Buch
Froonck ist Deutschlands bekanntester und schillerndster Hochzeitsplaner. Er ist seit über zwölf Jahren im Geschäft und hat wirklich alles gesehen: verrückte Locations, schrille Outfits, rauschende Feste. In diesem Buch erzählt er von den gelungensten Zeremonien, den tollsten Erlebnissen, den peinlichsten Pannen, den schönsten Momenten – und was man daraus für die eigene Traumhochzeit lernen kann. Eine unterhaltsame Mischung aus Lesebuch und praktischen Tipps.
Autor
Froonck ist der wohl bekannteste Hochzeitsplaner Deutschlands. Froonck hat Medizin, Sport, Französisch und Marketingkommunikation studiert und eine Ausbildung zum Werbekaufmann und Marketing-Kommunikationswirt absolviert. 2002 gründete er seine Agentur WH!TE by Froonck, damals als »WH!TE – The Wedding Agency« und richtet seitdem international traumhafte Hochzeiten und Events aus. Dem deutschen Fernsehpublikum bekannt wurde Froonck durch die Hochzeit von Sarah Connor und Marc Terenzi und seine eigene Serie »Frank – der Weddingplaner«. Aktuell ist Froonck mit der VOX-Hochzeits-Doku »4 Hochzeiten und eine Traumreise« auf Sendung.
Froonck
Hochzeitsfieber
Liebe, Tränen, Traualtar – meine besten Storys
aufgeschrieben von
Hendrik Heisterberg

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Alle Ratschläge in diesem Buch wurden vom Autor und vom Verlag sorgfältig erwogen und geprüft. Eine Garantie kann dennoch nicht übernommen werden. Eine Haftung des Autors beziehungsweise des Verlags und seiner Beauftragten für Personen-, Sach- und Vermögensschäden ist daher ausgeschlossen.
1. Auflage
Deutsche Erstausgabe Januar 2015
Wilhelm Goldmann Verlag, München,
in der Verlagsgruppe Random House GmbH,
Neumarkter Str. 28, 81673 München.
Umschlaggestaltung: Uno Werbeagentur, München
Umschlagfotos: Erik Weiss (Autorenfoto), FinePic (Strandhochzeit)
Fotos Innenteil: Erik Weiss
Text: Hendrik Heisterberg
Satz: Buch-Werkstatt GmbH, Bad Aibling
CH · Herstellung: IH
ISBN 978-3-641-14654-2
V002
www.goldmann-verlag.de
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Inhalt
Vorwort
Meine Berliner Jahre
Die Allerersten
Wasserhochzeit
Eisbrecher
Essen wie bei Babuschka
Feuerwerk Spezial
We are Family!
Die schwierige Schwiegermutter
Ein Kinderlied
Die ferngesteuerte Braut
Ciao, Bello
Nicht ohne meinen Vater
Die schönsten Katastrophen
Last Minute Brautkleid
Ein fast perfekter Tag
Ein fast perfektes Kleid
Mission Nizza
Mit Gottes Segen
Das Hochzeits-Notfallset
Kreativ gewinnt
Alles andere als alltäglich
Narziss und Narzisse
Ein Mann blüht auf
Geheimnisvolle Botschaften
Wahnsinnshochzeiten
Sarah und Marc
Big Fat Indian Wedding
Wet Wedding
Balkan Party
Surprise, Surprise!
Ein spektakulärer Auftritt
Die Stimmungskanone
Braut in Seenot
Scotland Wedding Weekend
Romantik pur
Tynka und Nelson
Für einen Antrag nach Paris
Rennfahrerbraut
Hello again
Danke
Vorwort
Liebe Hochzeitsinteressierte, -begeisterte und -betroffene! Endlich plaudere ich aus dem Nähkästchen und nehme Sie mit hinter die Kulissen des spannendsten Events der Welt: die Hochzeit! Der so viel beschworene »schönste Tag im Leben« – meine Passion und meine Berufung.
