Fünfzehntes Kapitel.

Inhaltsverzeichnis

Exzellenz Klauer und der Doktor Tewes führten den Vater Furnian vom Begräbnis zurück. Der Oberst ging gewaltsam fest, die steifen dünnen Beine mit harten Tritten auswerfend. Auf den Fersen ging er und jeder Schritt war ein Stoß an seinen alten Knochen. Den Kopf hielt er zurück, der weite Zylinderhut war ins Genick und bis zu den Ohren gerutscht, die leeren Augen standen starr hinaus. Neben ihm wankte die schnaufende Masse der Exzellenz, immer bei jedem Schritt ihr ganzes Gewicht auf den anderen Fuß wälzend. Er hatte sich in den rechten Arm des Obersten eingehängt und hob ihn und trug ihn halb und schob ihn. Links sprang der kleine Doktor vor, zuckend und schnellend, und zog ihn an der Hand nach. Es hatte zu regnen aufgehört. Hinter ihnen klang ein lustiger Marsch der heimkehrenden Veteranen.

Immer wieder sagte der Oberst: »Was habe ich getan? Was habe ich getan, daß mich der Allmächtige so hart straft? Was habe ich getan?«

Die Exzellenz sagte: »Die Teilnahme ist allgemein. Sie sehen doch!«

Sie gingen wieder, die fröhliche Musik trieb sie, sie schritten im Takt.

Der Oberst sagte, mit seiner öden ausgetrockneten leiernden Stimme: »Warum? Was habe ich getan? Ich kann von mir sagen, daß ich es an nichts habe fehlen lassen, was nur irgend in meiner geringen Kraft lag, um mein armes verirrtes Kind auf den rechten Weg zurückzuleiten, nach meinem besten Wissen und Gewissen, Gott ist mein Zeuge! Ich habe wahrhaftig keine Schuld, ich habe es an keinen Mahnungen und Warnungen fehlen lassen, aber was kann denn so ein gebeugter alter Mann wie ich gegen den ungebärdigen und verderblichen Sinn der zügellosen Jugend? Ich bin zu schwach gewesen, ich hätte ihm nicht so viel nachgeben dürfen, eine strenge Hand hätte er gebraucht, ich aber war zu weich, durch meine Güte ist er verdorben worden, es hat sich furchtbar gerächt!«

Klauer sagte: »Es war eine erhebende Feier. Ich kann mich nicht erinnern, daß hier noch je die Laternen mit schwarzen Flor verhängt waren. Denken Sie!«

Der Oberst sagte: »Was habe ich denn getan, daß ich so büßen muß? Ich frage mich und frage mich und kann keine Antwort finden! Von klein auf ist der Bursche behütet und bewacht worden, in den strengsten Grundsätzen habe ich ihn erzogen und wie war ich stets bemüht, jeden schädlichen Einfluß von ihm abzuhalten! Warum denn also? Warum? Warum mir auch noch die Schande? Ich hatte ihn bestimmt, unseren alten Namen, den mein unverdientes Mißgeschick verdunkelt hat, wieder vor der Welt zu Ehren zu bringen! Das hat mich aufrecht gehalten, dieser Gedanke war meine einzige Stütze, alle die Jahre her, in meiner Einsamkeit. Und jetzt endet es so! Warum denn? Warum? Was habe ich denn getan, daß mich Gottes Hand so schwer trifft? Ich hätte den jungen Burschen nicht sich selbst überlassen dürfen, das ist meine Schuld! So kam er aus meiner Zucht und wurde meiner Führung entrissen, da war er verloren!«

Klauer sagte auf einmal: »Ja, das ist es, bei uns ist der Dienst ein Minotauros!« Und er wiederholte, gurgelnd und hustend, um sein Lachen zu verhalten, durch die Nase blasend: »Ein Minotauros! Der k. k. Minotauros!«

Tewes fing zu rennen an und riß die beiden mit, daß sie keuchten.

Der Oberst sagte: »Mein einziger Trost in meinem herben Mißgeschick ist die ergreifende und ehrenvolle Teilnahme in allen Schichten der hiesigen Bevölkerung, die offenbar, wie ich daraus ersehe, in allen Verirrungen und Verfehlungen meines unglücklichen Sohnes doch den angestammten rechtlichen Sinn unserer Familie nicht verkannt hat. Wie wohl mir altem, schwer geprüftem Manne dies tun muß, können Exzellenz sich denken! Zugleich aber vermehrt es noch meinen tiefen Schmerz, weil ich mir sage: Was hätte in einer so verständnisvollen und wohlgesinnten Bevölkerung der Unglückliche nicht alles wirken und zum allgemeinen Besten leisten können, wäre es ihm durch ein unseliges Verhängnis nicht versagt gewesen, seine Vermessenheit zu zügeln!«

Klauer sagte: »Ja, die Trauer um den Verblichenen ist allgemein.«

Der Oberst sagte: »Ich frage mich nur, wie ich es machen soll, allen, die mir ihre Teilnahme in einer so erhebenden und rührenden Weise, die mir immer unvergeßlich bleiben wird, bezeugt haben, nach Gebühr den Dank meines bewegten Herzens zum Ausdruck zu bringen. Wie vortrefflich war für alles vorgesorgt! Wie schön lag er aufgebahrt, mit den seltenen und kostbaren Gewächsen aus dem Glashaus des kaiserlichen Parks! Wie tief hat mich das Beileidstelegramm Seiner Exzellenz des Herrn Ministerpräsidenten erschüttert! Und der schöne Kranz, den er noch eigens durch den Herrn Baron Chrometzky persönlich überbringen ließ. Und der ernste feierliche Gang durch die stillen Gassen mit den schwarzverhängten Laternen, unter dem Schluchzen der gesamten Bevölkerung! Ich muß auch noch ausdrücklich der hervorragenden Leistungen des trefflichen Gesangvereins gedenken. Besonders das wunderbare Tenorsolo des Herrn Apothekers Jautz war von einer wahrhaft hinreißenden Wirkung. Dieser ausgezeichnete Künstler hat eine Stimme, die in die Tiefen des Herzens dringt. Ich werde nicht verfehlen, dem hochverdienten Mann meinen Dank noch persönlich abzustatten.«

Klauer sagte: »Alle waren sie sehr brav. Man darf nur nicht glauben, daß es bloß in den großen Städten Meisterleistungen gibt. Die Kultur hat sich ausgebreitet.«

Der Oberst sagte: »Wenn mich etwas in meinem tiefen Schmerze trösten kann, so wird es die wahrhaft weihevolle Stimmung dieser erschütternden Feier sein. Ich bin ein schmerzgebeugter Mann und bei meinem Alter, dem unsicheren Zustand meiner schwankenden Gesundheit und meinem Kummer muß ich jeden Tag gefaßt sein, daß Gott mich abberuft. Aber die stärkende und erhebende Erinnerung an die ehrende Teilnahme so vieler edler Männer werde ich stets treu bewahren und ich nehme sie dereinst mit ins Grab. So kann ich sagen, daß dieser schwerste und kummervollste Tag meines vielgeprüften Lebens zugleich in einem gewissen Sinne doch auch der schönste für mich gewesen ist, und ich bitte Eure Exzellenz die Güte haben zu wollen, der gesamten Bevölkerung, die ja, wie mir wohl bekannt ist, in Euer Exzellenz einen wahren Vater verehrt, für ihre ergreifende Teilnahme den tiefst empfundenen Dank eines schluchzenden Vaterherzens zu übermitteln.«

Klauer sagte: »Sie haben sich das alles durch Ihr langjähriges, gemeinnütziges Wirken reichlich verdient, Herr Oberst.«

Der Oberst sagte: »Mir ist bitter Unrecht geschehen, Exzellenz.«

Klauer sagte: »Ich weiß. Wem geschieht bei uns kein Unrecht? Aber für jeden kommt ein Tag der ausgleichenden Gerechtigkeit.«

Sie waren an das Hotel zum Erzherzog Karl gelangt. Der Oberst empfahl sich von den Freunden und ging hinein. Der Marsch der Veteranen verklang in der Ferne, durch den stillen alten Platz hin.

