Nataly von Eschstruth
Der Stern des Glücks
Heimatroman
Nataly von Eschstruth
Der Stern des Glücks
Heimatroman
Veröffentlicht im Null Papier Verlag, 2019
1. Auflage, ISBN 978-3-962810-68-9
null-papier.de/482
null-papier.de/katalog
Inhaltsverzeichnis
Erstes Kapitel
Zweites Kapitel
Drittes Kapitel
Viertes Kapitel
Fünftes Kapitel
Sechstes Kapitel
Siebentes Kapitel
Achtes Kapitel
Neuntes Kapitel
Zehntes Kapitel
Elftes Kapitel
Zwölftes Kapitel
Dreizehntes Kapitel
Vierzehntes Kapitel
Fünfzehntes Kapitel
Sechzehntes Kapitel
Siebzehntes Kapitel
Achtzehntes Kapitel
Neunzehntes Kapitel
Zwanzigstes Kapitel
Danke, dass Sie sich für ein E-Book aus meinem Verlag entschieden haben.
Sollten Sie Hilfe benötigen oder eine Frage haben, schreiben Sie mir.
Ihr
Jürgen Schulze
Der Newsletter informiert Sie über:
https://null-papier.de/newsletter
Es ist das Glück ein flüchtig Ding
Und war’s zu allen Tagen,
Und jagtest du um der Erde Ring,
Du könntest es nicht erjagen!
Leg lieber dich ins Gras voll Duft
Und singe deine Lieder –
Urplötzlich, aus der blauen Luft
Fällt es auf dich hernieder!
Geibel.
Jean Baptiste Sternberg, der hochbewährte Kammerdiener, räumte in seiner sorgsamen Weise den Schreibtisch Seiner Exzellenz, des ehemaligen Finanzministers auf, wie vor dreißig Jahren, als dieser sich noch im Wirbelsturm der Geschäfte ganz und gar auf seinen getreuen Sternberg verlassen und den Diplomatentisch voll hochgestapelter Papiere, Mappen und Broschüren dem Ordnungssinn seines Kammerdieners überlassen konnte.
Jetzt lagen weder Akten noch Broschüren, noch eilig aufgerissene Briefumschläge auf dem grünen Tuch; die Tinte war längst zu Staub zusammengetrocknet, die Feder verrostet, und die Pendule, von zwei edelsteingeschmückten Mohren getragen, tickte so schläfrig und müde, wie das Herz in der Brust ihres alten, verabschiedeten Herrn.
Die Zeit war abgelaufen für ihn und für sie, – aber Jean Baptiste wollte es nicht Wort haben, er räumte den Schreibtisch auf, – einen Tag wie den andern – obwohl keine, gar keine Unordnung darauf zu sehen war, obwohl kein Federzug mehr aus dem Tintenfass geschrieben, kein einziger geheimer Brief mehr in die braunlederne Mappe geschoben ward. Exzellenz hatte sich schon lange, lange von Welt und Leben zurückgezogen, hierher in sein stilles, einsames Schloss, das ehemals nur die erquickende kleine Ruheinsel in dem stürmischen Lebensmeer des Ministers gewesen.
Freiherr von Floringhoven zahlte ehemals zu den besten und bevorzugtesten Mitgliedern des Kabinetts. Glückliche, erfolggesegnete Unternehmungen machten seinen Namen bekannt und beliebt, seine äußerst liebenswürdige, geistreiche und repräsentable Persönlichkeit erwarb ihm die Sympathien aller Gesellschaftskreise, und sein hohes Wissen, sowie seine außerordentliche diplomatische Tüchtigkeit sicherten ihm durch lange Jahre hindurch eine hervorragende Stellung unter den leitenden Vertretern des Staates. Ein Leben voll ununterbrochener geistiger Anstrengung zehrt. – Auch Freiherr von Floringhoven empfand die Last der Jahre, und die schnell sich folgenden herben Schicksalsschläge, die seine engste Familie heimsuchten, machten ihn vor der Zeit zum lebensmüden Greis. Seine beiden einzigen Kinder sanken vor ihm in das Grab.
Der Sohn, ein blühender, zu den besten Hoffnungen berechtigender Kavallerieoffizier, verunglückte bei einem Manöverritt in einem Graben, über den das Regiment in scharfem Galopp, eingehüllt von schier undurchsichtigen Staubwolken, hinwegsetzte.
Das Pferd des Leutnants von Floringhoven sprang zu kurz und brach zusammen, und nachstürzende Reiter begruben den jungen Offizier unter sich, dem ein Aufschlag die Brust zermalmte. Wenige Stunden danach erlag der einzige Sohn des Ministers seiner schweren Verletzung.
Und just, als sei das Unheil gekommen, um nicht wieder von der Schwelle des Hauses zu weichen, folgte die Mutter dem Sohn durch einen ebenso jähen Tod. Eine Herzlähmung raffte die immerhin noch rüstige, allgemein verehrte und geliebte Frau von der Seite ihres Gatten.
Schwer gebeugt zog sich Floringhoven in längerem Urlaub von seinem anstrengenden und verantwortlichen Posten zurück, Kraft und Erholung in dem Hause seiner verheirateten Tochter zu suchen. Sie hatte einem Vetter Floringhoven die Hand zum Bunde gereicht, ein seinerzeit viel bejubeltes und von der Familie innig ersehntes Ereignis, das nun doch einen Floringhoven zum Erben und Nachfolger von Schloss Floringhof machte, nachdem der einzige Sohn des Ministers ohne Nachkommen gestorben war.
Aber die Menschen denken – und Gott lenkt.
Als ob ein unbarmherziges Schicksal dem alten Herrn alles nehmen wollte, woran sein Herz voll Liebe und Zärtlichkeit hing, entriss es ihm auch die Tochter, sein letztes und liebstes Kleinod, das er besaß. Und doch nicht sein letztes!
Ein kleines, rosiges Ebenbild seiner Margarete lächelte ihm durch Tränen aus der Wiege entgegen. Sein Enkelkind, der einzige Überrest von all dem großen, vielbeneideten Glück!
Die Welt war für den ehemaligen, so rastlos tätigen, nimmer müden Staatsmann plötzlich abgestorben. Für wen arbeitete er noch?
Für König und Vaterland.
Er tat’s, er wollte nach wie vor sein Bestes geben und leisten, aber das Haar auf seinem Haupte ward schneeweiß, und in seinem Innern ward es ebenfalls Winter.
Wenn eine Glocke einen Sprung bekommen, tönt sie wohl noch, – aber sie klingt nicht mehr.
Und das Herz des alten Mannes glich einer solchen Glocke. Es schlug nach wie vor in pflichttreuem Mühen und Arbeiten, aber was in die Welt hinaushallte, hatte nicht mehr den guten Klang wie früher. Krieg!
Mehr denn je braucht das Vaterland frische, jugendstarke Männerhände an dem Staatsruder, der Freiherr von Floringhoven aber ist ein Greis an Leib und Seele geworden. Er fühlt es, er kann nicht mehr in dem Sturmschritt der Zeit mit fort. Er ist müde geworden. Soll er gehen?
Ja, er muss es. Vor ihm liegt die kurze, entsetzliche Depesche, die die Nachricht bringt, dass seine kleine Enkelin Benedikta eine Waise geworden. Ihr Vater ist vor Metz gefallen.
