Sabine Werz
Beste Freundin, beste Feindin
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ISBN: 978-3-95530-184-2
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Wirf deine Freunde hinaus, die vollgestopften, kraftstrotzenden, lauten, immer zufriedenen. Behalte die matten-müden, moros-morbiden, makaber-monströsen, die immer meckernd-muffen, kurz: die miesen, sie erfrischen und verjüngen.
Varlin, Künstlersprüche
Das Unglück der Weiber ist, daß sie nicht imstande sind, Männer so keck zu verachten wie Weiber.
Jean Paul
Dieses Buch bricht ein Tabu. Weil es ein Buch ist über Frauen von einer Frau, die von einigen besten Freundinnen und einer Reihe besonders lieber Kolleginnen die Nase voll hat, erst recht aber von Supermüttern, die stets die besten Freundinnen ihrer Töchter sein wollen, und von 1a-Chefinnen, die Job und Frauenfreundschaft aufs engste miteinander verbinden. Weil es die Risiken und Nebenwirkungen typisch weiblicher Harmoniesucht, weiblicher Jammerbündnisse, weiblicher Redseligkeit, weiblicher Durchhalteparolen und weiblicher Hilfestellung benennt. Weil es sich gegen Menschen wendet, die Frauen für die bessere oder schlechtere Hälfte des Menschengeschlechts halten, und gegen alle vorbildlichen Frauen und andere überlebensgroße Monster, die perfekten Weibsbilder eben, die nach wie vor zu einer unserer großen Kulturlügen gehören und jeglicher Emanzipation bislang getrotzt haben.
Perfekte Weibsbilder sind unsere gefährlichsten Freundinnen. Sie haben einen mehr oder minder warmen Platz in unseren Herzen und Köpfen und richten dort ein heilloses Chaos an. Sie zeigen stets nur die zur blendenden Lüge entstellte Wahrheit – und doch sind wir süchtig nach ihnen, hätscheln sie, laden sie ein auf eine Tasse Tee und machen es ihnen gemütlich. Wir leugnen ihre trügerische Seite, weil die ganze Wahrheit über uns und unsere Freundinnen, die typischen Weibsbilder, so unerträglich ist. Aber leugnen ist zwecklos. Fangen wir deshalb mit der ersten (Selbst-)Erkenntnis an: Ein bißchen vom typischen Weibsbild steckt in jeder Frau. Auch in mir.
Oberflächlich betrachtet, können Frauen tiefer in das Herz einer Frau eindringen als Raumschiff Enterprise in die unendlichen Weiten des Weltalls. Frauen haben das scheinbar unerschöpfliche Talent, über hundertundzwölf Dinge gleichzeitig zu reden, zu lachen und zu spotten. Und kommt Streit auf, wechseln sie flugs das Thema, um des lieben Friedens willen. Sie sind fähig, grenzenlos tröstend aufeinander einzugehen, und sie erspüren den Kummer einer Leidensgenossin, bevor diese auch nur den Mund aufgetan hat. Sie offenbaren mancher Frau mehr von ihrer wahren Seele und ihren geheimsten Gefühlen als den meisten Männern.
Oberflächlich betrachtet, so würde uns die Klementine aus der Waschmittelwerbung versichern, sind Frauen rein. Rein weiblich. Sie sind friedfertig, Meisterinnen des liberalen Sowohl-als-auch, des versöhnlichen Einerseits-andererseits. Soweit die lichte Seite typisch weiblicher Freundschaftsgefühle.
Viele Frauen sind stolz auf diese hinreißend reinen Fähigkeiten. Aber – um noch einmal Klementine zu zitieren – porentief rein sind sie dadurch nicht.
Die Kehrseite reiner Weiblichkeit ist nämlich entsprechend abgründig und düster. Frauen können ihresgleichen mit mikroskopisch genauer Achtlosigkeit strafen, sie in Grund und Boden schweigen, grausam abweisend sein, mit Blicken töten, mit schmutzigen Verleumdungen messerscharf verletzen. Bei Bedarf sind sie engherziger und verräterischer als Judas, indem sie das Siegel der Verschwiegenheit gegenüber genau der Person brechen, die der anderen Schaden zufügen kann. Frauen können Frauen hundertmal grausamer angehen als jeden x-beliebigen Mann.
Liegt es da nicht auf der Hand, daß viele von uns diese dunklen Seiten der Weiblichkeit einfach leugnen? Aber, ich betone noch einmal, leugnen ist zwecklos. Denn auch und gerade unter Freundinnen und/oder Kolleginnen, unter Töchtern und Müttern gehen diese widersprüchlichen, weiblichen Talente oft eine verhängnisvolle Verbindung ein.
Ich bin eine Frau, die beide Parts – den der besten Freundin und den der besten Feindin – selbst gespielt hat und damit nicht zu knapp und nicht zu selten hübsch-häßlich auf der Nase gelandet ist; mal als Täter und mal als Opfer, aber immer als typisches Weibsbild.
Typische Weibsbilder sind sanfte Bestien, ihre schönsten Talente zugleich ihre schäbigsten Waffen. Harmoniesucht, Redseligkeit und Friedfertigkeit können zum gefährlichen Alleskleber werden, der Frauen aneinander bindet und gegenseitig behindert, sie zunächst füreinander einnimmt und dann unterschwellig gegeneinander aufbringt.
Einfühlungsvermögen ist eine wundervolle Eigenschaft, kann aber genausogut als treffsichere Munition verwendet werden. Niemand kann eine Frau nachhaltiger verletzen als eine, die die wunden Punkte der anderen kennt. Und niemand kann gnadenloser in Wunden hineinstechen und genüßlicher mit der Klinge darin bohren als die, der wir unsere Wunden gezeigt haben. »Viele Frauen«, so stellte Modekönigin Coco Chanel einmal fest, »wählen ein Nachthemd mit mehr Verstand aus als ihren Mann.« Oder ihre Freundin. Denn der Verrat durch eine Frau schmerzt nachhaltig und wird von Frauen als teuflischer, gleichzeitig aber auch als selbstverständlicher empfunden als der Verrat durch einen Mann.
Frauen macht es unbändigen Spaß, mit ihresgleichen vernichtend über Zicken, Schlampen, Diven, Mannweiber, dumme Blondchen, dusselige Muttchen, kurz: über andere Weibsbilder zu klatschen. Frauen tun das ausgiebiger und erbarmungsloser, als über manchen männlichen Superlümmel zu lästern – mit ihm haben sie meistens Nachsicht, und für seine Missetaten finden sie rasch eine Entschuldigung oder Erklärung. Was für ein erbarmungsloser Genuß hingegen, andere Frauen als weibliche Krüppel abzustempeln, die uns Klatschweibern nicht das Wasser reichen können. Da hat die ach so liebe weibliche Seele endlich einmal Ruh’ – für einen kurzen, traurigen Moment. Denn kaum bist du seelenvolles Weibsbild bei deinen Klatschbasen durch die Tür, kannst du ihr nächstes Opfer sein. Ich kenne mein Geschlecht. Verläßlich ist am Weibergewäsch nur eines: es kann jede von uns treffen. Von hinten selbstverständlich. Und sich darauf einzulassen ist ein gefährliches Vergnügen.
