Bücher von Harry Eilenstein:
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Herstellung und Verlag: Books on Demand GmbH, Norderstedt
ISBN: 9783744866590
Die Themen der einzelnen Bände der Reihe „Die Götter der Germanen“
In den Liedern, Mythen und Sagas wird über sieben Arten von Helmen berichtet:
Daneben werden natürlich auch viele Helme genannt, die aber nur dem Schutz des Kopfes dienen und keinerlei erkennbare magisch-mythologische Eigenschaften haben.
Auf manchen Helmen befand sich eine kleine Eber-Statuette. Diese Helme werden „Eber-Helme“ genannt.
Das germanische Substantiv „ebura“ bedeutet „Eber, Keiler“. Im Früh-Altnordischen verschob sich die Bedeutung des Wortes „eburar“ zu „wilder Eber, Eber-Helm, Anführer, König“. Im Altnordischen wurden daraus dann die beiden Substantive „jorr“ für „wilder Eber“ und „jofurr“ für „Anführer, König“.
Der Eber-Helm ist bei den Nordgermanen ab ca. 400 n.Chr., vielleicht auch schon früher, ein Abzeichen der Anführer gewesen.
Der von einer Eber-Statuetten gekrönte Helm erscheint des öfteren in den Liedern und Sagas. Wie seine Erwähnung in dem um ca. 700 n.Chr. verfaßten Beowulf-Epos zeigt, ist dieses Motiv schon recht alt.
Es wird sicherlich in einem Zusammenhang mit den Eber-Reittieren des Freyr und der Freya stehen. Wie u.a. das Hyndla-Lied zeigt, verwandelten sich die männlichen Toten auf ihrer Jenseitsreise in das für sie geopferte Herdentier, das oft ein Eber gewesen ist (siehe „Eber“ in Band 65).
Im Beowulf-Epos heißt es:
… / die streitgeübt
Mit gehämmertem Stahl / des Helmes Eber,
Mit scharfem Schwerte, / zerschmettern können.
/ Die Eber aus Gold,
die Feuer-gehärteten, / funkelten hell
auf den Wangenbergen. /
Wangenberge: zwei an Gelenken herabhängende Teile des Helmes, die die Wangen schützen („bergen“)
Auf dem Bestattungs-Feuer / war die blutige Rüstung
gut zu sehen / und auch der vergoldete Schwein-Helmaufsatz,
der Eber aus hartem Eisen. /
/ Tot ist Aeschere,
der ältere Bruder / des Yrmenlaf,
mein weiser Ratgeber / und meine Stütze in der Ratsversammlung,
Schulter-Gefährte / in der Not des Kampfes,
wenn Krieger stritten / und wir unsere Häupter schützten
und auf die Helm-Eber schlugen. /
Und der weiße Helm, / der sein Haupt beschützte,
war für die Tiefen / der Flut bestimmt,
durch Wogen-Wirbel hinab: / Er war mit Drähten umwunden,
mit Gold bedeckt, / so wie in den alten Tagen
die Waffenschmiede / ihn wundersam werkten
mit eingelegten Eber-Gestalten – / in keiner Weise konnten Schwerter,
die in der Schlacht geschwungen wurden, / diesen Helm beißen.
weiß = glänzend
In Monyash in Derbyshire in Mittelengland wurde ein angelsächsischer Helm gefunden, auf dem sich ein Eber befindet. Dieser Helm stammt in etwa aus der Zeit von 500-700 n.Chr.
Auf der Insel Öland, die 6 km von dem südostschwedischen Festland entfernt liegt, wurde eine bronzene Platte aus der Vendelzeit (550-793 n.Chr.) gefunden, die als Matrize zur Herstellung von kleinen, geprägten Goldblechen diente. Auf ihr sind zwei Krieger mit Eber-Helm zu sehen.
Zusammen mit dieser Platte wurden noch drei weitere Platten gefunden:
Auf der Platte rechts oben ist eine weitere Form des Helm-Aufsatzes zu sehen, der aus langen Hörnern besteht, die oben in einem Vogelkopf enden.
Einer der Helme, über den in Snorri Sturlusons Skaldenkunst-Lehrbuch berichtet wird, wird ein Helm mit einem Eber-Aufsatz gewesen sein.
Da verlangten die Berserker des Hrolf Kraki für ihre Dienste drei Pfund Gold für jeden von ihnen und zusätzlich wollten sie Hrolf Kraki die Geschenke bringen, die sie selber ausgewählt hatten und die der Helm 'Schlachten-Keiler' und die Brünne 'Finnen-Erbe' waren, die beide kein Eisen beißen konnte, sowie den Goldring, der 'Schwein der Schweden' genannt wurde und den Adils Vorvater besessen hatte.
