Alexandre Dumas

Gefährliche Reise
durch den wilden
Kaukasus

Neu bearbeitet und herausgegeben
von Ernst Bartsch

INHALT

Kislar

Eine Abendgesellschaft beim Gouverneur von Kislar

Die Gawrielowitsche

Russische Offiziere im Kaukasus

Der Abrek

Der Renegat

Russen und Gebirgsvölker

Tatarenohren und Wolfsschwänze

Die Kopfabschneider

Das Geheimnis

Ali Sultan

Der Sandberg

Die Lesghier

Der Karanay

Derbent

Oline Nestersow

Die Karawanserei des Schah Abbas

Baku

Die Stadt, Basare und Moschee, Wasser und Feuer

Tiger, Schakale, Schlangen, Skorpione, Moskitos und Heuschrecken

Schah Hussein

Abschied vom Kaspischen Meer

Schemacha

Schamyl, seine Frauen und Kinder

Von Schemacha nach Nukha

Widderkampf, Tatarentanz und Badridzes Botschaft

Abreise

Das Schloss der Königin Tamara

Tiflis

Die persischen Bäder

Die Fürstin Tschautschawadze

Die Gefangenen

Dschemal-Eddin

Von Tiflis nach Wladikawkas

Neujahr und Wasserweihe in Tiflis

Telega, Tarantasse und Schlitten

Der Übergang über die kaukasische Beresina

Der Surham

In Medeas Reich

Die Skopzen

Von Marane nach Poti

Stadt und Hafen Poti

Abschied vom Kaukasus

Nachwort

Erläuterungen

Bildnachweis

KISLAR

Am 7. November 1858, um zwei Uhr nachmittags, näherten wir, der französische Zeichner Moynet, der russische Dolmetscher Kalino und ich, uns Kislar. Es war die erste Stadt nach unserer Abreise aus Astrachan. Wir hatten sechshundert Werst durch ödes Steppengelände zurückgelegt, ohne etwas anderes als Poststationen und Kosakenposten vorzufinden. Zuweilen hatten wir auch wohl eine kleine Karawane von herumziehenden Kalmücken und Nogaiern erblickt, die auf ein paar Kamelen die nötigen Zeltgeräte und ihre sonstige Habe mit sich führten.

Als wir aber der Stadt Kislar auf sieben bis acht Werst nahegekommen waren, hatte die Landschaft, wie es in der Nähe von Bienenkörben und Städten der Fall ist, ein belebtes Aussehen bekommen. Wir hatten aber auch bemerkt, dass die Bienen, die aus dem Korb kamen, mit gefährlichen Stacheln versehen waren. Alle Reiter und Fußgänger waren bewaffnet. Ein Hirte, der uns entgegentrat, hatte seinen Handschar an der Seite, seine Flinte auf der Schulter, seine Pistole im Gürtel.

Selbst die Kleidung hatte einen kriegerischen Charakter. Die harmlose russische Tulupe, die naive kalmückische Dublanka war hier durch die graue oder weiße Tscherkesska mit dem doppelten Patronengürtel auf der Brust ersetzt worden. Statt der früheren lächelnden Gesichter sah man unruhige Blicke. Man merkte, dass man einen Boden betreten hatte, wo jedermann einem Feind zu begegnen fürchtete, und, zu weit von einer schützenden Behörde entfernt, sich in wehrhaften Zustand setzte.

Je näher wir der Stadt kamen, desto schlechter wurde der Weg. In Frankreich, Deutschland oder England würde man ihn für unbefahrbar gehalten haben. Aber die Tarantasse kommt überall durch, und wir saßen in einer Tarantasse.

Wir hatten eine Sandwüste durchquert und waren fünf Tage durch Staub geblendet worden; nun versanken unsere Pferde bis über die Knie, die Räder bis an die Naben im Schlamm.

»Wohin soll ich fahren?«, fragte der Mietkutscher.

»In den besten Gasthof.«

Er schüttelte den Kopf.

»In Kislar, Gospodin«, antwortete er, »gibt es keinen Gasthof.«

»Wo kehrt man denn ein?«

»Man wendet sich an den Polizeimeister und dieser bestimmt ein Haus.«

Wir riefen einen Kosaken unserer Begleitung herbei, gaben ihm unsere Vollmachten zur Bereitstellung von Pferden und einer Eskorte und befahlen ihm, zum Polizeimeister zu eilen und uns mit der Antwort am Stadttor zu erwarten.

Er ritt im Galopp davon und verschwand in den Windungen des Weges, der sich zwischen Hecken verlor. Diese Hecken umschlossen Weingärten, die sehr gut angebaut schienen.

Wir befragten unseren Mietkutscher und erfuhren von ihm, es seien armenische Gärten, in denen der treffliche Kislarwein gewonnen wird.

Seit fünf Tagen hatten wir keinen Baum gesehen, und unsere Herzen erweiterten sich, als wir diese Oase erreichten, obgleich die Oase schon halb entlaubt war.

In Russland hatten wir den Winter zurückgelassen, in Kislar fanden wir den Herbst wieder. Man versicherte uns, dass wir in Baku sogar den Sommer finden würden. Die Jahreszeiten traten also in umgekehrter Reihenfolge ein.

Unser Kosak erwartete uns am Stadttor. Der Polizeimeister hatte uns ein nahes Haus angewiesen.

Wir waren nun wirklich im Orient, freilich im nördlichen; aber der nördliche Orient unterscheidet sich von dem südlichen nur durch die Volkstrachten. Sitten und Gebräuche sind nahezu gleich.

Moynet bemerkte es gleich beim Eintritt in unser Zimmer. Er stieß mit dem Kopf an die Türverkleidung, die für ein zehnjähriges Kind gemacht zu sein schien.

Ich sah mich mit einiger Besorgnis um. Die bisherigen Poststationen waren allerdings spärlich möbliert gewesen, aber man fand doch eine hölzerne Bank, einen Tisch und zwei Stühle. Unser Zimmer hingegen hatte außer einer an der Wand hängenden Gitarre gar keine Möbel.

Was für ein Musikenthusiast mochte unser Vorgänger in dieser Wohnung gewesen sein?

Wir befragten einen etwa fünfzehnjährigen Knaben, der sich uns mit seiner patronenbespickten Tscherkesska und mit seinem im Gürtel steckenden Handschar vorstellte; aber er antwortete bloß mit einer geringschätzigen Bewegung der Achseln: »Die Gitarre ist da, weil man sie dahin gehängt hat.«

Wir mussten uns natürlich mit dieser unverständlichen Aufklärung begnügen.

Wir fragten ihn ferner, wo wir speisen, sitzen und schlafen sollten. Er zeigte auf den Fußboden und entfernte sich etwas unwillig über unsere bescheidenen Fragen. Sein jüngerer Bruder, ein achtjähriges Knäblein, dem seine Verwandten einen langen Handschar umgeschnallt hatten, schaute uns unter seinem zottigen Papak scheu an und folgte dem Älteren. Wir blieben in einiger Besorgnis zurück. War dies die vielgerühmte orientalische Gastfreundschaft?

Erst jetzt bemerkten wir unseren Kosaken, der gebückt vor der viel zu niedrigen Tür stand.

»Was willst du, Bruder?«, fragte ihn Kalino mit der den Russen eigentümlichen Sanftmut.

