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detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über www.dnb.de abrufbar.

© 2017 Cornelia Birrer

Herstellung und Verlag: BoD – Books on Demand GmbH, Norderstedt

ISBN: 978-3-74319-883-8

Inhaltsverzeichnis

Einleitung

Ich brauche Mut.

Ich brauche Mut, 39-7 auszurechnen.

Ich brauche Mut, 39-7 auszurechnen, weil ich unsicher bin.

Ich könnte vielleicht so rechnen: 9-7=2, also gibt es 32…… Stimmt das? Stimmt das wirklich?

Ich glaube, ich zähle lieber. Wir haben so oft das Zählen bis 100 geübt, vorwärts und rückwärts.

Ich gehe lieber auf Nummer sicher und zähle ab: 39-7= 38, 37, 36, 35 34, 33, 32 oder 31?

Ich zähle 7 noch mit den Fingern mit, dann bin ich ganz sicher:

39 ist 1, 38 ist 2, 37 ist 3, 36 ist 4, 35 ist 5, 34 ist 6, 33 ist 7. Also gibt es 33.

So toll wäre es gewesen, wenn sich Sofia auf ihren Mut verlassen hätte:

Die Analogie nutzen ist der beste Weg im Bereich bis 100, bis 1‘000, bis zur Million.

Die Analogie basiert auf Bildern und nicht aufs Zählen.

Sofia ist unsicher, ob die Lösung 32 stimmt. Anstatt aufs Zählen umzusatteln, hätte sie die Rechnung auch zeichnen können und die Lösung direkt gesehen:

Die Zehnerstäbe und die Einerwürfel sind ein sehr gutes Hilfsmittel, um Rechnungen auszuführen und zu sehen.

Sofia ist aber überzeugt: „Ich fühle mich sicherer, wenn ich zähle.“

Leider birgt das Abzählen sehr viele Gefahren:

→ Es braucht höchste Konzentration, wenn korrekt gezählt werden muss: Niemand darf stören.

→ Es braucht sehr viel Arbeitsspeicher, denn es muss parallel gezählt werden: Einerseits die Zahlenreihe hinunter und gleichzeitig den Subtrahenden. Sofia hat vorgezeigt, wie das geht und ist prompt falsch „gelandet“.

→ Viele Kinder brauchen im Versteckten dafür die Finger. Sie machen es oft unter dem Tisch.

→ Es unterlaufen immer wieder Fehler um 1.

Sofia braucht nun sehr viel Mut, sich vom Zählen zu lösen. Es ist einfacher, gar nicht erst mit Zählen anzufangen.

Mein Ziel ist, dass die Kinder den Zahlenraum bis 100 mit Bildern kennenlernen und Ende Schuljahr die Grundrechnungen automatisiert haben. Ganz ohne zu zählen. Es lohnt sich und gibt Sicherheit. Sicherheit führt zu Mut.

Die Analogie und der Lernaufbau

Die Analogie ist das beste Mittel, mutig den Hunderterraum zu erobern. Dafür braucht es den Lernaufbau nach Prof. Aebli: Begreifen, zeichnen, vorstellen, automatisieren. Die Technik Fingerturnen deckt dies konsequent ab.

Mitte 2. Schuljahr müssen die Kinder alle +/- Rechnungen bis 100 analog lösen können.

Der Weg dorthin wird in diesem Praxisbuch Schritt für Schritt beschrieben. Folgen wir mit den Kindern diesen Schritten, wird das zählende Rechnen umgangen. Denn die Bilder stehen im Mittelpunkt des Geschehens und können immer wieder hervorgeholt werden, die Vorstellung ist immer gewährleistet.

Das „Arbeitsheft Fingerturnen immer 10 bis 100“ ersetzt kein Lehrmittel. Es wird als roter Faden neben jedem Hauptlehrmittel eingesetzt. Ziel ist die konsequente Automatisation der Grundrechnungen, der wichtigsten Grundlagen der Mathematik.

Unsere Zahlenschreibweise

Das Zahlenlesen und Zahlenschreiben braucht zu Beginn eine gute, konsequente Einführung. Die deutsche Sprache und die niederländische ebenfalls zeigen ein Problem auf:

Die Zahlen werden im Bereich bis 100 von den Einern her gelesen.