Neben dem eigentlichen Fest ist vor allem auch die Vorbereitungszeit einer der gefühlsbetontesten Abschnitte eines Menschenlebens. Mindestens aber eine äußerst spezielle, intensive und wunderbare Phase, deren eigentümlichen Wahnsinn ein antragloser Nicht-Hochzeiter sich niemals vorzustellen vermag.
Nicht nur, um diesem einen Einblick in die einzigartige, zum Glück begrenzte Zeit des emotionalen Ausnahmezustands zu geben, sondern auch um diejenigen, die sie bereits durchlebt und glücklich überstanden haben, zu bestätigen sowie alle Paare, die gerade mitten in der Planung stecken, zu beruhigen, habe ich meine Akten aus zwölf Jahren WH!TE zur Hand genommen und einige Geschichten aufgeschrieben.
Sie haben alle eines gemeinsam: Es geht um die großen Emotionen, Gefühlsdramen und menschliche Eigenheiten. Sie alle zeigen die Welt im Hochzeitsfieber!
Wenn das Heiraten entschieden ist, startet der Countdown der Hochzeitsplanung. Jetzt stürmen 1001 Fragen auf das Brautpaar ein, die es die nächsten Monate begleiten und sein Leben bestimmen werden:
Wo heiraten wir? Wie finden wir die passende Location? Wen laden wir ein? Wie kalkulieren wir das Budget? Wie viele Tage feiern wir? Nur Standesamt oder auch Kirche oder doch Freie Zeremonie? Menü oder Büfett? Oder doch die Mischform? Band oder nur DJ? Sängerin oder Gospel-Chor? Pianist oder Streicher? Feuerwerk oder Feuershow? Kutsche oder Limousine? Buttercreme- oder Eistorte, Hochzeitstorte oder Cup Cakes, Candy oder Vitaminbar, Save-the-date vor Einladung, Rosen oder Orchideen, Pastell- oder Knallfarben oder doch rein Weiß, Gold oder Silber, Vintage oder Klassik, Foto oder Film, Tauben oder Schmetterlinge oder Ballons, Wunderkerzen oder Konfettikanonen, Hochsteckfrisur oder Side Swept, Schleier oder Diadem, Spitze oder Tüll, Säule, Empire, A-Linie, Etui, Mermaid oder Ballrobe, Reinweiß, Hartweiß, Off White, Altweiß, Ivory, Elfenbein, Eierschale, Écru, Champagner oder doch Crème …?
Ihnen trudelt bestimmt schon jetzt der Kopf bei so vielen Auswahlmöglichkeiten – wobei dies längst nicht alle sind – und vor allem den unzähligen Entscheidungen, die zu treffen sind – eine nach der anderen, aufeinander aufbauend, voneinander abhängend.
Das »Projekt Hochzeit« wird täglich komplexer, anspruchsvoller, schwieriger. Und es ist ein Wettlauf gegen die Zeit. Am Tag X muss alles stehen und perfekt sein! Es gibt kein Zurück und keine Generalprobe!
Das Hochzeitsfieber grassiert bereits! Manche Paare haben sich im Fieberwahn schon heftig zerstritten … Ich erliege diesem Fieber seit mehr als 500 Jaworten, und es wird mich mein Leben lang wohl nicht mehr loslassen. Denn mein Beruf ist der abwechslungsreichste und dankbarste, den ich mir vorstellen kann: Ein Teil des Glücks der Brautpaare zu sein, ihnen zum schönsten Tag ihres Lebens zu verhelfen und diesen fantastischen, magischen Höhepunkt der Liebe teilen zu dürfen, ganz unmittelbar und direkt, ist für mich das Allerschönste, geradezu die emotionale Erfüllung.
Auch wenn der Weg dahin zuweilen steinig, steil und kurvenreich ist. Immer aber ist er individuell, fordernd und spannend.