O ja, ich kenne auch den rasenden Schmerz, das Opfer weiblicher Gehässigkeit und Raffinesse zu sein. Bin ich ein zweiköpfiges Monster? Mitnichten: Ich bin lediglich das typische Weibsbild, eine voll normale Zicke, halb Goldilock halb Flintenweib, halb Biederfrau halb Brandstifter. Ich bin das, was dabei herauskommt, wenn ein Mensch sich bemüht, ganz und nur Frau zu sein. Nicht immer zwar, aber immer wieder.
Zur näheren Erläuterung möchte ich an dieser Stelle mein Nähkästchen öffnen. Typisch weiblich und exklusiv für euch, meine lieben Leserinnen. Allzu häufig werde ich das in diesem Buch allerdings nicht tun – versprochen!
Dank einer Erziehung auf einem reinen Mädchengymnasium wurden ich und immerhin tausend Mitschülerinnen schon früh – es war Mitte der siebziger Jahre – auf holde, althergebrachte Weiblichkeit programmiert: Handarbeiten, Dolly-kommt-ins-Internat-Bücher lesen, Kleeblätter gründen, Blumenkränze flechten, Lehrer nicht ärgern, Klappe halten, »Zieh keine Flunsch, das macht häßlich « – Anweisungen, stillsitzen, sittsam sein, nicht an der Bushaltestelle rumknutschen.
Natürlich kannten die meisten von uns Pippi Langstrumpf, das freche, starke, ungehorsame, selbstbewußte Mädchen, aber spätestens mit dreizehn wollten wir zumindest nicht mehr danach aussehen. Rumknutschen an der Bushaltestelle war schließlich angesagt. Nur die Mutigsten von uns hielten als Trotzkopf, Pippi, Schlampe, frühe Girlies oder rote Zoren bis zum sechzehnten, maximal dem achtzehnten Lebensjahr durch.
Dabei war Emanzipation damals durchaus Mode, was Frechheit genau wie die Anti-Baby-Pille zu einem hübschen Accessoire machte – die lila Latzhosen natürlich nicht zu vergessen. Und die Pille kam selbstverständlich auch bei den meisten Jungs gut an. Doch am Ende erwischte die Mehrheit meiner Klassenkameradinnen das ganze anstrengende Programm scheinheiliger, weiblicher Sittsamkeit. Es versprach die größeren Erfolge. Denke ich zum Beispiel an den Versuch, in unserer Schule eine Frauen-Hockeymannschaft zu etablieren, dann werden die erstaunlichen Folgen typisch weiblicher Scheinheiligkeit bereits deutlich. Der Kurs existierte nämlich exakt fünf Schulstunden lang. Danach waren die Ausfälle durch Verletzungen so hoch und die Lehrerin wegen angemahnter Bodychecks und Fouls so heiser, daß die Mannschaft wieder aufgelöst wurde. O-Ton der Pädagogin: »Das können wir nicht länger verantworten, die Mädchen holzen ja vollkommen rücksichtslos aufeinander ein. Das gibt noch Tote.« Wie wahr und wie falsch. Natürlich hätten wir uns nicht totgeschlagen, schon der lackierten Fingernägel wegen, die vielen von uns im Weg waren. Rücksichtslos zuholzen konnten wir trotzdem, und wir genossen es. Endlich hatten wir ein Ventil gefunden, um uns einmal nach Herzenslust zu verdreschen. Das Ventil Sport ist für Jungs ein ganz normales Feld, auf dem sie früh lernen, Konkurrenz kämpferisch auszutragen, mal mit Fouls und mal mit Fairplay. Es ist ein Feld, auf dem Jungen lernen können, daß am Ende nur das Tor und der Erfolg zählen, der Ball rund ist und ein Spiel neunzig Minuten dauert – eine wichtige Erfahrung für das spätere Berufsleben, wo ebenfalls nur der Erfolg zählt, das Spiel offen und nicht immer fair ist und in dem auf jeden Fall derjenige die besseren Karten hat, der weiß, daß viele hinter demselben Ball her sind und daß man manchmal einen Kumpel besiegen muß, um einen Volltreffer zu landen.
Heute finde ich es schade, daß wir vollweiblichen Hockey-Hexen uns nicht weiter prügeln durften, denn vielleicht hätte uns das von unserer falschen Freundlichkeit kuriert und uns statt dessen gelehrt, Konflikte untereinander lieber mit harten Bandagen auszutragen. Zumindest einige hätten vielleicht kapiert, daß ein (Wett-)Streit keine lebensbedrohliche Handlung ist, sondern eine Möglichkeit, die eigenen Grenzen und Chancen kennenzulernen. So aber hielten wir fest am Programm, das da heißt »Immer-schön-lächeln«, an unserer anerzogenen, heimlichen Biestigkeit, mit der wir schon im zarten Alter von elf Jahren Intrigen gegen unsere Geschlechtsgenossinnen spannen, und wurden mit der Zeit Meisterinnen in der hohen Schule des Klatsches sowie in der Kunst der falschen Komplimente. Zur allgemeinen Erbauung hier eine Kostprobe:
»Ilka hat gesagt, daß Anka gesagt hat, du hättest gesagt, ich sei häßlich.« – »Nee, stimmt nicht. Anka hat gesagt, daß Ilka gesagt hat, ich sei so häßlich wie du. Ich hab Anka nur gesagt, sie soll Ilka sagen, daß das nicht stimmt.«
Mädchen lieben dieses Spiel, das wir im Kindergarten »Stille Post« nannten. Man gibt eine Nachricht über sieben Ecken weiter und darf sich sicher sein, daß sie am Ende völlig verzerrt ankommt. Freilich bleibt die Botschaft hinter der Nachricht boshaft, doch der Absender muß dafür die Verantwortung nicht übernehmen. Herrlich, weiblich, ungefährlich!
Ein perfektes Klatschweib weiß, wem sie etwas sagen muß, damit es garantiert bei ihrem Opfer ankommt – ohne genauen Absender. Ein perfektes Klatschweib beginnt seine auf rasche Verbreitung zielenden Mitteilungen gern mit den Worten: »Erzähle nicht weiter, aber ... « Anonyme Briefe, hinterlistiger Klatsch und arglistige Verleumdung sind die unschönen Waffen von Menschen, die man auf Machtlosigkeit programmiert hat, von Menschen, die sich nur aus dem Hinterhalt trauen zuzuschlagen und dabei den Schein der Friedfertigkeit wahren wollen.