Ein grosses Problem. Die Orientierung stimmt nicht mit unserer Schriftschreibweise von links nach rechts überein. Kinder mit unsicherer Orientierung werden immer wieder die Zahlen verdrehen. Mit grösster Sorgfalt führen wir die zweistelligen Zahlen bis 100 ein. Es lohnt sich und gibt Sicherheit. Und Sicherheit führt zu Mut.

Einteilung des Schuljahres aus mathematischer Sicht

Im ersten halben Jahr konzentrieren wir uns auf das Rechnen im plus/minus-Bereich, ohne zweischrittige Rechnungen, ohne Einmaleins. Wenn die Grundrechnungen der ersten Klasse mit der Analogie gekoppelt sind, dann können wir uns auf schwierigere Rechenverfahren einlassen,

wie 56-27, 38+?=100, 42+? =80, 42+?=91.

Das Einmaleins kann besser gelernt werden, wenn die Grundrechnungen sitzen. Beispiel:

9·8=? → 10·8=80, also 80-8= 72 → 9·8=72

Wenn die Kinder 80-8 aber nicht korrekt ausführen können, hilft dieser Hilfsweg nicht.

Beginnen wir mit den komplexen Rechnungen bis 100 zu früh, wird es nur zu Verwirrung und Unsicherheit führen. Und genau das führt wieder zu Mutlosigkeit. Mutlosigkeit wird mit Zählen kompensiert.

Es braucht also Mut.

Es braucht Mut, konsequent zu trainieren und dranzubleiben.

Bauen wir den Mut gemeinsam auf.

Aufbau der Lektionen in diesem Praxisbuch

Jede Lektion in diesem Praxisbuch ist eine Wochenlektion. Ein Thema wird eingeführt und eine Woche lang regelmässig trainiert. Dafür dient das Arbeitsheft „immer 10 bis 100“. Diese Arbeitsseiten sind chronologisch aufgebaut. Ein Schritt ergibt den nächsten. Die Arbeitsmaterialien, Rechenblätter wiederholen sich immer wieder, stets eine Lernstufe höher. Sie sind auch ideale Hausaufgaben.

Es ist wichtig, dass die Rechenblätter als Aufbau und anschliessendem Training angeschaut werden. Ein „Springen“ von einer Seite auf irgendeine ist nicht zu empfehlen.

Die Rechenblätter können mehrmals gelöst werden. Die bereits eingeschriebenen Resultate werden zugedeckt und mehrmals nacheinander ev. mit Zeit stoppen gelöst. Das ist ein intensives Training.

Das „Arbeitsheft Fingerturnen immer 10 bis 100“ mit dessen Ziel der Automatisation der Grundrechnungen kann neben jedem offiziellen Lehrmittel durchgeführt werden.

Das Allerwichtigste ist auch in diesem Schuljahr: das tägliche 10 Minuten-Training, jeden Tag, jeden Tag. Mit Karten und Trainingsblättern üben die Kinder immer wieder Grundlagen, mit Tests werden sie überprüft. Wenn ein Kind noch nicht sicher genug ist, soll bei ihm das Training am gleichen Punkt weitergeführt werden bis die nötige Sicherheit vorhanden ist. Erst wenn eine Grundlage sitzt, kann die nächste weiter aufgebaut werden.

Am besten eignen sich Rituale: Immer zur gleichen Zeit wird trainiert, z.B. immer am Morgen nach dem Auspacken der Schultasche oder nach der Zehnuhrpause. Das tägliche Training besteht meistens aus einem Stapel Karten mit Lösung auf der Rückseite oder ein bereits gelöstes Rechenblatt wird zugedeckt und nochmals gelöst mit anschliessender Sofortkontrolle. Nur das konsequente, kurze Training wird zur Automatisation der Grundrechnungen führen.

Alle im Praxisbuch erwähnten Lieder sind aus „der klingende Rechenaufbau“ entnommen worden.

Aufteilung der Lektionen

Die Lektionen, die im Nachhinein vorgestellt sind, sollten im Team-Teaching unterrichtet werden: Klassenlehrkraft mit Heilpädagogin.