Es ist bemerkenswert, daß sowohl der Helm als auch der Ring nach dem Eber benannt worden sind. Damit wird Freyr gemeint sein, der einen Sonnen-Eber als Reittier besaß und der das Urbild des Wiedergeborenen, also auch des ehemaligen Sonnengott-Göttervaters Tyr gewesen ist.
Einige Kenningar spielen mehr oder weniger deutlich auf diese Keiler-Helme an:
deutliche Eber/Keiler-Hinweise | |||||
Helm | Keiler des Ali | Ali = Seekönig | Eyvindr Skalden- Verderber Finnsson |
Lausavisur | |
Helm | Schlachten-Keiler | Glumr Geirason | Grafeldardrapa | ||
Helm | Schlacht-Eber | Snorri Sturluson | Hattatal | ||
Helm | Kampf-Eber | Snorri Sturluson | Thulur | ||
Helm | Toten-Eber | Snorri Sturluson | Thulur | ||
Helm | Hallen-Eber | Snorri Sturluson | Thulur | ||
vage Eber/Keiler-Hinweise | |||||
Helm | Erschrecker | wegen Eber-Helmaufsatz oder der Maske | Snorri Sturluson | Thulur | |
Helm | Merkmal | Symbol auf dem Helm | Snorri Sturluson | Thulur | |
Helm | Heer-Helmzeichen | Helmzeichen: Aufsatz, das den Träger kennzeichnet oder ihn schützt (Eber o.ä.) |
Snorri Sturluson | Thulur |
Um ca. 575 n.Chr. berichtet der römische Historiker Theophanes, daß auf dem Rücken aller Merowingerkönige Schweineborsten wachsen:
Theophanes meldet ausdrücklich, die Merovinger werden κριστάται und τριχοραχάται genannt, weil allen königen dieses geschlechts borsten, wie schweinen, auf dem rückgrat (ράχις) wachsen.
- - -
Dasselbe Motiv findet sich auch noch 500 Jahre später in dem um ca. 1090 n.Chr. verfaßten Rolandlied, in dem sich diese Aussage jedoch generell auf die Heiden bezieht:
das weiß noch Roland, wo freilich unter den Heiden aufgeführt werden:
'di helde von Meres;
vil gewis sît ir des,
daz niht kuoners mac sîn:
an dem rucke tragent si borsten sam swîn.'
(auf dem Rücken tragen sie Borsten wie Schweine)
Die herleitung des namens ist völlig unbekannt. ich weiß nicht, ob man in ihm einen bezug finden könnte auf den ebercultus des Frô, der unter Franken vorzüglich verbreitet gewesen wäre?
- - -
In dem Bruchstück einer Erzählung, die Alberic von Besançon um 1093 n.Chr. verfaßt hat, werden die Borsten etwas korrekter auf den „Hut“, d.h. auf den Helm verlegt:
auch Lamprecht hat: 'sin hût was ime bevangen al mit swînes bursten.'
(Sein Hut war ganz mit Schweineborsten bedeckt.)
Der Eber-Helm ist ein Zeichen der Anführer und Könige gewesen und stand vermutlich mit dem Eber des Freyr in Verbindung.
Dies ergibt sich aus:
Eber-Helme sind für die Zeit zwischen 500 n.Chr. und 700 n.Chr. im dänischangelsächsischen Bereich nachgewiesen, aber sie werden auch in Schweden und Norwegen bekannt gewesen sein. Sie werden vermutlich schon in früherer Zeit hergestellt worden sein.
Die in den isländisch-skandinavischen Quellen erwähnten Helme sind vermutlich nur noch aus der Sagen-Tradition bekannt gewesen, da es keine Funde von Eber-Helmen nach 700 n.Chr. gibt.
Die Eber als Aufsatz auf den Helmen sind am häufigsten; es hat jedoch auch Eber als Einlegearbeiten auf den Helmen und auf den Wangenbergen der Helme gegeben.
Von den Germanen sind mehrere Hörnerhelme bekannt, von denen sich drei erstaunlich ähnlich sind.
Die beiden hier abgebildeten Hörnerhelme gehen an ihren Hörnerspitzen in Vogelköpfe über.
Es könnte sich bei diesen Hörnern daher um eine Kombination aus den Hörnern eines Stieres und zwei Seelenvögeln handeln. Dies könnte evtl. Tyr (Stier) und seine beiden Alcis-Söhne (Seelenvögel) sein – diese Deutung ist jedoch recht unsicher.