»Ich wollte dem General melden«, antwortete der Kosak, »dass ihm der Polizeimeister Möbel schicken wird.«

»Es ist gut«, antwortete Kalino.

Der Kosak machte kehrt und ging fort. Wir mussten, um uns Respekt zu verschaffen, diese Meldung kühl aufnehmen und diese Aufmerksamkeit des Polizeimeisters als eine Schuldigkeit betrachten.

Der freundliche Leser hat sich gewiss schon nach dem »General« umgesehen. Der General war ich. In Russland wird nämlich jedermann in einen »Tschin« gesteckt. Dieses Wort bedeutet Klasse oder Rang und scheint chinesischen Ursprungs zu sein. Je nach dem Tschin, dem man angehört, wird man entweder als ein Lump oder als vornehmer Herr behandelt. Die äußeren Zeichen des Tschins sind: eine Borte, eine Medaille, ein Kreuz, ein Stern.

Vor meiner Abreise von Moskau hatte man mir gesagt: »Sie reisen in Russland, heften Sie sich irgendeine Auszeichnung ins Knopfloch oder an die Brust, sonst finden Sie kein Stück Brot in den Wirtshäusern, kein Pferd auf den Poststationen, keinen Kosaken in den Stanitzen.«

Ich lachte über den gutgemeinten Rat, aber bald sah ich ein, wie nützlich, ja wie notwendig die Befolgung desselben war. Ich steckte daher den spanischen Ordensstern an meinen russischen Militärüberrock und bemerkte sogleich die gänzliche Umwandlung im Benehmen der Leute. Man kam allen meinen Wünschen zuvor, und da in Russland gewöhnlich nur Generale einen Stern tragen, so hielt man mich eben für einen General. Meine beiden Geleitscheine, die vom Fürsten Barjatinski unterzeichnet waren und mich ermächtigten, auf allen Militärposten eine Eskorte zu nehmen, bestärkten die Leute in der Vermutung, dass ich ein hoher Offizier sei. Man hielt mich freilich für einen französischen General, und da die Russen gute Freunde der Franzosen sind, so ging alles sehr gut.

Zehn Minuten später wurden die Möbel wirklich auf einem Karren mit dem Befehl gebracht, uns so viele Zimmer zur Verfügung zu stellen, wie wir haben wollten.

Bis dahin hatte uns der ziemlich unfreundliche junge Wirt nur das Gitarrezimmer geöffnet. Als er aber die Möbel sah und den Befehl des Polizeimeisters vernahm, änderte sich sein Benehmen schlagartig.

Die Möbel bestanden aus drei Bänken, die als Betten dienen sollten, drei Teppichen als Ersatz für die fehlenden Matratzen, drei Stühlen und einem Tisch.

Jetzt fehlte uns nur noch etwas auf den Tisch zu stellen. Daher baten wir unseren jungen Tataren, Eier und ein Huhn zu holen.

Unterdessen machten wir unsere Reiseküche auf und nahmen einen kleinen Ofen, eine Pfanne, Teller, Gabeln, Löffel und Messer heraus. Der Teekasten lieferte uns Gläser und ein Tischtuch, an dem sich jedermann Mund und Finger abwischte.

Unser Bote brachte Eier. Ein Huhn hatte er nicht aufgetrieben, er bot uns dafür vortreffliches Hammelfleisch an, das man im Kaukasus überall findet. Ich nahm das Anerbieten an, ich hatte nun Gelegenheit, ein Schaschlik zu versuchen.

Man nimmt ein Stück Hammelfleisch, möglichst vom Lendenbraten, schneidet es in walnussgroße Stücke, lässt es eine Viertelstunde in Essig, Zwiebeln, Salz und Pfeffer liegen, steckt dann die Stücke auf einen kleinen Bratspieß und dreht ihn über der Kohlenglut, bis das Fleisch mürbe ist.

Während ich mein Schaschlik zubereitete und Moynet und Kalino den Tisch deckten, schickte uns der Kommandant, der unsere Ankunft erfahren hatte, frische Butter, zwei Hühner und vier Flaschen Wein.

Ich ließ dem Kommandanten meinen Dank sagen und meinen Besuch für den Abend melden.

Hühner und Butter sparten wir bis zum Frühstück auf. Aber von dem alten Wein wurde eine Flasche zum Diner geöffnet.

Nach Tisch begab ich mich mit Kalino zum Kommandanten. Die Hauptstraße von Kislar war ein Morast, wo man bis über die Knöchel im Kot watete.

Als ich kaum zehn Schritte gegangen war, fühlte ich mich am Rockschoß festgehalten.

Ich sah mich um. Es war unser sehr freundlich und zuvorkommend gewordener junger Wirt, der mir in einem aus schlechtem Russisch und Tatarisch gemischten Kauderwelsch den Rat gab, nicht unbewaffnet auszugehen.

Kalino übersetzte mir die Warnung.

Ich hatte wirklich keine Waffen mitgenommen. Es war vier Uhr und heller Tag, ich glaubte daher, keine Unbesonnenheit zu begehen.

Ich wollte weitergehen, ohne die Warnung zu beachten; aber er wiederholte sie in so dringender Weise, dass ich nachgab.

Ich kehrte um und steckte in meinen Gürtel einen fünfzehn Zoll langen, in Khorassan angefertigten Dolch, den ich in Astrachan gekauft hatte und auf der Reise trug, aber in der Stadt für überflüssig hielt. Kalino nahm einen großen französischen Säbel, den sein Vater auf dem Schlachtfeld von Montmirail erbeutet hatte. Unser junger Wirt verlangte, dass jeder noch eine Doppelflinte mitnehmen sollte, aber wir hörten nicht mehr auf ihn, machten Moynet auf die Gefahr aufmerksam und verließen das Haus.

EINE ABENDGESELLSCHAFT BEIM GOUVERNEUR VON KISLAR

Der Kommandant wohnte auf der anderen Stadtseite, sodass wir ganz Kislar durchwandern mussten, um zu ihm zu gelangen.

Es war Markttag, und wir mussten uns durch die Wagen, Pferde, Kamele und Handelsleute einen Weg bahnen. Anfangs ging es recht gut. Als wir aber den Marktplatz betraten, fingen die Hindernisse an.

Schapzuge, Tschetschene, Imerer, Häuptling der Adighe mit Tochter, Perser aus Baku (v.l.n.r.)

Ich hatte unter dieser bis an die Zähne bewaffneten Volksmenge noch keine fünfzig Schritte zurückgelegt, da sah ich ein, wie gering sowohl diese Gesamtmasse als auch der Einzelne einen unbewaffneten Mann achten muss. Im Orient bewaffnet man sich nicht nur, um sich zu verteidigen, sondern auch, um abzuschrecken. Der Bewaffnete sagt sogar in seinem Stillschweigen: Achtet mein Leben, oder nehmt das eure in Acht! Und diese Drohung ist keineswegs überflüssig in einem Land, wo, wie Puschkin sagt, »der Totschlag nur eine Gebärde ist«.

Wir gingen über den Marktplatz und befanden uns nun in den Straßen der Innenstadt.

Diese Straßen bieten einen überaus malerischen Anblick mit ihren regellos gepflanzten Bäumen und ihren Kotlachen, in denen Gänse und Enten plätschern und die Kamele ihren Wasservorrat für die Reise einnehmen.

