Muster für Arbeitsverträge
Gerd Schäfer
Rechtsanwalt
6., vollständig überarbeitete Auflage, 2017
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6. Auflage, 2017
ISBN 978-3-415-05997-9
E-ISBN 978-3-415-05999-3
© 1984 Richard Boorberg Verlag
E-Book-Umsetzung: Konvertus
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Die Schriftenreihe >DAS RECHT DER WIRTSCHAFT< (RdW) ist Teil des gleichnamigen Sammelwerks, einer Kombination aus Buch und Zeitschrift: Zweimal monatlich erscheinen Kurzberichte, die auf jeweils 48 Seiten über aktuelle Rechts- und Steuerfragen informieren. Jährlich erscheinen zusätzlich acht Bücher zu Themen der aktuellen Rechtslage.
Verantwortlich: Klaus Krohn, Assessor
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Bücher und sonstige Veröffentlichungen zum Thema „Muster für Arbeitsverträge“ sind bereits in großer Zahl auf dem Markt; hinzu kommen die vielen Empfehlungen und Mustertexte von Verbänden und Kammern. Ergänzend dazu findet sich auch noch im Internet eine Vielzahl an Vertragsmustern in allen möglichen Varianten. Da stellt sich zunächst die Frage nach dem speziellen Nutzen gerade dieses Werkes.
Die nachfolgenden Ausführungen richten sich in erster Linie an Verantwortliche in kleineren und mittleren Unternehmen, die sich einen Überblick verschaffen möchten und die nicht über eigene arbeitsrechtliche Stabsabteilungen verfügen. Große Konzerne mit ihren zahlreichen Spezialistinnen und Spezialisten sind ohnedies in der Lage, Vertragsctexte auszuarbeiten, die exakt auf die Situation der jeweiligen Einheit (Branche, Betriebsgröße, kollektivrechtliche Rahmenbedingungen etc.) zugeschnitten sind. Aus der Sicht des Verfassers sind in den dargestellten Mustertexten diejenigen Punkte aufgeführt, die es bei der Vertragsgestaltung im „Normalfall“ zu berücksichtigen gilt.
Auch für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer dürfte es ganz interessant sein, mehr Hintergründe über Gestaltungsmöglichkeiten eines Arbeitsvertrages zu erfahren. Zwar werden die einzelnen Bedingungen üblicherweise nicht wirklich verhandelt zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer. Die eigene vertragliche Situation lässt sich aber umso besser einschätzen und bewerten, je mehr Informationen zu dem betreffenden Thema zur Verfügung stehen.
Den Kern des Buches bilden zwei Vertragsmuster für Arbeitsverhältnisse ohne Tarifbindung (im zweiten Teil des Buches, nach einigen Vorbemerkungen in Teil 1):
–zunächst eine Kurzfassung in Anlehnung an das Nachweisgesetz,
–und – sozusagen als Gegenpol dazu – ein ausführlicher Vertrag, in dem sehr viele Regelungsbereiche abgedeckt sind.
Als dritter Mustertext ist im zweiten Teil noch ein Vertrag für leitende Angestellte aufgeführt, und den Abschluss dieses Kapitels bildet ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot.
Mit der Vertragsgestaltung in tarifgebundenen Unternehmen befasst sich der dritte und letzte Teil des Buches, in dem neben einem allgemeinen Vertrag eine mögliche Regelung für sogenannte außertarifliche Angestellte enthalten ist.