Nun sind sie beide ganz allein, das kleine, hilflose Würmchen in der Wiege und er, der alte, lebensmüde Mann.
Sie darf aber nicht ganz verlassen sein, und er darf noch nicht sterben – um des Kindes willen.
Da sagte er der Welt und ihrem Leben und Treiben Valet und siedelte über in sein schönes, einsames Schloss Floringhof. Benedikta nahm er zu sich, und gleichsam, als klammere sich das morsche, alte Lebenspflänzlein an dies jungaufblühende Reis, lebte der Minister nur noch den Interessen des Kindes, wieder jung werdend bei dem innigen Zusammenleben mit diesem frischen Blut.
Als habe der Todesengel eingesehen, dass er die Mitglieder der Familie viel zu früh und voreilig abgeholt, schien er nun doppelt lange zu zögern, den alten Herrn mit seinen Lieben zu vereinen. Der Minister sagte oft selbst mit wehmütigem Kopfschütteln: »Man hat mich vergessen droben!« Jahr um Jahr verging, immer älter, immer stumpfer und abständiger ward der alte Mann, aber er starb nicht.
Die Vergangenheit verwischte sich mehr und mehr, und Benediktas jugendschöne Lichtgestalt verklärte einzig sein Dasein, wie eine liebe, goldige Sonne, in deren Glanz sich sein kühles Herz wärmte und erquickte.
Nun dachte er nicht mehr an Sterben und Scheiden. Er lebte so still und behaglich in seinem Schlosse dahin, – der gute Jean Baptiste sorgte für alles, und Benedikta lächelte wie der junge Frühling; wenn sie sang, lauschte er mit gefalteten Händen, als sehe er den Himmel offen, und wenn sie Großväterchen liebkosend um etwas bat, dann hätte eher das ganze Weltall aus den Fugen brechen mögen, ehe er dem Liebling etwas abschlug.
Und die junge Baroneß wuchs immer schöner und imposanter heran, und Jean Baptiste erklärte eines schönen Tages: »Nun ist das Kind groß geworden, Exzellenz, – mit den Gouvernanten taugt’s nicht mehr, die letzte ist vor acht Tagen abgereist, jetzt muss eine Dame in das Schloss, die unsre junge Gnädige in die Welt führt!«
Der Minister schaute verblüfft mit seinen matten, ausdruckslosen Augen auf. »Aber Jean – dazu bin ich ja noch da!«
»Das halten Exzellenz nicht mehr aus.«
Der alte Herr wiegte ärgerlich das Haupt mit den spärlichen weißen Löckchen.
»Warum soll ich es nicht mehr aushalten? Ich habe mehr auf diesen schwachen Schultern zu tragen, als ein paar schlaflose Ballnächte!«
Jean Baptiste sah streng aus; sein hageres Gesicht mit den intelligenten Augen unter den weißbuschigen Brauen schien aus Stein gemeißelt.
»Bei ein paar Nächten allein bleibt es nicht, Exzellenz; das gnädige Fräulein muss regelrecht ausgeführt werden, und dahin, wo solch junge, behände Füßchen springen, können wir Grauköpfe nicht mit. – Wenn Gäste hierher zu uns kommen, müssen sich Exzellenz selbstverständlich zeigen, denn das erfordert die Repräsentation und Reputation, – und wenn ein Diner in der Nachbarschaft abgehalten wird, bei Standespersonen oder hohem Adel, dann müssen Exzellenz auch hin, – das sind wir der eignen Stellung und dem guten Namen schuldig. Da werden keine übermäßigen Anforderungen an Ew. Exzellenz gestellt – Essen, Trinken, ein Täßchen Kaffee, und dann bin ich schon wieder zur Stelle und melde den Wagen.«
Freiherr von Floringhoven nickte apathisch vor sich hin. Seine angeregte Stimmung hielt nie mehr lange an und machte bald einer wortkargen Stumpfheit wieder Platz: »Gut, gut – ganz wie du meinst, Jean. Was für das Kind notwendig ist, muss selbstverständlich geschehen. – Richte es nur alles ein.«
»Und die Repräsentationsdame, Exzellenz?«
Der Minister starrte nachdenklich vor sich hin. Wie hilfeflehend schlang er die welken Hände ineinander. »Ja, du lieber Gott! Ich weiß keine, gar keine.«
»Ich werde mit Baronesse sprechen, und dann fahren wir zusammen zur Frau Gräfin Borken nach Kerptow hinüber, – es wäre gut, wenn eine Dame, wie die Frau Gräfin, diese Angelegenheit in die Hand nähme!«
Wie erlöst atmete der alte Herr auf: »Gut … sehr gut … Du weißt doch immer Rat, Jean … und nun … nun lies mir noch mal den Zeitungsartikel über die neuen Zollgesetze vor, lieber Jean!… Ich habe das vorhin doch nicht so ganz erfasst –«
»Darf ich zuvor noch melden, Exzellenz, dass wir soeben eine Einladung zum Jagddiner erhalten haben. Morgen Mittag fünf Uhr im Jagdschloss Altenfähre.«
Floringhoven hörte nur mit halbem Ohre. »So, so … zu wem denn?« – fragte er gleichgültig, seine Pelzdecke fester um die Knie ziehend.
»Zu dem Herrn Herzog Hans Friedrich, Königliche Hoheit. Hochderselbe hat wieder für vierzehn Tage Aufenthalt in Altenfähre genommen, um, wie alljährlich, die Sauhatzen in den königlichen Forsten abzuhalten.«
»So, so … und du meinst, Jean … dass ich zusagen muss?«
»Fraglos, Exzellenz; das erfordert der Respekt und unsre Achtung vor uns selbst.«
»Hm … hm … du weißt ja Bescheid, Jean: – wer kommt denn da?«
»Ich bin’s, Exzellenz, – bringe eine Tasse Bouillon. Bei dem kalten Wetter ist’s zu brauchen.«
»Hm, hm, die Jungfer Riekchen! … Gut … sehr schön … ah – so etwas Warmes tut gut.«
Die alte Haushälterin rührte sorglich in der großen, silbernen Tasse und fischte noch ein letztes Fettauge ab. Ihre kleine, zusammengeschrumpfte Gestalt trug ein winziges Köpfchen, das eine riesige Haube umrahmte. Silberweiße Haarsträhne lagen glatt an den eingesunkenen Schläfen, und die zahllosen Runen und Fältchen in der pergamentfarbenen Haut ließen auf eine hohe, sehr hohe Zahl schließen, wollte man das Alter der Jungfer Riekchen angeben.
Dennoch war sie rüstig, flink und behände wie ein kleines Wiesel, lief treppauf und treppab wie ein Backfisch, und jede ihrer Bewegungen zeugte von ungeschwächter Energie und Lebendigkeit.
Und dieweil Mamsell die Fleischbrühe mundgerecht machte und Jean in den Zeitungen stöberte, öffnete sich die Tür abermals.
Ein uraltes Männchen in der Uniform der Leibjäger stand auf der Schwelle.