Wir ließen uns bei dem Kommandanten melden. Er kam uns entgegen.

Er sprach nicht Französisch, aber mit Kalinos Hilfe wurde das Hindernis beseitigt. Er sagte mir, dass seine Frau, die wir im dritten Zimmer finden würden, unsere Sprache spreche.

Ich habe festgestellt, dass die Frauen in Russland und im Kaukasus mehr Weltbildung besitzen als ihre Männer; diese haben in ihrer Jugend wohl etwas Französisch gelernt, aber später als Militärs oder Beamte wieder vergessen. Die vornehmen Russinnen, die nichts zu tun haben, lesen zum Zeitvertreib französische Romane und bleiben daher mit der Sprache vertraut.

Frau Polnobokow sprach in der Tat sehr gut französisch. Ich entschuldigte mich, dass ich in diesem kriegerischen Aufzug erschien, und scherzte über die Besorgnisse unseres jungen Wirtes; aber zu meinem großen Erstaunen wurde meine Heiterkeit keineswegs geteilt. Die Dame blieb ernst und sagte, unser Wirt habe vollkommen recht.

Als ich noch zu zweifeln schien, berief sie sich auf ihren Gemahl, der alles bestätigte, was sie sagte.

Da der Kommandant in diesem Punkt die allgemeine Ansicht teilte, kam mir die Sache doch bedenklich vor. Ich bat also um nähere Auskunft.

An haarsträubenden Vorfällen fehlte es nicht. Erst am Abend vorher war auf der Straße ein Mord begangen worden. Es war freilich ein Irrtum gewesen: Der Falsche war ermordet worden. Vier Tataren – so heißen im nördlichen Kaukasus alle Banditen – erwarteten, unter einer Brücke versteckt, einen reichen Armenier, der des Weges kommen musste. Ein armer Teufel, den sie für den reichen Kaufmann hielten, ging über die Brücke; sie erdolchten ihn, durchsuchten seine Taschen und bemerkten nun ihren Irrtum; sie mussten sich mit einigen Kopeken begnügen, die er bei sich hatte. Dann warfen sie den Leichnam in den Kanal, der zum Bewässern der Gärten dient.

Einige Monate vorher waren drei Armenier, die Brüder Kaskoith, die von Derbent kamen, mit einem Freund namens Bonjar gefangengenommen worden. Da sie als reiche Leute galten, wurden sie von den Räubern nicht getötet, sondern ins Gebirge geschleppt, um sich durch eine große Summe loszukaufen. Nachdem man ihnen ihre Kleider genommen und sie etwa fünfzehn Werst fortgeschleppt hatte, mussten sie durch den Terek schwimmen. Die drei Brüder starben an den Folgen dieser Erkältung, nachdem sie zehntausend Rubel Lösegeld bezahlt hatten.

Die Frauen haben in dieser Hinsicht weniger zu befürchten als die Männer. Die Tataren müssen, um sich wieder ins Gebirge zu begeben, ihre Gefangenen durch den Terek schleppen, und die Frauen können dieses kalte Bad nur selten ertragen. Neulich starb eine Frau unterwegs; zwei andere starben an Erkältung, ehe ihr Lösegeld angekommen war, und ihre Verwandten, die ihren Tod erfuhren, wollten die Verhandlungen wegen der Leichen nicht fortsetzen.

Daher haben die Tataren den wenig einträglichen Frauenraub fast ganz aufgegeben; im südlichen Kaukasien hingegen wird er immer noch mit Erfolg betrieben.

Die folgende Geschichte beweist übrigens, dass der Frauenraub in anderer Weise ausgeübt wird.

Ein Tatarenfürst liebte eine vornehme Russin. Der junge Beg fand Gehör und verabredete mit ihr eine Entführung.

Sie war in Kislar. In Abwesenheit ihres Mannes verlangte sie von dem Kommandanten Pferde, und zwar zu einer Stunde, wo Herr Polnobokow die Gewährung ihrer Bitte gefährlich fand. Er verweigerte sie daher. Die Frau aber gab nicht auf; sie schützte die Krankheit eines ihrer Kinder vor. Der Kommandant ließ sich endlich überreden und gab ihr einen Paderogen, und die Frau reiste ab.

Der Beg erwartet sie unterwegs, entführt sie, bringt sie in seinen Aul, der einige Werst von Petigorsk wie ein Adlerhorst auf einem Felsen liegt, und behält sie drei Monate bei sich, ohne dass der Gemahl erfährt, was aus ihr geworden ist. Nach drei Monaten wird der Beg – der ein sehr schöner Mann sein soll – dieses zärtlichen Verhältnisses überdrüssig; er teilt ihrem Gemahl mit, dass ihm der Aufenthalt seiner Frau bekannt sei, und erbietet sich ihren Loskauf zu vermitteln. Der Gemahl nimmt das Anerbieten an. Einen Monat später schreibt ihm der Beg, er habe das Geschäft um den Preis von dreitausend Rubel abgeschlossen. Der Gemahl schickt die dreitausend Rubel, und acht Tage nachher hat er die Freude, seine Frau so wohlfeil zurückzubekommen.

Es war noch wohlfeiler, als er glaubte, denn er hatte nicht bloß seine Frau zurückgekauft, sondern auch das Kind, mit dem sie ihn ein halbes Jahr nachher beschenkte.

Wir plauderten eine Stunde mit Frau Polnobokow, die einen prächtigen Perserteppich unter den Füßen hatte. Sie lud uns für den Abend zum Tee ein, und ihr Gemahl versprach, uns zwei Kosaken zur Bedeckung zu senden.

Vor der Tür fanden wir die Droschke des Kommandanten. Eine so zarte Aufmerksamkeit findet man nur in Russland.

Der Wagen führte mich nach Hause. Ich wollte die Stiefel wechseln, um mich zu dem Polizeimeister zu begeben. Er erwartete mich jedoch bereits in meinem Zimmer.

Ich bat ihn um Entschuldigung, meinen Besuch so lange aufgeschoben zu haben und zeigte ihm meine bis an die Waden mit Kot bedeckten Stiefel.

Der Polizeimeister beschämte uns durch seine Zuvorkommenheit; wir hatten seine Güte schon missbraucht, wir hatten ihn um nichts mehr zu bitten, sondern ihm nur zu danken.

Vier bis fünf Flaschen Wein, die am Fenster standen, waren ein neuer Beweis seiner Freundlichkeit.

Er versprach uns, sich abends beim Kommandanten einzufinden.

Um halb acht Uhr hielt die Droschke des Kommandanten vor der Tür. Zwei Laternenträger gingen voran. In ihren Gürteln sah man die Pistolenkolben und die Griffe der Handschare blitzen. Zwei mit Säbeln und Karabinern bewaffnete Kosaken ritten auf beiden Seiten der rasch durch Wasser und Kot fahrenden Droschke. Unterwegs glaubte ich, einige Schüsse zu hören.

Wir waren die ersten der erwarteten Gäste. Die Dame des Hauses hatte uns am Morgen empfangen, ohne zu wissen, wer wir waren; mein Geleitschein und zumal mein Anzug hatte sie getäuscht; sie hatte mich wie andere für einen französischen General gehalten und war aus bloßer Gastfreundschaft so artig gewesen, dass ich glaubte, sie könne nicht freundlicher sein.