Schließlich bin ich als persönlicher Berater, einfühlsamer Sparringspartner, fröhlicher Motivator und sensibler Mediator, kreativer Designer und strenger Controller, Regisseur und Produzent von Anfang an ganz nah am Brautpaar und begleite es über einen langen Zeitraum – eine vertrauensvolle, enge, mal mehr, mal weniger intime Beziehung.
Und wenn sich am Tag der Hochzeit ringsherum alles in einen Käfig voller Narren verwandelt, fühle ich mich wie der Zirkusdirektor, der die Peitsche schwingt, mindestens aber die Strippen festhält und aufpasst, dass alles glatt über die Bühne geht. Ich übernehme die Verantwortung und die Ablaufkontrolle, damit das Brautpaar davon befreit ist und seinen Tag in vollen Zügen genießen kann – für mich gibt es keine befriedigendere Aufgabe.
Jede Hochzeit ist so einzigartig, unterschiedlich und facettenreich wie die beiden Partner und hat den zusätzlichen Nimbus, für das Hochzeitspaar einmalig und nicht wiederholbar zu sein. Gerade das macht für mich die Kunst aus, eine Hochzeit zu feiern – und zu planen. Darin liegen für mich Reiz, Nervenkitzel und Faszination.
Einige dieser vielfältigen Erlebnisse, der großen und kleinen, nachdenklichen und skurrilen Geschichten, die ich tagtäglich backstage erlebe, möchte ich hier mit Ihnen teilen.
Mein Buch ist eine persönliche Hommage an all die bezaubernden Brautpaare, die mir seit meinem Start 2002 ihr Vertrauen geschenkt haben und mit denen ich aus vollem Herzen mitgefiebert habe.
Um Persönlichkeitsrechte zu wahren, wurden alle Namen, bis auf die in der Öffentlichkeit bekannten, natürlich geändert, die Storys ausgeschmückt oder verfremdet. Vielleicht erkennt sich trotzdem die eine oder der andere wieder und freut sich über die Verewigung. Ich wäre amüsiert, wenn sie denken: Weißt du noch – ja, das war unglaublich … War das wirklich so? Wenn sie sich an Details erinnern, darüber diskutieren, versunken schmunzeln oder auch herzhaft lachen. Ich würde sentimental werden, wenn sie in der Rückschau schwelgen, die besonderen Momente noch einmal mit feuchten Augen durchleben, erneut das Glücksgefühl verspüren, es ihnen warm ums Herz wird. Und ich würde strahlen, wenn jetzt eine Braut denkt: In Frooncks nächstem Buch muss ich drin sein!
So hoffe ich, dass ich Sie alle mit meinem »Hochzeitsfieber« anstecke, begeistere und inspiriere. Ich bin überzeugt, dass sich aus jeder meiner Storys etwas lernen lässt – nicht nur für alle Brautpaare.
Meine Berliner Jahre
Am Anfang stand die Vision, der Traum. Und Berlin, meine damalige neue Heimat. Ein dynamischer, rauer, unkomplizierter Schmelztiegel, der mich faszinierte und mich, seit ich drei Jahre alt und zum ersten Mal dort war, in seinen Bann zog. So war es fast wie heimkommen, als ich 1999 beschloss, in die Metropole zu ziehen.
Unendliche Möglichkeiten, die ich als Wedding Planner noch einmal ganz anders erfahren sollte. Unzählige gegensätzliche Locations, Anbieter, Dienstleister, die mich die Stadt erst richtig kennenlernen und entdecken ließen: von einem Jugendstilschwimmbad und einem unfertigen Boutique-Hotel über Fabrik-Locations mit Patina bis zum edlen, altehrwürdigen Hotel Adlon, dem idyllisch-romantischen Fontane-Landsitz im Speckgürtel und den weltbekannten Potsdamer Schlössern von Sanssouci. Vom kreativen Kreuzberg-Floristen bis zum etablierten Patissier auf dem Ku’damm, vom Underground-Musiker bis zu den Berliner Philharmonikern, vom unkonventionellen Maskenbildner bis Udo Walz. Unerschöpfliche Optionen, für jeden Geschmack und Geldbeutel etwas dabei – umso präziser muss die Auswahl für den entsprechenden Kunden sein. Eine große Herausforderung, der ich mich mit Zeit, Muße, hohem Rechercheaufwand, viel Leidenschaft und Freude widmete. So baute ich mir nach und nach mein Netzwerk auf, das mich bis heute begleitet.