Die insgesamt sieben auf dem Helm von Sutton Hoo, auf der Prägeplatte von Thorslunda und auf dem Helm von Obrigheim dargestellten Krieger haben mehrere Ähnlichkeiten:
In Schweden wurde dieser Hörnerhelm-Krieger mit den Ulfhedinn (Wolfsfell-Kriegern) assoziiert.
Ihrer Form nach sind die Hörner auf diesen beiden Helmen am ehesten Stierhörner. Dies entspricht den Hörnern auf den bereits dargestellten Helmen aus der späteren Zeit. Sie könnte sich daher auch auf Tyr beziehen, der zu dieser Zeit noch der Sonnengott-Göttervater und der Kriegsgott der Nordgermanen gewesen ist.
Die Hörner enden in zwei Kugeln statt wie bei den späteren Hörnerhelmen in zwei Vogelköpfen – vermutlich werden sie jedoch dieselbe Symbolik haben.
Die Hörnerhelme haben auf ihrer Vorderseite je zwei große Augen – die des Tyr oder die der beiden Alcis?
In der Mitte des Helmes kriecht jeweils eine stark stilisierte Schlange über den Helm nach vorne. Dasselbe Motiv findet sich auch auf den Maskenhelmen der Vendelzeit, die im nächsten Kapitel beschrieben werden. Dort stellt diese „Helm-Schlange“ sowohl den Sonnendrachen (Tyr) als auch die erwachte Kundalini dar (siehe den Band 41 die Schlangen und Drachen sowie das Kapitel „Kundalini“ in Band 64).
Der Umstand, daß zwei gleiche Helme gefunden worden sind, läßt vermuten, daß sie in symbolischer Hinsicht zu den beiden Alcis-Söhnen des Tyr gehört haben. Zu der damaligen Zeit wurden die nordgermanischen Stämme zumindestens zum Teil von jeweils zwei Kriegern gemeinsam angeführt, die sich als die beiden „Söhne des Tyr“ aufgefaßt haben (siehe den Band 12 über die Alcis).
Die Bedeutung der „Punkte“ auf den beiden Helmen ist unklar – sind das Sterne am Himmel, also Symbole der Seelen im Jenseits? Dann wären diese beiden Helme keine Kampf-Helme, sondern rituelle Helme – was auch schon die Hörner vermuten lassen, die im Kampf bei schnellen Kopfbewegungen und bei Schlägen durch den Gegner ja ziemlich unpraktisch wären.
Dieser Standarten-Aufsatz aus der Bronzezeit zeigt die beiden Alcis-Zwillinge mit genau der Art von Hörnerhelm, die sich auch im Veksoe-Moor gefunden haben.
Es ist somit recht sicher, daß diese Art des Helmes zu den Alcis gehört – wenn auch vielleicht nicht ausschließlich. Auch die die beiden Krieger-Paare auf dem Helm von Sutton Hoo und von Obrigheim werden die beiden Alcis sein. Vielleicht gehören auch die beiden Krieger auf der Prägeplatte von Thorslunda zu den Darstellungen der beiden Alcis, obwohl der eine von ihnen als Ulfhedin dargestellt worden ist.
In der Vendelzeit wurden sowohl die beiden Alcis als auch ihre rituellen Trinkhörner „Grim“, d.h. „Maskenhelm“ genannt. Davon leitet sich u.a. der spätere Odin-Beiname „Grimnir“ ab.
Die germanische Überlieferung zu den Hörnerhelmen ist zu spärlich, um aus ihr alleine Schlußfolgerungen ziehen zu können. Man kann jedoch vermuten, daß der Vogel mit dem Seelenvogel und den Schwanen-gestaltigen Walküren in Verbindung gestanden hat. Die Hörner könnten wiederum zu den Opferstieren und diese mit dem Göttervater Tyr, dessen wichtigstes Opfertier der Stier gewesen ist, gehört haben – und von ihnen auf die beiden Alcis übertragen worden sein.
Das paarweise Auftreten sowohl der Hörnerhelme als auch der Hörnerhelm-Krieger zeigt, daß die Hörnerhelme eng mit den beiden Alcis-Söhnen des Tyr assoziiert worden sind.
Diese Alcis-Hörnerhelme sind später zu den Drachen-Maskenhelmen geworden, auf denen sich dieselbe Schlange wie auf den beiden Hörnerhelmen aus dem Veksoe-Moor befindet.
Einige Helme bedeckten nicht nur den oberen Kopf, also den behaarten Teil, sondern auch das Gesicht.