Ich irrte mich. Jetzt, da sie erfahren hatte, dass ich der Mann sei, dem sie ihre beste Unterhaltung zu verdanken glaubte, wusste sie nicht, wie sie mir für die geistigen Genüsse danken sollte, die ich ihr angeblich bereitet hatte.

Fünf bis sechs Personen, die sich bald darauf einfanden, sprachen gut Französisch, besonders die Damen.

Ich sah mich nach dem Kommandanten um. Frau Polnobokow kam meiner Frage zuvor.

»Haben Sie auf dem Wege hierher keine Schüsse gehört?«, fragte sie.

»Jawohl, drei Schüsse«, antwortete ich.

»Ganz recht; sie fielen in der Richtung des Terek, und dort haben sie immer eine gefährliche Bedeutung. Mein Mann ist beim Polizeimeister. Ich glaube, man hat Kosaken abgeschickt.«

»Dann werden wir bald etwas Näheres darüber erfahren.«

»Gewiss, sehr bald.«

Die übrigen Gäste schienen an die Schüsse nicht im Mindesten zu denken; man plauderte und lachte wie in einem Pariser Salon.

Bald kam der Kommandant mit dem Polizeimeister, und beide nahmen am Gespräch teil, ohne dass sie im Mindesten zerstreut oder aufgeregt schienen.

Zum Tee wurde verschiedenes armenisches Backwerk gereicht, das wegen der Zutaten einen sonderbaren, für europäische Gaumen fremdartigen Geschmack hatte.

Ein Diener, der mit einer Tscherkesska bekleidet war, flüsterte dem Kommandanten etwas zu. Dieser gab dem Polizeimeister einen Wink, und beide entfernten sich.

»Ist die Antwort angekommen?«, fragte ich die Frau des Hauses.

»Wahrscheinlich«, antwortete sie. »Nehmen Sie noch eine Tasse Tee?«

»Sehr gern.«

Ich tat Zucker in meine Tasse, schüttete Rahm auf den Tee und begann langsam zu schlürfen, denn ich wollte nicht neugieriger scheinen als die anderen. Aber mein Blick war beständig auf die Tür gerichtet.

Der Kommandant kam allein zurück.

Da er kein Französisch sprach, so musste ich warten, bis Frau Polnobokow meine Neugierde befriedigte. Sie erriet meine Ungeduld, die sie wahrscheinlich für übertrieben hielt.

»Man hat zweihundert Schritte von Ihrer Wohnung die Leiche eines Mannes gefunden«, sagte sie; »er ist von zwei Kugeln getroffen worden; aber da er völlig ausgeplündert war, so weiß man nicht, wer er ist. Es ist vermutlich ein Kaufmann, der heute seine Waren in der Stadt feilgeboten und sich verspätet hat. Heute Abend vergessen Sie nicht Ihre Fensterläden zu schließen, wenn Sie Licht behalten; man könnte durchs Fenster auf Sie schießen.«

»Was könnte es aber einem Räuber nützen?«, erwiderte ich; »die Tür ist doch verschlossen.«

»Er würde es vielleicht zum Zeitvertreib tun. Es sind sonderbare Leute, die Tataren.«

Ich schrieb einige Verse in das Album und dachte an den Toten nicht mehr als die anderen.

Vierzehn Tage nachher begriff ich diese Gleichgültigkeit, die mich anfangs so in Erstaunen gesetzt hatte.

Um elf Uhr gingen alle Gäste fort. Die Abendgesellschaft hatte länger gedauert als üblich; man war vielleicht seit Jahr und Tag nicht so lange beisammengeblieben.

Das Vorzimmer sah aus wie eine Wachstube; jede der zum Tee geladenen Personen war mit einem bis an die Zähne bewaffneten Diener gekommen.

Die Droschke des Kommandanten hielt wieder vor dem Haus mit den beiden Laternenträgern und den beiden Kosaken. Sie kostete mich drei Rubel: einen für den Kutscher, einen für die zwei Laternenträger und einen für die zwei Kosaken; aber die Sache war mir neu, das Geld reute mich nicht.

Ich brauchte meine Fensterläden nicht zu schließen. Unser junger Wirt, der ungemein aufmerksam war, hatte schon dafür gesorgt.

Ich legte mich auf meine Bank und hüllte mich in meinen Pelz. Mein Mantelsack diente mir als Kopfkissen.

DIE GAWRIELOWITSCHE

Wenn man sich abends auf ein Brett gelegt und nur einen Teppich als Matratze und einen Pelz als Decke hat, so steht man morgens nicht ungern auf. Ich verließ bei Tagesanbruch mein Lager, wusch mir Gesicht und Hände indem in Kasan gekauften kupfernen Waschbecken – denn ein solches findet man in Russland nur selten – und weckte meine Reisegefährten.

Die Nacht war ruhig verlaufen.

Wir mussten in aller Eile frühstücken und schleunigst abreisen; denn bis nach Schukowaja, unserem nächsten Nachtquartier, hatten wir einen weiten und teilweise äußerst gefährlichen Weg zurückzulegen.

Die gefährlichste Stelle war ein Wald, der sich von der Landstraße bis ans Gebirge erstreckt. Erst vor acht oder zehn Tagen war ein Offizier, der auf der Station Novo-Utschregdemaja keine Kosaken zur Bedeckung gefunden hatte, trotz der Warnungen weitergereist, um zeitig in Schukowaja einzutreffen. Er saß in einer Kibitka, die mit einem Lederdach versehen war. Mitten im Wald sprengte ein Tschetschene auf ihn zu. Er machte seine Pistole schussfertig; als ihm der Tschetschene auf vier Schritte nahegekommen war, drückte er ab. Die Pistole versagte. Der Räuber hatte ebenfalls eine Pistole in der Hand, er schoss aber nicht auf den Offizier, sondern auf das eine Pferd der Kibitka. Das Pferd stürzte, der Wagen musste halten. Zehn Tschetschenen zu Fuß kamen nun aus dem Dickicht hervor und griffen den Offizier an. Dieser verwundete zwei von ihnen mit seinem Säbel, wurde aber schnell überwältigt, ausgeplündert und mit dem Hals am Schweif des Pferdes festgebunden. Die Tschetschenen besitzen eine ungemeine Geschicklichkeit für solche Handstreiche. Sie haben immer einen Strick mit einer Schlinge in Bereitschaft; der Gefangene wird ans Pferd gebunden und der Reiter jagt im Galopp davon, ehe jener Zeit hat, um Hilfe zu rufen.

Zum Glück für den Offizier kamen die Kosaken, die er auf der letzten Station nicht gefunden hatte, von der nächsten Station zurück. Sie sahen von Weitem den Kampf, setzten ihre Pferde in Galopp, erreichten die Kibitka, erfuhren von dem Kutscher, was vorgefallen war, und eilten den Tschetschenen nach.

Die unberittenen Banditen warfen sich auf die Erde und ließen die Kosaken vorbeireiten; der Berittene trieb sein Pferd mit den Sporen und seinen Gefangenen mit der Peitsche an; aber dieser leistete Widerstand und hielt den Reiter auf.

