Inhalt

Vorwort

Das KdF-Schiff Wilhelm Gustloff

Das vergessene Leid der Goya

Die kämpferischen Leipziger

Der HAPAG-Riese Imperator

Das Ende der Monte Cervantes

Die stolze Monte Rosa

Die Berlin-Schiffe des NDL

Der HAPAG-Dampfer New York

Das Schicksal der General von Steuben

Das grausame Ende der Cap Arcona

Das mysteriöse Ende der Morro Castle

Die Teutonic der White Star Line

Begriffserklärungen

Bildnachweise

Danksagung

Das Meer ist der größte sichtbare Ausdruck der Natur für Ewigkeit!

Vorwort

Wir Deutsche waren schon immer eine große Seefahrernation, und als das Geschäft mit der Beförderung von Passagieren um die Jahrhundertwende boomte, blühten auch die deutschen Reedereien auf und wurden zur größten Konkurrenz nicht nur untereinander, sondern auch gegenüber Reedereien aus England und der USA.

Diesem Machtkampf haben wir es zu verdanken, dass immer schönere, größere und luxuriösere Schiffe gebaut wurden, was ebenfalls die technische Entwicklung enorm antrieb, da man auch schneller werden wollte. Davon zeugt der ewige Kampf um das berühmte Blaue Band, der bis in die heutige Zeit ausgefochten wird.

Abb.: 1 – Leben an Bord

In den beiden Weltkriegen setzte man die Schifffahrt dafür ein, um Truppen und Waffen in die betroffenen Gebiete zu transportieren. Im Zweiten Weltkrieg wurde gegen Ende die größte Rettungsaktion der Geschichte gestartet, die Flucht über die Ostsee.

1081 Schiffe waren im Raum der Nord- und Ostsee im Einsatz, darunter Kriegs-, Handels- und Frachtschiffe. Alleine 245 Handelsschiffe liegen auf dem Grund der See. Die genaue Zahl der Kriegsschiffe, die ebenfalls untergingen, konnte man bis zum heutigen Tage nicht genau feststellen, da Kriegstagebücher noch immer unter Verschluss sind. Eine genaue Zahl wird man wohl nie erfahren.

Abb.:2 – Sturm auf hoher See

Die Flucht über die Ostsee vor den Alliierten kostete 33.082 Menschen das Leben. Diese Zahl ist allerdings anhand offizieller Schiffslisten erstellt wurden. Die tatsächliche Zahl, heute unmöglich nachzuvollziehen, wird um ein Vielfaches höher sein. Die Zahl der geretteten Menschen betrug ca. 2.401.367 und lässt im Vergleich dazu die Anzahl der Opfer dagegen sehr gering aussehen.

Man war damals bemüht, dem Feind so wenige Schiffe wie möglich in die Hände fallen zu lassen. Daher war es nicht selten, dass die eigene Besatzung ihre Schiffe selbstversenkte oder in Brand steckte. Die Schiffe, die dann bei den Eroberungen der Häfen an die Alliierten gingen, waren zum Teil so stark zerstört, dass diese für neue Aufgaben nicht mehr geeignet waren und verschrottet wurden.

Oder das technische Personal war mit den deutschen Maschinen überfordert und der Verschleiß so enorm, dass auch diesen Schiffen kein langes Dasein mehr beschieden war.

Das vorläufige Ende der Passagierschifffahrt kam in den 50er Jahren, da man mit dem Flugzeug weiter, schneller und kostengünstiger reisen konnte. Viele Schiffe wurden aus dem Dienst genommen, verkauft, verschrottet oder liegen noch heute in abgelegenen Pseudohäfen und rosten still vor sich hin und warten auf ihre letzte Reise an die Strände von indischen Abwrackern.

Abb.: 3 – Werbepostkarte

Doch wie nach dem alten Sprichwort „Was einmal war, kommt auch wieder“ wurden in den 70er Jahren wieder mehr Schiffe gebaut und nun ausschließlich für Kreuzfahrten und Vergnügungsreisen genutzt. Die alten Fährverbindungen zwischen der Alten und der Neuen Welt blieben allerdings für immer stillgelegt.

