Die Originalausgabe erschien 2019 unter dem Titel
Mostly Dead Things bei Tin House Books, Portland.
Der Abdruck des Zitats erfolgt mit freundlicher
Genehmigung des Originalverlags und folgt der Ausgabe Thomas Harris,
Das Schweigen der Lämmer, aus dem amerikanischen Englisch von Sepp Leeb, Wilhelm Heyne Verlag, München 2006.
eccoverlag.de
Copyright © 2019 Kristen Arnett
Deutsche Erstausgabe
© 2021 für die deutschsprachige Ausgabe
Ecco Verlag
in der HarperCollins Germany GmbH, Hamburg
Covergestaltung von Anzinger und Rasp, München
Coverabbildung von Catherine Ledner
E-Book-Produktion: GGP Media GmbH, Pößneck
ISBN E-Book 9783753050072
RÄTSEL LÖSEN IST WIE JAGEN;
ES IST EIN GRAUSAMES VERGNÜGEN,
UND WIR SIND DAFÜR GEBOREN.
Thomas Harris
HAPPINESS IS A LARGE GUT PILE.
T-Shirt-Spruch
FÜR MICHAEL MICHAEL MOTORCYCLE
So durchtrennen wir die Haut:
vorsichtig, das versteht sich von selbst. Präzise schneiden klingt, als wäre es dasselbe, doch das stimmt nicht. Stellen Sie sich vor: Sie haben das Fleisch einer Mango für eine Schüssel Obstsalat von Schale und Kern getrennt. Sind Sie dabei sorgfältig vorgegangen und haben das süße gelbe Fleisch erhalten, oder haben Sie es mit der klinischen Distanz eines Chirurgen getan?
Es braucht ein bisschen Zärtlichkeit. Ein bisschen Liebe.
Worte unseres Vaters, als er sein Messer in die Haut eines Weißwedelhirschs versenkte. Das war ungewöhnlich. Normalerweise durften wir nie nah an den Tisch ran, wenn er arbeitete.
Du musst es wollen. Er zeigte auf die Kehle, klopfte leicht mit der Fingerspitze drauf. Du fängst unter dem Halscape an, hier. Als würdest du den Reißverschluss einer Jacke aufziehen.
Milo und ich drängten uns auf je einer Seite an den Metalltisch, während unser Vater behutsam den Körper öffnete, seine Hände in den blauen Handschuhen bewegten sich ruhig, als entbände er ein Kind. Wir waren neun und zehn, das Geschäft mit den Tieren war unser persönlicher Spielzeugladen. Andere Kinder hatten Plüschtiere; wir hatten präparierte Glattechsen, auf Trägerbrettchen gesetzte Barsche und Geweihe mit Lasurbeschichtung.
Jetzt macht mal ein bisschen Platz, Kinder.
Wir traten jeder einen halben Schritt zurück, rückten nach ein paar Sekunden wieder näher. Der Hirsch war riesig, ich hatte aber schon größere gesehen. Er war bereits ausgeblutet und lag schlaff da, die Beine von sich gestreckt wie eine zerlegte Puppe. Es war ein Neunender, und der Mann, der ihn uns gebracht hatte, ein Stammkunde, jemand, mit dem mein Vater manchmal ein Bier im Wohnzimmer trank.
Warum der ganze Hirsch? Hier ging es nicht nur um eine kleine Kopftrophäe – das gesamte Tier sollte aufgesetzt werden: Brust, Hintern, Beine. Mir war unbegreiflich, wieso jemand das ganze Ding als Trophäe behalten wollte; die meisten Jäger ließen nach dem Aufbrechen die Eingeweide einfach im Wald verrotten.
Die Augen unseres Vaters strahlten vor Aufregung. Für ihn war das eine neue Herausforderung, eine Möglichkeit, seine Arbeit kreativ zu gestalten. Er summte leise vor sich hin. Ich hätte gern gesungen.
Die brummende Klimaanlage kühlte den Raum, aber es war noch feucht genug, dass mir Schweiß über der Lippe stand. Das Schild vor dem Laden war so groß und gelb wie früher, als mein Großvater das Geschäft führte: MORTON’S TAXIDERMY (& MORE). Auf der Markise wurden Sonderangebote angepriesen, alles, was in der Woche gerade im Überschuss vorhanden war: Schweineohren, Hirschgeweihe, Kaninchenfelle.
Unser Vater schaute uns beim Sprechen nicht an, seine Stimme glich einem leisen Summen in meinem Hirn. Der Kunde merkt, wenn man nicht mit Fingerspitzengefühl an die Sache geht. Dann sieht es nicht echt aus.
Auf dem Boden standen Eimer für Innereien, die die Kunden noch nicht entfernt hatten, weiße Plastikkübel, in denen früher mal Gewürzgurken in gelber Lake lagen. Manche Innereien hoben wir auf, andere nicht, wir sorgten aber immer dafür, dass der Boden sauber war. Der Geruch von Bleiche hing in meinem wuscheligen dunklen Haar, obwohl meine Mutter mir einen Zopf geflochten hatte.
Milo und ich trugen alte Supermarktschürzen, wie die Jungen, die bei Publix an der Kasse beim Einpacken halfen, an Hals und Rücken mit Doppelknoten gebunden. Obwohl ich ein Jahr älter war, überragte mich Milo um einen halben Kopf – er war größer als alle in der vierten Klasse. Wir beugten uns näher zu unserem Vater und versuchten die Bewegungen des Messers zu verfolgen, bis er sich räusperte und wir beide wieder einen Schritt zurücktraten. Er trug eine schwarze Gummischürze, die er immer am Waschbecken hinten mit Geschirrspülmittel mit Zitronenduft abspülte und von den Resten unserer täglichen Autopsien befreite. Unsere Mutter wusch unsere und hängte sie vorne in den Schrank, zu den schmutzigen Turnschuhen, Regenmänteln und eingemotteten Pullovern, die wir nur einmal im Jahr trugen.
Jessa-Lynn, halte den Hals fest. Ich ging um den Tisch herum nach vorne und grub meine Hände in das Fell, bis die Sehnen unter meinen Fingern nachgaben. Ich wehrte mich gegen den Drang, noch tiefer zu massieren und mit den Händen wie eine Spinne an den Rippen der Luftröhre nach oben zu wandern und das Maul zu umfangen.
Jetzt komm her, mein Junge. Er wird dich nicht beißen.
Über die flauschige Hirschwange hinweg beobachtete ich, wie Milo das zweischneidige Skalpell von meinem Vater entgegennahm. Auf dem Tisch daneben lag die halbmondförmige Klinge zum Entfleischen, mit der er die feuchten Gewebeteile und Fettstückchen von der Haut schaben würde. Das Licht spiegelte sich in der Klinge und blitzte silbrig unter den Leuchtstofflampen an der getäfelten Decke.
So? Milo umklammerte das Skalpell wie einen angespitzten Stock, als müsste er etwas aushöhlen und verstümmeln. Er ruckelte und ließ fast den Griff los, als er die Hirschhaut durchtrennte.
Ich zeige es dir. Du musst das Handgelenk beugen. Dann drückst du gleichmäßig, langsam. Nicht zu tief.