Als der Räuber den Galopp der Kosakenpferde hinter sich hörte, zog er seinen Handschar. Der Offizier glaubte, es sei um ihn geschehen; aber der Räuber durchhieb nur den Strick, mit dem der Gefangene an den Schweif seines Pferdes festgebunden war.

Der Offizier fiel halb erdrosselt zu Boden. Der Räuber stürzte sich zu Pferde in den Terek. Die Kosaken feuerten auf ihn, trafen ihn aber nicht.

Der Tschetschene erreichte mit lautem Triumphgeschrei und seine Flinte hoch über dem Kopf schwenkend das andere Ufer und schickte den Kosaken eine Kugel herüber, die einem von ihnen den Arm zerschmetterte.

Zwei Kosaken leisteten ihrem Kameraden Hilfe, die beiden anderen dem Offizier. Ein Kosak gab ihm sein Pferd und seine Burka, und er kam halbtot in Schukowaja an. Frau Polnobokow hatte uns den Ort bezeichnet und die Geschichte erzählt, und wir hatten ihr versprochen, diesen womöglich am hellen Tage zu passieren.

Aber ohne gefrühstückt zu haben, konnten wir nicht abreisen. Als ich das eine Huhn rupfen ließ und die Bratpfanne hervorsuchte, kam der Polizeimeister und lud uns zum Frühstück ein. Es sei alles bereit, wir brauchten nur über die Straße zu gehen.

Ich wollte mich entschuldigen, aber er gestand mir, dass seine Frau meine Bekanntschaft zu machen wünsche, und er mache die Einladung in ihrem Namen. Sie habe den gestrigen Abend nicht bei ihrer Schwester, der Kommandantin, zubringen können, weil keine Kosaken zur Verfügung gestanden hatten.

Es blieb mir nichts übrig, als zu gehorchen.

Wir fanden zwei Damen statt einer. Eine Schwägerin hatte sich zum Frühstück eingefunden, um den Verfasser des »Monte-Christo« und der »Musketiere« kennenzulernen.

Beide Damen sprachen Französisch. Die Frau des Polizeimeisters setzte sich ans Piano und sang einige sehr hübsche russische Lieder, unter anderen Lermontows »Gornaja Werschini«.

Kalino kam bald mit den beiden Fuhrwerken, und da man nur auf ihn gewartet hatte, so setzten wir uns zu Tisch.

Dann nahmen wir Abschied von unseren liebenswürdigen Wirtinnen, die uns bis an den Wagen begleiteten.

Wir stiegen ein. Die Polizeimeisterin sah uns mit einiger Besorgnis an. Die sechs Kosaken, die wir zur Begleitung erhalten hatten, schienen sie nicht ganz zu beruhigen.

»Haben Sie außer Ihren Handscharen keine Waffen?«, fragte sie.

Ich hob eine über den Vordersitz gebreitete Decke hoch und zeigte ihr drei Doppelflinten, zwei Büchsen, deren eine mit Sprengkugeln geladen war, und einen Revolver.

»Das ist gut«, sagte sie; »aber solange Sie in der Stadt sind, halten Sie besser Ihre Gewehre in der Hand, damit man sieht, dass Sie bewaffnet sind. Unter den Leuten, die sich hier versammelt haben und Sie angaffen, sind vielleicht ein paar Spione der Tataren.«

Wir befolgten den guten Rat und stützten jeder den Kolben einer Doppelflinte aufs Knie und verließen Kislar in dieser wehrhaften Haltung, unter dem tiefen Stillschweigen von achtzig bis hundert Zuschauern.

Bald hielten wir am Ufer des Terek und erwarteten die Fähre, die zurückkam, um uns zu holen, nachdem sie eine Karawane von Pferden, Büffeln und Kamelen hinübergebracht hatte.

Tschetschene

Wir stiegen aus dem Wagen, weil das Flussufer sehr steil ist, und nahmen mit unserer Tarantasse und dem Führer der Eskorte auf der Fähre Platz. Die übrigen Kosaken bewachten die noch zurückbleibende Telege; ein Beweis, wie groß das Vertrauen auf die Ehrlichkeit der Einwohner ist. Es war immerhin möglich, dass der zweite Mietkutscher während unserer Überfahrt mit unserer Telege davonjagte, und es wäre sehr zweifelhaft gewesen, ob wir ihn wieder eingeholt hätten.

Unsere Telege kam inzwischen über den Fluss. Der Weg führte uns nun durch ein Sumpfland, das von einer Krümmung des Terek eingeschlossen ist. Wir fuhren durch den hier seichten Fluss zugleich mit den Pferden und Kamelen, die vor uns die Fähre benutzt hatten.

Das Durchwaten eines Flusses gewährt immer einen malerischen Anblick. Unsere beiden Fuhrwerke mit den Kosaken und der Karawane sahen zumal höchst interessant aus. Die Pferde und Büffel gingen willig ins Wasser; aber die Kamele, die eine fast unüberwindliche Wasserscheu haben, machten die größten Schwierigkeiten. Ihr entsetzliches Geschrei schien mehr einem Raubtier anzugehören als dem harmlosen Kamel.

Wie knapp auch die Zeit war, wenn wir den berüchtigten Wald noch bei Tage passieren wollten, so warteten wir doch, bis die ganze Karawane das andere Ufer erreichte. Dann ging es rasch weiter bis zur nächsten Station.

Dort konnte man uns nur vier Kosaken zur Begleitung geben; es waren nur sechs da, und zwei mussten doch als Wache zurückbleiben.

Wir waren übrigens noch nicht an der gefährlichen Stelle. Von hier an waren die Kosakenposten nur fünf Werst voneinander entfernt. Auf jedem Posten steht ein hohes Schilderhaus, das einem Taubenschlag ähnlich ist und in dem Tag und Nacht ein Kosak Wache hält. Ein geteertes Bündel Stroh liegt stets bereit, um in der Nacht als Alarmzeichen angezündet zu werden.

Wir fuhren mit unseren vier Kosaken weiter.

Das Wetter wurde immer trüber. Dichter Nebel breitete sich über die Ebene, sodass wir kaum zwanzig Schritte weit sehen konnten.

Es war ein wahres Tschetschenenwetter. Unsere Kosaken ritten dichter an den Wagen heran und gaben uns den Rat, unsere Gewehre mit Kugeln zu laden. Wir ließen es uns nicht zweimal sagen; in fünf Minuten waren die Schrotschüsse aus den Läufen gezogen und durch Kugeln ersetzt.

Da ich bei jedem Wechsel der Eskorte den Kosaken die Vortrefflichkeit unserer Waffen durch ein paar Schüsse zeigte, so bekamen sie zu uns ein Vertrauen, das wir nicht immer zu ihnen hatten, zumal wenn wir Gawrielowitsche als Begleiter hatten.

So nennt man die Kosaken vom Don, die nicht mit den Linienkosaken zu verwechseln sind. Der Linienkosak ist an Ort und Stelle angesichts des zu bekämpfenden Feindes aufgewachsen und seit seiner Kindheit mit der Gefahr vertraut. Er wird mit zwölf Jahren Soldat, lebt nur drei Monate im Jahr in seiner Staniza, dem Kosakendorf, und bleibt bis zum fünfzigsten Jahr zu Pferde und unter Waffen. Er ist äußerst tapfer, er kennt keine Gefahr, der Krieg ist sein Element.