»Wollte gehorsamst anfragen, ob Exzellenz bei diesem Schneesturm befehlen spazierenzufahren?«
»Nein, Konrad … es ist bitterkalt. Solches Wetter taugt nicht für uns alte Garde.«
»Befehl, Exzellenz.«
Wunderlich – in dem behaglichen »Arbeitszimmer« des ehemaligen Ministers trafen sich in diesem Augenblick ein paar Jahrhunderte zusammen.
Vier Menschen mit weißem Haar, alte, greisenhaft alte Menschen: und die, die in Küche und Keller zu ihnen gehörten, waren nicht viel jünger, waren alle Überbleibsel aus schöner, vergangener Zeit, treuer, dauerhafter Efeu von Fleisch und Blut, der unlöslich mit Schloss Floringhof verwachsen war.
Was Wunder, wenn die heitere, jugendliche Außenwelt ihre Betrachtungen darüber anstellte und scherzweise nicht vom Schloss Floringhof – sondern von dem »Petrefaktenhof« sprach?
Versteinert und verknöchert!
So unrecht hatten die Schelmenzungen nicht. Das ganze Schloss, mit allem, was darinnen war, glich trotz seiner tadellos stolzen Mauern doch nur einer Ruine, in der versteinerte, uralte Wesen hausten, wie die Bewohner jener Gespensterburg, die um Mitternacht von ihren Marmorpostamenten niedersteigen und als steinerne Gäste durch die Hallen schreiten.
Ja, Floringhof war ein Trümmerhaufen wandelnder Grabdenkmäler, und Benedikta das einzig neue Leben, das dieser Ruine entspross, – und dennoch gab es kein gemütlicheres, fröhlicheres Völkchen, wie diese »Petrefakten« im Hofstaate des alten Ministers. –
Der Schnee wirbelte durch die kalte Winterluft, höher und höher deckte er die froststarre Erde, und der Nordwind pfiff um die Türme und Giebelchen, als ärgere er sich des rosigen Lebens hinter den hohen Spiegelscheiben, das er trotz all seines Grimmes noch nicht hatte zu Tode frieren können.
Ihm zum Hohne hallten und schallten die jugendfrischen Stimmen durch das hohe Gemach, und je glückseliger die Frühlings- und Liebeslieder zu ihm herausjubelten, je zorniger rüttelte er an dem Turmbau, als wolle der König Winter die holden Melodien zerfetzen, die das liebliche Regiment des Lenzes priesen.
Wo das Feuer im Kamin lodert und die altmodische, aber kostbare und geschmackvolle Pracht des Turmzimmers sich in trauliche Wärme hüllt, sah Baroneß Benedikta am Flügel, mit freudestrahlenden Augen von ihrer liebenswürdigen, jungen Lehrerin zu lernen.
Sie sangen, – Duette, Soli, Lieder und Arien, alles, was die unerschöpfliche Notenmappe der Marga Daja zutage förderte.
»Marga Daja«, stand in goldnen Lettern auf der rotjuchtenen, sehr eleganten Musikmappe gedruckt, und die Trägerin dieses absonderlichen Namens lehnte, ebenso absonderlich und geschmackvoll anzuschauen, neben dem Instrument, just eine neue Arie leidenschaftlichen Empfindens in die winterliche, tief verschneite Einsamkeit hinauszujubeln.
Marga Daja war ein Rätsel, seine Auflösung hieß Margarete Dallberg. Aber die Welt kannte diese Lösung nicht, sie wusste nur von einer Marga Daja, deren Namen sie mit besonderer Freude in der Residenz auf dem Theaterzettel las, – vorerst nur hinter den kleinern Nebenrollen, denn Marga Daja war eine Anfängerin, eine junge Sängerin, die es nur der Protektion des ehemaligen Ministers Floringhoven verdankte, dass sie ihr erstes Engagement bereits an der Hofoper gefunden.
Die frische, klangvolle Stimme der jungen Sängerin entzückte das Publikum ebensosehr, wie ihre äußerst anmutige, graziöse und madonnenhafte Schönheit, deren einziger Fehler es war, dass sie nicht recht zu den übermütigen Pagen- und Soubrettenrollen voll Pikanterie und Schalk passen wollte, die man einsichtslos der Künstlerin zugeteilt hatte.
Marga Daja war die Verkörperung lyrischer Zartheit und poesievoller Schwärmerei.
Ihre kleine, elfenhafte Gestalt schwebte wie ein Hauch durch das Leben, und die großen lichtblauen Augen blickten so verklärt und »überirdisch« aus dem blassen Gesichtchen, wie bei einem kranken Kind, dem man liebe Märchen erzählt.
Goldblonde Haare lockten sich um das Köpfchen, mit Vorliebe offen und lang niederwallend getragen, mit den weißen Kleidern harmonierend, die Marga Daja, voll eigenartigen Geschmacks, stets in der Babyfasson einer Bettina von Arnim trug.
Auch sie hieß in der Künstlerwelt der Residenz »das Kind!«, und ihr kindlicher Zauber fand viel Anbetung, wie auch eines ihrer meist ausgestellten Bilder durch seine rührende Naivität Aufsehen erregte.
Das lockenumwallte Köpfchen mit den großen, träumerisch zum Himmel blickenden Augen, das weiche Kinn auf die gefalteten Hände gestützt: Eine berückende Mignon – eine undenkbare Susanne – ein geradezu unmögliches »lustiges Weib von Windsor!« – Die Zahl der für sie geeigneten Opernpartien blieb klein, und das war ein großer Stein im Wege ihrer Bühnenkarriere.
Margarete Dallberg war die Nichte des Gutspächters von Floringhof.
Jahrelang verlebte sie, eine Waise, all ihre Ferien und spätere Urlaubszeit bei den Verwandten, und da die Jugend sich noch schneller und widerstandsloser anzieht als Eisen und Magnet, so hatten sich die beiden einzig jungen Lebewesen des Schlosses schnell gefunden und durch gemeinsame Gesangstudien den Grund für eine treue und aufrichtige Zuneigung und Freundschaft gelegt.
Keine größern Gegensätze konnte man verkörpert sehen als in diesen beiden Freundinnen.
Marga Dajas sylphenhaftes Figürchen verschwand neben der wundervollen, junonisch stolzen Erscheinung Benediktas. Stolz, selbstbewusst, vom Scheitel bis zur Zehe die distinguiert vornehme Gestalt der Aristokratin, überragte Baronesse Floringhoven »das Kind«, wie eine Edeltanne über das schmiegsame Schilf emporwächst.
Ihr schönes, regelmäßiges Antlitz kannte keinen Ausdruck schwärmerischer Sentimentalität, im Gegenteil, ein Zug herber Resignation ließ es älter als gerechtfertigt erscheinen. Große, leuchtend schwarze Augen, unvergesslich jedem, der hineingeschaut, belebten als größte und auffallendste Schönheit das zartfarbene Antlitz, und wenn man vor Benedikta von Floringhoven stand und den Blick über die schlanke Gestalt in dem dunklen Trauergewand gleiten ließ, so schlich ein Gefühl ehrfurchtsvoller Bewunderung in das Herz, wie es empfindsame Seelen bei dem Anblick einer geliebten und idealisierten Prinzessin oder Königin empfinden.
In der Erscheinung des jungen Mädchens lag eine hoheitsvolle Würde, die nie ihre Wirkung auf die Umgebung verfehlte. Eine unbewusste Hoheit, eine ahnungslose Würde. Sie prägte sich ungesucht und ungeübt in jeder Bewegung aus.
