Dieses Buch ist meiner Tochter Amber Davies gewidmet. Ohne ihr unbeirrbares Vertrauen in mich hätte ich es nicht schreiben können. Ihre Geduld, beständige Ermutigung, feinfühlige Kritik und unerschütterliche Begeisterung für Triggerpunkt-Therapie hat immer wieder meinen Glauben an mich selbst und an den Wert dieses Projekts erneuert. 

Amber war meine erste Schülerin. Da sie selbst jahrelang unter sehr belastenden, chronischen Schmerzen gelitten hat, war sie stark motiviert, jede neue Idee zur Selbstbehandlung auszuprobieren und zu validieren. Mein größter Lohn war es, miterleben zu dürfen, wie sie durch unsere gemeinsamen Anstrengungen relativ schmerzfrei und unabhängig wurde. Aus Amber ist eine qualifizierte Massagetherapeutin geworden, die es sich zum Ziel gesetzt hat, anderen Menschen den Nutzen einer Triggerpunkt-Therapie nahezubringen. 

Clair Davies (aus der zweiten Auflage dieses Buchs) 

 

 

Meinem Vater gewidmet. 

Amber Davies

Abkürzungsverzeichnis

In diesem Buch werden die folgenden, allgemein üblichen Abkürzungen für lateinische oder griechische, in der Anatomie gebräuchliche Begriffe verwendet:

Abkürzung

Erklärung

A.

„arteria“ (gr.): Arterie (Schlagader)

Art.

„articulatio“ (lat.): Gelenk

M.

„musculus“ (lat.): Muskel

Mm.

„musculi“ (lat.): Muskeln, Muskulatur

N.

„nervus“ (lat.): Nerv

Lig.

„ligamentum“ (lat.): Band

Proc.

„processus“ (lat.): Vorsprung, Fortsatz

Am Ende dieses Buchs finden Sie außerdem ein Verzeichnis der im Text besprochenen Muskeln mit ihren lateinischen Bezeichnungen.

Vorwort zur zweiten Auflage

von David G. Simons

In der Person von Clair Davies vereinen sich einige glückliche Eigenschaften: Er ist ein hervorragender ­Therapeut, er kann gut schreiben und er arbeitet mit bemerkenswerter Entschlossenheit darauf hin, die Menschheit von unnötigen Schmerzen zu befreien. Die Botschaft dieses Buchs ist ein Ruf in der Einöde der Vernachlässigung. Die Muskulatur ist ein „verwaistes“ Organ, da kein medizinischer Fachbereich sich für sie zuständig fühlt. Daher wird in keiner der etablierten medizinischen Disziplinen Wert darauf gelegt, Geldmittel für die Erforschung der muskulären Ursachen von Schmerz bereitzustellen, und Medizinstudenten* und angehende Physiotherapeuten werden nur selten adäquat dazu ausgebildet, myofasziale Triggerpunkte zu erkennen und zu behandeln. Wenn auch ihre medizinische Ausbildung in der Regel zu wünschen übrig lässt, werden Massagetherapeuten doch immerhin darin ausgebildet, wie man Triggerpunkte findet, und viele von ihnen lernen aus Erfahrung, wie man sie wirkungsvoll behandelt.

Da es keinen anerkannten Bestand an Forschungsergebnissen zu dieser Thematik gibt, existieren auch keine allgemein anerkannten Erkenntnisse über die Ursachen solcher Beschwerden. Dennoch liegt eine plausible, auf solider wissenschaftlicher Forschung basierende Hypothese vor, die als Modell für weitere Studien zur Erforschung von myofaszialen Triggerpunkten dienen kann. Auf diesem vernachlässigten Gebiet muss noch viel Forschungsarbeit geleistet werden.

Es zeichnet sich immer deutlicher ab, dass fast alle Fibromyalgie-Patienten myofasziale Triggerpunkte haben, die ein wichtiger ursächlicher Faktor aller ihrer Schmerzbeschwerden sind. Manche Patienten werden mit Fibromyalgie diagnostiziert, obwohl sie tatsächlich nur unter wesentlich leichter therapierbaren multiplen Triggerpunkten leiden. Das Deaktivieren der Triggerpunkte von Fibromyalgie-Patienten erfordert eine besonders sensible und qualifizierte Behandlung.

Die meisten erfahrenen Kliniker haben erkannt, dass myofasziale Triggerpunkte die häufigste Ursache dieser weitverbreiteten und rätselhaften muskuloskeletalen Schmerzbeschwerden sind, aber dennoch kann es frustrierend schwierig sein, einen wirklich kompetenten Therapeuten zu finden. Die in diesem Buch präsentierten Informationen können Praktikern helfen, die Ursachen ihrer eigenen muskoskeletalen Schmerzen zu erkennen, und sie können auch Patienten nützen, denen es nicht gelingt, einen Therapeuten zu finden, der auf diesem Gebiet hinreichend qualifiziert ist.

Es führt kein Weg daran vorbei zu lernen, wie man die eigenen muskoskeletalen Schmerzen unter Kontrolle bringt. Durch Selbstbehandlung myofaszialer Triggerpunkte packt man das Übel an der Wurzel, da man die Ursachen solcher häufig vorkommenden Schmerzen behandelt – anstatt nur deren Symptome vorübergehend zu lindern.


*   Um den Lesefluss nicht zu stören, wird in diesem Buch der Einfachheit halber bei der Bezeichnung von Personen oder Personengruppen stets die männliche Form verwendet. Selbstverständlich ist dabei die weibliche Form („Therapeutin“, „Patientinnen“ usw.) gleichrangig mit einbezogen.

Danksagung

Ich bin meinem verstorbenen Vater Clair Davies zutiefst dankbar. Seine ursprüngliche Vision zieht sich nach wie vor wie ein roter Faden durch dieses Buch. Er brachte seine ganze Persönlichkeit in die ersten beiden Auflagen ein, und ich fühle mich geehrt, mit dieser dritten Auflage auf seiner Arbeit aufbauen zu dürfen. Ferner bin ich auch den vielen Menschen dankbar, die ihn auf diesem Weg unterstützten.

Außerdem bin ich meinem Mann James und meinen Töchtern Sophia und Nora dankbar, für ihre Liebe und Unterstützung und weil sie mir die Freiheit ließen, an diesem Buch zu arbeiten. Mein Dank geht auch an Maria und Wayne, meine Schwester und meinen Schwager, für ihre leuchtenden Augen; an meinen Bruder Clay, weil er mich immer wieder angespornt hat; an meine Großmutter Ruth Smith, die immer ein offenes Ohr und einen guten Rat für mich hatte; und an meine Schwiegermutter Jeanne Melchior, für ihre Begeisterung und ihre Hilfe bei der Kinderbetreuung. Auch meiner verstorbenen Mutter Jan Lipuma bin ich dankbar, für ihre Liebe, ihr Verständnis und ihre sanfte Führung.

