[Planskizzen]


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Skizze des Teilplans

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[Skizze des Teilplans]


1. Bewegung im Allgemeinen.

2. Attraktion und Repulsion. Übertragung von Bewegung.

3. [Gesetz der] Erhaltung der Energie hierauf angewandt. Repulsion + Attraktion. – Zutritt von Repulsion = Energie.

4. Schwere – Himmelskörper – irdische Mechanik.

5. Physik. Wärme. Elektrizität.

6. Chemie.

7. Resumé.

a) Vor 4: Mathematik. Unendliche Linie. + und – gleich.

b) Bei Astronomie: Arbeitsleistung durch Flutwelle.

Doppelrechnung bei Helmholtz, II, 120.

»Kräfte« bei Helmholtz, II, 190.

[Artikel]


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Alte Vorrede zum »[Anti-] Dühring«. Über die Dialektik

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Die nachfolgende Arbeit ist keineswegs aus »innerem Antrieb« entstanden. Im Gegenteil wird mir mein Freund Liebknecht bezeugen, wieviel Mühe es ihm gekostet hat, bis er mich bewog, die neueste sozialistische Theorie des Herrn Dühring kritisch zu beleuchten. Einmal dazu entschlossen, hatte ich keine andre Wahl, als diese Theorie, die sich selbst als letzte praktische Frucht eines neuen philosophischen Systems vorführt, im Zusammenhang dieses Systems und damit das System selbst zu untersuchen. Ich war also genötigt, Herrn Dühring auf jenes umfassende Gebiet zu folgen, wo er von allen möglichen Dingen spricht und noch von einigen andern. So entstand eine Reihe von Artikeln, die seit Anfang 1877 im Leipziger »Vorwärts« erschien und hier im Zusammenhang vorliegt.

Wenn die Kritik eines trotz aller Selbstanpreisung so höchst unbedeutenden Systems in dieser durch die Sache gebotenen Ausführlichkeit auftritt, so mögen zwei Umstände dies entschuldigen. Einerseits gab mir diese Kritik Gelegenheit, auf verschiedenen Gebieten meine Auffassung von Streitpunkten positiv zu entwickeln, die heute von allgemeinerem wissenschaftlichem oder praktischem Interesse sind. Und so wenig es mir einfallen kann, dem System des Herrn Dühring ein andres System entgegenzusetzen, so wird der Leser hoffentlich auch in den von mir aufgestellten Ansichten, bei aller Verschiedenheit des behandelten Stoffs, den inneren Zusammenhang nicht vermissen.

Andrerseits aber ist der »systemschaffende« Herr Dühring keine vereinzelte Erscheinung in der deutschen Gegenwart. Seit einiger Zeit schießen in Deutschland die philosophischen, namentlich die naturphilosophischen Systeme über Nacht zu Dutzenden auf wie die Pilze, von den zahllosen neuen Systemen der Politik, der Ökonomie usw. gar nicht zu sprechen. Wie im modernen Staat vorausgesetzt wird, daß jeder Staatsbürger über alle die Fragen urteilsreif ist, über die abzustimmen er berufen; wie in der Ökonomie angenommen wird, daß jeder Käufer auch ein Kenner aller derjenigen Waren ist, die er zu seinem Lebensunterhalt einzukaufen in den Fall kommt – so soll es jetzt auch in der Wissenschaft gehalten werden. Jeder kann über alles schreiben, und darin besteht grade die »Freiheit der Wissenschaft«, daß man erst recht über das schreibt, was man nicht gelernt hat, und daß man dies für die einzige streng wissenschaftliche Methode ausgibt. Herr Dühring aber ist einer der bezeichnendsten Typen dieser vorlauten Pseudowissenschaft, die sich heutzutage in Deutschland überall in den Vordergrund drängt und alles übertönt mit ihrem dröhnenden – höheren Blech. Höheres Blech in der Poesie, in der Philosophie, in der Ökonomie, in der Geschichtschreibung, höheres Blech auf Katheder und Tribüne, höheres Blech überall, höheres Blech mit dem Anspruch auf Überlegenheit und Gedankentiefe im Unterschied von dem simplen platt-vulgären Blech andrer Nationen, höheres Blech das charakteristischste und massenhafteste Produkt der deutschen intellektuellen Industrie, billig aber schlecht, ganz wie andre deutsche Fabrikate, neben denen es leider in Philadelphia nicht vertreten war. Sogar der deutsche Sozialismus macht neuerdings, namentlich seit dem guten Beispiel des Herrn Dühring, recht erklecklich in höherem Blech; daß die praktische sozialdemokratische Bewegung sich durch dies höhere Blech so wenig irremachen läßt, ist wieder ein Beweis für die merkwürdig gesunde Natur unsrer Arbeiterklasse in einem Lande, wo doch sonst, mit Ausnahme der Naturwissenschaft, augenblicklich so ziemlich alles krankt.

Wenn Nägeli in seiner Rede auf der Münchener Naturforscherversammlung sich dahin aussprach, daß das menschliche Erkennen nie den Charakter der Allwissenheit annehmen werde, so sind ihm die Leistungen des Herrn Dühring offenbar unbekannt geblieben. Diese Leistungen haben mich genötigt, ihnen auch auf eine Reihe von Gebieten zu folgen, auf denen ich höchstens in der Eigenschaft eines Dilettanten mich bewegen kann. Es gilt dies namentlich von den verschiednen Zweigen der Naturwissenschaft, wo es bisher häufig für mehr als unbescheiden galt, wenn ein »Laie« ein Wort dareinreden wollte. Indes ermutigt mich einigermaßen der ebenfalls in München gefallene, an einer andern Stelle näher erörterte Ausspruch Herrn Virchows, daß jeder Naturforscher außerhalb seiner eignen Spezialität ebenfalls nur ein Halbwisser, vulgo Laie ist. Wie ein solcher Spezialist sich erlauben darf und erlauben muß, von Zeit zu Zeit auf benachbarte Gebiete überzugreifen, und wie ihm da von den betreffenden Spezialisten Unbehülflichkeit des Ausdrucks und kleine Ungenauigkeiten nachgesehn werden, so habe auch ich mir die Freiheit genommen, Naturvorgänge und Naturgesetze als beweisende Exempel meiner allgemein theoretischen Auffassungen anzuführen, und darf wohl auf dieselbe Nachsicht rechnen. Die Resultate der modernen Naturwissenschaft drängen sich eben einem jeden, der sich mit theoretischen Dingen beschäftigt, mit derselben Unwiderstehlichkeit auf, mit der die heutigen Naturforscher, wollen sie’s oder nicht, zu theoretisch -allgemeinen Folgerungen sich getrieben sehn. Und hier tritt eine gewisse Kompensation ein. Sind die Theoretiker Halbwisser auf dem Gebiet der Naturwissenschaft, so sind es die heutigen Naturforscher tatsächlich ebensosehr auf dem Gebiet der Theorie, auf dem Gebiet dessen, was bisher als Philosophie bezeichnet wurde.