In der heutigen Zeit, wo man unter Billigflaggen enorm Kosten sparen kann, ist es möglich, Kreuzfahrten für jedermann bezahlbar zu machen. Das Angebot wird auch genutzt, und die Branche boomt wieder. Jedoch zeichnen sich die heutigen Schiffsneubauten durch immense Größe und Massenabfertigung aus. Meistens einer schwimmenden Stadt ähnlich, haben die heutigen Schiffe nichts mehr mit den alten, gemütlichen Dampfern von einst zu tun.

Abb.: 4

Dieses Buch kann nur auf einige Schicksale berühmter bzw. bekannter Schiffe eingehen und uns diese wieder in Erinnerung rufen. Dennoch wünsche ich anregende Stunden beim Lesen.

Ihr

Daniel Barabás

Leipzig, 19.Mai.2020/2012

Das KdF-Schiff Wilhelm Gustloff

Am 30. Januar 2012 jährte sich die Gustloff Katastrophe zum 67. Mal. Diese Katastrophe ist eine von vielen, die sich während des Zweiten Weltkrieges auf der Ostsee ereigneten. Dennoch gehört dieses Unglück zu denen, wobei die meisten Todesopfer in der Zivilbevölkerung zu beklagen waren.

In nur einer schicksalhaften Nacht des 30. Januar 1945 fielen über 9.000 Menschen dem sinnlosen Krieg zum Opfer.

Abb.: 5 – Die Gustloff im Hamburger Hafen, links kann man ein Monte Schiff der Hamburg-Süd erkennen

Angefangen hatte alles am 04. Februar 1936 in dem Ort Davos in der Schweiz. Dort lebte Wilhelm Gustloff, ein Kämpfer für die NSDAP in der Schweiz. Er lenkte die Geschicke zum Guten für seine Partei. Hitler setzte viel auf diesen Mann und dessen Familie.

Ein jüdischer Student, der sich für die Untaten, die seinem Volk angetan wurde, rächen wollte, erschoss Gustloff in seiner Wohnung. Hitler war über den Tod seines Freundes und Wegbegleiters sehr bestürzt. Die Beerdigung von Wilhelm Gustloff wurde für Propagandazwecken in all seiner Form ausgenutzt. Hitler versprach der Witwe Gustloff, seinem Freund und Begleiter ein Denkmal zu setzen.

Abb.: 6 – Auslaufen aus Hamburg mit der Kehrwieder Spitze im Hintergrund

Dies konnte in die Tat umgesetzt werden, als am 27. November 1933 von Robert Ley, Vorstand der „Deutschen Arbeitsfront (DAF)“ die Initiative „Kraft durch Freude“ ins Leben gerufen wurde. Diese hatte unter anderem zur Aufgabe, für wenig Geld dem deutschen Arbeiter eine Kreuzfahrt zu ermöglichen, wovon die meisten nur träumen konnten. Am Anfang wurden dafür Schiffe des Norddeutschen Lloyd gechartert. Diese reichten jedoch vom Komfort und Platz her nicht den Ansprüchen der Partei. Daher wurde beschlossen, ein parteieigenes Schiff zu bauen.

Mit der Baunummer 511 wurde am 04. August 1936 bei Blohm & Voss der Kiel für ein neues Schiff gelegt. Dies konnte am 05. Mai 1937 von der Witwe Wilhelm Gustloffs auf dessen Namen getauft werden.

Das Schiff hatte Baukosten in Höhe von 25 Millionen Reichsmark verschlungen. Es war mit den zwei Schrauben 15,5 Knoten schnell und 9500 PS stark. Die Wilhelm Gustloff war 208,5m lang, 23,5m breit und 53m hoch und hatte 25.484 Bruttoregistertonnen. Das Schiff hatte 417 Besatzungsmitglieder und bot 1463 Passagieren eine moderne Unterkunft.

Bei dem Stapellauf waren im Hamburger Hafen weit mehr als 50.000 Menschen anwesend. Diese kamen aus dem Staunen über das neue Schiff nicht mehr heraus. Sie jubelten dem Schiff zu und schrien immer wieder „Heil Hitler“.