Marga Daja hatte oft geseufzt: »Was gäbe ich darum, könnte ich ein einziges Mal so über die Bühne schreiten, wie Sie tagtäglich und stündlich durch Schloss und Park gehen, – könnte ich meine Hände bewegen wie Sie! – Könnte ich das Haupt so königlich auf dem Nacken tragen wie Baroneß! Wie machen Sie das? – Lehren Sie es mich!«
Aber es ließ sich nicht lehren, – es lag im Blut, es war ein angeborenes »Genie des Vornehmen«, das unbewusst zutage tritt und eine Person durch das Leben geleitet, wie der Blumenduft dem Blütenkelche der Königin Rose anhaftet.
Marga Daja sang, – sang mit strahlenden Augen und herzaufquellender Innigkeit die Arie aus der Gazza Cadra: »Was ich oft im Traume sah – wird nun in Erfüllung gehn – Vater und Geliebter nah – Himmelstochter – Wiedersehn! Hold wie das Morgenlicht lächelt die Ferne, – glückliche Sterne – täuschet mich nicht!«
Nachdenklich glitten die schlanken Finger Benediktas von den Tasten, ihr großer, ernster Blick haftete wie in fragendem Staunen auf der Sängerin.
»Diese Arie würde ich niemals auch nur annähernd so singen können wie Sie, liebe Marga!«
Überrascht lieh die so jählings Unterbrochene das Notenblatt sinken: »So! Und warum nicht?«
Eine herbe Falte senkte sich um Benediktas Lippen. »Weil ich nie der Zukunft derart zujubeln, weil ich nie an ein Glück glauben könnte, das sie mir zu bringen vermöchte!«
Marga warf die Noten beiseite und trat näher, sie legte leis die Hand auf die Schulter der Sprecherin.
»Welch eine absonderliche Grille! Wem möchte die Zukunft so heiter, so wolkenlos glücklich lächeln wie Ihnen, Sie Glückskind! ›Schön, reich und klug genug, in der Welt zu glänzen‹ – wahrlich, Benedikta, Sie brauchen doch nur die marmorweißen Händchen auszustrecken, um das Glück in jeder – selbst in der vollkommensten Gestalt zu greifen.«
»Glauben Sie es? Ich nicht!« Ein schwermütiger Blick schweifte in den Schneesturm hinaus. »Zwar weiß ich selber nicht recht, womit ich mein trübes Zweifeln an allem Glück motivieren soll, aber ich empfinde es wie in düsterer Vorahnung, dass ich das Glück so, wie es einzig für mich ein wahres Glück sein würde, nie und nimmer finden werde!«
»Und was deucht Ihnen die wahre Seligkeit?«
»Die Liebe! Die echte, durch alles unbeeinflusste, große, heilige Liebe!« Benedikta presste wie in jäher Leidenschaft die Hände gegen die Brust. »Und gerade das, was Sie mir soeben als Glück auslegen wollten, – ›klug und reich genug‹ – das wird zur Klippe werden, an der das einzige Schifflein scheitert, das mich in ein irdisches Paradies zu bringen vermöchte!«
»Ich verstehe Sie nicht, Sie liebe Pessimistin!«
Marga Daja zog sich ein kleines Taburett herzu und ließ sich an der Sprecherin Seite nieder, ihre Hände mit innigem Druck zu umschließen. Forschend blickte sie in das schöne Antlitz empor, das sie mit den leis zuckenden Lippen noch nie so erregt gesehen hatte wie in dieser Stunde. »Haben Sie etwa eine unglückliche Liebe, Benedikta?« flüsterte sie weich.
Fräulein von Floringhoven schüttelte beinahe heftig das Haupt. »Noch nicht!« stieß sie kurz hervor.
Marga lachte. »Mein Gott, das klingt ja, als hätten Sie sich ganz bestimmt und express eine solche für die Zukunft bestellt?«
»O nein. Aber die dreizehnte Fee erscheint zumeist ungerufen, um Gevatterin bei einem armen Unglückskind zu stehen.«
»Benedikta! Welch unbegreifliches Schwarzsehen! Ohne Grund und Ursache kommt man nicht auf so ketzerische Gedanken! Wie können Sie – Sie – die alles besitzt, was Männerherzen entzückt und gewinnt, derartige Hirngespinste nähren!«
»Ich habe alles! – Ganz recht, ich habe zu viel!«
»Ein Überschuss ist nie ein Übel!«
»In manchem Sinne doch.«
»Beweise! Ich verlange Beweise!«
»Ich bin reich. – Gott sei es geklagt! Wissen Sie nicht, Marga, dass die reichsten Mädchen im Grunde genommen die ärmsten sind? Ich habe es erfahren. Vergangenen Sommer nahm mich Gräfin Borken mit nach Norderney. Ich war anfangs wenig beachtet; während einer ersten Privatreunion tanzte ich so gut wie gar nicht. ›Es ist Herrenmangel, wir sind noch gar nicht bekannt in der Gesellschaft‹, tröstete mich die Gräfin, mich, die keines Trostes bedurfte, denn ich verlangte nicht nach Tänzern und amüsierte mich sehr gut mit den ältern Herren, die es nicht an Liebenswürdigkeiten fehlen ließen. Wenige Tage darauf war ich der umlagerte, angeschwärmte, ausgezeichnete Anziehungspunkt für die Herrenwelt. Ich begriff diesen Wechsel nicht, aber ich freute mich all der Artigkeiten, die man mir erwies. Die Gräfin forschte eifrig, welcher meiner Verehrer mir am besten gefalle, welcher die meisten Chancen habe. – Keiner; sollte es vielleicht mit der Zeit sich ändern, war wohl ein junger Gutsbesitzer der sympathischste, in dessen Augen ich mehr, viel, viel mehr aufrichtige Gefühle zu lesen glaubte, wie in denen der andern Herren.