Die empirische Naturforschung hat eine so ungeheure Masse von positivem Erkenntnisstoff angehäuft, daß die Notwendigkeit, ihn auf jedem einzelnen Untersuchungsgebiet systematisch und nach seinem innern Zusammenhang zu ordnen, schlechthin unabweisbar geworden ist. Ebenso unabweisbar wird es, die einzelnen Erkenntnisgebiete unter sich in den richtigen Zusammenhang zu bringen. Damit aber begibt sich die Naturwissenschaft auf das theoretische Gebiet, und hier versagen die Methoden der Empirie, hier kann nur das theoretische Denken helfen. Das theoretische Denken ist aber nur der Anlage nach eine angeborne Eigenschaft. Diese Anlage muß entwickelt, ausgebildet werden, und für diese Ausbildung gibt es bis jetzt kein andres Mittel als das Studium der bisherigen Philosophie.

Das theoretische Denken einer jeden Epoche, also auch das der unsrigen, ist ein historisches Produkt, das zu verschiednen Zeiten sehr verschiedne Form und damit sehr verschiednen Inhalt annimmt. Die Wissenschaft vom Denken ist also, wie jede andre, eine historische Wissenschaft, die Wissenschaft von der geschichtlichen Entwicklung des menschlichen Denkens. Und dies ist auch für die praktische Anwendung des Denkens auf empirische Gebiete von Wichtigkeit. Denn erstens ist die Theorie der Denkgesetze keineswegs eine ein für allemal ausgemachte »ewige Wahrheit«, wie der Philisterverstand sich dies bei dem Wort Logik vorstellt. Die formelle Logik selbst ist seit Aristoteles bis heute das Gebiet heftiger Debatte geblichen. Und die Dialektik gar ist bis jetzt erst von zwei Denkern genauer untersucht worden, von Aristoteles und Hegel. Grade die Dialektik ist aber für die heutige Naturwissenschaft die wichtigste Denkform, weil sie allein das Analogon und damit die Erklärungsmethode bietet für die in der Natur vorkommenden Entwicklungsprozesse, für die Zusammenhänge im ganzen und großen, für die Übergänge von einem Untersuchungsgebiet zum andern.

Zweitens aber ist die Bekanntschaft mit dem geschichtlichen Entwicklungsgang des menschlichen Denkens, mit den zu verschiednen Zeiten hervorgetretenen Auffassungen der allgemeinen Zusammenhänge der äußeren Welt auch darum für die theoretische Naturwissenschaft ein Bedürfnis, weil sie einen Maßstab abgibt für die von dieser selbst aufzustellenden Theorien. Der Mangel an Bekanntschaft mit der Geschichte der Philosophie tritt hier aber oft und grell genug hervor. Sätze, die in der Philosophie seit Jahrhunderten aufgestellt, die oft genug längst philosophisch abgetan sind, treten oft genug bei theoretisierenden Naturforschern als funkelneue Weisheit auf und werden sogar eine Zeitlang Mode. Es ist sicher ein großer Erfolg der mechanischen Wärmetheorie, daß sie den Satz von der Erhaltung der Energie mit neuen Belegen gestützt und wieder in den Vordergrund gestellt hat; aber hätte dieser Satz als etwas so absolut Neues auftreten können, wenn die Herren Physiker sich erinnert hätten, daß er schon von Descartes aufgestellt war? Seitdem Physik und Chemie wieder fast ausschließlich mit Molekülen und Atomen hantieren, ist die altgriechische atomistische Philosophie mit Notwendigkeit wieder in den Vordergrund getreten. Aber wie oberflächlich wird sie selbst von den besten unter ihnen behandelt! So erzählt Kekulé (»Ziele und Leistungen der Chemie«), sie rühre von Demokrit her, statt von Leukipp, und behauptet, Dalton habe zuerst die Existenz qualitativ verschiedner Elementaratome angenommen und ihnen zuerst verschiedne, für die verschiednen Elemente charakteristische Gewichte zugeschrieben, während doch bei Diogenes Laertius (X, §§43-44 u. 61) zu lesen ist, daß schon Epikur den Atomen Verschiedenheit nicht nur der Größe und Gestalt, sondern auch des Gewichts zuschreibt, also schon Atomgewicht und Atomvolum in seiner Art kennt.

Das Jahr 1848, das in Deutschland sonst mit nichts fertig wurde, hat dort nur auf dem Gebiet der Philosophie eine totale Umkehr zustande gebracht. Indem die Nation sich auf das Praktische warf, hier die Anfänge der großen Industrie und des Schwindels gründete, dort den gewaltigen Aufschwung, den die Naturwissenschaft in Deutschland seitdem genommen, eingeleitet durch die Reiseprediger und Karikaturen Vogt, Büchner etc., sagte sie der im Sande der Berliner Althegelei verlaufenen klassischen deutschen Philosophie entschieden ab. Die Berliner Althegelei hatte das redlich verdient. Aber eine Nation, die auf der Höhe der Wissenschaft stehn will, kann nun einmal ohne theoretisches Denken nicht auskommen. Mit der Hegelei warf man auch die Dialektik über Bord – grade im Augenblick, wo der dialektische Charakter der Naturvorgänge sich unwiderstehlich aufzwang, wo also nur die Dialektik der Naturwissenschaft über den theoretischen Berg helfen konnte – und verfiel damit wieder hülflos der alten Metaphysik. Im Publikum grassierten seitdem einerseits die auf den Philister zugeschnittenen flachen Reflexionen Schopenhauers und später sogar Hartmanns, andrerseits der vulgäre Reiseprediger-Materialismus eines Vogt und Büchner. Auf den Universitäten machten sich die verschiedensten Sorten von Eklektizismus Konkurrenz, die nur darin übereinstimmten, daß sie aus lauter Abfällen vergangner Philosophien zusammengestutzt und alle gleich metaphysisch waren. Von den Resten der klassischen Philosophie rettete sich nur ein gewisser Neukantianismus, dessen letztes Wort das ewig unerkennbare Ding an sich war, also das Stück Kant, das am wenigsten verdiente, aufbewahrt zu werden. Das Endresultat war die jetzt herrschende Zerfahrenheit und Verworrenheit des theoretischen Denkens.

Man kann kaum ein theoretisches naturwissenschaftliches Buch zur Hand nehmen, ohne den Eindruck zu bekommen, daß die Naturforscher es selbst fühlen, wie sehr sie von dieser Zerfahrenheit und Verworrenheit beherrscht werden und wie ihnen die jetzt landläufige sog. Philosophie absolut keinen Ausweg bietet. Und hier gibt es nun einmal keinen andern Ausweg, keine Möglichkeit, zur Klarheit zu gelangen, als die Umkehr, in einer oder der andern Form, vom metaphysischen zum dialektischen Denken.