Mein Dank geht auch an dich, Nancy Fuller, weil du Modell gestanden hast für die neuen Zeichnungen; an Keen Martin, weil er die fleißige Biene, der Filter und mein Freund war; an meine guten Freundinnen Rebecca Elliott, Jenny Claire Hoffman, Myra Evans, Faye Houser und viele andere, die mir halfen, nicht den Verstand zu verlieren; und an unzählige Klienten, die mich ermutigten und von denen ich viel gelernt habe. Ich danke auch meinen zahlreichen Workshop-Teilnehmern, weil sie mir geholfen haben, mich als Therapeutin und Lehrerin weiterzuentwickeln.

Mein spezieller Dank geht an Judith DeLany, Jan Dommerholt, Stew Wild, Sharon Sauer, Debbie Brodzick, Bjorn und Melady Svae, Rebecca Cohen, Katherine Marmor sowie Martha Graziano, weil sie mir ihr professionelles Fachwissen zur Verfügung stellten und mir geholfen haben, die Rechte an diesem Buch zu sichern. Ich danke Bear Decatur und Julie Harper, weil sie immer für mich da waren, um mir mit ihren Erkenntnissen und ihrem Wissen weiterzuhelfen. Meine Lektorin Jean Blomquist hat hervorragende Arbeit geleistet, um meine Fehler behutsam zu korrigieren und rätselhafte Formulierungen aufzulösen, vielen Dank. Mein aufrichtiger Dank geht an Jess O’Brien, Programmleiter bei New Harbinger Publications, für seine Ermutigung, Besonnenheit und seinen Rat. Vielen Dank an das ganze Team bei New Harbinger, das so hart an diesem Projekt arbeitete und endlose Geduld mit mir hatte.

1. Warum Triggerpunkt-Therapie?

Jennifer, 28 Jahre alt, joggte gern jeden Morgen draußen an der frischen Luft, um fit zu bleiben, aber inzwischen hat sie das Laufen eingestellt und zögert, selbst kurze Strecken zu Fuß zu gehen, weil sie ständig Schmerzen in ihren Knien und Fersen hat.

Larry, 52, kann kaum noch an etwas anderes als seine ständigen Rückenschmerzen denken. Es fällt ihm schwer, aus dem Bett aufzustehen oder sich hinzulegen. Sein Rücken schmerzt immer – ganz gleich, ob er sitzt, steht oder liegt. Wegen seiner Schmerzen hasst er seinen Job, und sein Liebesleben ist völlig zum Erliegen gekommen.

Melanie, 36, verbringt ihre Tage am Computer, und nachts macht sie sich Sorgen um ihre Zukunft, wegen der unaufhörlichen Schmerzen und Taubheitsgefühle in ihren Armen und Händen. Aber als alleinerziehende Mutter muss sie weiter arbeiten und Geld verdienen – ganz gleich, was kommt.

Jack, 45, leidet unter starken Schmerzen in der Schulter, von denen er nachts aufwacht. Er kann den Arm nicht mehr heben, um sich zu kämmen. Er kann nicht mehr mit dem Arm über die Schulter reichen, um sich den Rücken zu kratzen. Jede plötzliche Bewegung verursacht einen stechenden Schmerz, der sich anfühlt wie ein Stromschlag, sodass er sich zusammenkrümmt, das Gesicht verzieht und kaum noch Luft bekommt. Ist dies der Anfang des unvermeidlichen Verfalls, der ihn alt und gebrechlich werden lässt?

Howard, 23, ist ein begabter Musiker, der Violine studiert. Nach jahrelanger Arbeit mit einigen der besten Lehrer im Lande fürchtet er jetzt um seine Karriere als professioneller Geigenvirtuose, weil er ständig unter Schmerzen und einer unerklärlichen, immer schlimmer werdenden Steifheit in den Fingern leidet.

Kennen Sie jemanden wie Jennifer, Larry, Melanie, Jack oder Howard? Es gibt sie überall – in jedem Beruf, in jedem Büro, in jeder Stadt. Was all diese Menschen – abgesehen von ihren chronischen Schmerzen – gemeinsam haben, ist, dass sie nicht die Hilfe bekommen, die sie brauchen. Und zwar keineswegs, weil sie nicht danach gesucht hätten – ganz im Gegenteil, sie haben nichts unversucht gelassen. Sie haben Ärzte konsultiert, Tests gemacht, Physiotherapien absolviert und Versicherungsformulare ausgefüllt oder – zähneknirschend – die horrenden Behandlungskosten aus eigener Tasche bezahlt.

Sie haben es mit Chiropraktik versucht, mit Akupunktur, Magnettherapie, Schmerzdiäten und Heilkräutern. Sie nehmen ihre Schmerzmittel ein und machen pflichtbewusst ihre Stretching-Übungen. Manchmal geht es ihnen für eine Weile besser, aber der Schmerz kommt immer wieder zurück. Nichts scheint das Übel an der Wurzel packen zu können. Sie befürchten, dass eine Operation der einzige noch verbleibende Ausweg sein könnte, obwohl man ihnen gesagt hat, dass der Erfolg eines solchen Eingriffs nicht garantiert werden kann. Allmählich kommen ihnen Zweifel, ob es überhaupt jemanden gibt, der sich mit Schmerzen auskennt.

Falls diese Schilderung Ihre eigene Situation – oder diejenige eines nahestehenden Menschen – beschreibt, kann Ihnen dieses Buch möglicherweise die Hilfe geben, die Sie gesucht haben. Ich versuche darin, Ihnen eine plausible Erklärung für Ihre Probleme zu liefern und Ihnen zu helfen, die wirklichen Ursachen Ihrer Schmerzen zu finden. Noch besser: Ich werde Ihnen eine praktische Methode zeigen, mit der Sie sich selbst von Ihren Schmerzen befreien können. Und zwar ohne Pillen, ohne Arzttermine und ohne Rechnungen.

Der klinische Alltag vieler tausender Massagetherapeuten, Physiotherapeuten und Ärzte deutet nachdrücklich darauf hin, dass die meisten häufig auftretenden Schmerzen – und viele andere rätselhafte körperliche Beschwerden – in Wirklichkeit durch Triggerpunkte verursacht werden, kleine Kontraktionsknötchen in der Muskulatur. Ärzte in Schmerzkliniken, die aufgrund ihrer langen Erfahrung geübt darin sind, Triggerpunkte zu erkennen und zu behandeln, haben festgestellt, dass sie in etwa 75 Prozent der Fälle die Hauptursache solcher Schmerzen sind und bei praktisch allen Schmerzbeschwerden zumindest eine Rolle spielen. Selbst Fibromyalgie, unter der viele Millionen Menschen leiden, beginnt vermutlich in vielen Fällen mit einem myofaszialen Schmerzsyndrom und mit Triggerpunkten. Myo bedeutet Muskel; Faszie ist das Bindegewebe, das den Muskel umhüllt und auch im Muskelgewebe vorhanden ist. Myofaszialer Schmerz („Muskelhüllenschmerz“) entsteht durch Triggerpunkte in den Muskeln. Die meisten Menschen, die mit Fibromyalgie diagnostiziert wurden, haben auch ein myofasziales Schmerzsyndrom und Triggerpunkte, und in manchen Fällen wurden ihre Beschwerden falsch diagnostiziert: Nicht selten werden myofasziale Schmerzen irrtümlich für Fibromyalgie gehalten (Simons, Travell und Simons, 2014; Gerwin, 1995; Fishbain et al., 1986).

