Susanne Diehm · Jutta Michaud · Prof. Dr. med. Jalid Sehouli
Mit Bildern von Dr. Adak Pirmorady
Übungsbuch für
Frauen mit Krebserkrankung
und ihre Angehörigen
Sich selbst mit Schreiben zu inspirieren – das ist ein probates Mittel. Schreiben kann helfen, psychische und physische Krankheiten zu überwinden und Leiden zu lindern. Die therapeutische Wirkung des Schreibens ist mittlerweile gut erforscht und durch zahlreiche wissenschaftliche Studien belegt. Dieses Werk ersetzt aber keine persönliche Beratung, Untersuchung oder Diagnose durch einen approbierten Arzt.
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Autorinnen SUDIJUMI – Susanne Diehm und Jutta Michaud, Berlin
Copyright © 2018 GKS by SUDIJUMI
Prof. Dr. Jalid Sehouli, Deutsche Stiftung Eierstockkrebs, Charité, Europäisches
Kompetenzzentrum für Eierstockkrebs, Charité Comprehensive Cancer Center,
Universitätsmedizin Berlin
Eine Initiative der Deutschen Stiftung Eierstockkrebs, www.stiftungeierstockkrebs.de
Copyright © 2019 Kösel-Verlag, München,
in der Verlagsgruppe Random House GmbH,
Neumarkter Str. 28, 81673 München
Umschlag: Weiss Werkstatt, München
Umschlagmotiv: Dr. Adak Pirmorady, Berlin
Illustrationen im Innenteil: Dr. Adak Pirmorady, Berlin
Layout und Satz: GSD-Grafik, Stuttgart
ISBN 978-3-641-23406-5
V001
www.koesel.de
Vorworte
Prof. Dr. Jalid Sehouli: Über die Kraft des Schreibens
Mehr, als sich etwas nur von der Seele zu schreiben: Einladung zum Gesundheitsfördernden Kreativen Schreiben (GKS)
Wie Sie sich mit diesem Buch begleiten können – eine kurze Gebrauchsanweisung
I. Sammlung Übungen
Vergegenwärtigen Sie sich schreibend, was Sie jetzt trägt
Übungseinheiten:
1 Der Verwirrung Namen geben
2 Wohin mit meiner Wut?
3 Die Dompteuse in mir
4 Der ungebetene Gast
5 Selbstvertrauen aktivieren
Kraftquellen aufspüren
Übungseinheiten:
1 Freundschaft – schöne Erinnerungen
2 Freundschaft – was ich jetzt brauche
3 Familie
4 Sich selbst etwas Gutes gönnen – jeden Tag
5 Der perfekte Tag
Das Wesentliche JETZT leben
Übungseinheiten:
1 Zeit-Cluster
2 Abschiede
3 Selbstbestimmung in Fragen der Gesundheit
Positive Gefühle magnetisch anziehen
Übungseinheiten:
1 Glücksmomente bewusst wahrnehmen
2 Gelassenheit trainieren
3 Die innere Haltung stärken
4 Bewegung als Gesundheitsbeschleuniger
Magische Momente
Übungseinheiten:
1 Zauberhafte Wesen
2 Visionen denken, Visionen umsetzen
II. Für Angehörige
Geleitwort von Professor Jalid Sehouli
Schreibimpulse für Angehörige
Übungseinheiten:
1 Wie kann ich jetzt helfen?
2 Und was wird jetzt aus mir?
3 Miteinander neu anfangen
III. Wenn Sie mehr möchten …
Werden Sie Mitglied einer Schreibgruppe
Wollen Sie ein Buch schreiben?
Exkurs Bloggen
Memoir
Roman
Immer eine gute Wahl: Journaling
IV. Anhang
Methodenregister – Ihr Repertoire des Gesundheitsfördernden Kreativen Schreibens
ABC-Darium
Allegorie
Akrostichon Gesundheit
Anapher
Anfangssätze
Bezugsliste
Biografisches Schreiben
Briefe
Die Magische Brille
Clustern
Dilemmageschichten
Elfchen
Fragen stellen
Freewriting
Gefühlsgedicht
Haiku
Listen
Ergänzungslisten
Märchen
Metaphern
Mindmap
Mit allen Sinnen schreiben
Perspektivwechsel über projektive Geschichte
Serielles Schreiben
Silben-Sammel-Start
Vergleiche finden
30-Wort-Methode
Wortgitter
Zevenaar
Zwischen Weinen und Lachen (von Christian Morgenstern)
Gesundheitsförderung durch Schreiben – Literaturliste
Links zu Selbsthilfegruppen
Quellenangaben
V. Biografisches
Prof. Dr. Jalid Sehouli
Die Autorinnen JUMI und SUDI
Die Illustratorin und Ärztin Dr. Adak Pirmorady
Generell empfehlen wir Ihnen, für die Umsetzung der verschiedenen Übungen ein Heft, einen Schreibblock, ein leeres Buch oder Ähnliches zu verwenden.
