er öffnet sich, wartet und findet schließlich Erfüllung. Die göttliche Gegenwart heißt ihn willkommen. Für ihn ist Gott die All-Einheit und unmittelbare Gegenwart. Lehren sprechen ihn nicht an, obwohl sie notwendig sind, um auf intellektueller Ebene für ein gewisses Verständnis und für Fortschritt zu sorgen. Mehr als alles andere verlangt ihn nach der direkten Begegnung mit dem Ursprung seines Seins, mit dem Geist, der ihn schuf, und nichts anderes wird ihm genügen.
Das höchste Ziel des Mystikers ist die Gotteserkenntnis. Das Göttliche in sich zu entfalten, erfüllt ihn mit tiefer Demut. Diese Demut schützt ihn vor intellektuellem Stolz und Eigeninteresse. Aus diesem Grunde wollen wir mit unserem ganzen Sein die unmittelbare Verbindung anstreben. Sie wird uns mehr bedeuten als jedes geschriebene oder gesprochene Wort. Sie verkörpert unsere Sehnsucht nach der Ewigkeit.
Es gibt viele Bewusstseinsebenen, und die meisten von uns denken im Alltag auf der Ebene der Vernunft. Von den zahlreichen weiteren Denkebenen gehören einige nicht der äußeren Welt an. Die Tatsache, dass wir sie nicht nutzen, bedeutet nicht, dass sie nicht vorhanden sind. In Augenblicken höchster Aufmerksamkeit, Bereitschaft und Notwendigkeit bringen sie sich durch uns zum Ausdruck. Die höheren Bewusstseinszustände besitzen ihre eigene Anpassungsform, ihre Kräfte, Wunder und Segnungen. Es ist unser großer Vorzug, die Fähigkeit zu besitzen, uns im Alltag auf die Obertöne dieser Bewusstseinsbereiche einzustimmen, um Gott besser zu erkennen.
Die mystische Erfahrung lässt die Seele erwachen. Zuvor ging es um Charakterbildung. Wir freuen uns über jeden, der die Früchte des Glaubens erntet, aber wenn wir auch nur den geringsten Einblick gewonnen haben, müssen wir uns auf die unmittelbare Erfahrung konzentrieren. Der Mystiker sehnt sich vor allem danach, Gott immer besser kennenzulernen.
Wenn das Bewusstsein des Mystikers geläutert ist und sich seine gesamte Aufmerksamkeit auf Gott richtet, sieht er in allem das Göttliche leuchten, sei es in einem Menschen oder in einem Grashalm. Meister Eckhart drückte es mit den Worten aus: „Alle Grashalme, Holz und Stein sind eins.“ Der Mystiker besitzt eine universale Schau. Für ihn ist die gesamte Schöpfung eins, ist gut und ist ein Teil Gottes.
Wenn wir die wahren Tiefen des Christentums berühren, sind wir Mystiker, ob wir uns dessen bewusst sind oder nicht, da uns der Wunsch beseelt, Gott in selbstvergessener Weise zu lieben, so dass Er immer klarer aus uns hervorzuleuchten vermag. In diesen Augenblicken sind wir uns Seines Willens, der still in uns wirkt, bewusst. Vielleicht dürfen wir an dem Tag, an dem wir diese Welt verlassen werden, umfassendere Gottesaspekte und größere Tiefen der Liebe und Aufrichtigkeit, des Idealismus und des geistigen Verbundenseins erkennen als im Augenblick. Darin liegt das reine und hohe Ziel, die Lebenskraft der Mystik.
Der Mystiker kennt die innere Freude – eine Freude, die der Gottesbewusstheit, seiner Bewusstseinserweiterung und seiner Kraft entspringt, Begrenzungen und Ängste zu transzendieren. Zunächst erlebt er in zunehmendem Maße eine Befreiung von seinem Selbst und den Fesseln der Persönlichkeit und der äußeren Welt, gefolgt von einer tiefen Liebe zu Gott, so dass ein gewöhnlicher Augenblick zur Verzückung werden kann. Die Nähe Gottes, der er sich immer stärker bewusst wird, ist sein größter Lohn. Einfachheit sowie zunehmende Bestätigung und Unmittelbarkeit sind die Merkmale inneren Wachstums.
Die Suche nach der Nähe des erhabenen Gottes-Geistes, basierend auf Ehrfurcht, Liebe und Verehrung, kennzeichnen den mystischen Weg. Wenn Geist und Seele hellwach sind und der Körper in stiller Ehrfurcht verharrt, kann sich völlig unerwartet eine geistige Erhebung einstellen, ein Moment, der dem Individuum Zuversicht und Selbstvertrauen schenkt, noch härter daran zu arbeiten, sich Gott völlig hinzugeben.