Solche Helme wurden im Altnordischen „grimr“, d.h. „Maske“ genannt. Als „grimr“ wird jedoch auch ein um das Gesicht gewundener Schal, der Metallschutz für den Kopf oder die Brust eines Pferdes sowie der Drachenkopf eines Drachenschiffes bezeichnet. Auch die Nacht kann poetisch mit „grimr“ umschrieben werden.
Das altnordische Wort „grimr“ ist in den germanischen Sprachen weit verbreitet und läßt sich sehr weit zurückverfolgen.
Stammbaum des altnordischen Substanitvs „grimr“ - Teil 1 - |
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Europa/ Asien/Nordafrika (Mesolithikum): ger auffallen |
Nostratisch (frühes Neolithikum in Mesopotamien): gher laut sein |
Indogermanisch (mittleres Neolithikum, südrussische Steppe): ghrem grollen |
awestisch: gram jemandem böse sein | persisch: gozm Groll; gerim Schminke, Maske |
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griechisch: khromos Geräusch, Gewieher; khremizein wiehern; khromados Knirschen |
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baltisch: grim singen; grimikan Liedchen; grameti polternd fallen; grumeti donnern; grumins ferner Donner; grumen dröhnen, murren, drohen; grumsti knirschen, knarren, drohen |
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altslawisch: grumeri donnern |
russisch: gremet donnern, klirren; grom Donner ; pagrom Unwetter, Verwüstung, Krawall (Progrom) |
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germanisch: grem knirschen, zürnen |
althochdeutsch: grimm wild, grausam jemandem gram sein jemandem zürnen |
neuhochdeutsch: Grimm verhaltener Zorn; grimmig schlecht gelaunt jemandem gram sein jemandem zürnen |
Der indogermanische Wortstamm „ghrem“ findet sich im Germanischen mit verschiedenen Vokalen wieder, die im Folgenden wegen des großen Umfanges dieser Wortfamilien einzeln betrachtet werden – diese fünf Formen sind: „grim“, „grem“, „gram“, „grom“, „grum“.
Stammbaum des altnordischen Substanitvs „grimr“ - Teil 2a (grim)- |
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(das indogermanische „e“ in „ghrem“ ist zu einem germanischen „i“ geworden) | |||||
germanisch | germanische Sprachen | ||||
grima(n) | altnordisch: grima Maskenhelm, Gesichtsmaske, Drachenkopf am Steven, Nacht | ||||
grimo(n) Helm, |
angelsächsisch: grimo Maske, Helm | alt englisch: grima Maske, Helm, Gespenst | |||
Maske, | gotisch: greima grima Maske | ||||
Schreckensmaske | althochdeutsch: grimo Maske; grim Maske, Helm | ||||
grimma(z) | altnordisch: grimmr zornig, grimmig, grausam | ||||
gremma(z)grimmig, zornig |
angelsächsisch: grim(m) grimmig, feindlich, böse |
altenglisch: grim(m) grimmig, wild, schrecklich, grausam |
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neuenglisch: grim düster, erbittert, grauenvoll, grimmig, hart, makaber, streng, trostlos, unerbittlich, verbissen, eisern, erbittert |
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mittelniederdeutsch: grim grimmig, böse, zähneknirschend, zornig, wütend | |||||
altfriesisch: grim(m) grimm, grimmig, schlimm | neufriesisch: grimm grimm, grimmig |
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gotisch: grimms grimmig, zornig, schrecklich | |||||
althochdeutsch: grim grimm, grimmig, wild, grausam, rasend; grimmi Grimm |
mittelhochdeutsch: grim(me) grimm, unfreundlich, wild, schrecklich,Grimm |
neuhochdeutsch: grimm grimmig, schlecht gelaunt, in Wut geratend; Grimm Wut, verhaltener Zorn |
Stammbaum des altnordischen Substanitvs „grimr“ - Teil 2b (grem)- |
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(das indogermanische „e“ in „ghrem“ ist ein germanisches „e“ geblieben) | |||||
germanisch | germanische Sprachen | ||||
grem knirschen, zürnen | |||||
gremmaga(z) | angelsächsisch: grimmag grimmig | ||||
gremmīga(z) wild, grausam | mittelniederdeutsch: grimmich zornig | ||||
althochdeutsch: grimmig grimmig, grausam, schnaubend, unbarmherzig |
mittelhochdeutsch: grimmec grimmic grimm, wild, schmerzlich, unfreundlich |
neuhochdeutsch: grimmig grimmig, wütend, grausam |
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gremmalīka(z) | altnordisch: grimmligr grimmig, wild, grausam | ||||
grimmalīka(z) furchtbar, |
altenglisch: grimlic furchtbar, schrecklich, grausam | ||||
