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Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek:

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte Daten sind im Internet über <www.dnb.de> abrufbar.

© 2006 Karin Hoffmann

© 2. Auflage 2016

Gesamtredaktion: Karin Hoffmann, Berlin

Umschlagidee: Juliane Grimm, Berlin

Illustrationen: Elena Belokurova, Berlin

Gedichte: Karin Hoffmann, Berlin

Text- und Bildbearbeitung: Olga Wiederhold, Berlin,

Bettina Hoffmann, Berlin

Satz, Umschlaggestaltung, Herstellung und Verlag:

Books on Demand GmbH, Norderstedt

ISBN: 978-3-7412-0211-7

Zum Andenken an unsere geliebte Juliane (1989–2006)

Vorwort

Damals war’s

Es dunkelte bereits ein wenig an diesem frühen Nachmittag im September, als sich die beiden auf den Weg zum kleinen Zirkus Piccolini machten, der sein Zelt mitten in der Stadt aufgebaut hatte, Großmutter und Enkelin Hand in Hand.

Mit dem langen rosa Mäntelchen und den schwarzen Lackschuhen hatte sich die kleine Enkelin schick gemacht. Mit wippendem Pferdeschwanz und unentwegt plappernd über das, was sie wohl erwarten würde, lief sie neben der Großmutter her. Lachend sprang sie über die noch nicht versiegten Regenpfützen, ständig bemüht, ihre schönen Sachen nicht schmutzig zu machen. Die Großmutter zählte alles auf, was eine interessante Zirkusvorstellung so ausmacht: die Kunststücke der Akrobaten, die Tierdressuren und natürlich – die Clowns.

Die Eintrittskarten hatte die Großmutter der Enkelin zum Schulanfang geschenkt.

„Aber ich muss nicht nach vorn sehen, nicht, Omi?“, fragte sie plötzlich, als beide ihre Plätze bereits auf den Holzbänken ohne Rücklehne eingenommen hatten. „Warum willst du denn nicht nach vorn schauen? Dann kannst du doch all das Schöne nicht sehen“, fragte die Großmutter zurück. „Na, weil ich nicht will!“, lautete die Antwort.

Nach kurzem Nachdenken entgegnete schmunzelnd die Großmutter, die verblüfft und erstaunt über diese seltsame Frage der Sechsjährigen war: „Nein, natürlich musst du nicht nach vorn schauen, wie all die anderen Kinder das tun. Es ist ja viel interessanter, nur nach hinten zu schauen und nicht sehen zu müssen, was die Clowns so machen.“

Und mit der Antwort der Großmutter uneingeschränkt einverstanden, setzte sie sich rücklings auf deren Schoß, legte ihren Kopf zufrieden auf deren Schulter und – schaute nach hinten. Tapfer widerstand sie allen Versuchen, sich umzudrehen, wenn sie den begeisterten Applaus und die Jubelrufe der anderen Kinder hörte.

Wie lange wird sie das durchhalten?, dachte die Großmutter, abwechselnd mit der Verwunderung und der Enttäuschung kämpfend, dass die Vorstellung der Enkelin keinen Spaß bereiten könnte.

Kurz vor der Pause wurde es plötzlich beim Beginn der Raubtiernummer mucksmäuschenstill im Zirkuszelt, wohl länger als eine Minute. Spannung lag in der Luft.

Die Enkelin lauschte, hob ein wenig den Kopf von der Schulter der Großmutter und drehte sich, ohne ein Wort zu sagen, blitzschnell um. Sie setzte sich so hin, dass sie uneingeschränkt nach vorn schauen konnte und – musste.

Zu Hause angekommen erzählte sie ihren Eltern lebhaft, wie gut ihr alle Vorführungen gefallen hätten und die Großmutter war erstaunt, wie sehr die Bilder, die sie mit Worten malte, mit denen übereinstimmten, die Großmutters Augen tatsächlich gesehen hatten.

Inhaltsverzeichnis

Ein unerwartetes Geschenk

(Omi erzählt!)