Mädchen wie wir haben früh und ausgiebig gelernt, daß Macht kein schöner und anerkannter Teil unserer Weiblichkeit ist, also mußten wir diese indirekten Wege entwickeln, Macht auszuüben und Aggressionen loszuwerden. Dabei hätten uns ein paar ordentlich einstudierte Fouls und gezielte Ruppigkeiten vielleicht direktere, weniger narbenreiche und damit ehrlichere Wege im Umgang mit unseren – nur allzu menschlichen – Aggressionen und unserem Behauptungswillen gelehrt. Statt dessen wurden wir brav und nachtragend, oberflächlich freundlich und aus tiefster Seele hinterhältig. Wir wurden tückisch brav – vor allem zueinander. Schon früh verband uns die gefährliche und brüchige Zwangssolidarität des zarten Geschlechts in einer harten, uns versperrten Welt. Mädchen wie wir haben sich ja sooo liiieeeb. Jaja, und Hühner können nicht gackern. Wir studierten das gemeinsame Anhimmeln von fernen Boygroups und das damit untrennbar verbundene Jammern über die real existierenden Kerle. Wir studierten das Denunzieren unserer Freundinnen gegenüber anderen Freundinnen, die Verlagerung von Streitigkeiten, das Unterdrücken aggressiver Impulse, die dennoch immer ihren Weg an die Oberfläche fanden. Bis heute. Auch bei mir.
Ich beherrsche die Rolle des braven, angepaßten, erfolgreichen Superfrauchens, das andere Frauen schon an den Rand des Nervenzusammenbruchs brachte, um sie bald darauf selbst eben dort wieder anzutreffen. Ich beherrsche die lächelnde Maske des wundermilden, tröstenden, aufopfernden Weibes, dem alle Welt Unrecht tut, und bin eben darum bis an die Zähne bewaffnet mit dem typisch weiblichen Sturmgepäck: Böse Zunge, Lästermaul, vernichtende Blicke und häßliche Gedanken. Ich bin gefangen im Käfig meines weiblichen Herzens, und kein Käfig ist enger als der des eigenen Herzens. Fast alle Männer und Frauen können ein Lied davon singen. Es heißt ›Oh, wie so trügerisch sind Frauenherzen ... ‹ und stammt nicht aus meinem ganz privaten Nähkästchen. Denn der scheinbar unlösbare Widerspruch, mit dem ich leben muß, ist ein Schicksal, das ich mit vielen Frauen teile, und dieses Schicksal heißt Weiblichkeit – ein uralt-neuer Widerspruch, archaisch praktisch, der Frauen schon immer hübsch häßlich machte. Oscar Wilde beschrieb ihn so: »Frauen sind ein faszinierend eigenwilliges Geschlecht. Jede Frau ist eine Rebellin und gewöhnlich in wildem Aufruhr gegen sich selbst.« Und andere Frauen. Zum Teufel mit der Weiblichkeit?
Moment, Moment. Wo kämen wir denn da hin! Ein bißchen Spaß muß sein. Und ich bin selbstverständlich – dank meiner ausführlichen Erziehung – eine moderne, aufgeschlossene Frau von heute, genau wie ihr. Und moderne Frauen sind schließlich keine frustrierten Feministinnen oder andere Nonnen, die Lippenstift, Backbücher und Liebesromane auf den Scheiterhaufen werfen. So geht das nicht. Schon wegen der Männer, ohne die all die Weiblichkeit ja irgendwie nichts wert ist, nicht wahr? Deshalb haben moderne Frauen – wie ich – es satt, auf den Männern herumzutrampeln. Die armen Jungs! Nie waren sie so wertvoll wie heute. Wer das Gegenteil behauptet, ist von gestern.
Männerfeindschaft ist mega-out, und keine modebewußte Frau ist gern mega-out. Oder habt ihr in letzter Zeit mal ein Interview mit einer irgendwie berühmten, modernen, weiblichen und bei Männern beliebten Frau gelesen – Hera Lind zum Beispiel –, die nicht betont hätte, daß Männer in der Mehrheit okay, an nichts Schuld und überhaupt gut zu gebrauchen sind? Selten, würde ich sagen, selten.
Moderne Frauen sind emanzipiert genug, um die tatsächlichen Feinde der Weiblichkeit zwei Meilen gegen den Wind zu riechen: die Emanzen. Lauter Flintenweiber ohne Lippenstift und mit lauter langweiligen Sachen im unfrisierten Schädel: gerechte Verteilung von Hausarbeit etwa oder Kindergartenplätze oder Abtreibungen oder Empfängnisverhütung. Häßliche Besen, die nur übers Putzen und andere unappetitliche Dinge rumnölen. Kaum vorzustellen, daß so was zu meiner Jungmädchenzeit mal Mode war. Irgendwo in meinem Nähkästchen – pardon Schrank – schlummert wahrscheinlich noch eine lila eingefärbte Babywindel zur passenden Latzhose. Nein, das ist gelogen, ich war eine von den kreuzbraven Emanzen im quietschgelben Minirock, und das gab, was sonst, Ärger mit einigen Babywindel-Emanzen – wegen der feministischen Kleiderordnung, was mich schon damals (halb) davon überzeugte, daß Emanzen die Frauen sind, die uns alles verbieten wollen, was das Leben schön weiblich macht. Auf die fallen wir modernen, weiblichen Frauen von heute nicht mehr rein. Wir wissen schließlich vom Hörensagen ganz genau, daß diese Babywindel-Emanzen uns nur schaden wollten, um anderswo die besten Kerle abzustauben. Hierzulande heizten sie den armen Jungs ein, bis die nicht mehr zu gebrauchen waren, und klammheimlich flogen sie – und fliegen sie noch heute – nach Jamaica, Sardinien oder Griechenland, um sich dort von einem Schafhirten, der Emanzipation nicht einmal schreiben kann, ordentlich durchv ... zu lassen.
Ihr könnt mir folgen, Schwestern? Na, na, ihr habt ja eine ganz schön schmutzige Phantasie. Weiter so, Mädels, ich erkenne die keckernden, meckernden Zicken unter euch. So eine, wie ich es selbst oft bin. Laßt uns der überall lauernden Versuchung erliegen und gemeinsam gegen die Emanzen zicken. Weil das nämlich zur Zeit ultramodern ist – im Gegensatz zur Männerfeindschaft. Oder habt ihr, verehrte Zicken, noch nie die folgenden Sätze gehört oder gar von euch gegeben? »Ich bin keine Feministin« oder »Ich bin feminin, aber keine Emanze.«
Und genau damit mache ich jetzt – nur zum Spaß – mal todernst. Ich bin keine Feministin, und ich liehe alle Männer, sogar den, der nachts meine Primeln im Garten vollpinkelt. Im Sitzen!
Achtung! Satire! Weiterlesen auf eigene Gefahr! Zu Risiken und Nebenwirkungen lesen Sie den Klappentext noch einmal oder fragen Sie Ihre Mutter oder besser gleich Ihre beste Freundin.
