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Mit Bildern
von Susanne Göhlich

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Kinder- und Jugendbuchverlag

in der Verlagsgruppe Random House

Für meine Familie

1. Auflage 2015

© 2015 by Sabine Zett

© 2015 cbj Kinder- und Jugendbuchverlag

in der Verlagsgruppe Random House, München

Alle Rechte vorbehalten

Dieses Werk wurde vermittelt durch die
Michael Meller Literary Agency GmbH, München

Innenillustrationen: Susanne Göhlich

Umschlaggestaltung: init | Kommunikationsdesign, Bad Oeynhausen
unter Verwendung einer Zeichnung von Susanne Göhlich

AW · Herstellung: CF

Satz: Uhl + Massopust, Aalen

ISBN 978-3-641-17335-7

www.cbj-verlag.de

Inhalt

Kapitel 1
Mit Superkräften zur weißen Weihnacht?

Kapitel 2
Eine gute Idee?

Kapitel 3
Andere Länder – andere Traditionen?

Kapitel 4
Was ist in der Tüte drin?

Kapitel 5
Wo ist die Überraschung?

Kapitel 6
Ein Weihnachtsmarkt im Urlaub?

Kapitel 7
Ein Überraschungslook für Gabriel?

Kapitel 8
Wo ist die Weihnachtsstimmung?

Kapitel 9
Ein richtiges Weihnachtswunderland?

Kapitel 10
Können Tiere sprechen?

Vita

Kapitel 1

Mit Superkräften zur weißen Weihnacht?

»Los jetzt, fang endlich an zu schneien! Komm schon! Ein bisschen wenigstens, bitte! Hallo? Hört mich jemand? Nachricht von Marie an die grauen Dezemberwolken! Ich will Schnee sehen! Jee-heetzt!«

Seit einer halben Stunde stand Marie am Fenster, drückte sich an der Scheibe die kalte Nase platt und beobachtete den wolkenverhangenen Himmel. Wann würde es endlich schneien? Sie wünschte es sich so sehr! Ihr Blick fiel auf das Kalenderblatt, das über ihrem Schreibtisch hing. Darauf war ein kleines, schneebedecktes Häuschen zu sehen, von hohen Tannen umgeben, deren Äste ebenfalls mit einer dicken Schneeschicht überzogen waren. Die weiße Pracht glitzerte im Dämmerlicht und das Haus schien von innen heraus zu leuchten und sah sehr einladend aus.

»Ein richtiges Weihnachtswunderland«, dachte Marie. »So müsste es im Winter und vor allem zu Weihnachten immer aussehen.«

Sie schaute auf die grauen Wolken am Himmel. »Hallo, lieber Wettergott! Schick doch bitte ein paar klitzekleine Flöckchen«, murmelte sie leise und schaute wieder durch die Scheibe in Richtung Himmel. »Wir haben bald den dritten Advent und im Fernsehen haben sie gesagt, dass es endlich schneien könnte.«

»Marmelade? Redest du etwa mit dem Fenster?« Maries Zwillingsbruder Gabriel stand plötzlich hinter ihr und Marie fuhr zusammen. »Huch! Hast du mich aber erschreckt!«

Gabriel grinste. »Du musst dich doch nicht erschrecken. Ich bin ja da, um dich zu beschützen. Man nennt mich auch Gabriel, der Superheld.«

Marie verdrehte die Augen: »Mich muss niemand beschützen, ich kann sehr gut allein auf mich aufpassen. Aber wenn du ein Superheld sein willst, dann musst du es beweisen. Hast du auch Super-Kräfte? Die könnte ich jetzt wirklich gut gebrauchen!«

Ihr Bruder zuckte mit den Schultern. »Natürlich. Jede Menge Super-Kräfte! Welche brauchst du denn? Ich kann große Berge von Essen klein machen, andere Leute wütend machen …«

Marie seufzte. »Das stimmt und das weiß hier jeder … Aber kannst du auch den Himmel dazu bringen, dass es endlich schneit? Bald ist Weihnachten und das gehört schließlich dazu!«