Der Mystiker übt sich in der Selbstaufopferung, da er um die große Bedeutung der Selbstaufgabe weiß. Um Gott dienen zu können, muss er sich von allem befreien, was der Persönlichkeit angehört. Ich will mich selbst verlieren, um das Leben zu gewinnen. Nur wenn das Seelenlicht leuchtet, erkennt der Mensch das Licht, die Schönheit, Tiefe und Liebe, denen er überall dort begegnet, wo Gott verehrt wird. Ein Mystiker ist jemand, in dessen Bewusstsein das lebendige Licht erstrahlt und der sich Gott immer stärker bewusst wird. Das Göttliche in sich zu verwirklichen, erfüllt ihn mit tiefer Demut. Je reiner, hingebungsvoller und selbstloser wir das Leben leben, desto reicher werden wir belohnt. Die Freude ist so groß, dass die Erkenntnis dessen, was der Seele widerfährt, mitunter den Schlaf raubt. Gott hat viele Geschöpfe, er weiß genau, wo sie sind und wann sie erleuchtet werden.
Jemand, der darauf achtet, dass sich sein Wesen nach Gott sehnt, zu ihm emporblickt, die Bereitschaft aufbringt, durchzuhalten, standhaft und loyal zu sein, wird die Fähigkeit der Intuition und geistigen Sensitivität in Bezug auf den göttlichen Plan entwickeln und das Wunder und die Herrlichkeit der Schöpfung erahnen. In tiefer Ehrfurcht wird er erkennen, dass seine Beharrlichkeit, Geduld und Ausdauer, sein Vertrauen und seine selbstlose Liebe der Mühe wert sind, da er reich belohnt wird.
Der Mystiker sucht den direkten Weg zu Gott. Lehrmeinungen und theologische Systeme interessieren ihn nicht. Autoritäten kümmern ihn wenig. Sein Gebets- und Meditationsleben, seine Kontemplations- und Konzentrationsübungen ermöglichen ihm eine lebendige Einheit mit dem ewigen Gottes-Geist, den er anbetet. In Christi Namen bemüht er sich, diese Beziehung im unmittelbaren Jetzt aufrechtzuerhalten. Es spielt keine Rolle, auf welchem Strahl oder durch welche Religion der Einzelne emporsteigt. Irgendwann auf seinem Weg wird ihn nach einem direkten Beweis, einem unmittelbaren Zeugnis verlangen. Er sehnt sich nach Gott und muss spüren, dass der Weg zwischen der Allgegenwart und ihm offensteht. Er bedarf keiner fremden Autorität, nur der Gewissheit, dass Gott in seinem Herzen gegenwärtig ist.
Ein Mystiker hat einen Punkt erreicht, an dem er alle Dinge vereinfacht und auf ihre schlichte Schönheit reduziert, denn mystisches Leben beginnt mit der Einfachheit. Es gibt unterschiedliche Arten von Mystikern, aber sie alle führen in gewisser Weise ein einfacheres Leben als die übrigen Gottsucher. Auf den inneren Ebenen haben die Meister ihre Schüler oft belehrt: „Du bist zu wortreich, du bist zu abstrakt – niemand wird das Leben leben, wenn er eine solche weitschweifige, theoretische Abhandlung liest.“
Je mehr man sich bemüht, desto wahrhaftiger und rechtschaffener wird man. Es gibt Augenblicke, in denen die Meditation einem geistigen Freudenfeuer gleicht und man bis dahin unbekannte Dinge erkennt, die nun zur inneren Gewissheit werden. Dies geschieht nicht in jeder Meditation oder bei jedem Gebet, aber wenn man sich darauf vorbereitet und danach sehnt, wird es sich einstellen. Das ist Mystik.
Meine eigene Kindheit wurde vom Glauben der Quäker geprägt, in dem man oft von dem inneren geistigen Licht sprach. Als Dreijährige sah ich meine Großeltern jeden Morgen und jeden Abend in ihrem Wohnzimmer neben ihrem Stuhl niederknien und beten. Die laut vorgetragenen Gebete waren nicht vorgefasst, sondern drangen jedesmal neu aus ihrem Herzen. Meine Großmutter begann, gefolgt von meinem Großvater und danach das Enkelkind, das gerade anwesend war. Es wurde erwartet, dass sich jeder auf das innere Gotteslicht einstimmte. Es handelte sich um eine wunderbare Vorbereitung, die zu einer inneren Verbindung mit Gott führte, anstatt sich auf abstrakte Begriffe zu stützen.
Meister Eckhart bediente sich (wie alle Mystiker) der Symbolsprache, wenn er meinte: „Ich gab mich selbst auf und fand Gott. Wo ich mich fand, verlor ich Gott.“ Sobald wir frei von Selbst-Bewusstsein, frei von Selbstüberschätzung sind, zu den Wurzeln unseres Seins vordringen und das Wesentliche erkennen, werden wir unsere Quelle und unseren Schöpfer finden. Wir erkennen unser Ziel, und alles andere wird verblassen.
Wer sich Gott verschreiben will, sollte das Leben der Mystiker und ihre erhellenden Schriften studieren. Wir sollten für jeden Mystiker dankbar sein, der jemals gelebt hat und uns mit dem Leben derer befassen, zu denen wir uns hingezogen fühlen, denn sie reden mit uns in der Sprache unserer geistigen Heimat. Sie sprechen jeden an, gleichgültig, welchen Pfad er beschreitet, beseitigen Hindernisse und Schranken und befreien mit einem starken Wort oder einem überzeugenden Hinweis von allem Überflüssigen.
