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Liebe Leserin, lieber Leser, wir kennen uns nicht, aber ich freue mich, dass unsere Wege hier aufeinandertreffen und wir die Gelegenheit haben, ein Stück gemeinsam zu gehen. Das Buch habe ich für dich geschrieben. Ja, du liest richtig: für dich.
Ich habe mir gewünscht, mit dir in Verbindung zu treten und mit dir über Dinge zu sprechen, die sehr wichtig sind.
Vielleicht fragst du dich jetzt, was du und ich zu besprechen hätten.
Nun, es gibt einige Themen, die alle Teil deines und meines Lebens sind.
Da wäre beispielsweise Stress. Oder denke nur an die ganz alltäglichen Situationen, die manchmal gar nicht so einfach zu bewältigen sind.
Mir geht es da nicht anders als dir. Die Herausforderungen des Lebens machen vor Schamanen nicht halt. Ich erlebe auf meinem Weg Zeiten, die freudvoll und glücklich sind, und dann wieder gibt es Momente, in denen ich meine ganze Energie brauche, um kraftvoll aus meiner Mitte heraus zu handeln. Kennst du das auch? Manchmal glaubst du, es wäre leichter nachzugeben, statt zu dir zu stehen. Aber da täuschst du dich.
Alles kommt stets zu dir zurück, und langfristig ziehst du den Kürzeren, weil du dich verlierst. Ich habe auch recht schnell gelernt, dass das Leben ein ständiger Veränderungsprozess ist. Was nicht wächst und sich verändert, erstarrt und stirbt langsam, aber sicher.
Was also tun? Verweigern, halbherziges Handeln, wegschauen oder, wie wir bei mir zu Hause in Grönland sagen würden, den Kopf in den Schnee stecken? Oder aber mit dem Leben gehen, sich stellen, wachsen und stärker werden? Ich habe unzählige Lernprozesse durchlaufen – und tue es auch heute noch. Schmerzhafte und weniger schmerzhafte, Wut, Trauer, Liebe, Freude: das ganze Spektrum. Wenn man seiner Bestimmung folgen will, kann man irgendwann nicht mehr weglaufen. Ich habe mich für Authentizität entschieden. Natürlich ist das eine Herausforderung, denn es bedeutet Mut zur Auseinandersetzung mit sich selbst und mit anderen. Und nicht zu vergessen die Liebe und die Fähigkeit, in allem das Schöne zu sehen.
Ganz wesentlich bei alldem waren die Zeremonien meiner Vorfahren, von denen ich dir in diesem Buch erzähle. Es sind Überlieferungen vieler Generationen, alte Weisheiten. Sie haben mir geholfen, aufmerksam und präsent zu sein, meinen Blick für Menschen und Situationen zu schärfen.
Ich war nicht mehr so verstrickt, konnte souveräner handeln, und das wiederum stärkte zunehmend mein Selbstbewusstsein – das meine ich durchaus im wörtlichen Sinn: Bewusstsein von mir selbst – und mein Vertrauen in mich. Ich wurde gelassener und konnte nun auch guten Gewissens Nein sagen. Vielleicht weißt du ja, wie das ist: Eins führt zum anderen.
Ich möchte diese Zeremonien heute mit dir teilen. Du findest sie ab Seite >. Mit Achtsamkeit, Absicht und Respekt durchgeführt, werden sie dich dabei unterstützen, deinen Weg Tag für Tag aufrecht und kraftvoll zu gehen – in deiner eigenen Schönheit und Größe.
Ich will mich an jedem Tag an das erinnern, was meine Großmutter so oft sagte: Das Leben selbst ist eine Zeremonie – wert, mit einer Zeremonie gefeiert zu werden. Und vielleicht teilst du mir eines Tages mit, wie sie dir geholfen haben. Ich würde mich freuen.
Angaangaq Angakkorsuaq – Der Mann, der aussieht wie sein Onkel Danke – Qujanaq
Mit Schamanen und Ältesten aus aller Welt beteten wir in Grönland am heiligen Feuer dafür, dass das Eis in den Herzen der Menschen schmelzen möge.
Hast du dir schon einmal überlegt, aus wie vielen Routinen dein Leben besteht? Wie viele Dinge tust du während des Tages, ohne dir Gedanken darüber zu machen, ohne wirklich achtsam bei der Sache zu sein? Hältst du alles für selbstverständlich, was du leistest? Oder freust du dich über dich und schenkst dir und deinem Tun in jedem Moment deine volle Aufmerksamkeit und Anerkennung?
Warum frage ich dich das? Ich glaube, es ist eine der größten Herausforderungen für uns Menschen, unser Leben wirklich zu leben. Die Schönheit in allem zu sehen, was uns umgibt. Freude zu spüren, Freude zuzulassen – über uns selbst, über andere, über das Leben an sich.