Gabriel stellte sich zu ihr ans Fenster und schaute ebenfalls nach oben. »Dafür kann ich meine Superheld-Kräfte nicht vergeuden, tut mir leid. Sooo wichtig ist Schnee nun auch wieder nicht. Ich finde, zu Weihnachten gehören vor allem gutes Essen und natürlich ganz viele Geschenke.«

»Klar, das auch. Aber wenn es schneit, dann bekomme ich sofort so eine richtig gute Weihnachtslaune«, widersprach seine Schwester. »Und die Welt sieht außerdem viel schöner aus!«

»Kapier ich nicht, aber egal. Wenn du gute Laune haben willst, dann mach Musik an, iss ein paar Plätzchen oder noch besser: Geh wieder auf einen Weihnachtsmarkt, da hast du alles zusammen!«

Weihnachtsmärkte mochte Marie auch. Wie jedes Jahr waren sie auch diesmal am ersten Adventssonntag in das Dorf gefahren, wo Oma und Opa wohnten. Dort gab es immer einen besonders schönen Weihnachtsmarkt. Sie schlenderten an allen Buden vorbei und schauten sich alles an, was dort ausgestellt wurde: Wanddekorationen, Lichtsterne, Krippen, Tischdecken, ausgefallene Kerzen und Holzspielzeug.

»Gute Idee. Ich fand den Schmied toll, der vor seiner Hütte Hufeisen machte. Das war wie im Mittelalter«, erinnerte sich Marie. »Und die Krippe mit den lebendigen Tieren. Ein richtig süßes Schäfchen hatten die dort.«

Gabriel kräuselte die Stirn. »Ja? An den Schmied kann ich mich gar nicht erinnern. Ich fand die Würstchenbude am besten.«

»Das meinst du doch nicht ernst!«

»Wieso?« Ihr Bruder sah sie erstaunt an. »Die Bratwurst im Brötchen war echt lecker, nur etwas klein. Dann habe ich noch eine Banane im Schokoladenmantel gegessen, die war super. So gesehen, war es ein sehr schöner Weihnachtsmarkt!«

Marie drehte sich vom Fenster weg. »Aber ich meinte die Stimmung. Man spürt ganz genau, dass es bald Heiligabend sein wird. Es riecht nach Zimt und nach frischen Tannenzweigen …«

Gabriel unterbrach sie. »Also ich finde, es riecht nach Pommes, Pizza und gebrannten Mandeln. Voll lecker!«

Marie gab es auf, ihrem Bruder zu erklären, dass der Weihnachtsmarkt ihrer Meinung nach eine besondere Atmosphäre hatte. Sie kannte ihren Bruder gut genug und wusste, dass Gabriel vor allem daran interessiert war, immer reichlich zu essen zu bekommen. Mama sagte auch immer, dass Jungs und Mädchen einfach unterschiedlich tickten und da stellten die Zwillinge keine Ausnahme dar.

»Und was hast du jetzt mit deinem Fenster zu besprechen gehabt, Marmelade?« Gabriel setzte sich hin, streckte seine Beine aus und strich sich die Haare hinters Ohr.

Marie funkelte ihn an: »Ich habe nicht mit dem Fenster gesprochen, sondern … Ach, ist doch egal. Aber hör auf, mich Marmelade zu nennen, du willst doch auch nicht, dass die anderen ›Gabi‹ zu dir sagen.«

»Ey!« Gabriel sprang hoch. »Wir sind Zwillinge, vergiss das nicht! Du hast versprochen, zu mir zu halten! Mittlerweile haben die meisten in der Schule das doofe ›Gabi‹ wieder vergessen und sich an Gabriel gewöhnt. Wie konnten Mama und Papa mir diesen Namen nur antun?«

»Ich finde Gabriel schön. Er ist so … besonders. Wenn du dir die Haare schneiden lassen würdest, käme sowieso niemand mehr auf die Idee, dir einen Mädchennamen zu verpassen.«

Ihr Bruder schüttelte den Kopf. »Ich mag meine Frisur. Wie dieser Michi aus Lünen… Lönneberga.«

»Michel«, korrigierte Marie. »Oder wie ein berühmter Star. Und dass ich ein Junge bin, sieht doch wohl jeder«, ergänzte ihr Bruder. Dann fiel sein Blick auf den Schreibtisch seiner Zwillingsschwester. »Was sind das da für Pappstreifen? Haben wir etwas in Kunst auf, was ich vergessen habe?«