Abb.: 7 – Hamburger Hafen mit der Gustloff, dahinter die Cap Arcona, links kann man die Kehrwieder Spitze erkennen

Nach der Vollendung der Inneneinrichtung konnte die Wilhelm Gustloff am 23. März 1938 zur dreitägigen

Abb.: 8 – Werbeplatt der KdF

Jungfernfahrt auf der Nordsee in See stechen. An Bord waren damals 1000 Österreicher, 300 Mädchen vom „Bund deutscher Mädchen (BDM)“ sowie 163 Reporter aus allen Ländern. Alle, die Presse sowie das Volk, waren begeistert von dem Schiff.

Durch den großen Erfolg der „Kraft durch Freude Initiative“ wurde am 24. März 1939 das Schwesternschiff der Wilhelm Gustloff, die Robert Ley, in den Dienst gestellt.

Abb.: 9 – die Gustloff beim Auslaufen aus Hamburg

Die Wilhelm Gustloff sowie die Robert Ley unternahmen nun Kreuzfahrten nach Madeira, Norwegen, Italien und anderen Ländern. Die Passagiere an Bord waren dabei meist aus dem einfachen Volk.

In der Nacht vom 24. zum 25. August 1939 erfahren beide Schiffe vom Ausbruch des Krieges, müssen die laufende Kreuzfahrt abbrechen und nach Hamburg zurückkehren.

Die Wilhelm Gustloff wird ab dem 01. Oktober 1939 Hilfsbeischiff der deutschen Kriegsmarine und zum Lazarettschiff umgebaut. Dieser Umbau ist am 22. Oktober 1939 abgeschlossen. Die Robert Ley wird ab 22. November 1939 außer Dienst gestellt und steht nun der Kriegsmarine als Wohnschiff zur Verfügung.

Bis zum 21. November 1940 wurde die Wilhelm Gustloff als Lazarettschiff in der Ostsee und Norwegen zum Einsatz gebracht. Vom 22. November 1940 bis 20. Januar 1945 wurde das Schiff in Gotenhafen als Wohnschiff für die Zweite Unterseeboots-Lehrdivision genutzt.

Abb.: 10 – beispielhaftes Bordprogramm eines KdF-Schiffes

Als die Front in Ostpreußen immer näher rückte, flüchteten viele aus dem Gebiet in die noch sicheren Städte Pillau und Gotenhafen. Der Menschenstrom musste sich in den kalten Januartagen über zugefrorene Flüsse und Seen in die scheinbare Sicherheit flüchten. Auf der Flucht wurden sie von Bombern angegriffen. Das Eis brach ein, und viele ertranken in den Fluten. Da die Toten nicht beerdigt wurden konnten, mussten diese auf dem Eis zurück gelassen werden. Von 25.000 Flüchtlingen kam nicht einmal die Hälfte lebend an.

Abb.: 11 – Festsaal der Gustloff

In Gotenhafen war die Lage katastrophal. Die Flüchtlinge lagen in den Straßen und Gassen der Stadt. Es war eisig kalt. Viele starben an Unterkühlung, Hunger oder wurden bei den Angriffen alliierter Bomber von deren Geschosssalven niedergemäht.

Im Hafen warteten die großen Passagierschiffe, Hansa (ex Albert Ballin), Hamburg und Deutschland auf eine Entscheidung von Seiten des Kriegsministeriums. Denn vorerst durften sie keine Flüchtlinge an Bord nehmen.

Am 21. Januar 1945 wurde dann endlich der Befehl gegeben, dass die Wilhelm Gustloff Flüchtlinge aus dem Memelland, Ostpreußen, Elbing und Danzig-Gotenhafen an Bord nehmen und nach Kiel und Flensburg in Sicherheit bringen sollte.