Im ersten Teil gibt es einen gemeinsamen Einstieg z.B. von der Heilpädagogin für alle Kinder, im zweiten Teil teilen wir die Kinder ein: Schulzimmer/Förderkinder.

Es braucht also für diese Lektionen noch einen Nebenraum für den Unterricht der Förderkinder.

Während die Heilpädagogin die Lektion gemeinsam beginnt, hat die Klassenlehrerin die wunderbare Möglichkeit, alle Schüler zu beobachten. Solche Momente sind äusserst selten und äusserst wertvoll. Die Beobachtungen sollen in einem Heft festgehalten und eventuell für Elterngespräche genutzt werden.

Es gibt auch Lehrpersonen, die gemeinsam den Einstieg machen: improvisierend und lustig! Das ist ebenfalls äusserst wertvoll: Die Kinder erleben ein „Miteinander“, können lachen und spüren: Die Lehrkräfte arbeiten zusammen mit uns.

Das Arbeitsheft Fingerturnen „immer 10 bis 100“

Ich habe mir vorgenommen immer wieder gleichbleibende Seiten den Kindern vorzulegen.

Nach anfänglichen Erklärungen hat jede Seite Wiedererkennungscharakter und die Kinder können sich voll auf den Recheninhalt konzentrieren. Sie müssen nicht ständig Lösungsanleitungen erhalten.

Für die Korrektur ist auf jeder Übungsseite eine Ampel zu sehen:

Grün: Alles ist tipptopp fertig. Gelb: Die Seite ist noch nicht beendet. Rot: Es hat noch Fehler.

So haben wir einen guten Überblick.

Arbeitsblatt – Typ: legen, zeichnen, vorstellen

Meine Überzeugung ist, dass das Rechnen in folgenden Schritten aufgebaut werden muss:

Begreifen: Die Kinder müssen Mengen in die Hand nehmen, legen. Dies bewerkstelligen wir v.a. mit Einerwürfeln und Zehnerstäben. Damit nicht abgezählt wird, legen die Kinder alles im Würfel5bild auf den Tisch.

Zeichnen: Was die Kinder vorher in die Hand genommen haben, soll gezeichnet werden. Wiederum wird es im Würfel5bild gezeichnet. Hierfür sind diese Arbeitsblatt-Seiten wichtig.

Vorstellen: Das Lied „Ich male uf de Tisch“ steht für die Vorstellung. Was die Kinder vorher in die Hand genommen haben, gelegt haben, gezeichnet haben, können sie nun mit den Fingern (ohne Stift) auf den Tisch malen. Sie sprechen dazu und können so ihre Vorstellung anregen.

Beim folgenden Arbeitsblatt-Typ: rechnen und turnen wird die Vorstellung geübt:

Arbeitsblatt – Typ: rechnen und turnen

Diese Arbeitsblätter sollen nach dem Zeichnen gelöst werden. Wer noch unsicher ist, kann immer wieder auf den Tisch zeichnen.

Die turnenden Männchen dienen der Abwechslung, der kurzen Bewegung und als Ansporn, schneller zu arbeiten. Wie die Übungen genau durchgeführt werden, liegt im Ermessen der Kinder. Ich schlage jeweils vor, dass sie jede Übung etwa 5 mal hintereinander machen.

Bringt es aber zu viel Unruhe ins Schulzimmer, können diese Übungen auch nur zu Hause ausgeführt werden.

Arbeitsblatt – Typ: geschlossener Zahlenstrahl/offener Zahlenstrahl

Diese Darstellungshilfe ist für viele Kinder optimal. Sie ist abstrakter als die Arbeit mit Zehnerstäben und Einerwürfeln, entspricht aber der Zahlenvorstellung von vielen Kindern. Bereits in der 1. Klasse haben sie damit gearbeitet. Wir führen die Kinder ein in diese Darstellungsart, viele Kinder können problemlos die Vorgaben umsetzen. Es ist nicht immer so, dass nur die rechenstarken Kinder diese Darstellung übernehmen.