grausam | altfriesisch: grimmlik grimlik grimm(ig), schlimm |
neufriesisch: grymmelig grimmig | |||
althochdeutsch: grimlih grimmig, grausam |
mittelhochdeutsch: grimmelich grausam |
neuhochdeutsch: grimmlich grausam |
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gremma(n) | altnordisch: grimmast zornig werden | ||||
gremmjan grimmen, | angelsächsisch: grimman wüten | altenglisch: grimman rasen, wüten | |||
grimmig sein, rasen, toben, | mittelniederdeutsch: grimmen zürnen, wütend sein, keifen | ||||
wüten, zürnen | gotisch: grimman ergrimmen, zürnen | ||||
althochdeutsch: grimman rasen, wüten, toben |
mittelhochdeutsch: neuhochdeutsch: grimmen grimmen tobend lärmen, grimmen, schmerzen brüllen, zürnen, wüten |
||||
gremmi(n) gremmja(z) Grimm, Erbitterung |
althochdeutsch: grimmi Wut, Grimm, Ingrimm, Jähzorn, Grausamkeit, Wildheit, Bitternis |
mittelhochdeutsch: grimme Wut, Grimm, Wildheit |
neuhochdeutsch: Grimme(n) Wut, Grausamkeit, leidenschaftliche Erregung, Schmerz (Bauchgrimmen) |
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gremmison gremmeson wüten, toben |
althochdeutsch: grimmison wüten, toben | ||||
gremmitho | altnordisch: grimd Bosheit, Feindschaft | ||||
gremmetho Wildheit, Wut |
gotisch: grimmitha Grimm | ||||
althochdeutsch: grimmida Grimm, Grausamkeit, Gewaltherrschaft, Despotie, Härte |
mittelhochdeutsch: grimmede unbarmherzige Härte, erbarmungsloses Vorgehen |
Stammbaum des altnordischen Substanitvs „grimr“ - Teil 2c (gram)- |
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(das indogermanische „e“ in „ghrem“ ist zu einem germanischen „a“ geworden) | ||||||
germanisch | germanische Sprachen | |||||
grama(z) zornig, grimmig, |
altnordisch: gramr zornig, feindlich; gramr König, Fürst, Teufel, Troll, Schwert; Gram das Schwert des Sigurd (ursprünglich das Schwert des Tyr) |
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böse, gram | angelsächsisch: gram gram, feindselig, feindlich |
altenglisch: gram grom gram, zornig, wild, feindlich |
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mittelniederdeutsch: gram unmutig, zornig, feindselig | ||||||
mittelniederländisch: gram zornig, erzürnt | ||||||
gotisch: grams zornig, Gram | ||||||
althochdeutsch: gram zornig, zornig auf, böse auf |
mittelhochdeutsch: Gram zornig, unmutig, erzürnt |
neuhochdeutsch: gram zornig, zornig auf, böse auf; Gram Kummer; sich grämen trauern |
||||
gramjan | altnordisch: gremman erzürnen, herausfordern, schmähen | |||||
erzürnen, erbittern grämen, | altenglisch: gramian wüten, toben | |||||
gotisch: gramjan erzürnen, aufregen | ||||||
hochdeutsch: gremen gremmen erzürnen, reizen, kränken, beleidigen, lästern |
mittelhochdeutsch: gremen sich grämen, erzürnt sein |
neuhochdeutsch: grämen sich grämen, erzürnen, betrüben, ärgern |
||||
grama(z) Feind | altenglisch: grama Feind, Teufel | |||||
gramalika feindselig | altenglisch: gramlic feindselig | |||||
grami(n) Zorn | altnordisch: gremi Zorn | |||||
angelsächsisch: gremi Zorn | ||||||
mittelniederdeutsch: gram Zorn, Unwillen | ||||||
gramitho grametho Zorn |
altnordisch: gremd Zorn | |||||
gramitjan | altenglisch: grymettan brüllen, grunzen, rasen | |||||
grumitjan knirschen |
althochdeutsch: gremizzon gremizzen zürnen, wüten, toben, murren |
mittelhochdeutsch: grenzen murren, aufbrausen |
frühneuhochdeutsch: gremsen gremsen (mürrisch sein) |
Stammbaum des altnordischen Substanitvs „grimr“ - Teil 2d (grom) - |
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(das indogermanische „e“ in „ghrem“ ist zu einem germanischen „o“ geworden) | |
germanisch | germanische Sprachen |
Es kommen keine Wort-Bildungen mit dem Vokal „o“ vor. |
Stammbaum des altnordischen Substanitvs „grimr“ - Teil 2e (grum)- |
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(das indogermanische „e“ in „ghrem“ ist zu einem germanischen „u“ geworden) | ||
germanisch | germanische Sprachen | |
gramitjan grumitjan knirschen |
mittelhochdeutsch: grummen murren | neuhochdeutsch: grummeln murren |
Anhand dieses umfangreichen Stammbaumes läßt sich nun die Entwicklung des altnordischen Substantivs „grimr“ rekonstruieren:
Die mesolithische eurasiatisch-nordafrikanische Wortwurzel von „grimr“ ist „ger“ für „auffällig sein“ (30.000-10.000 v.Chr.).