Der Schmetterling symbolisiert Übungseinheiten, die einfach und ohne großen Zeitauswand auszuführen sind.
Es war ein warmer Donnerstag. Ich musste mich beeilen, ich war in Verzug, die Operation dauerte länger, als ich geplant hatte, aber ich war zufrieden mit dem operativen Ergebnis. Wir konnten alle Tumorknoten entfernen, mehr als 300 erbsengroße Knoten im Bereich des Bauchfells, der so dünnen Haut, die wie ein unsichtbarer Film die Organe wie Blase, Darm und Leber sanft bedeckt und die Verschiebbarkeit der anatomischen Strukturen erlaubt und für die Aufnahme von Flüssigkeit im freien Bauchraum verantwortlich ist. Ich musste mich beeilen. In fünf Minuten musste ich da sein. Ich erreichte endlich den Ort, im Süden Berlins, direkt an einer sehr befahrenen und belaufenen Straße. Ich schaute auf die Uhr am Eingang einer Apotheke, es war 19:02 Uhr. Ich lief etwa 100 Meter weiter und betrat endlich den Laden, es warteten ordentlich in vier Sitzreihen aufgereiht etwa ein Dutzend Personen auf mich, ein Barhocker und davor ein kleiner hölzerner Tisch waren dem kleinen Auditorium vorangestellt. Ich gab in dem ältesten Buchladen Berlins eine Lesung zu meinem Buch »Tanger und die Boote fahren nach irgendwo«. Ich liebe das Schreiben, ich liebe den Dialog mit mir und den Menschen, denen ich meine Gedanken und Emotionen vorlesen darf. Um auch ihre Gedanken und Philosophien kennenlernen zu dürfen. Gespräche mit sich selbst und mit anderen Menschen zu führen, das ist ein himmlisches Geschenk, welches wir nur zu oft vernachlässigen und nicht ausreichend würdigen. Schreiben hat auch mir selbst bei der Bewältigung vieler schwerer Lebenssituationen geholfen. Schreiben schafft Raum, Raum zum Durchatmen, zum Orientieren, zum Interagieren. Mit dem »Weiterschreiben« kann dieser Raum immer größer und größer werden.
Die Buchhandlung im Süden Berlins hat ein besonderes Ambiente und schenkt dem Besucher ein seltenes und kostbares Gefühl der Geborgenheit und Gelassenheit trotz der hektischen Umgebung draußen. Sie schenkt aber auch Mut, den Geheimnissen der unzähligen Bücher aus aller Welt zu den verschiedenen Themen des Lebens und Überlebens nachzugehen. Am Ende meiner Lesung kam Susanne Diehm zu mir. Sie erzählte, dass sie an sich nach ihrem langen Arbeitstag sehr müde war, aber ihre beste Freundin ihr aufgetragen hatte, unbedingt zur Lesung zu gehen und dem Sehnsuchtsroman zu lauschen.
Sie strahlte über das ganze Gesicht und erzählte mir weiter von ihrer so wertvollen Arbeit gemeinsam mit Jutta Michaud. »Kreatives Schreiben?«, fragte ich, »… habe ich noch nie gehört!« und hoffte, sie mit meiner Unwissenheit nicht gekränkt zu haben. Sie sprach von den Kindern und Jugendlichen, denen sie im Rahmen eines sozialen Projektes bei der Integration und Bewältigung von schulischen und privaten Problemen mit dem Kreativen Schreiben seit Jahren erfolgreich halfen, sie sprach von den vielen betroffenen Frauen mit HIV-Infektionen, die sie mit dem Kreativen Schreiben dabei unterstützten, Selbstbewusstsein und Lebensfreude zu entwickeln.
Ich war begeistert und lud beide in mein Büro in der Berliner Charité ein, ich wollte mehr erfahren und das Gespräch weiterführen. Bereits wenige Minuten nach unserem zweiten Treffen war uns allen sofort klar, dass wir diese so wertvollen Erfahrungen auch für Frauen mit Krebserkrankungen weiterentwickeln sollten.