Arbeitsblatt – Typ: Training der Grundrechnungen

5 Spalten à 20 Rechnungen. Diese Trainingsblätter können immer wieder gelöst werden.

Grundidee:

Eine Spalte wird 1 bis 2 mal mündlich gelöst.

Danach wird die gleiche Spalte nochmals gelöst mit Aufschreiben der Lösungszahl. Die Zeit wird gestoppt und unten eingeschrieben. Je nach Schwierigkeitsgrad sollten die Zeiten zwischen 1 Minute und 2 Minuten liegen. Diese Trainingsblätter werden immer erst nach einem Aufbau legen, zeichnen, vorstellen eingesetzt und dienen der Automatisation.

Wichtiger Hinweis:

Diese Trainings können ohne Probleme mehrmals gelöst werden. So sparen wir Kopierpapier und der Trainingseffekt ist sehr gut:

Ist eine Seite schon fertig gelöst, werden die Lösungen mit einem Deckblatt zugedeckt und nochmals trainiert. Eine anschliessende, selbständige Korrektur ist danach möglich. Das Deckblatt kann zurück gefaltet werden wie bei einer Handorgel und so mehrmals genutzt werden. Es gibt vielen Kindern diese Sicherheit: „Ich habe diese Seite schon einmal geübt, ich kann sie doch.“

Rechenkarten trainieren

Auf der Rückseite habe ich eine Sortiermöglichkeit fürs Trainieren der Rechenkarten eingebaut:

Die Kinder sollen sich immer wieder bewusst sein, ob sie eine Rechnung wirklich können oder noch nicht. Diejenigen Karten, die „noch nicht sitzen“ oder „bald sitzen“ werden markiert, nochmals intensiv vorgesprochen und gelernt. Sitzen sie am nächsten Tag besser?

Adlerthema als Auflockerung

Als Auflockerung kommen auf fast allen Seiten Zeichnungs-Entwicklungen vor. Sie sind freiwillig zu lösen und passen zur Rahmengeschichte des Adlers.

Die Rechenförderung

In der ersten Klasse arbeiten die Heilpädagogin und die Lehrkraft gemeinsam. Kinder mit mehr Bedürfnissen erhalten von der Heilpädagogin im Klassenraum Unterstützung.

Wer Hilfe braucht wird im Beobachtungsheft der Lehrkraft notiert, Ende erstes Schuljahr kristallisiert sich heraus, wer mehr Unterstützung braucht. Heilpädagogin und Lehrkraft besprechen gemeinsam, welche Kinder Rechenförderung erhalten.

Rechenförderung in der 2. Klasse

Die Wochenlektion zeigt auf, dass in der Regel ein kurzer gemeinsamer Einstieg geschieht:

Ein Spiel wird vorgestellt, eine Übungseinheit oder ein Test wird mit allen durchgeführt. Etwa 20 Minuten arbeiten wir gemeinsam.

Danach arbeitet die Klassenlehrerin am vorgegebenen Thema weiter und die Förderlehrkraft (Heilpädagogin) verlässt das Schulzimmer und arbeitet in einem Nebenraum mit etwa 6 Förderkindern.

Für diese Kinder habe ich ein Programm zusammengestellt, das nochmals die Grundrechnungen bis 10 Schritt für Schritt wiederholt. Ein Schwergewicht lege ich auf die Minusrechnungen und baue diese auf:

9- → sofort üben wir auch die Analogie bis 100, d.h. 59-7, 89-6, 29-8,….

6- → sofort üben wir auch die Analogie bis 100, d.h. 46-3, 96-5,.

8-/5- → Analogie dazu

7-/10- → Analogie dazu

alle minus gemischt bis 10 → Analogie dazu

alle plus gemischt bis 10 → Analogie dazu.

Dieses Programm wiederholt also einerseits die Grundrechnungen der ersten Klasse, aber sofort wird auch der aktuelle Hunderterraum trainiert. So haben die Eltern keine Mühe damit, dass die Kinder die Rechnungen aus der 1. Klasse nochmals trainieren.