It’s a men’s world
Cher, Entertainerin
Fakten, Fakten, Fakten
Helmuth Markworth, Infotainer
In diesem Buch geht es um eine Menge uralten Kram, der nichts von seiner Modernität eingebüßt hat. Ganz im Gegenteil, er steht kurz vor einer ganz neuen kulturellen Blüte. Deshalb müssen wir uns in diesem Kapitel zunächst einmal mit dem Meer an Fakten und Zahlen über die Benachteiligung der Männer durch die emanzipierte Frau beschäftigen. Wie ihr ja bereits wißt, bin ich eine entschiedene Männerfreundin, was mich auf dieser Welt weit gebracht hat. Und jetzt lest bitte aufmerksam weiter, denn ich erkläre euch nun, weshalb.
Zunächst einmal müssen wir uns über zwei Grundwahrheiten dieser real existierenden Welt einig sein:
1. Männer sind klüger als Frauen.
2. Die Erde ist eine Scheibe.
Wenn moderne Frauen diese Grundwahrheiten endlich wieder ernst nähmen, wäre die Welt nur halb so kompliziert und unsere echt weiblichen Entfaltungsmöglichkeiten grenzenlos. Dummerweise schränkt die Bundesrepublik Deutschland diese allerdings erheblich ein, indem sie – leider, leider – die Gleichberechtigung zum Gesetz erhoben hat. Ich hab’s mal nachgeschlagen, wobei mir glatt ein Fingernagel abgebrochen ist, was ich dem Grundgesetz sehr übel nehme. In Artikel 3 Absatz 2 des Grundgesetzes heißt es: »Frauen und Männer sind gleichberechtigt.« Seit 1949. Und nun ratet mal, wem wir modernen Frauen das zu verdanken haben? Einer Frau natürlich. Elisabeth Selbert, geboren 1896, gestorben 1985. Eine einzige Frau in der Grundgesetzgebungskommission, und schon hatten wir den Salat! Na ja, keine Bange. Die Dummheit einer einzigen, ungeschminkten Emanze hat sich noch nie durchsetzen können, und für die meisten modernen Frauen ist Frau Seibert überhaupt kein Begriff. Kein Wunder, denn moderne Frauen sind auch ganz anders. Zum Beweis die erste Zahl, und zwar aus ›Amica‹ (zu deutsch: Freundin): 81 Prozent aller deutschen Frauen benutzen Lippenstift. Na bitte. Ich auch. Echt weibliche Frauen pfeifen eben auf den Blödsinn mit der Gleichberechtigung und fühlen sich nach wie vor den oben genannten Grundwahrheiten verpflichtet. Und auch das kann ich beweisen: Nur 20 Prozent aller deutschen Ehe- und Familienfrauen bestehen auf die Mithilfe des Mannes beim Putzen des gemeinsamen Haushalts. Das sind bestimmt die ohne Lippenstift. 80 Prozent aller Frauen denken logischer, schminken sich die Lippen und erledigen das bißchen Haushalt nach wie vor typisch weiblich, sprich: allein. Das ergab eine Umfrage des Bundesfamilienministeriums vom März 1994.
Dieses Bundesfamilienministerium ist übrigens auch so eine überflüssige Einrichtung, die wir unfrisierten Emanzen zu verdanken haben. Schaut euch doch nur mal die Chefin an. Typisch Flintenweib. Claudia Nolte heißt sie und rennt rum wie ein wildgewordener Handfeger in Latzhosen. Sie keift lauthals dazwischen, wenn die Männer sich klug unterhalten, organisiert eine Abtreibungsdemo nach der anderen und drängelt sich ständig in die Hauptnachrichten der Tagesthemen. Die nölende Nolte. Echt pervers. Doch damit nicht genug, denn das Bundesfamilienministerium mischt sich leider nicht nur ins Putzen ein, sondern schnüffelt auch in unseren Kochtöpfen herum. So erfahren wir aus gleicher Quelle, daß 77 Prozent aller begatteten und sonstwie bemannten Frauen sich zu Hause – zusätzlich zum Abwasch – allein ums Kochen kümmern. Nur 77 Prozent! Da sieht man, wohin die Emanzipationsbewegung geführt hat. 23 Prozent aller Männer werden von ihren Lebensabschnittsgefährtinnen beim Kochen grausam benachteiligt und mißhandelt. Das sind bestimmt die mit den häßlichen Doppelnamen. Oder Frauen wie Hillu Schröder, die ihrem niedersächsischen Ministerpräsidenten Gerhard das Schnitzel verweigerte und sich dann auch noch darüber wunderte, daß Gerhard das Weite und nach einer weiteren Blondine gesucht hat. Ein bißchen mehr weibliche Logik, Schnitzel und ein Hauch Blondiercreme hätten das verhindern können.
Leider steht es mit der weiblichen Logik insgesamt nicht mehr zum Besten. Da wäre zum Beispiel das Thema »Einkaufen«. Alarmierende 38 Prozent aller verheirateten, verführten oder sonstwie gleichberechtigten Kerle reißen ihren Frauen beim gemeinsamen Einkauf ab und zu die Plastiktüte aus der Hand und fragen, wo die Dosentomaten stehen. Einige beweibte Männer, so um die 16 Prozent, sind sogar dermaßen unterdrückt, daß sie ganz allein in den Supermarkt gehen und verzweifelt versuchen, sich die 187 modernen Käsesorten zu merken, von denen Frauen naturgemäß mehr Ahnung haben.
Was sind das bloß für Frauen, die ihre Männer mit Käse beschäftigen? Emanzen, stinklangweilige Emanzen! Und was tun diese emanzipierten Frauen, während ihre bedauernswerten Männer gerade einkaufen? Ich hoffe, sie nutzen die Zeit, um sich endlich mal die Lippen nachzuschminken oder sonstwie auf ihre Weiblichkeit zu besinnen. Obwohl ... ich will mal nicht so pessimistisch sein. Es sieht immerhin so aus, als seien sogar Emanzen nicht völlig auf den Kopf gefallen. Hat die biologische Uhr nämlich geklingelt und ist ein Piepmatz unten rausgefallen, kommen sogar die unweiblichsten Krawalltanten meist wieder zur Vernunft. Jawohl, liebe moderne Leserin, und auch das kann ich beweisen. Nur ein Prozent aller Männer ist so beschränkt und unterdrückt, daß sie sich Erziehungsurlaub nehmen. Erinnern wir uns bitte an Herbert Grönemeyer, der da sang: »Kinder an die Macht.« Männer wissen eben alles besser. Recht hatte der Herbert mit seinem Lied, und wie. Denn wenn Kinder die Macht im Leben einer Frau übernehmen, bringen sie als erstes die weibliche Welt wieder voll in Ordnung. Man braucht sich ja nur umzusehen: Selbst die verbiestertste Emanze scheint zu verstummen, wenn der erste Kinderschrei ertönt. Weibliche Logik setzt auf Pampers statt auf Emanzenpipapo. Da kann die Bundesregierung noch so viel unlogische Gesetze über das Recht auf Kindergartenplätze und Krippen verabschieden, die es, Gott und der mütterlichen Zurückhaltung sei’s gedankt, gar nicht gibt.