Klauer sah dem Obersten nach und sagte: »Das is ein rechter Schwätzer, scheint mir. Aber komm, setzen wir uns noch ein bissel auf das Bankl! Unter dem Dachl sitzt man im Trockenen, und es ist schon ganz schön warm heut.« Er schob sich schnaufend und ächzend auf die Bank und krähte: »Dabei hat er nicht einmal bemerkt, daß der brave Jautz zweimal gegickst hat. Zweimal, ä, ä! Hast nicht gehört?« Und er lachte, gackernd.

Der Doktor sagte: »Du versprichst mir, daß du dich für den Gendarm verwenden wirst? Du hast es mir versprochen!«

»Ja,« sagte Klauer, ächzend, »das ist eine böse Geschichte!«

Tewes wurde heftig. »Ich versteh den Bezirksrichter gar nicht! Hätt der Heiterer die arme Frau in ihrem Blut liegen lassen sollen, während die Steine fliegen?«

Klauer sagte: »Die Vorschrift ist aber –«

»Ich weiß! Der Lokalaugenschein! Aber bis die Kommission gekommen war, hätten sie den Leichnam zerfetzt, in ihrer sinnlosen Wut! Der Mensch ist schließlich wichtiger als die Vorschrift.«

»Sagst du!« gackerte die Exzellenz. »Denn du bist ein Anarchist!« Und er zog und dehnte die letzte Silbe mit dem langen, hellen I, durch die Nase blasend. »Übrigens wird dem Heiterer ja nicht viel geschehen, man is froh, wenn die ganze Geschichte vergessen wird.«

Nach einiger Zeit sagte die Exzellenz: »So ein liebes Lüfterl geht heut! Ganz wohl wird einem. So ein echt österreichisches Lüfterl! In vierzehn Tagen wird der Flieder blühen. Schön is 's schon hier.« Und er streckte die knollige Nase schnuppernd in den leisen, warmen Wind hinaus.

Sie saßen schweigend. Langsam fing es wieder zu regnen an. Leise klopften die kleinen Tropfen an das Vordach.

Plötzlich sagte Tewes vor sich hin: »Und warum? Zwei harmlose nette Menschen, mit allem begabt, um still glücklich zu sein. So sinnlos ist das! Gut, soll euere Gesellschaft Opfer brauchen, das kann ich noch verstehen!! Tausende müssen leiden, damit einer genießt, gut! Aber wer denn? Für wen ist dieses Opfer gebracht worden? Euere eigenen Leute hetzt ihr sinnlos so herum, bis ihnen schwindlig wird! Und jeder ist eines jeden Feind, jeder lauert jedem auf und will ja gar nichts für sich, wenn er nur einem anderen weh tun kann. So sinnlos!«

Klauer lachte aus seinen Gedanken auf. »Der Schwiehack! Erinnerst dich? Ja, das ist die neue Schule, die glorreiche Schule Döltsch, da zeigt sich's! Weil diese jungen Leute niemals Achtung vor irgendeinem Gesetz, Ergebung in irgendeine Pflicht, Mäßigung durch das warnende Gewissen lernen! Wer hat denn das heute noch nötig? Ihr Herr und Meister geht doch voran und gibt das Beispiel! Man würde ja nur ausgelacht! Sich zu bescheiden ist längst nicht mehr Mode, in geduldiger stiller Arbeit auszuharren hat keiner mehr Zeit! Wer sich grad in der Gunst glaubt, dem ist alles erlaubt. Und nun tummelt er sich und kann's nicht erwarten, weil er schon hinter sich wieder einen anderen spürt, der vielleicht noch schnellere Füße hat! Und nur zu, bergauf und bergab, über Stock und Stein; wer's nicht riskiert, daß er sich den Schädel bricht, kommt nicht mit! Die Rechte des Volkes? Die Pflichten des Staates? Das Gewissen?« Seine Fischaugen krochen aus dem Fett, das Gesicht war wie plötzlich ausgeräumt und er sagte, die gacksende Stimme dämpfend, ernst und geheimnisvoll: »Gewissen! Es gab einmal ein altes Wort, das Gewissen hieß. Er spreizte die gichtischen Finger und horchte hinaus und wiederholte: »Gewissen!« Da fing er zu lachen an und schüttelte sich und krähte: »Aber jetzt sind wir doch modern! Modärrn ist Trumpf! Modärrn! Lustig, lustig! Das Gewissen ist abgesetzt, das kann nicht mehr mit, der Atem geht ihm aus, da haben wir's pensioniiiert!« Und er zerlachte sich und dehnte das I und zog es durch die Nase. »Pensioniiiert! Längst pensioniiiert! Sitzt wahrscheinlich auch irgendwo auf einem Bankl unter einem Dachl und hört dem Regen zu und hat die Gicht! Armes altes Gewissen, sixt, das kommt davon, wenn man nicht rechtzeitig stirbt! Jetzt ham wir halt gar keine Verwendung mehr für dich, in unserer aufgeklärten Zeit, tut uns ja leid, aber mein Gott, was soll man da mit dir tun? Deine Zeit is halt vorbei!« Sein großer Schädel hing vor, die winzigen Augen erloschen im Fett, er wiederholte traurig: »Deine Zeit ist halt vorbei! Vorbei!«

Tewes sprach weiter: »Das ist dann immer so bequem, zu sagen, daß es ja wertlose Menschen waren! Was liegt an den beiden? Ein ungeschickter Streber und eine Landstreicherin! Ja, damit tröstet man sich dann! Ihr Narren, was wißt denn ihr, ob nicht auch in ihnen alles Schöne war? Vielleicht, wenn ihr ihnen geholfen hättet, vielleicht, wer weiß, war alles Gute, was nur ein Mensch vermag, in ihnen da und stand bereit und hat nur gewartet; und nur ein kleines Zeichen von euch, und es war aufgegangen, wunderschön vielleicht, ihr aber habt's erfrieren lassen! Was liegt an zwei so wertlosen Menschen? Aber Menschen doch! Menschen immerhin! Ist euch das so wenig wert? Wißt ihr nicht, daß das bißchen, wodurch der höchste Mensch den geringsten übertrifft, in nichts zerrinnt neben dem ewigen Wunder, das in allen ist, in allen, die Menschen sind? Wißt ihr das noch immer nicht?«

