Aus der Routine des Alltags
ausbrechen und jünger werden
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Copyright © 2017 Verlag »Die Silberschnur« GmbH
ISBN: 978-3-89845-596-1
eISBN: 978-3-89845-766-8
1. Auflage 2019
Umschlaggestaltung: XPresentation, Güllesheim; unter Verwendung verschiedener Motive von © Laboko und © Valery Bareta, www.shutterstock.com
Verlag »Die Silberschnur« GmbH · Steinstraße 1 · D-56593 Güllesheim
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Wie es zu diesem Buch kam
Der Mensch – ein Gewohnheitstier?
Warum ein kreatives Leben uns jung erhält
Wie kann dieses Buch Ihnen helfen, kreativer zu werden?
Kreativität – was ist das genau?
Der Routine auf die Spur kommen
Das “immer Gleiche” entlarven
“Blau hat mir noch nie gestanden”
“Dasselbe wie immer, bitte!”
Dort ist es doch am schönsten …
Wie jung bin ich geblieben?
Das Kapitel für Fortgeschrittene: Können auch “gute” Gewohnheiten zur Routine werden?
Lasten abwerfen
Sich von Vergangenem befreien
Sich aus “technologischer Sklaverei” befreien
Wenn nichts nach Plan läuft (– kann dies ein Segen sein)
Wagnis – das Salz in der Suppe kreativer Menschen
Kreativität bedeutet immer auch Wagnis
Misserfolgen ade sagen
Neu sehen, neu spüren, neu erfahren
Warum “sehen” nicht immer auch “wahrnehmen” bedeutet
Es “umgekehrt” erleben
Alltägliches wieder spüren – und auf neue Weise genießen
Das Bild, das ich von dir habe …
Neu denken
Schließen Sie Ihre Gedankenwelt auf
In eine volle Tasse passt nichts mehr hinein
Eine neue Sicht von der Schaltzentrale Gehirn
Sich neue Gedanken zum Alter erschaffen
Wie wir Gedankenmonster zum Alter loswerden können
Kreativität gedeihen lassen
Wollen Sie jung bleiben? Dann lernen Sie von Kindern
Das Staunen wieder lernen
Eine einzige Antwort ist nie genug
Magie der Farben
Dingen Leben verleihen
Kippen Sie die Normalität
Kreatives Leben durch die Kraft der Träume
Rebellieren Sie – gegen Ihr eigenes Denken vom Alter …
Erschaffen Sie sich Ihr Wunschkonzert an Lebenskreativität
Die Übungen aus diesem Buch
Quellennachweis und Buchempfehlungen
Über die Autorin
12-Monatskalender
Hat Sie der Titel dieses Buches auf Anhieb verblüfft? Tomaten, Revolte und gar jünger werden? Was hat das alles miteinander zu tun? Das Geheimnis des Buches möchte ich natürlich nicht gleich im ersten Absatz lüften. Die Geschichte aber, die zu diesem Titel führte, erzähle ich gern.
Ich war vor Jahren öfter bei Freunden zu Besuch, die gerne kochen. Kochen ist eine Kunst für sich, das Unverfänglichste erschien mir folglich, beim Gemüseschneiden zur Hand zu gehen. Was kann man dabei schon falsch machen? Ich versichere Ihnen: eine ganze Menge. Die Paprikastreifen dünner, die Zucchini längs und ‘die Tomaten doch nicht so!’. Ich machte immer irgendetwas falsch. Jedes Mal verstimmte ich damit meine Freunde ein Stück mehr, denn in Würfel geschnittene Zucchini können nicht mehr länglich werden und geviertelte Tomaten sich nicht in Scheiben verwandeln. Als ich schließlich mit dem Gedanken spielte, das Helfen schlichtweg sein zu lassen – wer will schon seine Gastgeber immer wieder von Neuem verärgern? – kam mir die rettende Idee, die im Grunde einfach war: Ich holte, bevor ich zum Messer griff, genaue Instruktionen ein und hielt mich peinlich genau daran. Seitdem ist das gemeinsame Kochen friedlich geworden. Nun ja, friedlich ist vielleicht der falsche Ausdruck. Sagen wir, ich habe mich an etwas angepasst, dessen tieferen Sinn ich bis heute nicht wirklich habe nachvollziehen können.