Es war eine köstliche Mondscheinnacht. Sehr spät noch begleitete ich die Gräfin an die Dünen. Im Schatten eines Strandkorbes saßen wir, schweigsam die wunderbare Schönheit des lichtbeglänzten Meeres genießend. – Schritte, lautes, weinseliges Sprechen. ›Nein, nein, cher père – kannst Gift drauf nehmen! Ich bin meiner Sache ganz gewiss! Die Kleine ist ja auf Brautschau hierhergeführt … haha … Kein Mensch ahnte anfangs, dass hinter der stolzen Juno ein dukatenfunkelnder Kometenschweif rausche – aber die alte Borken flüsterte selber ein paar alten Herren in das Ohr, dass Benedikta die Erbin des alten Floringhoven ist. Na – das Wettrennen, das nun begann: Jeder wollte natürlich der zu dieser Juno gehörige Zeus werden, und da man in dieser Beziehung zum Heiden wurde und die Mythologie zur Modereligion machte, florierte der Tanz um das goldne Kalb in einer Art und Weise, die den Kampf um den Sieg verteufelt heiß machte.‹«
»Empörend! Wer konnte es wagen, derart frivol und herzlos zu reden, Benedikta?«
»Wer? – Ich sah seine elegante Gestalt scharf gegen den Himmel abgezeichnet, ich erkannte jede Linie seines hübschen, sonst so ganz anders dreinschauenden Gesichtes, und ich merkte es auch an dem jähen Zusammenzucken der Gräfin, dass sie genau wusste, wer der Sprecher war. ›Na, dann in Gottes Namen los, lieber Junge! Wenn du glaubst, Chancen zu haben, wäre ja diese Verbindung eine leidlich passende Partie für dich. Vor allen Dingen vergaloppiere dich aber nicht, sondern ziehe noch einmal genaue Erkundigungen über die Höhe ihres Vermögens ein. Wenn du um dieser Erbin willen Alice vergessen und aus Vernunftgründen eine Konvenienzehe eingehen willst, muss wenigstens eine sehr glänzende Mitgift das Opfer aufwiegen. Dein altes Familiengut vor dem Ruin zu retten, ist immerhin keine Bagatelle. Man sagt aber, Benedikta sei nebenbei recht hübsch?‹
›Hm … etwas frostige Schönheit, – mehr Statue als Fleisch und Blut. – Man liebt das im allgemeinen nicht sehr an dem Ewigweiblichen. – Aber … ein paar hunderttausend Talerscheine decken ja manches zu …‹
Die Stimmen entfernten sich langsam, und die einzelnen Worte wurden von der stärker anschwellenden Meeresbrandung übertönt. – Es ward still, sehr, sehr still am Strande. Tränen rinnen lautlos, und ein Herz verblutet unhörbar an solch moralischem Todesstoß. Endlich erhob sich die Gräfin, legte jählings den Arm um mich und flüsterte erbittert: ›Armes, beklagenswertes Kind! – Ich denke, jener Freier wird sich einen Korb bei dir holen!‹
›Er wird nicht dazu kommen, anzuhalten!‹ antwortete ich.
Die Sterne funkelten über uns wie Augen der Liebe, die zornig aufblitzen, weil man einem Herzen wehe getan, – und das Meer rauschte näher und näher, lockend und schmeichlerisch seine weißen Wellenarme nach mir ausbreitend, als wollte es sagen: ›Komm herab zu mir, du armes, reiches Kind, dessen Geld ja doch für ewig der Liebe den Weg zu deinem Herzen versperren wird!‹«
»Oh, Benedikta, welch unglücklicher Wahn! Weil ein einziger sein frevles, selbstsüchtiges Spiel mit Ihnen getrieben, wollen Sie an dem Glück Ihrer ganzen Zukunft verzagen? Noch hat Ihnen die Liebe ja durchaus keine Wunde geschlagen, – oder … oder –« die Stimme Margas sank zu bangem Flüsterlaut herab – »oder liebten Sie jenen Falschen etwa doch?«
Baroneß Floringhoven lehnte das schöne Haupt zurück und starrte mit weitoffenen Augen in den wirbelnden Schnee hinaus. »Nein, – ich liebte ihn nicht, – Gott sei Lob und Dank dafür!« antwortete sie mit fester Stimme: »ich werde mich überhaupt nicht langsam, allmählich, nach und nach in einen Mann verlieben, – niemals. Das nenne ich überhaupt keine Liebe, das ist lediglich ein ›Sich-aneinander-Gewöhnen‹. Sollte aber der Liebe wahrer, heiliger Götterfunken jemals in mein Herz fallen, so ist’s ein Blitz, – schnell, ungeahnt, plötzlich, wie ein Stern jählings erstrahlend die Wolken durchbricht, – der Stern des Glückes! Ein einziger Blick, ein einziges tiefes Lesen in dem Antlitz des Betreffenden – und mein Herz wird aufflammen in einer Liebe, die über Grab und Zeit währt. Ich ahne das – und ich fürchte mich davor. Glücklich kann und wird eine solche Liebe niemals sein, jede Regung der Vernunft spricht dagegen.«
Marga nickte betroffen: »Ich würde es wenigstens auch für äußerst gefährlich und riskiert halten, sich lediglich in ein schönes Gesicht – in die trügerische Hülle einer vielleicht sehr wenig edlen Seele zu verlieben!«
Benedikta wandte jählings das Haupt, ein flammender Blick senkte sich in der Sprecherin Auge. Dann lächelte sie, ein beinahe schmerzliches Lächeln. »Sich für ein schönes Gesicht begeistern – ja, das kann man; sich in das schöne Gesicht einer fremden Person verlieben – das kann man meiner Ansicht nach nicht. Sie haben mich missverstanden, liebe Marga. Eine solch sinnlose Schwärmerin vermuten Sie wohl selber nicht in mir. Schönheit und äußere Vorzüge würden mein Herz niemals allein gewinnen, wenn nicht jenes gewisse, namenlose, nie erklärte Etwas damit verbunden wäre, das man schlechtweg Sympathie nennt. Ein Männerantlitz, das mir sympathisch, so sympathisch sein würde, dass es beim ersten Sehen mein ganzes Ich zu eigen nehmen könnte, das muss so viel Tiefinneres ausdrücken, dass man alles, vielleicht das hässlichste Äußere darüber vergisst. Der Ausdruck eines Gesichts würde diese geheimnisvolle Gewalt auf mich ausüben – ein Ausdruck, der sich nicht mit Worten beschreiben lässt. Er wird mein Verhängnis sein – und weil ich Fatalistin bin und daran glaube, fürchte ich mich davor, ihn in einem Menschengesicht zu schauen.«
»Wenn es der liebe Gott verhütet, dass es das Antlitz eines verheirateten Mannes oder eines solchen ist, der durch unüberwindliche Hindernisse andrer Art von Ihnen geschieden sein muss, so wäre wohl der Augenblick eines solchen Begegnens der Anfang und Inbegriff alles Glückes für Sie! – Wunderlich, wie verschieden wir Mädchen doch beanlagt sind! Als ich meinen Herzlieben zuerst sah …«
»Marga!«
Die Sprecherin verstummte jäh erschrocken und sprang empor, ihr heiß erglühendes Gesichtchen abzuwenden. Benedikta aber ergriff stürmisch ihre beiden Hände und erzwang sich mit einem strahlenden Lächeln einen Blick in die ausweichenden Blauaugen.
»Das nenne ich Verrat an sich selber!« jubelte sie. »Marga! liebe Marga – nun lassen Sie mich, bitte, alles wissen!«
Die junge Sängerin strich tief aufatmend die Locken aus dem heißen Antlitz. Sie lachte auf wie ein eigensinniges und doch glückseliges Kind. »Gewiss sollen Sie es wissen, Benedikta! Wenn Sie mich nur danach fragen wollen! – Wie er heißt? – Roman Ermönyi! – Was er ist? Komponist einer vielgenannten Oper! Ob ich ihn liebe? Nachdem ich ihn hasste bis auf Gift und Dolch – nachdem ich ihm am liebsten die Augen ausgekratzt, die schwarzen Locken einzeln ausgerauft hätte – ja – da liebte ich ihn bis zur Raserei. – Ob er mich wiederliebt? Er tut so. – Er schwört es. – Er überschüttet mich mit Blumen, er küsst meine Füße – er ist wie von Sinnen. Noch eine Oper will er schreiben, – die Titelrolle für mich, – und dann heiraten wir. – Er sagt es, – ob es geschehen wird? …« Und Marga Daja griff mit bebenden Händen zu dem Notenblatt zurück und jauchzte mit ihrer silberhellen Stimme aufs neue die Worte, die Benedikta soeben unterbrochen:
»Hold wie das Morgenlicht
Lächelt die Ferne.