Klauer sagte: »Aber natürlich, wie soll sich denn auch so ein junger Mensch zurechtfinden? Wer hilft ihm denn? Wo kann er sich anhalten? Der Herr und Meister hat doch alles aufgeweicht, überall sinkt man ein in dem Gatsch der allgemeinen Zermürbung! Er hat doch alles deformiert, der große Döltsch, der österreichische Bismarck, alles ist aufgelöst und schwimmt in der großen Suppe der allgemeinen Verwahrlosung herum! Und natürlich und natürlich –.« Er fing wieder zu blasen und zu fauchen an. »Natürlich patscht dann so ein junger Mensch hinein, weil's doch heißt, daß jetzt alles erlaubt sein soll, weil man ja heute mit der richtigen Frechheit alles darf, weil sie doch überall die Beispiele haben, daß alles geht, wenn man sich nur nicht geniert! Bitte, bedienen Sie sich, das ist doch das neue Prinzip! No, da hat er sich halt auch bedient, und man muß doch wirklich sagen, daß er ja noch recht bescheiden war! Wenn man ihn mit den anderen vergleicht! Armer Kerl, wirklich! Aber so geht's, einen trifft's halt schließlich und meistens den Unrechten, einer muß halt dann immer der Dreizehnte sein, armer Kerl! In Jena, hat man mir erzählt, in Jena, ä, ä –« Er lachte gackernd, nahm sein Tuch und schneuzte sich vor unbändiger Heiterkeit. »In Jena haben's eine alte Einrichtung für die Studenten, hat man mir einmal erzählt. Nämlich, die Studenten randalieren in der Nacht und schlagen die Laternen ein, aber die Polizei regt sich gar nicht auf, sondern notiert nur die zerbrochenen Scheiben jeden Tag, laßt sie reparieren und rechnet zusammen, was es ausmacht. No und hie und da begibt sich's aber doch, daß der Nachtwächter zufällig grad dazu kommt, wenn einer eine Latern einhaut, da wird er dann arretiert und muß jetzt alles bezahlen, was seit dem letzten Mal zerbrochen worden ist, seit zum letzten Mal einer erwischt worden ist, verstehst? Eigentlich ist das außerordentlich sinnreich, nicht? Der Schaden wird gutgemacht, der Nachtwächter hat seine Bequemlichkeit, und für den Triumph der Gerechtigkeit ist auch gesorgt, das Verbrechen bleibt nicht ungesühnt. Freilich ist es bitter für den, den's grad trifft, armer Kerl! Den Furnian hat's halt erwischt, das is ein Pech! Da hat er halt die Rechnung zahlen müssen, die aufgelaufen war, und die anderen schmeißen jetzt wieder ein paar Jahr ungestört die Laternen ein. Der Döltsch findet, daß das System sich bewährt. Und ihn feiern's jetzt noch, wegen seiner Unerbittlichkeit, ä, ä.«

Tewes sagte: »Und dann heißt's, ja, der ist jetzt tot, und die Veteranen spielen einen Marsch auf und aus, vorbei, jeder an sein Geschäft zurück! Ich bin doch ein alter Arzt, ich sollt's doch schon gewohnt sein, als alter Geschäftsfreund des Todes! Und immer wieder kann ich's nie begreifen, seltsam ist das. Ich hab eigentlich immer wieder das Gefühl, als würde durch jeden Tod ein Verbrechen an der Menschheit verübt. Ich kann das Sterben nicht begreifen, so furchtbar unnatürlich kommt's mir vor. Wie kann denn die Natur zulassen, daß etwas Unersetzliches zerstört wird? Denn wenn der Tod einen Menschen nimmt, so geht aus der Welt etwas weg, das vorher noch nie war und nachher nie mehr sein wird, dieser eine Mensch mit seinem einmaligen Geheimnis. Versteht ihr denn das nicht? Fühlt ihr das nicht auch? Es scheint, daß daran niemand denkt. Mich wundert's. Denn mich quält das sehr. Ich sitze tagelang und bin davon erfüllt. Und wär's der letzte krätzige lallende Kretin, schon ganz vertiert, ich muß doch immer denken: mit ihm geht etwas aus der Welt, das sie noch niemals gehabt hat und niemals haben wird, und die Welt wird ärmer, wie wenn ein Baum umgeschlagen wird. Denn diesen einen Menschen, diesen da, wie er ist, hat sie noch niemals gehabt, und sie wird ihn niemals mehr haben, er nimmt sein Geheimnis mit, das tief verborgene Geheimnis, das jeder Mensch ist, jeder. Und wäre die Sonne plötzlich ausgelöscht, es wäre nicht ärger, als wenn der gemeinste Mensch stirbt. Es wäre für mein Gefühl nicht ärger. Denn jeder Mensch ist ungemein, ein einziges Wunder, das nicht wiederkehrt. Die ganze Natur müßte weinen, wenn es verlischt. Ihr aber sagt, ja der ist jetzt tot! Das quält mich oft, ich kann's nicht begreifen.«

Die Exzellenz fuhr auf, legte die große grobe Hand auf den Rücken des Doktors und fragte: »Wie meinst du? Hast du was gesagt?«

Der Doktor antwortete: »Es war nicht so wichtig. Man denkt sich allerhand. Schön ist der Abend!«

Langsam klatschten die kleinen Tropfen ins Dach. Still lag der große Platz. An der einsamen Brücke rauschte der Fluß. Drüben hing die Sichel des blassen Mondes in zerrissenen Wolken. Ein warmer Wind zitterte durch die dunkelnde Gasse.

Klauer sagte: »Aus ihm hätte sicher ein ganz brauchbarer Beamter werden können. Aber das soll ja nicht sein, das wollen sie ja nicht, der Bureaukrat muß im Trüben fischen! Und zu unseren berechtigten Eigentümlichkeiten gehört es ja doch, daß in diesem Lande keiner je das wird, wozu er veranlagt wäre.« Und schadenfroh lachend und schmatzend in seiner Wut des Erklärens, fuhr er fort: »Dem armen Kerl hat's halt den Kopf verdreht! Denn da sich hier jeder im Recht glaubt, der sich in der Macht weiß, wird ebenso Freiheit mit Willkür verwechselt, und jeder will in unserer Verwaltung jetzt den kleinen Übermenschen spielen. Da laufen die Renaissancebuberln nur so herum, und manchmal nimmt's halt ein schlechtes End.«

Tewes sagte: »Die arme Frau! Die arme Frau! So viele frohe Zärtlichkeit, so viel Anmut, so viel lieber stiller Frohsinn ist mit ihr dahin!«

Die alte Exzellenz bog sich schnuppernd vor und sagte: »Spürst das Lüfterl? Unser gewisses weiches österreichisches Lüfterl, das einen so lieb streicheln tut! Und gleich zergeht dann alles, was sich im Menschen Schlimmes angesammelt hat! Manchmal im Winter in Wien, da hab ich jetzt schon recht arge Stunden! Wenn ich dann aber nur erst wieder hier bin, in dem lieben kleinen Ort mit seinen friedlichen guten Menschen, und aus dem herzigen Tal herauf dieses gewisse Lüfterl weht, dann is ja gleich alles wieder gut! Das gibt's halt doch nur in Österreich, gelt? Und so einen schönen kleinen Plausch, wo man sich schön gemütlich einmal über alles aussprechen kann, wo gibt's denn das noch?«

Ende.