Das Programm für die Rechenförderung ist auf der CD als Broschüre parat zum Kopieren. Wobei ich es bevorzuge, den Kindern die Rechenblätter einzeln abzugeben. Oft muss ein Kind denselben Rechentyp mehrmals trainieren. Ich kann mit der Blätter-Auswahl individueller arbeiten und ein Kind weiss genau: Auf dem Blatt, das ich bei der Förderlehrkraft ausgewählt habe, muss ich täglich 1 Spalte auf der Vorderseite und 1 Spalte auf der Rückseite lösen. Fertig.

Die Förderkinder haben also ein bisschen mehr Aufgaben als die anderen Kinder. Sie erhalten aber auch für jede gelöste Spalte nach einer Woche Kieselsteine als Belohnung. Diese werden gesammelt und jedes Kind kann zeigen: „SO gut bin ich schon“! Es ist Tatsache, dass die Kinder die im Klassenzimmer bleiben, ein bisschen eifersüchtig auf die Steine sind.

Da ja die Kinder auch wieder wechseln, werden sehr viele zu Erfolgssteinen kommen.

Ziel der Rechenförderung: Der Neuaufbau der Grundrechnungen bis 10 mit der Analogie bis zu den Weihnachtsferien. Danach der Neuaufbau der Übergänge mit Analogie.

Tests

Die Kinder werden auch Tests durchführen, meist in dieser Art: 100 Rechnungen stehen zur Verfügung und die Kinder haben 5 Minuten Zeit. Wie weit kommt das einzelne Kind?

Oft führe ich eine Woche später Vergleichstests durch. Diese Tests dienen jedem einzelnen Kind und auf keinem Fall dem Klassendurchschnitt. Als Lehrkraft müssen wir die Leistung jedes Einzelnen betrachten: Für ein schwaches Kind mit 30 erreichten Aufgaben, das sich um 10 Aufgaben verbessert hat im Vergleich zu einer Woche vorher, ist das Resultat super. Bei einem anderen Kind sind 30 Aufgaben sehr wenig. Es gilt also:

Jedes Kind soll sich selber verbessern und sich mit sich selber vergleichen.

Ein wichtiger Anhaltspunkt ist die Bedenkzeit. Wir können davon ausgehen, wer schnell ist, hat die Rechnungen automatisiert. Deswegen lasse ich sehr regelmässig Kurztests durchführen. Sie werden mit der Stoppuhr gestoppt, die ungefähre Zeit notiere ich. Immer wieder wird verglichen, ob ein Kind schneller geworden ist. Auch die Fehler werden kontrolliert. Fallen Fehler um 1 auf, dann könnte es durchaus sein, dass das Kind im Stress zählend arbeitet.

Bei einigen Kindern führt das Zeit stoppen zu Stresssituationen. Andere Kinder freuen sich sogar darauf. Ich bin der Meinung, dass diese Tests eine gute Vorbereitung für spätere, längere Prüfungs-Stress-Situationen sind. Bei sehr gestressten Kindern, die partout nicht mit Zeit stoppen arbeiten wollen, sage ich unter vier Augen, dass ich bei ihnen die Zeit nicht stoppe. Ich beobachte trotzdem, in welcher Zeitspanne sie fertig werden. Das genügt mir für einen Überblick.

Wichtig ist mir eine wohlwollende Bewertung. Ich empfehle einzig ein Smiley zu malen, wenn sich ein Kind innerhalb einer Woche verbessert hat. Dies genügt. Hat ein Kind schlechter abgeschnitten, darf es den Test noch einmal machen und ich kontrolliere besser, ob es wirklich jeden Tag intensiv übt.

Ich bin bei diesen Tests gegen eine übliche Benotung (Klassendurchschnitt).

Warum?

Im Turnen erhalten oftmals gerade diejenigen Kinder eine schlechte Note, die sich unbedingt mehr bewegen sollten! Wird sie diese Note animieren, mehr zu trainieren? Nein.

Auch im Rechnen brauchen gerade diejenigen Kinder, die Mühe haben, speziell viel Training.

Erreichen wir das, wenn sie immer wieder ungenügende Noten kassieren?