Aus diesen Linienkosaken, die unter Katharina II. aufgestellt wurden, und den von ihnen geraubten Töchtern der Tschetschenen und Lesghier ist ein ungemein kriegerischer, kühner, lebhafter und gewandter Menschenschlag entstanden.

Der Donkosak dagegen wird aus seinen friedlichen Gefilden an den Terek oder an die Kuma versetzt, seiner Ackerbau treibenden Familie entrissen und an seine lange Lanze gefesselt, die ihm mehr eine Last als eine Wehr ist. Im Felde ist er ein ziemlich guter Soldat, aber ganz unbrauchbar bei unerwarteten Angriffen und leichten Scharmützeln, wie sie im Gebirge, Wald und Tälern und Schluchten so oft vorkommen und in denen der Sieg durch Gewandtheit und Geistesgegenwart entschieden wird.

Die »Gawrielowitsche« sind daher auch ein beständiger Gegenstand des Spotts für die Linienkosaken und die tatarische Miliz. Über den Ursprung dieses Spitznamens erzählt man Folgendes: Eines Tages wurden Donkosaken, die einen Reisewagen zu begleiten hatten, von den Tschetschenen angegriffen und flohen. Ein junger Kosak, der besser beritten war als die anderen, sprengte, nachdem er Lanze, Pistolen und Schaska weggeworfen hatte, in den Stationshof und schrie aus Leibeskräften: »Sostupies sa nas, Gawrielowitsch!« (Rette uns, Sohn Gabriels!), dann fiel er ohnmächtig vom Pferd. Seit jener Zeit werden die Kosaken vom Don spöttisch »Gawrielowitsche« genannt.

Zurzeit hatten wir also Gawrielowitsche als Begleiter, und dies war, zumal bei dem Nebel, keineswegs beruhigend.

So legten wir, unsere schussbereiten Gewehre auf den Knien, die zehn bis zwölf Werst bis zur nächsten Station zurück. Dabei passierten wir die beiden befestigten Dörfer Kargatemkaja und Scherbakowskaja. Die erste Schutzwehr dieser Dörfer, die beständig in Gefahr sind, von den Tschetschenen angegriffen zu werden, ist ein breiter Graben, der das Dorf ganz umgibt. Eine dichte Dornenhecke vertritt die Stelle der Mauern und ist mindestens ebenso schwer zu ersteigen. Außerdem ist jedes Haus mit sechs Fuß hohen Palisaden umgeben. Hier versieht man auch eine niedrige Mauer mit Schießscharten.

Vor jedem Tor des Dorfes steht eines jener hohen Schilderhäuser, von denen man die ganze Nachbarschaft übersehen kann. Tag und Nacht steht auf diesem luftigen Posten ein Posten, der alle zwei Stunden abgelöst wird.

Die Gewehre sind stets geladen; die Hälfte der Pferde ist Tag und Nacht gesattelt.

Vom zwölften bis zum fünfzigsten Jahr ist jeder Bewohner dieser Dörfer Soldat. Jeder von ihnen weiß blutige Geschichten zu erzählen, die an Coopers poetische Schilderungen der Indianerkämpfe erinnern.

Danach erreichten wir die Station Sukoiposch. Hier erwartete uns ein prächtiger Anblick. Die Sonne, die eine Zeitlang mit dem Nebel gekämpft hatte, durchbrach ihn mit ihren Strahlen. Der Dunst zerteilte sich und man bemerkte immer deutlicher hervortretende Umrisse. Ob es aber Berge waren, ob Wolken? Der Zweifel dauerte noch einige Augenblicke. Endlich brach die Sonne vollends durch, der Nebel zerstreute sich in glänzenden Flocken, und die ganze majestätische Kette des Kaukasus, vom Schat-Abrus bis zum Elbrus, dehnte sich vor uns aus. Der Kasbeck, an den sich die poetische Sage von Prometheus knüpft, ragt mit seinem beschneiten Gipfel mitten aus der Gebirgskette hervor.

Wir staunten das prachtvolle Gemälde eine Weile schweigend an. Es waren weder die Alpen noch die Pyrenäen; es war ganz verschieden von allem, was wir gesehen, was unsere Phantasie geschaffen hatte; es war der Kaukasus, der Schauplatz, auf dem der erste dramatische Dichter des Altertums sein erstes Drama spielen lässt – ein Drama, dessen Held ein Titan, dessen handelnde Personen Götter sind.

RUSSISCHE OFFIZIERE IM KAUKASUS

Als die Pferde angespannt waren, setzten wir unsere Reise fort.

Wir hatten gar nicht mehr an Tschetschenen und Tscherkessen gedacht; wir würden, im Anschauen des Kaukasus versunken, wahrlich nicht einmal bemerkt haben, wenn man uns keine Eskorte gegeben hätte.

Die Sonne schien so warm und glänzend, als ob sie ihres Sieges über den Nebel froh gewesen wäre. Es war nicht mehr Herbst, wie in Kislar, es war schon der helle warme Sommer. Große Adler beschrieben, ohne die Flügel zu regen, weite Kreise in der Luft. Zwei flogen von den Steppen herüber und setzten sich auf einen Baum, wo sie im letzten Frühjahr ihr Nest gehabt hatten.

Wir fuhren auf einer schmalen, kotigen Landstraße, die durch unabsehbare Moräste führte. Letztere waren von verschiedenen Sumpfvögeln bevölkert; man sah Pelikane, Trappen, Reiher, Seeraben, wilde Enten. Die Gefahren des Menschen machen die Tiere sicher in diesen Einöden, wo der Jäger zu leicht selbst Wildbret werden kann, als dass er den Tieren eifrig nachstellen möchte.

Alle Reisenden, denen wir begegneten, waren bewaffnet. Ein reicher Tatar, der mit seinem fünfzehnjährigen Sohn und vier Dienern seine Herden besuchte, sah aus wie ein mittelalterlicher Fürst.

Fußgänger waren selten; alle trugen Handschar und Pistole im Gürtel, das Gewehr auf den Schultern. Jeder sah uns mit jener trotzigen Miene an, die aus dem Bewusstsein des Mutes entsteht. Welcher Unterschied zwischen diesen kühnen Tataren und den harmlosen Bauern, die wir auf dem Wege von Twer nach Astrachan gesehen hatten!

Am Kasbekpass

Auf einer der letzten Stationen hatte Kalino gegen einen zurückbleibenden Kutscher die Peitsche erhoben.

»Nimm dich in acht!«, legte der Tatar die Hand an seinen Handschar, »du bist nicht mehr in Russland.«

Ein russischer Bauer hätte den Peitschenhieb geduldig hingenommen.

Wir selbst fingen an, diese Zuversicht, ja diesen Stolz des freien Mannes zu fühlen. Das Bewusstsein, von einer unbekannten Gefahr bedroht zu werden, schien unseren Sinnen mehr Schärfe zu geben, um die Gefahr vorherzusehen, unser Herz mit mehr Mut zu erfüllen, um ihr Trotz zu bieten.

Auf der Station Novo-Utscherydennaja, der letzten vor der gefährlichen Stelle, konnte man uns nur fünf Kosaken zur Begleitung geben. Der Postenkommandant gestand selbst, dass es sehr wenig sei, und riet uns, die Rückkehr seiner Leute abzuwarten.