Wir wissen, dass auch Kopf-, Nacken- und Kieferschmerzen durch Triggerpunkte verursacht werden können, ebenso wie Schmerzen im unteren Rücken, die Symptome eines Karpaltunnelsyndroms und verschiedene Arten von Gelenkschmerz, die häufig einer Arthritis (Gelenkentzündung), Tendinitis (Sehnenentzündung), Tendinosis („Sehnenerkrankung“), Bursitis (Schleimbeutelentzündung) oder einem Bänderriss zugeschrieben werden. Triggerpunkte können so unterschiedliche Beschwerden wie Ohrenschmerzen, Schwindelgefühle, Übelkeit, Sodbrennen, falschen Herzinfarkt, Herzrhythmusstörungen, „Tennisarm“ und Genital­schmer­zen auslösen. Triggerpunkte können auch Koliken bei Säuglingen und Bettnässen bei älteren Kindern verursachen, und sie können eine der Ursachen einer Skoliose (seitlichen Rückgratverkrümmung) sein. Sie können zu Nasennebenhöhlenschmerzen und Kongestion (Blutstauung) führen, und sie können bei chronischer Müdigkeit und verminderter Resistenz gegen Infektionen eine Rolle spielen. Und da Triggerpunkte für chronische Schmerzen und Behinderungen verantwortlich sein können, die allem Anschein nach unheilbar sind, können sie auch zur Entstehung von Depressionen beitragen.

Die durch Triggerpunkte verursachten Probleme sind manchmal erstaunlich leicht aus der Welt zu schaffen; tatsächlich können die meisten Betroffenen das sogar selbst schaffen, wenn sie die richtigen Informationen haben. Und das ist gut so, da es an der Zeit ist, dass normale Menschen die Dinge selbst in die Hand nehmen. Warum ich das sage? Weil ein erschreckend hoher Anteil von Ärzten und Therapeuten nach wie vor kaum etwas über Triggerpunkte weiß, obwohl sie seit mittlerweile über 70 Jahren immer wieder in medizinischen Fachzeitschriften beschrieben wurden. Warum hat die Schulmedizin die Idee von Triggerpunkten nicht angenommen? Unter anderem, weil sie auf einer Magnetresonanztomografie (MRT), einem Röntgenbild oder einer Computertomografie (CT) nicht zu sehen sind. Auch bei der Obduktion eines Leichnams sind sie nicht zu finden. Aber darüber hinaus gibt es noch einen viel einfacheren Grund: Es gibt keine „Myologen“ („Muskelärzte“), die von großen Lehr- und Forschungsinstituten unterstützt würden und Studien über die muskulären Ursachen von Schmerzbeschwerden durchführen könnten. Man kann sich nicht zum Muskelarzt ausbilden lassen. Das größte Organ im menschlichen Körper ist verwaist. Es ist so, wie der Arzt und Forscher David G. Simons im Vorwort zu diesem Buch schreibt: „Die Muskulatur ist ein verwaistes Organ, da kein medizinischer Fachbereich sich für sie zuständig fühlt. Daher wird in keiner medizinischen Disziplin Wert darauf gelegt, Geldmittel für die Erforschung muskulärer Ursachen von Schmerz bereitzustellen, und Medizinstudenten und angehende Physiotherapeuten werden nur selten adäquat dazu ausgebildet, myofasziale Triggerpunkte zu erkennen und zu behandeln.“

„Die Muskulatur ist ein verwaistes Organ, da kein medizinischer Fachbereich sich für sie zuständig fühlt. Daher wird in keiner medizinischen Disziplin Wert darauf gelegt, Geldmittel für die Erforschung muskulärer Ursachen von Schmerz bereitzustellen, und Medizinstudenten und angehende Physiotherapeuten werden nur selten adäquat dazu ausgebildet, myofasziale Triggerpunkte zu erkennen und zu behandeln.“

Es gibt vieles, was man noch über Muskeln, Faszien, Nerven, Triggerpunkte und übertragene Schmerzen herausfinden kann. Aber es gibt auch vieles, was wir bereits wissen: Triggerpunkte sind real. Man kann sie mit den Fingern ertasten. Sie senden charakteristische elektrische Signale aus, die mit entsprechend empfindlichen elektronischen Messgeräten nachgewiesen werden können. Triggerpunkte im lebenden Muskelgewebe sind mithilfe eines Elektronenmikroskops fotografiert worden (Simons, Travell und Simons, 2014). Triggerpunkte sind auch in 2D-Graustufen-Ultraschallbildern, Sonoelastografien und Doppler-Sonografie zu erkennen (Sikdar et al., 2009). Die biochemische Umgebung von aktiven und latenten Triggerpunkten ist mit neuartigen Mikrodialysenadeln beprobt worden. Die biochemischen Spiegel (Konzentrationen), die bei Schmerz, bestimmten Empfindungen, intrazellulärer Kommunikation und Entzündungen auftreten, sind gemessen worden, um die charakteristischen Eigenschaften von Triggerpunkten im Vergleich zu normalem Gewebe zu bestimmen (Shah und Gilliams, 2008).

Ein großer Teil dessen, was wir über Triggerpunkte wissen, ist in dem zweibändigen medizinischen Standardwerk Handbuch der Muskel-Triggerpunkte von Janet G. Travell und David G. Simons sehr gut dokumentiert. Der größte Teil der in diesem grundlegenden Werk enthaltenen Informationen ist in komplizierten wissenschaftlichen Begriffen formuliert, aber das Grundwissen über Triggerpunkte ist nicht schwer zu verstehen, wenn man es in Alltagssprache fasst.

Travell und Simons beschreiben einen Triggerpunkt ganz einfach als einen kleinen Kontraktionsknoten im Muskelgewebe. Häufig fühlt er sich dichter oder fester an als das ihn umgebende Muskelgewebe. In vielen Fällen kann man nur einen angespannten, einer Gitarrensaite ähnlichen Faserstrang innerhalb der Muskelfasern fühlen, in denen sich der Triggerpunkt befindet. Durch die ständige Anspannung in den Muskelfasern des Triggerpunktes selbst wird die Durchblutung in seiner unmittelbaren Umgebung behindert. Dadurch sammeln sich Stoffwechselnebenprodukte an und es kommt zur Unterversorgung mit Sauerstoff und Nährstoffen, die für den Stoffwechsel benötigt werden. Das führt wiederum dazu, dass Triggerpunkte monate- oder gar jahrelang chronifiziert werden, falls nicht interveniert wird. Es ist dieser sich selbst erhaltende Teufelskreis, der durchbrochen werden muss (Simons, Travell und Simons, 2014; McParland and Simons, 2011).