Frauen mit Krebserkrankungen werden durch ihre Diagnose wie Eierstockkrebs, Brustkrebs oder Gebärmutterkrebs mit den ersten Worten des Arztes aus ihrem Leben gerissen, die Diagnose überfällt sie meist ohne eine kleinste Vorwarnung, bringt ihr geliebtes Leben ins Wanken, verleiht häufig ein Gefühl der Ohnmacht, so erzählen es mir meine Patientinnen. Diese Ohnmacht betrifft alle Sinne, alle Gedanken. Diese Ohnmacht gilt es zu überwinden, um sich der Erkrankung, der neuen Wahrheit mit all ihren Konsequenzen stellen zu können. Alles, was dabei hilft, in einen Dialog zu gehen, kann diese Ohnmacht bekämpfen. Kreatives Schreiben, so höre ich es aus den Seminaren von Jutta Michaud und Susanne Diehm, kann dabei entscheidende Impulse geben, und zwar sowohl den Betroffenen als auch ihren Partnern, Angehörigen und Freunden; denn die Diagnose Krebs betrifft alle. Vielleicht ist Schreiben der Königsweg zur eigenen Seele. Daher habe ich beide ermutigt, dieses Übungsbuch zu konzipieren.
Verstehen Sie dieses Übungsbuch als Angebot, nicht als Auftrag; entscheiden Sie selbst, ob und wann und wie lange Sie sich mit diesem Werk beschäftigen möchten. Denken Sie daran, das Ziel ist nicht das Abarbeiten der einzelnen Kapitel, Ziel ist es, dass Sie ins Gespräch mit sich und anderen Menschen kommen, dass Sie dabei unterstützt werden, in die aktive Handlungsebene zu gelangen, das Ziel ist nicht das Erstellen eines literarisches Werks, Ziel ist das Gespräch, welches Ihnen Lebensmut und Lebensfreude schenkt.
Ich danke Susanne Diehm, Jutta Michaud und Adak Pirmorady für ihre wunderbare Arbeit und danke für diesen neuerlichen Beweis, dass es stets die menschlichen Begegnungen sind, die das Leben so unglaublich bereichern und Dinge auslösen, die man zu Beginn nicht mal als flüchtigen Gedanken für möglich gehalten hatte.
Wir danken der Firma Tesaro für die Unterstützung dieses einzigartigen Konzeptes.
Jalid Sehouli
Die Kraft des Schreibens
Schreiben ist nach innen schauen;
Schreiben ist sich selbst zuhören;
Schreiben ist Tanzen,
Schreiben ist sich und andere berühren;
Schreiben ist schweigen und sprechen zugleich,
Schreiben ist Leben.
Jalid Sehouli
Liebe Leserinnen und Leser,
wie schön, dass Sie unser Buch zur Hand genommen haben!
Wir haben es in erster Linie für Sie als Krebspatientin geschrieben. Es soll Sie während der verschiedenen Phasen Ihrer Erkrankung begleiten: von der Diagnose über eine längere Krankheitsphase bis hin zur Genesung und darüber hinaus.
Aber auch für Ihre Angehörigen kann es zum hilfreichen Begleiter durch die Zeit werden, die vor Ihnen liegt. Eine schwere Erkrankung betrifft immer auch die Menschen, die die Patientin / den Patienten lieben. Von unseren Schreibimpulsen sollen daher alle profitieren: Wappnen Sie sich für jene Momente im Leben, in denen es wichtig ist, alle Kräfte zu mobilisieren, um dem Leben mit Zuversicht zu begegnen. Tauschen Sie das Wort »Krebs« gegen »Herausforderungen«! GKS – Gesundheitsförderndes Kreatives Schreiben – hilft in jeder Lebenslage dabei, im Kontakt mit sich selbst zu sein, sich von Unnötigem zu entlasten und eigene Stärken zu entdecken. Dadurch entfaltet es seine positive und vorbeugende Wirkung.
Vielleicht ist der Begriff »Gesundheitsförderndes Kreatives Schreiben« völlig neu für Sie. Wir, Susanne Diehm und Jutta Michaud – gemeinsam sind wir SUDIJUMI –, haben ihn für die spezielle Art und Weise geprägt, mit der wir klassische Methoden des Kreativen und Biografischen Schreibens zur Gesundheitsförderung einsetzen. Dazu »übersetzen« wir Erkenntnisse aus unterschiedlichen Wissenschaftsdisziplinen – wie der Psychoneuroimmunologie, Resilienz-, Glücks- und Kreativitätsforschung – in Schreibimpulse. Zusätzlich binden wir unser Wissen um Ansätze und Methoden aus der Positiven Psychologie, der systemischen Theorie sowie verschiedenen Coaching-Ansätzen in unsere Arbeit ein. Im Mittelpunkt steht der Prozess des kreativen Schaffens.