Zum Einjährigen meiner damaligen Agentur WH!TE – THE WEDDING AGENCY feierte ich im Rausche meines fulminanten Starts natürlich ein »kleines« Jubiläumsfest – »WH!TE 1st«, das ein riesiger Erfolg wurde, zum einen als kulturelles Event, zum anderen als Hochzeitsmesse und als Werbemaßnahme, um noch bekannter zu werden und weitere Brautpaare zu akquirieren. Als Ort hatte ich wieder etwas Neues, Ungewöhnliches entdeckt, das alle Gäste begeisterte und neue Maßstäbe setzte: eine Eventkirche! Für meine Veranstaltung gab es einfach keinen passenderen, glamouröseren und extravaganteren Ort. Modenschauen, unter anderem mit einer auf Homo-Brautmode spezialisierten Berliner Designerin, eine Dreiradkaffeebar und eine amerikanischer Techno-Operndiva mit ihren Crossover-Arien setzen unvergessliche Akzente.
Ich schöpfte also als Wedding und Event Planner aus dem Vollen – aus allem, was mir Berlin zu bieten hatte.
Die Allerersten
Die erste Hochzeit soll auch die einzige im Leben sein – das wünschen sich jedenfalls alle Brautpaare. Aber als ich meinen Weg als Wedding Planner begann, wünschte ich mir das genaue Gegenteil: Mein erster Auftrag sollte nur das erste von vielen erfolgreichen Engagements sein, es sollte die erste von hunderten grandioser, bezaubernder Hochzeiten werden. Nichts wollte ich bei dieser ersten Bewährungsprobe dem Zufall überlassen. Mein Debüt musste ich mit voller Motivation angehen und mein Bestes geben. Sonst konnte es ganz schnell wieder vorbei sein mit meinem Traumberuf.
Aber wie konnte ich das Vertrauen eines glücklich verliebten Paares gewinnen? Warum sollte jemand den wichtigsten Tag im Leben in meine Hände legen? Schließlich hatte ich noch nie eine Hochzeit organisiert, überhaupt keine Erfahrung in diesem Bereich und auch keinerlei Referenzen für Wedding Planning.
Unter Spießern
Ich beschloss, mich auf einer kleinen Hochzeitsmesse in der Provinz südlich von Berlin auszuprobieren. Solche Messen kannte ich bis dahin nur aus Recherchen, und ich war erschrocken, wie langweilig und uninspiriert das alles aussah. Davon ließ ich mich allerdings nicht abschrecken, ich musste es probieren und meine Erfahrungen sammeln. So plante ich meinen Messeauftritt, akribisch und bis ins letzte Detail.
Nachdem ich mein Corporate Design hatte entwerfen lassen, meine Hausfarben und der Style feststanden, konzipierte ich danach natürlich auch meinen Stand: Er sollte puristisch sein, stylish und zeitgemäß und auf keinen Fall mehrfarbig. Statt Fotos oder Musterdekors wollte ich den Menschen einfach meine Vision von Wedding Planning und einer erfolgreichen Zusammenarbeit präsentieren, sie von meinen Qualitäten als Projektleiter und Eventmanager (als ehemaliger Werbeetatdirektor) überzeugen und sie für meine kreativen, neuen, wegweisenden Ideen begeistern; kurz – ich wollte mich selbst verkaufen. Denn etwas anderes hatte ich nicht.
Damit die Besucher sich wohlfühlten und längere Zeit bei mir verweilen würden, wollte ich eine Lounge aufbauen sowie Fingerfood und Champagner anbieten.