»Drut« ist der zweite einer Reihe von Romanen. Der erste heißt »Die Rahl« und ist im Herbst 1908 erschienen. Der dritte heißt »O Mensch!« und ist 1910 erschienen.

Einige, die in dem Roman »Drut« vorkommen oder erwähnt werden, sind schon in anderen Werken erschienen. So die Rahl, Larinser, der Vater der Vikerl, und Hofrat Wax in der »Rahl«, der Hofrat Furnian, der Großonkel des Klemens, die Hofrätin Zingerl, geborene Johanna Trost, und ihr Vater, der Syndikus Trost, ihre Mutter Karoline und ihre Schwestern Luise und Sanna in der »Sanna«, Ferdinand von Matt und seine Frau Aurelie, geborene von Wurz, die Großeltern des Klemens, im »Krampus«, Leopold Wiesinger und seine Frau Gertrud, geborene Danzer, im »Star« und die Wirtin Gusti Riederer, geborene Hafferl, im »Franzl«.

Einleitung.

Inhaltsverzeichnis

Hermann Bahrs Leben und Werk sind reich an Wandlung, nicht minder reich an Geist, Größe und Kraft in allen Phasen dieses Wandlungsganges. Immer und überall war sein Leben Voraussetzung für sein Werk, war er ein werbender Streiter für seinen Glauben, nämlich für das, woran er glaubte und wofür er kämpfte. Wie stark muß eine Begabung sein, die niemals über den Dingen steht, sondern mitten unter ihnen, die ihrem Schaffen stets wesensnah und herzensverwandt ist, und auf dem beschwerlichen Wege des warmblütigen subjektiven Erlebens oder Erfühlens zur objektiven dichterischen Gestaltung gelangt; wie gefestigt eine Persönlichkeit, die alle diese Wandlungen innerlich rein und äußerlich heil zu überwinden und zu überstehen vermochte.

Hermann Bahrs Leben: Als Sohn schlesischer Eltern im Juli 1862 in der oberösterreichischen Donaustadt Linz geboren, in jungen Jahren vielgereist, bald als Schriftsteller und Journalist am Leben seiner Zeit rege Anteil nehmend, verbrachte er zwei Jahrzehnte in Wien, wo er vornehmlich als Dramatiker, insbesondere als Lustspieldichter, zu Erfolg und Ansehen gelangte, bis der Fünfzigjährige sich noch vor dem Kriege zunächst nach Salzburg wandte, um sich dann endgültig in München niederzulassen, wo er heute noch, fern dem literarischen Marktgetriebe, in größter Zurückgezogenheit lebt und wirkt. Seine künstlerische Wandlung führt von der Verkündung des Naturalismus über die Neuromantik, später an realistischen Anklängen vorbei, zur psychologischen und schließlich zur ethischen Dichtung, getragen von tiefem religiösen Glauben, beherrscht von bekenntnishaftem Drang nach Verinnerlichung. Die politischen Wandlungen reichen vom Sozialismus am Beginn, über anarchistische Sympathien hinweg, an nationalen und aristokratischen Bestrebungen vorbei, bis sie über den Humanismus auslaufen und münden in strenggläubigen Katholizismus, zu dem sich der geborene Katholik und spätere Freigeist im Jahre 1912 endgültig bekennt. Von diesem Leben läßt sich sagen, daß es wahrlich ein weites Feld erfaßt und durchdringt.

Hermann Bahrs Werk: Von der Herausgabe einer Wochenschrift in Wien, über Aufsätze und Flugschriften, über Gründung einer Kunstzeitschrift, über Studien und Tagebuchaufzeichnungen, zu einem der geistreichsten und tiefsinnigsten Essayisten seiner Zeit. Vom Regisseur am Deutschen Theater in Berlin und späteren Burgtheaterdirektor in Wien zu einem der erfolgreichsten und begehrtesten Bühnendichter eingangs des Jahrhunderts, dessen Komödien über fast alle deutschen Bühnen gingen und von denen hier nur »Das Konzert«, »Der Star«, »Der Krampus«, »Die gelbe Nachtigall« erwähnt seien. Ein Kenner und Könner des Theaters, stellte er vielfach Stoffe aus dem Bühnenleben in den Umkreis seiner Betrachtung und Befassung. Auch sein trefflicher Roman »Die Rahl«, der erste in der Folge des zur Lebensaufgabe gestellten großen Romanzyklus, erwählt in der Titelheldin eine große Schauspielerin zur tragenden Gestalt, um die Welt des Theaters einer nicht minder verkleideten Umwelt gesellschaftlicher Kräfte im alten Österreich entgegenzustellen.

Die vielseitige Entwicklung dieses Dichters in mannigfachen Kunstzweigen war aufzuzeigen und nachzuzeichnen, wenn auch nur flüchtig und andeutungsweise, um zu seinem Hauptwerk zu gelangen – zu dem auf zwölf Romane bemessenen Zyklus, wovon bisher die Hälfte, also sechs Romane, vorliegt – und um damit den Leser zum tieferen Verständnis des vorliegenden Romans einfühlend zu geleiten, »Drut« ist der zweite der bisher erschienenen Romane, die völlig unabhängig voneinander jeder für sich bestehen, übrigens auch in Stoffwahl, Problemstellung und Weltanschauung durchaus verschieden sind, zeitlich, räumlich, gedanklich den Wandlungen ihres Schöpfers angepaßt. Der ursprünglichen Absicht, ein zusammenfassendes Kolossalgemälde österreichischer Kultur und Sitte im Brennpunkt einer entscheidenden Epoche zu schaffen, traten äußere und innere Umstände wenig förderlich entgegen: Österreich und das darin geschilderte Zeitalter versanken aus flammender Gegenwart, die dem Dichter und seinem Werk als stärkster Antrieb diente (und darum beider Wert erhöht}, in erloschene Vergangenheit; – der Dichter aber und sein Werk gelangten seither von der Schilderung einer Kultur zur Verkündigung einer Religion, die wie jeder Glaube eine innerliche Umstellung fordert (und darum beider Wert nicht mindert).

Der Roman von der Hexe Drut vermittelt in künstlerischer Vollendung ein unübertreffliches, in der Literatur unserer Tage jedenfalls unübertroffenes Kulturbild des alten Österreichs im Zeitalter des Verfalls, wie es in unser aller Gefühl heute noch nachklingt, in seinen sozialen und wirtschaftlichen Zusammenhängen das gesamte Deutschland berührt. Mit unheimlicher Voraussicht wird in diesem Roman der damals bevorstehende und seither eingetretene Zusammenbruch in Gestalt einer altösterreichischen Beamtentragödie erlebt und erlitten. Ein zur herrschenden Schicht zählender Staatsbeamter, jung und hoffnungsreich, verstrickt sich durch eine reine Liebe in das tödliche Netz einer dünkelhaften, dummdreisten Staatsbürokratie, die Land und Untertan zu Tode regieren durfte. Der Untergang des Opfers, behaftet mit den Vorzügen und den Schwächen des österreichischen Menschen, der ein Spielball dunkler Mächte wird, ist vom Zauber der österreichischen Landschaft umflossen. Dahinter die meisterhafte Schilderung des edelsten Zuchtgewächses einer angefaulten Staatsgewalt: die Fratze des österreichischen Hofrats, unsterblicher Typ, der aus der Zeitgeschichte in die Weltgeschichte eingeht. »Der Hofrat«, so könnte dieser Roman vom österreichischen Leben und Sterben in leuchtenden Lettern überschrieben sein; denn er gibt Begriff und Geschmack einer Gattung, die, wenn schon nicht in Ansehung ihrer Verdienste als Totengräber einer alten Kultur, so doch um des bleibenden Wertes dieses ihres Romans wegen, den Schritt vom Lächerlichen zum Erhabenen vollzieht. Das unvergängliche Abbild dieser Gattung konnte nur ein Dichter mit einer großen Liebe im Herzen zeichnen.