Daraus entwickelte sich im frühen Neolithikum (=Jungsteinzeit) in Mesopotamien durch eine Bedeutungs-Einengung das Adjektiv oder Verb „gher“ für „laut sein“ (10.000-7000 v.Chr.).
Im Indogermanischen, in dem dies Wort „ghrem“ lautete, wurde die Bedeutung dieses Verbes noch einmal auf „grollen“ eingeengt (7000-2800 v.Chr.). Dieses „grollen“ hat sich möglicherweise auch auf den Donner bezogen.
In den verschiedenen indogermanischen Sprachen lassen sich folgende Weiterentwicklungen feststellen, die jedoch z.T. auch bereits früher vorhandene Bedeutungs-Aspekte des indogermanischen Wortes „ghrem“ gewesen sein können:
persisch: | jemandem grollen, Schminke, Maske |
griechisch: | Geräusch, Wiehern, Knirschen |
baltisch: | singen, Lied, polternd fallen, donnern, dröhnen, murren, drohen, knirschen, knarren |
slawisch: | donnern, klirren, Gewitter, Verwüstung, Krawall |
germanisch: | knirschen, zürnen, wild, grausam, Maske, Helm, Gespenst, toben, brüllen, murren, Gewalt |
Die Grundbedeutung in den indogermanischen Sprachen ist offenbar „Donner, Lärm“.
Als erste Nebenbedeutung tritt zum einen im Baltischen „singen, Lied“ auf, was eine recht seltsame Ableitung von „grollen, donnern“ wäre, wenn es sich ursprünglich um ein normales Singen handeln würde. Wenn man jedoch an den Bericht des Tacitus über das „grollende Tönen/Brüllen“ der Germanen denkt, die vor der Schlacht in ihre Schilder „sangen“ und ihre Schilder als verstärkenden Hohlraum benutzten, dann paßt die baltische Ableitung „singen“ von dem indogermanischen „grollen“ wieder recht gut.
Die zweite Nebenbedeutung ist die „Maske“, die sowohl im Germanischen als auch im Persischen auftritt. Zunächst einmal hat eine Maske recht wenig mit dem Verb „grollen, donnern“ zu tun. Es findet sich jedoch bei den Indogermanen ein wichtiges Motiv, in dem beides zusammenkommt: Bei der Erzeugung der Kampfekstase tragen die Krieger ein Wolfsfell, dessen Kopfteil sie als Maske tragen (siehe die vier Bronzeplatten von Torslunda im vorigen Kapitel) und brüllen laut – was vermutlich auch das Brüllen ist, das von Tacitus beschrieben wird (siehe dazu auch „Berserker“ und „Ulfhedinn“ in Band 62).
Blitz und Donner sind bei den Indogermanen zunächst noch Zeichen des Sonnengott-Himmelsgott-Göttervater-Kriegsgottes Dhyaus gewesen. Die Wolfskrieger, die durch ihren Gesang in sich ihre Kampf-Ekstase erweckten, werden daher zunächst „Dhyaus-Krieger“, also Krieger des Kriegsgott-Göttervaters gewesen sein. Daher hat sowohl der Donner als auch die Wolfs-Maske ihren Ursprung in dem indogermanischen Göttervater Dhyaus – somit sind die Ableitungen „Gesang“ und „Maske“ von dem Wort, das ursprünglich den Donner bezeichnet hat, durchaus plausibel und mythologisch verständlich.
Auch bei den Germanen ist der Donner und der Maskenhelm noch immer mit dem Kriegsgott-Göttervater Tyr verbunden – der Donner gehört jedoch zu dem Donnergott Thor der sich bereits um ca. 6000 v.Chr. von dem indogermanischen Göttervater Dhyaus abgespalten hat (siehe den Band 17 über Thor).
Innerhalb der germanischen Sprachen läßt sich eine weitere Differenzierung dieses Wortes beobachten.