Bevor ein Tier präpariert wurde, gab es einige Vorarbeiten. Unser Vater würde den Hirsch häuten und das Skelett genau begutachten. Er würde sehen, wo das Einschussloch war, wie er den Körper des Tiers rekonstruieren musste, mit dicken Polstern aus Wolle und Füllmaterial und mit starken Drähten, um ihm die gewünschte Haltung zu geben. Die meisten Präparationsstudios arbeiteten grundsätzlich mit vorgefertigten Modellen und Kunststoffformen, mein Vater jedoch schuf lieber seine eigenen – auch wenn das hieß, dass jedes Stück zwei Wochen länger dauerte als bei der Konkurrenz. Kunden, die etwas Spezielles wollten, zahlten gern für den zusätzlichen Aufwand, allerdings waren die meisten nicht auf die Kunst aus, die mein Vater beim Präparieren ihrer getöteten Beute anstrebte. Dad war das egal; er steckte die Zeit trotzdem rein. Selbst wenn er dabei draufzahlte.
Da ist eine knorpelige Stelle, du musst fester drücken.
Unserem Vater zufolge wünschten sich die Kunden ihre Tiere in einer gebieterischen Pose. Die meisten waren Jäger, und wenn sie sich dafür entschieden, ihre erlegte Beute präparieren zu lassen, sollte sie am Ende möglichst überlebensgroß sein, als ob das Stück wieder lebendig werden und angreifen könnte. Sie wollten eine größere, stärkere, muskulösere Trophäe. Unsere Aufgabe war es, ihren Wunsch zu erfüllen, auch wenn sie das Tier beim Wühlen in einer Mülltonne von hinten erschossen hatten.
Milo schwitzte durch den Hals seines T-Shirts. In der Werkstatt hinter unserem Laden war es kühl, so um die fünfzehn Grad, um den unvermeidlichen Verwesungsgestank wenigstens etwas fernzuhalten, aber mein Bruder sah aus, als wäre er gerade vom Spielplatz hereingerannt. Ich bin mir nicht sicher. So? Er zog das Messer hoch – der Schnitt verwarf sich, weil er zu schnell machte. Die Haut riss mit einem unschönen Knirschen. Tut mir leid, tut mir leid!
Mein Vater nahm brummend Milos Hand und führte sie wieder an die Arbeit. Das wirst du nähen müssen, aber erst nach dem Gerben, sonst würde sich die Naht verziehen.
Entschuldigungen machten das Fell nicht heil. Es würde immer eine Narbe bleiben, die genauso wenig zu dem Tier passte wie das große Einschussloch hinter seinem Ohr mit dem Haarbüschel darin. Gerissene Häute waren nicht ideal, aber es gab Möglichkeiten, Schäden zu kaschieren: mit Schlammflecken an einem Knöchel oder mit Fell, so gekämmt, dass es Muskelmasse unter der Haut suggerierte. Ich fuhr mit den Daumen am Hals entlang bis zu der weichen Stelle mitten in der Kehle. Das weiße Haar dort war in einem ovalen Büschel gewachsen, umgeben von dem dickeren, glatten Fell auf seinem Rücken – dem dichten Fell, das ihnen selbst in Florida für den Winter wuchs. Normalerweise spannte mein Vater das Hirschgeweih in einen der Wildgalgen, die an Deckenschienen hingen. Bisher hatte er uns weder so in seine Arbeit einbezogen, noch hatten wir seine Werkzeuge benutzen oder in eines der wertvollen Felle seiner Kunden schneiden dürfen.
Hier. Fest drücken, gleich unterhalb des Fesselgelenks. Du musst mit einer löffelnden Bewegung arbeiten, als würdest du Segeltuch aufreißen. Das Messer muss eine Verlängerung von deinem Arm werden.
Bei der Schnittführung unseres Vaters sah man keine Nähte. Er machte das jetzt seit fast dreißig Jahren, eine Zeit lang zusammen mit seinem Vater, der in dem Jahr gestorben war, als Milo geboren wurde. Auf Fotos sah unser Großvater wie eine härtere, ältere Version meines Vaters aus: grauhaarig, tätowiert und im T-Shirt, ein Mann, der nur lächelte, wenn er den Mund dehnen wollte. Sein Bild befand sich immer noch vorne im Laden, neben der Kasse. Es stand zwischen dem Berglöwen, den er geschossen und präpariert hatte, und einer Tafel mit dem Aufdruck Tierpräparatorenpreis von Mittelflorida: Erster Platz, und darunter Jahreszahlen, die bis 1968 zurückreichten.
Milos Klinge wurde langsamer. Am rechten Hinterbein war er auf eine Blockade gestoßen. Mein Vater nahm meinem Bruder das Skalpell ab und ging in die Hocke, um sich die Sache anzusehen, dann hob er den Kadaver an und drehte ihn geschickt um. Eine Hand zog die Haut straff, während die andere das Messer unter den Knoten führte, der unter dem Fell aufragte. Geschickt und rasch durchtrennte er den Muskel, schob das Messer unter die Beule und schnipste die Spitze hoch, bis die Masse offen dalag.
Was ist das? Milos Gesicht war aschgrau. Seine Lippen, normalerweise blütenrosa – so rosa, dass die Jungs in der Schule ihn aufzogen, er trage Lippenstift – , waren zu einem blassen Schlitz geworden.
Hirschtumor. Unser Vater hebelte den Klumpen frei, bis er sich von dem fettigen Fleisch und den Adern löste, die ihn umgaben. Ganz schön groß. Vielleicht zehn Zentimeter breit. Er wog die Masse in der Hand ab, das leuchtende Blau seines Handschuhs biss sich mit dem dunklen, geronnenen Rot des Tumors. Er stieß die Klinge in die Geschwulst, testete ihren Widerstand. In dieser Größe sieht man das nicht oft. Meistens bilden sich nur kleine Warzen am Hals. Manchmal in der Leiste.
Milo schlug beide Hände vor den Mund. Aus seiner Brust drang ein tiefes Rumoren, ein Geräusch wie mahlende Zahnräder, dann drehte er sich um und übergab sich. Vor einer Stunde hatten wir Tomatensuppe mit Käsetoast gegessen. Das meiste davon landete in dem großen Plastikeimer, einiges spritzte auf den Betonboden, und ein paar Stückchen fielen auf den Schuh unseres Vaters.
Die Augen des Hirschs waren geöffnet, und an den Rändern, wo Wasser ausgelaufen war, verhärtete sich die glasige Oberfläche zu Falten. Milo übergab sich weiter in den Eimer, während unser Vater sich hastig vom Tisch entfernte, um nasse Lappen vom Waschbecken in der Ecke zu holen. Er wartete, bis Milo, noch immer über den Eimer gebeugt, fertig war, und drückte ihm dann einen in die Hand. Hol den Mopp von deiner Mutter und wisch das weg. Alles.
Der Tumor lag auf dem Metalltisch, das Messer meines Vaters steckte immer noch drin. Er packte den Griff und presste mit den Fingern von beiden Seiten auf die Masse, bis die Klinge sich löste. Dann wischte er sie ab, drehte sich um und reichte sie mir. Über uns sprang die Klimaanlage wieder an. Die frische Luft strich kühl an meinen Hals, als ich das Messer nahm. Es lag fest in meiner Hand, die Rundung des Griffs passte genau in die Falte, die entstand, wenn meine Hand sich schloss. Er winkte mich um den Tisch, und ich stellte mich vor ihn, betrachtete die wuchtige Körperfülle des Tiers.