Ich fragte ihn, ob wir denn in der Nacht reisen müssten. Er antwortete, wir würden auf der Station übernachten und am nächsten Morgen mit einer Bedeckung von fünfzehn bis zwanzig Mann weiterreisen.

»Werden sich Ihre fünf Mann tüchtig wehren, wenn wir angegriffen werden?«, fragte ich den Postenkommandanten.

»Ich bürge für sie; es sind Leute, die ein paarmal in der Woche mit den Tschetschenen Scharmützel haben; keiner von ihnen wird weichen.«

»Dann sind wir acht, das ist genug. Wir wollen fort.«

Ich erinnerte die Leute noch einmal an unseren Verteidigungsplan, falls wir angegriffen würden, dann fuhren wir ab.

Die Sonne senkte sich. Der Kaukasus war wunderbar beleuchtet. Der Fuß der Berge war dunkelblau, die Gipfel waren mit rosigem Licht übergossen, die Zwischenräume gingen durch alle Abstufungen vom Violett bis zum matten Blau. Der Himmel glich flüssigem Gold.

Drei bis vier Werst von uns sahen wir wie eine dunkle Linie den Wald, durch den unser Weg führte. Jenseits des Waldes teilt sich der Weg. Der eine nach Mosdok und Wladikawkas führende Weg durchschneidet den Kaukasus in der Mitte; auf dieser Straße gelangt man über den Darialpass nach Tiflis. Es ist die Poststraße, und die Reise auf derselben ist mit Gefahren verbunden, jedoch sind diese nicht so groß, dass der Verkehr unterbrochen würde. Die andere Straße, die Daghestan berührt, nähert sich der Residenz Schamyls bis auf zwanzig Werst und der Reisende stoße überall auf feindliche Völkerstämme. Hier ist man beständig vom Feinde bedroht; man muss jeden Augenblick erwarten, ihn aus einem Dickicht, aus einer Schlucht, hinter einem Felsen hervorkommen zu sehen. Daher die vielen unheimlichen Namen; man findet hier einen »Blutwald«, dort einen »Räuberfelsen«, dort eine »Mordschlucht« usw.

Wir kamen bald in die Nähe des Waldes. Unsere Kosaken machten ihre Flinten und Pistolen schussfertig und rieten uns, auch unsere Waffen in Bereitschaft zu halten.

Der Abend dämmerte. Die Tataren waren anderswo. Wir fuhren unangefochten durch den berüchtigten Wald und kamen glücklich nach Schukowaja.

Ein Kosak war vorausgeritten, um den Stationskommandanten um ein Nachtquartier für uns zu bitten. Schukowaja ist ein Militärposten; wir hatten uns daher nicht, wie in Kislar, an den Polizeimeister, sondern an den Oberst zu wenden.

Man wies uns zwei Zimmer an, die bereits von zwei jungen russischen Offizieren bewohnt waren. Der eine kam von Moskau, wo er auf Urlaub gewesen war, und begab sich nach Derbent zu seinem Regiment; der andere, ein Leutnant vom Dragonerregiment Nischni-Nowgorod, erwartete eine Abteilung Soldaten, die in der Umgegend Hafer einkaufte.

Der Erstere musste sich in aller Eile nach Derbent begeben; da er aber keine Eskorte verlangen konnte, so wartete er auf eine Fahrgelegenheit, um den gefährlichen Weg zurückzulegen.

Unsere Ankunft war ihm daher äußerst willkommen. Er konnte unsere Eskorte benutzen und in seiner Kibitka zwischen unseren beiden Wagen fahren.

Der andere Offizier war ebenfalls sehr erfreut. Er hatte dem Kislarwein tüchtig zugesprochen, und dieser Wein soll die menschenfreundlichen Gefühle in hohem Grade entwickeln.

DER ABREK

Bei der Ankunft in Schukowaja war meine erste Sorge, mich beim Oberst zu melden.

Schukowaja ist ebenso schmutzig wie Kislar.

Dann eilte ich ins Quartier zurück, um für den Tisch zu sorgen. Die Hausarbeit war bereits getan. Der nach Derbent zurückkehrende Offizier hatte einen armenischen Diener, der in der Zubereitung von Schaschlik sehr geschickt war. Der Wein machte uns keine Sorgen: Wir hatten ja neun Flaschen mitgebracht, und die weinselige Stimmung des Leutnants bewies, dass in Schukowaja an Traubensaft kein Mangel war.

Als wir eben gespeist hatten, erschien der Oberst, um meinen Besuch zu erwidern.

Unsere erste Frage betraf die Weiterreise. Der Postenlauf ist auf einer Strecke von hundertfünfzig Werst unterbrochen, denn kein Posthalter will seine Pferde von den Tschetschenen rauben, niemand sich den Kopf abschneiden lassen.

Der Oberst versicherte uns, dass wir mit den Mietkutschern um achtzehn bis zwanzig Rubel einig werden würden, und versprach, noch denselben Abend Pferdevermieter zu schicken, mit denen wir uns verständigen möchten.

Eine Viertelstunde nach dem Fortgehen des Obersts erschienen tatsächlich zwei Mietkutscher, mit denen wir den Preis von achtzehn Rubeln abschlossen. Dies war für dreißig Wegstunden sehr billig; die Kutscher konnten übrigens mit unserer Eskorte zurückkehren und hatten daher für ihre Pferde nichts zu fürchten.

Voll Vertrauen auf das Versprechen der beiden Schukowajer legten wir uns auf unsere Bänke und schliefen so sanft ein wie auf der weichsten Matratze.

Als wir erwacht waren, ließen wir den Leuten sagen, sie sollten die Pferde schicken. Aber statt der Pferde kamen die Kutscher selbst. Sie hatten sich besonnen; sie verlangten fünfundzwanzig Rubel unter dem Vorwand, es habe in der Nacht gefroren.

Nichts empört mich mehr als ein plumper Betrug. Ohne zu wissen, wie wir weiterkommen würden, warf ich die beiden Kerle zur Tür hinaus und begleitete diese Antwort mit einem russischen Kernfluch, den ich mir für vorkommende Fälle gemerkt und durch Übung mit ziemlicher Reinheit aussprechen gelernt hatte.

»Was ist jetzt zu tun?«, fragte Moynet, als sie fort waren.

»Wir wollen etwas sehr Hübsches sehen – ein Genuss, den wir hätten entbehren müssen, wenn wir es nicht mit den beiden Schurken zu tun gehabt hätten.«

»Was meinen Sie?«

»Im Kaukasus liegt ein hübsches Kosakendorf, das durch die Tapferkeit der Männer und die Schönheit der Frauen so berühmt ist, dass jeder junge Offizier seinen Obersten um Urlaub zum Besuch des Dorfes bittet. Es heißt Tscherwelonaja und ist nur fünfunddreißig Werst oder neun Stunden von hier entfernt.«

»Aber wie wollen wir dahin kommen?«

»Natürlich zu Pferde.«

»Wir haben aber keine Pferde.«

»Wagenpferde freilich nicht, aber Reitpferde so viel wir wollen. Kalino, sagen Sie doch dem Dragoneroffizier unseren Wunsch, nach Tscherwelonaja zu reiten, und Sie werden sehen, dass er alle seine Remontepferde zu unserer Verfügung stellen wird.«

Kalino teilte dem Offizier unseren Wunsch mit.