Es leben mehr wahre Mystiker in der Welt, als wir annehmen. Viele von ihnen führen ein ganz normales Leben in stillem Dienst. Wir sollten lernen, uns auf die Symbolsprache, die tiefe Ehrfurcht und die Selbstaufgabe jener Seelen einzuschwingen, in denen sich die Mysterien dieser inneren Herrlichkeit bemerkbar machen. In der Welt, die uns umgibt, werden wir vieles entdecken und lernen. Den mystischen Aspekt finden wir überall, und wir danken den Seelen, die uns den Weg gewiesen haben.
Mystiker
In jedem Jahrhundert hat es solche Leuchtfeuer gegeben, Menschen, deren inbrünstige Liebe zu Gott, ihre Hingabe und Ehrfurcht die verstandesmäßige Gottesvorstellung des Durchschnittsmenschen überragte. Nicht die Vernunft, sondern die höheren, intuitiven Seelenkräfte ermöglichten es ihnen, einen Blick in die anderen Welten zu erhaschen, in jene ewigen Wirklichkeiten, derer wir ein Teil sind. Sie brachten die lebendige Flamme in Form ihrer Botschaften zurück. Ohne sie wären wir verarmt.
Die Hauptmerkmale des wahren Mystikers sind:
1.Einfachheit
2.Demut
3.Selbstaufgabe
4.Hingabe über das übliche Maß hinaus
5.Edelmut
6.Ein ungewöhnliches Verlangen nach Gott
7.Der Wille, das menschliche Bewusstsein zu heben
Die vielleicht auffallendste Eigenschaft des Mystikers ist seine Demut. Sie gibt ihm Kraft. Die Demut befreit vom Selbst. Die Sorge zu versagen oder die Befürchtung, was andere von ihm denken mögen, fällt weg. Eitelkeit und Selbstgerechtigkeit nehmen ihn nicht länger gefangen. Wahre Demut bedeutet absolutes Gottvertrauen.
Der Mystiker beherrscht die Kunst der Meditation und Kontemplation. Die Meditation bewegt sich ruhig und forschend von einem Gedankenpunkt zum nächsten. Die Vernunft strebt von außen nach innen. Sie besitzt die Fähigkeit, mit Hilfe des geistigen Willens tiefgründig zu denken.
Die Kontemplation öffnet eine Bewusstseinspforte, durch die das Licht des höheren Bewusstseins einströmt. Dieses Bewusstsein bringt Läuterung und Heiligkeit. Der Kontemplationsweg führt uns an die Schwelle unseres höchsten Seins. Die Wahrheit wird intuitiv erfasst, und wir berühren die tiefsten Ebenen der Stille. Die Kontemplation aktiviert den Geist, indem sie ihm Bilder und Erkenntnisse vermittelt, über die er nachsinnt. Es gibt nichts, das uns für die Gegenwart Gottes und die inneren Wirklichkeiten so stark öffnet. Liebe und Dankbarkeit gewähren den Eintritt in das Reich der Engel. Durch die Ausübung der Kontemplation und ihre Erfahrungen finden wir leichteren Zugang zu unserem Geist, gleichgültig ob wir gerade meditieren oder wandern.
Es ist gut, sich mit den oft zitierten Mystikern zu befassen und Näheres über sie zu erfahren. Seit Christus diesen Planeten verließ, hat allein die Vitalität und Kreativität der Mystiker das Christentum lebendig erhalten. Wenn das Christentum in einer Krise steckt oder erstarrt in Dogmatik, tritt eine mächtige Stimme auf, wie etwa die eines Franziskus oder einer Theresa von Avila. Die Menschen, die ihre Worte vernehmen, leben auf, werden geheilt und regeneriert. In der jahrhundertelangen Geschichte christlicher Mystik traten Menschen auf, welche die Lehren Christi bestätigten und oft zu Kirchenheiligen erklärt wurden. Heilige sind keineswegs vollkommen, aber fromm. Sie üben sich in Demut, Selbstdisziplin und großer Integrität, was sie weit über den nicht geistig orientierten Durchschnittsmenschen erhebt.
Im Neuen Testament erfahren wir von der Bedeutung der Mystik. Wie alle Juden, lebte der Pharisäer Saulus gemäß den geltenden Gesetzen. Sein Erlebnis auf dem Weg nach Damaskus verwandelte ihn in Paulus, der vom gewöhnlichen Leben in den „dritten Himmel“ erhoben wurde, wie er es nennt, also auf eine höhere Bewusstseinsebene. Er berichtete, er habe in diesem Moment nicht gewusst, ob er sich in seinem physischen Körper oder außerhalb befand. Er sei sich nur eines strahlenden Lichtes bewusst gewesen, das ihn einhüllte und erneuerte. Von diesem Zeitpunkt an kannte er keine Furcht mehr. Sein Geist schwang sich empor, und er erkannte in Jesus von Nazareth den lebendigen Christus.