Siehst du das? Er hielt mein Handgelenk und richtete das Messer sanft auf die offene Wunde, die inzwischen Sauerstoff aufnahm und dunkel wurde. Wir müssen die Wunde aussparen und den Schnitt hintenherum führen.
Da ich so nah bei ihm stand, hüllte mich der Duft seines Rasierwassers ein. Es erinnerte mich an Weihnachtsbäume: Kiefernnadeln und moschusartig, ein Geruch, vor dem kein Hirsch weglaufen würde. Hinter uns schleppte Milo den gelben Moppeimer herein. Als er sich durch die Tür zwängte, schwappte etwas Wasser über den Rand auf den Boden. Unsere Mutter rief vorne im Laden nach ihm. Mein Vater drehte sich von meinem Bruder weg, beugte sich vor und flüsterte mir ins Ohr.
Du bist ein Naturtalent. Genau wie dein Dad.
Es fühlte sich richtig an; es fühlte sich an, als hätte ich das schon immer gemacht. Ich sah genau die Stelle, wo ich die Klinge ansetzen und das Tier freilegen würde, ich wusste, wie ich das Skelett neu aufbauen würde, mit Stützen, Polstermaterial und großen Formstücken. Ich konnte sehen, wo sich das gegerbte Fell über meinen Aufbau ziehen würde: ein kräftiger, zäher Hirsch, der den Kopf in den Wind reckt. Ich führte die Messerspitze in die Öffnung ein und zog sie vorsichtig nach vorne. Ich liebte das Tier auf dem Tisch. Ich liebkoste seinen weichen, schönen Körper.
Mein Vater legte mir eine Hand auf die Schulter und drückte leicht. Ich beugte mich vor, spannte meinen Arm auf dem kühlen Metalltisch an und schaute in den Hohlraum, wo das Fleisch sich von der Haut trennte. Im dunklen Herzen des Kadavers sah ich meine Zukunft in den Knorpeln vor mir ausgebreitet.
Ich war die Tochter meines Vaters und liebte ihn über alles. Wir hatten beide geschickte Hände und konnten beide nicht die Zungen einrollen. Wir schnippten beide mit dem Ringfinger, was wir sehr lustig fanden. Zwischen unseren Augen standen immer tiefe Falten. Wir mochten Pizzaränder und die Säure von ausgepressten Zitronen in Wasser. Es gab mir ein Gefühl der Sicherheit, mich so gespiegelt zu sehen. Unsere gemeinsame Liebe zu den Tieren; die Art, wie wir schweigend in einem Raum sein konnten und uns wohl in unserer Haut fühlten, solange wir zusammen waren. Niemand kannte mich so gut wie er. Niemand verstand ihn so gut wie seine Tochter.
Wir sind gar nicht so anders, Jessa. Er zupfte mich an meinem Zopf. Nur Eingeweide und Blut.
*
Wir waren eine Familie von Taxidermisten.
Wir waren Sammler, Zerstückler und Kunsthandwerker. Aus den Überresten von Totem setzten wir Leben zusammen. Tiere, die vielleicht zu nichts vergangen wären, durften durch unsere Mühe auf unbestimmte Zeit weiterleben. Unser Herz schlug für eine gut ausgeformte Lippe, die glatt über den aufgemalten Zähnen lag. Ich erkannte die Hand meines Vaters in den Ohren des Kaninchens, das er für meinen Bruder gemacht hatte, ein Kaninchen, das auf einem kleinen Puppenfahrrad saß. Ich sah sie im Glasauge eines Albinofrettchens, dessen Lider mein Vater mit äußerster Zartheit gestaltet hatte. Wir waren besser als andere, weil wir unsere Arbeit mehr liebten, weil wir die Tiere besser kannten, als jeder andere es je könnte. Es war unsere Arbeit, weil wir in ihr aufgingen. Mein Vater formte mich zu seiner Assistentin, die ihm half, seine Last zu schultern. Er war der Dreh- und Angelpunkt, der das Leben unserer Familie zusammenhielt, aber ich war diejenige, die ihn unterstützte. Ich konnte die Bürde immer tragen, weil er mir sagte, ich sei stark. Weil er mir sagte, ich sei die Einzige, die es könnte.
Genau das versuchte ich mir einzureden, als ich das geronnene Blut und den Matsch auf dem Fußboden betrachtete. Während ich die Tröpfchen studierte, die an den weißen Schlackebetonwänden ein Rorschachmuster bildeten, in dem meine Augen einen Schmetterling erkannten, zwei Männer, die sich die Hand gaben, den Eingang zu einem Brunnen, der sich zu etwas Endlosem öffnete. Meine Augen folgten der Sichtlinie des roten Schlamassels, in den sich die weiche Stelle im Schädel meines Vaters verwandelt hatte. Irgendwo nahe der Schläfe, ich war mir nicht sicher. Es war schwer, länger als ein paar Sekunden hinzusehen. Schwer zu glauben, dass es echt war.
Hinter mir lief leise Randy Jackson im Radio.
Mein Vater saß auf seinem Stuhl, zusammengesackt über dem Metalltisch, an dem er so viel Zeit seines Lebens verbracht hatte. Gesicht nach unten, Kopf zur Seite gewandt, sodass ich seinen borstigen Schnurrbart ausmachen konnte. Das Auge, das ich sehen konnte, war geschlossen. Seine Drahtgestellbrille war ihm im Moment des Fallens halb auf die Nase gerutscht, ein Bügel saß verbogen hinterm Ohr und bauschte sein Haar zu einer grauen Spitze auf. Er trug seine Schürze über dem karierten Hemd, das meine Mutter ihm vor vielen Jahren zum Geburtstag geschenkt hatte, das Hemd, von dem ich sagte, er sehe darin aus wie der bullige Mann auf den Brawny-Küchenpapierrollen. Ich konnte mir fast weismachen, dass er mitten bei der Arbeit eingeschlafen war, was ihm manchmal passierte. Er arbeitete oft bis in die frühen Morgenstunden und nähte im Licht einer Schwanenhalslampe sorgfältig eine Haut. Ich wünschte, er würde einfach aufwachen und mich ausschimpfen, weil ich ihn anstarrte. Ich wünschte, er würde mich anlächeln, damit es mir gut ging. Ich wünschte, er würde atmen. Ich wünschte, da wäre nicht so viel Blut.
Das ganze Tier lag wieder aufgebahrt vor mir; unnatürlich und unbekannt. Es war die erste Zusammenarbeit mit meinem Vater. Dies würde die letzte sein.
Es schmerzte, ihn so zu sehen, verwundet und den Elementen preisgegeben. Ich gestattete mir kurz, sein Gesicht zu bestaunen. Manchmal sah er viel älter aus als sechsundsechzig, doch der Tod machte ihn wieder jung: Seine Wangen waren weich und locker, die Lippen zart und leicht geöffnet. Seine Hände, sonst immer in Bewegung, lagen endlich still.