Die Wirklichkeit echter Weiblichkeit sieht viel eher so aus, wie Richard Widmark, von Beruf Filmcowboy, sie in ›Der Weg nach Westen‹ unsterblich schön beschrieben hat: »Frauen wollen immer nur das eine, egal, was sie dir erzählen. Ein Haus bauen, Kinder kriegen und versorgt werden.« Wir danken an dieser Stelle dem lieben Gott noch einmal, daß die Mehrheit der deutschen Männer und Frauen immer noch mehr dem unsterblichen Richard Widmark glaubt und nicht irgendwelchen unfruchtbaren Blaustrümpfen, deren biologische Uhr nicht richtig tickt. Moderne, weibliche Frauen dürfen trotzdem mit Fug und Recht hoffen, daß der ruhestörende Lärm krakeelender Emanzen bald ein Ende haben wird und daß wir es uns alle wieder ganz bequem machen können im Windelparadies.
1996 stieg nämlich die Geburtenrate erstmals seit 1989 wieder an. Das ist doch was. Und wenn sich der von Emanzen unterdrückte Gesetzgeber jetzt auch noch endlich dazu entschließen könnte, Scheidungen wieder zu verbieten, stünde der weiblichen Bequemlichkeit und einer heilen Welt noch weniger im Wege. Zusätzlich sollten wir modernen Frauen auch das 1977 abgeschaffte Einspruchsrecht des Ehemanns gegen eine Berufstätigkeit der Frau wieder einklagen, denn nur weil ein paar wildgewordene Emanzen vom Herd weggelaufen sind, lassen wir uns doch nicht unsere Weiblichkeit wegnehmen!
O pardon, das war jetzt vielleicht ein wenig zu kämpferisch. Ich übe mich wohl doch lieber in weiblicher Bescheidenheit, weil das nämlich automatisch zum Ziel führt. Mit Demut und bescheidener Freude darf ich deshalb an dieser Stelle darauf verweisen, daß, laut einer EU-Studie, zur Berufstätigkeit verführte Frauen 30 Prozent weniger als berufstätige Männer verdienen. Na bitte, es geht doch, Bescheidenheit setzt sich selbst im Berufsleben immer wieder durch. Mütter, die so blöd sind, ihre Bequemlichkeit aufzugeben und zu arbeiten, verdienen Gott sei Dank noch viel weniger als Männer, haben geringe Aufstiegschancen und später die niedrigsten Renten. Wo kämen wir denn auch hin, wenn nicht die Kinder unser wahrer, unbezahlbarer und unbezahlter Lohn blieben?
Es wird Zeit für ein Fazit, das da lautet: Frauen, die ihr Windelparadies verlassen und selber arbeiten, statt für sich arbeiten zu lassen, haben jede Menge Ärger. Selber schuld. Frauen sind und bleiben nun mal strunzdumm, das beweisen die folgenden Zahlen: Nur acht Prozent der weiblichen Angestellten bekommen irgendwann einen Führungsposten. Gut so, denn sonst käme die Welt in Teufels Küche. Es gibt auch keinerlei Grund zur Besorgnis, daß sich daran irgend etwas ändern könnte, denn emanzipierte Angestellte, die so häßliche Dinge wie Fachhochschul- oder Uniabschlüsse mit sich rumtragen, sind zum Glück in einer verschwindend geringen Minderheit: Es sind drei Prozent.
Wenden wir uns also beruhigt den einzigen einigermaßen vernünftig und modern denkenden Frauen im Arbeitsleben zu: den Sprechstundenhilfen und Verkäuferinnen, die klug und leidensfähig genug sind, um zu wissen, daß eintönige, arbeitsintensive und schlechtbezahlte Jobs ein Maximum an weiblicher Entfaltungsmöglichkeit bieten. Kein Wunder folglich, daß 99,7 Prozent aller Sprechstundenhilfen weiblich sind – wo sonst haben Frauen eine bessere Chance, einen gut verdienenden, gut ausgebildeten Doktor Bruckner kennen- und liebenzulernen? – und daß 80 Prozent aller Verkäufer ebenfalls weiblich sind. Es sind die Verkäuferinnen dieser Welt, die begriffen haben, daß die schönste weibliche Tätigkeit das Bedienen ist. Und weil sie dafür beschämenderweise Geld annehmen müssen, bleibt ihre letzte Hoffnung die Ehe mit einem der klugen, männlichen Putzmuffel. Den dürfen sie dann zu Hause ganz umsonst bedienen, was ein Maximum an weiblicher Lebensfreude automatisch mit sich bringt.
Darf ich an dieser Stelle einen unfaßbar klugen Mann zitieren, der schon vor hundert Jahren wußte, was wahre Weiblichkeit ist? Sein Name ist Lorenz von Stein, ein Name, den moderne Frauen sich wirklich merken sollten, auch wenn wir nichts von dem begreifen, was sein eigentliches Forschungsfeld war: die Wirtschaftswissenschaften. Aber lesen wir, was er über uns herausfand: »In dem Augenblicke, wo ich die Schwelle meines Hauses überschreite, verlasse ich die Meinigen und gehöre der Welt, in der ich arbeite; in dem Augenblicke, wo ich nach jener zurückkehre, wende ich mich zugleich von dieser arbeitenden Welt ab und gehöre dem Hause. An der Schwelle des Hauses aber steht die Frau. Ich weiß, daß ihre weiche Hand mir die Stirn glättet und ihre freundlichen Worte wie frische Tautropfen auf die Mühen des Tages fallen. Will man mehr? Und was eigentlich?« Genau, nix natürlich.
Noch klüger war allerdings Steins Zeitgenosse Rudolf von Virchow, ein berühmter Zellularpathologe – fragt mich bitte nicht, was das ist –, der den folgenden Satz von sich gab und mir, der echt modernen Frau, damit direkt aus dem Herzen spricht: »Die Tiefe des Gefühls, diese Wahrheit der unmittelbaren Anschauung, diese Sanftmut, Hingebung, Treue – kurz, alles, was wir an dem wahren Weibe Weibliches bewundern und verehren, ist nur eine Dependenz des Eierstocks.« Na, liebe Emanzen, schlägt eure biologische Uhr endlich dreizehn?
Ich danke dem Himmel, daß die Erkenntnisse der beiden Herren nicht ganz der Vergangenheit angehören. Im Gegenteil, sie sind wieder ultramodern! Gerade unter Frauen. Das nenn ich Fortschritt. Von Hera Lind wissen wir zum Beispiel, daß sie ihre Bücher im Rhythmus ihrer Schwangerschaften »gebiert«. Das teilte sie erst 1996 Erich Böhme bei ›Talk im Turm‹ mit. »Ich hab beim Schreiben soviel gelacht, daß mein Kind mit einem Schleudertrauma zur Welt kam.« So witzig kann moderne Weiblichkeit sein! Unsterblich schön auch Hera Linds ganz moderner Satz: »Ich schreibe mehr so aus dem Bauch.« Und dazu noch in der Garage neben ihrer Villa! Obwohl, warum eigentlich nicht am Küchentisch?