Vom ersten Jahrhundert nach Christi Geburt bis zum heutigen Tage sind zahlreiche Mystiker unterschiedlicher geistiger Tiefe aufgetreten. Im ersten Jahrhundert verkündeten Clemens von Alexandrien und andere Kirchenväter Botschaften mystischen Inhalts. Die Schriften des hohen Eingeweihten und Kirchenlehrers Origenes sind reich an Symbolen mystischer Tiefe.
Unter den ersten Christen befand sich der Athener Dionysios, der angesehene erste Anwalt des Hohen Gerichtshofs, der geistig erwachte, als Paulus auf dem Mars-Hügel in Athen sprach. Vierhundert Jahre später inkarnierte er sich erneut unter dem Namen Dionysios Areopagita. Er war ein Meister, und seine zahlreichen Schriften inspirierten die größten Geister des christlichen Glaubens, die sich aufrichtig um die Wiedervereinigung mit Gott und den Pfad der Erleuchtung bemühten. Seine Schrift Die Hierarchien der Engel und der Kirche handelt von der Engel-Hierarchie. Als Meister gehörte er zu den größten Seelen, die nach Jesus aufgetreten sind. Dem Weg des Herrn folgend, erreichte er als einer der ersten die Vervollkommnung.
Meister, die in einem physischen Körper leben, verschweigen meistens ihre wahre Identität, um ihre Mission ungestört ausüben zu können. Dies ist der Grund für das Geheimnis, das solche großen Seelen umgibt.
Ende des dreizehnten, Anfang des vierzehnten Jahrhunderts lebte der flämische Mönch Jan Ruysbroek. Er soll ein sehr stiller, strahlender und geistig hochstehender Mystiker gewesen sein. Seine Botschaft war inspirierend und tiefgründig. Er folgte dem Pfad der Stille und wurde achtzig Jahre alt. Sechsundzwanzig Jahre lang diente er als weltlicher Priester in Brüssel. Da ihn diese Aufgabe nicht zufriedenstellte, zog er sich in ein Kloster zurück. Als Prior schrieb er zahlreiche mystische Bücher. Dieser kontemplative Mönch hat uns die meisten Informationen über die Kontemplation geschenkt. Sein bis heute überliefertes Hauptwerk trägt den Titel Die Zierde der geistlichen Hochzeit. Ruysbroek vertrat die Ansicht, dass das kontemplative Leben zu Gott führt und uns befähigt, die vollkommene Liebe zu leben.
Der deutsche Philosoph Meister Eckhart war eher ein geisteswissenschaftlicher, weniger ein frommer Mystiker, der auf intellektueller Ebene mehr wusste, als er tatsächlich erfahren hatte. Doch seine Schriften leuchten im Glanz eines Eingeweihten. Er trat in den Dominikanerorden ein und lehrte Mystik an der Universität, was für ihn den Weg zu Gott bedeutete. Er verkündete: „Obwohl die göttliche Existenz alles Sein durchdringt, offenbart sie sich am stärksten in der Menschenseele, deren Ziel die Gottesvereinigung ist.“ Diese gläubige, klar erkennende Seele kannte weder Furcht noch Unentschlossenheit.
Jakob Böhme, ebenfalls ein herausragender Mystiker und Eingeweihter dritten Grades, lebte Ende des 16., Anfang des 17. Jahrhunderts. Dieser deutsche Mystiker gehörte nicht dem katholischen Glauben an und besaß aus diesem Grunde sehr viel größere Gedankenfreiheit. Seine schulische Ausbildung überstieg nicht die der Elementarstufe. Sechsundzwanzig Jahre lang arbeitete er als Schuhmacher. Dann begann er zu schreiben. Das Überbewusstsein ersetzte seine fehlende Schulbildung. Böhme wurde einer der göttlichen Kanäle, der mit seinen Schriften wunderbare Aussagen über Gott verkündete.
Der Franzose Claude de Saint-Martin lebte in der Zeit der Französischen Revolution. Als diese ausbrach, wurde er aufgrund seines guten Karmas von den Revolutionären selbst beschützt und in sein Heimatdorf geschickt, in dem er den Rest seines Lebens verbrachte. Diese edle Seele und ihre erleuchtenden Schriften, die in der ganzen Welt bekannt wurden, stießen in Frankreich auf große Anerkennung. Sein offener, vom katholischen Glauben nicht eingeengter Geist sammelte die Wahrheit, wo immer er sie fand. Obwohl ein Bewunderer von Swedenborg und Jakob Böhme, betrachtete er den spanischen Edelmann Martinès de Pasqually, der überall in Europa den Okkultismus lehrte, als seinen Lehrer.
Saint-Martin war ein bemerkenswerter Mann und lebte in der weltlichen Gesellschaft, ohne sich im Weltlichen zu verlieren. Eine kurze Zeit lang diente er beim Militär. Danach schrieb und lehrte er bis an sein Lebensende. Ein auffallendes Merkmal der Mystiker liegt in ihrer Fähigkeit, alles sehr einfach auszudrücken, was die Aussage dieses Mannes bestätigt: „Es gibt einen Gott. Ich habe eine Seele, und das ist die ganze Weisheit.“
Arthur E. Waite gehört zu den Mystikern der heutigen Zeit. Er wirkt als herausfordernder, inspirierender Gelehrter. In seiner Schrift Mystische Studien hebt er den Wert der Symbolsprache hervor und forscht in allem nach der geistigen Bedeutung. Die Aussagen dieser erleuchteten Seele sind glaubwürdig. Ich halte auf beiden Seiten des Lebens nach Dir Ausschau, mein Gott.