Das Festhalten an dem, was immer schon so war und möglichst auch auf ewig so bleiben sollte, ist einer der größten Feinde eines kreativen Lebens – ganz gleich, worum es sich dabei handelt. Vielleicht kennen auch Sie Situationen, wie die soeben beschriebene: Sie wollen Ihrer Mutter, dem Opa oder einer Freundin bei irgendetwas behilflich sein, beim Abwasch, dem Aufräumen in der Garage oder dem Aufhängen von Wäsche. Doch was auch immer Sie anfassen, Sie machen es aus deren Sicht verkehrt – einzig und allein deswegen, weil sie es anders machen.
Wir schenken gemeinhin solchen Kleinigkeiten kaum Aufmerksamkeit, weil wir sie für unbedeutend halten. Dennoch bestimmen sie unterschwellig unser Leben. Das blockiert Kreativität. Diese aber ist es, die das Leben bunt werden lässt und facettenreich.
Wir assoziieren Kreativität meist mit künstlerischer Aktivität, mit Malen, Zeichnen, Musizieren, Tanz oder Theater. Doch es gibt auch eine Kreativität im normalen Alltag, die wir wenig beachten und der wir durch Routine den Garaus machen. Um diese soll es hier gehen.
Kreativer zu werden, bedeutet offener, flexibler und neugieriger zu werden. Das sind Eigenschaften, die jung erhalten. Insofern stellt dieses Buch auch die Fortsetzung meiner vor einigen Jahren begonnenen Reihe von Büchern zum Thema aktives, inspiriertes, dynamisches Alter dar. Im zuletzt erschienenen Band Vom Vergnügen, älter zu werden hatte ich das vorliegende Buch zum Thema Kreativität und Tipps, wie man sich gedanklich innerlich jung erhalten kann, bereits angekündigt.
Wer sein Leben nicht nur an sich vorüberziehen lässt, sondern intensiv lebt und gestaltet, bleibt ganz von selbst jung. Wir alle wissen, dass es einen Unterschied gibt zwischen existieren und sich lebendig fühlen, zwischen “am Leben sein” und wahrhaft leben.
Das spätere Alter wird im Grunde (vor-)geformt durch das Leben in jungen Jahren. Wir säen die Samen für das Alter sehr früh. Danach ernten wir im Grunde nur das, was wir gesät haben.
Ich möchte Ihnen dabei helfen, so viel wie möglich – und so bald wie möglich! – “gute Saat” zu säen, indem Sie gewohnte Schienen verlassen, um sich mehr kreative Freiräume in Denken, Tun und Erleben zu erschaffen.
Kreativität hat es verdient, aus der Nische von Freizeitbastelei und hipper Kunst herausgeholt zu werden und einen anderen Stellenwert zu bekommen: mitten in unserem Leben.
Was führt dazu, dass Menschen sich im Laufe des Lebens darauf fixieren, gewisse Dinge immer auf ein und dieselbe Weise zu tun? “Gewohnheit”, werden Sie sagen. “Der Mensch ist eben ein Gewohnheitstier, was macht das schon?”