Die Schwierigkeit beim Behandeln solcher Beschwerden liegt darin, dass Triggerpunkte typischerweise Schmerzen an eine andere Stelle des Körpers übertragen. Bei einer Schmerzbehandlung geht man normalerweise davon aus, dass die Ursache der Schmerzen sich dort befindet, wo die Schmerzen auftreten. Dagegen übertragen Triggerpunkte ihre Schmerzen fast immer an andere Stellen. Diese Übertragungsschmerzen sind es, die von jeher alle Beteiligten in die Irre geführt haben. Nach Travell und Simons versagen konventionelle Schmerztherapien deswegen so oft, weil sie sich auf die Schmerzen selbst konzentrieren – behandelt wird immer nur die Stelle, wo der Schmerz auftritt. Dabei wird die eigentliche Schmerzursache, die in einer gewissen Entfernung von dieser Stelle liegen kann, übersehen und nicht behandelt.

Noch schlimmer als das routinemäßige Behandeln der schmerzenden Stelle ist die Behandlung des ganzen Körpers mit einem Schmerzmittel, obwohl solche Beschwerden normalerweise ein lokales Problem sind. Schmerzmittel – die heutzutage immer häufiger verschrieben werden, obwohl sie auch immer teurer werden – spiegeln uns vor, dass etwas Positives erreicht wird, obwohl sie das eigentliche Problem lediglich kaschieren. Die meisten häufig vorkommenden Schmerzbeschwerden, etwa Kopf-, Muskel- oder Gelenkschmerzen, sind eine Warnung – eine Schutzreaktion des Körpers auf die Überbeanspruchung oder Verletzung eines Muskels. Schmerzen sagen Ihnen, dass etwas nicht stimmt und dass Sie sich darum kümmern sollten. Es ist keine gute Medizin, den Boten zu töten und seine Botschaft zu ignorieren. Wenn Schmerz in seiner wahren Rolle als Bote gesehen wird und nicht als das eigentliche Problem, kann die Behandlung auf die Ursache des Schmerzes gerichtet werden.

Wenn Schmerz in seiner wahren Rolle als Bote gesehen wird und nicht als das eigentliche Problem, kann die Behandlung auf die Ursache des Schmerzes gerichtet werden.

Die Fehldiagnose von Schmerz ist das wichtigste Problem, das von Travell und Simons aufgegriffen wird. Von Triggerpunkten übertragene Schmerzen können wie Symptome einer sehr langen Liste von häufig auftretenden Beschwerden aussehen, aber ein Arzt lernt in seiner Ausbildung nur selten etwas über Pathologie und Fehlfunktion von Muskeln. Travell und Simons waren davon überzeugt, dass die meisten im Alltag auftretenden Schmerzen durch myofasziale Triggerpunkte verursacht werden und dass die Unkenntnis dieses grundlegenden Konzepts unweigerlich zu Fehldiagnosen und letztlich zum Scheitern der Schmerztherapie führen würde (Simons, Travell und Simons, 2014).

Zum Glück wissen wir heute, dass Übertragungsschmerzen in bekannten und voraussagbaren Mustern auftreten. Der wertvolle medizinische Fortschritt, den Travell und Simons zusammen mit ihrer hervorragenden Illustratorin Barbara Cummings erarbeiteten, besteht darin, dass sie genau diese Ausstrahlungsmuster oder Schmerzmuster beschrieben und zeichnerisch dargestellt haben. Wenn man erst einmal weiß, wo man sie suchen muss, können Triggerpunkte leicht durch Palpieren (Ertasten) gefunden und dann durch eine von verschiedenen Methoden deaktiviert werden.

Leider sind die zwei für den klinischen Gebrauch entwickelten Methoden – Sprühen sowie Strecken und Injektionen –, die im Handbuch der Muskel-Triggerpunkte beschrieben werden, für die Selbstbehandlung nicht geeignet. Dieses Buch hat das Ziel, auf der Arbeit von Travell und Simons aufzubauen und einen praktikableren und kostengünstigeren Ansatz zur Schmerztherapie vorzustellen: eine klassische Do-it-yourself-Methode, die ohne häufige Behandlungstermine in einer Praxis auskommt. Dieser neue Ansatz ist ein System, bei dem die Triggerpunkte direkt durch Selbstmassage behandelt werden. Häufig stellt sich schon nach wenigen Minuten eine Linderung der Symptome ein. Die meisten Schmerzprobleme können innerhalb von drei bis zehn Tagen gelöst werden. Selbst chronische Probleme, die schon seit Langem existieren, können in vielen Fällen rasch behoben werden, manchmal schon innerhalb von sechs Wochen. Bei Patienten, die unter Fibromyalgie oder einem über weite Bereiche ausgedehnten myofaszialen Schmerzsyndrom leiden, kann der Behandlungserfolg etwas länger auf sich warten lassen, aber selbst sie können stetige Fortschritte machen und dürfen sich der realistischen Hoffnung hingeben, dass ihr Zustand erheblich gebessert werden kann.

Triggerpunkt-Massage funktioniert, weil sie drei Dinge bewirkt: Sie durchbricht die chemische und neurologische Feedbackschleife, die die Muskelkontraktion aufrechterhält; sie verbessert die Durchblutung, die durch das kontrahierte Gewebe behindert wurde; und sie streckt die verknoteten Muskelfasern im Triggerpunkt selbst. Die Abbildungen in diesem Buch zeigen Ihnen, wo Sie die Triggerpunkte finden können, die Ihre spezifischen Probleme verursachen, und die Massagetechniken, mit denen Sie sie deaktivieren können. Beim Entwickeln dieser Techniken wurde vor allem darauf geachtet, dass sie Ihren Händen nicht schaden, die vielleicht ohnehin schon unter Überbeanspruchung leiden.

Selbstmassage bringt außerdem noch mehrere andere Vorteile. Wenn Sie Ihre Schmerzen selbst behandeln, bestimmen Sie, wann, wo und wie intensiv Sie behandelt werden. Wenn Sie nachts durch Schmerzen wach werden, können Sie sich sofort darum kümmern, das Problem selbst zu lösen. Wenn Sie sich selbst massieren, bestimmen Sie, wie stark Sie drücken, was besonders wichtig ist, wenn Sie nur leichten Druck ertragen können. Aber das Beste an der Selbstbehandlung ist, dass Sie jeden Tag von mehreren Behandlungen profitieren können, ganz gleich, wo Sie gerade sind – ohne Termine, teure Geräte oder die Notwendigkeit, sich von der Arbeit freizunehmen.

Durch Selbstbehandlung können Sie jeden Tag von mehreren Behandlungen profitieren, ganz gleich, wo Sie gerade sind – ohne Termine, teure Geräte oder die Notwendigkeit, sich von der Arbeit freizunehmen.