Mehrere Schriftsteller und Komponisten haben uns in ihren Werken eine geistige Botschaft übermittelt. William Blake war ein Künstler, der später als Kahlil Gibran wiederkam. Blake wirkte als Botschafter der inneren Welten und als Dichter. Ihm gelang es, die Bedeutung und Schönheit der Worte in großartiger Weise einzufangen, während seine Zeichenkunst als weniger vollkommen erachtet wird. Betrachtet man seine Bilder, erkennt man eher einen tiefen und lebendigen Inhalt als eine künstlerische Vollkommenheit. Ein Sandkorn birgt eine ganze Welt und eine Wildblume einen ganzen Himmel. Der Mystiker sieht in einem Sandkorn eine ganze Welt. Er wählt nur wenige, aber ausdrucksstarke Worte.
Die Musik von Grieg, Mendelssohn, Mozart und Beethoven bringt den mystischen Aspekt zum Ausdruck. Beethovens großartige Vision des mächtigen himmlischen Kriegers durchziehen viele seiner Symphonien. Seine Neunte Symphonie drückt das Mystische am stärksten aus. Auch César Franck kanalisierte den geistigen Aspekt aus den höheren Ebenen. Sein Panis Angelicus gleicht einem geistigen, uns läuternden Mantra.
Diese Mystiker schenken Vertrauen, Zuversicht und Ermutigung, uns auf den Weg zu machen, indem wir unseren Willen Gott unterordnen. Wir können uns bemühen, Gott in einer Weise zu lieben, die es Ihm ermöglicht, unsere Schranken zu durchbrechen und diese Liebe durch uns auszustrahlen und Seinen Willen und Seinen Weg in unser Leben zu bringen.
Entwicklung zum Mystiker
Die christliche Mystik interessiert uns gewöhnlich erst, wenn wir genügend fortgeschritten sind, um uns für die Einweihung vorzubereiten. Dann helfen uns ihre Aspekte – ihre Symbolsprache, ihre Bewusstseinshebung und ihre Methoden, sich zu wandeln – um jene entscheidende Erfahrung zu durchleben, in der sich das Tor zu einer anderen Seins- und Bewusstseinsebene öffnet. Im Laufe ihres Fortschritts wird die Menschheit die christliche Mystik immer stärker akzeptieren und praktizieren.
Der mystische Pfad beginnt mit der Sehnsucht nach der unmittelbaren Gotteserfahrung. Dieser Sehnsucht folgt die Gottsuche anhand sorgfältigen Studiums von Büchern oder Vorträgen, denen man aufmerksam zuhört, um die glaubwürdigen Wirklichkeitsaspekte herauszufinden. Die dritte Phase besteht in der Selbstaufgabe. Eigenwille, Egoismus und alles, was im Widerspruch zu der Gotteserfahrung und göttlichen Gegenwart steht, werden preisgegeben. Der Selbstaufgabe folgt die Weihung. Diese Phase mag man rasch durchlaufen oder es bedarf einer langen Zeit, um sich den verschiedenen Disziplinen und einzigartigen Ereignissen zu unterziehen, die einen Teil jeder einzelnen Phase ausmachen. Auf dieser vierten Stufe fällt die Entsagung leicht. Ein Christ, der die höchste mystische Erfahrung anstrebt, verliert allmählich das Interesse an allem, was dem göttlichen und heiligen Willen entgegensteht. Er wird zunehmend schlichter, freier und unabhängiger vom Intellekt oder von den weltlichen Sicherheiten. Das Einzige, was zählt, ist Gott.
Die Leute fragen: „Wie kann ich Gott erkennen und gleichzeitig für mein tägliches Auskommen sorgen, Eltern oder Familienmitglied sein und an der Gesellschaft teilhaben, ohne meine geistige und spirituelle Orientierung zu verlieren?“ Die geistige Liebe ermöglicht es, beides miteinander zu verknüpfen. Denken wir an zwei Liebende, die in aufrichtiger und ehrlicher Liebe einander zugetan sind. Der Mann oder die Frau mögen ihrem praktischen Alltag nachgehen, aber in ihrem Inneren leuchtet die Erinnerung an den geliebten Partner. Alles andere ist zweitrangig. Für den Mystiker gilt das Gleiche, um sich auf die inneren Erfahrungen vorzubereiten. Er betrachtet nichts und niemanden als isoliert oder entfernt, sondern in der Vollkommenheit Gottes als bedeutsam.