Das mag für Sie sehr theoretisch klingen und das ist nicht verwunderlich. Wie GKS wirkt, lässt sich am besten nachvollziehen, wenn man es ausprobiert. Keine Angst vor dem großen Wort »Kreativität«! Hier geht es nicht um Meisterleistungen, »schreiben können« oder andere Dinge, die Sie vielleicht aus dem Deutschunterricht noch mit Schrecken im Ohr haben. Vertrauen Sie Ihrer Schreibstimme, ganz gleich, wie sie klingt. Niemand wird Sie bewerten, aber Sie werden wertvolle Entdeckungen machen, versprochen! Schreibend lernen Sie sich garantiert noch einmal neu kennen. Wir haben schon mit vielen Menschen gearbeitet: mit chronisch Kranken, TumorpatientInnen, HIV-positiven Frauen, Jugendlichen mit schwierigem biografischen Hintergrund und mit angehenden Lerntherapeuten. Und immer wieder wurde dieses Versprechen eingelöst.
Was wir mit unseren Klienten erlebt haben, überzeugt uns weit mehr als die zahlreichen Studien, die es inzwischen zur Wirksamkeit des therapeutischen Schreibens gibt: Wir nennen unseren Ansatz bewusst »gesundheitsfördernd«, weil wir mit all unseren Klienten die Erfahrung gemacht haben, dass sie schreibend weit mehr tun, als sich etwas von der Seele zu schreiben. Indem man sich nämlich schreibend mit der eigenen Kreativität verbindet, wächst das Gefühl für jene Kräfte, die in unserem Unterbewusstsein schlummern. Sie warten nur darauf, von uns wachgeküsst zu werden. Mit diesem Bewusstsein wächst die Gewissheit, den Wechselfällen des Lebens nicht hilflos ausgeliefert zu sein.
Die Macht unserer Gedanken hat einen großen Einfluss auf physische Abläufe in unserem Körper. Auch das gilt inzwischen als wissenschaftlich gesichert. Schreibend ist es viel einfacher, an die Quelle dieser Macht zu gelangen, als mit Worten allein. Ein Stift, der über das Papier gleitet, oder Finger, die über eine Tastatur flitzen, entwickeln eine Eigendynamik. Schreibend gelangt man zu den grundlegenden Fragen und grundlegenden Antworten unserer Existenz. Das gelingt deshalb, weil der Filter der Konventionen – dessen, was »man tut oder nicht tut« – wegfällt, wenn man nur für sich schreibt.
In diesem Sinne möchten wir Sie ermutigen. Vertrauen Sie Ihrer Schreibhand und erleben Sie das beglückende wie stärkende Gefühl, das Ihnen ein Rendezvous mit Ihrer Kreativität schenken wird. Sie können das Buch von Anfang bis Ende durcharbeiten. Das ist am sinnvollsten, weil wir uns an den Phasen der Krankheitsbewältigung orientiert haben. Oder Sie benutzen das Methodenrepertoire im Anhang, um Ihre Lieblingsmethoden kennenzulernen, mit denen Sie jedes Problem bearbeiten können. Sammeln Sie Ideen zu einem Thema mit dem ABC-Darium oder einem Cluster, schreiben Sie sich frei mit einem Freewriting und fassen Sie zusammen in der Miniform des Elfchen-Gedichts. Oder stellen Sie sich eine Frage und antworten Sie mit einer Geschichte, in der Sie die Perspektive wechseln und eine erfundene Figur passende Antworten auf Ihre Frage findet. Die verschiedenen Methoden des Gesundheitsfördernden Kreativen Schreibens helfen Ihnen in vielen Lebenssituationen. Tauchen Sie voll ein, mit allen Sinnen, schließen Sie so die Schatzkiste zu Ihrem Selbst auf und entdecken Sie, was so lange verborgen blieb und jetzt schreibend nach oben perlt.
Wir danken allen Entwicklern der Methoden und Techniken des Kreativen Schreibens, die wir für Gesundheitsförderndes Kreatives Schreiben umgearbeitet oder angepasst haben. Es ist kaum mehr möglich, nachzuvollziehen, wer welche Technik zuerst verwendet hat. Daher bitten wir an dieser Stelle um Verständnis dafür, dass der Lesefluss in diesem Übungsbuch nicht unnötig durch Zitieren gestört und erschwert wird. Wir hoffen im Gegenzug, dass unsere aus uns selbst geschöpften Übungen und Hinweise dazu beitragen werden, dass das Gesundheitsfördernde Kreative Schreiben Einzug hält in den Alltag von chronisch kranken Menschen – mit allen positiven Effekten, die daraus entstehen können.