Dieses Buch wurde in erster Linie als Selbsthilfehandbuch konzipiert, kann aber auch als Lehrbuch in Kursen genutzt werden. Der hier beschriebene vereinfachte und direkte Ansatz zur Behandlung durch Selbstmassage kann in jedem professionellen Ausbildungsgang als Grundlage eines Einführungskurses in die Triggerpunkt-Therapie dienen. Die Teilnehmer von Ausbildungskursen für Chiropraktiker, Physiotherapeuten und Massagetherapeuten werden besonders davon profitieren. Kapitel 11, „Klinische Triggerpunktmassage“, soll dem professionellen Manualtherapeuten helfen, die technischen Inhalte dieses Buchs für die Behandlung anderer Personen anzupassen. Davon abgesehen wird es jedem Therapeuten helfen, wenn er lernt, die eigenen Übertragungsschmerzen richtig zu deuten und seine eigenen Triggerpunkte zu finden und zu behandeln, weil er dann genau weiß, was zu tun ist, wenn ihm ähnliche Probleme bei Klienten oder Patienten begegnen.

Aus genau diesen Gründen wäre ein Kurs in Triggerpunkt-Selbstmassage eine echte Bereicherung des Lehrplans an medizinischen Hochschulen. Wenn ein angehender Arzt die Möglichkeit bekommt zu lernen, wie er seine eigenen Schmerzen durch Selbstmassage behandeln kann, wird er auch die Realitäten von Schmerz und das große Potenzial der Behandlung von Triggerpunkten viel besser erkennen können. Durch ein solches zusätzliches Angebot im Rahmen der medizinischen Ausbildung würde man die Schmerztherapie grundlegend verbessern und ihre Kosten deutlich senken.

Und auch für einen Arzt, der bereits praktiziert, ist es nie zu spät, sich über Triggerpunkte und myofasziale Schmerzen fortzubilden und dieses Wissen zu nutzen, um anderen Menschen zu helfen. Er wird in diesem Buch eine zielgerichtete und praxisorientierte Einführung in die großartige Arbeit von Travell und Simons und in diesen vernachlässigten Zweig der Medizin finden. Hoffentlich wird er sich ermutigt fühlen, zu Travell und Simons’ zweibändigem Werk Handbuch der Muskel-Triggerpunkte (2014) zu greifen, sowie zu etlichen anderen Büchern: Myofascial Trigger Points: Pathophysiology and Evidence-Informed Diagnosis and Management, herausgegeben von Jan Dommerholt und Peter Huijbrecht, sowie Muscle Pain: Understanding the Mechanism und Muscle Pain: Diagnosis and Treatment, beide herausgegeben von Siegfried Mense und Robert D. Gerwin. Mehrere Fachzeitschriften, so zum Beispiel das Journal of Bodywork and Movement Therapies, das Journal of Manual and Manipulative Therapy, Journal of Musculoskeletal Pain, Pain und die Archives of Physical Medicine and Rehabilitation, veröffentlichen regelmäßig Studien über myofasziale Schmerzen. Im Abschnitt „Ressourcen“ am Ende dieses Buchs finden Sie eine Liste mit Anbietern von Fortbildungskursen für Ärzte und Therapeuten. Zahllose Menschen brauchen Hilfe und Ermutigung, um sich darüber zu informieren, wie sie mit ihren von Triggerpunkten verursachten Schmerzen fertigwerden können. Niemand kann solche Hilfe besser leisten als Ärzte und Therapeuten.

Es ist keineswegs so, dass sich die Mitglieder der medizinischen Berufe der Unzulänglichkeiten der gängigen Verfahren zur Schmerztherapie nicht bewusst wären – auch Ärzte können Schmerzen haben. Viele von ihnen machen sich, wie jeder Normalbürger auch, Sorgen über das endlose Pillenschlucken, und viele von ihnen sind frustriert, weil sie ihren Patienten keine besseren Lösungen anbieten können. Triggerpunkt-Therapie, ob sie nun vom Betroffenen selbst oder vom Arzt oder Therapeuten durchgeführt wird, hat das Potenzial, die Schmerzbehandlung in allen Teilen der Welt von Grund auf zu revolutionieren.

Ein neuer Tag

Ein Arzt hätte dieses Buch schreiben sollen. Es hätte von einem ausgewiesenen, anerkannten Experten im weißen Kittel mit jahre- oder gar jahrzehntelanger Erfahrung und Dutzenden in medizinischen Fachzeitschriften veröffentlichten Artikel geschrieben werden sollen. Stattdessen brauchte es einen Nicht-Mediziner – meinen Vater, Clair Davies –, der vom gängigen Umgang der Schulmedizin mit Schmerzbeschwerden frustriert und enttäuscht war.

In den ersten beiden Auflagen dieses Buchs hat mein Vater die Geschichte erzählt, wie sein Interesse für Triggerpunkte entstanden war und wie er dadurch erst zum Massagetherapeuten und später zum Buchautor wurde. Kurz gesagt, war er durch seine Schmerzen dazu motiviert worden. Mitte der 1990er-Jahre hatte er unter einer steifen Schulter gelitten, die ihn acht Monate lang quälte und behinderte. Seine Beschwerden hatten mit leichten Schmerzen in der Schulter begonnen, nachdem er Schnee geschaufelt hatte. Am Ende war er nicht mehr in der Lage, den Arm höher als auf Schulterniveau zu heben oder um seinen Körper herumzureichen, um im Auto den Sicherheitsgurt anzulegen; er konnte kein Marmeladenglas mehr öffnen oder den Arm ausstrecken, um eine zuschlagende Tür festzuhalten. Ein Arzt diagnostizierte eine Bursitis (Schleimbeutelentzündung) und empfahl, den Arm sechs Monate lang in einer Schlinge zu tragen. Da er als selbstständiger Klavierstimmer arbeitete, kam das nicht infrage. Ein zweiter Arzt diagnostizierte eine Frozen Shoulder (adhäsive Entzündung der Schultergelenkkapsel, fibröse Schultersteife, Periarthritis humeroscapularis). Als Therapie empfahl er, meinen Vater unter Narkose zu setzen und dann mit Gewalt die Schulter zu manipulieren, um vermeintliche Verklebungen in der Gelenkkapsel zu lösen. Mein Vater fand beide Ideen ziemlich verrückt und entschied sich für Physiotherapie. Nach einigen Behandlungen, die seinen Zustand nur noch verschlimmert hatten, bekam er mit, dass die Physiotherapeutin ebenfalls unter einer Frozen Shoulder litt. Ihre Behandlung konnte ihr selbst nicht helfen, und sie konnte ihm nicht helfen. Dennoch erwartete sie, bezahlt zu werden. Es liegt auf der Hand, dass mein Vater dadurch ein bisschen irritiert war. Etwas später versuchte er es mit einer Massagetherapie und beobachtete, dass der Therapeut bei seinen Versuchen, die Schulterschmerzen zu beheben, in einem medizinischen Lehrbuch über Triggerpunkte blätterte. Mein Vater erkannte die Chance, die Kontrolle über seine Behandlung zu übernehmen, und packte sie beim Schopfe: Er kaufte die Bücher von Travell und Simons und machte sich an die Arbeit.