Die meisten Menschen sind einer solchen tiefen Liebe nicht fähig. Sie berühren diese Dinge nur oberflächlich, im Vergleich zu den höchsten geistigen Werten. Mit der Entfaltung einer tiefen Gottesliebe weitet sich der Bogen, und die Liebe schließt die Menschen und Geschöpfe mit ein. Der wahre Mystiker liebt die Tiere und sorgt für ihr Wohlergehen, und seine Liebe durchströmt alles Leben.
Nach der Erfahrung der Liebe gibt es Phasen der Freude und Zeiten der Prüfung. Wir müssen lernen, zu solchen Höhen und Tiefen Abstand zu gewinnen. Geringe Vorfälle dürfen nicht überbewertet werden, gleichgültig, ob es sich dabei um einen Verdienst handelt oder ob sie uns zu Fall bringen. An erster und höchster Stelle steht die Anbetung Gottes, und erst dann folgen die anderen Dinge in ihrer angemessenen Reihenfolge.
Für den Mystiker sind drei Dinge wichtig: Gott zu lieben, Ihm zu vertrauen und Ihn zu verwirklichen. Das Heilige zu lieben bedeutet, die geistigen Interessen und Bedürfnisse in unserem Leben an erste Stelle zu setzen. Unser Glaube muss wachsen, bis wir den Weg zu ihm allein durch das Vertrauen finden. In einfachen und schwierigen Angelegenheiten sollten wir erkennen, dass die Allgegenwart ihre schützende Hand über uns hält. Sie hat sich nicht von uns entfernt, nur weil andere Dinge unsere Aufmerksamkeit gefangennehmen. Wir bitten um Ihren Rat und Ihren Schutz.
Die Verwirklichung Gottes erfordert, dass unsere Aufmerksamkeit das Ewige mit einschließt. Immer wieder läutern wir unseren Geist und unsere Emotionen, blicken empor und erkennen Seine Gegenwart, die Seine Schöpfung überstrahlt. Mit Ihm in Einklang zu leben, überflutet das Bewusstsein mit Inspirationen. Gott erfüllt unser gesamtes Sein. Er steht an höchster und wichtigster Stelle.
Die erste Stufe auf dem mystischen Pfad ist das Erwachen. Gleichgültig wie viel wir gelesen oder wie viele Orte wir aufgesucht haben, um Gott zu finden, stets werden wir erkennen, dass es noch mehr geben muss. Wenn wir immer tiefer eindringen, berühren wir das höhere Bewusstsein, und das intuitive Wissen um Gottes Gegenwart umhüllt uns.
Der Periode des Erwachens folgt die Phase der Vorbereitung. An diesem Punkt sehen wir uns der Notwendigkeit gegenüber, uns zu läutern und auf weitere Schulungen vorzubereiten, um fortwährend mit dem lebendigen Strom in Berührung zu bleiben. Seinem äußeren Leben entsprechend, achtet der wahre Mystiker gewissenhaft auf die erforderlichen Einzelheiten bei der Arbeit an seinem Persönlichkeits Selbst. Wenn wir unsere Bemühungen der Vorbereitung und Läuterung vertieft haben, erreichen wir schließlich die Stufe der Transformation. Nicht unser eigenes Vorgehen befähigt uns, voranzuschreiten und uns zu wandeln, sondern der Geist des inneren Lichtes, der uns lenkt, unterweist und inspiriert. Unsere stufenweise Veränderung führt uns schließlich zu einem Punkt, an dem alles Vergangene schwer und erdgebunden zu sein scheint, im Vergleich zu dem, was wir in diesem lebendigen, ewigen Gottesmoment empfinden.
Nach der Transformation durchschreiten wir die Pforten der Erleuchtung. Sie schenkt jene strahlenden, flüchtigen Augenblicke unmittelbarer Erkenntnis, in denen sich das Göttliche in uns aufmerksam auf den Allerhöchsten richtet. Es werden zahlreiche Heimsuchungen und erhellende Momente folgen.
Im Laufe vieler Zeitalter haben die Menschen das Göttliche verehrt, aber ihre Verehrung beruhte hauptsächlich auf dem Glauben. Dennoch hat es immer Seelen gegeben, die den Glauben transzendierten, indem sie in die höheren Bewusstseinsebenen eintauchten und geistig erwachten. Diese außergewöhnlichen Seelen strahlten ein Licht aus, das die schwachen Bemühungen der weniger bewussten Seelen unterstützte.
Frage dich, von welcher Bewusstseinsebene aus du deinen Alltag lebst. Wenn er aus Arbeit und Muße besteht, nutzt du nur deinen äußeren Verstand. Oder bist du dir der Herrlichkeit, die auf dich herabstrahlt, bewusst? Geistig wach zu sein bedeutet, sich Gott zu vergegenwärtigen. Einsamkeit und Furcht werden sich verlieren. Eines Tages wird das Göttliche in uns auflodern, um Gott zu begrüßen. Diese Herausforderung und dieser Weg beginnen in diesem Moment. Blicke den Menschen, denen du begegnest und mit denen du arbeitest, in die Augen, um ihre Nöte zu erkennen und ihnen helfen zu können. In den mit äußeren Pflichten erfüllten Stunden wirst du lernen, Christus näherzukommen. Wirkliches Sehen bedeutet, das Wahre im Menschen oder die Möglichkeit, die eine Situation bietet, zu erkennen.