Als ich ankam, erwartete mich ein schlimmeres Bild, als ich befürchtet hatte: Die anderen Stände, die Aussteller, die ganze Halle ertrank in rotweißem, blauweißem klimperndem Kitsch, Täubchen, Tüll und Pannesamt – was für ein altbackener, abgeschmackter Hochzeitsalbtraum ohne erkennbares Stilbewusstsein, bar jeder Kreativität und fern des guten Geschmacks! Liebe zum Detail suchte man vergeblich, und für einen kurzen Moment fragte ich mich ernsthaft, ob ich hier nicht vollkommen fehl am Platz war. Wer wollte denn noch so eingefahren und nur traditionell heiraten?
Aber Aufgeben kam nicht in Frage, also bezog ich unbeirrt meinen Stand, bereitete den Champagner vor und stellte mich auf den Worst Case ein. Mein Stand in schlichter Eleganz fiel komplett aus dem Rahmen. Zwischen den anderen Anbietern, die mich argwöhnisch beäugten und ausfragten, fühlte ich mich wie ein Alien auf einem fremden Stern. Und genau so war es auch – denn ich schlug ein wie ein Komet aus dem All!
Die ersten Messebesucher wussten erst gar nichts mit mir anzufangen. »Was ist denn ein Wedding Agenzi?«, fragte jemand. Entwerfen Sie Designermöbel? Verkaufen Sie die Aussteuer? Was eine Partnervermittlung überhaupt auf einer Hochzeitsmesse zu suchen habe? Warum jetzt plötzlich eine Agentur übernehmen müsse, was schon immer Sache der Familie gewesen sei? Bald drängten sich die Neugierigen an meinem Stand, und spätestens jetzt wurde mir klar: Es mussten dringend neue Maßstäbe her – und hier war ich der Pionier, der sie setzen würde!
An die Messebesucher verteilte ich als Give-away kleine Werbegeschenke: simple Reisbeutel mit meiner Visitenkarte. Das blieb hängen – noch fünf Jahre später sollte dieser Kochreis für neue Kunden sorgen.
Kurz vor Ende der Messe, die einsetzende Aufbruchsstimmung hatte mich schon angesteckt, kam ein Paar in meinem Alter auf mich zu. »Wir möchten gern, dass Sie unsere Hochzeit organisieren!« Dieser Satz löste eine solche Adrenalinfontäne in mir aus, dass ich fast das Gleichgewicht verloren hätte. Unbeschreiblich, halleluja! Gleich am ersten Tag hatte ich meine ersten Kunden gewonnen. Dass sich der Aufwand so prompt auszahlen würde, davon hätte ich vorher nicht zu träumen gewagt. Meine Freude darüber war riesengroß.
Sekt oder Selters
Ich war wahnsinnig aufgeregt! Aber es überwogen mein Tatendrang und mein unbedingter Wille, Lena und Nicolas nichts weniger als eine sensationelle Hochzeit zu bescheren. Beim ersten Treffen bekam ich eine Führung durch die Wohnung der beiden. Eine beeindruckende Fotocollage gleich am Eingang zeigte Bilder von gemeinsamen Urlaubsreisen: Nicolas an einem karibischen Strand, Lena mit Taucherbrille und Sauerstoffflasche vor einem Korallenriff, Delfine neben einer Segeljacht – und dazwischen immer wieder das glückliche Paar. Im Bad entdeckte ich später eine Sammlung maritimer Souvenirs: karmesinrote Seesterne, Jakobsmuscheln, Sandproben von fernen Traumstränden und Bilder von Schwärmen exotischer Fische. In meinem Kopf nahm eine Idee Gestalt an: Was konnte als Hochzeitsthema für diese zwei Menschen besser passen als das Element Wasser, das sie so sehr liebten, dem sie so verbunden waren und das sie beide so sehr miteinander verband?