Mir war klar, ich sollte es nicht tun, aber ich nahm ihm die Brille ab und strich die Schmalzlocke in seinem drahtigen Haar glatt. Dann legte ich seine Hände vom Tisch in seinen Schoß, eine auf jeden Oberschenkel, so wie er immer gern am Esstisch saß, während meine Mutter kochte. Mit zitternden Fingern schnallte ich die Armbanduhr von seinem Handgelenk, jene Uhr, die vor ihm meinem Großvater gehört hatte. Die Uhr, um die ich ihn beneidet hatte, weil sie das Lieblingsstück meines Vaters war und er sie in Ehren hielt. Dinge, die ihm gehörten und die ich gern haben wollte. Seine Uhr. Seine besten Messer. Das Geschäft. Seinen Stolz.
Ich hob den Revolver vom Boden auf und legte ihn auf den Tisch neben den Brief, den er mit meinem in Großbuchstaben geschriebenen Namen zurückgelassen hatte. Er hatte mir beigebracht, wie man damit schoss. Er nahm mich mit nach hinten in den Garten, nur wir beide, und zeigte mir, wie man abdrückte. Ich hatte Angst, wollte aber einen auf hart machen, weil mein Vater Heulsusen nicht ausstehen konnte. Er lächelte und sagte, meine Zielgenauigkeit und mein Selbstvertrauen würden ihn beeindrucken. Dann legte er mir eine Hand auf die Schulter und drückte sie, wie immer, wenn er stolz auf mich war. Und am stolzesten war er, wenn ich keine Schwäche zeigte.
Meine kleine Miniatur, sagte er. Die beste Scharfschützin in Florida.
Dann ging ich nach hinten, holte den Moppeimer und das Desinfektionsmittel und starrte ins Wasser, das in dem gelben Gefäß aufschäumte. Ich redete mir ein, es läge an den Dämpfen, die mir Tränen in die Augen trieben, als ich den Mopp in die Flüssigkeit tauchte und anfing, die Schweinerei langsam zu entfernen. Den Brief ließ ich auf dem Tisch liegen, für später, wenn ich mich wieder im Griff hatte. Ich fragte mich, ob er wohl eine Erklärung enthielt, die mir half, das Tier vor mir zu verstehen.
Neben den typischen Geweihtrophäen und knorrigen Kiefernklötzen, die unsere Veranda einrahmten, enthielt das Schaufenster unseres Ladens eine Ziege, einen Floridapuma und einen Keiler. Der Keiler und der Puma standen schon so lange da, dass sie für uns zur Familie gehörten. Die Ziege hatte ich erst vor ein paar Wochen präpariert. Es war eine schwarz-weiße Bagot-Ziege, die auf den meisten Roten Listen als »vom Aussterben bedroht« eingestuft wurde. Ihr Fell war so weich, dass man das Gefühl hatte, man striche über Samt.
Als ich jedoch an diesem Morgen in den Laden kam, standen sie nicht an ihren gewohnten Plätzen und stellten eine Szene aus Im Reich der wilden Tiere nach. Stattdessen bestieg der Puma von hinten die Ziege, und sein aufgerissenes Maul zeigte plötzlich einen Ausdruck ungehemmter Ekstase.
»Warum?«, fuhr ich meine Mutter an, die ihr rosa geblümtes Lieblingsnachthemd mit der gesmokten Spitze am Hals trug. Sie saß seitlich auf einem Metallklappstuhl, den sie mitten auf den Gehsteig gestellt hatte, in der Hand einen leeren Kaffeebecher und eine Zigarette. »Sag mir bitte … warum?«
»Spricht es nicht für sich selbst?« Sie zog an der Zigarette und schnippte Asche in den Becher, den sie auf dem Knie balancierte.
Es war das zweite Mal in einem Monat, dass sie eine Sexszene im Schaufenster unseres Ladens dargestellt hatte. Während der Puma sich an der Ziege zu schaffen machte, grinste der Keiler anzüglich hinter einem großen Plastikbenjamini, in dem ich einen jahrzehntelangen Bewohner meines elterlichen Wohnzimmers erkannte. Selbst jetzt, in meinen Dreißigern, konnte ich mich lebhaft an den Tag erinnern, als meine Eltern ihn mit nach Hause gebracht hatten – etwas Grünes und »Lebendiges«, um das öde Graubraun der abgeschnittenen Tierköpfe aufzupeppen, die an den Wänden hinter den Sofas und dem Lehnstuhl meines Vaters hingen.
Ein Fernglas steckte zwischen den gelblichen Hauern des Keilers. Außerdem lagen Kondome herum, einige baumelten offen von den Zweigen der Topfpflanzen. Ein genauerer Blick zeigte, dass die Pfoten des Pumas zerfetzt waren, dort, wo sie mit Leim und Nadeln ursprünglich an einem Eichenast befestigt waren.
»Schau es dir noch mal genau an«, sagte ich. »Und präg dir alles gut ein, bevor ich es wieder abbaue.« Mein sorgloser Morgen, an dem ich Häute abziehen und schwarzen Kaffee trinken wollte, verblasste in der Ferne und wich dem Ärger darüber, dass ich kaputtes Fell aufarbeiten und Stellen neu einfärben musste. Die Reparatur des Pumas würde vermutlich Tage dauern.
Die Sonne brannte bereits die morgendliche Feuchtigkeit weg und wärmte den Gehsteig. Ich hatte Travis Pritchard mit seinem Pick-up auf den Parkplatz von Dollar General auf der anderen Straßenseite einbiegen sehen. In diesem Teil der Stadt gab es nur ältere, familiengeführte Geschäfte und Einfamilienhäuser, alle schmutzig und mit weitläufigen Gärten. Löchrige Straßen kreuzten sich in merkwürdigen Winkeln ohne irgendwelche hilfreichen Stoppschilder, und zwischen einer Münzwäscherei, einem Goodwill-Supermarkt und einem Schuster zwängten sich flache einstöckige Häuser in allen möglichen hellen Brauntönen. Ein Gebrauchtwagenhandel nahm den größten Teil des Grundstücks zwei Straßen weiter ein, und daneben befand sich ein Diner, in dem ich ziemlich oft essen ging. Schließlich gab es noch einige Gemischtwarenläden. Es war Mittwoch – Schnäppchentag für die Rentner aus den Towers, einer bewachten Wohnanlage, in der einheimische Großeltern und Kokser lebten. Nicht lange, und es würde sich eine Menge versammeln, um Libby Mortons jüngstes sündhaftes Werk zu bestaunen. Bei dem Gedanken, aufgebrachte Leute von siebzig aufwärts so früh am Morgen vertreiben zu müssen, wurde mir ganz flau im Magen.