Im Zentrum der Bedeutungen steht die Wut. Dies erinnert in Verbindung mit der Kampfekstase der Berserker und der Ulfhedinn an den Namen „Odin/Wotan“, der „Wut, Rage, Ekstase, Kampfekstase“ bedeutet. Das bestätigt die Annahme, daß mit den germanischen Begriffen aus der Wortfamilie „grim“ ursprünglich die Kampfekstase gemeint gewesen ist.
Die germanischen „grim“-Begriffe bestehen aus acht Gruppen von Bedeutungen:
Der Zusammenhang zwischen diesen Gruppen ist leicht erkennbar: Die Kampfekstase (1), bei der die Betreffenden einen Maskenhelm (oder ein Wolfsfell mit Schädel) tragen (8) und mit den Zähnen knirschen (5), richtet sich gegen Feinde (6) und ist für diese schrecklich (2). Ihre abgeschwächte Form ist die „normale Wut“ (3), die auch chronisch werden kann (4) und dann viel Leid verursacht (7).
Diese Begriffs-Gruppe hat sich in den verschiedenen germanischen Sprachen verschieden weiterentwickelt, wie die folgende Übersicht zeigt. In der Liste sind zusammengehörige Begriffe wie „Zorn, zornig, zürnen, erzürnt, zornig werden“ der Übersichtlichkeit halber mit nur jeweils einem Begriff wie z.B. „Zorn“ aufgeführt – die Liste hat nur den Zweck, die mit dem Wort „grimr“ und seinen Verwandten verbundenen Qualitäten sowie deren Entwicklung zu erfassen.
Die fünf Bedeutungs-Gruppen sind abwechelnd weiß und hellgrau hinterlegt, damit sie leichter unterschieden werden können.
Die Bedeutung „zornig, grimmig“ ist in allen germanischen Sprachen vorhanden und bildet offenbar die Bedeutungs-Grundlage von „grimr“.
Die „Unfreundlichkeit“ im Angelsächsischen und im Deutschen sind sicherlich als Abschwächung der Wut zu verstehen.
Im angelsächsischen Bereich, im Gotischen und im Deutschen hat „grimr“ auch den Aspekt des „Jähzorns“, was sich am einfachsten dadurch erklären läßt, daß „grimr“ ursprünglich die Kampfekstase, also ein willentlich herbeigerufener Erregungszustand gewesen ist.
Zu der Erzeugung dieser Ekstase gehören das Brüllen, Grunzen, Schnauben, Toben, Lärmen und das Zähneknirschen, die für das Angelsächsische und das Deutsche belegt sind.
Das vielfältige Bild des Feindes, das bis hin zur Nacht (= Jenseits) und zum Teufel reicht, ist in allen germanischen Sprachen außer im Gotischen zu finden. Dieses Motiv ergab sich fast zwangsläufig aus der Gefährlichkeit der Kampfekstase-Krieger, also der Berserker und der Ulfhedinn.
Die Folge der Taten dieses „Feindes“ war der Schmerz – diese Bedeutung findet sich sowohl im Deutschen als auch im Gotischen, was vermuten läßt, daß es auch im Gotischen einst die Bedeutung „Feind“ gegeben hat.
Der Maskenhelm ist in allen germanischen Sprachzweigen (Altnordisch, Angelsächsisch, Gotisch, Deutsch) vertreten.
Im Altnordischen wurden auch der König und sein Schwert als „grimr“ bezeichnet – diese Namensgebung stammt vermutlich aus der Vorstellung, daß der König der Sohn und der Vertreter des ehemaligen Sonnengott-Göttervaters und Kriegsgott-Schwertgottes Tyr auf Erden ist und dieser Göttervater der Gott der Ulfhedinn ist.
Die altnordisches Bezeichnung des Kopfes des Drachenschiffe als „grimr“ wird dadurch entstanden sein, daß man den Drachenkopf und den Maskenhelm beide als Verbindung zum Jenseits angesehen hat – und er die Feinde in Angst versetzen sollte. Zudem ist das Drachenschiff ursprünglich das Schiff gewesen, in dem Tyr als Sonne über die Himmelssee gefahren ist.
Somit läßt sich nun die Entwicklung der mit „grimr“ verwandten Worte in einer einfachen Graphik darstellen:
Diese Übersicht zeigt deutlich, daß der Ursprung des altnordischen Wortes „grimr“ in der Kampfekstase liegt. Das bedeutet, daß der Maskenhelm (grimr) entweder einfach nach der Gesichtsmaske benannt worden ist oder symbolisch an die Wolfsfelle der Ulfhedinn und die Bärenfelle der Berserker anknüpft.