Als ich mich allerdings tags darauf an die Arbeit machte und das Konzept für die Hochzeit schrieb, war ich mir meiner Sache nicht mehr ganz so sicher. Lag ich mit dem Thema wirklich richtig? Wollte ich vielleicht doch zu viel, würde ich das Brautpaar möglicherweise mit meinem stringenten Entwurf überfordern? War es zu kreativ, zu verrückt? Aber es gab für mich keine Alternativen. Ich besann mich auf meine Karriere in der Werbung, vertraute auf mein Präsentationsgeschick, meine Überzeugungskraft, schob alle Zweifel beiseite, setzte alles auf eine Karte und fokussierte mich ohne Kompromisse auf das gewählte Thema.
»Wasser?«, wiederholte Lena ungläubig, als ich das Wort ausgesprochen hatte. Aus ihrem Mund klang es tatsächlich nicht nach Sekt, sondern nur nach Selters. »Wie kommst du denn auf Wasser?«
Tapfer schluckte ich meine Unsicherheit herunter und erklärte, wie ich auf diese Idee gekommen war. Lena sah Nicolas an, Nicolas sah Lena an. Niemand sagte ein Wort. Mein Herz schlug bis in den Hals, die Stille war kaum zu ertragen. Endlich sagte Nicolas ganz trocken: »Geil.« Und sie: »Genau das ist es. Perfekt.«
Niemand hörte den gewaltigen Stein, der von meinem Herzen fiel. Ich versuchte, mir meine riesige Erleichterung nicht zu sehr anmerken zu lassen. Es schien fast wie ein Wunder: Meine erste Messe, meine ersten Kunden, mein erstes Konzept – einfach alles hatte funktioniert!
»Kling!«
Nach meiner Präsentation beschäftigte mich noch eine Frage: Wie genau hatte ich die beiden auf der Messe eigentlich überzeugt? War es meine Kompetenz gewesen? Oder vielleicht der einzigartige Stil meines Messestands, der sich so vom übrigen Hochzeitseinerlei abgehoben hatte? Waren die beiden emotional berührt und von meiner Begeisterung angesteckt? Oder fanden sie mich einfach sympathisch?
Wieder ganz trocken sagte Nicolas: »Deine Champagnergläser.« Diesmal war ich es wohl, der mehr nach Selters und nicht nach Sekt, schon gar nicht nach Champagner klang.
»Meine Champagnergläser? Wieso denn ausgerechnet die?«
Es seien eben nicht die üblichen, billigen Sektflöten gewesen, auch keine Wegwerfgläser aus Plastik oder gar Pappbecher. Nein: Ich hatte als Einziger auf der Messe hochwertige Champagnergläser mitgebracht, die beim Anstoßen einen wundervollen Ton erzeugt hatten.
»In diesem Moment hat es bei uns buchstäblich ›kling‹ gemacht«, erklärte Lena, »weil wir wussten: Wenn du schon an deinem Messestand auf solche Details Wert legst, alles durchdenkst und designst, dann bist du der Richtige für uns. Denn dann wirst du auch bei unserem schönsten Tag genau auf jedes Detail achten – bis alles perfekt ist.«
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Es gibt keine Kleinigkeiten! Alles ist wichtig. Alles, auch sich selbst, sollte man bewusst, mit Überlegung und mit ganz viel Liebe präsentieren. Denn alles sendet eine Botschaft und gibt Brautpaaren – auf der Hochzeit natürlich den Gästen – das Gefühl, willkommen zu sein. Es macht den Respekt spürbar, den das Brautpaar als Gastgeber den Gästen zollt. Beherzigt man diese goldene Regel, dann steht einem gelungenen Fest nichts im Wege.
Wasserhochzeit
Die Hochzeitsgäste und das Brautpaar zu überraschen und sie mit unerwarteten Kontrasten zu verblüffen – das ist es, was mir und ihnen immer wieder besonders viel Spaß macht. Gleich bei meiner allerersten Hochzeit in Berlin wollte ich viel Mut beweisen, um so kreativ und innovativ wie möglich zu beginnen. Es sollte mit einem Paukenschlag losgehen!