Ich riss meiner Mutter die Zigarette aus der Hand, nahm einen tiefen Zug und zertrat sie unter meinem Stiefel. Die Ziege stand friedlich da und taxierte mich mit ihren gelben Schlitzaugen. Ich drehte mich weg, damit ich sie nicht in ihrer würdelosen Haltung sehen musste. »Können wir jetzt reingehen?«
»Ich sitze gern hier draußen.«
»Mir wäre es wirklich lieber, du kämst mit rein.«
Meine Mutter schüttelte den Kopf – ohne das taillenlange Haar, das sie seit der Geburt meines Bruders getragen hatte. Auf die Frage, was sie dazu bewogen habe, es radikal abzusäbeln, erwähnte sie einen Zeitschriftenartikel, den sie gelesen hatte, als sie mit meinem Vater bei einem Arzttermin war. Irgendetwas über die Fähigkeit von Haaren, Kummer und Leid zu speichern: dass tote Zellen, die auf einem lebenden Körper zurückblieben, den Schmerz länger andauern ließen. Ihr weitgehend geschorener Kopf war ziemlich gewöhnungsbedürftig. Wenn das Licht richtig fiel, sah sie aus wie eine stark verkleinerte Version meines Bruders. Sie hatten beide eine kräftige Kieferpartie und fahle Haut, eine lange, schmale Nase, gerahmt von tiefen Furchen, die ein bisschen an Klammern erinnerten. Ihr verbliebenes Haar war noch immer überwiegend dunkel, doch inzwischen zeigten sich erste weiße Partien, und dort, wo sie mit dem Rasierer etwas zu eifrig vorgegangen war, schimmerte die bloße Kopfhaut durch.
»Bitte«, sagte ich und schaute rüber zum Dollar General. Travis steckte den Kopf durch die Eingangstür und winkte.
Sie seufzte schwer und stützte ihr Kinn in die Hand. »Ich bleibe noch ein bisschen hier sitzen. Geh du schon mal vor.«
Eine Joggerin in einem grell violetten Anzug näherte sich und sprang auf die Straße, um uns auf dem Gehsteig auszuweichen. Als sie das Schaufenster sah, stolperte sie fast.
»Was ist das denn?«, fragte sie, und die Kinnlade fiel ihr runter, dass ich fast ihre Backenzähne zählen konnte.
Meine Mutter legte eine Hand auf ihr Herz. »Das ist mein Werk.«
»Ich geh jetzt Kaffee machen.« Ich fuhr mir mit der Hand übers Gesicht und wünschte, es wäre spät genug, um mir ein Bier zu gönnen. Zum Glück stand der Laden nebenan leer. Eine Zeit lang hatte er sich als zweitklassiges, auf alt gemachtes Restaurant gehalten, aber seit anderthalb Jahren hatte ihn niemand mehr gemietet. Mein Vater sagte immer, lieber würde er etwas essen, das ich gekocht habe, als Geld in einem Laden auszugeben, in dem man nicht mal einen Käsetoast hinkriegt.
»Kaffee? Mom?«, wiederholte ich.
Sie nickte, winkte mich weg und wies die Joggerin auf verschiedene interessante Bereiche in der Schaufensterauslage hin. Ich hörte, wie sie etwas über den naturgemäß starken Sexualtrieb des Pumas faselte, bis die Tür hinter mir ins Schloss fiel.
»Verdammter Mist!«
Von Nahem sah das Chaos noch schlimmer aus. Auf dem Boden lagen Fellfetzen und Blätter, als wären die Tiere übereinander hergefallen. Neben dem Pürzel des Keilers klaffte ein langer Riss, der mich fast zum Weinen brachte. Ich wandte mich ab, angewidert von meiner Mutter, aber auch von mir, weil ich nicht schon früher etwas unternommen hatte. Bei dem Gedanken, was mein Vater sagen würde, wenn er sehen könnte, wie sie sein Werk zugerichtet hatte, musste ich schwer schlucken. Er wäre unglaublich enttäuscht.
Diese Art von Scheiße passierte inzwischen regelmäßig. Die erste anstößige Szene hatte sie knapp einen Monat nach der Beerdigung meines Vaters aufgebaut. An jenem Morgen war ich im stockdunklen Laden direkt in den Bären gerannt – nur wusste ich nicht, dass es ein Bär war; ich dachte, ich hätte einen Einbrecher erwischt. Als mein Vater ihn präparierte, hatte er den breiten Rumpf mit Kanthölzern verstärkt. Der Schlag, den ich dem Bären verpasste, brach mir fast die Hand.
Während die Neonlampen an der Decke spastisch flackernd zum Leben erwachten, versuchte ich die Szene vollständig zu erfassen. Der Futon aus dem Gästezimmer lag neben dem Schaufenster, Decke und Kissen bezogen mit der Bettwäsche meiner Großmutter. Der Waschbär, den ich eine Woche vorher präpariert hatte, war in ein Satinnegligé gehüllt, und vor seinem Gesicht hing züchtig ein Brautschleier. Die erhobene Pfote winkte freundlich dem Bären zu, der in geräumigen, aus zwei Kopfkissenbezügen geschneiderten Boxershorts neben dem Bett stand. Ich erkannte das Muster sofort; die Bezüge gehörten zu Milos alter Spider Man-Bettwäsche.
Es hatte noch andere Vorfälle gegeben: eine Parade von Tieren, herausgeputzt in Dessous, die vor Boudoirspiegeln posierten, Alligatorenschädel, in deren geöffneten Mäulern Slips steckten und an den Zähnen baumelten. Ich wusste, mein Vater wäre nicht begeistert, wenn jemand seinen geschätzten Berglöwen mit Gleitmittel beträufeln würde. Und er wäre schon gar nicht begeistert von dem zerrissenen Fell. Doch er war nicht da, konnte nichts dazu sagen, und meine Mutter war nun mal meine Mutter. Ich konnte nicht alles kontrollieren, was sie machte. Irgendwie beschlich mich das Gefühl, ich würde ihn ein weiteres Mal enttäuschen. Sein Brief, der neben meinem Bett lag, ging mir nicht aus dem Kopf.
Ich vertraue darauf, dass du alles im Griff hast. Du musst jetzt stark sein.
»Mach es besser«, murmelte ich vor mich hin und schüttelte den Kopf. »Du musst es besser machen als bisher.«
Unsere winzige Kochnische befand sich im hinteren Teil des Ladens, nahe dem Eingang zur Werkstatt, aber noch in Sichtweite der Kasse und der verschiedenen Schokoriegel, die sich die Kinder gerne einsteckten. Ich suchte im Schrank nach Kaffeefiltern und fand keine, bis mir einfiel, dass wir schon seit einer Woche keine mehr hatten. Ich entschied mich für ein Stück gefaltetes Küchenpapier.
Früher hielt meine Mutter den Laden in Schuss, doch abgesehen von ihren Besuchen zur Schaufenstergestaltung kam sie inzwischen gar nicht mehr. Staub bedeckte die Ware, zog sich über die Rücken der Babyalligatoren und lackierten Fische, die mittlerweile aussahen, als wäre ihnen ein Pelz gewachsen. Die neonfarbenen Hasenpfoten waren schmutzig, als wären die Hasen durch Schlammpfützen gerannt, bevor sie ihre Pfoten verloren.
Draußen quasselte meine Mutter immer noch über ihr pornografisches Werk. Außer der Joggerin hatte sie sich auch Travis gekrallt, der dastand und die Szene betrachtete wie ein Kind einen Weihnachtsmann in einem Einkaufszentrum. Das rosa geblümte Nachthemd meiner Mutter leuchtete in der Sonne, ihre Beine und ihr Oberkörper zeichneten sich darunter ab. Ich war mir nicht ganz sicher, ob sie Unterwäsche trug.
Ich spülte einen schmutzigen Becher aus und rieb die Flecken mit einem Lappen weg, den ich neben der Spüle fand. Dann goss ich Kaffee ein, trank einen zu heißen Schluck und setzte mich hinter die Kasse. Meine Mutter gestikulierte vor Travis und der Joggerin herum, die ein Handy herausgeholt hatte und Fotos machte.