Der Mensch, ein Gewohnheitstier? Das hört sich so an, als hätten wir mysteriöse Gene, die uns auf Routine programmieren. Wir sind aber nicht als Gewohnheitstiere auf die Welt gekommen, was man daran erkennen kann, dass kleine Kinder ausgesprochen kreative Wesen sind. Wir holen Gewohnheiten vielmehr in unser Leben und lassen zu, dass sie es bestimmen. Auffallend wird dies dann, wenn eigene Gewohnheiten so weit gehen, dass sie anderen zur Vorschrift werden. So gibt es, neben dem eingangs erwähnten Szenario, dem sich ein Gast ausgesetzt sehen kann, zum Beispiel auch die Platzzuweisung. Sie werden von jemandem zum Essen eingeladen, treten an den Tisch, fassen nach einem Stuhl – und stopp. Freundlich, aber bestimmt werden Sie darauf hingewiesen, dass hier des Hausherrn Platz sei, dort die Dame des Hauses sitzt und Sie sich gern auf einen der übrig gebliebenen Stühle setzen können. Haben Sie sich gar zu schnell oder in einem unbeobachteten Augenblick auf einen falschen Stuhl gesetzt, wird Ihnen dieses Sakrileg in dem Moment bewusst, da ein missbilligender Blick Sie trifft. Echte Gastfreundschaft sähe anders aus, man ließe den Gast aussuchen, wo er oder sie sich hinsetzen möchte. Doch können manche Menschen sich offenbar nicht ein einziges Mal von “ihrem” angestammten Platz lösen oder besser gesagt: vom Lebensmuster, das dahintersteckt. Lieber brüskiert man den Gast oder die Hilfsbereitschaft eines Freundes, als dass man auf das Gewohnte verzichtete.
Es ist gerade so, als ob der andere in das eigene Lebensgefüge eingreife, als störe er durch sein andersartiges Handeln etwas, das einem heilig ist. Das wäre die positive Variante der Erklärung: Man möchte das schützen, was einem wichtig ist. Aber wie wichtig können Tomaten oder ein Stuhl wirklich sein? Insofern käme eine andere, weniger positive Erklärung zum Zug: Nicht wir sind die Herren unserer Gewohnheiten. In Wirklichkeit sind sie es, die uns diktieren, was wir zu tun und zu lassen haben.
Gewohnheiten haben uns im Griff, weil sie funktionieren wie Programme. Sie laufen automatisch ab und immer weiter, bis man das Programm anhält und neue Parameter eingibt. Das heißt mit anderen Worten: Wenn wir ein kreatives Leben erreichen wollen, müssen wir die Automatismen entlarven, die “eingefahrenen Gleise” – das, was man tut, weil man es schlichtweg “immer so macht”, genauso wie das, was man nicht tut, weil man es schon immer vermieden hat.
Natürlich gibt es Gewohnheiten, die hilfreich und sinnvoll sind. Jeden Tag Obst zu essen ist nützlich, einmal in der Woche ins Fitnessstudio zu gehen ebenso. Meistens pflegen wir aber genau diese Vorhaben sehr bewusst. Daneben gibt es eine ganze Reihe von Gewohnheiten, die nichts weiter sind als Mechanismen. Diese aber steuern uns unbewusst, lassen unser Leben monoton werden und können uns schlimmstenfalls sogar schaden. Eine Zeitschrift für Psychosomatik machte einmal eine Umfrage dazu, was dafür verantwortlich sei, dass Menschen sich ausgelaugt und antriebslos fühlen. Das Ergebnis: Routine und Gewohnheiten rangierten gleich an zweiter Stelle. Eingefahrene Schienen machen das Leben linear, berechenbar, langweilig. Sie animieren uns nicht und lassen unsere Phantasie verkümmern.
Da es sehr wichtig ist, bloße Routine von bewusst regelmäßigem Tun zu unterscheiden, möchte ich diesen Unterschied gern durch zwei Satzpaare plastischer werden lassen. Das Satzpaar, das zu Automatismen gehört, lautet: “Ich bin es einfach gewohnt, das zu tun (zum Beispiel, immer denselben Weg zu gehen).” Oder auch: “Ich mache das immer so (zum Beispiel, den rechten Schuh zuerst anzuziehen).” Das andere Satzpaar dagegen lautet: “Ich praktiziere das regelmäßig (zum Beispiel das Meditieren).” Oder auch: “Ich habe beschlossen, es regelmäßig zu tun (zum Beispiel jeden Freitag zum Sport zu gehen).”