Frau Lind ist aber bei weitem nicht die einzige, die ultramodern und ganz auf kreativ-weibliche Eierstöcke setzt. In einer Ausgabe aus dem Jahre 1992 der esoterischen Fachzeitschrift ›Sagewoman‹, zu deutsch: Salbeifrau, lese ich: »Friedfertigkeit, Intuition, die ganze Kraft einer Frau kommt automatisch dank ihrer Weiblichkeit zustande, der natürlichen und persönlichen Vertrautheit mit Blut – Menstruationsblut.« Und das schreibt kein Mann, sondern eine Frau, und zwar eine amerikanische Feministin. Na also, der Sieg der modernen Gebärmütter steht endgültig bevor. Weil uns Amerika aber in allem weit voraus ist, müssen wir in Deutschland leider noch ein bißchen warten, bis die Feministinnen auch bei uns wieder ganz weiblich werden. Doch mit Freude darf ich schon mal berichten, daß ich bei einem Besuch – undercover, versteht sich – einer der ersten und letzten deutschen Frauenbuchhandlungen fünf Regalmeter mit Literatur für moderne, menstruierende Salbeifrauen entdeckt habe und so gut wie kein langweiliges Buch über Abtreibungen, Lohndiskriminierung und ähnliches Teufelszeug. Ja, ich fand sogar Engelstarotkarten, die ich mir dankenswerterweise nicht bei meinen Feindinnen, den Emanzen, kaufen mußte, weil ich die im Februar 1997 schon aus meiner Freundin ›Bild der Frau‹ ausgeschnitten hatte. Es ist immer wieder tröstlich zu entdecken, wie ewig gleich wir Frauen uns alle sind.
Liebe moderne Leserin, wie ich beweisen konnte, läßt wahre Weiblichkeit sich nicht unterkriegen, solange es Frauen gibt – und Männer, die solche Frauen mögen. Beruhigenderweise gibt es davon ja noch jede Menge.
Nun aber Schluß mit den lästigen Fakten, Fakten, Fakten. Soviel Nachdenkerei macht Falten, das wußte doch schon Immanuel Kant, der große deutsche Philosoph, zuständig für endgültige Weisheiten. Ich darf zitieren: »Tiefes Nachsinnen und eine lange fortgesetzte Betrachtung sind edel, aber schwer und schicken sich nicht wohl für eine Person, bei der die ungezwungenen Reize nichts anderes als schöne Natur zeigen sollen. Mühsames Lernen oder peinliches Grübeln verleugnet die Vorzüge, die dem (weiblichen) Geschlecht eigentümlich sind, und entstellt.« Darüber sollten Frauen wirklich mal gründlich nachdenken. Oh, Moment mal, geht ja gar nicht. Können wir ja nicht, viel zu kompliziert. Ich spüre schon meine Falten. Wo um Himmels willen ist meine biosphärische Haut-Repair-Komplex-Emulsion mit nutritiven Liposomen? Und wo zum Teufel sind die Männer hin, die uns das Denken abnehmen? Sollen wir das jetzt etwa selber machen? Moderne, kantsche Frauen doch nicht. Bis auf ... O Gott. Pfui, ihr Salbeifrauen, jetzt merk ich erst, was ihr für menstruierende Faltenmacherinnen seid. Pfui, Frau Lind, jetzt begreif ich’s erst. Sie mit ihren Schwangerschaftsromanen sind ja auch nur eine Emanze. Unverheiratet, wie Sie sind, nehmen Sie Ihrem Lebensabschnittsgefährten die Garage weg und überlassen die Kinder einer Betreuerin. Und das alles nur, um mit der Tinte rumzukleckern. Superweib, daß ich nicht lache! Ich bin hier das Superweib! Oder doch nicht? Schließlich denke ich hier schon die ganze Zeit wie wild herum, und wo bleibt da, bitte, meine moderne Weiblichkeit? Schluß also mit dieser Denkerei, sonst kommt es am Ende noch so weit, daß ich behaupte, die Erde sei eine Kugel. Quatsch, dann fielen die Australier ja alle runter.
Vorsicht! Bildung! Ernsthafte Nebenwirkungen sind ab jetzt nicht mehr auszuschließen!
»Die Demütigung der Frau ist vollkommen, wo man sie unbehelligt auf ein Piédestal abstellen kann.«
Theodor W. Adorno
»Ich will so bleiben, wie ich bin (tralala) – Du darfst...«
Werbesong für kalorienarmen Käse & Co.
Die folgende Strophe ist leider ernst, weshalb sie mit einer deutschen Tragödie beginnt: Johann Wolfgang von Goethes ›Faust‹. Ein philosophisches Stück und so genial, daß nur wenige es kennen, kaum eine(r) es liest und niemand es versteht. Schon gar nicht den zweiten Teil, den nur sehr sadistische Intendanten auf den Spielplan setzen. Aber keine Bange, ihr müßt den ›Faust‹ jetzt nicht durchlesen. Ich konzentriere mich hier auch nur auf ein paar unwesentliche, bisher kaum beachtete Details: die Frauen. Von ihnen wird in dem Stück viel geredet, aber im Grunde tauchen sie die meiste Zeit nur in Nebenrollen, als Traumgestalten und Phantasiegebilde auf. Bis auf Gretchen, doch das kommt erst später.
Zum Einstieg eine kurze Zusammenfassung: Es geht in der Hauptsache um einen deprimierten, alten Gelehrten, dem die Wissenschaft keinen Spaß mehr macht und der das Leben viel zu ernst nimmt. Deshalb macht er einen Frühlingsspaziergang, was aber auch nicht hilft. Zurück in seinem Studierzimmer, gerät er sofort wieder ins Grübeln. Erst ein paar megagute Drogen von einem teuflischen Dealer namens Mephisto bringen Faust gut drauf und machen ihn vorübergehend knackig jung, was bei Saufgelagen, Welteroberungsplänen, Abenteuern und dem Verführen verschiedener Weibsbilder, zum Beispiel Gretchens, von Vorteil ist. Erst ganz zum Schluß, am Ende des zweiten Teils, kriegt Faust dann ob so viel irdischer Freuden die Krise – sonst war’s ja auch keine Tragödie, sondern eine Geschichte über Otto vom Lotto im Glücksrausch. Die Drogen hat Faust am Ende so satt wie am Anfang die Wissenschaft. Wenn er aber nicht weiter auf Droge bleibt, droht ihm die Hölle. Zu diesem Preis hat er von Dealer Mephisto nämlich die Drogen abgestaubt. Ziemlicher Teufelskreis, typischer Drogensumpf. Doch leider gibt es keine vernünftigen Drogenberatungsstellen, weshalb Faust voll philosophisch über andere Auswege aus der Hölle nachdenkt und im Entzugsdelirium erkennt: »Das ewig Weibliche zieht uns hinan.« Mit anderen Worten: Eine Frau muß her. Aber nicht irgendeine dahergelaufene, lebensechte Schlampe, wie sein Drogendealer sie gern empfiehlt, sondern, bitte schön, eine ewig weibliche. Die heißt dann, wie weiter oben bereits erwähnt, Gretchen und wohnt am Ende des Dramas schon lange im Himmel. Auf Wolke sieben, da, wo ideale Frauen hingehören, denn sonst könnten sie schließlich keinen Mann hinanziehen. Gretchen ist am Ende also ein Engel von Frau, aber nur deshalb, weil sie am Anfang des Dramas auf Erden zu einer Schlampe wird – dank Faust. Das klingt jetzt höllisch kompliziert, weil es auch höllisch kompliziert ist.