Seine Geschichte ist insofern außergewöhnlich, weil es ihm gelang, seine eigene Frozen Shoulder mit einem einfachen Tennisball, einem TheraCane (ein Rückenmassageinstrument) und Travell und Simons’ zweibändigem Handbuch der Muskel-Triggerpunkte selbst zu heilen. Dafür brauchte er vier Wochen fleißigen Studiums und das Behandeln sämtlicher Triggerpunkte, die in den 23 betroffenen Muskeln gelöst werden mussten. Als die Triggerpunkte verschwunden waren, stellte er sein gesamtes Bewegungsausmaß wieder her, indem er mithilfe der bereits erwähnten Physiotherapeutin zwei Wochen lang Stretching-Übungen machte. Er war erstaunt – er hatte seine Schulterschmerzen selbst geheilt!

Dann kümmerte er sich um mich. Im Alter von 18 Jahren hatte ich mich beim Heben einer Bühnenkulisse bei einem Szenenwechsel im örtlichen Theater verletzt und seither unter chronischen Schmerzen im unteren Rückenbereich gelitten. Sechs Jahre lang hatte ich mit Schmerzen leben müssen. Ich konnte nicht länger als eine Stunde sitzen, bevor ich meine Knöchel in den unteren Rücken drücken musste, um den Schmerz vorübergehend zu lindern. Ich konnte nicht mehr als zehn Kilo heben, ohne das mit drei Tagen Schmerz bezahlen zu müssen. Ich konnte meinem Rücken nicht mehr zutrauen, die ganz normalen Dinge zu leisten, die für einen jungen Menschen eigentlich selbstverständlich sind. Durch Massagetherapie und, etwas spezifischer, regelmäßige Selbstbehandlungen habe ich das alles geändert. Eines Tages habe ich mich aufgerichtet, nachdem ich vier Stunden lang im Sitzen an einem Schmuckstück gearbeitet hatte, und festgestellt, dass ich keine Schmerzen mehr hatte. In einer Situation, in der ich mich früher vor Schmerzen gekrümmt hätte, hatte ich keine Probleme mehr – mein alter Quälgeist, der Schmerz, war verschwunden. Mein Körper war wiederhergestellt. Nach einigen Monaten tauchten die alten Schmerzen wieder auf, woraufhin ich einen klassischen Fehler bei der Selbstbehandlung beging: Ich machte mich mit Gewalt über die Triggerpunkte her. Zum Glück überstand mein Körper die aggressive Selbstbehandlung mit nichts Schlimmerem als ein paar blauen Flecken. Im Laufe der Jahre habe ich immer wieder andere Schmerzprobleme erlebt, und beinahe alle diese Beschwerden konnte ich durch Triggerpunkt-Selbstmassage heilen.

Mein Vater und ich absolvierten eine Massageausbildung und wurden Massagetherapeuten, die sich im Selbststudium auf myofasziale Triggerpunkte spezialisierten. Nachdem die erste Auflage des Arbeitsbuchs Triggerpunkt-Therapie im Jahr 2001 erschienen war, reisten wir durch die Vereinigten Staaten und veranstalteten Wochenend-Fortbildungsseminare für Massagetherapeuten und andere Mediziner und Therapeuten, die sich dafür interessierten. In diesen zweieinhalb Jahren erreichten wir mehrere hundert Therapeuten. Mein Vater war in vielerlei Hinsicht ein Einzelgänger, und es war eine Herausforderung für ihn, mit anderen Menschen zu arbeiten. Als ich so weit war, mit meinem Mentor gleichzuziehen, war die Zeit für uns gekommen, die Unternehmung „Davies & Tochter“ aufzulösen und uns auf unsere früheren Rollen als Vater und Tochter zu besinnen. Ich veranstalte nach wie vor Seminare und biete Workshops für professionelle Therapeuten und Normalbürger, die unter Schmerzen leiden, an. Auf meiner Website http://www.TriggerPointBook.com können Sie ausführliche Informationen dazu finden.

Inzwischen bieten viele Manualtherapeuten Triggerpunkt-Behandlungen an. Es ist nicht mehr so schwierig wie noch vor einigen Jahren, einen qualifizierten Therapeuten zu finden, der Ihnen auf der Suche nach Linderung Ihrer Schmerzen helfen kann. Aber Sie müssen nicht warten, sondern Sie können sofort mit Selbstmassage beginnen. Fangen Sie mit den Übersichten „Schmerz-Wegweiser“ und „Wegweiser für andere Symptome“ an, die jeweils am Anfang der Kapitel 4 bis 10 zu finden sind. Sie werden Ihnen zeigen, wo Sie mit Ihrer Suche nach den Triggerpunkten, die Ihre Schmerzen verursachen, beginnen sollten. An der Entstehung Ihrer Schmerzen können viele Muskeln und Triggerpunkte beteiligt sein. Lesen Sie Kapitel 3, „Behandlungsrichtlinien“, um sich zu informieren, wie Sie die Massagetechniken am wirkungsvollsten durchführen. Ich empfehle Ihnen, die Informationen über jeden Muskel, der bei Ihren Schmerzen eine Rolle spielen könnte, sorgfältig durchzulesen. Scheuen Sie nicht davor zurück, es auszuprobieren – schon bald könnten Sie Ihre Schmerzen sehr deutlich gelindert haben.

Das nächste Kapitel, „Alles über Triggerpunkte“, beschreibt die Geschichte der Erforschung und den wissenschaftlichen Hintergrund von myofaszialen Triggerpunkten. Falls Sie sofort Hilfe brauchen, ohne an ausführlichen wissenschaftlichen Informationen interessiert zu sein, können Sie das folgende Kapitel überspringen und direkt in Kapitel 3, „Behandlungsrichtlinien“, weiterlesen.

2. Alles über Triggerpunkte

In den vier einführenden Kapiteln des Handbuchs der Muskel-Triggerpunkte (2014) liefern Travell und Simons eine detaillierte Beschreibung eines großen Teils der wissenschaftlichen Erkenntnisse über Triggerpunkte und Übertragungsschmerzen. Sie untermauern ihre Thesen mit Verweisen auf mehrere hundert wissenschaftliche Artikel, die sich mit dieser Thematik befassen, aber auch der persönliche Sachverstand von Janet G. Travell und David G. Simons ist für sich genommen schon beeindruckend.

2.1 Janet G. Travell (1901–1997)

Janet G. Travell absolvierte ihre Ausbildung zur Kardiologin und Pharmakologin in einer Zeit, als nur wenige Frauen zum Studium an einer medizinischen Hochschule zugelassen wurden. Ihr Leidensweg mit ihren eigenen Schulterschmerzen motivierte sie, die Behandlung von myofaszialen Schmerzen gemeinsam mit ihren Herzpatienten in New York City zu erforschen. Unter den Menschen, die sich wissenschaftlich mit myofaszialen Schmerzen beschäftigt haben, wird Janet G. Travell generell als führende Pionierin für Diag­nose und Behandlung anerkannt, aber natürlich hat sie ihre Leistungen nicht im Alleingang vollbracht. Echte Innovationen sind kaum jemals das Ergebnis eines einzigen Geistes – viel häufiger sind sie vielmehr das Ergebnis des geduldigen Zusammensetzens früherer Erkenntnisse in anderen Kombinationen, um ein neues Problem zu lösen. Janet G. Travell las viel und hatte stets ein offenes Auge für alles, was sie aus der Arbeit von anderen lernen konnte und was ihren eigenen Interessen entgegenkam. Sie stellte fest, dass viele Forscher in aller Welt begannen, vorerst noch etwas zögerlich das seltsame Phänomen der aus Triggerarealen der Muskulatur übertragenen Schmerzen zu untersuchen. Aber all diese Wissenschaftler schienen isoliert zu arbeiten, ohne viel über die Arbeit gleichgesinnter Kollegen zu wissen. Mit außergewöhnlicher Zielstrebigkeit und Hartnäckigkeit machte Travell sich daran, dies alles zusammenzuführen.