»Drut« entstand im Jahre 1908 und ist 1909 erschienen, ohne daß dieser beste Roman Hermann Bahrs – ich wage zu behaupten: einer der besten und schönsten der zeitgenössischen deutschen Literatur überhaupt – bisher neu aufgelegt wurde. Darin liegt ein nicht weiter verwunderliches Symptom einer Zeit, die hinter dem Flüchtigen herjagt. Nach einer Pause von zwei Jahrzehnten, nach beinahe ebenso langer Vergessenheit, wird der Roman unter dem Titel »Die Hexe Drut« im Rahmen dieser Buchreihe, die sich ausschließlich in den Dienst lebender Dichter stellt und um die Verbreitung ihrer Meisterwerke in billigen und dabei würdigen Ausgaben bemüht ist, gleichzeitig mit dem Roman von Arthur Schnitzler, des anderen großen österreichischen Dichters, als Ergänzung der zunächst vorgesehenen Reihe deutschsprachiger Werke und in einer für Deutschland ungewöhnlich hohen Erstauflage herausgebracht. Das Wagnis besteht, das Ergebnis ist ungewiß. Doch ich hege den festen Glauben, daß allein das Gute sich auch im Schrifttum durchsetzen und früher oder später recht behalten wird.

Die »Bücher der Epoche« gehen nicht auf den schreienden Tageserfolg aus. In den bleibenden Werten, die sie vermitteln dürfen, suchen sie Geltung und Bewährung. Verlag und Herausgeber sind sich des neuartigen Versuches bewußt, ihren Nutzen an dem inneren Gewinn des Lesers aus ihren Darbietungen messen zu wollen. Dieser Gewinn wird im vertrauten Umgang mit dem vorliegenden Roman des jungen Hermann Bahr wahrlich nicht gering sein.


Berlin, im September 1929.

Lyonel Dunin.

Vorwort zur neuen Ausgabe.

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»Den Zorn des Achill singe mir!«, fleht Homer zu Beginn der Ilias, und wenn er dann an die Odyssee geht, bittet er auch zunächst wieder die Muse: »Den Mann nenne mir, den vielgewandten!« Beidemal gesteht der Dichter also ein, daß er selbst nichts zu sagen hat, es muß ihm erst eingesagt werden, eingesagt von oben. Auch Dante versichert sich zunächst beim Eingang zu seiner »Monarchie«, keiner Dichtung, sondern einer gelehrten, einer politischen Schrift, der Hilfe von oben, er gesteht:

»Arduum quippe opus et ultra vires aggredior, non tam de propria virtute confidens quam de lumine Largitoris illius, qui dat omnibus affluenter et non improperat.«

Die Dichter aller Zeiten wiederholen das Zitat aus Cicero, der mit Berufung auf Demokrit und Plato verneint, »sine inflammatione animorum existere posse et sine quodam afflatu quasi furoris« – ohne Furor, ohne den Anfall einer gewissen Raserei, ohne Geistesentflammung gibt es keinen Dichter! Aber auch schon der platonische Sokrates erklärt im Phädrus alle Bemühungen des Dichters für ohnmächtig, »der bloß durch die Kunst allein, ek technes«, dichten zu können meint, dazu »Mouson mania«, ohne, wie Wieland übersetzt, »Musenwut«; denn immer, versichert Sokrates, bleibt das Gedicht »tu sophronuntos«, das Gedicht des Bewußten, weit hinter den Gedichten der »Rasenden« zurück! Und wenn William Blake einmal versichert: »Ich bin nur der Sekretär, die Autoren sind in der Ewigkeit«, so spricht er damit das Gefühl aller Schaffenden aus: diktiert wird ihnen, sie können nichts dafür, sie haben es bloß aufzunehmen und weiterzugeben; Dolmetsch ist der Künstler, ein Stromleiter, ein Draht, durch den »das Geschenk von oben« den Sterblichen zugeführt wird. Der Künstler wird selber davon ganz unversehens überfallen, es überkommt ihn, überwältigt ihn, und bevor er es noch recht weiß und sich von seinem Staunen, ja Schrecken kaum erholt, kaum wieder auf sich besonnen hat, ist er schon ergriffen; dann aber kommt es freilich noch darauf an, daß er nun aber auch zugreift, daß der Ergriffene nun selber ausgreift, nach seiner Ergriffenheit greift, um sie festzunehmen und festzuhalten. »Dreingreifen, packen ist das Wesen jeder Meisterschaft«, heißt in jenem herrlichsten Jugendbrief Goethes an Herder. Ganz Demut ist er da, mit dankbar gefalteten Händen, denn er weiß, es muß von oben kommen, selber vermag er nichts; zugleich aber taumelt seine Demut vor Stolz im Rausch des eigenen Kraftgefühles: »Über den Worten Pindars »epikratein dynasthai« ist mir's aufgegangen!« So hat er nun die beiden Elemente der Kunst in seiner Empfangenes gestaltenden Hand. Er war zweiundzwanzig, als er dies schrieb, aber aus seinem dreiundachtzigsten Jahr haben wir ein Briefkonzept, worin es heißt: »Die wahre Produktionskraft liegt doch am Ende immer im Bewußtlosen, und wenn das Talent noch so gebildet ist – freilich alsdann desto besser.« Was der heiße Jüngling stürmisch ahnte, wiederholt bedächtig der erfahrene Greis. Des Menschen eigenes Inneres hat er immer als »unvollständig« erkannt. Es vermag nichts ohne die »Gabe von oben«, ohne das »unerhoffte Geschenk von oben«, es ist dabei selber nur »als ein Werkzeug einer höheren Weltregierung zu betrachten, als ein würdig befundenes Gefäß zur Annahme eines göttlichen Einflusses«. Aber freilich sind solche Werke, worin dem, was der Dichter empfängt, die gestaltende Kraft genau so zugewogen ist, daß alles Empfangene sich in Gestalt verwandelt und kein Überschuß der gestaltenden Kraft müßig zurückbleibt; solche vollkommenen Werke sind sehr selten. Das höchste Beispiel eines bloß das Diktat von oben auffangenden Gedichtes, in dem der Wille des Dichters durchaus verstummt, ja selber sozusagen gar nicht mehr vorhanden, sondern der Dichter nur noch eine Traufe für den zuströmenden Einfall ist, haben wir an Rimbauds »Bâteau ivre«, vielleicht dem schönsten Gedicht französischen Lautes. Der Dichter selber regt sich darin gar nicht, er ist zum Diktaphon geworden. In seiner Straßburger Zeit hätte Goethe sich für ein Gedicht in der Art des »Bâteau ivre« gar nicht laut genug begeistern können. Erst allmählich ward er inne, daß wenngleich »jede Form, auch die gefühlteste, etwas Unwahres hat«, Form dennoch unentbehrlich ist, denn »sie ist ein für allemal das Glas, wodurch wir die heiligen Strahlen der verbreiteten Natur an das Herz der Menschen zum Feuerblick sammeln. Aber das Glas! Wem's nicht gegeben wird, wird's nicht erjagen; es ist, wie der geheimnisvolle Stein der Alchimisten, Gefäß und Materie, Feuer und Kühlbad. So einfach, daß es vor allen Türen liegt, und so ein wunderbar Ding, daß just die Leute, die es besitzen, meist keinen Gebrauch davon machen können.« Grillparzer hat einmal gesagt; »Der rechte Dichter ist nur der, in dem seine Sachen gemacht werden.« Wenn aber dann, früher oder später, die Sachen von selbst gemacht zu werden aufhören, wenn alles »Simulieren«, wie Grillparzer diesen Zustand der Erwartung des Segens von oben zu nennen pflegte, nichts mehr hilft, dann wird der Dichter gewahr, wie gering sein eigenes Verdienst und daß er bloß ein Empfänger ist. »Meine Gottheit ist die Inspiration«, versicherte Grillparzer immer wieder, und er wurde zum mürrischen Hypochonder, als es von Inspiration in ihm nur so tröpfelte. Laube konnte nicht verstehen, warum Grillparzer jedes Gespräch über sich und seine Dichtungen abwies. Wenn er sich doch einmal darauf einließ, so sprach er, als ob er in Person mit dem Dichter Grillparzer gar nichts gemein hätte. Den Theatermann Laube befremdete das, jeder Dichter aber weiß, daß er bloß ein Gefäß der Inspiration und für diese nicht verantwortlich ist. Der Dichter hat vor den andern gar nichts voraus, als daß ihm zuweilen etwas einfällt: es fällt in ihn hinein, er kann nichts dafür, es ist nicht sein Verdienst. Er muß nur mit dem Einfall dann auch etwas anzufangen wissen, bevor Besuch der Inspiration sich wieder entfernt.