Wenn ein Zen-Mönch jeden Morgen den Tee auf genau dieselbe Weise zubereitet, ist das keine Gewohnheit, sondern bewusstes Zelebrieren. Das bedeutet – und hierin liegt der Clou – dass durch diesen bewussten Akt das scheinbar Wiederholte im Erleben immer wieder neu wird. Mit anderen Worten: Wenn wir jede Sekunde in unserem Dasein achtsam und bewusst lebten, könnten Automatismen gar nicht entstehen.
Wer gern jung bleiben möchte, tut gut daran, einem kreativeren Leben Aufmerksamkeit zu schenken. Dazu muss man wachsam sein und sich eine gehörige Portion Flexibilität erhalten. Es geht um Bewusstheit und damit um die Leidenschaft für das Wunderbare in unserem Leben. Das ist eines der Geheimnisse für das Jungbleiben – ein Jungbrunnen, der nur allzu selten als solcher benannt oder auch nur erkannt wird.
Das weitverbreitete Stereotyp, dass alte Menschen fixiert und borniert seien, macht sich genau daran fest, dass viele sich nicht mehr auf Neues einstellen können, geschweige denn, dass sie in der Lage wären, gewohnte Lebensmuster zu ändern. Verantwortlich dafür ist jedoch nicht das Alter. Verantwortlich sind wir selbst, wenn wir unser Leben durch zu viele gewohnte Denk-, Sicht- und Verhaltensweisen zu Einbahnstraßen werden lassen.
Als ich vor einigen Jahren mit Leben wagen bis ins hohe Alter das erste Buch zum Thema dynamisches, aktives Alter schrieb, begegnete ich vielen Männern und Frauen, die Außergewöhnliches vollbrachten und damit aus der Norm fielen. Einer von ihnen war Hermann Pünder. Er hatte nichts Spektakuläres vorzuweisen und doch war auch er außergewöhnlich, wie Sie an folgendem Buchausschnitt sehen werden:
“Dr. Hermann Pünder gehört nicht zu der Gruppe von Menschen, die im Alter ungewöhnliche Dinge tun. Weder besteigt er 4000er-Gipfel noch ist er durch den Ärmelkanal geschwommen, er ist nicht berufstätig geblieben, hat kein Geschäft eröffnet und hat auch nicht vor, die Sahara zu durchqueren. Und dennoch ist der ältere Herr mit dem vertrauenswürdigen Gesicht ein hervorragendes Beispiel, wie man Alter – und vielleicht auch das Leben an sich? – wunderbar leben kann. Ein Haus mit Garten in einem Hamburger Wohnviertel. Mir gegenüber sitzt ein Mann von 86 Jahren, ehemals Augenarzt. Er hat mir den Platz mit Blick ins Grüne angeboten, “damit Sie einen schönen Blick haben”. Das Ungewöhnliche im Gewöhnlichen. Es beginnt manchmal mit Kleinigkeiten. Ich bin sicher, dass dieser Platz sein eigener Stammplatz ist, denn genau vor mir liegt ein Brief, darauf eine Lesebrille. Das Ärzteblatt und die Bücher auf dem Tisch, Anna Karenina von Leo Tolstoi, Ein ungezähmtes Leben von Jeanette Walls, liegen nicht dort, wo er jetzt sitzt.
Festhalten am Gewohnten, und sei es nur der Lieblingsplatz, kennzeichnet viele Menschen, zumal mit zunehmendem Alter. Doch bei Hermann Pünder scheint einiges anders zu sein. “Neues ist mein Steckenpferd”, sagt er gleich zu Beginn. “Ich bin sehr neugierig, interessiere mich für alles.”
Als ich damals mit den Recherchen für mein Buch Leben wagen bis ins hohe Alter begann, hatte ich die Vorstellung oder den Wunsch herauszufinden, ob es einen gemeinsamen Nenner gibt für Menschen sehr hohen Alters, die ihr Leben auf außergewöhnliche Weise meistern. Die Altersforschung macht den gemeinsamen Nenner gern an Faktoren fest wie Ernährung und Bewegung oder gar an den Genen. Bei den 80-, 90- und 100-Jährigen, zu denen ich recherchiert habe, gab es diesen gemeinsamen Nenner bei einer gewissen Anzahl von Personen, bei anderen aber gab es diese Faktoren nicht. Eines traf ich dagegen immer bei diesen beeindruckenden Menschen an: die Lust auf das Leben.