Diese Rückkehr kann auf verschiednen Wegen vor sich gehn. Sie kann sich naturwüchsig durchsetzen, durch die bloße Gewalt der naturwissenschaftlichen Entdeckungen selbst, die sich nicht länger in das alte metaphysische Prokrustesbett wollen zwängen lassen. Das ist aber ein langwieriger, schwerfälliger Prozeß, bei dem eine Unmasse überflüssiger Reibung zu überwinden ist. Er ist großenteils schon im Gang, namentlich in der Biologie. Er kann sehr abgekürzt werden, wenn die theoretischen Naturforscher sich mit der dialektischen Philosophie in ihren geschichtlich vorliegenden Gestalten näher beschäftigen wollen. Unter diesen Gestalten sind es namentlich zwei, die für die moderne Naturwissenschaft besonders fruchtbar werden können.

Die erste ist die griechische Philosophie. Hier tritt das dialektische Denken noch in naturwüchsiger Einfachheit auf, noch ungestört von den holden Hindernissen, die die Metaphysik des 17. und 18. Jahrhunderts – Bacon und Locke in England, Wolff in Deutschland – sich selbst aufwarf, und womit sie sich den Weg versperrte, vom Verständnis des Einzelnen zum Verständnis des Ganzen, zur Einsicht in den allgemeinen Zusammenhang zu kommen. Bei den Griechen – eben weil sie noch nicht zur Zergliederung, zur Analyse der Natur fortgeschritten waren – wird die Natur noch als Ganzes, im ganzen und großen angeschaut. Der Gesamtzusammenhang der Naturerscheinungen wird nicht im einzelnen nachgewiesen, er ist den Griechen Resultat der unmittelbaren Anschauung. Darin liegt die Unzulänglichkeit der griechischen Philosophie, derentwegen sie später andren Anschauungsweisen hat weichen müssen. Darin liegt aber auch ihre Überlegenheit gegenüber allen ihren späteren metaphysischen Gegnern. Wenn die Metaphysik den Griechen gegenüber im einzelnen recht behielt, so behielten die Griechen gegenüber der Metaphysik recht im ganzen und großen. Dies ist der eine Grund, weshalb wir genötigt werden, in der Philosophie wie auf so vielen andern Gebieten, immer wieder zurückzukehren zu den Leistungen jenes kleinen Volks, dessen universelle Begabung und Betätigung ihm einen Platz in der Entwicklungsgeschichte der Menschheit gesichert hat, wie kein andres Volk ihn je beanspruchen kann. Der andre Grund aber ist der, daß in den mannigfachen Formen der griechischen Philosophie sich fast alle späteren Anschauungsweisen bereits im Keim, im Entstehen vorfinden. Die theoretische Naturwissenschaft ist daher ebenfalls gezwungen, will sie die Entstehungs-und Entwicklungsgeschichte ihrer heutigen allgemeinen Sätze verfolgen, zurückzugehn auf die Griechen. Und diese Einsicht bricht sich mehr und mehr Bahn. Immer seltner werden die Naturforscher, die, während sie selbst mit Abfällen griechischer Philosophie, z.B. der Atomistik, wie mit ewigen Wahrheiten hantieren, baconistisch-vornehm auf die Griechen herabsehn, weil diese keine empirische Naturwissenschaft hatten. Zu wünschen wäre nur, daß diese Einsicht fortschritte zu einer wirklichen Kenntnisnahme der griechischen Philosophie.

Die zweite Gestalt der Dialektik, die grade den deutschen Naturforschern am nächsten liegt, ist die klassische deutsche Philosophie von Kant bis Hegel. Hier ist bereits ein Anfang gemacht, indem auch außerhalb des schon erwähnten Neukantianismus es wieder Mode wird, auf Kant zu rekurrieren. Seitdem man entdeckt hat, daß Kant der Urheber zweier genialer Hypothesen ist, ohne die die heutige theoretische Naturwissenschaft nun einmal nicht vorankommen kann – der früher Laplace zugeschriebnen Theorie von der Entstehung des Sonnensystems und der Theorie von der Hemmung der Erdrotation durch die Flutwelle –, ist Kant bei den Naturforschern wieder zu verdienten Ehren gekommen. Aber bei Kant Dialektik studieren zu wollen, wäre eine nutzlos mühsame und wenig lohnende Arbeit, seitdem ein umfassendes, wenn auch von ganz falschem Ausgangspunkt her entwickeltes Kompendium der Dialektik vorliegt in den Werken Hegels.

Nachdem einerseits die durch diesen falschen Ausgangspunkt und durch das hülflose Versumpfen der Berliner Hegelei großenteils gerechtfertigte Reaktion gegen die »Naturphilosophie« ihren freien Lauf gehabt und in bloßes Geschimpfe ausgeartet ist, nachdem andrerseits die Naturwissenschaft in ihren theoretischen Bedürfnissen von der landläufigen eklektischen Metaphysik so glänzend im Stich gelassen worden, wird es wohl möglich sein, vor Naturforschern auch wieder einmal den Namen Hegel auszusprechen, ohne dadurch jenen Veitstanz hervorzurufen, in dem Herr Dühring so Ergötzliches leistet.

Vor allem ist festzustellen, daß es sich hier keines wegs handelt um eine Verteidigung des Hegelschen Ausgangspunkts: daß der Geist, der Gedanke, die Idee das Ursprüngliche, und die wirkliche Welt nur der Abklatsch der Idee sei. Dies war schon von Feuerbach aufgegeben. Darüber sind wir alle einig, daß auf jedem wissenschaftlichen Gebiet in Natur wie Geschichte von den gegebenen Tatsachen auszugehn ist, in der Naturwissenschaft also von den verschiednen sachlichen und Bewegungsformen der Materie; daß also auch in der theoretischen Naturwissenschaft die Zusammenhänge nicht in die Tatsachen hineinzukonstruieren, sondern aus ihnen zu entdecken und, wenn entdeckt, erfahrungsmäßig soweit dies möglich nachzuweisen sind.

Ebensowenig kann davon die Rede sein, den dogmatischen Inhalt des Hegelschen Systems aufrecht zu halten, wie er von der Berliner Hegelei älterer und jüngerer Linie gepredigt worden. Mit dem idealistischen Ausgangspunkt fällt auch das darauf konstruierte System, also namentlich auch die Hegelsche Naturphilosophie. Es ist aber daran zu erinnern, daß die naturwissenschaftliche Polemik gegen Hegel, soweit sie ihn überhaupt richtig verstanden, sich nur gegen diese beiden Punkte gerichtet hat: den idealistischen Ausgangspunkt und die den Tatsachen gegenüber willkürliche Konstruktion des Systems.

