Jede Gegend, überall auf der Welt, hat diese lokal-spezifischen
urbanen Legenden, die sich einfach weigern zu sterben. Diese
Geschichten ranken sich oft um psychiatrische Anstalten am Rande
der Stadt, in denen es spuken soll, oder eine Kreatur, die in den
nahegelegenen Wäldern leben soll, oder einen Geist, der einen
einsamen Straßenabschnitt außerhalb der Stadt heimsuchen soll. Es
gibt immer eine Gemeinsamkeit bei diesen Erzählungen; niemand ist
jemals an diesen Orten gewesen, hat die Kreaturen gesehen oder den
Spuk mit eigenen Augen mitverfolgt.
In jeder Generation gibt es ein paar Leute, die stets verkünden
werden, dass sie „jemanden kennen, dessen Schwester des besten
Freundes ihres Bruders zu diesem Geisterhaus mit den 13 Stockwerken
gegangen ist, in dem es echtes Blut und Schlangen und Spinnen
gegeben hat, und das es so gruselig war, dass niemand es jemals da
durch schaffen könnte.“
Genau die selben Leute sind es, die auf diese Geschichten schwören,
aber nie dazu in der Lage sind auch nur den Hauch eines Beweises
oder zumindest den Namen von jemandem, der es beweisen könnte, zu
nennen, einfach „weil jeder in der Gegend ja genau weiß, dass die
Geschichte wahr ist“. Diese Geschichtenerzähler geben die
Erzählungen dann an ihre Kinder weiter, die sie dann zumindest so
weit modifizieren, um mit dem Wandel der Zeit mitzuhalten. Und dann
fängt der Kreislauf von vorne an.
Ich bin so skeptisch wie die meisten anderen auch, wenn es um
solche Geschichten geht. Auch wenn ich, als ich etwas jünger war,
schon fast ein Junkie war. Durchgehend suchte ich nach mehr und
mehr furchterregenden Geschichten über die Gegenden, in denen ich
zu den Zeiten lebte.
Ich erfand und verbreitete Geschichten über heimgesuchte Pizzaläden
in New York, oder meinen „Cousin“, der dem Jersey Devil begegnet
war, oder meinen „Großvater“, der in den Wäldern von Colorado
Bekanntschaft mit einer wilden, menschenähnlichen Dämonenkreatur
gemacht hatte.
Ich habe sogar die einzige Regel gebrochen, die es bei solchen
Geschichten gibt, und habe mich selbst mit eingebaut. Im Nachhinein
gesehen, hat das ziemlichen Mut erfordert, denn so musste ich
sichergehen dass ich die Geschichte jedes mal exakt genau so
erzähle. Überraschenderweise bin ich nie aufgeflogen.
Ich mag den Gedanken, dass ich einige wundervolle Dinge zu den
unzähligen Urbanen Mythen in den westlichen und nordöstlichen
Staaten beigetragen habe; ich bin sehr oft umgezogen. In mir
breitete sich immer eine Welle der Freude aus, wann auch immer ich
durch die Schulkorridore ging und hörte, wie meine Klassenkameraden
die Geschichten an ihre Freunde weitergaben und hier und da ein
paar Kleinigkeiten dazu erfanden, als wäre das alles eine einzige,
große Runde stille Post.
Natürlich wusste ich, dass die Geschichten alle frei erfunden
waren, doch ich beharrte darauf, wann immer mich jemand danach
fragte. Ich schaffte es sogar, ein wenig zu schauspielern, sprach
mit zittriger Stimme oder sah schockiert aus, wenn ich mir eine
Situation die ich angeblich miterlebt hatte in Erinnerung
rief.
Ich schätze, dieser Aspekt meiner Kindheit führte zu meiner
momentanen Zwickmühle, welche ich im Anschluss in voller
Ausführlichkeit noch beschreiben werde, damit die Leute im Internet
daraus ziehen können, was auch immer sie wollen. Ich sehe diese
Einleitung als eine Art Disclaimer, gerichtet gerade an die Leute,
die meine Geschichte hinterfragen. Jahrelang war ich die Person,
die vor dem Wolf gewarnt hat, doch ich versichere euch mit jedem
bisschen Ehrlichkeit, über das ich verfüge, dass der Wolf dieses
mal real ist.
Wie man aus der Einleitung ja bereits schließen konnte, bin ich in
meiner Schulzeit oft umgezogen. Meine Eltern hatten nichts mit
irgendwelchen Zweigen des Militärs zu tun, es war einfach nur nicht
ihr Ding allzu lange an einem und dem selben Ort zu bleiben. Ich
gehe davon aus, dass mich das beeinflusst hat, aber es hat mich nie
verletzt oder Ähnliches.
Während ich aufwuchs habe ich mich oft und gerne zum Affen gemacht.
Ich habe schnell Freundschaften geschlossen und war oft der
Klassenclown, was oft dazu führte dass einige Lehrer mich nicht
mochten. Aber das war nie wirklich ein Problem, normalerweise
wohnte ich eh schon in einem anderen Staat wenn das nächste
Schuljahr anbrach.
Meine Freundschaften waren oft vergänglich, genau so wie jegliche
positiven Beziehungen die ich zu Lehrern gehabt hatte. Aufgrund der
Ereignisse, die darauf gefolgt sind, sind meine Erinnerungen an
einen bestimmten Lehrer wahrscheinlich etwas verzerrt, aber ich
werde versuchen unsere Freundschaft so realitätsgetreu wie möglich
zu beschreiben.
Mr. Mays war in meinen frühen High School Jahren einer der
Gemeinschaftskundelehrer. Jetzt wo ich älter bin, verstehe ich wie
schrecklich der Umgang mit Kindern in diesem Alter sein kann und
ich respektiere ihn ohne Ende dafür, wie er es schaffte mit seinen
Schülern umzugehen. Er schien einer von uns zu sein; er redete wie
wir, machte aktuelle Popkulturreferenzen, hörte coole Musik und
manchmal sagte er sogar „Scheiße“ oder „Fuck“ während er für uns
einen leidenschaftlichen Vortrag über amerikanische Geschichte oder
sonst was hielt. Ein Lehrer der fluchte, selbst wenn es nur ein
bisschen war, war für einen Neuling an der High School der
Inbegriff von cool.