Abb.: 12 – Schwimmbad an Bord des Schiffes, hier schlug einer der drei Torpedos ein und wurde zum Grab für viele BdM-Mädchen

Am 25. Januar begann die Einschiffung der Flüchtlinge an Bord der Wilhelm Gustloff, welche fünf Tage andauerte. Dabei wurden die Flüchtlinge von Bomberkommandos angegriffen und noch kurz vor der vermeintlichen Rettung getötet. Auch wurden Hunderte zu Tode getrampelt und zerquetscht. Ganze Familien wurden ausgerottet, und der Schnee färbt sich rot von dem Blut der Toten und Verwundeten.

Abb.: 13 Werbedruck auf Postkarten

Auf der Wilhelm Gustloff sollte für 10.000 Menschen Platz geschaffen werden. Das ist fünfmal so viel wie ursprünglich vorgesehen. Im Schwimmbad sowie in den Tanz-und Vergnügungssälen des Schiffes wurden für die Flüchtlinge Schlafmöglichkeiten geschaffen. Auch wurde dafür gesorgt, dass im Falle eines „Notfalles“ genug Rettungsboote vorhanden waren. Die Flakgeschütze des Schiffes wurden justiert, um sich bei einem Angriff aus der Luft wehren zu können.

Am 30. Januar erfolgte der Auslaufbefehl.

Abb.: 14 – Auszug aus dem Bordprogramm

Um 12 Uhr 25 zogen vier Schlepper das Schiff in die offene See. Plötzlich tauchte an der Seite des Passagierliners ein viel kleineres Schiff, die Reval, auf. An Bord befanden sich über 600 Flüchtlinge, sechsmal so viel wie es normalerweise fassen konnte. Die Flüchtlinge flehten und bettelten, dass man sie noch aufnehmen sollte. Die Schiffsleitung der Wilhelm Gustloff hatte ein Erbarmen und nahm die Flüchtlinge an Bord. Dort wurden sie in den Gängen des Schiffes untergebracht. Die Höhe der Passagiere betrug nun 10.582 Personen.

Die Wilhelm Gustloff hatte zwei Möglichkeiten, um zu ihrem Ziel zu gelangen: entweder den verminten

Abb.: 15 – Werbeblatt der KdF, im Vordergrund die Robert Ley, das Schwesternschiff der Gustloff

Küstenweg oder den von Minen geräumten Tiefwasserweg. Bei der ersteren Route ist eine Gefahr von U-Booten ausgeschlossen, da die maximale Tiefe bei 10 Metern liegt. Außerdem konnte bei einem eventuellen Minentreffer das Schiff ohne weitere Gefahr auf Grund gesetzt werden. Bei dem zweiten Weg konnte das Schiff schneller den sicheren Hafen erreichen und war somit auch besser vor feindlichen Luftangriffen geschützt. Die Kapitäne wählten den schnelleren Weg und verzichteten auch auf den sonst üblichen Zickzack Kurs, welcher mögliche Angreifer verwirren sollte.

Abb.: 16 – vorderer Speisesaal

Der ehemalige „Sonnendampfer“ wurde von zwei Schiffen begleitet, um sie besser vor Angriffen zu schützen. Zum einem von dem Torpedoschiff Löwe und vom Torpedofangboot TF1. Durch den starken Sturm, der auf der Ostsee herrschte, riss eine Schweißnaht bei TF1, und das Schiff musste nach Gotenhafen zurück.

Da sich auf direktem Kollisionskurs mit der Wilhelm Gustloff ein Verband aus mehreren Minensuchbooten befand, wurden nach heftiger Diskussion auf der Brücke zwischen dem Korvettenkapitän Zahn und dem Handelsschiffskapitän Petersen die Positionslichter gehisst, um einen Zusammenstoß zu vermeiden. Diese Tat hatte zur Folge, dass das russische U-Boot S13, unter Kommandant Marinesko, auf das Schiff aufmerksam wurde. Sofort wurde Alarm gegeben und die Torpedorohre bereit gemacht. Doch noch ließ sich Marinesko mit dem Abschuss seiner tödlichen Ladung Zeit. Obwohl das Geleitschiff Löwe die nötige Technik hatte, um das U-Boot zu orten, war dies nicht möglich, da das Gerät total vereist war. Auch konnte man durch die starken atmosphärischen Störungen, die der Sturm mit sich brachte, keine zusammenhängenden Funksprüche empfangen. Diese warnten schon seit Stunden vor den U-Booten, die in der Gegend der Wilhelm Gustloff gesichtet wurden.