Nach Abzug von allem diesem bleibt noch die Hegelsche Dialektik. Es ist das Verdienst von Marx, gegenüber dem »verdrießlichen, anmaßenden und mittelmäßigen Epigonentum, welches jetzt in Deutschland das große Wort führt«, zuerst wieder die vergessene dialektische Methode, ihren Zusammenhang mit der Hegelschen Dialektik wie ihren Unterschied von dieser hervorgehoben und gleichzeitig im »Kapital« diese Methode auf die Tatsachen einer empirischen Wissenschaft, der politischen Ökonomie, angewandt zu haben. Und mit dem Erfolg, daß selbst in Deutschland die neuere ökonomische Schule sich nur dadurch über die vulgäre Freihändlerei erhebt, daß sie Marx abschreibt (oft genug falsch) unter dem Vorwand, ihn zu kritisieren.

Bei Hegel herrscht in der Dialektik dieselbe Umkehrung alles wirklichen Zusammenhangs wie in allen andern Verzweigungen seines Systems. Aber, wie Marx sagt: »Die Mystifikation, welche die Dialektik in Hegels Händen untergeht, verhindert in keiner Weise, daß er ihre allgemeinen Bewegungsformen zuerst in umfassender und bewußter Weise dargestellt hat. Sie steht bei ihm auf dem Kopf. Man muß sie umstülpen, um den rationellen Kern in der mystischen Hülle zu entdecken.«

In der Naturwissenschaft selbst aber begegnen uns oft genug Theorien, in denen das wirkliche Verhältnis auf den Kopf gestellt, das Spiegelbild für die Urform genommen ist, und die daher einer solchen Umstülpung bedürfen. Solche Theorien herrschen oft genug für längere Zeit. Wenn die Wärme während fast zwei Jahrhunderten als eine besondre geheimnisvolle Materie galt, statt als eine Bewegungsform der gewöhnlichen Materie, so war das ganz derselbe Fall, und die mechanische Wärmetheorie vollzog die Umstülpung. Nichtsdestoweniger hat die von der Wärmestofftheorie beherrschte Physik eine Reihe höchst wichtiger Gesetze der Wärme entdeckt und besonders durch [J.-B.-J.] Fourier und Sadi Carnot: die Bahn frei gemacht für die richtige Auffassung, die nun ihrerseits die von ihrer Vorgängerin entdeckten Gesetze umzustülpen, in ihre eigne Sprache zu übersetzen hatte. Ebenso hat in der Chemie die phlogistische Theorie durch hundertjährige experimentelle Arbeit erst das Material geliefert, mit Hülfe dessen Lavoisier in dem von Priestley dargestellten Sauerstoff den reellen Gegenpol des phantastischen Phlogiston entdecken und damit die ganze phlogistische Theorie über den Haufen werfen konnte. Damit aber waren die Versuchsresultate der Phlogistik durchaus nicht beseitigt. Im Gegenteil. Sie blieben bestehn, nur ihre Formulierung wurde umgestülpt, aus der phlogistischen Sprache in die nunmehr gültige chemische Sprache übersetzt, und behielten soweit ihre Gültigkeit.

Wie die Wärmestofftheorie zur mechanischen Wärmelehre, wie die phlogistische Theorie zu der Lavoisiers, so verhält sich die Hegelsche Dialektik zur rationellen Dialektik.

Die Naturforschung in der Geisterwelt

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Es ist ein alter Satz der in das Volksbewußtsein übergegangenen Dialektik, daß die Extreme sich berühren. Wir werden uns demnach schwerlich irren, wenn wir die äußersten Grade von Phantasterei, Leichtgläubigkeit und Aberglauben suchen nicht etwa bei derjenigen naturwissenschaftlichen Richtung, die, wie die deutsche Naturphilosophie, die objektive Welt in den Rahmen ihres subjektiven Denkens einzuzwängen suchte, sondern vielmehr bei der entgegengesetzten Richtung, die, auf die bloße Erfahrung pochend, das Denken mit souveräner Verachtung behandelt und es wirklich in der Gedankenlosigkeit auch am weitesten gebracht hat. Diese Schule herrscht in England. Bereits ihr Vater, der vielgepriesene Franz Bacon, verlangt, daß seine neue empirische, induktive Methode betrieben werde, um vor allem dadurch zu erreichen: Verlängerung des Lebens, Verjüngung in einem gewissen Grade, Veränderung der Statur und der Züge, Verwandlung der Körper in andre, Erzeugung neuer Arten, Gewalt über die Luft und Erregung von Ungewittern; er beschwert sich, daß solche Untersuchungen verlassen worden seien, und gibt in seiner Naturhistorie förmliche Rezepte, Gold zu machen und mancherlei Wunder zu verrichten. Ebenso beschäftigte sich Isaak Newton auf seine alten Tage viel mit der Auslegung der Offenbarung Johannis. Was Wunder also, wenn in den letzten Jahren der englische Empirismus in einigen seiner Vertreter – und es sind nicht die schlechtesten – der von Amerika importierten Geisterklopferei und Geisterseherei anscheinend rettungslos verfallen ist.

Der erste hierher gehörige Naturforscher ist der hochverdiente Zoologe und Botaniker Alfred Russel Wallace, derselbe, der gleichzeitig mit Darwin die Theorie von der Artveränderung durch natürliche Zuchtwahl aufstellte. In seinem Schriftchen »On Miracles and modern Spiritualism«, London, Burns, 1873, erzählt er, daß seine ersten Erfahrungen in diesem Zweig der Naturkunde von 1844 datieren, wo er den Vorlesungen des Herrn Spencer Hall über Mesmerismus beiwohnte, und infolgedessen an seinen Schülern ähnliche Experimente machte.

»Ich war aufs äußerste von dem Gegenstand interessiert und verfolgte ihn mit Leidenschaft« (ardour) [p. l 19].

Er erzeugte nicht nur den magnetischen Schlaf nebst den Erscheinungen der Gliederstarre und lokalen Empfindungslosigkeit, sondern er bestätigte auch die Richtigkeit der Gallschen Schädelkarte, indem auf Berührung je eines beliebigen Gallschen Organs die betreffende Tätigkeit beim magnetisierten Patienten erregt und durch lebhafte Gesten vorschriftsmäßig betätigt wurde. Er stellte ferner fest, daß sein Patient, wenn er ihn nur dabei berührte, an allen Sinnesempfindungen des Operators teilnahm; er machte ihn betrunken mit einem Glase Wasser, sobald er ihm nur sagte, es sei Kognak. Einen der Jungen konnte er selbst im wachenden Zustand so dumm machen, daß er seinen eignen Namen nicht mehr wußte, was andre Schulmeister indes auch ohne Mesmerismus fertigbringen. Und so weiter.

