Das Buch

»War voll schwer die Prüfung, vallah. Nur für Marina nicht. Sie meinte: Realschulprüfung war kein Gegner.«

Frau Freitags täglicher Battle geht in die letzte Runde. Ihre Klasse ist jetzt in der Zehnten, aber noch lange nicht fertig mit dem Schulalltag: Experimente mit Selbstbräuner, Handystress, Kopftuch-Styles, und nebenbei werden ein paar Prüfungen geschrieben. Ach, und bewerben wollten sie sich auch noch alle. Zum Glück hat Frau Freitag den Überblick und lotst ihre Klasse durch das Chaos.

Die Autorin

Frau Freitag, geboren 1968, unterrichtet Englisch und Kunst an einer Gesamtschule.

Ihr erstes Buch Chill mal, Frau Freitag war ein großer Erfolg. Trotzdem geht sie nach wie vor gerne jeden Morgen in die Schule und verbringt ihre Freizeit vor allem auf der Couch.

Frau Freitag

VOLL STRENG,

FRAU FREITAG

Neues aus dem Schulalltag

Ullstein

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Originalausgabe im Ullstein Taschenbuch

1. Auflage Juli 2012

© Ullstein Buchverlage GmbH, Berlin 2012

Umschlaggestaltung: semper smile, München

Titelabbildung: © Illustration semper smile, München

Satz: KompetenzCenter, Mönchengladbach

Gesetzt aus der Berkeley

ISBN 978-3-8437-0258-4

Intro

»Frau Freitag, du hast Besuch!«, ruft mir Frau Schwalle entgegen. Ich hetze durch den Verwaltungstrakt.

»Wie – Besuch?«

»Der Ronnie rennt hier rum und sucht dich.«

Ronnie. Ronnie ist ein Reflexwort. Sofort denke ich: Oh Gott, Schlägerei, Polizei, Sitzungen, Gespräche, Ärger, Frust und Arbeit, Arbeit, Arbeit. Dann wird mir plötzlich klar: Ronnie ist gar nicht mehr mein Schüler. Ich bin jetzt die Klassenlehrerin von dieser entzückenden, leistungswilligen, netten Siebten. Die, die in Geschichte so super-duper-gut mitgemacht haben. Die, von denen der Mathelehrer total begeistert war. Die, die ich seiner Meinung nach »gut eingestellt« habe. Abdul, Samira, Fatma und Ronnie, das sind Namen aus längst vergangenen Zeiten.

Was will Ronnie hier? Oh Mann, wahrscheinlich ist irgendwas mit seinem Zeugnis nicht in Ordnung. Dann kann ich wieder stundenlang am Computer sitzen und mit dem Zeugnisprogramm kämpfen.

Ich gehe in meine Klasse. Wir haben Kunst. Plötzlich steht Ronnie in der Tür und grinst mich an.

»Ronnie, hi. Was machst du denn hier?«

»Ich wollte Sie besuchen. Wie geht es Ihnen?« Er kommt zu mir, gibt mir die Hand und guckt sich die Schüler an. »Ist das Ihre neue Klasse?« Ich nicke und erkläre den Kindern, wer Ronnie ist. Dann bitte ich ihn, meiner Klasse was Wissenswertes für deren Schullaufbahn zu erzählen. Ronnie will seinen Realschulabschluss nachholen, an einem Oberstufenzentrum.

»OSZ – weiß jemand, was das ist?«, frage ich meine Klasse – die sollen so viel wie möglich lernen. In jeder Minute sollen die was lernen.

Orhan meldet sich. »Ich weiß! Ist so was wie GEZ.«

»Ja, na ja, fast. Nicht ganz richtig. Wer hat denn noch eine Idee?«

Die Schüler fragen. Ronnie erklärt. Geduldig und erwachsen teilt er seine Erfahrungen. Ich bin ganz gerührt.

»Ronnie, wenn du jetzt so auf deine Schulzeit zurückguckst, was würdest du sagen, ist das Wichtigste?«

Ronnie stellt sich gerade hin, holt tief Luft. Die Siebtklässler starren ihn gebannt an.

»Ihr müsst von Anfang an richtig ranklotzen. Jetzt denkt ihr noch, die Schule ist leicht. Aber glaubt mir mal, das wird richtig hart.«

Keiner sagt was.

Es wird Zeit, dass wir mit dem Unterricht anfangen.

»Habt ihr noch Fragen an den Ronnie?«

Anil meldet sich.

»Ja, Anil?«

»Wann hast du Geburtstag?«

Ronnie guckt mich leicht verwirrt an.

»Anil, warum willst du das wissen? Willst du ihm was schenken? Haben die anderen noch Fragen?«

Hamid reißt seine Hand in die Luft.

»Ja, Hamid?«

»Ist deine Hose von Puma?«

Ronnie nickt. Jetzt meldet sich Anil wieder.

»Anil?«

»Frau Freitag, wie viel Jahre haben Sie?«

»Das heißt, wie alt sind Sie!«, schreit Yunus von hinten.

»Okay, Kinder. Ich glaube, wir beenden das jetzt und fangen mit Kunst an.«

Ich verabschiede mich von Ronnie und unterrichte die Stunde zu Ende. Draußen wartet Ronnie auf mich. Wir gehen einen Kaffee trinken und reden. Er ist müde, sagt er. Er war die ganze Nacht wach, weil vor seinem Haus eine Autoalarmanlage übelst laute Töne gemacht hat und er die Polizei gerufen hat. Hätte ja sein können, dass jemand das Auto anzünden wollte.

»Die Polizei hat mich auch gelobt. Lieber einmal zu viel als einmal zu wenig, haben sie gesagt.«

Ich bin beeindruckt. Ronnie ist ein richtiger Bürger geworden. Das war vor einem Jahr noch nicht abzusehen.