In einer halben Stunde waren fünf Pferde gesattelt und zwölf Kosaken bereit.

Ich gestehe, dass ich sehr unbequem saß auf dem Kosakensattel, der acht Zoll höher ist als der Rücken des Pferdes. Dafür waren freilich die Steigbügel zu kurz.

In anderthalb Stunden erreichten wir die Festung Schedrenskaja.

Wir machten halt, um die Pferde ausruhen zu lassen und unsere Begleitung zu wechseln.

Unsere aus zwölf Mann bestehende Eskorte hatte sich in Vorhut, Nachtrab und Zentrum geteilt. Zwei ritten voraus, zwei beschlossen den Zug, und acht Mann ritten rechts und links.

Auf beiden Seiten des Weges, zur rechten, so weit das Auge reichte, zur linken bis zum Terek breitete sich ein drei Fuß hohes Dickicht aus, aus dem hier und da eine Baumgruppe hervorragte. Mein Pferd, das sich mit großer Hartnäckigkeit immer links hielt, jagte etwa fünfzehn Schritte vom Weg ein Volk Rebhühner auf. Ich nahm unwillkürlich meine Doppelflinte von der Schulter und schlug an, aber es fiel mir ein, dass sie mit Kugeln geladen war. Die Rebhühner fielen in einer Entfernung von hundert Schritten mitten in die Büsche.

Die Versuchung war zu stark; ich zog die Kugelpatrone heraus, schob zwei Schrotpatronen ein und stieg ab.

Wir gingen auf die Rebhühner zu. Sie flogen zwanzig Schritte von mir auf. Ich feuerte beide Läufe ab. Ein Rebhuhn fiel.

»Haben Sie gesehen, wohin es gefallen ist?«, rief ich Moynet zu; »ich habe nur gesehen, dass es gefallen ist.«

In diesem Augenblick fiel hundert Schritte von uns ein Schuss; ich sah den Rauch und hörte die Kugel, die die Spitzen der niedrigen Büsche streifte, drei Schritte von mir vorüberpfeifen.

Wir sollten also tatsächlich mit den Tschetschenen nähere Bekanntschaft machen.

Die uns begleitenden Kosaken ritten einige Schritte voraus, um uns zu decken. Ein Einziger blieb auf seinem Platz, oder vielmehr sein Pferd stürzte. Die Kugel, die ich pfeifen gehört, hatte ihm ein Vorderbein zerschmettert.

Unterdessen hatte ich, den Weg zurückeilend, meine Doppelflinte wieder mit Kugeln geladen.

Ein Kosak hielt mein Pferd am Zügel. Ich stieg wieder auf und hob mich in die Steigbügel, um weiter zu sehen. Ich wunderte mich über die Verzögerung des Angriffs, der sonst rasch dem ersten Schuss zu folgen pflegt.

Gleich darauf sahen wir sieben oder acht Tschetschenen am Terek davoneilen.

»Hurra!«, riefen unsere Kosaken und jagten ihnen nach.

Aber während diese sieben oder acht Tschetschenen flohen, stürzte ein Einziger aus dem Gebüsch, wo er geschossen hatte, hervor, und rief, sein Gewehr über den Kopf schwenkend: »Abrek! Abrek!«

»Was bedeutet Abrek?«, fragte ich Kalino.

»Es bedeutet einen Mann, der geschworen hat, jede Gefahr aufzusuchen und vor keiner zu fliehen.«

»Und was will dieser? Er wird uns doch nicht allein angreifen wollen?«

»Nein, aber vermutlich bietet er den Zweikampf an.«

»Hören Sie?«, sagte Kalino zu mir. »Er fordert einen unserer Kosaken zum Kampf.«

»Sagen Sie ihnen, dass der, welcher den Kampf annimmt, zwanzig Rubel bekommt.«

Kalino teilte den Kosaken mein Anerbieten mit.

Eine kurze Pause folgte. Die Kosaken sahen einander an, als ob sie den Tapfersten auswählen wollten.

Unterdessen galoppierte der Tschetschene zweihundert Schritte von uns hin und her und rief: »Abrek! Abrek!«

»Geben Sie mir meine Büchse, Kalino«, sagte ich, »ich möchte den Kerl vom Pferd schießen.«

»Tun Sie es nicht, Sie würden sich eines merkwürdigen Schauspiels berauben. Unsere Kosaken beraten sich, wen sie zum Zweikampf schicken sollen. Sie haben ihn erkannt, es ist ein sehr bekannter Abrek. Sehen Sie, einer unserer Leute bietet sich an.«

Der Kosak, dessen Pferd verwundet war, hatte sich inzwischen überzeugt, dass es verloren war, und wollte nun sein Recht geltend machen.

Inzwischen war uns der Tschetschene immer näher gekommen. Die Augen der Kosaken sprühten Feuer. Sie betrachteten sich alle als beteiligt, und gleichwohl würde keiner von ihnen auf den Feind geschossen haben, denn nach der Herausforderung wäre es eine Schande gewesen.

Der Führer der Eskorte gab seine Einwilligung zum Zweikampf.

»Ich habe kein Pferd«, sagte der Kosak, »wer leiht mir eins?«

Keiner von seinen Kameraden antwortete. Keiner wollte sein Pferd der Gefahr aussetzen, zwischen den Beinen eines anderen getötet zu werden. Ich stieg ab und gab dem Kosaken meins, ein vortreffliches Remontepferd. Er schwang sich sogleich in den Sattel, sprengte auf den Tschetschenen zu und schoss.

Der Abrek spornte sein Pferd, sodass es sich bäumte. Die Kugel schlug dem Pferd in die Schulter. Der Tschetschene feuerte fast zu gleicher Zeit und schoss seinem Gegner den Papak vom Kopf.

Beide warfen nun die Flinten über die Schulter. Der Kosak zog seine Schaska, der Tscherkesse seinen Handschar. Dieser tummelte sein Pferd trotz der Wunde, die es erhalten hatte, mit wunderbarer Gewandtheit und überschüttete dabei seinen Gegner mit Schmähungen.

Die beiden Gegner trafen zusammen. Im ersten Augenblick glaubte ich, unser Kosak habe den Abrek mit seiner Schaska durchbohrt, denn ich sah die Klinge hinter seinem Rücken glänzen; aber er hatte nur die weiße Tscherkesska durchbohrt.

Von nun an sahen wir nur zwei miteinander ringende Menschen. Dieser Kampf dauerte kaum länger als eine Minute, dann sank der eine vom Pferd.

Oder vielmehr sein Rumpf; der Kopf war in der Hand seines Gegners geblieben.

Der Gegner war der Abrek. Er stieß ein wildes Triumphgeschrei aus, ließ das Blut von dem Kopf abtropfen und befestigte ihn am Sattelknopf.

Das reiterlose Pferd lief davon, trabte eine Weile im Kreis umher und gesellte sich wieder zu uns.

Der enthauptete Leichnam lag regungslos am Boden.

Dem Triumphgeschrei folgte eine zweite Herausforderung.

Ich wandte mich zu dem Kosaken, der den Kampf wieder aufnehmen wollte. Er rauchte ruhig seine Pfeife und nickte mir zu.