Nun trifft es sich, daß ich diesen Herrn Spencer Hall ebenfalls im Winter 1843/44 in Manchester sah. Er war ein ganz ordinärer Scharlatan, der unter der Protektion einiger Pfaffen im Lande herumzog und an einem jungen Mädchen magnetisch-phrenologische Schaustellungen vornahm, um dadurch die Existenz Gottes, die Unsterblichkeit der Seele und die Nichtigkeit des damals von den Owenisten in allen großen Städten gepredigten Materialismus zu beweisen. Die Dame wurde in magnetischen Schlaf versetzt und gab, sobald der Operator ein beliebiges Gallsches Organ ihres Schädels berührte, theatralisch-demonstrative Gesten und Posen zum besten, die die Betätigung des betreffenden Organs darstellten; beim Organ der Kinderliebe (philoprogenitiveness) z.B. hätschelte und küßte sie ein Phantasiebaby usw. Der brave Hall hatte dabei die Gallsche Schädelgeographie um eine neue Insel Barataria bereichert: Ganz zu oberst auf dem Scheitel hatte er nämlich ein Organ der Anbetung entdeckt, bei dessen Berührung sein hypnotisches Fräulein in die Knie sank, die Hände faltete und dem erstaunten versammelten Philisterium den in Anbetung verzückten Engel vorführte. Das war der Schluß und Glanzpunkt der Vorstellung. Die Existenz Gottes war bewiesen.

Es ging mir und einem Bekannten ähnlich wie Herrn Wallace: Die Phänomene interessierten uns, und wir versuchten, wieweit wir sie reproduzieren konnten. Ein aufgeweckter Junge von zwölf Jahren bot sich als Subjekt. Gelindes Anstieren oder Bestreichen versetzte ihn ohne Schwierigkeit in den hypnotischen Zustand. Da wir aber etwas weniger gläubig und etwas weniger hitzig zu Werk gingen als Herr Wallace, so kamen wir auch zu ganz andern Resultaten. Abgesehn von der leicht zu erzeugenden Muskelstarre und Empfindungslosigkeit, fanden wir einen Zustand vollständiger Passivität des Willens, verbunden mit eigentümlich überspannter Erregbarkeit der Empfindung. Der Patient, durch irgendeine Anregung von außen aus seiner Lethargie gerissen, bezeugte noch weit mehr Lebhaftigkeit als in wachendem Zustande. Von geheimnisvollem Rapport zum Operator keine Spur; jeder andre konnte den Schlummernden ebenso leicht in Tätigkeit versetzen. Die Gallschen Schädelorgane wirken zu lassen, war für uns das wenigste; wir gingen noch viel weiter: Wir konnten sie nicht nur vertauschen und über den ganzen Körper verlegen, sondern wir fabrizierten noch eine beliebige Menge andrer Organe, des Singens, Pfeifens, Tutens, Tanzens, Boxens, Nähens, Schusterns, Tabakrauchens usw., und verlegten sie, wohin wir wollten. Wenn Wallace seinen Patienten mit Wasser betrunken machte, so entdeckten wir in der großen Zehe ein Organ der Betrunkenheit, das wir nur zu berühren brauchten, um die schönste betrunkene Komödie in Gang zu bringen. Aber wohlverstanden: Kein Organ zeigte einen Schatten von Wirkung, bis dem Patienten zu verstehn gegeben, was von ihm erwartet wurde; der Junge vervollkommnete sich bald durch die Praxis so, daß die geringste Andeutung hinreichte. Diese so erzeugten Organe blieben dann auch für spätere Einschläferungen ein für allemal in Geltung, solange sie nicht auf demselben Wege abgeändert wurden. Der Patient hatte eben ein doppeltes Gedächtnis, eins für den wachenden, ein zweites, ganz gesondertes, für den hypnotischen Zustand. Was die Passivität des Willens, seine absolute Unterwerfung unter den Willen eines Dritten angeht, so verliert sie allen Wunderschein, sobald wir nicht vergessen, daß der ganze Zustand mit der Unterwerfung des Willens des Patienten unter den des Operators begann, und ohne sie nicht hergestellt werden kann. Der zaubermächtigste Magnetiseur der Erde ist mit seinem Latein zu Ende, sobald sein Patient ihm ins Gesicht lacht.

Während wir so, mit unsrer frivolen Skepsis, als Grundlage der magnetisch phrenologischen Scharlatanerie eine Reihe von Erscheinungen fanden, die von denen des wachenden Zustandes meist nur dem Grade nach verschieden sind und keiner mystischen Interpretation bedürfen, führte die Leidenschaft (ardour) des Herrn Wallace ihn zu einer Reihe von Selbsttäuschungen, kraft deren er die Gallsche Schädelkarte in allen ihren Details bestätigte und einen geheimnisvollen Rapport zwischen Operator und Patienten feststellte. Überall in der bis zur Naivität auf richtigen Erzählung des Herrn Wallace blickt durch, daß es ihm viel weniger darum zu tun war, den tatsächlichen Hintergrund der Scharlatanerie zu untersuchen, als die sämtlichen Erscheinungen um jeden Preis wieder hervorzubringen. Es braucht nur diese Gemütsstimmung, um in kurzer Frist den anfänglichen Forscher, vermittelst einfacher und leichter Selbsttäuschung, in den Adepten zu verwandeln. Herr Wallace endigte mit dem Glauben an die magnetisch-phrenologischen Wunder und stand nun schon mit einem Fuß in der Geisterwelt.

Den andern Fuß zog er nach im Jahr 1865. Zurückgekehrt von seinen zwölfjährigen Reisen in der heißen Zone, führten ihn Tischrückexperimente in die Gesellschaft verschiedner »Medien«. Wie rasch seine Fortschritte waren, wie vollständig seine Beherrschung des Gegenstands ist, davon legt das obige Schriftchen Zeugnis ab. Er mutet uns nicht nur zu, alle angeblichen Wunder der Home, Gebrüder Davenport und andrer sich mehr oder weniger für Geld sehen lassenden und großenteils des öfteren als Betrüger entlarvten »Medien« für bare Münze zu nehmen, sondern auch eine ganze Reihe angeblich beglaubigter Geistergeschichten aus früherer Zeit. Die Pythonissen des griechischen Orakels, die Hexen des Mittelalters waren »Medien«, und Jamblichos »De divinatione« beschreibt schon ganz genau

»die erstaunlichsten Erscheinungen des modernen Spiritualismus«.

Wie leicht Herr Wallace es mit der wissenschaftlichen Feststellung und Beglaubigung dieser Wunder nimmt, davon nur ein Beispiel. Es ist gewiß eine starke Zumutung, daß wir glauben sollen, die p. p. Geister ließen sich photographieren, und wir haben doch sicher das Recht, zu verlangen, daß solche Geisterphotographien, ehe wir sie für echt annehmen, auf die unzweifelhafteste Weise beglaubigt seien. Nun erzählt Herr Wallace S. 187, daß im März 1872 Frau Guppy, geborene Nichol, ein Hauptmedium, mit ihrem Mann und ihrem kleinen Jungen sich bei Herrn Hudson in Notting Hill photographieren ließ, und bei zwei verschiedenen Aufnahmen eine hohe weibliche Gestalt, in weißer Gaze künstlerisch (finely) drapiert, mit etwas orientalischen Zügen, in segnender Stellung hinter ihr erschien.