Wir müssen uns bewusst sein: Es gibt Gründe, warum ein Kind Mühe im Rechnen hat und wir müssen es so lange positiv unterstützen, bis es sich in der Turnhalle der Zahlen sicher bewegen und schliesslich auch klettern und herumrennen kann.

Ich wiederhole mich: Die Tests sind da, um die Kinder mit sich selber zu vergleichen. Die Tests sollen mehrmals durchgeführt werden. Ist eine Verbesserung da, ist dies positiv zu bewerten. Wenn ein Kind sehr langsam ist, kann es sich mit viel Üben weiter bringen. Immer im Vergleich zu sich selbst.

Nun ist unser Notensystem aus Heilpädagogischer Sicht nicht optimal. Ein Kinder erhält dann Unterstützung, wenn es mehrere schlechte Tests geschrieben hat. Die Heilpädagogin hat dann den Auftrag, das vielleicht schon sehr frustrierte Kind wieder aufzurichten…..

Hier ist die Rechenförderung eine gute Lösung. Alle Kinder können eingeteilt werden und auch wieder aufhören, wenn sie sich sicher fühlen. Die Heilpädagogin arbeitet im positiven Lernbereich.

Tests bei den Förderkindern

Es ist wichtig, dass die Förderkinder Erfolg haben! Ich mache Kurztests à 20 Rechnungen und bespreche mit den Kindern, ob sie schneller und sicherer geworden sind als eine Woche vorher.

Die Tests sind also sehr kurz (1 bis etwa 3 Minuten) und doch sehr aussagekräftig. Ich kann mit jedem Förderkind eine kurze Lagebesprechung machen: „Hast Du Dich sicher gefühlt? Willst Du weiter machen? Oder denkst Du, dass es besser ist, noch einmal eine Woche dranzubleiben?“

Klar machen die Kinder den Test gleichzeitig (jedes hat aber eine andere Spalte) und die Kinder merken, wenn jemand schon fertig ist. Aber im Lerngespräch mit dem Kind vergleichen wir immer das Resultat mit den vorhergehenden Tests des Kindes. Die Kinder wissen darüber Bescheid und ich kann sie stärken: „Du bist besser geworden. Das Üben hat sich gelohnt.“

Oder… „Du warst letzte Woche viel, viel besser. Warum?“

Natürlich habe ich vorher im Lerntagebuch gesehen, ob ein Kind geübt hat oder eben nicht, und mir schon eine erste Meinung gebildet. Es gibt natürlich auch Kinder, die jeden Tag ein Training angekreuzt haben…., wenn dann aber der Test nicht besser wird, können wir das im Lerngespräch zum Thema machen. Falsch geübt? Abgelenkt? Hast Du wirklich geübt?…

Ich bin der Meinung, dass wir hier den Kindern eine ganz, ganz wichtige Lebensschule mitgeben. Egal, was wir später machen, alles, was kontinuierlich in kleinen Schritten geübt wurde, bringt Erfolg.

Auch die Eltern unterstützen dieses Vorgehen. Sie wissen Bescheid, dass jeden Tag nur 5 Minuten Karten geübt werden. Sie müssen nicht daneben sitzen, sondern wissen, dass dies erledigt wird. Einmal pro Woche möchte ich, dass sie den Kindern über die Schulter gucken und danach ins Lerntagebuch schreiben, ob sich die Kinder sicher fühlen.

Elternbriefe, warum?

Diese Sätze stimmen bei 8 von 10 Schulkindern:

„Eltern sind aufmerksam. Sie begleiten ihr Kind bei den Hausaufgaben und interessieren sich für den Inhalt.

Eltern sind neugierig. Sie wollen wissen, wie es ihrem Kind in der Schule geht.

Eltern machen sich schnell Sorgen. Sie möchten nur das Beste für ihr Kind.

Eltern merken zu Hause, wenn ein Kind Mühe hat.

Eltern sind dankbar, wenn ihre Anliegen in der Schule gehört werden.

Eltern möchten helfen. Sie haben selber die Schule besucht und geben ihr Bestes, ihrem Kind zu helfen, wenn es nötig ist.“ Aber wie helfen?