Gott reicht uns immer die Hand und kommt uns entgegen, und wir spüren einen inneren Ruf, demgegenüber alles andere verblasst. Wir fühlen den Weg, der unser Leben lenkt und uns zum Gottesbewusstsein führt. Mut, Ehrfurcht, Demut und Hingabe befähigen uns, dieses innere Licht zu wahren und ihm zu folgen. Jeder, der eine solche Erfahrung gemacht hat, dient zwei Welten. Er ist sich der äußeren Welt bewusst und bemüht sich, ausgeglichen und konstruktiv in ihr zu wirken. In gleicher Weise öffnet er sich für die geistige Welt, deren inneres Licht und Belehrungen seiner Arbeit Bedeutung und Schönheit verleihen.
Beschränke deine Verbindung zu Gott nicht auf den Kirchgang oder deine Meditationen. Der mystische Weg bedeutet, von der Seelenebene aus zu leben. Aus dieser Sicht bildet alles Leben eine Einheit. Das mystische Bewusstsein ist intuitiv. Wir sollten die geringste Erfahrung der erhabenen Gegenwart und der strahlenden Schwingungen, die uns umgeben, aufzeichnen.
Wenn wir aus der Quelle empfangen, gibt es keine Ungewissheit. Auf dem Wege der Intuition gelangt die Wahrheit von der Seelenebene in den Verstand. Sich für das Licht zu öffnen bedeutet, momentan zu wissen.
Tagtäglich sehen wir uns der Entscheidung gegenüber, dieses Wissen brachliegen zu lassen oder es immer wieder neu zu leben. Fortschritt erfolgt nicht sprunghaft. Stufe um Stufe klettern wir die Bewusstseinsleiter empor und bewegen uns vom Glauben über das geistige Vertrauen zur Gotteserkenntnis. Mit anderen Worten, die oberflächliche Annahme verwandelt sich in eine Akzeptanz, die dem geistigen Kern, dem Zentrum unseres inneren Seins, entspringt. Während der Kontemplation oder Betrachtung verschmilzt das mystische Bewusstsein mit dem Alltagsbewusstsein. Unsere Seele erkennt die Wirklichkeit. Die Einbeziehung unseres eigenen Geistes lässt uns geistig erwachen, was zur unmittelbaren Erfahrung führt.
Die mystische Erfahrung umfasst folgende Stufen:
1.Erwachen
2.Läuterung
3.Inspiration
4.Erleuchtung
5.Vereinigung
Die Entfaltung unserer geistigen Fähigkeiten erfolgt in drei Abschnitten. Zunächst betrifft es nur unseren Charakter. Wir lernen, Verantwortung zu tragen und die göttlichen Vorschriften zu beachten. Es folgt die intellektuelle und spirituelle Wahrnehmung, die unser Sein allmählich erleuchtet. Die dritte und höchste Stufe wird zuletzt erreicht. Unser inneres Selbst öffnet sich vollständig. Die physischen Sinne treten in den Hintergrund, und wir sehen und hören innerlich.
Alles sollte angesichts der Gegenwart des lebendigen Gottes geschehen. Wenn wir Gott bitten, unsere Einstimmung zu verklären und zu inspirieren, bitten wir Ihn, nicht nur einen Teil, sondern unsere ganze Individualität zu übernehmen und zu erneuern, sie zu verwandeln und mit Seiner Kraft zu erfüllen.
Jeder von uns, der in einem physischen Körper lebt, ist sich der Tatsache bewusst, dass sich unser Bewusstsein weitgehend der äußeren Welt zuwendet. Berührt es auch andere Wirklichkeitsebenen, die jenseits der irdischen Dimension liegen? Es gibt flüchtige, aber klare Momente, in denen sich die Göttliche Gegenwart zu offenbaren scheint. Sind wir ehrfürchtig und offen, wird uns eine Botschaft oder Eingebung zuteil werden, was viele von uns bereits erfahren haben. Woher kommen sie? Sie stammen aus den überirdischen Ebenen unseres eigenen Seins, jenen höchsten Bewusstseinsbereichen, die von unseren physischen Sinnen unberührt bleiben, nicht aber von unserem intuitiven Bewusstsein.
Viele Menschen glauben an Gott und praktizieren ihren Glauben, so gut sie es vermögen. Sie sehnen sich nach der göttlichen Wirklichkeit, spüren aber, dass irgendetwas fehlt. Sie sind nicht erleuchtet. Die herrlichen, Gott-erfüllten Augenblicke der Erleuchtung sind ihnen fremd, und sie wundern sich warum. Warum ist ein Individuum so unempfänglich, obwohl sich sein Herz nach solchen Momenten sehnt? Die Antwort liegt in unserem Inneren. Vielleicht verdrängt der Intellekt den intuitiven Aspekt in uns. Die Intuition steht über dem Intellekt. Wir sollten darauf achten, dass dieser nicht zum Hindernis wird und wir uns in unserer Angewohnheit verlieren, auf die Dinge, die um uns her geschehen, in praktischer, rationaler und abstrakter Weise zu reagieren. Wir müssen lernen, alles andere auszuschalten, so dass unsere Sehnsucht einzig und allein Gott gilt, um zu empfangen, unmittelbar zu erfahren und zu wissen.