»Hier nun von zwei Dingen sind eins absolut gewiß. Entweder war ein lebendes, intelligentes, aber unsichtbares Wesen gegenwärtig, oder Herr und Frau Guppy, der Photograph und irgendeine vierte Person haben einen schändlichen« (wicked) »Betrug geplant und ihn stets seitdem aufrechterhalten. Ich kenne aber Herrn und Frau Guppy sehr gut und habe die absolute Überzeugung, daß sie eines Betrugs dieser Art ebenso unfähig sind wie irgendein ernster Wahrheitsforscher auf dem Gebiet der Naturwissenschaft.« [S. 188.]

Also entweder Betrug oder Geisterphotographie. Einverstanden. Und bei dem Betrug war entweder der Geist schon vorher auf den Platten, oder es müssen vier Personen beteiligt gewesen sein, respektive drei, wenn wir den alten Herrn Guppy, der im Januar 1875 im Alter von 84 Jahren starb, als unzurechnungsfähig oder düpiert beiseite lassen (er brauchte nur hinter die spanische Wand des Hintergrunds geschickt zu werden). Daß ein Photograph sich ohne Schwierigkeit ein »Modell« für den Geist versöhnen konnte, darüber brauchen wir kein Wort zu verlieren. Der Photograph Hudson aber ist bald darauf der gewohnheitsmäßigen Fälschung von Geisterphotographien öffentlich bezüchtigt worden, so zwar, daß Herr Wallace begütigend sagt:

»Eins ist klar, daß, falls Betrug stattgefunden hat, er sofort von Spiritualisten selbst entdeckt wurde.« [p. 189.]

Auf den Photographen ist also auch nicht viel Verlaß. Bleibt Frau Guppy, und für sie spricht »die absolute Überzeugung« von Freund Wallace und sonst weiter nichts. – Weiter nichts? Keineswegs. Für die absolute Zuverlässigkeit der Frau Guppy spricht ihre Behauptung, eines Abends, gegen Anfang Juni 1871, aus ihrem Hause in Highbury Hill Park nach 69, Lambs Conduit Street – drei englische Meilen in grader Linie – bewußtlosen Zustandes durch die Luft getragen und in besagtem Hause Nr. 69 inmitten einer Geistersehersitzung auf dem Tisch deponiert worden zu sein. Die Türen des Zimmers waren verschlossen und obwohl Frau Guppy eine der beleibtesten Damen von London war, was gewiß etwas sagen will, so hat ihr plötzlicher Einbruch doch weder in den Türen, noch in der Decke das geringste Loch hinterlassen (erzählt im Londoner »Echo«, 8. Juni 1871). Und wer jetzt nicht an die Echtheit der Geisterphotographie glaubt, dem ist nicht zu helfen.

Der zweite namhafte Adept unter den englischen Naturforschern ist Herr William Crookes, der Entdecker des chemischen Elements Thallium und des Radiometers (in Deutschland auch Lichtmühle genannt). Herr Crookes fing gegen 1871 an, die spiritistischen Manifestationen zu untersuchen, und wandte dabei eine ganze Reihe physikalischer und mechanischer Apparate an, Federwagen, elektrische Batterien usw. Ob er den Hauptapparat, einen skeptisch-kritischen Kopf, mitbrachte oder bis zum Ende in arbeitsfähigem Zustande erhielt, werden wir sehn. Jedenfalls war Herr Crookes in nicht gar langer Zeit ebenso vollständig eingefangen wie Herr Wallace.

»Seit einigen Jahren«, erzählt dieser, »hat eine junge Dame, Fräulein Florence Cook, bemerkenswerte Mediumeigenschaft gezeigt; und in der letzten Zeit erreichte diese ihren Höhepunkt in der Produktion einer vollständigen weiblichen Gestalt, die geisterhaften Ursprungs zu sein behauptet und die barfuß und in weißer fließender Gewandung erschien, während das Medium, in dunkler Kleidung, gebunden und in tiefem Schlaf in einem verhängten Räume« (cabinet) »oder Nebenzimmer lag.« [p. 181.]

Dieser Geist, der sich den Namen Katey beilegte und der Fräulein Cook merkwürdig ähnlich sah, wurde eines Abends plötzlich von Herrn Volckman – dem jetzigen Gemahl der Frau Guppy – um die Taille gefaßt und festgehalten, um zu sehn, ob er nicht eben Fräulein Cook in andrer Ausgabe sei. Der Geist bewährte sich als ein durchaus handfestes Frauenzimmer, wehrte sich herzhaft, die Zuschauer mischten sich ein, das Gas wurde abgedreht, und als nach einigem Hin-und Herkämpfen die Ruhe wieder hergestellt und das Zimmer erleuchtet, war der Geist verschwunden, und Fräulein Cook lag gebunden und bewußtlos in ihrer Ecke. Herr Volckman soll aber bis heute behaupten, er habe Fräulein Cook gefaßt und niemand anderes. Um dies wissenschaftlich festzustellen, führte ein berühmter Elektriker, Herr Varley, bei einem neuen Versuch den Strom einer Batterie so durch das Medium, Frl. Cook, daß diese den Geist nicht hätte vorstellen können, ohne den Strom zu unterbrechen. Dennoch erschien der Geist. Es war also in der Tat ein von dem Frl. Cook verschiedenes Wesen. Dies ferner zu konstatieren, war die Aufgabe des Herrn Crookes. Sein erster Schritt war, sich das Vertrauen der geisterhaften Dame zu erwerben.

Dies Vertrauen – so sagt er selbst im »Spiritualist«, 5. Juni 1874 – »wuchs allmählich so, daß sie sich weigerte, eine Sitzung zu geben, es sei denn, daß ich die Arrangements leitete. Sie sagte, sie wünschte mich stets in ihrer Nähe und in der Nähe des Kabinetts; ich fand, daß – nachdem dies Vertrauen hergestellt und sie sicher war, daß ich kein ihr gemachtes Versprechen brechen würde – die Erscheinungen bedeutend an Stärke zunahmen, und Beweismittel freiwillig gestattet wurden, die auf anderm Wege unerreichbar gewesen wären. Sie konsultierte mich häufig in Bezug auf bei den Sitzungen anwesende Personen und über die ihnen anzuweisenden Plätze, denn sie war neuerdings sehr ängstlich« (nervous) »geworden infolge gewisser übelberatener Andeutungen, man solle neben andern, mehr wissenschaftlichen Untersuchungsmethoden doch auch die Gewalt anwenden.«

Das Geisterfräulein belohnte dies ebenso liebenswürdige wie wissenschaftliche Vertrauen in vollstem Maß. Sie erschien – was uns jetzt nicht mehr wundern kann – sogar im Hause des Herrn Crookes, spielte mit seinen Kindern und erzählte ihnen »Anekdoten aus ihren Abenteuern in Indien«, gab Herrn Crookes auch »einige der bittern Erfahrungen ihres vergangnen Lebens« zum besten, ließ sich von ihm in den Arm nehmen, damit er sich von ihrer handfesten Materialität überzeuge, ließ ihn die Zahl ihrer Pulsschläge und Atemzüge in der Minute feststellen und ließ sich zuletzt auch neben Herrn Crookes photographieren.