Als 1983 der erste Band ihres Handbuchs der Muskel-Triggerpunkte in Druck ging, hatte sie schon seit über 40 Jahren Triggerpunkte und Übertragungsschmerzen erforscht und behandelt. Sie hatte bereits über 40 Artikel über ihre Forschungsarbeit in medizinischen Fachzeitschriften veröffentlicht; der erste davon war schon 1942 erschienen. Ihre revolutionären Konzepte von den Ursachen und der Behandlung von Schmerz hatten die Lebensqualität vieler Millionen Menschen verbessert. Die innovativen klinischen Verfahren für die Behandlung myofaszialer Schmerzen, die von Ärzten, Physiotherapeuten und Praktikern in aller Welt eingesetzt werden, würde es ohne Janet G. Travells Leidenschaft, Energie und Intelligenz nicht geben.

Janet G. Travells persönlicher Erfolg bei der Behandlung eines ganz bestimmten Patienten hatte weitreichende Auswirkungen auf die historische Entwicklung. Kaum jemand erinnert sich daran, dass sie in der Zeit der Kennedy- und Johnson-Regierungen die Ärztin im Weißen Haus war. Präsident Kennedy ehrte sie aus Dankbarkeit für ihre erfolgreiche Behandlung seiner sehr hinderlichen myofaszialen Schmerzen und anderer Beschwerden mit dieser Position. Er hatte befürchtet, dass er seine politische Karriere wegen dieser Gesundheitsprobleme vorzeitig würde beenden müssen. Dies ist ein erstaunliches Beispiel dafür, wie Leben und Schicksal eines Menschen durch eine Triggerpunkt-Therapie verändert werden können.

Obwohl sie am Ende ihrer Amtszeit im Weißen Haus bereits über 60 Jahre alt war, hatte Janet G. Travell nicht die Absicht, sich zur Ruhe zu setzen oder auch nur etwas kürzerzutreten. Vielmehr setzte sie in den folgenden 30 Jahren mit großer Energie und Begeisterung ihre Arbeit fort, um ihre Behandlungsverfahren weiterzuentwickeln und anderen Menschen zu vermitteln. Sie war schon über 80, als der erste Band des Handbuchs der Muskel-Triggerpunkte veröffentlicht wurde, und über 90, als der zweite Band erschien. Sie hatte sich bei der Arbeit an diesem Buch nicht unter Zeitdruck setzen lassen, denn sie wollte ein Buch abliefern, das ihrem hohen Anspruch an sich selbst gerecht wurde.

Am 1. August 1997 starb Janet G. Travell im Alter von 95 Jahren. Sie ist neben ihrem Vater, ihrer Mutter und ihrem Mann John Powell auf dem Albany Rural Cemetery außerhalb von Albany im Bundesstaat New York bestattet. Ihr schlichter Grabstein trägt ihren ehelichen Namen Janet Graeme Powell. Nichts deutet auf ihren Mädchennamen hin, unter dem sie beruflich bekannt war, auf ihre Leistungen oder ihren Platz in der Geschichte. Vielleicht ist es auch passender, dass ihr Erbe unauslöschlich in den Erinnerungen und Herzen der Menschen fortlebt, denen sie Aufklärung und Erlösung von ihren Schmerzen gebracht hat.

2.2 David G. Simons (1922–2010)

David G. Simons verleiht der Erforschung myofaszialer Schmerzen die Autorität seiner langjährigen Erfahrung als Wissenschaftler und Forscher. Zu Beginn seiner beruflichen Laufbahn arbeitete Simons als Raumfahrtarzt und entwickelte verbesserte Messverfahren, um die physiologischen Reaktionen auf den Stress von Schwerelosigkeit zu messen. Er war Mitglied des Forschungsteams, das Tiere in den Weltraum schickte, bevor der erste Mensch hinaufgeschickt wurde. Ein faszinierendes Detail seiner Karriere ist der Höhen-Weltrekord für eine bemannte Ballonfahrt, den er 1957 als junger Chirurg in der Air Force aufstellte. Tatsächlich war er sogar vor dem sowjetischen Sputnik-Satelliten im Weltraum. Er war der erste Mensch, der aus eigener Anschauung bestätigen konnte, dass die Erde wirklich rund ist. In jenem Jahr wurde er auf dem Titel der Zeitschrift Life abgebildet, und bald darauf schrieb er das Buch Manhigh (etwa: „Mensch in der Höhe“) über sein Abenteuer, das 1960 erschien.

Janet G. Travell und David G. Simons begegneten sich zum ersten Mal im Jahre 1963, als sie noch die Ärztin im Weißen Haus war. Damals war sie an die School of Aerospace Medicine an der Brooks Air Force Base in San Antonio, Texas, gereist, um dort einen Kurs über Triggerpunkte und myofasziale Schmerzen abzuhalten. Im Jahr 1965 nahm Simons seinen Abschied von der Air Force, um Direktor der Forschungsabteilung im heutigen Department of Veterans Affairs („Kriegsveteranenministerium“) zu werden. In jenem Jahr begann er auch unter der Anleitung von Janet G. Travell eine lange, informelle Ausbildung in Schmerzmedizin. Im Laufe der folgenden 20 Jahre entwickelte sich eine bemerkenswerte Synergie zwischen den beiden, deren Höhepunkt die gemeinsame Arbeit am Handbuch der Muskel-Triggerpunkte (1983, 1992, 1999) war – ein Zeugnis für die überragende Kraft, die entstehen kann, wenn zwei ungewöhnlich kluge Köpfe zusammenarbeiten.

Simons’ Detailgenauigkeit und striktes Befolgen wissenschaftlicher Methoden halfen ihm, den Themenkomplex „myofasziale Schmerzen“ mit rigoroser Objektivität zu dokumentieren. Er war die treibende Kraft, die bewirkte, dass das Handbuch tatsächlich geschrieben wurde, was er zum größten Teil selbst erledigte. Als wichtigste Quelle konnte er dabei auf Travells enormes Wissen und ihre langjährige Erfahrung zurückgreifen.

David G. Simons starb am 5. April 2010 im Alter von 87 Jahren. Bis zu seinem Tod blieb er auf dem Gebiet der myofaszialen Schmerzen aktiv. Er veröffentlichte Fachartikel, begutachtete neue Forschungsstudien und stellte kluge Fragen an unzählige Ärzte, Therapeuten und Forscher in aller Welt, die sich mit myofaszialen Triggerpunkten beschäftigen und unser Wissen darüber erweitern. Die David G. Simons Academy im schweizerischen Winterthur ist eine von mehreren Institutionen in Europa, die Ärzte und Physiotherapeuten über myofasziale Schmerzen unterrichten.