Die ersten Anzeichen von Spannungskopfschmerzen meldeten sich hinter meiner Stirn.
Travis stand immer noch draußen, als meine Mutter in den Laden zurückkam. Beim Öffnen der Tür läutete die Glocke verdrießlich, den Metallklappstuhl hatte sie sich unter den Arm geklemmt. Sie trug die flauschigen Hausschuhe, die mein Vater ihr vor einigen Jahren zu Weihnachten geschenkt hatte. An den Seiten und auf den kleinen Hasengesichtern klebten Blätter und Schlamm. In der Nacht zuvor hatte es geregnet, was hieß, dass sie zu weiß Gott welcher nächtlichen Stunde vom Haus herübergekommen war.
»Danke«, sagte sie, nahm meinen Kaffee und reichte mir den Becher mit der Zigarettenasche. Sie trank einen Schluck und verzog das Gesicht. »Igitt.«
»Wir haben keine Kaffeefilter mehr.«
»Dann sollte jemand welche kaufen. Schmeckt wie Dreck.«
»Tut mir leid«, erwiderte ich und entschied mich dagegen, sie darauf hinzuweisen, dass normalerweise sie den Kaffee, die Filter und die Mülltüten kaufte. Mein Vater hätte ihr die Einkaufsliste ans Lenkrad ihres Autos geklebt und ihren Namen in dieser entnervten Art gesagt, die zeigte, dass er sie liebte, auch wenn sie ihn in den Wahnsinn trieb.
»Gott, bin ich müde.«
Sie lehnte sich an die Ladentheke, und ihre Rippen bewegten sich sichtlich unter dem gerüschten Mieder ihres Nachthemds. Sie rauchte wieder, was sie seit unserer Kindheit nicht mehr getan hatte. Die Tränensäcke unter ihren tief liegenden Augen waren sehr dunkel, als hätte sie jemand mit dem Daumen eingedrückt. Am liebsten hätte ich sie geschüttelt und gefragt, warum sie alles noch schlimmer machte, als es schon war, warum sie nicht einfach normal sein konnte, damit wir weitermachen konnten, wie Dad es gewollt hätte, doch stattdessen ging ich nach hinten und rief meinen Bruder an.
Er hob beim vierten Läuten ab, die Stimme noch belegt vom Schlaf. Ich fragte mich, ob jemand bei ihm war, aber mein Bauchgefühl sprach dagegen. Seit Brynn ihn und die Kinder verlassen hatte, war er mit niemandem ernsthaft zusammen gewesen. Wir beide trauerten immer noch um sie, obwohl sie seit Jahren fort war. Aber es war schon spät. Eigentlich hatte ich damit gerechnet, dass er bei der Arbeit oder zumindest unterwegs war. Milo, der Junge, der einfach nicht wusste, was er mit seinem Leben anfangen wollte. Jeden zweiten Montag meldete er sich krank. Seine Tochter stand kurz vor der Highschool, und sie war diejenige, die einkaufen musste, weil er regelmäßig Sachen wie Milch und Brot vergaß. Du hast kein Arbeitsethos, hatte mein Vater mal zu ihm gesagt, und Milo hatte gelächelt, als wäre das ein Kompliment.
»Komm und hol deine Mutter ab, sie hat es wieder getan«, sagte ich und beobachtete sie in dem fahlen Licht, das durchs Fenster fiel. Sie hatte sich der Szene vorne im Laden zugewandt und rieb eine staubige Hasenpfote zwischen den Fingern.
»Mann. Lass mich wenigstens meine Hose anziehen.«
»Mach dich deswegen nicht verrückt, sie hat auch keine an.«
»In zehn Minuten bin ich da. Sie soll nicht weggehen.«
Ich legte auf und fragte mich, wie ich den Rest des Tages überstehen sollte, geschweige denn den Rest der Woche. Unser Vater war jetzt seit einem Jahr tot, und man erwartete von mir, dass ich mich um alles kümmerte, den Laden allein führte und mir überlegte, wie ich mit der erblühenden Kreativität meiner Mutter umgehen sollte. Es war anstrengend.
»Eins nach dem andern«, sagte ich und griff nach einem Block Schmierpapier. »Mehr kann ich nicht tun.«
Es war leichter, Stück für Stück vorzugehen und jede kleine Aufgabe voll konzentriert zu erledigen. Eine Sache beenden, dann die nächste. Alles ansammeln lassen, bis kein Platz mehr war, um an etwas anderes zu denken.
Ein ganzer Haufen Hirschpräparate. Bei Bud Killsons Barsch musste der Schellack aufgefrischt werden, außerdem brauchte er neue Augen. Das Entfleischen nahm kein Ende, in der Gefriertruhe stapelten sich die Tierkörper. Häute abschaben und gerben. Säurebäder ausspülen und neu füllen. Alle Arbeitsflächen im hinteren Bereich abschrubben, die Böden desinfizieren. Es gab immer etwas zu tun.
Mein Leben lang hatte ich meinen Vater so arbeiten sehen. Listen, Pflichten. Wenn man Zeitpläne einhalten musste, blieb keine Zeit für Stress. Wenn ich mir das in Erinnerung rief, entkrampften sich meine Glieder, und ich wurde lockerer.
Ich konnte es schaffen. Ich musste nur wie Dad sein.
»Dein Bruder ist da«, rief meine Mutter und stellte ihren Kaffeebecher ab. »Vielleicht kann er mich nach Hause fahren.«
Milo stieg aus dem Pick-up und ließ den Motor laufen. Er sah aus, als hätte er in seinen Kleidern geschlafen, er hatte sich mehrere Tage nicht rasiert, und sein Bart war fleckig. An der Tür lehnte er winkend meinen angebotenen Kaffee ab, hakte meine Mutter unter und setzte sie in den Wagen. Sie wehrte sich nicht, gähnte nur und zog ihr Nachthemd zurecht, damit es ihre bloßen Beine bedeckte. Sie waren zu dünn, man sah die blauen Adern an den Knöcheln.
»Komm morgen Abend zum Essen«, sagte sie. »Ich mach genug für uns alle.«
Abendessen bei meiner Mutter hieß die volle Gefühlsdusche. Bei ihr war es nicht wie in der Werkstatt, mit Werkzeugen, Desinfektionsmitteln und Arbeit. In ihrem Haus war noch so viel von Dad lebendig: sein Lehnstuhl mit dem durchhängenden, losen Polster in den Armlehnen, die Taschenbuchkrimis, die aufgeschlagen verkehrt herum auf dem Boden lagen, seine wahllos aufgetürmten Hemden neben der Nähmaschine meiner Mutter. Die grüne Flasche mit dem Rasierwasser, das er immer benutzte, stand noch immer offen im Bad neben dem Waschbecken, der Deckel lag neben dem Wasserhahn.
»Ich hab hier einiges zu tun«, sagte ich. »Ein Kunde kommt noch vorbei.«
»Wir sehen uns um sechs.«
Ich widersprach nicht, winkte nur, als sie vom Parkplatz auf die Straße bogen. Als ich mich umdrehte, stand Travis Pritchard wieder vor dem Schaufenster. In einer Hand hielt er seine Mütze, mit der anderen fuhr er sich sanft über das kurz geschorene grau melierte Haar. Seine Hemdsärmel waren zu kurz und entblößten jedes Mal, wenn er den Arm hob, seine Haut bis zum Ellenbogen.