»Diese Gestalt«, sagt Herr Wallace, »nachdem man sie gesehn, betastet, photographiert und sich mit ihr unterhalten hatte, verschwand absolut aus einem kleinen Zimmer, aus dem kein andrer Ausgang war als durch ein anstoßendes, mit Zuschauern gefülltes Zimmer« [p. 183] –

was keine so große Kunst ist, vorausgesetzt, die Zuschauer waren höflich genug, dem Herrn Crookes, in dessen Hause dies geschah, nicht weniger Vertrauen zu beweisen, als dieser dem Geist bewies.

Leider sind diese »vollständig beglaubigten Erscheinungen« selbst für Spiritualisten nicht ohne weiteres glaublich. Wir sahen oben, wie der sehr spiritualistische Herr Volckman sich einen sehr materiellen Zugriff gestattete. Und nun hat ein Geistlicher und Komiteemitglied der »Britischen National-Assoziation der Spiritualisten« ebenfalls einer Sitzung des Fräulein Cook beigewohnt und ohne Schwierigkeit festgestellt, daß das Zimmer, durch dessen Tür der Geist kam und verschwand, durch eine zweite Tür mit der Außenwelt kommunizierte. Das Benehmen des ebenfalls gegenwärtigen Herrn Crookes gab »meinem Glauben, daß etwas an diesen Manifestationen sein könne, den schließlichen Todesstoß« (»Mystic London«, by the Rev. C. Maurice Davies, London, Tinsley Brothers). Und zum Überfluß kam es in Amerika an den Tag, wie man »Kateys« »materialisiert«. Ein Ehepaar Holmes gab in Philadelphia Vorstellungen, bei denen ebenfalls eine »Katey« erschien, und von den Gläubigen reichlich beschenkt wurde. Ein Skeptiker jedoch ruhte nicht, bis er besagter Katey, die übrigens schon einmal wegen Mangel [an] Zahlung Strike gemacht hatte, auf die Spur kam: Er entdeckte sie in einem boarding house (Privathotel) als eine junge Dame von unbestrittenem Fleisch und Bein und im Besitz aller der dem Geist gemachten Geschenke.

Indes auch der Kontinent sollte seine wissenschaftlichen Geisterseher erleben. Eine Petersburger wissenschaftliche Körperschaft – ich weiß nicht genau, ob die Universität oder gar die Akademie – delegierte die Herren Staatsrat Aksakow und den Chemiker Butlerow, die spiritistischen Phänomene zu ergründen, wobei indes nicht viel herausgekommen zu sein scheint. Dagegen – wenn anders den lauten Verkündigungen der Spiritisten zu trauen ist – hat jetzt auch Deutschland seinen Mann gestellt in der Person des Herrn Professor Zöllner in Leipzig.

Bekanntlich hat Herr Zöllner seit Jahren stark in der »vierten Dimension« des Raumes gearbeitet und entdeckt, daß viele Dinge, die in einem Raum von drei Dimensionen unmöglich sind, sich in einem Raum von vier Dimensionen ganz von selbst verstehn. So kann man in diesem letzteren Raum eine geschlossene Metallkugel umkehren wie einen Handschuh, ohne ein Loch darin zu machen, desgleichen einen Knoten schlingen in einen beiderseits endlosen oder an beiden Enden befestigten Faden, auch zwei getrennte geschlossene Ringe ineinander verschlingen, ohne einen von ihnen zu öffnen, und was dergleichen Kunststücke mehr sind. Nach neueren triumphierenden Berichten aus der Geisterwelt hätte sich nun Herr Professor Zöllner an ein oder mehrere Medien gewandt, um mit ihrer Hülfe über die Lokalität der vierten Dimension das Nähere festzustellen. Der Erfolg sei überraschend gewesen. Die Stuhllehne, auf die er den Arm gestützt, während die Hand den Tisch nie verließ, sei nach der Sitzung mit dem Arm verschlungen gewesen, ein an beiden Enden auf den Tisch angesiegelter Faden habe vier Knoten bekommen usw. Kurz, alle Wunder der vierten Dimension seien von den Geistern spielend geleistet worden. Wohlgemerkt: relata refero, ich stehe nicht ein für die Richtigkeit der Geisterbulletins, und sollten sie Unrichtiges enthalten, so dürfte Herr Zöllner mir Dank wissen, daß ich ihm Gelegenheit gebe, sie zu berichtigen. Sollten sie aber die Erfahrungen des Herrn Zöllner unverfälscht wiedergeben, so bezeichnen sie offenbar eine neue Ära in der Geisterwissenschaft wie in der Mathematik. Die Geister beweisen das Dasein der vierten Dimension, wie die vierte Dimension einsteht für das Dasein der Geister. Und wenn das einmal feststeht, so eröffnet sich der Wissenschaft ein ganz neues, unermeßliches Feld. Alle bisherige Mathematik und Naturwissenschaft wird nur eine Vorschule für die Mathematik der vierten und noch höheren Dimensionen und für die Mechanik, Physik, Chemie und Physiologie der sich in diesen höheren Dimensionen aufhaltenden Geister. Hat doch Herr Crookes wissenschaftlich festgestellt, wieviel Gewichtsverlust Tische und andre Möbel bei ihrem Übergang – wir dürfen jetzt wohl sagen – in die vierte Dimension erleiden, und erklärt Herr Wallace es für ausgemacht, daß dort das Feuer den menschlichen Körper nicht verletzt. Und nun gar die Physiologie dieser Geisterkörper! Sie atmen, sie haben einen Puls, also Lungen, Herz und Zirkulationsapparat, und sind demzufolge auch in betreff der übrigen Leibesorgane sicher mindestens ebenso vortrefflich beschlagen wie unsereins. Denn zum Atmen gehören Kohlenwasserstoffe, die in der Lunge verbrannt werden, und diese können nur von außen zugeführt werden: also Magen, Darm und Zubehör – und haben wir erst soviel konstatiert, so folgt das übrige ohne Schwierigkeit. Die Existenz solcher Organe aber schließt die Möglichkeit ihrer Erkrankung ein, und somit kann es Herrn Virchow noch passieren, daß er eine Zellularpathologie der Geisterwelt verfassen muß. Und da die meisten dieser Geister wunderschöne junge Damen sind, die sich durch nichts, aber auch gar nichts von irdischen Frauenzimmern unterscheiden als durch ihre überirdische Schönheit, wie könnte es da lange dauern, bis sie einmal ankommen »bei Männern, welche Liebe fühlen«; und wenn da das von Herrn Crookes am Pulsschlag konstatierte »weiblich Herze nicht fehlt«, so eröffnet sich der natürlichen Zuchtwahl ebenfalls eine vierte Dimension, in der sie nicht mehr zu befürchten braucht, mit der bösen Sozialdemokratie verwechselt zu werden.