Glückliche Sterne –
Täuschet mich nicht!«
Die Fröhlichkeit wirkt ansteckend, und da Benedikta auf verschiedentliche, dringende Fragen doch nur den einen übermütig gesungenen Refrain: »Hold wie das Morgenlicht lächelt die Ferne« zur Antwort erhielt, lachte sie schließlich mit und tat ihrer glückseligen Lehrerin gern den Gefallen, in die liebejauchzendsten Weisen einzustimmen.
Die Tür öffnete sich leise.
Pannkeuken, der alte sächsische Diener, erschien auf den Fußspitzen und durchschritt – die Lautlosigkeit zu erhöhen – mit möglichst einwärts gesetzten Füßen den Salon.
Sein rundes Gesicht mit den glänzend roten, wie lackiert erscheinenden Bäckchen, mit den ebenso runden, pfiffig vergnügt blinkernden Äuglein und dem breitgezogenen bartlosen Mund wandte sich währenddessen, gleich einer Sonnenblume, dem Licht zu, dem gar zu angenehmen Licht, das die beiden anmutigen jungen Gestalten verklärte.
Pannkeuken liebte die Musik und die Jugend, und wenn sein Blick, wonneglänzend, von einem der jungen Mädchen zu dem andern hinübereilte, dann beschlich ihn ahnungslos dasselbe Gefühl, wie einst den Dichter Heinrich Heine, – auch er erachtete sich gleich dem Esel zwischen zwei Bunden Heu.
Heute deuchte ihm die Baroneß bei weitem schöner, morgen taten es ihm Margas schwärmerische Augen wiederum an; in diesem Augenblick hätte er, ohne zu zaudern, die Palme des Sieges nur Benedikta überreicht, um sie im nächsten Moment der Elfengestalt im weißen Kinderkleidchen zu Füßen zu legen. Pannkeukens Haar war auch schon grau, wie sich das für einen Bediensteten des Schlosses Floringhof gehörte, aber unter der Asche seines Herzens glühte dennoch ein Funken, den die Zeit noch nicht zu löschen vermochte.
Mit breitem Schmunzeln, langsam, sehr langsam, durchmaß der Alte den Salon, um sich möglichst lange an dem Kaminfeuer schaffen zu machen. Die beiden Kinderchen sangen derweil so schön, dass ihm das Herz lachte, und weil Pannkeuken nebenbei noch eine Bestellung auszurichten hatte, so verweilte er so lange vor dem Feuer, bis das »hibsche Stickchen« fertig gesungen war.
»Heizen Sie tüchtig ein. Alterchen!« winkte ihm Marga lustig zu, »damit sich unsre Seele, die wir in den Liedern aushauchen, keinen Schnupfen holt!«
Pannkeuken grinste: »Jemersch! Das wäre e schlechter Spaß! – Nachen müssen de Dämchen aber dichtig Obacht geben, dass jede och ihre richtige Seele wieder erwischt, wenn Se se wieder einfangen woll’n!«
»Haha! Vielleicht wäre es ganz dienlich, wenn Baroneß einmal mit mir austauschen wollte –«, lachte Marga mit neckischem Seitenblick. »Der meinen sind rosige Schwingen gewachsen, die voll freudiger Zuversicht in lachende Fernen hinausstreben, – Benediktas Seele aber ist vorläufig noch ›matt wie Luisens Limonade‹, sie wagt keinen glückseligen Ausflug, sondern bindet sich selber ihre schillernden Flügelchen mit Trauerflor.«
Pannkeuken starrte die Sprecherin voll freundlicher Neugierde an: »Wie meinen Se denn das ejendlich, Freilein Dallberg? – Das habe ich Sie nämlich ganz und gar nicht gapiert!«
»Ich muss hinaus! Ich muss zu dir!« trällerte Marga mit ausgebreiteten Armen.
»Nu eben! Das wollte ich Sie nämlich och grade den gnädigen Freileinchen vorschlagen! Konrad ließ nämlich gehorsamst anfragen – ob’r vielleicht e bisschen mit’n Schlitten komm’ sollte? – Dorthin in’ königlichen Forste is Se nämlich heit ’ne Saujagd … und da meente Konrad, wär’s für die jungen Dämchen doch sehre hibsch, wenn se die Reitersch in den roten Röcken möchten vorbeireiten sehn!«
»Richtig! Herzog Hans Friedrich hält in Altenfähre die Jagden ab!«
»Es sollen viele auswärtige Gäste da sein, verschiedene Prinzen und Fürstlichkeiten!«
»Es wäre sehr nett, könnten wir die Jagdgesellschaft vorüberreiten sehen! – Würde es Ihnen Vergnügen machen, liebe Marga?«
»Fraglos! Ich sah im Leben noch keine Jäger zu Pferd!«
»Weiß Konrad, nach welcher Gegend sich die Jagd hinziehen wird, Pannkeuken?«
»Na aber nadierlich! Heite jagen se auf’n Dohlenkamp bis nunter nach’n Pfaffengraben! Wenn mer mit’n Schlitten so sacht’chen bis an’ Kulm fahren, sehen mer’sche grab über de Hude reiten!«
»Und das Wetter ist herrlich! Ein wenig Schnee erhöht die Poesie!«
»Buddeln Se sich aber dicht’g ein, gnädge Freileins! – Es geht eenen doch ludermäß’gt kalt an de Beene, wenn mer so e Weilchen in Schnee romlatscht!«
»Selbstredend, Pannkeuken! Wir wickeln uns in Watte!«
»Am Ende och’n Tichelchen um de Ohren? Un ’ne heeße Flasche in’ Beenebeitel!«
»Eine Wärmflasche? Hahaha! Wenn wir fünfzig Jahre älter sind, Pannkeuken!«
»Schnickschnack, Baroneßchen! De Jugend muss och – un erscht recht – hibsch warm in’ Neste sitzen! Na – das woll’ mer allens schon herrichten! – Un wie wärsch denn mit Gummischiechen?«
»Gewiss, gewiss! Wir wickeln uns dreifach in Flanell! Eilen Sie sich nur, Alterchen, und lassen Sie Konrad rechtzeitig anspannen, damit wir auch etwas von der Jagd zu sehen bekommen!«
»Nadierlich! Ich spute mich ja reene wie närrsch!« – versicherte Pannkeuken in seiner unverwüstlichen Gutmütigkeit und schlurrte langsam, ganz langsam durch das Zimmer zurück, dieweil die beiden jungen Damen eilig die Noten zusammenpackten und den Flügel schlossen.
Marga war wieder völlig »das Kind«, klatschte in die Hände und freute sich mit einer Naivität, von der die Residenzler behaupteten, sie sei bei einer Bühnensängerin doch etwas allzu selten, um echt zu sein! –
Der Schlitten fliegt wie auf Sturmesflügeln dahin durch die winterliche Pracht.
Wie ein Märchenbild, von weißem Duft überhaucht, liegt der Wald zu beiden Seiten.