Die meisten von uns haben Wege beschritten, die über die kurze Erfahrung dieses Erdendaseins hinausgehen. Wir alle haben irgendwann Lehren in uns aufgenommen, die das ethische Leben betrafen und den Wunsch nach Integrität und sittlichem Verhalten in uns weckten. Im Laufe unserer Entwicklung wurden wir vielleicht von einem Schriftsteller, einem Komponisten oder einem spirituellen Lehrer inspiriert und begegneten später der Metaphysik. Sie lehrte uns, dass wir für alle unsere Gedanken die Verantwortung tragen. Aber es befriedigte uns nicht, nur die Gesetzmäßigkeiten des Bewusstseins kennenzulernen. Die christliche Esoterik belehrte uns über den Gottesplan, aber die Sehnsucht nach Gott blieb. Nur die christliche Mystik vermag uns Gewissheit zu geben.
Ohne Mystik gäbe es heute kein Christentum, denn das Buchstaben- Christentum – Dogma, Tradition und intellektuelle Interpretation – ist fade. In der Mystik weht ein lebendiger Geist, der uns unzählige Möglichkeiten eröffnet und in der es keine Schalheit gibt.
Mystische Erfahrungen
Mystische Erfahrung bedeutet nicht unbedingt, gleichzeitig hellsehend zu sein. Die christliche Mystik zeichnet sich durch die Intuition aus oder zumindest durch das Wissen um die höheren Seinsebenen. Hellsichtigkeit ist für die mystische Erleuchtung nicht zwingend. Sie kann sich jederzeit einstellen. Bei einer recht jungen Seele mag sie völlig unerwartet auftreten oder sich im Laufe der Entwicklung erst auf der Stufe des Heiligen zeigen. Bei der übersinnlichen Erfahrung tauchen Phänomene auf, die den niederen astralen und mentalen Ebenen angehören. Seelen, die erst begonnen haben, sich mit den geistigen Wahrheiten auseinanderzusetzen, berühren diese Bereiche bei spiritistischen Séancen oder Wahrsagern.
Die mystische Erfahrung liegt auf einer höheren Bewusstseinsebene. In diesem Zustand fühlt man sich eins mit allem Leben. Jeder Einblick, jede Offenbarung oder Erkenntnis, die unsere Verbindung zu Gott, unser Verständnis und unsere Hingabe vertieft, fällt in den Bereich der mystischen Erfahrung. Sie ermöglicht es uns, um die Wirklichkeit Gottes zu wissen und nicht nur an sie zu glauben.
Strebe mit deinem ganzen Sein nach der unmittelbaren Verbindung zu Gott. Sie wird dir mehr bedeuten als jedes geschriebene oder gesprochene Wort. Sie öffnet das Tor zur Ewigkeit. Sprich des öfteren: „Ich bin in Gott, und Er ist in mir“ oder „Gott ist in mir, und ich bin in Gott“. Blicke mehrmals am Tag zu dem innewohnenden Geist empor. Mit jedem Wort und jedem Gedanken, der unsere Liebe zu Gott ausdrückt, laden wir Ihn ein, sich uns zu nähern. Er ist stets gegenwärtig. Wenn wir in die höheren Bewusstseinsebenen eindringen und die Schranken, die uns von Gott trennen, durchstoßen, werden wir Ihn dort finden. Die Mühe der Vorbereitung auf diese Vereinigung und das innere Wissen lohnt sich.
Es gibt großartige Gemälde und herrliche Musik, die den mystischen Aspekt so wunderbar zum Ausdruck bringen, dass sie uns in die göttliche Gegenwart führen. Das Leben auf der inneren Ebene entspricht nicht dem physischen Dasein. Unser inneres Selbst nimmt die Schönheit, die Kräfte und tieferen Bedeutungen auf, die bei eher oberflächlicher Denkweise verlorengehen.
Die Natur bietet viele Möglichkeiten, um den mystischen Aspekt zu erfahren. Wenn wir allein auf einem Bergpfad wandern, erkennen wir die verborgene Anwesenheit Gottes. Er schuf diese Schönheit, beseelt und beschützt sie. Wir betrachten die Formen und Symbole, derer sich die Natur bedient, um uns an die Göttliche Gegenwart zu erinnern.
Die Symbolsprache besitzt ihren eigenen Stellenwert. Seit jeher haben sich die Mystiker ihrer bedient, da es keine andere Möglichkeit gibt, die gewaltigen Inspirationsströme in das äußere Bewusstsein einfließen zu lassen. Mitunter muss man aufgrund sprachlicher Begrenzungen auf die Symbolik ausweichen, um eine Gotteserfahrung zu beschreiben. So heißt es: „Der Geist Gottes oder der Geist unseres Herrn gleicht einer Lampe, deren Licht im Heiligtum ewig leuchtet.“