Hermann Bahr.

Erstes Kapitel.

Inhaltsverzeichnis

Der neue Bezirkshauptmann hielt in der Türe noch einmal, sah forschend auf den alten Amtsdiener zurück und sagte: »Ja, daß ich nicht vergess'! Sagen's einmal! Können Sie ein Radl putzen?«

Der Amtsdiener antwortete gekränkt: »Aber Herr Baron! Die Herren haben doch ein jeder ein Radl. Wär' net übel!«

»Also da kommen's dann zu mir, heute noch, Kreuzgasse vier –«

»Ich weiß«, bestätigte der Diener. »Ich weiß, Herr Baron.«

»Holen's das Radl, richten Sie's ordentlich her und stellen Sie's hier ein. Verstanden?«

»Jawohl, Herr Baron«, sagte der Diener.

Der Bezirkshauptmann trat auf ihn zu, tippte mit dem Finger auf seinen Kragen und blies ihm den Staub weg. Und er sagte: »Und dann noch etwas! Hören Sie zu! Wie haben Sie gesagt, daß Ihr Name ist?«

Der Amtsdiener meldete: »Pfandl, Herr Baron! Johann Pfandl.«

Der Bezirkshauptmann sagte: »Also, mein lieber Pfandl, merken Sie sich, daß ich hier kein Herr Baron bin, sondern der Herr Bezirkshauptmann. Im Amt gibt's keinen Baron und keinen Grafen, das könnten's schon wissen. Verstanden?«

»Jawohl, Herr Bezirkshauptmann!« sagte der Diener. »Ich habe nur gemeint, weil –«

»Meinen's nix, verehrter Herr Pfandl«, sagte der Baron. »Das müssen Sie sich bei mir abgewöhnen. Meinen's nix, sondern tun's, was man Ihnen sagt. Dann werden wir ganz gute Freunde sein, lieber Pfandl. Verstanden?«

»Jawohl, Herr Bezirkshauptmann«, sagte Pfandl.

»Und jetzt geben's mir noch ein Feuer,« fuhr Baron Furnian fort, »und dann sagen's den Herrn, daß ich morgen in der Früh um sieben komm'.«

»Um sieben?« fragte Pfandl bestürzt.

Der Baron zündete seine Zigarette an und, Ringel blasend, wiederholte er: »Um sieben, Morgenstund' hat Gold im Mund, lass' ich den Herrn sagen. Servus!«

Die Frau Pfandl fragte ihren Mann aufgeregt: »No, wie is er?«

Der Herr Pfandl sagte, gefaßt: »Wie's halt im Anfang alle sind. Da glaubt ja ein jeder, jetzt muß alles anders werden. Abwarten. Wird's auch noch billiger geben. Mir is gar net bang.«

Die Frau Pfandl sah durchs Fenster. Als der Baron auf die Straße trat, schlug sie die Hände zusammen. »Jessas! So ein schöner Mensch! Nein, so ein schöner Mensch!«

»Kurze Hosen und Wadelstrümpf', ein grünes Hütl und eine scheckige Westen,« sagte Herr Pfandl, »da seid's halt gleich verloren. Weiberleut, Weiberleut! Schad't aber gar nix, wenn für die Fremden einmal ein biss'l was g'schieht. Der kann eine Attraktion für den ganzen Ort werden. Der hat's dazu. Der wird's aufmischen. Und wir können's brauchen.«

»So ein schöner Mensch«, wiederholte Frau Pfandl, dem neuen Bezirkshauptmann nachsehend, der langsam die Straße hinaufschritt, dann aber, wo der Weg sich verengend, zur Brücke biegt, an der Ecke hielt und, die Beine gespreizt, die Hände in die Hüften gestemmt, rauchend stand. »So ein schöner Mensch! Um den wird's gut zugeh'n, Jessas! Und wär doch wirklich schad', wenn's ihn einfangen möchten.«

Der Herr Pfandl lachte. »Da wär' manche, die möcht'. Armer Kerl! Schaut mir aber nicht aus, als ob er aus der Hand fressen tät. Um sieben in der Früh, ujäh! No, unseren zwei Hascherln gönn ich's. Und in acht Tagen is ja doch alles wieder, wie's war. Das kennt man schon.«

Die Frau Pfandl, immer noch zum Fenster hinaushängend, sagte: »Der kann doch noch keine dreißig sein! Ein G'sichtl wie ein Student.«

»Zweiunddreißig«, sagte Herr Pfandl.

»Net möglich«, rief Frau Pfandl.