Die bereiften Zweige neigen sich graziös unter der blendend hellen Last des immer höher und höher fallenden Schnees; von den kleinen Fichten- und den niederen Tannenbäumchen sind nur noch formlose, weiß umhüllte Klumpen zu sehen, und auf dem Erdboden türmen sich die flimmernden Massen, als wollten sie jedwedem Leben Weg und Steg in die traumhaft stille Einöde versperren.
Kein Laut nah und fern.
Nur der Wind fährt leise klingend durch das Gezweig und schüttet einen Sprühregen dicht wirbelnder Sternchen auf das einsame Gefährt hernieder, – nur das Schellengeläute und zeitweise Ausschnaufen der Pferde unterbricht die grabestiefe Ruhe.
Benedikta hat mit großen, ernsten Augen geradeausgeschaut; sie schrickt leis zusammen, als Marga plötzlich ihren Arm an sich presst und mit unterdrücktem Jubel sagt: »Wenn ich einmal eine Hochzeitsreise mache, so muss es im Schlitten durch einen solch verschneiten Märchenwald sein, wie dieser hier! Können Sie sich ein solches Glück ausmalen, Benedikta, mit dem Herzallerliebsten Arm in Arm durch dieses menschenleere Paradies – im warmen, bequemen Pelz dahinzufliegen?«
Fräulein von Floringhoven lächelte: »Nein, ich kann mir eine solche Seligkeit nicht ausmalen, kleine Schwärmerin, denn dazu gehört in erster Linie das Bild eines geliebten Mannes, den man an seine Seite wünschen möchte. Da ich aber keinen, keinen auf Gottes weiter Welt wüsste, den ich momentan anstatt Ihrer hier neben mir sehen möchte, so versteigt sich auch meine Fantasie zu keinen Traumbildern, die sich ja doch niemals verwirklichen werden. Aber es ist gut, dass Sie unser interessantes Thema wieder berühren. Glauben Sie, mich mit ein paar flüchtigen Stichworten abspeisen zu können, wenn es sich um Ihr ganzes Lebensglück handelt? Gewiss nicht. ES ist keine neugierige Indiskretion von mir, sondern das warme, aufrichtige Interesse der Jugendgespielin, das eine ausführliche Beichte verlangt. Wer Roman Ermönyi ist, weiß ich, denn der Name des genialen, feuerblütigen Komponisten, sowie Auszüge seiner Werke sind mir rühmlichst bekannt; wie man aber einen Mann auf das erbittertste hassen und ihn kurze Zeit danach leidenschaftlich lieben kann, das ist mir vorläufig noch ein Rätsel, das Sie mir lösen müssen, Marga!«
»Das Kind« lachte und wickelte sich fester in den Pelz, sodass das rosig überhauchte Gesichtchen beinah hinter dem goldgelben, langmähnigen Löwenfell ihres eleganten Mantels untertauchte.
»Es ist eine wunderliche Welt!« kicherte sie, »ebenso verrückt wie die verliebten Menschen, die sie bewohnen! Warum ich Roman hasste? Sehr einfach. Er studierte seine neue Oper persönlich mit uns ein. Für mich hatte er die kleinste, jämmerlichste, undankbarste Rolle ausgesucht, die darin vorhanden war. Er behauptete, ich hätte nicht das Temperament, um eine heißblütige, racheglühende Südländerin verständnisvoll zu verkörpern. – Das Kind sei nicht Weib genug, um wie eine teuflische Sirene die Männer zu betören.«
»Das war viel eher eine Schmeichelei als eine Unart, die er Ihnen sagte!«
»Vielleicht; – vielleicht auch nicht. – Später dachte und glaubte ich es auch, aber anfänglich erbitterte und verletzte es meinen Künstlerstolz auf das Peinlichste. Als er mir vorgestellt wurde, drehte ich mich auf dem Hacken um und würdigte ihn keines Blickes. Darauf sollte – sollte er spottend zu den Umstehenden gesagt haben: ›Fräulein Daja präsentiert sich doch stets von ihrer vorteilhaftesten Seite!‹ – Das war in meinen Augen eine tödliche Beleidigung, die mich vor allen Kollegen lächerlich machte. – Ich hasste ihn darum und ich zeigte es ihm, ich ballte die Hände, – und er lachte. – Ich sang in den Proben unter aller Kritik. ›Ich dachte es mir ja gleich, dass sie nichts kann!‹ spottete er abermals, dass ich es hören musste, ›wie gut, dass ich ihr keine bedeutende Rolle anvertraute‹. – – Ich schäumte! – Nun sang ich gut. ›Sie lernt etwas bei mir‹, mokierte er sich. Ich hätte ihn morden können. – Das Kostüm bei der Aufführung stand mir besonders gut. Sie kennen mein Bild darin, Benedikta! Ich hatte mir vorgenommen. so schlecht, so schlecht zu singen, dass seine ganze Musik zuschanden wurde, gleichviel, ob ich mir selber dadurch die Zukunft verderben würde oder nicht. Mit hasssprühenden Augen erwartete ich ihn. Er trat aus den Kulissen, sein Blick schweifte suchend über die Bühne, er traf auch mich. Wie ein Blitz flammte es durch sein Auge. Er starrte mich ein paar Sekunden an – aber er trat mir weder entgegen, noch grüßte er mich. Das Blut kochte in meinen Adern, und ein fremdes, ganz wunderliches Gefühl presste mein Herz zusammen. Tränen zornigen Wehs schossen mir in die Augen. Wie schön, wie schön war er! Ich wollte es nicht zugestehen, aber ich musste es. Sie Augen flammten wie große, schwarze Sonnen in dem bleichen Antlitz, die Lippen wölbten sich so stolz wie bei einem Gott – aber ein feiner, sarkastischer Zug gab dem Gesicht ein Gepräge, das mir in jenem Augenblick noch viel teuflischer als göttlich vorkam. Die Erregung des Premierenfiebers schien ihm fremd, er war äußerlich dieselbe Marmorstatue – der ›steinerne Gast‹, wie ich ihn genannt – wie alle Tage vorher; aber in seinem Blick, da brannte ein Funken – der verriet dennoch, welch ein Feuer tief unter dieser Maske von Gleichgültigkeit loderte. – Und wie er mich ansah mit diesem seelenmordenden Blick, da hätte ich ihn töten mögen. Er trug einen Strauß roter Rosen in der Hand. – Für wen? – Natürlich für die Diva! Die Heldin! Das Weib, das ihm feuerblütig und leidenschaftlich genug zur Verkörperung seiner Titelrolle gewesen! – Ich biss die Zähne zusammen und wandte mich trotzig ab, – ich wollte – ich konnte es nicht ansehen, wie er jener andern die Rosen in die Hände drückte.