Genug. Es zeigt sich hier handgreiflich, welches der sicherste Weg von der Naturwissenschaft zum Mystizismus ist. Nicht die überwuchernde Theorie der Naturphilosophie, sondern die allerplatteste, alle Theorie verachtende, gegen alles Denken mißtrauische Empirie. Es ist nicht die aprioristische Notwendigkeit, die die Existenz der Geister beweist, sondern die erfahrungsmäßige Beobachtung der Herren Wallace, Crookes & Co. Wenn wir den spektralanalytischen Beobachtungen von Crookes glauben, die zur Entdeckung des Metalls Thallium führten, oder den reichen zoologischen Entdeckungen von Wallace im Malaiischen Archipel, so verlangt man von uns denselben Glauben für die spiritistischen Erfahrungen und Entdeckungen dieser beiden Forscher. Und wenn wir meinen, daß hier doch ein kleiner Unterschied stattfinde, nämlich der, daß wir die einen verifizieren können und die andern nicht, so entgegnen uns die Geisterseher, daß dies nicht der Fall, und daß sie bereit sind, uns Gelegenheit zu geben, auch die Geistererscheinungen zu verifizieren.

Man verachtet in der Tat die Dialektik nicht ungestraft. Man mag noch so viel Geringschätzung hegen für alles theoretische Denken, so kann man doch nicht zwei Naturtatsachen in Zusammenhang bringen oder ihren bestehenden Zusammenhang einsehn ohne theoretisches Denken. Es fragt sich dabei nur, ob man dabei richtig denkt oder nicht, und die Geringschätzung der Theorie ist selbstredend der sicherste Weg, naturalistisch und damit falsch zu denken. Falsches Denken, zur vollen Konsequenz durchgeführt, kommt aber nach einem altbekannten dialektischen Gesetz regelmäßig an beim Gegenteil seines Ausgangspunkts. Und so straft sich die empirische Verachtung der Dialektik dadurch, daß sie einzelne der nüchternsten Empiriker in den ödesten aller Aberglauben, in den modernen Spiritismus führt.

Ebenso geht es mit der Mathematik. Die gewöhnlichen metaphysischen Mathematiker pochen mit gewaltigem Stolz auf die absolute Unumstößlichkeit der Resultate ihrer Wissenschaft. Zu diesen Resultaten gehören aber auch die imaginären Größen, denen damit auch eine gewisse Realität zukommt. Hat man sich aber erst daran gewöhnt, der √-1 oder der vierten Dimension irgendwelche Realität außerhalb unsres Kopfes zuzuschreiben, so kommt es nicht darauf an, ob man noch einen Schritt weiter geht und auch die Geisterwelt der Medien akzeptiert. Es ist, wie Ketteler von Döllinger sagte:

»Der Mann hat in seinem Leben soviel Unsinn verteidigt, da konnte er wahrhaftig auch noch die Unfehlbarkeit in den Kauf nehmen!«

In der Tat ist die bloße Empirie unfähig, mit den Spiritisten fertigzuwerden. Erstens werden die »höheren« Phänomene immer erst dann gezeigt, wenn der betreffende »Forscher« schon soweit eingefangen ist, daß er nur noch sieht, was er sehen soll oder will – wie Crookes das mit so unnachahmlicher Naivität selbst beschreibt. Zweitens aber macht es den Spiritisten nichts aus, wenn Hunderte angeblicher Tatsachen als Prellerei und Dutzende angeblicher Medien als ordinäre Taschenspieler enthüllt werden. Solange nicht jedes einzelne angebliche Wunder wegerklärt ist, bleibt ihnen Terrain genug übrig, wie dies ja auch Wallace bei Gelegenheit der gefälschten Geisterphotographien deutlich sagt. Die Existenz der Fälschungen beweist die Echtheit der echten.

Und so sieht sich denn die Empirie gezwungen, die Zudringlichkeit der Geisterseher nicht mit empirischen Experimenten, sondern mit theoretischen Erwägungen abzufertigen und mit Huxley zu sagen:

»Das einzige Gute, das meiner Ansicht nach bei dem Nachweis der Wahrheit des Spiritualismus herauskommen könnte, wäre dies, ein neues Argument gegen den Selbstmord zu liefern. Lieber als Straßenkehrer leben, denn als Verstorbner Blech schwätzen durch den Mund eines Mediums, das sich für eine Guinea per Sitzung vermietet!«

Dialektik

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(Allgemeine Natur der Dialektik als Wissenschaft von den Zusammenhängen im Gegensatz zur Metaphysik zu entwickeln.)

Es ist also die Geschichte der Natur wie der menschlichen Gesellschaft, aus der die Gesetze der Dialektik abstrahiert werden. Sie sind eben nichts andres als die allgemeinsten Gesetze dieser beiden Phasen der geschichtlichen Entwicklung sowie des Denkens selbst. Und zwar reduzieren sie sich der Hauptsache nach auf drei:

das Gesetz des Umschlagens von Quantität in Qualität und umgekehrt;

das Gesetz von der Durchdringung der Gegensätze;

das Gesetz von der Negation der Negation.

Alle drei sind von Hegel in seiner idealistischen Weise als bloße Denkgesetze entwickelt: das erste im ersten Teil der »Logik«, in der Lehre vom Sein; das zweite füllt den ganzen zweiten und weitaus bedeutendsten Teil seiner »Logik« aus, die Lehre vom Wesen; das dritte endlich figuriert als Grundgesetz für den Aufbau des ganzen Systems. Der Fehler liegt darin, daß diese Gesetze als Denkgesetze der Natur und Geschichte aufoktroyiert, nicht aus ihnen abgeleitet werden. Daraus entsteht dann die ganze gezwungene und oft haarsträubende Konstruktion: Die Welt, sie mag wollen oder nicht, soll sich nach einem Gedankensystem einrichten, das selbst wieder nur das Produkt einer bestimmten Entwicklungsstufe des menschlichen Denkens ist. Kehren wir die Sache um, so wird alles einfach und die in der idealistischen Philosophie äußerst geheimnisvoll aussehenden dialektischen Gesetze werden sofort einfach und sonnenklar.

Wer übrigens seinen Hegel nur einigermaßen kennt, der wird auch wissen, daß Hegel an Hunderten von Stellen aus Natur und Geschichte die schlagendsten Einzelbelege für die dialektischen Gesetze zu geben versteht.

Wir haben hier kein Handbuch der Dialektik zu verfassen, sondern nur nachzuweisen, daß die dialektischen Gesetze wirkliche Entwicklungsgesetze der Natur, also auch für die theoretische Naturforschung gültig sind. Wir können daher auf den innern Zusammenhang jener Gesetze unter sich nicht eingehn.

I. Gesetz vom Umschlagen von Quantität in Qualität und umgekehrt. Dies können wir für unsern Zweck dahin ausdrücken, daß in der Natur, in einer für jeden Einzelfall genau feststehenden Weise, qualitative Änderungen nur stattfinden können durch quantitativen Zusatz oder quantitative Entziehung von Materie oder Bewegung (sog. Energie).