Unsere besten Wünsche mögen Sie auf Ihrem Genesungsweg begleiten, herzlich
SUDIJUMI (Susanne Diehm und Jutta Michaud), Jalid Sehouli und Adak Pirmorady
Zunächst ein Wort zur Ansprache: Da sich dieses Buch zuallererst an Krebspatientinnen richtet, verwenden wir bei der Ansprache meist die weibliche Form. Manchmal arbeiten wir auch mit dem großen »I« oder mit beiden Formen. Wir wünschen uns, dass sich immer alle Menschen angesprochen fühlen, die dieses Buch zur Hand nehmen.
Im ersten Kapitel finden Sie Übungen, die Sie direkt nach der Diagnose dabei unterstützen sollen, den ersten Schock zu überwinden und die Antennen auf positive Signale auszurichten.
Für Patientinnen, die gerade eine OP überstanden haben oder durch die Chemotherapie entkräftet sind, haben wir extrakurze Schreibimpulse aufgenommen, für die Sie wenig Zeit und Energie aufwenden müssen. Sie sind entsprechend als »Light-Übungen« mit einem Schmetterling gekennzeichnet. Falls Sie über wenig Energie verfügen, dann lesen Sie das Buch erst einmal nur. Mit einem Stift am Bett können Sie auch nur Stichworte aufschreiben, um die Sie sich kümmern wollen, wenn es Ihnen besser geht. Und auch das Lesen kann als Bibliotherapie hilfreich sein.
Alle anderen Übungen bauen in der Regel aufeinander auf; dennoch müssen sie nicht zwingend »in einem Rutsch« bearbeitet werden. Nehmen Sie sich alle Zeit, die Sie brauchen. Wählen Sie aus dem Übungsangebot zunächst nur solche Übungen aus, zu denen Sie wirklich Lust haben, ganz gleich, in welchem Kapitel sie zu finden sind. Ihr Bauchgefühl wird Sie dabei unterstützen, auszuwählen, was Ihnen gerade hilft. Wenn Sie mit Übungen beginnen, die Ihnen Freude bereiten, wächst unserer Erfahrung nach die Lust auf mehr.
Falls Sie sich kreuz und quer durch die Schreibimpulse bewegen, ist das ausführliche Methodenregister im Anhang hilfreich. Dort erklären wir jene Übungen noch einmal, die im chronologischen Text nur beim ersten Auftauchen der Methode beschrieben werden.
Bei manchen Übungen lohnt es sich, sie mehrfach zu wiederholen, denn auch Schreibergebnisse sind von Ihrer Tagesform abhängig. Besonders die Übungen, in denen es um das freie und unkontrollierte Umherschweifen Ihrer Gedanken geht (Freewriting), bringen tiefere Erkenntnisse, wenn man sie wiederholt und jedes Mal das Augenmerk auf einen anderen Aspekt der geschilderten Situation legt. Das können Ihre Gefühle sein, Sinneseindrücke oder auch Gedanken und Beobachtungen zu den Menschen, die in dieser Situation dabei waren. Wegen seiner besonderen Wirksamkeit finden Sie das Freewriting an verschiedenen Stellen des Buches.
Als letzte Vorbemerkung möchten wir Ihnen vorschlagen, ein handtaschentaugliches Notizbuch für Ihre Übungen anzulegen, das Sie problemlos überall mit hinnehmen können. Wenn Sie gerne schöne Dinge um sich haben, besorgen Sie sich eine Schreibkladde, die Sie mit Freude zur Hand nehmen. Und wenn dann noch Platz in Ihrer Handtasche ist, empfehlen wir drei Stifte in Ihren Lieblingsfarben, mit denen Sie besonders gut über das Papier gleiten können. Bei einigen Übungen ist der Effekt nämlich größer, wenn Sie verschiedene Farben benutzen. Auch Farben beeinflussen unsere Stimmung – für Ihre Genesung jetzt ist es daher besonders wichtig, sich mit Dingen zu umgeben, die Ihnen ein Lächeln ins Gesicht zaubern oder ein angenehmes Grundgefühl schaffen. Dazu sollen auch die Bildmotive von Dr. Adak Pirmorady beitragen, die Sie von Kapitel zu Kapitel begleiten werden.
Falls Sie schon jetzt Kraft und Lust verspüren, ein wenig mehr zu schreiben, lohnt es sich, zuerst das Kapitel zum Journaling zu lesen. Dort finden Sie Hinweise, wie Sie Ihre Schreibkladde besonders effektiv nutzen können.
Wir wünschen Ihnen viele anregende, hilfreiche und inspirierende Momente beim Kennenlernen des Gesundheitsfördernden Kreativen Schreibens.