Bühl, im Februar 2017
Gerd Schäfer
Teil 1:Generelle Überlegungen und Ausgangssituation
1.Ausgangssituation und Tendenz im Arbeitsrecht
2.Der Arbeitsvertrag im Verhältnis zu Gesetz, Tarifvertrag und Betriebsvereinbarung
3.Verschiedene Branchen, unterschiedliche Betriebsgrößen
4.Unterschiedliche Verträge für verschiedene Mitarbeitergruppen
5.Arbeitsvertrag auch als Informationsunterlage für Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter über Regelungen in Gesetzen, Tarifverträgen und Betriebsvereinbarungen
6.Weniger ist oft mehr: keine „geltungserhaltende Reduktion“
7.Neuere Entwicklungen im Arbeitsleben
8.Verwendung „Mitarbeiter“, „Mitarbeiterin“
Teil 2:Vertragsmuster für Arbeitsverhältnisse außerhalb des Geltungsbereichs von Tarifverträgen
Muster Nr. 1:Kurzfassung eines Vertrages in Anlehnung an das Nachweisgesetz – Arbeitsverhältnis ohne Tarifbindung
Muster Nr. 2:Ausführliche Fassung eines Arbeitsvertrages – Arbeitsverhältnis ohne Tarifbindung
Muster Nr. 3:Arbeitsvertrag für leitende Angestellte
Muster Nr. 4:Wettbewerbsvereinbarung
Teil 3:Vertragsmuster für Arbeitsverhältnisse innerhalb des Geltungsbereichs von Tarifverträgen
Muster Nr. 5:Arbeitsverhältnis mit Tarifbindung
Muster Nr. 6:Arbeitsvertrag für außertarifliche Angestellte
Sachregister
Der Arbeitsvertrag ist ein gegenseitiger Vertrag. Die Hauptpflichten aus dieser Vereinbarung sind einerseits die Leistung einer bestimmten Zeitdauer an Arbeit sowie als Gegenleistung dafür die Bezahlung eines vorher festgelegten Entgelts. Karl Marx hat dieses Grundprinzip bereits 1849 so zum Ausdruck gebracht: „Die Arbeitskraft ist also eine Ware, nicht mehr, nicht minder als der Zucker. Die erste mißt man mit der Uhr, die andre mit der Waage. . . . Der Arbeitslohn ist also nur ein besonderer Name für den Preis der Arbeitskraft, für den Preis dieser eigentümlichen Ware, die keinen anderen Behälter hat als menschliches Fleisch und Blut.“ (aus „Lohnarbeit und Kapital“, erschienen in der Neuen Rheinischen Zeitung im April 1849).
Seither ist einige Zeit vergangen. Neben den Aspekt des reinen Austausches von Ware (Arbeit) gegen Geld ist verstärkt der Gedanke getreten, dass Menschen sich durch ihre Erwerbsarbeit auch selbst verwirklichen können und sie ihre Arbeit als Teil ihrer Persönlichkeitsentfaltung betrachten. Dies geht sogar so weit, dass die Rechtsprechung heute unter bestimmten Voraussetzungen einen Beschäftigungsanspruch vorsieht – auch gegen den Willen des Arbeitgebers, der eine Arbeitnehmerin oder einen Arbeitnehmer unter Wahrung der vollen Bezüge von der Arbeit freigestellt hat. Grundlage hierfür ist das im Grundgesetz verankerte allgemeine Persönlichkeitsrecht.
Dies darf jedoch nicht darüber hinwegtäuschen, dass das Arbeitsverhältnis für den weit überwiegenden Teil der Betreffenden nach wie vor die finanzielle Grundlage für die Sicherstellung des aktuellen Lebensunterhalts und in gewissem Maße auch die finanzielle Planung der nahen Zukunft darstellt. Widerrufsvorbehalte für bereits vereinbarte Leistungen, einseitige Leistungsbestimmungen zur zukünftigen Entgelthöhe oder die Frage der Bezahlung von Überstunden werden sich nach wie vor am Charakter des Arbeitsvertrages als gegenseitiges Austauschverhältnis „Arbeit gegen Entgelt“ messen lassen müssen.
Arbeitsrecht ist im Ergebnis eine Einschränkung der Privatautonomie. Dies gilt auch und gerade auf dem Gebiet der Gestaltung vorformulierter Arbeitsverträge.
Diese Einschränkung – die sich ständig weiterentwickelt – war so nicht von vornherein im Rechtssystem angelegt. Sie ist in weiten Teilen lediglich eine Reaktion auf das, was sich im täglichen Leben in der Wirklichkeit abspielt und abgespielt hat; der Versuch einer Korrektur dessen, was vor dem Hintergrund des fehlenden Gleichgewichts zwischen Arbeitgeber und einzelnem Arbeitnehmer in manchen Verträgen vorgegeben wurde oder anderweitig Inhalt eines Arbeitsverhältnisses geworden ist.