Also: Naives, blondes Gretchen ist zunächst die reine Unschuld. Der deprimierte, vollgedröhnte Faust hat tierisch Bock auf ein bißchen naive Unschuld, weshalb er sie entjungfert. Leider, so Tucholsky, ist es mit Jungfrauen aber wie mit Fahrscheinen: wenn man einmal ein Loch reinknipst, sind sie komplett entwertet. So auch Gretchen. Die blöde Unschuld wird natürlich sofort schwanger, außerdem geht ihre Mutter während des nächtlichen Techtelmechtels an einem Schlafcocktail von Mephisto drauf. Das macht die naive Schwangere total irre vor lauter Schuldgefühlen, weshalb sie auch das lästige Kind umbringt. Und das war’s dann endgültig mit der Unschuld auf Erden. Sie landet, voll schuldig, als Kindsmörderin unterm Henkersbeil, lehnt in einem letzten lichten Moment eine Rettung durch den drogenabhängigen Faust ab und landet zur Belohnung trotz Mord im Himmel. Tod als Erlösung. Das kennen wir. Nur Faust darf danach noch weiter mitspielen, sonst wäre das Stück ja leider zu Ende. Diese Rollenverteilung kommt dem Drama allerdings zugute, denn: Ein totes Gretchen erspart Faust eine langweilige Ehe mit einer Co-Süchtigen und uns eine alltägliche Schmierenkomödie. Als Belohnung für den schnellen Abgang bleibt Gretchen dem Helden ewig unvergessen und hat am Schluß eine megagute Szene oben auf der Wolke – voll abgehoben sozusagen.
Dieses Muster kennen wir auch heute noch aus anständigen Cowboyfilmen. Der wahre John Wayne verliert am Anfang die engelsgleiche Braut, knallt infolgedessen ein paar Schurken über den Haufen oder rettet die Welt. Am Ende reitet er unverheiratet, weil in eine unerreichbare Tote verknallt, in den Sonnenuntergang und neuen Abenteuern entgegen, in denen er dann zum Beispiel als Peter Weller in ›Robocop‹, als Bruce Willis in ›Stirb langsam‹ oder als Tom Sellek in ›Drei Männer und ein Baby‹ wieder auftaucht. Überall wimmelt es von toten oder sonstwie abwesenden Frauen, die Männer zu Höchstleistungen anspornen.
Die Moral von der Geschieht: Nur ein totes Gretchen ist ein gutes Gretchen, soll heißen, nur über unsere Leichen sind Frauen wirklich ewig weiblich, begehrenswert und einfach Engel. Ein anderer großer deutscher Dichter, Rainer Maria Rilke, hat dasselbe in seinem Poem – nein, liebe Leserin, hier ist nicht das gleichnamige Parfüm von Lancome gemeint –, das da heißt ›Requiem‹, so ausgedrückt:
»Gretel, von allem Anbeginn war dir bestimmt, sehr zeitig zu sterben, blond zu sterben ... «
Was schließen wir daraus? Zum einen, daß der Blondinenwitz eine lange, literarische Tradition hat, und zum anderen, daß es durchaus Sinn macht, Blondiercreme sparsam zu benutzen, um nicht zu früh zu sterben und dann bedichtet zu werden. Soweit, so fiktiv. Die Sache hat aber einen Haken. Die ideale Weiblichkeit ist nämlich ein mörderisches Konzept und keineswegs eine dumme Erfindung der Goethes und Rilkes dieser Erde. Die ideale Weiblichkeit ist in der realen Welt ein Ding der Unmöglichkeit, siehe Gretchen. Alter Tobak also? Nein. Die Weiblichkeit ist ein Käfig voller Närrinnen, zu dem Frauen sich trotz gesetzlich verbriefter Gleichberechtigung wieder vermehrt hingezogen fühlen, und zwar seit dem Zeitpunkt, da das männerfixierte Superweib – im gleichnamigen Film übrigens blond wie Veronica Ferres – in unser Leben trat, also seit Anfang der neunziger Jahre. Widerspruch, dein Name ist heute Superweib. Der »typisch« weibliche Charakter wurde schon immer verehrt, geheiligt, idealisiert. Frauen wurden zu Madonnen, Heiligen, Töchtern der Venus, Friedensengeln und was nicht noch alles an überlebensgroßen Gestalten stilisiert. Heute sind daran lediglich die Begriffe anders: Aus Madonnen wurden allzeit bereite Suppermuttis, aus Heiligen weltferne Öko-Feen, esoterische Salbeifrauen oder sozial penetrante Politikergattinnen, die die Entdeckung jeder neuen, unheilbaren Fußpilzerkrankung dankbar als Lebensaufgabe begrüßen, und aus den Töchtern der Venus wurden die unerreichbaren Topmodels, die topintelligent sind und von denen uns alle naselang berichtet wird, daß sie nie Diät halten und am liebsten Hamburger futtern. Wer’s glaubt, wird selig. Nur nicht auf Erden. Lebendige Frauen hatten und haben mit idealen Wesen wenig gemein. Viele tun trotzdem so und übersehen dabei, was sie sich und anderen damit antun. Diese weiblichen Menschen kastrieren sich und ihresgleichen so erbarmungslos wie somalische, sudanesische oder yemenitische Mütter, die ihren Töchtern die Schamlippen und die Klitoris wegsäbeln, damit sie perfekte Frauen werden. Es stimmt leider: Es sind Frauen, die diese blutige Verstümmelung an ihresgleichen durchführen, so wie ihre Mütter es bei ihnen taten. Unterdrückung funktioniert besonders reibungslos, wo sie die Unterdrückten zu ihren eigenen Unterdrückern macht.