Lena und Nicolas, die ich auf der Hochzeitsmesse kennengelernt hatte, gaben mir freie Hand – und ich legte mich richtig ins Zeug, unser gefundenes Wasser-Motto in allen Variablen durchzuspielen. Nach ihrer wundervollen Trauung erwartete die beiden vor der Kirche deshalb weder klassisches Spalier noch Blütenregen, sondern ein Meer aus weißen Luftschlangen und Seifenblasen, so als sähe man beim Tauchen die Luftblasen nach oben steigen. Das kam bei den beiden gut an, die Wirkung war einfach umwerfend – und die erste Überraschung geglückt.
Auf zu neuen Ufern
Für die Gäste ging es nun mit dem Bus weiter, Lena und Nicolas fuhren mit einem eleganten Oldtimer. Aber wohin? Außer mir wusste das niemand. Ungläubig schauten mich die feierlich gewandeten Damen und Herren an, als sie am Zielort ausstiegen: Ein Schwimmbad? Was gab es hier? Und was sollte hier stattfinden – doch wohl nicht etwa die ganze Feier? Wir geleiteten die Gesellschaft ins Foyer, wo bereits eingedeckte und mit Wasserpflanzen dekorierte Stehtische für den Sektempfang bereitstanden.
Dieser Raum hinterließ schon einen starken Eindruck, denn natürlich handelte es sich bei dieser Location um keine gewöhnliche Badeanstalt mit Chlorgeruch und kreischenden Kindern. Wir befanden uns in einem fast hundert Jahre alten malerischen Jugendstilschwimmbad im Herzen Berlins.
Dann der Aha-Effekt: Die Türen öffneten sich, und die Gäste wurden in den eigentlichen Schwimmsaal gebeten – eine opulente, hohe Säulenhalle mit Kuppeldach, die wir effektvoll ausgeleuchtet hatten. Die Wasserfläche reflektierte das Licht in alle Richtungen, und auch der Pool war illuminiert. Eine unvergleichliche Atmosphäre! Wie erhofft, war die Reaktion helle Begeisterung. Staunend sogen die Gäste die Atmosphäre auf, schauten sich mit offenen Mündern um und gewöhnten sich langsam an den Raum, in dem Lena in ihrem Hochzeitskleid ein faszinierendes, fast paradoxes Bild abgab. Alle ließen sich nun voll auf die Location ein und vergaßen ihre Zweifel – hier konnte man es gut eine Weile aushalten.
Dabei hatte die eigentliche Show noch gar nicht begonnen. Erst jetzt startete der DJ die Musik, und gleichzeitig schalteten wir die Nebelmaschinen ein. Hochzeitsgesellschaft und Brautpaar waren perplex – was kam denn jetzt? Am anderen Ende der Halle glitten unbemerkt einige Kunstschwimmerinnen ins Wasser. Nun folgte der Unterhaltungshöhepunkt des Tages und für mich eines der emotionalen Highlights meiner Karriere: Die vier vom Ensemble des Friedrichsstadtpalasts zeigten eine spektakuläre Kür zu Händels Wassermusik – in diesem Ambiente ein einzigartiges Erlebnis. Für die Performance gab es im Anschluss stürmischen Applaus und Zugaberufe. Doch vor der zweiten Kür stand ein wichtiger Programmpunkt an: Im Foyer hatten wir inzwischen die Hochzeitstorte aufgebaut, natürlich passend zum Motto in Form eines großen, blauen Seesterns. Lena und Nicolas bedauerten fast, ihn anschneiden zu müssen.
Reingefallen
Wir baten die Gesellschaft zum zweiten Akt in den Saal, wo sie sich in freudiger Erwartung des Wasserballetts um das Becken versammelte. Es gab eine kleine Verzögerung, und wir schickten noch einmal einen Kellner mit einem Sekttablett unter die Gäste. Und da geschah es: Eine junge Frau, die ihn anscheinend nicht gesehen hatte, stieß mit dem Kellner zusammen. Er konnte das Tablett zwar noch festhalten – aber sie fiel mit einem Schrei ins Wasser.