Um 21 Uhr 15 trafen drei Torpedos das Flüchtlingsschiff. Der erste Treffer schlug im Vorschiff ein, der zweite in Höhe des Schwimmbades und der dritte neben dem Maschinenraum. Sofort nach diesen Treffern sackte das Schiff nach vorne ab, bekam Schlagseite, und bereits wenige Minuten später rollten die ersten Wellen über das Vorderdeck. Im Schiff war die totale Panik ausgebrochen. Viele der Flüchtlinge schliefen bereits. Die Inneneinrichtung der Kabinen wirbelte wild durcheinander. Die Menschen stürzten schreiend und betend in die überfüllten Gänge. Viele Kinder und Gebrechliche wurden zu Tode getrampelt oder schwer verletzt und mussten in der kalten See ertrinken, die immer mehr nach oben kroch. Auch war die Stromversorgung teilweise unterbrochen, aber die Notbeleuchtung sprang sofort an.

Das Begleitboot Löwe wurde mit Hilfe von roten Leuchtraketen zu Hilfe gerufen, da auch die Stromversorgung des Funkgerätes der Wilhelm Gustloff ausgefallen war und das Notstromaggregat durch die starke Erschütterung bei der Detonation der Torpedos zerstört wurde. Die Funker der Löwe benachrichtigten die Küstenwache über den Angriff und das Sinken des Flüchtlingsschiffes.

Abb.: 17 – Speisekarte

Auf der Wilhelm Gustloff wurden bereits die ersten Flüchtlinge in die Rettungsboote gelassen. Es waren Schwangere, Kinder und Verwundete. Sie konnten noch ohne Mühe in die Rettungsboote steigen und abgefiert werden, da die Menschenmasse der Flüchtlinge erst später auf dem Bootsdeck einbrach.

Als dies geschah, füllte sich in Sekunden das Bootsdeck. Viele Menschen rutschten auf den vereisten Planken aus und wurden zu Tode getrampelt.

Als ein weiteres Rettungsboot besetzt und abgefiert wurde, klinkte es sich auf der Hälfte des Weges aus seiner Halterung und stand senkrecht zur Bordwand, löste sich ganz aus den Halterungen, fiel auf die aus dem Boot geschleuderten Menschen und bereitete ihrem Leben ein rasches Ende.

Abb.: 18 – im Vordergrund zwei Schiffe der HAPAG und als drittes in der Reihe die Gustloff

Da die Menschen die Rettungsboote stürmen wollen, setzten die Offiziere Pistolen ein. Sie mussten davon auch oft Gebrauch machen.

Einige Offiziere wählten mit ihren Familien den Freitod, d.h. sie erschossen erst ihre Kinder, dann ihre Frau und am Ende sich selbst, um dem grausamen Tod durch Ertrinken zu entrinnen.

Im Inneren des Schiffes lagen viele Menschen verletzt oder von den Detonationsgasen betäubt in den Kammern, auf den Gängen und in den Sälen des sterbenden Schiffes.

Die Menschen, die sich bereits im minus 1 Grad kalten Wasser befanden, wurden vom Begleitboot Löwe aufgenommen. Auch andere Schiffe eilten herbei, um der Wilhelm Gustloff zu helfen. Darunter auch die Gotenland, die ebenfalls Flüchtlinge an Bord hatte. Die Admiral Hipper, das letzte große Kriegsschiff, das den Deutschen geblieben war, kam mit seinem Begleitboot als zweites bei dem sich immer tiefer in die See drückenden Schiff an.