Ich bin nicht anders als du, nur weil ich ein Eskimo vom Stamm der Kalaallit oder ein Schamane bin. Auch in meinem Leben gibt es Höhen und Tiefen. Ich erlebe genauso Momente der Freude und der Liebe wie solche des Kummers und der Sorgen. Allerdings hatte ich das Glück, dass meine Großmutter Aanakasaa und meine Mutter Aanaa Aanaqqii mich gelehrt haben, die vielen schönen Dinge in meinem Leben wahrzunehmen und all die kleinen und großen Begebenheiten zu würdigen und zu feiern. Die Zeremonien, die mich seit meiner Kindheit begleiten und die ich heute mit dir teilen möchte, sollen dich in deinem Leben unterstützen.
Sie heilen, wo es etwas zu heilen gibt, sie bringen Freude, Leichtigkeit, Kraft, Selbstbewusstsein und Mut – jede auf ihre Weise und wenn man sie regelmäßig anwendet.
Ich erinnere mich noch gut an den Moment, als mein kleiner Bruder seinen ersten Fisch fing. Das ganze Dorf – wir waren damals ungefähr fünfzig Menschen – kam zusammen. Ein jeder bewunderte den Fisch, erhielt ein kleines Stück von dem Fang, und alle beglückwünschten und feierten meinen kleinen Bruder. Die ganze Familie war stolz auf ihn. Daran erinnert man sich zeit seines Lebens. Dieser Fisch meines Bruders steht hier nur als Beispiel für die unzähligen großen und kleinen Begebenheiten in unserem Leben, die wir mit Achtsamkeit und Anerkennung wertschätzen können, indem wir sie mit einer Zeremonie würdigen.
Wie meine Mutter Aanaa Aanaqqii, die grönländische Heilerin:
Jeden Nachmittag entzündete sie ihre Gebetskerze. Jedes Mal für jemand anderen, aber immer war es der gleiche Ablauf: Fast feierlich steckte sie ein Streichholz an, hielt es vorsichtig an den Docht und wartete geduldig, bis die Flamme übersprang. Dann löschte sie das Streichholz und legte es umsichtig in den vorgesehenen Behälter. Jedes Mal bedachte sie die Kerze mit liebevollen Blicken, und mir erschien es, als halte sie Zwiesprache mit ihr.
Mehr als 65 Jahre lang praktizierte sie es so, Tag für Tag. Und in all den Jahren, in denen ich sie dabei beobachtete, tat sie es niemals beiläufig oder unachtsam. Jedes Mal widmete sie ihrem Tun die volle Aufmerksamkeit.
Und mit der Zeit verstand ich, dass es dadurch zum Leben erweckt und zu einer Zeremonie wurde.
So hat sie es mich gelehrt. Und durch sie habe ich mit der Zeit verstanden, was unsere Alten meinten, wenn sie uns ermutigten, jeden einzelnen Augenblick lebendig werden zu lassen durch liebevolles Achtsamsein. Meine Großmutter Aanakasaa sagte immer wieder: Beobachte und sei achtsam, was draußen geschieht – in dir drin.
Dann haben Abgestumpftheit, Freudlosigkeit und Leere in unserem Leben keinen Platz mehr. Stell dir vor, wie es wäre, wenn ausschließlich Achtsamkeit und Wertschätzung deinen Alltag bestimmten! Und wenn mehr und mehr Menschen davon erfasst würden! Weder Zerstörung noch Kriege hätten so eine Chance. Freude und Frieden könnten in uns lebendig werden, Schönheit, Kraft und Stärke eines jeden zum Vorschein kommen. Welch eine Vision!
Ich spreche bewusst von den Zeremonien des Alltags. Eine Zeremonie ist ja eigentlich etwas ganz Besonderes, etwas Feierliches. Sie hat etwas Heiliges. Meine Großmutter sagte: Wenn die Zeremonie ihren Spirit verliert, wird sie zum Ritual, und die heutige Welt ist voll von Ritualen. Rituale sind also Zeremonien, deren Spirit gestorben ist. Es sind Handlungen, die zur Routine geworden sind. Ich will meinen Alltag mit Freude und Schönheit füllen, jeden neuen Tag ehren und feiern und aus meinem Leben eine einzige Zeremonie machen. Und dazu möchte ich dich mit den Zeremonien für den Alltag einladen – damit dein Leben keine Routine wird.
Auf einem Stein im grönländischen Lake Ferguson, fernab jeglicher Zivilisation.
Warum bin ich nicht so attraktiv wie George Clooney und so groß und stark wie Arnold Schwarzenegger? Hat sich der Schöpfer geirrt, als ich an der Reihe war? Was, wenn ich, um kräftiger zu werden und besser auszusehen, fünfmal die Woche im Fitnessstudio trainieren würde? Ein Ergebnis ist sicher: Ich hätte nicht mehr so viel Zeit für schamanische Heilungen.