Es gibt viele Eltern, die mühelos durch die Schule gegangen sind. Es gibt aber auch Eltern, die Mühe hatten. Vielleicht auch im Rechnen Mühe hatten. Diese möchten es den Kindern ersparen, dass sie ebenfalls das Rechnen als eine Mühsal erleben und üben viel mit ihnen..... Wie? Mit den eigenen Methoden von früher? Mit denjenigen Methoden, die sie eventuell in die Problematik „Rechnen“ geführt haben? Viele Eltern und andere Bezugspersonen zeigen den Kindern das zählende Rechnen vor. Viele Anschauungsmittel im Rechnen bringen die Kinder ins zählende Rechnen. Viele Kinder schaffen es selber, davon wieder weg zu kommen. Aber viel zu viele nicht. Ein Hauptgrund, dass Kinder Mühe im Rechnen haben, ist das zählende Rechnen. Es ist auf jeden Fall zu vermeiden. Die Technik des Fingerturnens ist dafür erfunden worden: Mit Bildern rechnen lernen und keinesfalls zählend. Also nochmals: Wie sollen die Eltern helfen?

Am besten so, wie es in der Schule auch geübt wird.

Mit den Elternbriefen möchte ich deshalb signalisieren, dass es mir wichtig ist, zu informieren. Die Eltern sollen wissen, wie die Grundlagen im Rechnen gelegt werden. Die Kinder bringen zwar keine Aufgaben nach Hause, die nicht schon ausführlich besprochen worden sind, aber trotzdem schätzen es die Eltern, Bescheid zu wissen.

In der Schule üben die Kinder sehr viel und regelmässig. Aber es gibt immer Kinder, die ablenkbar sind und mehr üben müssen als andere. Ich schätze es, den Kindern die Trainingsaufgaben nach Hause zu geben. Sehr oft setzen sich die Eltern zum Kind und beobachten es länger als wir es im Schulzimmer können. Viele Kinder, die schnell ablenkbar sind, üben zu Hause intensiver. Ich gebe klar definierte Trainingsaufgaben mit: 10 Minuten täglich zu Hause, am besten während einer Intensiv-Trainings-Woche. Als Hilfe dient das Lerntagebuch:

Lerntagebuch

Es ist wichtig, dass die Kinder lernen, „richtig zu lernen“:

Jeden Tag kleine Übungsportionen sind mehr wert, als stundenlanges Sitzen und Rechnungen lösen.

Ich bin der Meinung, dass Trainings-Karten und Trainings-Rechenblätter gute Hausaufgaben sind. Kleine Portionen, jedoch täglich. Die Trainingsblätter müssen besprochen sein und die Karten müssen bereits ein bisschen geübt worden sein. Es ist nicht Sache der Eltern, den Kindern zu erklären, wie sie etwas ausrechnen sollen. Wenn es Eltern trotzdem machen müssen, dann sollen sie es der Lehrkraft melden. Denn: Wenn wir etwas besprochen haben, heisst das noch lange nicht, dass es alle Kinder verstanden haben. Dessen müssen wir uns bewusst sein.

Wenn Kinder keine Fortschritte machen, dann liegt es oftmals daran, dass sie ein Umfeld haben, das sich das Üben und Lernen nicht gewohnt ist. Auf diese Kinder müssen wir unser Augenmerk ganz speziell richten:

→ Eltern schnell anschreiben, nicht zu lange warten (Dies gilt für die 2. Klasse).

→ Eltern zu einem Gespräch oder zu einem Schulbesuch einladen. Die Wichtigkeit des Trainings wiederholt erklären. Genau zeigen, wie die Kinder üben sollen. Wenn Erfolg ersichtlich ist, sich für die gute Zusammenarbeit sofort bedanken, in der Hoffnung, dass die Eltern nun weiter die Trainings überwachen. Überwachen ist ein strenges Wort, aber mit ist wichtig, dass sich die Eltern nicht hinsetzen und alles immer wieder erklären. Sie sollen nur schauen, dass ihr Kind intensiv übt.

→ Aufgabenhilfe genau informieren, wie geübt werden soll. Intensiv üben lassen.

→ spezielle Übungsfenster für diese Kinder in der Schulwoche bereit halten (z.B. Kompensationswoche)