»Musst du nicht wieder an die Arbeit?« Ich hakte meine Daumen durch die Gürtelschlaufen und zog meine runtergerutschte Hose hoch. Im Gegensatz zu meiner Mutter hatte ich im vergangenen Jahr zugenommen. Ich trank zu viel und schlief die meisten Nächte im Laden. Mein Bauch hing über der Hose und schob sie die Hüften hinunter. Nichts passte mehr richtig. In allem, was ich besaß, fühlte ich mich unwohl.
»Marleen kümmert sich um die Kasse.«
Unsere Spiegelbilder vermischten sich mit der Szene im Schaufensterglas: sein wettergegerbtes Gesicht mit den dunklen, tief liegenden Augen, meine gedrungene Figur in der üblichen Montur – alte Jeans, die gewaschen werden musste, fusseliges Flanellhemd und ein rundes Gesicht mit so vielen Sommersprossen, dass ich in Bars noch immer meinen Ausweis zeigen musste. Wir schwebten wie Geister über den Tieren und wirkten voyeuristischer als der Keiler.
Hinter uns bog ein Bus mit einer Ladung Rentner auf den Parkplatz ein. »Anscheinend hat das Towers beschlossen, heute etwas früher zu kommen«, sagte ich.
Travis brummte und drehte sich widerwillig zum Parkplatz um, wo der Bus bereits die ersten Rollstuhlfahrer nach unten ließ. »Deine Mutter hat wirklich Talent, weißt du das?«
Zu Sexszenen arrangierte Tiertrophäen hätte ich nicht unbedingt mit Talent verbunden, aber ich ließ ihn in seinem Glauben. Meine Mutter hatte schon immer ein Faible fürs Basteln. Häusliche Kunst nannte mein Vater das. Sie stickte, nähte ihre Kleider selbst, töpferte, füllte Bücher mit Klebebildchen, arrangierte Blumen – lauter Scheiß, den Mütter betrieben, weil sie einen Zeitvertreib brauchten. Dass sie Kunst liebte, wusste ich, weil mein Vater es mal erwähnt hatte, als wir Kanadagänse präparierten. Er meinte, sie hätte gern Skulpturen gemacht, schüttelte dann den Kopf und zeigte mir, wie man am günstigsten die Flügel der Vögel ansetzte, damit sie nicht schief aussahen. Solche Sachen machte sie eben. Nichts Wichtiges. Nichts, was unsere gemeinsame Zeit beeinträchtigte.
Travis marschierte zum Dollar General zurück, und ich ging wieder in den Laden, um den Schaden abzuschätzen. Der Puma war leicht zu bewegen, auch wenn mich die Reparatur seiner Pfoten einige Zeit kosten würde. Neben der Gesichtsrekonstruktion war die Haltung der Pfoten immer am schwersten hinzubekommen. Wie es aussah, hatte meine Mutter die Katze einfach vom Ast gerissen, auf dem sie montiert war. Am Holz klebten noch Fellreste.
Die Oberfläche des Asts war auf der Drehbank geglättet worden. Als ich ihn umdrehte, sah ich sie, eingekerbt in den Boden: PTM. Ich fuhr mit dem Finger die Initialen meines Vaters nach, vom feinen Schwung des P zu den engen Spitzen des M. Er hatte den Ast von einem größeren abgetrennt, der nach einem Sturm in unserem Garten lag. Mein Vater hatte ein Auge für Szenerie und Ästhetik. Er konnte alles zu Requisiten umfunktionieren: ausrangierte Möbelstücke, Holzpaletten, alte Fensterrahmen. Er hatte das Gewirr aus Zweigen und Ästen betrachtet und darin sofort das Passende erkannt, einen Ast, der sich gut als Unterlage eignete und die Katze aussehen ließ, als würde sie sich jeden Moment auf ihre nichts ahnende Beute stürzen.
In der Woche, bevor er starb, brachte ich ihm einen herrenlosen Schlitten. Er war uralt, die rote Farbe blätterte in großen Placken ab, die kaputten Kufen waren voller Rostflecken. In dieser Woche hatten wir Enten. Makellose weiße Wildenten mit leuchtend orangefarbenen Schnäbeln und Füßen. Ich stellte den Schlitten auf dem Metalltisch neben den Vögeln ab und fragte, ob das wohl gut passe – diese ungewöhnliche Paarung.
Perfekt, sagte er. Genau das hätte ich ausgewählt.
Als mir einfiel, wie er sich auf demselben Tisch liegend zurückgelassen hatte, war die Erinnerung für mich ruiniert. Ich schmiss den Ast in die Ecke und schlug auf ein Regal mit lackierten Alligatorenschädeln ein. Sie krachten gegeneinander und fielen scheppernd auf den Boden. Ein paar zerbrachen und verloren Zähne, die wie ungekochte Reiskörner über den Boden kullerten.
Ich ignorierte die Unordnung und konzentrierte mich darauf, die Kondome vom Benjamini zu entfernen. Danach waren meine Hände mit spermizidem Gleitmittel bedeckt, und ich musste sie dreimal gründlich waschen, um die Schmiere loszuwerden. Ich fürchtete mich davor, mir das Fell der Ziege anzusehen, denn ich war mir sicher, dass meine Mutter bei ihr nicht so umsichtig vorgegangen war. Ich ließ sie im Schaufenster stehen. Das Licht warf pastellfarbene Glanzpunkte auf ihr Gesicht – ich hatte es so gestaltet, dass es neugierig und wachsam wirkte. Der Anblick der Ziege und das Wissen, dass ich wenigstens bei ihr nicht versagt hatte, waren das einzige gute Gefühl an diesem Vormittag.
Meinem Rücken zuliebe ließ ich den Benjamini stehen, wo er war, und zerrte stattdessen am Hinterteil des Keilers. »Los komm, Kumpel. Schauen wir dich mal an.«
Als ich das Fernglas aus seinen Hauern nahm, platzte die rechte Spitze ab, und eine weiße Staubwolke segelte auf den Boden.
Wir hatten seit Wochen keinen neuen Auftrag mehr erhalten, abgesehen von diversem Kleinzeug und einem gelegentlichen Stammkunden, der seine klägliche Jagdbeute vorbeibrachte, aber davon ließen sich die Rechnungen nicht bezahlen. Geldprobleme waren ein weiteres Erbe, das mein Vater mir hinterlassen hatte. Ich hatte immer geglaubt, er hätte unsere finanziellen Angelegenheiten so gut geregelt, dass Grundlegendes wie Lebensmittel und Autoversicherung abgedeckt wären. Was ich vorgefunden hatte, war ein schwarzes Loch aus Schulden. Es tut mir leid, hatte er geschrieben und mit seinem Stift Wunden ins Papier gegraben. Es tut mir unendlich leid. Ich betrachtete das Chaos, das sich im ganzen Laden um mich herum anhäufte: der fliegenumschwirrte Müll, Stapel von Rechnungen und Fachzeitschriften, die von den Theken gerutscht und auf den Boden gefallen waren, überall Staub und Haare.