Geht dir das auch manchmal so, dass du denkst, du müsstest klüger, schöner, schlanker sein? Dass die anderen intelligenter, attraktiver und erfolgreicher sind? Und natürlich viel liebenswerter? Ich finde es immer wieder faszinierend, mit welchen Augen wir uns selbst betrachten. Wie unerbittlich wir oft mit uns sind. Dass wir andere trösten, wo wir uns selbst für die gleiche Sache verurteilen. Dass wir uns in unserem Kopf anklagen und richten, jedoch fast nie selbst verteidigen. Hast du dich schon einmal bei dir selbst dafür bedankt, dass du den ganzen Tag hart für dich und dein Leben arbeitest? Dass du dich auf Trab hältst und täglich neu organisierst?
Du allein begleitest dich selbst vom ersten bis zum letzten Atemzug durch alle Lebenssituationen. Niemand kennt deine Höhen und Tiefen so gut wie du. Mit keinem anderen führst du so viele Zwiegespräche, warst du je so innig. Und mit niemandem wahrscheinlich je so kritisch.
Seit mehr als vierzig Jahren reise ich durch die Kontinente und habe nie erlebt, dass Hass Liebe erzeugt, dass Beschimpfungen und Krieg zu Frieden führen. Und das ist bei uns Einzelnen nicht anders. Wie willst du aufrecht und kraftvoll durch deine Welt gehen, wenn du nicht bedingungslos zu dir stehst? Wer soll dir etwas zutrauen, wenn du dir selbst nicht über den Weg traust? Wer soll an dich glauben, wenn nicht du? Das ist schlüssig, oder? Und genau das ist der Grund, warum ich die Zeremonien meiner Vorfahren mit dir teilen möchte: Sie sollen dir Hilfestellung sein, das zu werden, was du wirklich bist. Sie sollen dich stützen, dich stärken und dir helfen, deinen Weg unerschrocken, aufrecht und mutig zu gehen.
Der Schöpfer irrt sich nicht. Es gibt Menschen, die künstlerisch, andere, die besonders praktisch veranlagt sind, und wieder andere, deren Stärke das analytische Denken ist.
Manche sind sehr sportlich, andere können wunderbar mit Tieren umgehen, und dann gibt es solche, die außergewöhnlich musikalisch sind. Wir brauchen diese Vielfalt der Menschen. Jeder von uns hat seine Talente und seine Bestimmung. Und die zu leben sind wir aufgefordert. Statt auf das zu schielen, was ein anderer besser kann, sollten wir uns auf die eigenen Fähigkeiten konzentrieren. So wie der Eisbär nicht fliegen kann, weil er kein Seeadler ist, und die Robbe nicht über Land läuft, weil sie kein Moschusochse ist. Was also kannst du gut? Was geht dir leicht von der Hand? Woran hast du Freude? Meine Großmutter Aanakasaa sagte: Geh mit dem, was du denkst und fühlst.
Öffne dein Herz für dich. Sei ab heute der beziehungsweise die Erste in deinem Leben. Lass das Eis in deinem Herzen schmelzen. Die Zeremonien in diesem Buch werden dich dabei unterstützen, das zu leben, was du bist. Dann strahlst du leuchtend schön. Dann lebst du deine eigene Schönheit – so, wie der Schöpfer dich gemeint hat.
Bei dieser Vollmondzeremonie zeigte sich auch die Mitternachtssonne.
Die Alten sagen: Der Grund, warum wir auf Erden sind, ist, uns selbst kennenzulernen – um schließlich IHN erkennen zu können. Und meine Aufgabe als Schamane ist es, dich dabei zu begleiten, wenn du dir selbst begegnest und dich weiterentwickelst. Dir die Hand zu reichen, damit du hinabsteigen kannst zu deinem inneren Selbst, damit du deine Grenzen erkennen und überwinden kannst. Mein Vater Aataa Aataqqii sagte immer: Am schwierigsten zu lernen ist es, das zu verlernen, was wir schon wissen. Und er hat recht.
Um dich selbst zu lieben, musst du dein Herz öffnen, dich kennenlernen und deine eigene Schönheit entdecken. Du bist komplexer und größer als der Himmel, denn du bist das Ebenbild des Schöpfers. Du bist schön, strahlend und kraftvoll.
Feiere dich und dein Leben mit Zeremonien, setze dem erstarrten und faden, immer wiederkehrenden Kreislauf von Aufstehen/Job/Schlafen ein Ende. Entdecke deine Schönheit, deine Lebensfreude, die Vielfalt deiner Möglichkeiten, deine Kraft, deine Lebendigkeit. Und lebe sie – in jeder Minute deines Lebens.
Das Wesen einer Zeremonie ist die Begegnung mit sich selbst. Es geht nicht darum, eine besondere Heiligkeit an den Tag zu legen, sondern es geht um Achtsamkeit, Respekt und Dankbarkeit für dich selbst. Es geht darum, das Herz zu öffnen, nicht darum, sich besser, wichtiger oder heiliger zu fühlen als die anderen. Ich bin Schamane und gebe mein Bestes, was nicht heißt, dass ich der Beste bin. Ich tue es einfach für das höchste Gut.