»Zweiunddreißig«, wiederholte Herr Pfandl. »Ich weiß's von den Hascherln. Die sind schön bös. Der Graf Sulz schimpft den ganzen Tag: Ein ganz gewöhnlicher kleiner Baron, bloß weil er die rechte Hand vom Minister ist, Hanba! Und dann haben's gesagt, man sieht eben, daß wir schon mitten in der Revolution sind. Und an allem ist der verflixte Döltsch schuld. Aber der Kleine hat gelacht und hat gesagt, daß es nichts macht, weil in Österreich noch nie ein Baum in den Himmel g'wachsen ist, das gibt's nicht! Jetzt mußt aber auch nur wissen: Zwanzig Vordermänner hat er übersprungen, dank schön. No, wird sich halt erst zeigen, ob er so weiter springt. Warten wir's ab. Da verstaucht sich einer leicht.«

»Ein so ein schöner Mensch«, jammerte die Frau Pfandl, das Fenster schließend, da der Baron jetzt um die Ecke ging, zur einsamen Promenade hin.

Es war Mai. Der Ort lag noch ganz still. Die Villen zu, die Wege leer, der Wald stumm. Nur die alte Exzellenz Klauer ging spazieren, ganz allein Aber der Postverwalter Wiesinger, der hiesige Schöngeist, sagte fein: Der Klauer ist jene Schwalbe, die noch keinen Sommer macht. Manchmal drangen ein paar Touristen ein, stiegen in der Post ab, langweilten sich und entflohen. So blieb's, bis es heiß wurde, die Schulen geschlossen waren, die Städte verödeten. Wenn dann im August der Kaiser kam, wurde hier drei Wochen Residenz gespielt. Und im September war alles wieder aus. Dann tauchten behutsam die Hiesigen wieder aus ihren Verstecken auf, in welche sie sich vor dem Lärm und Taumel und Schwulst der Fremden ängstlich, mißtrauisch und neidisch verkrochen hatten. Und wenn es dann einer wagte, wieder getrost über die Gasse zu gehen, öffneten sich nun wieder alle Fenster: man hatte seinen Schritt gehört und sah nach, wer es wäre.

Der neue Bezirkshauptmann ging über den Platz, zur Promenade hin, den Fluß entlang. Wie verwunschen lag der Ort. Der Fluß rauschte, die Wiesen rochen, der Wind war hell und herb. Und Furnian ging, und es war ihm seltsam, so zu gehen, gemächlich vor sich hin. Und er sagte sich: Aber wenn du willst, kannst auch umkehren, oder setz' dich dort auf die Bank, wenn du willst, um ein bissel auszuruhen, oder du gehst jetzt gleich den ganzen Ort ab, du bist ja jetzt sein Herr, es gehört ja rundherum alles dir, moralisch wenigstens, und du kannst jedenfalls endlich einmal machen, was du willst, es hat dir hier kein Mensch was zu sagen, Herr Bezirkshauptmann! Und er ging und freute sich, wie beflissen man, als er vorbeikam, aus den Ländern schoß, der Apotheker Jautz und der Herr Riederer, Kaufmann und Bürgermeister, und der reiche Fleischer Fladinger, mit eiligen Buckerln alle: Die Ehre, Herr Bezirkshauptmann, habe die Ehre! Und er ging und freute sich, wenn über ihm ein neugieriges junges Gesicht ans Fenster fuhr, mit den Augen nach ihm schnappend, um gleich wieder, erschrocken, daß er es sah, lachend zu verschwinden. Der Fluß rauschte, die Wege glänzten, tanzend war der Wind, und die jungen Wiesen rochen so gut und die geschäftigen Menschen grüßten so tief und das Lachen hinter den Fenstern klang so froh. Er ging und freute sich.