Jeden Tag neu leben – auch das ist eine Art von Kreativität. So sprühte Neugier auf das Morgen aus den Augen des 80-jährigen Christian Gruhl, während er begeistert von seinen Plänen für die Zukunft sprach und davon, dass er noch 50 Jahre leben müsste, um all das zu verwirklichen. Lust am Leben machte sich keck bemerkbar, als die 98-jährige Hilda Kemp mit einem verschmitzten Lächeln aufsprang, um ihre Leidenschaft für schicke Pumps zu präsentieren. Und in den ruhigen, freudvollen Worten von Connie Brown, die mit 102 Jahren immer noch ihren Fish&Chips-Imbiss betrieb, schwang harmonisches Einssein mit sich und dem Fluss des Lebens mit.
Wie geht das, im Alter noch neugierig auf das Leben zu sein? Kennt man mit 80 nicht den inzwischen immer gleichen Alltag? Weiß man mit 90 nicht längst, was das Leben für einen bereithält? Kann es für einen 100-Jährigen noch etwas geben, das für ihn wirklich neu ist?
Diese Fragen erscheinen uns stichhaltig, weil wir gewohnt sind, Alter auf eine beschränkende Weise zu sehen. In Wirklichkeit sind die Fragen falsch gestellt: Nicht am Alter müsste man es festmachen, sondern an der Persönlichkeit eines jeden Einzelnen, denn dort liegt die Antwort. Für Menschen, die ihr Leben mit Leidenschaft immer wieder neu kreieren, gehört “das Alter” zu den Themen, die sie am wenigsten interessieren, auch wenn sie 70, 80 oder 90 Jahre alt sind. Dies ist insofern stimmig, als solche Menschen einem nicht das Gefühl vermitteln, man habe “alte” Menschen vor sich. Sie wirken in ihrem Wesen, ihrer Lebensfreude, ihrer Begeisterung unendlich jung – trotz der Falten und trotz grauer Haare.
“Alter” ist keine unbekannte Größe, die uns unversehens mit dem 65. Lebensjahr überfällt. Das Alter folgt lediglich dem Leben, das wir bis dahin gelebt haben. So wie ein Zug den Weg nimmt, dem man ihm durch Weichenstellung vorgegeben hat, so wird auch unser Leben sich entsprechend unserer Vorgaben entwickeln. Wenn Sie Ihrem Leben starre Schienen und Einbahnstraßen anbieten, wird Sie dies zu den dadurch anvisierten, recht eng definierten Zielen bringen. Bieten Sie ihm breite Alleen und immer neue Pfade an, wird es auch im Alter breite Alleen und spannende Pfade geben.
Jungsein hat viel mit lebendig sein zu tun, mit Freude am Leben, mit der Neugier auf das Morgen. Das aber kann sich nicht entfalten, wenn wir unser Leben mit Schienen altbewährter Gewohnheiten durchzogen haben. Wenn wir uns ein kreatives Leben wünschen, das sich stetig erweitert, das reicher wird an Farbe, Intensität und Lebensqualität, dann sollten wir tunlichst darauf achten, nicht zu Sklaven unserer Gewohnheiten zu werden.
Ein gewisses Maß an Muster und Routine braucht man vielleicht im Leben – der eine mehr, der andere weniger. Doch wenn dieses zu einer unsichtbaren Zwangsjacke wird, derer man sich nicht mehr entledigen kann, geht ein Stück Leben verloren.