2.3 Das Triggerpunkt-Handbuch

Vier ziemlich lange Kapitel im Handbuch der Muskel-Triggerpunkte behandeln die wissenschaftlichen Grundlagen von Triggerpunkten und myofaszialen Schmerzen. Allein diese ersten vier Kapitel würden ein umfangreiches und sehr fachwissenschaftliches Buch abgeben. Das Ziel dieses Kapitels ist, dieses Material um neue Erkenntnisse zu ergänzen und es für den durchschnittlichen Leser leichter zugänglich zu machen.

2.3.1 Triggerpunkte sind eine „Geißel der Menschheit“

Janet G. Travell hat einmal ohne Übertreibung gesagt, Triggerpunkte seien eine „Geißel der Menschheit“. Von Triggerpunkten ausgehende Schmerzen können ebenso stark sein wie solche, die von einem Herzanfall, Nierenstein oder Knochenbruch verursacht werden. Außerdem können Schmerzen in einem sehr kleinen Muskel ebenso schlimm – oder gar noch schlimmer – sein wie Schmerzen in einem sehr großen Muskel. Triggerpunkte sind nur selten lebensgefährlich, aber das Leid, das sie verursachen, kann extrem entmutigend sein und die Lebensqualität des Betroffenen komplett ruinieren (Simons, Travell und Simons, 2014).

2.3.2 Triggerpunkte kommen sehr häufig vor

Triggerpunkte sind ein sehr häufig vorkommendes natürliches Phänomen. Es ist schwierig, sich vorzustellen, dass irgendjemand ihnen entgehen oder irgendwie gegen sie immun sein könnte. Die meisten Menschen haben irgendwo in ihrer Muskulatur Triggerpunkte, zumindest in einem latenten Zustand.

Da Triggerpunkte im Muskelgewebe zu finden sind, haben sie ein weites Feld, um Unheil anzurichten. Die Muskulatur ist das voluminöseste Organ im menschlichen Körper, auf das bei normalgewichtigen Menschen etwa 42 bis 47 Prozent ihres Körpergewichts entfallen. Auf die Behandlung myofaszialer Schmerzen spezialisierte Ärzte haben festgestellt, dass Muskelschmerzen bei 75 Prozent aller Fälle von Schmerzbeschwerden eine Rolle spielen. Triggerpunkte tragen fast immer zu Schmerzproblemen bei, und zwar auch dann, wenn der Schmerz die Folge einer Erkrankung oder Verletzung ist. Muskelschmerzen sind möglicherweise die wichtigste Ursache von körperlichen Behinderungen und Ausfallzeiten am Arbeitsplatz, im Profi- und Amateursport sowie im Alltagsleben (Simons, Travell und Simons, 2014; Mense und Gerwin, 2010a).

Eine der Schwierigkeiten beim Diagnostizieren und Behandeln von Triggerpunkten ist, dass ihre Symptome genauso aussehen können wie die von anderen Gesundheitsproblemen. Man weiß, dass Triggerpunkte zu Spannungskopfschmerz und Muskelschmerzen im Bereich von Hals, Nacken, Kiefern und unterem Rücken beitragen können oder zu den Symptomen eines Karpaltunnelsyndroms und zu verschiedenen Arten von Gelenkschmerz, zum Beispiel Arthritis (Gelenkentzündung), Tendinitis (Sehnenentzündung), Bursitis (Schleimbeutelentzündung) oder einem Bänderriss.

Eine häufig unterschätzte Eigenschaft von Triggerpunkten ist, dass sie beliebig lange in einem latenten Zustand existieren können. Unter Umständen kommen Sie gar nicht auf die Idee, dass Sie latente Triggerpunkte haben könnten, weil sie nicht aktiv zu spürbaren Symptomen führen. Dennoch sind sie leicht zu finden, weil sie schmerzen, wenn Sie daraufdrücken. Viele unterschiedliche Reize können latente Triggerpunkte rasch zu aktiven Triggerpunkten machen, die spontane Schmerzen verursachen.

2.3.3 Vernachlässigung durch die Schulmedizin

Trotz ihrer Wichtigkeit als primäre Ursache häufig auftretender Schmerzbeschwerden lernen angehende Mediziner in ihrem Studium nur sehr wenig über die Muskulatur, selbst als Bestandteil der menschlichen Anatomie. Es gibt keinen speziellen Zweig der Medizin, der sich mit der Diagnose und Behandlung von Muskel­erkrankungen befassen würde. Die medizinische Praxis konzentriert sich vielmehr auf Gelenke, Knochen, Bursae (Gewebetaschen und -beutel), Blutgefäße und Nerven. Dieser fehlgeleitete Fokus führt zu zahlreichen Fehldiagnosen und -behandlungen (Simons, Travell und Simons, 2014). Forschungsmittel werden in die Entwicklung von Medikamenten, medizinischen Apparaten und Behandlungsverfahren gelenkt statt in die weniger profitable manuelle Therapie. Auch in der naheliegendsten Therapieform, der Physiotherapie, fehlt es an adäquaten Bildungsangeboten über klinische Schmerzmechanismen und Schmerzmanagement-Strategien (Dommerholt, 2011).

Viele Skeptiker verweisen auf den Mangel an Forschungsstudien über Triggerpunkte, aber dieser Einwand ist nicht mehr aktuell – die Forschungsergebnisse liegen inzwischen vor. Triggerpunkte sind real, und ihre Biochemie kann mit speziellen Nadeln gemessen und durch wissenschaftlich anerkannte Verfahren visuell dargestellt werden (Shah und Gilliams, 2008; Sikdar et al., 2009).

2.4 Was ist ein Triggerpunkt?

In Anbetracht der überragenden Bedeutung und der weiten Verbreitung von myofaszialen Triggerpunkten ist es erstaunlich, dass sie so lange ein Rätsel geblieben sind. Das Wort „Triggerpunkt“ ist in der breiten Öffentlichkeit nach wie vor weitgehend unbekannt, und für das Stichwort „Triggerpunkt“ werden Sie keinen Eintrag in einem allgemeinen Lexikon finden. Medizinische Nachschlagewerke und andere medizinische Ressourcen fangen allmählich an, Triggerpunkten eine gewisse Anerkennung zu zollen, aber meistens nur in Form von einem knappen Absatz oder höchstens zweien. Die gute Nachricht ist jedoch, dass auf Schmerz spezialisierte Ärzte, die Mitglieder der American Pain Society sind, das Konzept von Triggerpunkten nachdrücklich unterstützen (Harden et al., 2000).

Ein Triggerpunkt ist ein ärgerlicher kleiner Punkt in einem verspannten Muskelfaserbündel, der schmerzt, wenn Sie daraufdrücken. Unter Druckanwendung kann er Ihre Symptome reproduzieren und bestätigen.