Abb.: 19 – ein militärisch anmutender Tagesablauf

Abb.: 20 – Deckblatt einer Speisekarte von Bord

Dort wurden die Flüchtlinge auf das verglaste, untere Promenadendeck getrieben, um auf die Rettungsboote zu warten. Doch da brachen weitere Schotts im Inneren des Schiffes, und die Wilhelm Gustloff neigte sich immer mehr nach backbord. Die Trennwände zwischen dem großen Saal und dem Unteren Promenadendeck rissen auf, und das Wasser schoss in den „gläsernen Sarg“. Die Menschen konnten weder vor noch zurück. Nur wenige überlebten, die dort auf eine Rettung gehofft hatten.

Das letzte Rettungsboot wurde voll beladen und abgefiert. Doch durch die starke Schlagseite des Schiffes riss sich ein Flakgeschütz aus dessen Halterungen und stürzte auf das Rettungsboot. Es zerschmetterte das Rettungsboot und tötete die Insassen.

Es konnten sich noch Menschen auf Flöße retten, die man vorher auf das Schiff gebracht hatte. Diese wurden von den Wellen der See aus ihren Halterungen befreit und trieben nun umher.

Die Schlagseite des Schiffes nahm immer mehr zu, und die Menschen stürzten zu Hunderten in die kalte Ostsee. Wie durch ein Wunder sprang plötzlich die Schiffsbeleuchtung wieder an und begleitete den Untergang mit einem geisterhaften Schein.

Um 22 Uhr 18 sank die Wilhelm Gustloff, mit noch Tausenden an Bord, in den tiefen kalten Abgrund der Ostsee. Eine große Welle flutet über die letzten Todesschreie des Schiffes und es sank in sein 61 Meter tiefes Grab.

Hunderte von Menschen trieben nun im Wasser. Sie bettelten um Hilfe, klammerten sich an Bootsrändern fest oder suchten nach irgendeinem Halt. Doch die Kälte ließ ihre Glieder schnell erstarren. Einer nach dem anderen wurde vom Tode dahingerafft.

Abb.: 21 – Deckblatt einer Speisekarte von Bord

Unterdessen traf der Schwere Kreuzer Admiral Hipper mit seinem Begleitboot T36 am Ort des Unglückes an. Die Schiffe bereiteten die Bergung der im Wasser treibenden Menschen vor. Die hohen Decksaufbauten machten es der Mannschaft des Kriegsschiffes unmöglich, Schiffbrüchige an Bord zu nehmen. Als dann U-Boot Alarm gegeben wurde, musste die Admiral Hipper abziehen. Da aber schon viele an das Schiff herangeschwommen waren, wurden diese in die mächtigen Schiffsschrauben gezogen und getötet.

Das Torpedoboot Löwe und T36 führten die Rettungsaktion weiter. Die Menschen wurden aus dem Wasser an Bord gezogen und mit warmen Decken, Getränken und Essen versorgt. Ein vollbeladenes Rettungsboot wurde geleert und fuhr wieder hinaus, um noch mehr Leben zu retten.

Plötzlich wurde erneut U-Boot- Alarm gegeben. Ein feindliches U-Boot nähert sich T36 gefährlich schnell. Der Kapitän sah keine andere Chance und befahl, die Rettungsaktion abzubrechen. Anschließend ließ er Wasserbomben abwerfen. Das Gemetzel bei den im Wasser treibenden Menschen war grauenvoll. Doch die Wasserbomben zeigten keine Wirkung. Im Gegenteil, ein zweites U-Boot wurde geortet. Sofort drehte die T36 ab. Die Flüchtlinge waren entsetzt. Der Kapitän ließ über Megaphon verlauten, dass alle vom Schiff wegschwimmen sollten, da er wegen U-Boot-Alarm abdrehen müsse. Doch viele hörten die Warnung nicht. Das Schiff riss alles, was in unmittelbarer Nähe war, mit sich. Das Abdrehen kam keine Sekunde zu früh, denn zwei Torpedos waren bereits auf ihrem tödlichen Weg. Doch durch das geschickte Manövrieren des Kapitäns konnte das Schiff den Geschossen ausweichen. Es hatte mittlerweile 564 Schiffbrüchige an Bord.

Obwohl T36 geflüchtet war und noch immer U-Boot Alarm herrschte, nahm das Torpedoschiff LöweLöwe