Für diese Deutung spricht auch die Schlange, die auf einigen Maskenhelmen von hinten über den Kopf nach vorne kriecht und die sehr wahrscheinlich die zur Erzeugung der Kampfekstase erweckte Kundalinischlange ist (siehe auch die folgenden Betrachtungen und das Kapitel „Kundalini“ in Band 64).
Das germanische Wort „grimr“ hat seine Bedeutung schon früh auf „Wut“ und „Feind“ erweitert und verallgemeinert. Da sich jedoch die speziellere Bedeutung „Kampfekstase“ und „Maskenhelm“ in allen germanischen Sprachen erhalten hat, wird man von einer langlebigen Tradition der Ekstasekämpfer ausgehen können – wie dies auch eindrucksvoll von den Sagas der Nordgermanen belegt wird. Diese Ekstasekämpfer werden auch in der keltischen Überlieferung mehrfach beschrieben.
Die sozusagen moralische Ausweitung der Bedeutungen „Wut“ und „Feind“ auf „Schmerz“ findet sich bei den Goten und den Deutschen, die recht früh christianisiert worden sind, wodurch vor allem die negativen Seiten der Ulfehdinn und der Berserker hervorgehoben worden sind.
Das Brüllen findet sich im Angelsächsischen und im Deutschen – im Altnordischen ist das „Berserker-Toben“ vor dem Kampf unter anderen Begriffen bekannt – insbesondere unter dem Namen des Gottes Odin.
Die Verwendung des Wortes „grimr“ für den „König“ ist nur aus dem Altnordischen bekannt. Möglicherweise wurde der Maskenhelm wie der Eberhelm als Königsabzeichen, also gewissermaßen als die „altnordische Krone“ angesehen – zumal alle bekannten Eber-Helme Maskenhelme sind … Der Norden wurde von allen germanisch besiedelten Gebieten als letztes christianisiert, sodaß sich hier alte Traditionen auch in der Sprache am besten erhalten konnten.
Tyr war der König der Götter und die irdischen Könige symbolisch gesehen seine Söhne – weshalb auch alle skandinavischen Königshäuser sich auf einen Göttervater (Tyr, Odin, Freyr) zurückführen. Das Wort „Grimr“ ist daher auch eng mit dem Göttervater assoziiert gewesen: Tyr war der oberste Ulfhedinn-Wolfskrieger – nach seiner Absetzung ist aus dem Wolfskrieger-König der Fenris-Wolf geworden …
Der Maskenhelm hat häufig einen Eber-Aufsatz gehabt haben. Er wurde mit der Kampfekstase der Berserker und der Ulfhedinn assoziiert und ist eine Art „Krone“ der Könige gewesen.
In dem Schiffsgrab von Sutton Hoo in Ost-England ist ein Maskenhelm gefunden worden. Das folgenden Bilder zeigen den Original-Helm, der um ca. 650 n.Chr. hergestellt worden ist, und eine Replik des Original-Helmes.
Zumindestens der Maskenhelm von Sutton Hoo ist der Prunkhelm eines Königs gewesen.
Auf ihm finden sich drei Motive:
Diese Bilder lassen sich zu einer „Anleitung für den Gebrauch des Helmes“ zusammenfassen:
Um ein Sieger („Reiter“) zu werden, ist es notwendig, in sich den Drachen (Kundalini-Schlange) zu erwecken und die Kampfekstase zu erlangen (Maskenhelm = „grimr“ = Kampfekstase).
Diese Deutung der Bilder auf dem Maskenhelm von Sutton Hoo würde der Etymologie des Wortes „grimr“ entsprechen.
Zu dem Zusammenhang zwischen der Erweckung der Kundalini (Yoga: „Inneres Feuer“) und dem Ekstasekampf siehe auch das Kapitel „Kundalini“ in Band 64.
Die Lage der Schlange bzw. des Drachens auf dem Helm von Sutton Hoo ist kein Zufall, wie ein anderer, sehr ähnlicher Helm zeigt:
Der Leib der Schlange ist stark stilisiert. Sie reicht vom Scheitel aus bis zum „Dritten Auge“ zwischen den Augenbrauen. Eine zweite, kurze Schlange kriecht weiter bis auf die Nase des Helmträgers – diese Schlange bewegt sich in die entgegengesetzte Richtung wie die auf dem Helm von Sutton Hoo. Zwei weitere kurze Schlangen befinden sich über den Augenbrauen. Die Bronzeplatten über den Brauen zeigen wieder den „Sieger“; die Bronzeplatten am übrigen Helmrand stellen vermutlich das Heer dieses Siegers dar.