Wir gesetzlich gleichberechtigten, westlich-zivilisierten Frauen sind da natürlich fortschrittlicher. Wir gestalten Unterdrückung noch reibungsloser und betreiben Verstümmelung unblutiger und selbständiger. Zum Wohle der Weiblichkeit legen einige von uns sich nämlich freiwillig unter die Messer, und zwar unter die von Schönheitschirurgen. Die schneiden dann hier was weg, saugen da was ab und polstern da was auf – mit dem nämlichen Ziel der somalischen Mütter, eine perfekte, begehrenswerte Frau zu erzeugen. Und wenn sie sich nicht verstümmeln läßt, dann unterdrückt die zivilisierte, moderne Frau zumindest ihr eigenes Begehren, ihr eigenes Denken, ihre eigenen Wünsche, ihre eigenen Ziele, ihren Mut und ihre Wut, kurz ihre Menschlichkeit. Immer mit dem Ziel, ganz Frau zu sein – denn menschliche, allzumenschliche Gefühle und ureigene Ziele haben vorbildliche Idealfrauen nicht.
Ein Vergleich: Madonna ist ganz der unbefleckten Empfängnis und Geburt des Erlösers verpflichtet, und moderne Supermuttis haben nix als Pampers, pädagogische Religionen und das Wohl des Sprößlings im Kopf. Beide Vorbilder haben allerdings einen Nachteil: Mit unserem Leben haben sie nichts zu tun. Keine Frau kann unbefleckt empfangen, und keine kann ihren Kopf und Alltag ganz mit Pampers vollstopfen. Auch wenn’s weh tut, so ist es leider. Nur ideale Frauen scheren sich nicht um die Tatsachen und kümmern sich ausschließlich um fremde Interessen. Sie suchen ihr Selbst, indem sie es aufgeben. Das ist übermenschlich und unmenschlich zugleich. Real existierende Frauen, die solches Verhalten anstreben und fordern, laufen Gefahr, so unmenschlich, grau, lähmend, lächerlich und frustriert zu werden, wie es der real existierende Sozialismus war. Frauen, die sich dem überlebensgroßen Weiblichkeitsideal verpflichtet fühlen, erleben Verlustängste, Versagensängste, im Extremfall sogar Lebensängste, wenn sie dem Ideal einmal nicht gleichkommen. Weiblichkeit ist ein diktatorisches Vorbild, das unter lebenden Frauen ein Klima von Mißtrauen, Verdächtigungen und Ängsten erzeugt. Typisch weibliche Frauen sind ständig der Gefahr ausgesetzt, Opfer, Komplizen und Spione ihrer Unterdrückung zu werden. Alles in einer Person. Mit guten, geschichtlichen Gründen. Wenn Frauen, ganz Mensch, einen eigenen Wunsch formulieren, eigene Ziele zum eigenen Wohl und nicht zum Wohl anderer durchsetzen wollen, leuchtet sofort ein inneres Warnschild auf: »Vorsicht, unweiblich« steht in blinkenden Buchstaben darauf. »Sie übertreten jetzt eine Grenze. Weitergehen auf eigene Gefahr. «
Aus der Rolle zu fallen, ist für Frauen noch immer eine beängstigende Vorstellung, obwohl die ihnen zugedachte Rolle sie zu halben Menschen macht und obwohl ihnen das Gesetz längst die ganze Menschenwürde zuerkennt. Frauen nehmen sich selten das Recht, das ihnen zusteht, und das nehmen sie sich und anderen Frauen leicht übel. Mächtige Ängste vor der eigenen Macht erzeugen ohnmächtige Wut auf sich selbst und andere, die ähnlich sind.
Ganz unberechtigt sind diese mächtigen Ängste vor der Macht nicht. Frauen, die sich dem weiblichen Ideal nicht vollkommen verpflichtet fühlen, hatten schon immer mit Widerspruch von außen zu rechnen. Ein ganzes Arsenal von Beschimpfungen stand bereit, um Frauen zu denunzieren, die gegen das überlebensgroße Ideal des Weiblichen aufbegehrten und ihre Menschlichkeit einklagten. Hexe wurden sie genannt und im Mittelalter als solche verbrannt. Mannweib, Xanthippe, Zicke, Schlampe, Männermörderin oder Emanze – es läuft alles aufs selbe hinaus. Auch wenn in den westlichen Industrienationen längst keine Scheiterhaufen mehr lodern, hinter diesen Worten lauern alte Drohungen. Frauen, die das überlebensgroße Ideal holder Weiblichkeit für lebenswichtig halten, empfinden diese Drohungen als lebensbedrohlich. Denn Xanthippen, Zicken oder Emanzen wird nach wie vor abgesprochen, hübsch, kommunikativ, lebensbejahend, gesellig oder – das wäre ja noch schöner – erfolgreich bei Männern zu sein.
Noch vor wenigen Jahrzehnten waren es vor allem Männer, die Hetzkampagnen gegen die Unweiblichkeit anheizten und mit Liebesentzug drohten. Der Fortschritt hat sie überholt. Und dieser Fortschritt ist weiblich. Typische Chauvis sind als Feindbilder mega-out. Auslaufmodelle. Weibliche Frauenfeindschaft gewinnt hingegen gesellschaftlich wieder mächtig an Terrain, was den unverbesserlichen Chauvis durchaus von Nutzen ist. Die männliche Logik entpuppt sich dabei als ein guter Witz:
Frage an einen erfolgreichen Chauvi: »Wie kriegst du heutzutage noch so viele Frauen in dein Bett?« Antwort des erfolgreichen Chauvis: »Ich habe ein ganz einfaches Rezept: Behandele eine Friseuse wie eine intellektuelle Emanze und eine intellektuelle Emanze wie eine Friseuse. Das führt in jedem Fall und todsicher zum Ziel.«
Es ist paradox, aber wahr: Weil es zum modernen Weiblichkeitsideal gehört, zumindest ein wenig emanzipiert zu sein, übernehmen heute immer mehr Frauen die Hetzkampagnen gegen unweibliche Weiber, Emanzen und andere Zicken, die ihr Recht auf ein donnerndes, voll erfülltes, kunterbuntes Leben einfordern. Brav gemacht, kann ich da nur sagen und über die auf Weiblichkeit und Dauerwelle frisierten Köpfchen der typischen Anti-Feministinnen streicheln. Ruft weiter in die Welt hinaus, daß ihr »keine Feministinnen« seid – es hält euch ohnehin niemand dafür. Nicht einmal meine Großmutter. Dazu seid ihr einfach zu brav. Voll brav. Ich weiß aber, daß ihr trotzdem ganz schön bissig werden könnt.
Typische Anti-Feministinnen verwandeln sich nämlich ziemlich rasch in keifende Krawalltanten (vgl. 1. Strophe, Thema »Emanzen«). Sobald eine Frau auftaucht, die aufs Bravsein pfeift und ihre gesetzlich festgeschriebene Gleichberechtigung auslebt, legen sie los. »Mannweib«, kreischen sie empört, oder »verbiesterte Schnepfe«. Noch verbiesterter, diesmal allerdings völlig sprachlos, reagieren sie, wenn ein Mann erscheint, der solche Frauen unterstützt, liebt oder lobt. Typische Anti-Feministinnen werden in solchen Momenten zu den Zicken, die sie auf keinen Fall sein wollen. Dumm gelaufen, Schwestern, aber nichts Neues.