Die Reaktion der Gäste fiel gemischt aus: Die meisten waren erschrocken, »ach die Arme!«, sagte jemand, ein anderer »wie kann man so blöd sein«, einige lachten auch. Die Umstehenden starrten betroffen auf die Stelle, wo die junge Frau ins Wasser gefallen war.
»Die taucht gar nicht wieder auf«, sagte ein Junge, sein Vater zerrte ihn vom Beckenrand weg. »Fall du nicht auch noch rein!«
»Wer ist denn da reingefallen?«, fragte Nicolas hilflos in die Runde. Keiner wusste es.
Lena stürzte hinzu, »oh mein Gott! Oh mein Gott!«
Jetzt wurden die Leute nervös. Ein breitschultriger Hüne Mitte fünfzig zog hektisch Schuhe und Jackett aus. Auch die Hose hatte er schon halb heruntergelassen – da tauchte die junge Frau aus dem Wasser auf, in der Hand eine Zehnliterflasche Champagner, die sie Lena überreichte.
Underwater Love
Der gesamte Raum war in schummerig blaues Licht getaucht. An eine Wand hatten wir überlebensgroß ein Korallenriff projiziert, der Song »Underwater Love« von Smoke City empfing die Gäste in dem schlicht-modernen Loft eines noch nicht eröffneten, nicht einmal ganz fertiggestellten Boutique-Hotels hoch oben über dem Ku’damm. Zwischen täuschend echten Unterwasserwelten aus Aquarien stand die mächtige Champagnerflasche geöffnet auf dem Headtable, bereit, geleert zu werden. Mit einem Glas in der Hand betrachtete der hilfsbereite Mann mit den breiten Schultern eins der Aquarien: Im hellblau gefärbten Wasser sahen die Anthurien wirklich aus wie Fische – eine perfekte Illusion!
Atmosphäre und Stimmung entwickelten sich fantastisch, und der inszenierte Vorfall im Schwimmbad war noch immer in aller Munde: »Dein Gesicht, als sie dir die Flasche überreicht hat«, amüsierte sich Nicolas, »unbezahlbar!«
Die Überraschung hatte voll ins Schwarze getroffen, Lena wollte sich fast ausschütten vor Lachen. »Und ich denke gleich: Nein! Bitte, bitte nicht so ein Drama auf meiner Hochzeit!«
Die Champagnerflasche war als Morgengabe gedacht gewesen, die Nicolas seiner Braut überreichen wollte. Ohne es einem von beiden zu sagen, hatten wir die Flasche zuvor auf dem Boden des Beckens deponiert und eine talentierte junge Schauspielerin unter die Gäste geschmuggelt, die sie heraufbefördern sollte.
»Und ich alter Rettungsschwimmer springe auch noch fast hinterher«, grinste der Breitschultrige, »aber man weiß ja nie.« Anerkennend ließ er seinen Blick über die Tischdeko schweifen. »Sagt mal, sind das da im Wasser echte Fische?«
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Toll, wenn ein Motto funktioniert! Wichtig ist ein stimmiges Gesamtkonzept, das zum Brautpaar passt und nicht aufgesetzt wirkt. Im Fall von Lena und Nicolas hatte ich bis hin zu den Muschel-Platzkarten alles sehr stringent dem Thema »Wasser« untergeordnet – denn die beiden waren passionierte Hobbytaucher, hatten weltweit schon viele Reviere besucht.
Natürlich sollte man es damit nicht übertreiben – keine »Mottomania« bitte. Sonst überfordert man die Gäste und erzielt den gegenteiligen Effekt.
Mittlerweile habe ich mich ein wenig von dem »absoluten Motto« befreit, was mir mehr künstlerische Freiheit und mehr Spielraum für immer neue Überraschungen eröffnet.