Marie warf ihren großen Zeichenblock darauf. »Nicht gucken, bitte! Es ist etwas, das ich für die Weihnachtsgeschenke brauche.«

»Was denn? Können wir uns das nicht wieder teilen? Ich habe gar keinen Plan, was ich den anderen schenken soll. Biiiitteee!«

Seine Schwester seufzte. Jedes Jahr war es das Gleiche. Gabriel hatte keine Lust, den Familienmitgliedern etwas zu zeichnen oder zu basteln und beteiligte sich immer an ihren Ideen.

»Mama würde sich wünschen, dass du dir endlich einen Kurzhaarschnitt verpassen lässt«, meinte Marie. »Du könntest sie doch zu Weihnachten überraschen.«

Gabriel schüttelte seine Mähne. »Keine Chance! Die Haare bleiben dran!« Er schob ihren Zeichenblock beiseite. »Und was soll das sein, wenn es fertig ist?«

Marie senkte die Stimme. »Das werden Lesezeichen.«

»Cool! Auch für den Tyrannosaurus?« Damit war die ältere Schwester der Zwillinge gemeint.

Sie nickte. »Klar, auch für Theresa. Und du solltest sie nicht Tyrannosaurus nennen.«

»Erstens benimmt sich Theresa manchmal wie ein T-Rex, vor allem, wenn sie schlechte Laune hat und herum poltert. Und zweitens: Wo soll sie ein Lesezeichen benutzen? An ihrem Handy? Sie ist doch handysüchtig, oder hast du T-Rex schon mal mit einem Buch gesehen?«

Darüber hatte Marie auch schon nachgedacht. Es stimmte, dass Theresa meistens ihr Smartphone in der Hand hielt, aber Marie fand die Idee mit den Lesezeichen dennoch toll. »Ich schenke ihr trotzdem eins.«

Gabriel zuckte mit den Schultern und grinste. »Wie du meinst. Ein Handy-Lesezeichen, hahaha, das ist gut. Aber ich mache mit, ne? Was ist da zu tun?« Er nahm einen Streifen in die Hand. »Du hast schon die Form geschnitten, super. Und jetzt? Schreiben wir einfach die Namen drauf und fertig, oder?«

Marie seufzte schon wieder. »Du bist echt ein richtiger Bastelkönig! Hier liegen Sterne, Engel und andere Aufkleber. Die müssen auf die Lesezeichen drauf. Untenhin kommt dann noch eine schöne Schleife. Und zum Schluss benutzen wir die Glitzerstifte und schreiben in Schönschrift ›Frohe Weihnachten, liebe Mama, Papa, Theresa, Oma, Opa‹ und so weiter.«

»Das mache dann ich!«, rief Gabriel. »Du klebst das Zeug drauf, denn das mit dem Uhu ist nicht so mein Ding. Und wenn du fertig bist, dann gibst du mir die Lesezeichen und ich schreibe die Grüße dazu. Abgemacht? Dann haben wir Super-Geschenke! Du hast die besten Ideen, Marme… Marie!«

Gabriel griff sich die Glitzerstifte und hielt sie triumphierend hoch. »Danke, dass du mich mitmachen lässt! Leg einfach alles auf meinen Tisch, wenn du fertig bist. Ich muss jetzt zum Training, tschüss!« Er wirbelte aus dem Zimmer und blieb an der Tür stehen. »Und tu mir bitte einen Gefallen: Wenn du wieder mal mit einem Fenster reden möchtest, dann mach das nicht in der Schule, okay? Ich will nicht, dass die anderen denken, dass du komisch bist. Oder verrückt.«

Maries Augen blitzten vor Wut. »Hallo?! Ich habe nicht mit den Fenstern geredet, klar? Ich wollte nur, dass es schneit und habe … laut gedacht.«

Gabriel lachte. »Wie du meinst. Aber dann ein Tipp von mir: Versuche es mal mit den Türen – die haben vielleicht auch eine Meinung dazu!« Er prustete drauflos und sah zu, dass er wegkam, bevor seine Schwester mit einem Gegenstand nach ihm werfen konnte.