Ich trat hinter die Kulissen, – dorthin, wo niemand mehr etwas zu suchen hatte, – ich wollte allein sein mit meinem Hass und meinen Tränen. – Und wie ich ein paar Minuten dort auf einem umgeworfenen Pfeiler aus Iphigenias Tempel sitze und mit zitterndem Herzen die schauerlichsten Rachepläne ersinne, – da steht er plötzlich vor mir. – er! Wirklich er. Und zwar nicht aus Zufall. ›Ich suchte Sie, Fräulein Daja‹, sagte er mit einer Verneigung, die mir übertrieben, mit einer Stimme, die mir ironischer wie je klang: ›Da ich weiß, dass Sie dem Komponisten heute Abend Ihr Bestes geben werden, – so gestatten Sie ihm einen bescheidenen, vorläufigen Dank!‹ – Und damit reichte er mir die Rosen! – Er mir! – Ich sprang auf: ›Ich denke gar nicht daran, Ihnen mein Bestes zu geben!‹ rief ich mit zornblitzenden Augen – ›ich hasse meine Rolle und werde das beweisen!‹ – Sprach’s, schleuderte die Rosen zur Erde und lief davon. – Und als ich hochatmend zwischen all den Kulissenschiebern und Choristen stand, ward es mir so unbeschreiblich weh um das Herz, dass ich am liebsten hätte sterben mögen. Warum nahm ich seine Rosen nicht? Ich fühlte es – ich hätte mein Herzblut für diese Rosen gegeben – das heißt – ich hasste die Blumen um seinetwillen, es tat mir leid, dass ich nicht noch mit den Füßen darauf herumgetreten hatte. Konnte ich’s nicht noch? – Leise, atemlos huschte ich zurück. Drunten im Orchester erklangen die ersten Töne der Ouvertüre – Roman Ermönyi saß wohl in der Loge des Intendanten und hob spöttisch die Lippen bei dem Gedanken an das ›kindische Kind!‹ – Ich eilte zu den Rosen zurück – ich stand vor ihnen und wollte sie mit dem Hacken meines Atlasschuhes zerstampfen – aber ich tat es nicht – ich raffte sie jählings empor und presste sie wie eine Sinnlose an mein brennendes Gesicht, an meine fieberheißen Lippen. Und dann hasste ich ihn nicht mehr, denn er stand neben mir, zog mich ungestüm in die Arme und küsste – küsste – küsste mich – – – – Warum lachen Sie, Benedikta? Meine Geschichte ist furchtbar ernst. Sie haben noch nie einen Mann geküsst, tun Sie es auch niemals, Männerlippen sind giftig, man stirbt an ihnen! Und ich starb auch in jenem Augenblick – aus Liebe! – – Roman sah mich an und lachte, wie nur ein Mann lachen kann, der sehr glücklich ist. ›Nun hast du mir doch dein Bestes gegeben, Trotzköpfchen, dein Allerbestes – dich selbst!‹ – – Und die Musik, seine Musik, brauste zu uns herüber, – das Publikum raste Beifall – er fragte nichts danach, er küsste mich. – Ich habe an jenem Abend gesungen. – In der Kritik stand: ›Fräulein Daja schuf aus ihrer kleinen, an und für sich undankbaren und dennoch musikalisch sehr wichtigen Rolle ein wahres Meisterstück. Wir haben die junge Sängerin noch nie mit derartiger Leidenschaft eine Aufgabe lösen sehen. Die tiefe Innerlichkeit der Musik kam voll zur Geltung, und der Komponist kann mit äußerster Zufriedenheit auf diese Premiere zurückblicken, an der jegliche Rolle in unvergleichlich vollendeter Weise gestaltet wurde.‹ So stand in der Zeitung, – und andern Tags war ich Romans Braut!«
»Noch ward die Verlobung nicht veröffentlicht?« fragte Fräulein von Floringhoven leise, – es lag wie ein feiner, kaum merklicher Ausdruck der Sorge in ihren priesterlich reinen Zügen.
»Nein, noch nicht!« lachte Marga harmlos. »In erster Linie fehlen uns beiden noch die Mittel, – in zweiter will Roman zuvor noch ein neues Werk vollenden, und drittens hat er sich in den Kopf gesetzt, mich zuvor noch zu einer Berühmtheit zu machen! Auf seinen Wunsch studiere ich noch bei unsern ersten Sangesgrößen, der Reklame wegen! Und wenn ich in der neuen Oper die Titelrolle, die wie geschaffen für mich ist, recht vortrefflich und herzstürmend verkörpert habe, hofft Roman auf eine glänzende Karriere und sehr günstiges Engagement für mich!«
»Gebe Gott, dass sich diese glücklichen Zukunftsträume verwirklichen!« nickte Benedikta nachdenklich; es wollte ihr nicht recht gelingen, daran zu glauben, als Marga ihr ein Medaillon mit dem Bilde Roman Ermönyis entgegenhielt. – Sie herzte und küsste es in ihrer überschwenglich begeisterten Weise und war mit allen Gedanken bei dem Erwählten ihres Herzens, dass sie ganz vergaß zu fragen, ob Benedikta das Bildchen ebenso bezaubernd fände, wie sie. – Vielleicht hielt sie es für selbstverständlich. Aber Benedikta fand es durchaus nicht.
Sie blickte sinnend auf den allerdings recht genialen Männerkopf hernieder, dessen Gesichtsausdruck ihr jedoch durchaus unsympathisch war. Etwas Kaltherziges, egoistisch Berechnendes, – ja sogar etwas Zynisches lag darin, – etwas, was auf Benedikta direkt abstoßend wirkte. – Sie entsann sich auch verschiedener Zeitungsnotizen über den jungen Komponisten, dessen grenzenloser Ehrgeiz, dessen krankhafte Sucht nach Ruhm und Erfolg leider die Veranlassung zu viel gesuchter und effekthaschender Musik sei, die schon jetzt das edle, großangelegte Talent auf falsche Bahnen dränge. Man tadelte wiederholt, dass Roman Ermönyi mit allen möglichen erlaubten und unerlaubten Mitteln arbeite, um einen Erfolg zu erzwingen.
Pannkeuken wandte den Kopf. »Mer missen e bisschen seitwärts an’ Graben fahren, Baroneß, – Herr Eckert kommt uns akkrad auf der schmalsten Stelle von’n ganzen Wege entgegen!«
»Herr Eckert!« – Marga barg das Bildchen hastig in der Hand, und Fräulein von Floringhoven atmete unwillkürlich auf, einer längeren Auslassung über die Fotografie enthoben zu sein.
»Was hat denn der langweilige Philister hier in unserm Zauberhain zu suchen?« grollte die Sängerin mit ungnädigem Blick nach dem massiven Apfelschimmel, der vor ihnen an der Wegbiegung erschien. »Schon genug, dass er mich jeden Mittag und Abend im Pachthaus anödet, – muss er mir auch hier noch die schöne Natur verunglimpfen!«
»Aber Marga, wie kann man so räsonieren, wenn man den ganzen Himmel voll Bassgeigen hängen sieht!« lächelte ihre Nachbarin gutmütig. »Schelten Sie mir nicht auf Eckert! Er ist ein braver, vortrefflicher Mann, der treuste, aufopferndste Vater, den man sich denken kann!«
»Das ist seine Pflicht und Schuldigkeit.«
»Eine Pflicht, die herzlich selten geübt wird. Pst … er kommt.«
Der Apfelschimmel ward neben dem Schlitten pariert.
Militärisch grüßend legte Inspektor Eckert die Hand an die Pelzmütze. »Wollen die Damen noch weit waldein fahren?« – fragte er mit tief tönender Stimme, den Blick wie gebannt auf Marga heftend: »Es kommt ein bedenklicher Schneesturm herauf, und die Kälte dürfte in ein bis zwei Stunden recht empfindlich sein!«
»So leich