Da hörten schon die Häuser auf. Solche Wiesen, in ihrer ersten jungen Kraft, sah er noch nie! Mit frechen gelben Ranunkeln, feierlichen Glockenblumen und den dichten, nickenden, schwirrenden, surrenden, hohen Gräsern. Und ein leises Klingen ging mit ihm, vom Walde kam ein Rauschen her, und Flur und Feld und dieses ganze Land, in der Sonne glänzend, schien ihn zu grüßen. Er blieb stehen und sah auf den lieben kleinen Markt zurück. Er hatte das Gefühl, es wird ganz hübsch sein. Und in ein paar Wochen kommen ja die Fremden. Geputzte Wienerinnen, lustige Gouvernanten, Amerikanerinnen mit wehenden Schleiern. Wer weiß? Und dann kommt der Hof. Wer weiß? Er muß lachen. Der Döltsch hatte ihm noch beim Abschied gesagt: »Die Hauptsache ist aber, gehen Sie nie ohne Regenschirm aus! Es regnet dort immer. unversehens, und wenn Sie ein biss'l Glück haben, steht plötzlich der Fürst von Bulgarien vor Ihnen, hilflos naß, und Sie bieten ihm den Schirm an und es wird bekannt, daß Sie ein umsichtiger Beamter sind. Mit den Orden geht's aber wie mit den Millionen: nur der erste ist schwer. Also schauen Sie, daß Sie einen Regenschirm und Glück haben. Dann kann's Ihnen nicht fehlen.« Ja, er versteht, was der Minister meint. Und er wird es sich wahrlich nicht fehlen lassen. Das hat er ja gelernt. Schöne Frauen und der Hof, es kommt jetzt nur auf ihn an: ob er es versteht, Glück zu haben. Aber das Glück ist ein Weib, man muß es nur nehmen. Das will freilich auch gelernt sein. Er wird sich eben jetzt ein bißchen üben, im Nehmen. Schon, um sich die Zeit zu vertreiben. Denn, sagt er sich übermütig, wir sind ja unter uns, Herr Bezirkshauptmann, gestehen Sie, daß Sie von Geschäften keinen Dunst haben, was auch gar nicht Ihre Absicht ist, sondern Sie wollen Karriere machen, und dazu, hat Ihnen der Minister ausdrücklich gesagt, wird es noch am besten sein, wenn Sie sich bemühen, die Selbstverwaltung möglichst wenig zu stören! Nun, das kann man ja. Freilich, im Winter wird's etwas trist werden. Die zwei jungen Herren, die ihm zugeteilt sind, der böhmische Graf Sulz und der freche Derzer, kleiner Bierbaron mit großem Rennstall – nein, danke; den hochmütigen Schlag kennt er: das macht Dienst als Amateur, wie's nach Monte Carlo oder auf die Löwenjagd fährt, um dabei gewesen zu sein, der Dienst gehört ja zu den noblen Passionen. Nein, danke. Und der Herr Bürgermeister und der Herr Apotheker und der Herr Notar und der Herr Postverwalter und der Herr Salinendirektor und gar ihre Damen, mit solchen Hüten, wie sie vielleicht in zwanzig Jahren wieder einmal modern sein werden, weil die Mode doch ein Rad ist – na, sehr aufregend kann er sich das auch nicht denken. Aber schließlich, er wird rodeln, er wird Ski laufen, und wenn dann die stillen langen Abende sind, nimmt er ein Buch und legt sich hin und liest, draußen schneit's und im Ofen knackt's. Das hat er doch noch nie gehabt. Und wenn's ihn freut, liest er die ganze Nacht, und wenn's ihn nicht mehr freut, hört er auf, und er tut überhaupt nur, was ihn freut. Er kann ja jetzt tun, was er will. Zum erstenmal. Er ist ja jetzt frei. Er ist sein eigener Herr. Zum erstenmal. Er kann's eigentlich noch gar nicht glauben. So seltsam ist es ihm. Fast ein bißchen unheimlich sogar. Er sagt es sich immer wieder vor. Sein eigener Herr und frei; und kann sich sein Leben einrichten, wie er will. Zum erstenmal. Auf der ganzen Fahrt, nach diesen öden Tagen beim Vater, hat er es sich vorgesagt. Und jetzt ist es wirklich wahr. Und er bleibt wieder stehen, sieht sich um, ob es niemand hört, und dann spricht er es aus, mit lauter Stimme: Frei bist und bist jetzt dein eigener Herr, und jetzt fängt das Leben an! Und er weiß, daß ihn niemand sieht, zwischen den nickenden Wiesen am rauschenden Wald, und so nimmt er sein grünes Hütl ab, wirft's, fängt's auf, schwingt's und juchzt und hört's aus dem schallenden Berge wieder. Und erschrickt und sieht das Hütl in seiner Hand und schämt sich eigentlich. Und muß lachen: Aber Herr Bezirkshauptmann! Er kennt sich gar nicht mehr. Wenn ihn jetzt der Döltsch gesehen hätte! So war er nie. Er war ja noch nie wirklich froh. Ausgelassen, spöttisch, frech, ja. Doch nie so bei sich im Herzen froh. Nie mit diesem Wunsch wie jetzt: So sollt's bleiben, wenn's möglich ist! Nein. Das hat er sich sonst noch nie gewünscht. Bisher hat er sich immer nur gewünscht: Wenn bloß das erst vorüber wär! Bisher hat er nur immer gehofft: Später, vielleicht später einmal! Bisher war ja sein einziger Trost: Der Tag geht auch vorbei! Und dann schlafen und ein paar Stunden vergessen, aber bis in den Schlaf hinein noch von Angst verfolgt, Angst vor dem Erwachen, wo's wieder anfängt. Schon als Kind, noch daheim, wenn nebenan die Mutter in Krämpfen schrie, während er vom anderen Zimmer unablässig den ruhelosen Schritt des Vaters vernahm: Wenn ich nur erst draußen wäre! Und dann endlich draußen, in Kalksburg, bei heuchlerischen Lehrern und hoffärtigen Schülern, diese ganzen bangen acht Jahre, wieder; Wenn nur erst die Matura vorüber ist! Und dann wieder, als verschämt armer Student, häßlichen Hofratstöchtern hofierend: Später, später! Und noch im Präsidialbureau des Ministers, in Neid und Eifersucht von Kriechern und Strebern – warum? War er denn mehr als ein Kammerdiener ohne Livree? Ach, irgendwo draußen sein, draußen und sein eigener Herr und frei! Und eigentlich hatte er's ja gar nicht mehr geglaubt. Es war ihm schon der Mut entsunken. Jetzt aber steht er wirklich da, hat sein grünes Hütl in der Hand und schreit den Berg an, und der Berg muß antworten und die hohe Wiese wogt und der tiefe Wald rauscht, und alles ist vorbei, und er ist mit zweiunddreißig Jahren Bezirkshauptmann und mit vierzig wird er Hofrat und mit fünfzig Exzellenz sein, er, der arme kleine Klemens Baron Furnian, mit dem Unglück seines Vaters! Bloß, dies alles schließlich bloß, weil er einmal den Hofrat Wax getroffen und der Hofrat Wax sich erinnert hat, daß ja die Tochter des Generals Huyn, bevor sie seinen Vater, den späteren Obersten Furnian, heiratete, eine Freundin der Baronin Döltsch, der Mutter des Ministers, und es also jetzt nur noch die Frage war, ob es dem Minister gerade passen würde, daß sich auch seine Mutter daran erinnerte. Und es hatte dem Minister gepaßt, und so hatte die Baronin sich erinnert, und in die stille Hand dieser gütigen alten Frau war seitdem sein junges Leben gelegt. Und seitdem weiß er, daß ihm jetzt nichts mehr geschehen kann: Döltsch hält seine Leute. Schon aus Hochmut, aus Trotz, weil er nie zugeben würde, daß er sich auch einmal irren kann. Und er hat mit jedem seinen Plan, und wenn auch einer einmal eine Zeit in der Ecke steht, die Reihe kommt schon wieder an ihn, nur nicht ungeduldig werden, es ist wie in einem Schachspiel, an jeden kommt der Zug. Nur nicht ungeduldig werden, schön die Selbstverwaltung möglichst wenig stören und auf den Wiesen, in den Wäldern einstweilen spazieren, das Spiel des Ministers steht nicht still. Und Klemens muß lachen, sein letztes Gespräch mit dem Döltsch fällt ihm ein. Da hat ihm der dieses Schach erklärt. Und dann noch, beim Abschied, mit seiner Aufrichtigkeit, die die gereizten Journalisten so zynisch finden: »Also vergessen's nicht, Sie sind ein Rößl. Aber sein's deswegen kein Roß! Das ist nämlich nicht dasselbe, und dann geht's auf einmal nicht zusammen, geben's acht!«

Klemens war nun am Walde. Er wendete sich, um noch einmal zurück über das glänzende Tal zu sehen. Die lieben stillen Häuser! Und alle fromm an die kleine weiße Kirche gerückt! So was Liebes hatte das, so was brav und altväterisch und töricht Liebes! Wie ein gutes Haustier, das weiß, daß es dem Menschen gehört, lag die ganze Gegend da. Als ob diese Wiesen nur blühten, mit dem einzigen Gedanken, den weidenden Kühen zu schmecken, und diese Kühe nur weideten, mit dem einzigen Wunsch, treu sich mühende Menschen zu nähren, und diese Menschen sich nur nährten, um wieder anderen zu dienen, so daß schließlich alles, Feld und Flur, Gras und Kuh, Haus und Volk, alles einem einzigen geheimnisvoll verwobenen Plan gehorsam wäre, in welchem zuletzt irgendwo, die Fäden ziehend, der Minister Döltsch sitzt und irgendwie seine Rößln springen läßt. Warum? Wozu? Offenbar ist's eben der Welt auferlegt, daß die eine Hälfte dient, sie weiß nicht warum, und die andere Hälfte herrscht, sie weiß nicht wozu; und am besten wird wohl auch sein, sie fragen nicht erst. Wie diese liebe, stille Gegend nicht erst fragt, sondern sich freut, untertänig zu sein. Er war ganz gerührt, Das kam manchmal so stark über ihn. Oft, wenn er in Wien durch eine der einsamen alten Gassen ging, mit solchen engen grauen Häusern; und aus dem Tor weht's dumpf, kahl ist die Wand und durch geschwärzte Gitter hängen rote Fuchsien herab. Oder auch, wenn er geschwind im Michaeler Bierhaus sein Nachtmahl nahm und so ein Gottscheer mit seinem gehorsamen guten mühevollen Gesicht an den Tisch trat. Dann hatte er dies oft zum Weinen stark, eine solche dumme, zärtliche, wehmütige Rührung über Österreich. Der Döltsch lachte ihn aus, als er es ihm einmal gestand. »Habn's schon einmal einen Kapellmeister über die Musik gerührt gesehen, die er dirigiert? Aber das ist echt, da sind wir alle gleich. Und dann wundert man sich, wenn alles aus dem Takt kommt.«