Die Korrektur des fehlenden Gleichgewichts obliegt grundsätzlich dem Gesetzgeber. Im gesamten Arbeitsrecht findet sich häufig aufgrund fehlender gesetzlicher Bestimmungen sogenanntes „Richterrecht“, d. h. Entscheidungen der Arbeitsgerichte, als Grundlage. Und selbst dort, wo eine gesetzliche Regelung vorliegt, wird den Gerichten nicht selten ein großer Beurteilungsspielraum eingeräumt.
Aus Sicht der Arbeitgeberschaft werden dabei nicht immer sachgerechte Ergebnisse erzielt. Die generelle Notwendigkeit der Herstellung einer Balance und des Ausgleichs der Interessen dürfte gleichwohl auch von dieser Seite – trotz mancher als überschießend empfundenen Entscheidung – nicht ernsthaft in Frage gestellt werden.
Arbeitsrechtliche Bestimmungen finden sich nicht nur im Arbeitsvertrag, sondern auch in anderen Regelungen und Dokumenten. Diese unterschiedlichen Regelungen stehen in einem bestimmten Rangverhältnis, das für die wesentlichen Regelungsebenen nachfolgend dargestellt ist:
Gesetz
Tarifvertrag
Betriebsvereinbarung
Arbeitsvertrag
Wird dieselbe Ausgangsfrage in den einzelnen Ebenen unterschiedlich geregelt (zum Beispiel ab dem wievielten Krankheitstag die Vorlage einer ärztlichen Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung gefordert wird), ist Folgendes zu beachten:
Grundsätzlich gilt das Rangprinzip:
Die Regelung in einer höheren Ebene hat Vorrang gegenüber der Regelung in einer darunterliegenden Ebene.
Davon gibt es zwei Ausnahmen:
–erstens: die abweichende Regelung in der darunterliegenden Ebene ist für die Mitarbeiterin oder den Mitarbeiter günstiger. Dann ist diese Bestimmung maßgebend (sog. Günstigkeitsprinzip); oder
–zweitens: die Abweichung ist aus Sicht der Arbeitnehmerseite zwar ungünstiger; dies wird in der betreffenden höherrangigen Regelung jedoch ausdrücklich zugelassen (aufgrund einer Öffnungsklausel).
Einige Stichworte zu den einzelnen Regelungsebenen:
Eingangs wurde auf den Umstand hingewiesen, dass wir im Arbeitsrecht häufig Richterrecht vorfinden aufgrund mangelnder gesetzlicher Bestimmungen. Gleichwohl regeln zahlreiche Gesetze wesentliche Rechte und Pflichten aus dem Arbeitsverhältnis. Diese Normen sind im Laufe der letzten Jahrzehnte erlassen worden und dienen fast ausschließlich dem Schutz der Interessen der Arbeitnehmer. Hierzu zählen beispielsweise das Kündigungsschutzgesetz, das Entgeltfortzahlungsgesetz, das Arbeitszeitgesetz und das Bundesurlaubsgesetz. Ferner zählen dazu das Nachweisgesetz, das Gesetz zum Elterngeld und zur Elternzeit sowie das Teilzeit- und Befristungsgesetz. Aus der jüngeren Vergangenheit sind hier insbesondere das allgemeine Gleichbehandlungsgesetz und das Mindestlohngesetz zu erwähnen.
Tarifverträge sind Vereinbarungen zwischen einer Gewerkschaft und einem Arbeitgeberverband. Die dort festgelegten Regelungen gelten vereinfacht gesagt „wie ein Gesetz“ für diejenigen Arbeitsverhältnisse, auf die der Tarifvertrag aufgrund beiderseitiger Verbandszugehörigkeit Anwendung findet.
→Grundmodell der Tarifbindung: beiderseitige Verbandszugehörigkeit
Grundsätzlich ist dies dann der Fall, wenn
–der Arbeitgeber Mitglied im betreffenden Arbeitgeberverband ist und gleichzeitig
–der Arbeitnehmer Mitglied derjenigen Gewerkschaft ist, die den Tarifvertrag abgeschlossen hat.