Vor noch gar nicht so langer Zeit lebte einmal ein kleines Mädchen mit seinen Eltern in einer großen Stadt. Das Mädchen hieß Marie.

An einem nasskalten Winterabend brachte ihr Vater, als er von der Arbeit heimkam, ein kleines, noch sehr junges Kätzchen mit nach Hause. Es handelte sich um ein schwarzes Katerchen mit einem weißen Lätzchen vor der Brust, zwei weißen Vorder- und zwei schwarzen Hinterpfötchen und einer kleinen weißen Schwanzspitze. Es hatte ein ganz nasses Fell und zitterte und miaute fürchterlich. Der Vater legte es vor Marie auf einen Stuhl und sagte: „Ich habe ihn vor unserer Haustür gefunden. Er saß ganz traurig da und als ich die Tür aufmachte, strich er mir zutraulich und bittend um die Beine. Da habe ich ihn mit hereingebracht, damit sein Fell trocknet, er etwas fressen und sich aufwärmen kann.“

Marie freute sich sehr. Sie streichelte das Katerchen und gab ihm etwas Katzenfutter. Nachdem es gefressen hatte, streckte es sich und suchte sich ein Plätzchen auf dem Teppich zum Ausruhen. Es ringelte sich so, dass der Kopf neben den Vorderpfoten lag, schloss die hellgrünen länglichen Augen und schnurrte nach kurzer Zeit laut und behaglich, wobei die weißen Barthaare sein Schnäuzchen umrahmten. Marie schaute liebevoll auf das kleine Wesen hinunter, ehe sie bittend im Wechsel ihren Vater und ihre Mutter ansah, die einander fragend anschauten.

Als die beiden sich zulächelten, wusste Marie, dass sie die Frage, die ihr auf dem Herzen lag, aussprechen durfte: „Kann ich ihn bitte behalten?“ Die Eltern nickten ihr zu. Da fiel Marie ihnen glücklich um den Hals, nahm ihr Katerchen auf den Arm und verschwand mit ihm in ihrem Zimmer.

Marie nannte ihn Bakky. Eigentlich sollte er Blacky heißen, wegen des schwarzen Fells, aber der Name Bakky gefiel ihr besser, denn so hieß nur ihr Katerchen.

Im Sommer wohnten Marie und ihre Eltern in ihrem Häuschen auf dem Lande in einem kleinen Dorf. Zu dem alten Bauernhaus gehörten ein schöner Garten, ein großer Hof und eine stattliche alte Scheune, in der früher viel Heu und Stroh gelagert wurde. Auch Bakky gefiel es dort sehr. Bei dem guten Futter, das er von Marie erhielt, war er tüchtig gewachsen und hatte ein glänzendes Fell bekommen. Sein liebster Platz war auf dem Dachboden der Scheune, dort schlief er jede Nacht im Heu. Marie liebte ihren Bakky sehr und umgekehrt verhielt es sich genauso. Überall, wo Marie hinging, folgte ihr Bakky auf Schritt und Tritt. Besonders ihre Freundinnen freuten sich, wenn sie ihn zum Spielen mitbrachte.

Der Indianerkopfschmuck

(Juliane erzählt!)

Eines Tages kam Bakky auf den Gänsehof und jagte dort die Gänse. Er wollte jeder Gans drei Federn ausrupfen. Die Gänse schrien laut und liefen vor ihm weg. So schaffte Bakky es nicht. Am nächsten Tag fragte er die Gänse, ob er von jeder Gans drei Federn haben könne. Die Gänse sagten zu ihm:

„Ja, du kannst drei Federn haben, aber was willst du damit machen?“

„Ich will mir einen so schönen Kopfschmuck machen, wie ihn die Indianer haben“, erwiderte Bakky. Da schenkte ihm jede Gans drei von ihren schönsten kleinen Federn. Bakky freute sich. Dann ging er zu Marie und fragte sie, ob sie ihm auch drei Federn von ihrem bunten Papagei Jakko schenken könne.