Wer nichts mehr entdecken kann im Leben, empfindet nicht nur Langeweile und Frustration, er lässt auch seine Neuronen einschlafen. Spätestens hier sollten die Worte neu, neugierig oder kreativ jedermann interessieren, denn wir alle wollen unser Gehirn aktiv und gesund erhalten. Leider scheint die Bedeutung, die ein abwechslungsreiches Leben für unser Gehirn hat, weit weniger bekannt zu sein als Kreuzworträtsel oder Sudoku.
Während es früher hieß, dass das Gehirn mit zunehmendem Alter abbaue, da es sich nicht regenerieren könne, weiß man heute, dass das Gehirn durchaus in der Lage ist, sich zu regenerieren, und das bis ins hohe Alter hinein. Die neuere Hirnforschung sagt uns auch: Wenn man das Gehirn aktiv und leistungsfähig erhalten will, muss man die tägliche Routine verlassen, denn bei Automatismen ist es wenig gefordert. Was es für das Gehirn bedeutet, wenn wir unser Leben in Routine verfallen lassen, hat ein italienischer Arzt und Psychotherapeut einmal bildlich umschrieben: “Da sich wiederholende Gedanken dem Gehirn immer wieder dieselben nervlichen Abläufe aufzwingen, reduziert es sich auf ein Minimum, verkalkt, reift nicht und verwelkt.” Salopper ausgedrückt: Wir öden unser Gehirn an und es “bedankt” sich dafür, indem es seine Lust auf Entfaltung zurückfährt.
Unser Gehirn möchte Herausforderung, möchte Neues erleben. Es möchte bei allem, was wir tun, aktiv “mitmachen”. Ich formuliere es ganz bewusst so, als ob ich über ein lebendes Wesen sprechen würde, denn für mich ist es das. Mediziner, die Organe als “biologische Teile” des Menschen ansehen, mögen darüber lächeln, ganzheitlich denkende Menschen verstehen es. Ein kreatives Leben, das sich entfaltet und immer wieder neu erschafft, ist also nicht nur eine nette Lebensvariante, die uns dynamisch und innerlich jung erhält, es interessiert auch unser Gehirn und hält uns damit auch biologisch gesehen jung.
Man wird kaum jemals kreativ werden, indem man Bücher über Kreativität nur liest. Kreativität verlangt nach Tun.
Es geht dabei in erster Linie um das Experimentieren, also darum, durch Handeln andere Verhaltensweisen auszuprobieren, Ungewohntes zu wagen, Neues zu entdecken. Wenn Sie dieses Buch nur “lesen”, wird Ihnen das ein paar vergnügliche Stunden und vielleicht auch die eine oder andere Erkenntnis bescheren, doch es wird kaum etwas in Ihrem Leben ändern. Der Erfolg hat seine Wurzel in der Ernsthaftigkeit. Wie ernsthaft wollen Sie kreativer werden? Wie entschlossen sind Sie, durch mehr Kreativität jung zu bleiben? Ernsthaftigkeit und Entschlossenheit zeigen sich daran, wie sehr Sie sich auf das Ausprobieren und Handeln einlassen. Denn in keinem Bereich des Lebens wird man ein Meister, wenn man das Üben auslässt – auch nicht in der Kreativität.
Aus diesem Grund enthält jedes Kapitel in diesem Buch Beispiele und Übungen, damit Sie Dinge konkret ausprobieren können. Um Sie zusätzlich zu animieren, habe ich mir für dieses Buch ein neues System ausgedacht: eine Selbsteinschätzung und Selbstbewertung. So finden Sie im Anschluss an jede Übung ein kleines Feld, in welches Sie eintragen können, wie Sie sich in der Auseinandersetzung mit dem entsprechenden Thema auf einer Skala von 0-12 selbst bewerten. Wenn Sie eine Übung lediglich gelesen und nur ein paar rasche Gedanken darauf verschwendet haben, werden Sie eine sehr kleine Zahl eintragen. Wenn Sie etwas konkret ausprobiert haben, steigt Ihre Bewertung und wenn Sie sich wirklich intensiv damit beschäftigt haben, geben Sie sich hierfür vielleicht eine hohe Zahl.