→Tarifbindung aufgrund einzelvertraglicher Bezugnahme
Der Anwendungsbereich von Tarifverträgen hat sich in der Praxis jedoch weit darüber hinaus entwickelt. In Unternehmen, die einem tarifvertragsschließenden Arbeitgeberverband angehören, werden im Regelfall Arbeitsverträge verwendet, in denen die Geltung der einschlägigen Tarifverträge vereinbart wird (in welcher Form und mit welcher Qualität siehe im Kapitel über Arbeitsverträge mit Tarifbindung). Die Tarifverträge gelten dort sowohl für Mitglieder der betreffenden Gewerkschaft als auch für Nicht-Mitglieder.
→Allgemeinverbindlichkeit von Tarifverträgen
Für einige Branchen wurden Tarifverträge oder bestimmte Bereiche daraus (z. B. Manteltarifverträge) auch „für allgemeinverbindlich“ erklärt. Beispiele hierfür gibt es im Einzelhandel, in der Gastronomie sowie in vielen Handwerksbereichen und der Baubranche. Die Folge davon ist, dass die betreffenden Tarifregelungen automatisch für alle Arbeitsverträge der Branche im jeweiligen Tarifgebiet gelten. Zuständig für diese Maßnahme sind das Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit bzw. die obersten Arbeitsbehörden der Länder. Gemäß dem Verzeichnis der für allgemeinverbindlich erklärten Tarifverträge waren zum Stand 01. 10.2016 von den insgesamt annähernd 72000 registrierten Tarifverträgen in Deutschland rund 500 für allgemeinverbindlich erklärt.
In Betrieben, für die ein Betriebsrat gewählt ist, können einige wesentliche Sachverhalte nicht einseitig vom Arbeitgeber geregelt werden. Gemäß dem Betriebsverfassungsgesetz unterliegen sie der Mitbestimmung der Arbeitnehmervertretung, d. h. die Betriebsparteien (Arbeitgeber und Betriebsrat) schließen darüber Betriebsvereinbarungen ab. Regelungsgegenstände solcher Vereinbarungen sind beispielsweise
–Lage und Verteilung der Arbeitszeit,
–Aufstellung von Entlohnungsgrundsätzen,
–Fragen der Ordnung des Betriebes.
Vor der Ausarbeitung eines konkreten Vertragsmusters ist auf jeden Fall zu prüfen, welche Sachverhalte für das betreffende Arbeitsverhältnis bereits in einer der anderen Ebenen angesprochen oder abschließend geregelt sind. Erst im Anschluss daran kann festgelegt werden, welche Themen als originäre Regelung in den Arbeitsvertrag selbst aufgenommen werden sollten (s. auch Hinweise unter Ziffer 5 dieses Abschnitts)!
Bei der Gestaltung von Arbeitsverträgen kann auch zu beachten sein, in welcher Branche das Unternehmen tätig ist. So dürften sich Hinweise auf Geheimhaltungsinteressen typischerweise in Vertragsmustern von Banken häufiger finden als in Bereichen, wo dieser Aspekt weniger relevant ist.
Auch die Betriebs- oder Unternehmensgröße kann eine Rolle bei der Ausarbeitung eines optimalen Textes für einen Arbeitsvertrag spielen. Und schließlich kann sogar eine spezielle Unternehmenssituation besondere Anforderungen an die Formulierungen der Arbeitsverträge stellen.
Auf all diese Besonderheiten kann nachfolgend vor dem Hintergrund des zur Verfügung stehenden Rahmens nicht näher eingegangen werden. Die dargestellten Vertragsmuster sind diesbezüglich „neutral“ und gegebenenfalls auf die jeweilige Situation anzupassen.
Im Folgenden werden Arbeitsverträge für verschiedene Gruppen von Arbeitnehmern erörtert:
–„reguläre“ Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer (früher: Arbeiter und Angestellte),
–außertarifliche Angestellte, und
–leitende Angestellte.