Die Türglocke läutete.
Eine Frau stand im Eingang. Die Morgensonne ergoss sich durch den Spalt und tauchte ihre Gestalt in Schatten, aber dem schönen Kleid und den Schuhen nach zu urteilen, glaubte ich nicht, dass ich sie kannte.
»Was ist mit der Auslage passiert?« Sie zeigte auf das Schaufenster. Der Keiler stand noch verlegen mit seinem abgebrochenen Hauer da, wie ein sich unbehaglich fühlender Patient in einer Zahnarztpraxis.
»Der was?«
Sie formte etwas mit den Händen in der Luft, als wollte sie ein Bild nachstellen. »Sie wissen schon, die Schaufensterszene. Meine Freundin Denise hat mir ein Bild geschickt, sie hat es heute früh bei ihrer Laufrunde aufgenommen.«
»Das sollte da eigentlich nicht stehen.«
»Warum nicht?«, fragte sie und versuchte penibel, nicht auf das Gerümpel auf dem Boden zu treten. Sie trug Lacklederpumps, die ihre Beine toll aussehen ließen, und einen professionellen Businessrock mit einem Schlitz hinten. Ich wischte mir die Hände an der Jeans ab und warf einen kurzen Blick auf meine Arbeitsstiefel, die mit Schichten von Lack und Gerbmitteln verfärbt waren.
»Das war obszön«, sagte ich. »Meine Mutter macht im Augenblick eine harte Zeit durch.«
Die Frau war etwa dreißig Zentimeter größer als ich, schlank, knochig und attraktiv. Sie blieb neben dem Keiler stehen, kniete sich vor ihn hin, betrachtete sein Gesicht und untersuchte mit ihrem langen Finger den kaputten Hauer. »Ich bin Lucinda Rex«, sagte sie und umfing das Gesicht des Tiers. »Ich leite eine Galerie drüben an der Morse.«
»Jessa Morton.« Ich schenkte mir eine Tasse von dem schwachen Kaffee ein, der noch in der Kanne war, damit meine plötzlich schwitzenden Hände etwas zu tun hatten.
»Faszinierende Arbeit.« Sie blickte von dem Keiler auf. Dichte Wimpern säumten ihre dunklen Augen. »Haben Sie das selbst gemacht?«
»Das meiste. Einige Stücke sind von meinem Vater.«
»Die Tiere wirken sehr lebensecht.« Sie erhob sich vom Boden und blieb neben dem Keiler stehen. Der kaputte Hauer drückte sich in die weiche Haut an ihrem Bein und hinterließ einen rosa Kratzer.
Lucinda war die Sorte Frau, die ich gern anschaute, gewöhnlich aber mied, weil sie viel zu elegant für mich war. Mein Typ war eher eine schlampige Frau, eine von denen, die sich mit mir verabredete und unweigerlich mit jemand anderem die Bar verließ. »Wollen Sie etwas Bestimmtes?«
»Ja. Wie viel nehmen Sie dafür?«
»Wie viel?«, wiederholte ich und sah zu, wie sie den Kopf des Keilers streichelte. Ihre Hände waren schlank, die Finger sehr lang. Ich stellte mir vor, wie sie mein Gesicht berührten und eine Linie über mein Schlüsselbein zogen. »Wie viel.«
»Ich gebe Ihnen dreitausend.«
»Was?« Der höchste Betrag, den bisher jemand in unserem Laden gelassen hatte, lag gerade mal knapp über tausend, und das für Maßarbeit.
Sie runzelte die Stirn und kam mit ihrer Handtasche an den Verkaufstresen. »Ist das nicht genug?«
Ich schüttelte den Kopf. »Das ist nicht in Ordnung – der Hauer ist kaputt, sehen Sie? Ich muss ihn reparieren.«
»Hätte ich nicht bemerkt.« Sie schaute gar nicht hin. »Ich würde gerne sehen, was Ihre Mutter aus so einem Tier machen würde.«
Das war ein Witz, oder? »Ja, klar.«
»Ich finde, er sieht gut aus.«
Tat er eindeutig nicht. »Ich muss ihn erst reparieren.«
»Natürlich. Aber ich würde ihn schon jetzt gern kaufen. Ich lasse ihn später abholen.« Sie sah mich abschätzend an, die Lippen zu einer dünnen Linie zusammengepresst. »Oder liefern Sie?«
»Klar, können wir gern.« Wir hatten noch nie geliefert.
»Wunderbar.« Sie kramte eine Kreditkarte aus einem Stapel hervor, der wie Spielkarten aufgeschichtet war. »Ich erwarte Sie morgen Nachmittag.«
*
Den Rest des Nachmittags verbrachte ich mit dem Aufhübschen des Keilers. Sein Hauer bestand nur noch aus Trümmern, und das Fell war abgewetzt und schuppig, weil er jahrelang dem Staub und der Sonne ausgesetzt war. Die Löcher zu flicken war ohne passende Fellreste kein Spaß, aber ich wollte Lucinda nichts Beschädigtes verkaufen. Für handfeste drei Riesen musste ich tadellose Arbeit abliefern.
Mein Vater hatte sich einige seiner Gerbrezepte patentieren lassen, Verfahren, die er im Laufe der Zeit perfektioniert hatte, Tricks, die er von seinem Vater gelernt hatte. Auf mich allein gestellt, konnte ich nicht halb so viel bewältigen wie er. Mir fehlten die Beziehungen und die Erfahrung. Meine Arbeit beruhte hauptsächlich auf Bauchgefühl, dem, was er als mein natürliches Talent bezeichnet hatte. In der Vergangenheit war ich damit gut gefahren, da hatte ich allerdings auch meinen Vater, der im Notfall einsprang. Aber immer wenn ich ihn gebeten hatte, mir etwas zu zeigen, vertröstete er mich.
Wenn ich es selbst mache, geht es schneller, hatte er zu seiner speziellen Lackiertechnik für Forellen gesagt. Bevor ich es lange erkläre, erledige ich es lieber selbst.
Ich hatte drei Aufträge ablehnen müssen, weil ich seinen Speziallack nicht zusammenmischen konnte – kein Zeitpunkt war ihm passend erschienen, mich in das Rezept einzuweihen. Seit seinem Tod fragte ich mich oft, ob er mir solche Tricks nicht beigebracht hatte, weil er sie lieber mit dem richtigen Sohn geteilt hätte.
Doch diese Frage war müßig. Ich konnte nur tun, was ich schon immer getan hatte: jeden Tag gnadenlos weiterschuften, bis mein Hirn abschaltete. Ich arbeitete, bis meine Hände abrutschten und ich mir in die Fingerkuppen schnitt. Ich nahm Fische aus, bis meine Hände nach der Lake stanken. Ich schabte Fleisch und Haare weg, bis mir die Arme lahm wurden. Dann konnte ich wieder schlafen und am nächsten Tag aufwachen, zurückgeworfen in meinen endlosen Zyklus aus Arbeit, Arbeit und wieder Arbeit. So, wie er mich brauchte.
Brauchen. Ein Wort, das mein Vater nur selten benutzte. Von ihm kannte ich nur wollen und erwarten. Aber etwas wie brauchenDie beste Möglichkeit, zu Hause alles durchzustehen, ist, einfach bei der Arbeit zu bleiben